Einfach mal Trecker fahren

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Einfach mal Trecker fahren
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www.fachschaft.org
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Die WiWi - Fachschaftszeitung im Juli 2011
Fachschaft hautnah +++ MINT +++ E-Mobilität +++ Gründung
+++ BIG 5 +++ Trecker +++ Extremsport +++ Witzig +++
Einfach mal Trecker
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Studium: Betr
Mehr erfahren und selbst magische
Momente erleben: www.audi.de/karriere
Wiwis Im Wandel
Liebe Lesenden,
wann ist der Wiwi ein Wiwi? Eine Frage, wie sie sich
die meisten wahrscheinlich schon mal gestellt haben, beim Betrachten ihres bunten KommilitonenMix. Alles dabei – aber wo gehöre ich dazu? Sind
wir eine Einheit? Von außen betrachtet bestimmt
– sonst würden uns ja nicht so viele Klischees anhaften – aber von innen heraus? Einer der verbindenden Eigenschaften haben wir uns im neuesten
Heft des Wi² gewidmet: Wandlungsfähigkeit – oder
abstrakter: Wandel.
In einem Studienführer war einmal zu lesen, dass
Wirtschaftsingenieure in der Tierwelt bei den Enten anzusiedeln wären. Die können auch Schwimmen, Laufen und Fliegen – nur halt nicht so richtig
gut. Tut man uns damit unrecht? Ich denke nicht –
von einem Donald bis zu einem Dagobert ist in der
Entenwelt bekanntlich alles drin. Man muss sich
nur seiner Chancen bewusst sein und diese nutzen
– denn wenn man erst im Geldspeicher schwimmt
ist der Schwimmstil auch egal.
Eine Fähigkeit, die in allen Lebenslagen hilft, ist die
Wandlungsfähigkeit. In keiner Zeit war der Wan-
del so allgegenwärtig, wie in der heutigen. Ob die
Finanzmärkte umkippen oder der Atomstrom abgeschafft wird. Es sind die neuen Situationen und
Gegebenheiten, die unser Umfeld prägen. Da heißt
es mental flexibel bleiben. Damit meinen wir nicht
die alte Leier von der internationalen Mobilität und
bla bla bla – sondern das Bewusstsein darüber, dass
sich die Erde weiter dreht – hier oder in Japan – und
das tut sie im Moment halt etwas schneller als sonst.
Wandel findet im Kleinen, wie im Großen statt. Im
Geschäfts- und im Privatleben. Global und lokal.
Diesem bewusst, haben sich die Wi 2 - Redakteure
dem Puls der Zeit ausgesetzt und keine Mühen gescheut euch, den Lesern, ein Potpourri des guten
Geschmacks zu liefern. Somit berichten wir vom
Wandel in der Mobilität, in der Landwirtschaft, unserem Studium und natürlich im Leben - dem wir ja
alle ausgesetzt sind.
Wir wünschen euch allen ein schönes ausklingendes Semester, erfolgreiche Klausuren und einen guten Start ins neue.
Die Redaktion (auch immer im Wandel)
Impressum
V.i.S.d.P.: Fachschaft WiWi Kasse e.V.
Herausgeber:
Fachschaft Wirtschaftswissenschaften KIT,
Kollegium am Schloss, Raum 001.
Layout: Hendrik Dorprigter, Patrick Novinsky,
Tom Stähr
Redaktion:
Hendrik Dorprigter, Patrick Novinsky, Tom Stähr,
Tim Camman, Dominik Steuer
Email: [email protected]
Web: www.fachschaft.org
Druck: Alinea Digitaldruck GmbH, Dresden
Auflage: 1000 Stk.
Erscheinungsdatum: Juli 2011
Inhalt
Hinter verschlossenen Türen
Jeder kennt das Fachschaftsbüro - von außen
zumindest. Aber was geschieht, wenn die Tür
zu und keiner da ist. Die Arbeit geht weiter in zahlreichen Gremien.
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Zwei gremienerfahrene Fachschaftler im Gespräch über Gestaltung und Mitbestimmung
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2011 wird einiges anders. Die Regelstudienzeit wird verlängert und nach Studienbeginn
kann ein Erstie weiter die Schulbank drücken.
Über die Hintergründe.
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Interview
MINT-Kolleg
Extremsport
How to Wiwi
Wie komme ich rein ins Studium und wie 10
wieder raus. Tipps für den Studien- und Berufseinstieg.
Was treiben eigentlich Wiwis, wenn sie das Studium nicht genug kickt? Durch den Schlamm kriechen oder über den Ozean Segeln zum Beispiel.
Zwei extreme Erlebnisberichte.
Seite 14
TITEL: Einfach mal Trecker fahren - Seite 12
Mobilität im Wandel
Dass sich der Automobilmarkt bewegt, ist 18
mittlerweile bei allen angekommen. Damit
Deutschland aber eine große Chance nicht
ungenutzt verstreichen lässt, muss noch einiges geschehen.
Ein Gespräch mit dem Leiter Competence E
am KIT Campus Nord, Dr. Andreas Gutsch.
Der eigene Laden
Das eigene Unternehmen. Für viele ein 20
Traum - aber nur wenige träumen. Mit zwei
studentischen Machern über Google und das
Machen.
Kommentar: Bolognaprozess
Was hat sich verändert - und wie? Eine
Rückschau.
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Die innovativste Art der Evaluation.
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BIG 5
Praktikum in Kolumbien
Ein karlsruher Wiwi betreibt Völkerverstän- 24
digung in Südamerika.
+ Ein Gedanke: „Wo ist eigentlich hier?“
Wenn im Praktikum die Reifen brennen
Ein Entwicklungshilfepraktikum wird jäh von 26
Unruhen unterbrochen.
Ein Monat ohne Freundin
Hans Wiwi stellt sich einer neuen Herausfor- 28
derung. Diesmal wird eine junge Liebe auf die
Probe gestellt.
Tim und Tom
Ein Wettkampf der Superlative: Mensch gegen 29
Maschine.
Voll günstig, günstig voll
Die Wi2-Tester checken die örtlichen Preise 30
für einen Wiwi-Warenkorb.
Wi2 Witzig
Einfach mal ablachen
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Wandel
Big 5
Absolventenfeier
Professoren-Auswahl
Wirtschaftskooperation
Master
Wi²
MO-Days
Sprechstunde
Bachelor
Alumni
Auslandsanerkennung
Evaluation
WiWiWi
Diplom
Studienberatung
O-Phase
Klausuren
Fakultätsrat
Studienkommission
WiWiSo Lernplatz-Ausbau
Lehrqualität
Studien-Organisation
Sitzung
fachschaft.organisiert
Studiengebühren
tourEUCOR
Hinter verschloss
Die Fachschaft - was passiert hinter dieser Tür,
wenn die O-Phase vorbei und der Rasen nach dem
letzten Fest wieder geflickt wurde? Eine Spurensuche durch die Einrichtungen und Gremien, in denen
sich die Fachschaftler engagieren.
Das Büro
Hier beginnt unser Rundgang. Zum Klausuren kaufen während der
Sprechstunden war sicherlich jeder schon einmal hier. Aber auch für
Fragen rund um das Studium findet ihr fast immer einen Ansprechpartner. Ob es um Vorlesungen, Prüfungsprotokolle oder die Beratung
bei Problemen geht - ein offenes Ohr findet sich bestimmt. Der Kommandostand der Fachschaft.
Die Sitzung
An der Tür links vorbei und um die Ecke rechts befindet sich der
002. Hier findet jeden Mittwoch um 19:30 Uhr die Sitzung der Fachschaft statt. Zwischen 20 und 30 Wiwis berichten über die aktuellen
Geschehnisse an Uni und Fakultät. Dazu wird die Position der Fachschaft zu kritischen Themen diskutiert. Hier kann sich jeder einbringen. Egal, ob er schon 10 Semester dabei ist, oder das erste Mal bei
der Sitzung vorbei schaut.
Was passiert da drin eigentlich?
Die Fachschaften-Konferenz (FSK)
Die Fachschaftenkonferenz (kurz FSK) ist ein recht gemütliches,
da rein studentisches, Gremium. Im Aufbau entspricht sie im unabhängigen Modell (U-Modell) in etwa dem Bundesrat, da sich
bei den Sitzungen jede Woche die Vertreter aller Fachschaften
treffen, um Neuigkeiten der verschiedenen Fakultäten zu berichten und aktuelle studentische Themen zu diskutieren. Zusätzlich
gibt es auch immer Infos aus anderen Gremien, wie dem Studierendenparlament (StuPa) oder dem Senat, sowie allgemeine
News. Hin und wieder ist sogar ein hochkarätiger Gast anwesend, wie der Bereichsvorstand für Studium und Lehre, Prof. Dr.
Becker. So erfährt man einiges über allerhand Themen, wie dem
Unifest, dem MINT-Kolleg, der Finanzierung und Zukunft des
KIT oder einfach nur, wann die Architekten-Party steigt.
Hast du ein Problem?
Möchtest du, dass wir deine Interessen und Ideen in den Gremien umsetzen, oder
hast du allgemeine Fragen oder Probleme, bei denen wir dir weiterhelfen können.
Komm in die Sprechstunde oder schreib an [email protected]
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11. März: Japan erlebt das schwerste Erdbeben seiner Geschichte. Das Unglück von
Fukushima nimmt seinen Lauf.
Die Studienkom
Die Studienkommission ist formal gesehen ein Untergremium des Fakultätsrates
und beschäftigt sich, wie der Name schon
sagt, mit allen Dingen rund ums Studium.
Vorsitzender ist der Studiendekan unserer Fakultät (aktuell Prof. Oberweis), darüber hinaus nehmen weitere Vertreter der
Professoren und des Mittelbaus sowie die
Studienprogrammkoordination und Herr
Hilser an den Sitzungen teil. Die Studierenden sind mit 6 Mitgliedern in der Studienkommission vertreten.
Themen innerhalb der Studienkommission sind unter anderem die Besprechung
von Auswahlsatzungen, Prüfungsordnun-
25. März: Der KIT-Schwerpunkt
„Mensch und Technik“ startet.
senen Türen???
Das Studierendenparlament (StuPa)
Das StuPa ist, wie die FSK, ein rein studentisches Gremium und
beschäftigt sich vor allem mit KIT-weiten Belangen. Es wird einmal im Jahr (Januar) von allen Studenten gewählt und unterteilt
sich in politische Fraktionen, welche zum Teil den Parteien der
deutschen Politik entsprechen. Jeder Student hat aber auch die
Möglichkeit selbst eine Liste zu Gründen und sich in das S t u Pa wählen zu lassen. Aber auch nicht gewählte sind im- m e r
herzlich eingeladen an den oft langen und ausführlichen Debatten Teil zu nehmen.
Der Senat
Der Senat ist das höchste direkt gewählte Gremium des
KIT. Zusammen mit dem Präsidium und dem Aufsichtsrat
leitet er das KIT. Im Senat sind alle Gruppen, also Forscher, Mitarbeiter und Studenten vertreten. Zusammen
werden KIT-übergreifende Themen diskutiert und dann
entschieden.
Der Fakultätsrat (FakRat)
mmission (StuKo)
gen, Änderungen in Studienplänen oder die Lehrevaluation. Beispielsweise wurde auf Initiative
der Studierenden die aktuelle Auswahlsatzung
für die Masterstudiengänge Wirtschaftsingenieurwesen und TVWL durch die Studienkommission auf den Weg gebracht. Außerdem ist
die Studienkommission für uns Studierende der
richtige Platz, um aktuelle Missstände in Studium und Lehre anzusprechen und gemeinsam
Lösungen auszuarbeiten. Die Studienkommission arbeitet in jeder Entscheidung darauf hin,
einen Konsens zwischen allen Mitgliedern zu
erreichen, weswegen auch die Belange der Studierenden stets gehört werden.
Der Fakultätsrat ist das höchste entscheidende Gremium an
der Fakultät. Im Fakultätsrat sitzen der Fakultätsvorstand,
der aus fünf Professoren besteht, die Institutsleiter, sechs
weitere gewählte Professoren, vier wissenschaftliche Mitarbeiter und ein Mitglied aus dem Bereich Verwaltung und
Technik. Außerdem sitzen fünf Studierende, die Fakultätsgeschäftsführerin sowie eine Gleichstellungsbeauftragte im Fakultätsrat. Den Vorsitz führt der Dekan. Die Fakultätsratsitzung findet ca. alle vier Wochen statt. Auf der Tagesordnung
stehen aktuelle Themen, die die Fakultät betreffen. Es wird
zum Beispiel aus dem Senat und aus der Studienkommission
berichtet. Auch aus den laufenden Berufungskommissionen
wird Bericht erstattet. Natürlich kommen auch die studentischen Vertreter zu Wort. Bei Diskussionen und Entscheidungen, setzten wir uns dafür ein, dass auch die Interessen der
Studenten berücksichtigt werden. Außerdem berichten wir
von der aktuellen Fachschaftsarbeit. Die Fakultätsratsitzungen tragen daher zu einem Austausch zwischen Professoren
und Studenten bei. Und nebenbei lernt man die Professoren
mal anders kennen, als in der Vorlesung.
27. März: Bei der Landtagswahl in Baden-Württemberg
erringen Die Grünen Rekordergebnisse und erreichen
zusammen mit der SPD einen Machtwechsel.
6. April: Während der dreitägigen
MoDays wird den Master-Ersties
ordentlich eingeheizt.
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Nachgehakt
Gremienarbeit hautnah - ein Interview
von Hendrik
Dorprigter
In welchen Gremien Studenten der Fachschaft mitwirken und sich engagieren, habt ihr auf Seite 6 erfahren. Mit zwei gremienerfahrenen Fachschaftlern hat sich Wi 2 unterhalten. Über ihre Erlebnisse in der Fachschaftenkonferenz (FSK) und
dem Senat berichten Markus Kirchberger (10. Semester) und Eric Lübke (8. Semester)
Wi²: Wie bist du zur Fachschaft gekommen?
MARKUS: Über meinen Freundeskreis
ERIC: Ein Kumpel ist mal mittwochs
zur Sitzung gegangen. Da hab ich mich
spontan angeschlossen.
Wi²: Wie bist du von der FS ins Gremium gekommen?
MARKUS: Ich wollte ein Referat übernehmen und das Außenreferat war gerade zu haben und klang interessant.
So kam ich in die FSK. Der Senat war
nach vielen anderen Universitätsgremien ein logischer Schritt.
ERIC: Ich bin aus Interesse an der Zusammenarbeit mit anderen Fachschaften mal mit in die FSK-Sitzung gegangen. In meiner 3. Sitzung war ich dann
plötzlich der einzige Wiwi und seitdem
berichte ich für die Fachschaft aus der
FSK.
Wi²: Wie aufwendig ist die Arbeit in
deinem Gremium?
MARKUS: Wenn man es schlecht
macht, reduziert es sich auf die Zeit in
den Sitzungen. Wenn man es gut machen will, kann man fast unbegrenzt
Arbeit hineinstecken.
ERIC: Wie in anderen Gremien ist der
Aufwand sehr unterschiedlich. Die
Dauer der Sitzungen hängt davon ab,
ob momentan viele kritische Themen
zu diskutieren sind. Anfang/Mitte des
Semesters können pro Woche für FSKund Fachschaftssitzung inklusive Vorbereitung 4-6 Stunden anfallen, in der
Prüfungszeit ist es dann ruhiger.
Wi²: Was fasziniert dich an deiner Arbeit in der FSK beziehungsweise im
Senat?
MARKUS: Die Gestaltungsmöglichkeiten, die ich für mein direktes Umfeld
habe, also den zukünftigen Studenten
ein besseres KIT zu hinterlassen. Es
würde mich sehr freuen, wenn das KIT
in 30 Jahren in einem Satz mit seinem
Namensvetter genannt wird und ich
weiß, dass ich an der Gründung und
8
Weiterentwicklung mitwirken konnte.
ERIC: Ich finde es immer interessant, wenn völlig unterschiedliche
Standpunkte aufeinander prallen. Das
kommt zum Beispiel vor, wenn die FSK
als Gremium Stellung zu einem Thema
beziehen soll.
Wi²: Wie funktioniert die Zusammenarbeit mit den anderen Fachschaften?
MARKUS: Prinzipiell sehr gut. Die
Vertreter der Fachschaften sind meist
Pragmatiker und arbeiten sehr lösungsorientiert. Als Wiwi haftet einem
doch ein etwas negatives Klischee an.
Wenn man sich aber etwas bemüht und
auch mal darüber lachen kann, verfliegt das schnell.
ERIC: Meistens funktioniert die Zusammenarbeit gut, da ja auch die anderen Fachschaftler sehr engagiert
und motiviert sind. So zum Beispiel
am Unifest, wenn wir zusammen mit
den Elektrotechnikern den Bierstand
schmeißen, oder wenn wir zusammen
eine Stellungnahme der FSK erarbeiten. Gute Ergebnisse liegen ja im Interesse aller.
Wi²: Hast du das Gefühl, selber gestalten zu können oder werden Entscheidungen nur durchgewunken?
MARKUS: Ganz klares ja - man kann
vieles mitgestalten. Zwar kann nicht
jede Entscheidung so umgesetzt werden, wie man es geplant hat, aber man
wird gehört. Auf gute Informationen
kommt es besonders an, weil man mit
einem Mehr an Wissen auch mal ein
paar Hierarchiestufen übertrumpfen
kann.
ERIC: In der FSK wird meiner Meinung nach nichts durchgewunken –
eher zu viel debattiert. Da von jeder
Fachschaft meist nur ein Vertreter anwesend ist, sind wir oft nicht mehr als
10 bis 15 Leute - da kann jeder seine
Meinung einbringen.
Wi²: Hast du das Gefühl, dass die
Hochschulpolitik an den Studenten
vorbei geht?
11. April: Mit dem Sturz des
Machthabers Gbagbo endet der
Bürgerkrieg in der Elfenbeinküste.
MARKUS: Also wenn sie an uns vorbeigehen würde, wäre es unsere eigene
Schuld.
Wi²: Und wie hat sich unsere Stellung
seit der Gründung des KIT verändert?
MARKUS: Vielleicht hat sich das Verhältnis zwischen Uni und Studenten
im Allgemeinen verändert. Ich habe
den Eindruck, dass die Studenten
von der Universität Service, also eine
Dienstleistung, fordern. Die Uni erfüllt
oft auch diesen Wunsch - und eben nur
diesen. Ich fände es schön, wenn die
Übergänge zwischen Lehre und Forschung kleiner würden und mehr Studenten nicht nur in die Vorlesungen
gehen, sondern das gesamte Geschehen mitprägen würden.
Wi²: Hat sich das Bild, das du von der
Uni hast, durch deine Gremienarbeit
verändert?
ERIC: Nicht wirklich.
MARKUS: Absolut! Nicht nur dadurch,
dass ich viele Menschen und Räume
kennengelernt habe. Man fühlt sich
einfach ein Stück weit mehr verbunden.
Wi²: Wo siehst du weiteren Handlungsbedarf – wo sind die großen Herausforderungen der Zukunft?
MARKUS: Aktuell reagieren wir nur
auf Veränderungen. Ich fand es nervig
- egal ob bei Bologna oder Studiengebühren - dass nur kritisiert wurde und
wenig gestaltet. Was nötig ist, dass wir
als Studenten eine Vision davon entwickeln, wie für uns gute Lehre aussieht.
ERIC: Ich kann mir vorstellen, dass
minderjährige Studenten eine Herausforderung darstellen werden - sowohl
für Events, wie zum Beispiel die OPhase, als auch in Bezug auf rechtliche
Themen, welche die Verwaltung betreffen – zum Beispiel Prüfungsangelegenheiten. Was da auf uns zukommt
ist schwer abzuschätzen.
Wi²: Vielen Dank für das Gespräch
11. April: Beginn des Sommersemesters 2011.
Das MINT-Kolleg
Von der Schule zurück auf die Schulbank?
Von Sebastian Palt
Zum kommenden Wintersemester wird
es eine Neuheit am KIT geben. Das
Mint-Kolleg, ab Oktober offiziell Redtenbacher-Kolleg, wird die ersten Studierenden empfangen und seine Arbeit
aufnehmen. Doch worum handelt es
sich genau beim Mint-Kolleg und welchen Nutzen haben wir Studierende
davon? Diese Frage geht sicher einigen
von euch gerade durch den Kopf. Wi 2
beantwortet die wichtigsten Fragen für
euch und gibt einen Überblick über das
MINT-Kolleg.
MINT-Kollegs? Neben dem schon erwähnten Online-Vorkurs im September beginnt der Präsenzunterricht
zeitgleich mit Vorlesungsbeginn am
17. Oktober 2011. Einstiegstermine in
das MINT-Programm werden jeweils
der Beginn des Winter- und Sommersemesters sein und zusätzlich nach den
Weihnachtsferien, um Studierenden
die Möglichkeit zu bieten, mögliche
erste Defizite im Studium frühzeitig
auszugleichen.
Worum handelt es sich jetzt genau bei der Sache? MINT steht
für die Fächer Mathematik, Informatik,
Naturwissenschaften
und Technik. Die Idee hinter dem
Kolleg wurde vom Land BadenWürttemberg, der Uni Stuttgart
und dem KIT gemeinsam ins Leben gerufen, um die hohen Abbrecherquoten in den MINT Fächern
zu senken. Das MINT-Kolleg soll
dabei helfen, Defizite durch die
verkürzte Schulzeit auszugleichen, die Studieninteressierten
zu beraten und ihnen eine Orientierung geben, ob ein Studium
aus dem MINT-Bereich für sie in
Frage kommt.
Wie sieht das aktuelle Konzept am
KIT aus? Das MINT-Kolleg besteht
nach jetziger Planung aus einem Mathematik (Online)-Vorkurs, der im
September stattfinden wird, und Präsenzunterricht. Der Präsenzunterricht
gliedert sich in 14-tägige Module aus
den Fachbereichen Mathematik, Informatik, Chemie und Physik. Die
Module werden durch Online-Module
zur Vor- und Nachbereitung begleitet.
Parallel neben den Kursen am MINTKolleg können auch schon Veranstaltungen des regulären Studiums besucht werden.
Wann ist der genaue Starttermin des
Welchen Vorteil bringt mir das MINTKolleg, wenn ich schon Studierender
am KIT bin? In Planung ist, den schon
Studierenden die Möglichkeit zu bieten, in andere Fachbereiche reinzuschnuppern und sich fächerübergreifend weiterzubilden. Ob und wie genau
dies technisch umgesetzt werden soll,
ist derzeit leider noch unbekannt.
Ziemlich konkrete Pläne gibt es aber
bei der Regelstudienzeit. Diese soll für
alle Studiengänge, die am MINT-Kolleg teilnahmeberechtigt sind (alle,
außer Geistes- und Sozialwissenschaften und Sport), von sechs auf
acht Semester erhöht werden - bei
gleichbleibenden Studieninhalten
und –plänen.
Für wie viele Studierende ist das
Mint-Kolleg ausgelegt und wo
werden diese untergebracht? Dieses Wintersemester wird mit 250
bis 300 Studierenden gerechnet.
Langfristig soll das MINT-Kolleg
auf circa 1500 Personen ausgelegt
werden. Als Gebäude sollen dabei
spezielle Container dienen, die auf
einer Grünfläche auf der anderen
Straßenseite gegenüber der UniBibliothek aufgebaut werden.
Ich bin am MINT-Kolleg interessiert,
aber wie läuft die Bewerbung ab? Das
genaue Bewerbungsverfahren ist leider noch nicht bekannt, jedoch werden ab dem 1. Juli auf der Homepage
www.mint-kolleg.kit.edu die genauen
Bewerbungsformalien geklärt. Es wird
aber auf alle Fälle ein AssessmentCenter, also Online-Einstufungstest,
geben, der eine nicht bindende Empfehlung gibt, ob eine Teilnahme am
Mint-Kolleg ratsam ist. Außerdem
wird es ein Beratungsangebot, sowohl
online per Skype, als auch vor Ort mit
den Dozenten geben.
20. April: Die Grünen und die SPD einigen
sich auf eine Volksabstimmung über das
Bahnprojekt „Stuttgart 21“.
Für weitere Informationen und die
Stundenpläne für das kommende Winter- und Sommersemester empfehlen
wir euch die offizielle Homepage www.
mint-kolleg.kit.edu oder ihr kommt
einfach während den Sprechstundenzeiten in der Fachschaft vorbei.
Alle Angaben stellen unseren jetzigen
Wissensstand dar und sind ohne Gewähr. Die Pläne müssen zunächst vom
höchsten entscheidenen Gremium dem Senat - verabschiedet werden.
21. April: Es wird bekannt, dass iPhones
heimlich Bewegungsprofile anlegen.
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How to Studium
von Markus Binding
und Patrick Novinsky
Was tun, um an der Uni nicht unter zu gehen?
Wie soll man das eigentlich hinbekommen? Dieses Studium? 180 Credits? In sechs Semestern? Praktikum, Ausland und am Besten auch noch irgendwann mal arbeiten... Und
was wollen eigentlich all diese Hochschulgruppen mit ihrem Bier und ihren Brezeln?
Wi² hilft euch, das Chaos zu durchblicken und bringt Licht ins Dunkel.
Bücher:
Kauft keine Bücher! Bisher habe ich noch jeden Lehrbuchkauf bereut. Die
Bücher, die jeder braucht, gibt es in ausreichender Menge in der Bib. Und
wenn ihr doch mal eines benötigt, was ihr dort nicht findet, lasst es einfach bestellen, die Bibliotheken erlauben Anschaffungsvorschläge. Die
meisten Bücher, die empfohlen werden, braucht ihr jedoch sowieso nicht.
Masterplan:
Erstellt einen Masterplan! Überlegt euch von Anfang an, wann ihr welche Klausuren schreibt, wann es ins Ausland geht und wann Praktika sinnvoll sind. Am Besten
habt ihr schon im ersten Semester einen Plan, in dem alles grob drin steht. Wahrscheinlich werdet ihr diesen nicht einhalten, vielleicht sogar viele Male ändern. Es
ist aber extrem hilfreich, wenn man immer weiß, was noch so ansteht. Wenn man
so dann doch etwas über den Haufen schmeißt („mach ich mein Praktikum halt im
nächsten Semester!“), merkt man sofort, was sonst noch alles geändert werden muss.
Ausland:
Geht früh ins Ausland. Und wenn ich sage früh, dann mein ich auch früh.
Die Möglichkeiten, Vorlesungen im Ausland zu hören und diese sich auch irgendwann
nen sind begrenzt. Wer in seinem Studium bereits weit fortgeschritten ist, hat eben genau
legen, was ihm noch fehlt. Und dies schränkt die Auswahl natürlich ein. So spart ihr
frühen Auslandssemester
wertvolle Zeit. Das Wichtigste aber: Geht überhaupt ins
anzurechdas zu bemit einem
Ausland!!!
Seminare:
Verteilt die Seminare! Glaubt es mir, zwei Seminare in einem Semester sind kein Spaß. Deshalb empfehle
ich , die Seminare möglichst früh und einzeln zu belegen. Der Masterplan hilft bei dieser Planung und auch
beim Beachten der Anmeldezeiträume, die durchaus auch mal im vorherigen Semester liegen können.
Vorlesungen:
Geht selektiv in Vorlesungen! Dabei meine ich nicht, überhaupt nicht in Vorlesungen zu gehen. Geht aber
wirklich nur in die Vorlesungen, die ihr auch interessant findet. Wenn ihr nur aus Pflichtbewusstsein in
die Vorlesung geht, dann lasst es lieber bleiben, lernt allein oder mit Freunden oder nutzt die Zeit mit ganz
anderen Dingen. Denkt daran, dass jede Klausur an der Uni auch ohne Vorlesungsbesuch zu bewältigen ist.
Prüfungen:
Legt eure Prüfungen taktisch klug. Prüfungstermine liegen nicht immer perfekt, wer aber geschickt Nachklausuren statt Hauptklausuren schreibt oder ein Fach vorzieht und dafür ein anderes später schreibt, kann
die Semesterferien hier und da noch etwas verlängern. Leider haben gerade viele Studienanfänger Angst davor, Dinge anders zu machen, als es der Stundenplan vorsieht. Diese Angst ist aber unbegründet. Habt Mut!
Hochschulgruppen:
Geht gleich im ersten Semester in die Fachschaft oder eine Hochschulgruppe! Den Fehler, damit zu lange zu warten, machen viele eurer Kommilitonen. Das Engagement in der
Hochschulgruppe macht ziemlich Laune, schafft Freundschaften und je früher man damit anfängt, desto früher kann man es auch „nutzen“, sprich: In den Lebenslauf aufnehmen.
Arbeiten:
Arbeitet als Werkstudent, anstatt als Hiwi! Man verdient mehr, lernt mehr und bekommt vielleicht sogar noch bei einem interessanten Arbeitgeber den Fuß in die Tür. Schwer zu bekommen sind weder Hiwi- noch Werkstudentenstellen. Man muss sich einfach bewerben.
10
27. April: Daten von 77 Millionen
PlayStation-Nutzern werden gestohlen.
30. April: Dortmund wird
vorzeitig deutscher Fußballmeister.
How to Berufseinstieg
Worauf kommt es an, wenn es dann mal so richtig losgeht?
von Pascal Piszczek
Wäre es nicht schön, wenn man für jeden gewünschten (Einstiegs-)Job ein einfaches Rezept bereit hätte?
Sowas wie „2 Löffel Praktikum, 150ml soziales Engagement, ¼ gute Noten und eine Prise Affinität zu der
Sache“ und fertig ist der erste Job!
Es jedem Bewerber so einfach zu machen ist sicherlich nicht möglich. Dennoch ist dieses Grundrezept an
sich kein schlechter Ansatz. Ich kann nur aus meinen eigenen Erfahrungen sprechen und hoffe, dass ich
vielleicht dem einen oder anderen von euch helfen kann, ein wenig Licht ins Dunkel zu bringen.
Die folgenden Punkte sollen bei einigen grundsätzlichen Fragen üblicher Themen für Berufseinsteiger weiterhelfen.
Praktika:
Praktika sind wichtig, keine Frage. In erster Linie werden erste praktische Erfahrungen vom Berufseinsteiger verlangt, um sicher zu stellen, dass dieser auch einen, wenn
auch teilweise nur groben, Eindruck davon hat, wie es in der Arbeitswelt abläuft. Außerdem sollten Praktika dabei helfen, dass der Absolvent feststellen konnte, ob der
gewünschte Bereich für den ersten Job denn wirklich der richtige ist. Zusätzlich stellt ein Praktikum immer eine gute Basis dar, um „einen Fuß in der Tür“ bei jenem Arbeitgeber zu haben.
Auslandserfahrung:
Es gibt kaum noch (höchst attraktive) Stellen, bei denen nicht mindestens 3 Monate Auslandserfahrung erwartet werden. Ob diese nun im Rahmen eines Praktikums oder im Rahmen eines Auslandssemesters gesammelt wurden, ist vollkommen egal. Ob ihr den gewünschten Job
bekommt oder nicht, Erfahrungen im Ausland zu sammeln ist immer sinnvoll, so oder so!
Noten:
BWL < 1,6, Ingenieurwissenschaften < 2,6. Das sind die üblichen Aussagen auf den Karriereseiten größerer Unternehmen. Diese Anforderungen sind auch relativ ernst zu nehmen, da sie einen der Grundsteine für das Auswahlverfahren bilden. Bei mehreren hundert Bewerbern auf eine Stelle, müssen
Grenzen geschaffen werden, um die Menge zu reduzieren. Die Abschlussnoten stellen hier für das Personalwesen einen relativ und objektiv guten Referenzwert dar. Also: ums Lernen kommt man nicht rum.
Soziales/Außeruniversitäres Engagement:
Zunehmend werden in der Wirtschaft Themen wie Corporate Responsibility wichtig. Damit dies umgesetzt werden kann, benötigen die Unternehmen Arbeitskräfte, die bereit
sind, sich gegebenenfalls auch außerhalb Ihrer Arbeitszeit (sozial) zu engagieren. Die Zeiten sind vorbei, in denen nur Leute mit Ellenbogen-Einsatz weiterkamen. Außerdem
zeigt die Arbeit in außerfachlichen Einrichtung die Team- und Kommunikationsfähigkeit.
Bewerbung:
Die Bewerbung ist euer Aushängeschild. Eine gut aufgebaute Bewerbung hinterlässt immer einen guten ersten Eindruck. Zum Aufbau findet ihr sicherlich genug Infos in bestimmter Literatur oder im Internet. Grundsätzlich gilt jedoch für den Lebenslauf: Wichtige Informationen kurz,
prägnant und übersichtlich zusammentragen. Und wenn ihr dann noch euren Wert fürs Unternehmen im Anschreiben vernünftig darlegt, ist der schwerste Teil des Weges schon gepflastert.
Auswahlverfahren:
Horrorgeschichten von Assessment-Centern kennen wir wohl alle. Hoher Druck, Leute mit großem
Willen sich durchzusetzen, Einzelkämpfermentalität etc. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass man
einfach man selber sein sollte. Sich grundsätzliche Gedanken zu machen, wie man sich selber darstellen möchte, und schonmal überlegen, welche 3 Stärken und Schwächen man hat, ist sicher richtig und wichtig. Sich zu verstellen und strikt der Literatur zu Assessment-Center zu folgen, macht in
meinen Augen allerdings nicht so viel Sinn. ACs erfüllen den Zweck, herauszufinden, was der Kandidat kann. Das ist soweit klar. Aber es soll auch dabei helfen, herauszufinden, ob der Kandidat zum
Unternehmen passt und anders herum. Gefällt euch schon die Atmosphäre im Assessment-Center
nicht und kommt ihr mit den gestellten Anforderungen nicht klar bzw. könnt euch nicht mit dem
Gesamteindruck identifizieren, so ist das Unternehmen vielleicht auch nicht das richtige für euch.
1. Mai: Der Datenschreiber einer 2009 abgestürzten Air-France-Maschine wird nach zwei
Jahren überraschend im Atlantik geborgen.
1. Mai: Der deutsche Arbeitsmarkt
wird für acht osteuropäische EU-Staaten geöffnet.
11
Die große Wi 2 Stadtflucht
Von Traktoren, Mähdreschern
und den Herausforderungen der
globalen Landwirtschaft
Von Hendrik Dorprigter
Patrick Novinsky, Lena Diekhans
und Tom Stähr
Einmal das Poloshirt gegen das Karohemd tauschen und die Vibration eines 600 PS Diesel-Motors im ganzen
Körper spüren. Nein, es geht nicht um
ein außerplanmäßiges Ingenieurmodul
bei den Maschinenbauern. Es geht um
den ältesten aller Wirtschaftssektoren,
der gegenwärtig, wie kaum ein anderer, von Wandel und globaler Bedeutung geprägt ist. Die Landwirtschaft.
Schließlich baut der Mensch schon
seit Tausenden von Jahren Getreide
an, pflügt das Feld, sät aus und erntet
ab. Doch wo früher fast jeder für sein
täglich Brot das eigene Feld bestellen
musste, arbeiten heute nur wenige
Prozent der deutschen Bevölkerung
im Agrarsektor. In einer Servicegesellschaft, wie wir sie heute erleben, ist den
meisten das karge Landleben fremd
geworden. Internet, Finanzmärkte und
Dienstleistungen sind zum treibenden
Wirtschaftsmotor geworden und ziehen die Aufmerksamkeit auf sich. Der
Bauer rückt nur noch in den Fokus,
wenn mal wieder die Milchpreise steigen oder eine Debatte über Gentechnik läuft. Über das alltägliche Leben
eines modernen Landwirts macht man
12
sich höchstens Gedanken, wenn einem
beim sonntäglichen Spaziergang der
süßliche Gülle-Geruch in die Nase zieht
und man diese angewidert rümpft.
Aus den Augen, aus dem Sinn scheint
die Landwirtschaft gerückt zu sein.
Möglicherweise zu Unrecht – nimmt
sie doch im Globalisierungsprozess
eine, wenn nicht die Schlüsselposition ein. Wenn auch nicht aus Renditeperspektive, so aber mit Sicherheit
im globalen Demographiewettstreit
der Völker. Der steigende Wohlstand
in vielen Ländern, der durch die Globalisierung erreicht wurde, verändert
auch die Konsumgewohnheiten ihrer
Einwohner. Fleisch soll es sein - billig
und viel, lautet mittlerweile nicht nur
der Wunsch in amerikanischen FastFood Restaurants oder auf deutschen
Grilltellern. Nicht
nur, dass die Weltbevölkerung in den
nächsten 20 Jahren
von sieben auf neun
Milliarden
Menschen
anwächst
und ernährt werden
möchte, so stellt der
steigende Fleischkonsum die globale
Landwirtschaft vor
unproportionale
Herausforderungen, denn die Produktion einer Mengeneinheit Fleisch
frisst bis zu sieben Äquivalenten Futtergetreide. Wie wird es möglich sein,
diese Mengen an Getreide und Futtermittel zu günstigen Preisen und guter
Qualität zu erzeugen und zu liefern?
Eine Antwort kann im Getreide selbst
liegen. Potentere Weizenzüchtungen
oder Gen-Reis mögen einen Teil zur
2. Mai: US-Präsident Obama bestätigt
Tod des al-Qaida Anführers Osama bin
Laden.
Ertragssteigerung beitragen. Eine andere Möglichkeit ist die Ernte – frei
von moralischen und gesundheitlichen
Bedenken, die die grüne Gentechnik
mit sich bringt. Die Bewirtschaftung
und Ernte der Felder. Und diese Möglichkeit haben wir uns angeschaut.
Von der Produktion bis zum Einsatz.
Das lässt die junggebliebenen Männerherzen höher schlagen – dort oben,
im Führerhaus unseres Mähdreschers.
Wir haben uns also die Frage gestellt,
was moderne Landwirtschaft bedeutet
und welchen wirtschaftlichen Stellenwert sie einnimmt. Dazu haben sich
drei Redakteure auf eine Reise längs
durch die Republik – von Karlsruhe nach Harsewinkel (bei Gütersloh)
– gemacht, zur Konzernzentrale von
Claas, einem der weltweit größten
Landmaschinenhersteller. Dort ließen
wir uns das Werk zeigen, sprachen
mit dem Pressereferenten und konnten uns am Ende sogar selbst mal ans
Lenkrad dieser gewaltigen Maschinen setzen. Doch fangen wir vorne an.
Die Geschichte von Claas begann
1921 mit der Anmeldung ihres ersten Patents. Ein Knoter zum Zusammenbinden von Strohballen legte den
Grundstein. Es folgten bis heute circa
5000 weitere Patente, die eine erste Einschätzung der Innovationskraft
dieses Unternehmens möglich macht.
Kurz nach dem Ersten Weltkrieg und
einhergehend mit einem gesellschaftlichen Wandel, wuchs der Grundnahrungsmittelbedarf stetig an. Doch
amerikanische Mähmaschinen, wie es
sie schon gab, waren für die europäischen Bedürfnisse völlig ungeeignet.
Also baute Claas den ersten geeigneten
Mähdrescher und schubste damit den
wirtschaftlichen Erfolg des Unterneh-
4. Mai: Das zweitägige Wirtschafts- und
Technologieforum „talKIT: E-volution – Die
Zukunft der Mobilität?“ beginnt.
mens an. Während des Zweiten Weltkriegs, bei dem unter Nazi-Deutschland alle Industriebetriebe für die
Kriegsproduktion zu arbeiten hatten,
entwickelte Claas, trotz Verbot, seine
Mähmaschinen weiter. So konnte das
Unternehmen nach dem Krieg direkt
mit fertigen Bauplänen in den wirtschaftlichen Aufschwung einsteigen.
Zum besonderen Vorteil für Claas
stellte sich die englische Besatzung,
die zahlreich in Harsewinkel stationiert war, heraus. Denn natürlich hatte
auch England großen Bedarf an Landmaschinen, die Claas liefern konnte.
So konnten die Westfalen, trotz eines allgemeinen Produktionsverbots
für deutsche Unternehmen, vor den
meisten anderen Unternehmen die
Produktion wieder aufnehmen. Diese
Begebenheiten stellten wohl die entscheidenden Ecksteine für die historische Entwicklung von Claas dar. 2011
kann man wohl drei Produktgruppen
herausstellen, die den Bärenanteil der
wirtschaftlichen Kraft in sich tragen.
Mähdrescher, Feldhäcksler und Traktoren bzw. Zugmaschinen. Sie tragen
so klangvolle Namen, wie ARION,
LEXION oder XERION und sind mit
teilweise mehr als 20 Tonnen Eigengewicht eher Fabriken auf Rädern. Zur
Verdeutlichung: Ein LEXION-Mähdrescher schafft es in zehn Stunden den
Tagesbedarf an Weizen von Berlin zu
decken. Ob das jetzt viel oder wenig ist,
kann man als fachfremder wohl nicht
wirklich beurteilen. Auch dass eine
Straßengeschwindigkeit von 40 km/h
eine herausragende Leistung darstellt
ist nicht direkt offensichtlich, oder
ob ein 12.000 Liter Korntank nun be-
sonders groß, oder eher durchschnittlich ist. Zu betrachten ist die Branche
in ihrer Entwicklung, und da haben
sich die Anforderungen an Mensch
und Maschine erheblich verändert.
Ein Vergleich – 1950 waren weltweit
pro Person 5600 m 2 Anbaufläche ver-
fügbar. 2050 werden es nur noch 1500
m 2 sein. Grund sind Bevölkerungswachstum, Klimawandel und Wasserknappheit, sowie die angesprochene
Veränderung der Ernährungsgewohnheiten. Da wir in Deutschland weder
das Problem der Überbevölkerung
oder der Wasserknappheit haben,
noch besonders unter dem Klimawandel leiden werden, ist das Agrarproblem vor allem ein globales. Wir leiden
zwar hier unter steigenden Weltmarktpreisen, jedoch nicht an Hunger. Von
den veränderten Bedingungen kann
Deutschland, und in diesem Fall Claas,
eher profitieren. Der Exportanteil des
Konzernumsatzes von 2,5 Milliarden
Euro lag 2010 bei 73 Prozent. Zuletzt
zwar konstant, aber langfristig mit
Tendenz nach oben - das zeigt ein Blick
in die Konzernbilanz. Ein zweiter Blick
offenbart auch die Abhängigkeit von
der Weltkonjunktur. Der
Jahresumsatz lag 2008,
einem Spitzenjahr, noch
etwa 800 Mio. Euro höher und das Ergebnis vor
Steuern sank von fast
250 Mio. Euro auf knapp
80 Mio. Euro. Grund ist
die Investitionsrückhaltung während der Krise.
Geerntet werden muss
trotzdem weiter und so
kann die Branche dieses und auch die nächsten Jahre von steigenden Investitionen profitieren. Aber wer investiert
da eigentlich? Im Gespräch mit Horst
Biere, Leiter Unternehmenskommunikation, wurde Eines deutlich – die
„Bauer sucht Frau“- Romantik war
gestern. Heute liegt auch die Landwirtschaft in den Händen von Investoren, die bereits Ackerland in Afrika
6. Mai: Die Untersuchungen zu den Plagiatsvorwürfen gegen Guttenberg sind abgeschlossen und
bestätigen eine vorsätzliche Täuschung.
kaufen, um vom Bedarf der Zukunft
zu profitieren, oder an Agrarbörsen
auf Weizenpreise zu wetten. Strukturwandel ist das Stichwort und der
betrifft auch Deutschland. Kaum ein
Bauer kann es sich heute leisten für 20
Erntetage im Jahr einen Mähdrescher
für eine halbe Millionen Euro anzuschaffen, der die restliche Zeit in der
Scheune steht. Darum hat auch in diesem Sektor der Dienstleistungsgedanke Einzug gehalten. Lohnunternehmer
fahren von Hof zu Hof, um in Drescherkolonnen die Felder abzuernten
- bezahlt wird nach Hektar. Und damit wird auch klar, warum es auch auf
die Straßengeschwindigkeit ankommt.
International ist der Strukturwandel
ein anderer. Alle Regionen bringen
ihre landwirtschaftlichen Eigenarten
mit sich. Die angesprochenen Kolonnen fahren in Flächenländern, wie den
USA oder Russland zum Teil mit zehn
oder zwölf Maschinen parallel und wie
Zugvögel in V-Formation versetzt. Mit
GPS-Unterstützung ist es heute möglich exakte Bahnen zu ziehen und die
Verschwendung von Korn und Zeit zu
minimieren. Russland ist für deutsche
Hersteller von besonderem Interesse,
da dort, wie in den anderen alten Sowjet-Staaten, die Fuhrparks oft veraltet
sind. Schwellenländer wie China oder
Indien stellen ganz andere Herausforderungen dar. Hier müssen intelligente Lösungen für Kleinbauern entwickelt werden, die ihre Reisernte auf
sehr weichen und feuchten Böden bei
geringem Kapitaleinsatz optimieren
möchten. Diese und andere Herausforderungen müssen weltweit bewältigt
werden, um eines der vielen globalen
Probleme in den Griff zu bekommen.
12. Mai: Kretschmann wird erster
grüner Regierungschef.
13
Tough Guy
The Safest Most Dangerous
Event in the World
von Robin Dechant
Es ist das härteste Hindernis-Rennen
der Welt. Das Tough Guy Race in Wolverhampton (England). Jedes Jahr
im Januar quälen sich die über 6000
Starter aus aller Welt über die 12 Kilometer Renndistanz. 25 Hindernisse, die so genannten „Killing Fields“,
sind dabei zu überwinden. Jeder Dritte bleibt auf der Strecke zurück und
wird das Ziel nicht erreichen. Wer
an einem der qualvollen Hindernisse
scheitert, wird disqualifiziert und verliert die Gunst des Publikums. Hohn
und Spott sind die Folge. Und die Erkenntnis doch kein Tough Guy zu sein,
es nicht mit den härtesten Männern
der Welt aufnehmen zu können. Nirgendwo auf der Welt können leichter
solche Legenden geschrieben werden,
als in der düsteren Winterlandschaft
des Vereinigten Königreichs. Dudelsäcke und Rugby-Schlachtgesänge
vermitteln jene Atmosphäre, die sich
an keinem anderen Ort finden lässt.
Grund genug, mich von den eintönigen Straßenläufen des Sommers los-
20
14
zureißen, nach England aufzubrechen
und mich der Herausforderung zu
stellen. Der Herausforderung, mich
als wahrer Tough Guy zu beweisen.
Gut drei Monate vor dem Tough Guy
ging es mit der Vorbereitung los. Jeden Sonntag standen die vierstündigen
Trainingseinheiten mit dem Getting
Tough Team am Fuße der Schwäbischen Alb auf dem Programm. Wenn
andere zu Hause saßen und genüsslich ihren Sonntagsbraten verzehrten,
die Kirche besuchten und sich um den
wärmenden Ofen scharten, zogen wir
hinaus in unser Trainingsgelände. Die
Schwäbische Alb mit ihren steilen Anstiegen, dem unebenen Terrain, dem
Schnee und den eiskalten Gewässern.
Um den Körper an die extremen Temperaturen zu gewöhnen, stand am
Ende jeder Trainingseinheit Eisbaden auf dem Programm. Interessant
ist dabei vielleicht auch die Tatsache, dass ich im Winter von jeglicher
Erkältung verschont geblieben bin.
16. Mai: Gegen Mitglieder des Gadaffi-Regimes in Lybien werden vom Internationalen
Strafgerichtshof Haftbefehle erlassen.
Schon einen Tag vor dem Rennen besichtigte ich den Kurs und holte meine Startunterlagen ab. Dabei musste
ich unter anderem die Death Warrant
unterschreiben - eine Einverständniserklärung, dass der Veranstalter im
Falle meines Todes oder schwerer Verletzungen, in keiner Weise haftbar ist.
Die
größten
Herausforderungen
beim Tough Guy sind vor allem
die Kälte und das Wasser. Stinkend, schlammig und eisig kalt.
Der Hindernisparcours ist aber nicht
nur eine physische, sondern auch eine
psychische Herausforderung – nicht
aufzugeben und durchzuhalten sind dabei die wichtigsten Voraussetzungen.
Gestartet wird in eingezäunten Boxen nacheinander, um lange Staus
an den Hindernissen zu vermeiden. Die eingepferchten Starter rasseln dabei an den Toren und brüllen sich die Anspannung vom Leib.
Auch ich wartete. Dann ging es los.
Rasch schloss ich zu der ersten Startergruppe auf. Bei Temperaturen von unter 0°C kam uns dabei die Aufgabe zu an
vielen Stellen erst noch die Eisschicht
der Tümpel zu durchbrechen, um
überhaupt erst ins Wasser zu gelangen.
Die beiden härtesten Hindernisse waren für mich die „underwater
tunnels“ und die „torture chamber“.
Bei den „underwater tunnels“ muss
man vier Mal hintereinander unter
Baumstämmen durch das eiskalte
Wasser tauchen. Was sich leicht anhört ist in Wirklichkeit eine Qual, da
der Körper und vor allem der Kopf
stark erhitzt sind und das kalte Wasser einen Schock auslöst, so dass
man jegliche Orientierung verliert.
Neu im Programm war dieses Jahr die
„torture chamber“. Ohne zu wissen
was auf mich zukommen sollte, kroch
ich durch eine dunkle Röhre. Eng,
feucht und kalt. Nichts für Platzangst.
Plötzlich bekam ich einen Schlag.
Leicht benommen kroch ich weiter
20. Mai: Der Chef des japanischen
Kraftwerkbetreibers Tepco kündigt
seinen Rücktritt an.
und gleich darauf streckte mich der
nächste Schlag nieder. Stromschläge
in der „torture chamber“. Nach kaum
enden wollenden 84 Minuten, voller
Schlamm, unterkühlt und nicht mehr
ganz bei vollem Bewusstsein schleppte ich mich schließlich ins Ziel. Als
zwölfter. Und viel wichtiger: „You
are alive. Bloodied, battered but never beaten. You are a Tough Guy”
Doch
warum
eigentlich
diese
„Quälerei“ - wie es viele bezeichnen - für eine Medaille mit Plastikband,
einen
lauwarmen
Tee
mit Milch und eine kalte Dusche?
Das Tough Guy Race ist weit mehr als
nur ein sportlicher Wettkampf. Verknüpft mit einer langjährigen Tradition, hat es inzwischen Kultstatus erreicht. Videos und Bilder gehen jedes
Jahr um die Welt und so war auch ein
Fernsehteam mit uns, dem Getting
Tough Team, vor Ort und hat eine Dokumentation darüber gedreht. Diese einmalige Stimmung, der Zusammenhalt,
das Adrenalin schon Stunden vor dem
Start und vor allem die Erfahrung, weit
über seine körperlichen Grenzen hinauszugehen ist das, was den Tough Guy
ausmacht. Diese Erfahrungen sind einmalig und in keiner Form vergleichbar.
Across the Ocean
Von Gran Canaria nach
San Lucia - Leinen los!
von Dominik Seuwen
Als ich im August 2010 gefragt wurde, an einer Atlantiküberquerung mit
einem reinrassigen Offshore-Racer
des Typs Pogo 40 teilzunehmen, war
mir sofort klar, dass dies eine einmalige Gelegenheit war. Da ich schon
seit meiner Kindheit viel Zeit auf dem
Wasser verbringe und mich während
der langen Tage in der Universitätsbibliothek nach der unendlichen Weite
des Meeres sehnte, kam mir das Angebot, den Atlantik im Rahmen der berühmten Atlantic Rally for Cruisers zu
überqueren, sehr gelegen. Nach einem
kurzen Abgleichen des Termins mit
meinem Uni-Kalender buchte ich einen Crewplatz, sowie alle notwendigen
Flüge und damit eine Reise von Gran
Canaria nach St. Lucia in der Karibik.
Eine Reise, welche 21 Tage dauern sollte und bei der ich mit einer vergleichsweise langsamen Durchschnittsgeschwindigkeit von rund 12 km/h eine
Distanz von fast 6000 km zurücklegen
würde. Eine Reise, die der Strecke
Hamburg – München entspricht. Und
zwar hin und zurück. Und das viermal.
Wochen der Vorbereitung begannen.
Da der Platz auf unserem Schiff sehr
eingeschränkt war, musste ich genau überlegen, was ich mitnehmen
sollte und was nicht. Stundenlang
drehten sich meine Gedanken um
mögliche Wetterszenarien und Notfallsituationen. Was zieht man an,
wenn das Schiff bei Sturm und rauer
See in jede zweite Welle einsticht und
man von oben bis unten mit Meerwasser geduscht wird? Oder was ist zu
tun, wenn ein Crewmitglied sich mitten auf dem Atlantik einen Schädelbasisbruch zulegt und etwaige Hilfe
womöglich Tage entfernt ist? Obwohl
schon alles gebucht war, begann ich an
meinen Fähigkeiten zu zweifeln. Ein
Offshore Personal Survival Training
brachte mir mein Selbstvertrauen zurück. Neben lebensrettenden Sofortmaßnahmen und Feuerlöschübungen
stand auch die Benutzung von Rettungsinseln auf dem Trainingsplan.
Die letzten Tage vor der Abreise waren
21. Mai: Alassane Ouattara wird als
neuer Präsident der Elfenbeinküste
vereidigt.
geprägt von Aufregung und Vorfreude auf das bevorstehende Abenteuer.
Mitte November flog ich von Düsseldorf nach Gran Canaria, wo ich auf die
restliche Crew traf, die ich zuvor nur
einmal kurz gesehen hatte. Dies waren
also die sechs fremden Männer, mit denen ich mir rund 21 Tage lang eine Fläche von der Größe eines durchschnittlichen
Wohnheimzimmers
teilen
musste. Ein bunter Haufen verschiedenster Herkunft, der durch unseren erfahrenen Seebären und Skipper
Jörg abgerundet wurde. Die restlichen
Tage bis zum Start verbrachten wir
damit das Schiff für die Überfahrt vorzubereiten und Unmengen Proviant
und Wasserflaschen auf dem ohnehin
eingeschränkten Platz zu verstauen.
21. Mai: Der Gründungssenat verabschiedet einstimmig eine Gemeinsame Satzung für das KIT.
15
Dann, am 21.11. 2010 hieß es endlich „Leinen los!“. Mit diesen Worten
begann ein Abenteuer, das sich nur
schwer in Worte fassen lässt. Schon
nach der ersten Nacht waren wir allein. Die restlichen Schiffe waren
irgendwo hinter dem Horizont verschwunden und nur das gelegentliche
Knacken des Funkgerätes erinnerte
uns daran, dass noch andere Schiffe
in Funkreichweite waren. Doch auch
diese war irgendwann überschritten.
Mit den Tagen setzte eine gewisse
Routine ein. Vier Stunden Wache halten, also segeln, Wetterdaten abrufen,
Kurs und Route optimieren, kochen
und abspülen. Und vier Stunden schlafen. Vier Stunden, die viel zu oft viel
zu kurz waren. Besonders die Schicht
von 04:00 bis 08:00 Uhr war ein ständiger Kampf gegen die Müdigkeit, bei
dem man immer im Hinterkopf hatte, dass ein Steuerfehler verheerende
Folgen haben konnte. Die Gefahr einer Patenthalse, also eines nicht gewollten Manövers, bei dem das Heck
des Schiffes durch den Wind geht, war
bei den ständigen Vorwindkursen allgegenwärtig. Eine solche Patenthalse
hat schon so manche Schiffe den gesamten Mast inklusive Segel gekostet.
Sprich: keine Geschwindigkeit und damit keine Bewegung in die richtige Richtung.
Eine solche Flaute mitten auf
dem Atlantik ist eine wahre
Zerreißprobe für die Nerven
und bringt oftmals das wahre Ich eines Menschen zum
Vorschein. So kam es auch in
unserer ersten Flaute zu Konflikten innerhalb der Mannschaft. Konflikte, die meist
durch Kleinigkeiten, wie den
Mangel an Snickers oder das
Umherfliegen irgendwelcher
Unterhosen, ausgelöst wurden. Und auch wenn man sich
zeitweise ziemlich auf den
Keks ging: Aussteigen war ja
nicht möglich und so musste
jeder Konflikt irgendwie beigelegt werden. Auch das andere Wetterextrem, die Stürme, verlangten uns einiges
ab. Lokale Wetterstörungen,
sogenannte Squalls, überraschten uns immer wieder
mit extremen Starkwinden und viel
Regen. Auch wenn diese Squalls oft
schon nach einigen Stunden wieder
vorbeigezogen waren, musste doch
schnell gehandelt und Segelfläche verkleinert werden. Dies war besonders
nachts nervig, da die Nächte meist ohnehin zu kurz waren und man bei der
unaufhörlichen Bewegung des Schiffs,
der ständigen Geräuschkulisse und
der immerwährenden Feuchtigkeit
des Bettlakens kaum zur Ruhe kam.
Doch all diese größeren und kleineren
Strapazen waren es wert, auf sich genommen zu werden, denn der Atlantik
belohnte einen immer wieder. Sei es,
dass man stundenlang von einem riesigen Schwarm Delfine begleitet wurde,
die vor dem Bug des Schiffes hin und
her schwammen, oder dass man unter
einem perfekten Sternenhimmel durch
die Nacht rauschte und mit dem Zählen von Sternschnuppen nicht mehr
hinterherkam. Ein weiteres Highlight
waren zweifellos die Sonnenaufgänge, deren Schönheit nur noch durch
die unendlichen Weiten des Ozeans, welcher wahrlich viele Gesichter
hat, in den Schatten gestellt wurde.
Nach 21 erlebnisreichen Tagen auf
See dann endlich: „Land in Sicht!“
St. Lucia lag vor uns im Licht der untergehenden Sonne und ein unbeschreibliches Gefühl umgab uns, als
wir uns der Insel näherten. Wir hatten es geschafft! In unserem Kielwasser lagen nun knapp 3200 Seemeilen
und ein Abenteuer, das wohl niemand
von uns vergessen wird. Am Pier festgemacht, wurden wir auch gleich vom
Race Committee mit Rum-Punch beglückwünscht und in die Hafenbar
gelotst, wo einige Segler ihre Atlantiküberquerung ausgelassen feierten und
Geschichten der vergangenen Tage
austauschten. Noch in der Nacht suchte ich die Duschen in der Marina auf
und genoss meine erste Dusche mit
Süßwasser seit drei Wochen, inklusive des obligatorischen Duschbiers.
Ich verbrachte dann noch einige Tage
auf St. Lucia, ließ die vergangenen Geschehnisse bei kühlem Bier am Strand
Revue passieren und genoss die karibische Sonne, bevor ich wieder zurück ins weihnachtliche Deutschland
flog. Auch mein etwas verlängerter
Zwischenstopp in London, welches
zu der Zeit im Schneechaos versank,
wirkte im Vergleich zu den vergangenen Wochen fast erholsam. Hier hatte ich wenigstens ein trockenes Bett
zum Schlafen. Und doch sehnte ich
mich schon wieder nach diesen unendlichen Weiten des Meeres und
dem Wind in meinem Gesicht zurück.
Ein weiteres großes Problem, mit dem
wir als Crew zu kämpfen hatten, waren die häufigen Flauten, die, untypisch für diese Jahreszeit, den sonst
so kontinuierlichen Passatwind unterbrachen. Unter Flaute versteht man
das Nichtvorhandensein von Wind.
16
22. Mai: Das EHEC-Bakterium taucht das
erste Mal in den Medien auf. Dutzende
Personen sind bereits erkrankt.
22. Mai: Ein Vulkanausbruch in Island legt wiederum Teile des europäischen Flugverkehrs lahm.
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Der Wandel der Mobilität
Warum Versäumnisse in der deutschen Politik die internationale
Wettbewerbsfähigkeit gefährden.
Im Mai dieses Jahres hat die Nationale Plattform Elektromobilität (NPE) ihren zweiten Bericht veröffentlicht. Darin werden die Ziele der deutschen Regierung und Industrie zur Schaffung eines Elektromobilitätsmarktes festgelegt. Die Kernaussage des Berichtes ist, bis 2020 1 Million Elektrofahrzeuge auf deutschen Straßen fahren zu lassen. Vor diesem Hintergrund hat Wi² mit Dr. Andreas Gutsch, Leiter, der KIT-Forschungsgruppe „Competence E“ gesprochen.
von Dominik Steuer und Hendrik Dorprigter
Wi²: Herr Gutsch, erreicht die Forschung nun einen Bereich, in dem es
möglich wird den Verkehr zu elektrifizieren, auch in Hinblick auf die Ressourcenknappheit?
Wi²: Die Politik pusht gerade das Thema Elektromobilität. Wie in der Einleitung erwähnt, hat sie eine Roadmap
bis 2020 vorgelegt. Wie wird das KIT
von dieser Entwicklung profitieren?
DR.GUTSCH: Die Ressourcen stellen bei der Herstellung von LithiumIonen-Batterien kein Problem dar.
Im Gegensatz zur weit verbreiteten
Meinung, die wohl der unglücklichen
Namensgebung zu verdanken ist. Die
heute bekannten Vorkommen an Lithium würden für eine Elektrifizierung
des gesamten Verkehrs für weit mehr
als 100 Jahre reichen.
DR.GUTSCH: Wir haben aktiv in der
NPE mitgewirkt und speisen weiterhin
unsere Sicht der Dinge in die entsprechenden politischen Kanäle ein. Das
KIT forscht schon heute in Bereichen
von Netzinfrastrukturanalysen bis hin
zu den molekularen Grundlagen von
Materialien, die als Energiespeicher
dienen könnten. Unsere Aufgabe ist es
nun, alle relevanten Themenbereiche
zu koordinieren und auf das Thema
Elektromobilität zu bündeln. Unser
Wi²: Welche Prognose geben sie dem
Elektrofahrzeugmarkt in Bezug auf
deren Anteil am Gesamtfahrzeugmarkt?
DR.GUTSCH: Wenn der Betrieb
und Erwerb eines Elektrofahrzeuges keine Förderung erfährt, ist
meine Prognose pessimistisch. Wir
stehen an einem kritischen Scheideweg. Nächstes Jahr kommen die
ersten Elektroautos auf den deutschen Markt. Dann wird sich zeigen, ob die Bevölkerung bereit ist,
10.000€ mehr in ein Fahrzeug zu
investieren ohne dadurch einen höheren Nutzen zu erhalten. Anfangs
profitiert nur die Gesellschaft von
der Nutzung der E-Autos, da sie die
Emissionsfreiheit in Form von zum
Beispiel Lärmreduktion als erstes
erfährt. Die Elektromobilität entfaltet ihre Wirkung erst im Kollektiv fürs Kollektiv.
Schon die Einführung der Photovoltaiktechnologie hat gezeigt, dass die Bevölkerung erst bereit ist zu investieren,
nachdem sie von der Politik subventioniert wurde. Wenn man sich das übliche Konsumentenverhalten ansieht,
Stichwort „Geiz ist geil“, liegt es sowohl an der Bundesregierung als auch
an der EU, entsprechende Anreizsysteme oder Restriktionen für Verbrennungsfahrzeuge zu schaffen. Wird dies
nicht durchgesetzt, verschwindet die
Elektromobilität schneller als sie gekommen ist.
18
Anspruch ist es, die Forschungsergebnisse in Innovationen zu überführen.
Dafür benötigen wir aber einen entsprechenden Markt.
Wi²: Hat Deutschland im internationalen Vergleich versagt - in der Schaffung eines solchen Marktes?
DR.GUTSCH: Deutschland ist das
einzige Land im Vergleich der großen
Wirtschaftsnationen, wo es keine nennenswerte Förderung für den Erwerb
und Betrieb eines Elektroautos gibt.
In Japan sieht die Förderung konkret
so aus, dass jeder Erwerb eines Elek-
23. Mai: Wissenschaftler des KIT stellen
einen Weltrekord in der ultraschnellen
Übertragung von Daten auf.
trofahrzeuges mit 10.000 US $ unterstützt wird. Dadurch ist nicht nur der
Anteil an Elektrofahrzeugen höher;
viel wichtiger ist, dass auch ein Markt
für Elektromobilität initiiert wird. So
investieren zum Beispiel die Werkstätten in Japan in entsprechendes
Equipment zur Reparatur dieser Fahrzeuge. Diesen Marktvorteil nutzen die
Japaner nun „heimlich“, um den Weltstandard für Schnellladestationen, den
CHAdeMO-Standard, durchzusetzen.
Dieser wird zum Beispiel schon in
Frankreich eingesetzt. Deutschland
hat das Problem, dass es mehr Veranstaltungen zur Elektromobilität als
Elektrofahrzeuge gibt.
Wi²: Wird das KIT im Bereich der
Elektromobilität eine Führungsrolle einnehmen können?
DR.GUTSCH: Genau das ist unser Anspruch. Das Thema Elektromobilität ist äußerst komplex.
Dies beginnt bei der Herstellung
der Batterie und endet noch lange nicht beim Antriebsstrang.
Die deutsche Industrie und Forschung arbeitet an völlig neuen
Konzepten, da so gut wie nichts
aus bekannten Technologien, die
zum Bau eines Verbrennungsfahrzeuges nötig waren, verwendet werden kann. Unsere Aufgabe
im Projekt „Competence E“ ist es,
diese Kräfte zu bündeln und in
eine Richtung zu leiten. Unser Ziel
ist es, die Forschungsergebnisse
und Innovationen auch prototypisch
aufzubauen und somit die entsprechenden Produktions- und Fertigungstechnologien bereitzustellen. Am Ende
des Projektes sollen Blaupausen für
Fabriken im Bereich der Elektromobilität stehen. Damit trägt das KIT einen Teil dazu bei, dass die komplette
Wertschöpfungskette in Deutschland
bleiben kann. Die Voraussetzungen für
dieses Projekt am KIT sind sehr gut, da
es durch seine Größe Erfahrungen mit
Großprojekten hat. Im Fall „Competence E“ sprechen wir von einem Projektvolumen von ca. 200 Millionen €.
28. Mai: Die Niederlande planen
die Sperrung der Coffeeshops für
Ausländer.
Wi²: Wenn das KIT in der Lage sein
wird, die Blaupausen für solche Fabriken zu liefern, inwieweit können wir
damit die Ziele der Bundesregierung
unterstützen?
DR.GUTSCH: Wir sorgen hier für die
besseren Technologien und schaffen die Grundlagen zur Herstellung
eines kostengünstigen elektrischen
Antriebsstrangs. Die betriebswirtschaftlichen Voraussetzungen, die den
Kostenunterschied zwischen Elektround Verbrennungsfahrzeug überbrücken, müssen von anderer Stelle gegeben werden.
Wi²: Können sie abschätzen, wann
das nicht-subventionierte elektrische
Fahrzeug wettbewerbsfähig sein wird?
Wi²: Zum Thema Wandel, im Moment ändert sich nicht nur der Mobilitätsmarkt sondern vor allem auch der
Energiemarkt. Da regenerative Energien immer relevanter werden, stellt sich
die Frage, ob Batterien ähnlich, wie
zum Beispiel Pumpspeicherkraftwerke
nutzbar werden.
DR.GUTSCH: Dies stellt unser zweites
Applikationsfeld im Projekt „Competence E“ dar. Ich persönlich glaube,
dass in Deutschland und auch in Japan
der Bedarf an stationären Speichern
schnell wachsen wird. Denn die Förderung stationärer Batteriespeicher ist
durch das Erneuerbare Energie Einspeise Gesetz (EEG) schon gegeben.
Es gibt heute schon Boni, wenn man in
DR.GUTSCH: Wenn man berück- Zur Person Dr. Andreas Gutsch
sichtigt, dass ein E-Fahrzeug eine
beschränkte Reichweite hat und die Studium zum Chemieingenieur an der UniPreise für fossile Brennstoffe weiter versität Karlsruhe, später Promotion zum
steigen, wird dies in unter 15 Jahren Teil in den USA. Forschte hier schon vor 20
der Fall sein. 50% der Kostensen- Jahren im Bereich der Nanotechnologie. Dakungen bei Elektrofahrzeugen wer- nach Karriere in der Wirtschaft mit Kernden mit der Skalierung auf größere kompetenz im Aufbau neuer Geschäftsfelder.
Mengen kommen. Dafür muss aber, Er prognostizierte den Start des E-Marktes
wie schon angesprochen, erst der
bereits 2002 auf das Jahr 2012. 2006 war er
Markt vorhanden sein.
Kommt dieser nicht zu Stande, wird schon mit einer Batterie für Elektromobilität
kein Automobilhersteller das Geld in am Markt - dieser war aber noch nicht bereit.
die Hand nehmen, um neue Fabriken
zu bauen. Die Investitionen für solche der Lage ist regenerative Energie zwiFabriken sind schnell im Bereich meh- schen zu speichern. Das ist ein Grund
rerer 100 Millionen €!
dafür, warum das KIT auch in diesem
Bereich forscht.
Wi²: Der erste Milestone der NPE ist
das Jahr 2014. Bis dahin sollen 4 Milli- Wi²: Einer der sechs „Leuchttürme“
arden € in Forschung und Entwicklung der NPE ist die Infrastruktur. Sehen
fließen. Wie profitiert das KIT davon?
Sie die Zukunft in langsamen Ladestationen, an denen die Autos auch als
DR.GUTSCH: Über die Verwendung
Zwischenspeicher dienen, um Stromdieser Mittel ist nichts Genaueres bespitzen auszugleichen oder sehen Sie
kannt. Wahrscheinlich fließen sie in
die Zukunft in Schnellladestationen
Pilotflotten und Pilotfabriken. Es lässt
wie sie die Japaner entwickeln?
sich jedoch eine einfache Rechnung
aufstellen: mit den 4 Milliarden ließen DR.GUTSCH: Die sinnvollere wird die
sich 400.000 Fahrzeuge mit 10.000€ Variante mit den Schnellladesäulen
bezuschussen, was zur Erreichung des sein. Das heißt Ladezyklen zwischen
Ziels 2020 und der Schaffung eines 30 und 60 Minuten bis zur Vollladung.
Marktes wesentlich beitragen würde.
Das Problem stellt dabei nicht die Batterie dar, sondern die Infrastruktur
Wi²: Warum werden solche Förderprodie solche Extreme noch nicht aushält.
gramme nicht in der NPE aufgenomDas ideale Elektrofahrzeug, welches
men?
das primäre Ziel der Emissionsfreiheit
DR.GUTSCH: Ich habe selbst in der erfüllen soll, muss viel fahren, um vieNPE mitgewirkt und versucht meine le Kilometer aus VerbrennungsfahrArgumente einzubringen. Die Bundes- zeugen zu substituieren. Man spricht
regierung hält sich ein Hintertürchen da von einer Jahresfahrleistung von
offen. Sie wartet ab und falls der Markt 40.000-80.000 Kilometer. Das ist ein
nicht zu Stande kommt, startet sie För- Grund dafür, dass Elektrofahrzeuge
derprogramme. Das Problem daran ist, erst in kilometerlastigen Branchen
dass die deutsche Industrie dann kein eingeführt werden - zum Beispiel bei
Interesse mehr hat in den Markt einzu- Taxen oder im Liefer- und Gütervertreten, da sie technologisch nicht mehr kehr. Interessant ist, dass Deutschland
konkurrenzfähig sein wird.
das einzige Land unter seinen Nach-
28. Mai: Mit der Absolventenfeier
2011 werden die diesjährigen Absolventen gebührend verabschiedet.
barn ist, das keine elektrischen Postautos betreibt. Frankreich setzt bei
Müllfahrzeugen Elektroantriebe ein,
was aufgrund der vielen Start-StopVorgänge ein optimales Einsatzfeld ist.
Außerdem wird viel Geräuschemission
eingespart, wenn morgens um sechs
kein Dieselmotor durch die Wohnsiedlungen fährt. Die Elektromobilität
muss erlebbar werden. Darum wäre es
zum Beispiel sinnvoll, Taxiflotten zu
elektrifizieren, damit die Bevölkerung
mit Elektrofahrzeugen in Berührung
kommt. Wichtig ist, dass Deutschland
aus dem Theoriedenken herauskommt
und nicht den Anspruch hat, dass das
erste E-Auto gleich perfekt sein muss.
Wi²: Wir groß wird die Lebensdauer
eines Elektrofahrzeugs sein; auch in
Bezug auf Verschleiß der Batterie und
deren Recycling?
DR.GUTSCH: Erst muss klar gestellt
werden, dass es nicht die eine Lithium-Ionen-Batterie gibt. Die hochwertigen Batterien, die zum Teil aus
Japan, aber auch aus Deutschland
kommen, werden den Lebenszyklus
eines Autos mitmachen; das heißt
circa 200.000 Kilometer. Das Recycling danach gestaltet sich ähnlich,
wie bei der Alteisenverwertung. Sie
werden im Hochofen eingeschmolzen
und nach Material getrennt; lediglich
10-12 Massenprozent sind nicht recyclebar.
Wi²: Wie sieht die Zukunft aus? Wird
die Elektromobilität ihren Einsatz
auch in Bereichen wie der Schifffahrt
und dem Luft-verkehr finden?
DR.GUTSCH: No Way – elektrische
Passagierflugzeuge werde ich nicht
mehr erleben. Es gibt zwar Versuche
auf diesem Gebiet, wie zum Beispiel
den Solarsegler der mit 40 Metern
Spannweite eine Person transportieren kann; für den kommerziellen Verkehr wird das aber noch lange dauern.
Im Bereich der Schifffahrt sieht das
anders aus. Die Freizeitschifffahrt ist
zum Teil schon heute elektrifiziert und
steht der mit Verbrennungsmotoren in
Nichts nach.
Wi²: Wo sehen Sie noch Einsatzmöglichkeiten für die Elektromobilität?
DR.GUTSCH: Eine Traumvision von
mir ist, dass es in Zukunft möglich ist,
Straßenbahnen ohne Oberleitungen zu
betreiben. Die S-Bahnen könnten an
den einzelnen Stationen Energie nachziehen; dafür ist allerdings wieder der
Schnellladestandard notwendig.
Wi²: Vielen Dank für ihre Zeit.
30. Mai: CDU, CSU und FDP beschließen
den Atomausstieg bis 2022.
19
Der eigene Laden
Abenteuer, Risiko. Die ersten Schritte als Unternehmer ein Interview
von Jakob Hund
Die Karriere im großen Konzern
wurde lange dem klassischen Unternehmertum vorgezogen - gerade
in Karslruhe mit seinen vielen
Kooperationen, Workshops und
Einstiegsmöglichkeiten. Aber ist
dies wirklich der einzige Weg zu
Erfolg und Selbstverwirklichung?
Im Interview mit Wi² erörtern
wir diese Frage mit einem Kommilitonen, der sein eigenes StartUp gründen möchte und dafür
weder Kosten noch Mühen scheut.
Wir erfahren außerdem, wie es
bei Google zugeht und warum
Facebook nur von einem Amerikaner gegründet werden konnte.
Carsten Dickhut, 24, ist Wirtschaftsingenieur im 1. Mastersemester.
Zusammen mit Benjamin (Ben) Bolland verbrachte er den Mai in
Berlin und Stanford, um seinem lang gehegten Wunsch
näher zu kommen. Unternehmer sein.
CARSTEN: Wir haben uns da für
einen Monat eine Wohnung gemietet.
Die Vermieterin haben wir lustigerweise nie kennen gelernt (lacht). Danach haben wir den Schlüssel in einer Bäckerei abgeholt und dort einen
Monat lang gewohnt. Kaum dort hieß
es, ab in den Baumarkt und Spanplatten kaufen. Zusammen mit Umzugskartons wurden daraus Schreibtische
gebaut. Außerdem hatten wir noch
Büromaterial, PCs und Drucker dabei.
Eben alles, was man so zum arbeiten
braucht. Wir haben uns mehr oder weniger eingeschlossen, an unserer Idee
gearbeitet und dann aber schon bald
Stanford vorbereitet, weil es ziemlich
aufwändig war, Kontakt aufzunehmen.
Wi²: Ihr habt aber hoffentlich nicht
nur im stillen Kämmerlein gesessen...
CARSTEN: Eine gute Erfahrung war,
dass auch wirklich jeder bereit ist, dir
weiterzuhelfen und Leute zu vermitteln. Du sitzt da mit jemandem am
Tisch und sprichst darüber, welche
Probleme du gerade hast. Daraufhin
ist es weniger die Frage, wie man diese
sofort lösen kann, sondern eher, wer
dir bei der Problemlösung zur Seite
stehen kann. Es herrscht also eine sehr
intime und freundschaftliche Atmosphäre, man könnte von einer “Familie” sprechen. Es sind alles sehr interessante Persönlichkeiten die Gründer.
Stets am vorwärts kommen interessiert - nicht im egoistischen Sinne, ganz
im Gegenteil. Es geht immer darum,
Lösungen für vorhandene Probleme zu
generieren.
CARSTEN: Nein, aber wir waren
zunächst komplett auf uns allein
Wi²: Was hat euch besonders dort
fasziniert?
Wi²: Hallo Carsten, als erstes interessiert mich, wie ihr
beide auf diese Idee gekommen seid, Unternehmer zu
werden, und dafür sogar nach
Berlin zu ziehen?
CARSTEN:
Wir
wollten
Gründer werden und hatten
eine Idee, kommen aber nicht
wirklich dazu, diese in Karlsruhe zu bearbeiten, weil hier
Freunde um uns herum sind.
Deshalb sind wir aus dem
bekannten Umfeld heraus.
Berlin hat sich da einfach angeboten,
weil es der internationale Hot-Spot
für Internet Start-Ups europaweit
darstellt – sagen sogar die Leute aus
dem Silicon Valley. Berlin ist außerdem relativ günstig und wir kennen in
Berlin ein paar Leute. Das war dann
der ausschlaggebende Grund für uns
zu sagen: OK wir gehen nach Berlin!
Wi²: Wie lief es dort ab?
20
mit den Gründern dort gemacht?
gestellt. Zum Glück hatten wir letztes
Jahr auf der Start-Up Tour der Pioniergarage schon Kontakte geknüpft,
die haben uns dann an andere
weitergeleitet. Wir haben sozusagen
“genetzwerkt”, auch wenn ich dieses
Wort nicht mag. Aber letztlich läuft
ohne persönliche Kontakte nichts.
Wi²: Welche Erfahrungen habt ihr
30. Mai: Die Studentische Unternehmensberatung
fuks e.V. belegt bei den JCNetwork Days die Plätze
eins und zwei beim „Projekt des Jahres“.
CARSTEN: Das schöne an
der Gründerszene ist, wenn
man das jetzt mal mit der normalen Wirtschaft vergleicht:
Normalerweise braucht man
Jahre als kleiner Mitarbeiter,
um mit der Konzernspitze ins
Gespräch zu kommen. Das
ist in der Gründerszene ganz
anders. Du sprichst nicht
nach Positionen miteinander,
sondern nach Interessen und
nach Vorteilen, die man füreinander schaffen kann. Jeder
duzt dich, man spricht auf Augenhöhe. Uns ist zum Beispiel
einer der Gründer von StudiVZ über den Weg gelaufen…
Der hat sich zu uns dazu gesetzt und sich angehört, was wir zu erzählen hatten.
Wi²: Mitte Mai wart ihr dann eine
Woche in Stanford, Kalifonien und
sogar bei Google. Wie kam es dazu?
CARSTEN: Es gibt in Helsinki eine
ähnliche Entrepreneurship Hochschulgruppe wie hier die Pioniergarage. Die sind in Europa bisher am
weitesten und legen einen wahnsin-
1. Juni: Die NATO verlängert den Einsatz zu Schlichtung des Bürgerkriegs in
Lybien bis Ende September.
nigen Zahn vor. Ben und Sebastian
(Anm.: Vorstände der Pioniergarage)
haben sich mit Tim und Christian
(Anm.: Gründer des CIE) zusammen
überlegt, was man machen könnte, um
von denen zu lernen. Dabei kam heraus, dass man ein Stück weit einfach
kopieren sollte. Die sind zum Beispiel
einfach mit 20 Leuten nach Silicon
Valley geflogen, haben sich dort Unternehmen angeschaut, um den „Spirit“ ein wenig aufzusaugen. Daraufhin
haben sie dann diese Hochschulgruppe
gegründet. Das wollten wir ähnlich
machen.
Wi²: Was habt ihr dort erlebt?
CARSTEN: Prinzipiell haben wir
8 Tage im Mietwagen dort auf dem
Google Campus gelebt und hatten tagsüber Meetings. Abends wurde gefeiert
oder Kontakte wurden nachbereitet.
Wir haben die Präsidentin des Entrepreneursclub getroffen. Das war in einem Selbstversorgerhaus, man könnte
auch sagen Hippiehaus - nur alternative Leute leben da. Aber alle hochintelligent - unglaublich! Der Campus ist
27 Mal so groß wie Disneyland - also
riesig. 99% der Studenten leben auf
dem Campus.
Wir haben uns mit Professoren, Unternehmern und Studenten und Investoren getroffen. Man geht dann mit einem Stapel Visitenkarten nach Hause
und hat gefühlt eine Million neue
Leute kennengelernt.
Wi²: Was waren euch Eindrücke vom
Google Campus?
Carsten: Was wir von Google mitgenommen haben, waren traumhafte
Arbeitsbedingungen. Google ist ein
riesen Konzern mit 37000 Mitarbeitern. Das heißt, da sind ein paar große
Gebäude, halbrund aufgereiht. In der
Mitte sind Beachvolleyballanlagen,
Schwimmbecken, Poolräume und Fitnessstudios. Die Mitarbeiter können
alles während ihrer Arbeitszeit nutzen.
Wir haben mit den Google Mitarbeitern geredet. Wenn du, sagen wir, ein
Angebot von Facebook bekommst,
über 80.000$ im Jahr, zahlt Google dir
pauschal das doppelte, also 160.000$.
Das liegt daran, dass Google nicht
mehr das junge, begehrte Unternehmen ist, so wie zum Beispiel Facebook oder Twitter. Sie locken die guten
Leute mit Geld und sonstigen Angeboten. Wenn jemand bei Google eine gute
Idee hat, geht er direkt in die Gründungsabteilung und spricht mit denen
darüber, wie sich das umsetzen lässt.
Egal, was für ein “kleiner Fisch” er
auch sein mag. Das wäre in deutschen
Konzernen undenkbar! Stell dir vor du
gehst zu Daimler und schlägst Ihnen
vor, eine neue Modellreihe zu bauen!
(lacht)
70% der MBA Studenten in Stanford
sind im Entrepreneurclub drin - und
zahlen sogar Geld dafür. Für deutsche
Verhältnisse unvorstellbar.
kweise ist dort eher eine Richtung
hands-on, das heißt, ich habe etwas
und ich probiere es einfach mal aus.
Ich besorge mir ein Team, die zusammen testen und verbessern – ohne
vorher lange Business Pläne zu schreiben und alle Eventualitäten durchzugehen. Dafür finden sich dann auch
leichter Investoren als in Deutschland.
Wi²: Was ist zur Zeit der letzte Schrei? Habt ihr ein wenig Insiderwissen
aufgeschnappt?
Wi²: Kurzum, die Deutschen können gut arbeiten, aber schlecht gründen, verglichen zum Beispiel mit den
Amerikanern.
CARSTEN: Das neueste Ding bei
Google ist ein selbstfahrendes Auto.
Du gibst nur dein Ziel in ein Navi ein
und es fährt dich selbstständiges dorthin. Das wird sicherlich noch ein
Stück weit weg sein, da es ein Unterschied ist, ob du Webservices anbietest oder Menschen im Verkehr transportierst. Technisch ist es aber schon
machbar.
Wi²: Zurück zur Ausgangssituation.
Was unterscheidet Deutschland von
den USA im Hinblick auf Entrepreneurship? So schwer scheint es ja nicht
zu sein, wenn man sich den aktuellen
Boom im Internetsektor anschaut.
CARSTEN: Deutschland ist eher
risikoavers. Das ist die allgemeine
Mentalität. Man überlegt und plant
lange, bevor man etwas umsetzt. Schulden sind per se erst einmal schlecht.
Der „proof of concept“ muss da sein,
das heißt, es muss mir erstmal jemand
zeigen, ob das Geschäftsmodell funktioniert. Vorher wird kein Geld investiert. Das hat zur Folge, dass, wenn
man sich bildlich die Internetszene als
Welle vorstellt, Deutschland eigentlich
nur auf dem Rücken der Welle schwimmt. Silicon Valley dagegen surft an der
Spitze. Es gibt also noch viel Potential
hier in Deutschland. Überhaupt wird
Deutschland oft als China des Internets
bezeichnet. Es wird viel von bewährten
Konzepten abgekupfert, die aus Amerika übernommen werden. StudiVZ ist
zum Beispiel ein klassisches Copycat
(zu deutsch in etwa „Trittbrettfahrer“).
Ein anderes Beispiel sind einige StartUps der Samwer Brüder (u.a. Gründer
von Jamba! und Zalando).
Paradox ist dabei, dass es zur Zeit einen Investitionsstau gibt und die Investoren nicht wissen, wohin mit ihrem
Geld. Durch die angesprochene Mentalität wird das Geld jedoch ungern in
Internet Start-Ups gesteckt.
In den USA ist das anders. Wenn du
ein gutes Konzept hast, bekommst du
auch Geld – viel Geld, ungefähr eine
Zehnerpotenz mehr als hier. Die Den-
6. Juni: Die Flunkyball SommerWM 2011 wird ausgetragen.
CARSTEN: Genau, in Deutschland
verlässt man sich eher auf den Arbeitgeber nach dem Motto: Der Daimler
sorgt jetzt für mich. Diese Mentalität ist in den USA weit weniger ausgeprägt, da dort eher die Auffassung
herrscht, dass jeder „seines eigenen
Glückes Schmied“ ist.
Wi²: Was hältst du generell vom derzeitigen Boom der Internet Start-Ups?
Facebook ist 100 Milliarden wert,
glaubt man den Investoren. Linked ist
soeben sehr erfolgreich an die Börse
gegangen und andere werden bald folgen.
CARSTEN: Facebook ist sicherlich
überbewertet. Da muss man erst sehen, was daraus wird. Das ist aber auch
dem Investitionsstau geschuldet. Die
Investoren suchen Leute mit guten
Konzepten und wollen diese eigentlich
fördern. Wenn ich eine gute Idee für
ein Internet Startup habe, gibt es aus
meiner Sicht nur 2 Möglichkeiten:
Entweder ich bleibe hier in Karslruhe
oder ich gehe nach Berlin - da raucht
es schon extrem. In Stanford ist alles
schon sehr unübersichtlich, nicht mehr
so familiär, wie in Berlin zum Beispiel.
Wi²: Was war eigentlich genau eure
Start-Up Idee und wie seid ihr voran
gekommen?
CARSTEN: Wir haben zunächst eine
alte Idee aus diversen Gründen verworfen: Ein Vertrauensnetzwerk für
kleine mittelständische Unternehmen
um den Internationalisierungsprozess
zu erleichtern mit Fokus auf Deutschland und China. Unsere neue Idee geht
in Richtung Supermärkte und Werbung für Supermärkte.
Wi²: Hast du jetzt keine Angst, dass dir
einer unserer Leser eure Idee klaut?
CARSTEN: Nicht über die Idee zu reden ist falsch. Diesen Fehler machen
viele. Klar musst du aufpassen, dass du
einem Facebook Investor nichts
8. Juni: Es findet eine groß angelegte
Razzia gegen Raubkopierer statt. kino.to
wird vom Netz genommen.
21
von deiner Idee eines Business Netzwerks erzählst. Das wäre zu naheliegend. Aber du musst über deine Idee
mit anderen sprechen, um weiter zu
kommen.
Die meisten haben sowieso schon einen
eigene Gedanken. Der Schritt von der
Idee bis zur Umsetzung ist der Schwierigere. Man kennt ja auch schon viele
gute Konzepte aus den USA, da muss
man nur TechCrunch lesen. Die Frage
ist: Wer setzt es um? Die Wahrheit: Es
macht kaum einer. Wichtig ist vor allem, dass du schnell vorwärts kommst.
Du musst schnell sein als Start-Up und
du musst dich weiterentwicklen. Schau
dir eBay an. Das ist zwar ein riesen
Unternehmen, aber kaum einer redet
mehr davon. Die sind zu langsam gewesen, die entwickeln sich jetzt nicht
weiter.
Wi²: Was würdest du einem motivierten Gründer aus Karlsruhe raten?
CARSTEN: Grundsätzlich sollte jeder
sich mit dem Gedanken der Gründung
beschäftigen. Wenn man das erkannt
hat und nicht nur stur seinen Lebenslauf optimieren will, dann gibt es
zwei gute Anlaufstellen in Karlsruhe:
erstens die Pioniergarage für Gründungsinteressierte, die sich mit dem
Thema auseinandersetzen wollen.
Zweitens gibt es das CIE (Center für
Innovation und Entrepreneurship) für
die konkrete Realisierung einer Idee in
einem Start-Up.
Ansonsten kann ich jedem nur raten,
auf Twitter Gründern zu folgen oder
zum Beispiel auf techcrunch.com
nachzulesen, was gerade Thema in der
Gründerszene ist. Bekannte Trends
sind zum Beispiel mobile payment und
überhaupt alles, was mit mobilen Anwendungen zu tun hat.
Wi²: Wir danken dir für dieses Interview! Vielleicht hast du ja noch ein
paar Schlussworte...
CARSTEN: Mein Tipp: einfach machen! Das Reden bringt nichts. Da
kannst du das beste Konzept haben. Jeder hat in Gedanken schonmal Google oder zumindest Facebook
gegründet. Das sind beides sehr naheliegende Dinge. Aber es hat eben
keiner.
22
Der Kommentar
Bologna Prozess. Was hat‘s gebracht?
von Benjamin Litz
Nach fünf Jahren Bachelor & Master
2007, mussten die Studiengänge der
Fakultät umgestellt werden. Nicht
wirklich freiwillig, zu Recht, denn mit
der Umstellung kamen durch die Bildungspolitik völlig unbedachte Probleme und noch dazu weitere Faktoren, wie
immer mehr und jüngere Studierende.
Gefühlt bleibt den Studenten weniger
Zeit, sie konzentrieren sich stärker als
ihre Vorgänger darauf, die Lehrinhalte
penibel genau aufzusaugen. Sehen sie
sich dem Konkurrenzdruck ausgesetzt,
gegen ihre Kommilitonen einen Masterplatz ergattern zu müssen? Auffällig
ist auf jeden Fall, dass heute sogar Geld
für Mitschriebe und Übungsunterlagen
geboten wird - eine neue Tendenz, die
für Konkurrenz und nicht miteinander
studieren spricht. Bleibt die Hoffnung,
dass die Angst um den Masterplatz in
kommenden Generationen nachlässt,
wenn weitere Jahrgänge problemlos
überwechseln und das Thema in den
Medien nicht mehr derart gepuscht
wird. Die TU9-Rektoren haben sich
klar für einen konsekutiven Studiengang ausgesprochen, bei dem alleine
der Master der zielführende Abschluss
einer Universität ist, die meisten Personaler sehen das übrigens auch so.
Beim letzten Wirtschaftswoche Ranking im April konnten wir wieder zulegen. Nach wie vor bleibt aber leider
nur der 2. Platz - nach Aachen. Paradox, dass man dann auf Fakultätsebene anfängt zu diskutieren, ob nicht
der Bachelor einfacher werden soll!
Wenn man als Student mit den Aachener Kommilitonen spricht, wird deren Schwerpunkt im Ingenieurbereich
deutlich. Und bei uns wird gleichzeitig
im Grundstudium freudig an den Ingenieursfächern gekürzt, welche mit
je 2,5 Credits komplett unterbewertet
neben den „wichtigen“ Fächern wie
Mathematik verschwinden! Der Stoff
in Technische Mechanik 1 zur Hälfte gestrichen und Stoffumwandlung
& Bilanzen soll am besten ganz rausfliegen. Wo bleibt da der Ingenieur?
Es hilft also nichts, Studieninhalte
8. Juni: Die Betreiber von Facebook implementieren eine Funktion zur automatischen Gesichtserkennung.
auszudünnen und angeblich schwierige Inhalte (die von Generationen
von Studierenden bereits im Vordiplom gelernt wurden) in den Master zu
verschieben. Viel sinnvoller erscheint
eine angemessene Ausstattung der
Ingenieursfächer mit Creditpoints,
die, wie die Platzhirsche Informatik und Mathematik eben auch zum
Wirtschaftsingenieur gehören. Weiter
könnte man im Hauptstudium vielleicht über den Erlass einer Seminararbeit nachdenken, da diese viel
Zeit in Anspruch nimmt und im Vergleich zum Diplom tatsächlich je eine
im Bachelor und Master hinzu kam.
Wenn zur Vereinfachung, eventuell
auch des Korrekturaufwandes wegen?,
einige Dozenten lieber Powerpointfolien wortwörtlich in Klausuren wiedergeben lassen und nur leere Schlagwörter, kein Transfer, kein Verständnis
mehr gefragt ist, hilft das lediglich,
die Unmündigkeit der Studierenden
zu fördern. Stupides Auswendiglernen
und keinerlei Hinterfragen von Inhalten ist aber weit entfernt vom „sapere aude“ und dem Humboldt’schen
Bildungsideal, das eine Universität
doch
auszeichnen
müsste.
Wer in Karlsruhe Wirtschaftsingenieur studiert, wusste im Vorfeld, dass
er mehr geben muss und ist dazu bereit. Ein früherer Studiendekan sagte
einmal: „ Sie müssen nicht nur in einem Fach 150% geben, sondern gleich
in zwei Bereichen“. Er bezog das auf
die Wirtschaftswissenschaften und die
Ingenieurwissenschaften. Die Leidensfähigkeit, die einen Karlsruher Studenten unter anderem auszeichnet, muss
erarbeitet werden. Zeit also, sich nicht
auf Lorbeeren vergangener Tage auszuruhen, sondern einen großen, notwendigen Schritt nach vorne zu machen!
9. Juni: Mit dem Start der Tour Eucor
2011 beginnt eines der größten Hochschulevents des Jahres.
Das Big 5 Lehrevaluationskonzept
Deine Möglichkeit zur Lehrverbesserung
von Benjamin Litz
Der Arbeitskreis Studiengebühren der
Fachschaft entwickelte über einige Jahre hinweg das innovative BIG 5 Lehrevaluationskonzept, welches mit Beginn
des Sommersemester 2011 an der Fakultät eingeführt wurde. Ziel des BIG
5 Lehrevaluationskonzeptes ist es, eine
umfassende Betrachtung der Lehrqualität zu ermöglichen, die alle Bereiche
der akademischen Lehre widerspiegelt.
Aus Sicht des AK Studiengebühren
deckt die existierende Lehrevaluation
des KIT, welche eine ausschließliche
Bewertung der Lehrveranstaltungen
vornimmt, nur einen Teil der zur Lehre
gehörenden Bereiche ab. Aus dem existierenden Konzept resultiert kein vollständiges Bild der Lehrqualität. Aus
diesem Grund wurde BIG 5 konzipiert,
das neben der existierenden Lehrevaluation die weiteren Bereiche Lehrveranstaltungen, Kontakt zum Lehrstuhl,
Klausuren
und
Abschlussarbeiten
durch eine Evaluation beleuchtet. Hieraus ergeben sich die 5 Säulen der Lehre, woraus sich der Name BIG 5 ableitet. Für das Evaluationskonzept wurde
ein Katalog von Qualitätskriterien entwickelt, die mit einer vordefinierten
Punktzahl gewichtet werden und so
eine objektive Bewertung der Lehrqualität ermöglichen. Das Konzept sieht
eine Bewertung der Lehrqualität durch
Studierende und Lehrende vor, wodurch eine Betrachtung der Lehrqualität von allen Beteiligten vorgenommen
wird. Die Erhebung der Evaluationsdaten erfolgt dabei durch Evaluationsbögen, welche von Studierenden und
Lehrenden ausgefüllt werden. Weiter
erhalten Studierende die Möglichkeit
über eine neu entwickelte OnlinePlattform jederzeit direktes Feedback
an die Lehrenden zu geben. So kann
beispielsweise bereits im Verlauf des
Semesters auf Bedürfnisse und Verbesserungsvorschläge der Studierenden
eingegangen werden, wodurch unmittelbar eine Verbesserung der Lehr- und
Lernqualität erreicht werden kann.
wird eine ganzheitliche Evaluation
des gesamten Lehrangebots ermöglicht. Durch die kontinuierliche und
wiederholende Evaluation wird eine
Verfolgung der Entwicklung der Lehrqualität sichergestellt, wodurch ein
positiver Anreiz zur stetigen Verbesserung der Lehre geschaffen wird.
Die Auswertung der erhobenen Daten erfolgt auf einer jährlichen Basis.
Durch die gemeinsame Betrachtung
des Sommer- und Wintersemesters
Baden-Württemberg vergeben wird.
10. Juni: Die EU-Kommision in Brüssel spricht
sich für die Aufnahme Kroatiens als achtundzwanzigstes Mitglied in die EU aus.
BIG 5 lebt von der aktiven Teilnahme aller Beteiligten, insbesondere
der Studierenden. Beteiligt euch an
der Bewertung unter www.wiwi.kit.
edu/big5.php. Auf der Fachschafts
Homepage stehen die Qualitätskriterien und weitere Informationen zum
Evaluationskonzept zur Verfügung.
Das BIG 5 Lehrevaluationskonzept
wurde außerdem vom KIT für den
Landeslehrpreis – Sonderpreis für
herausragendes studentisches Engagement vorgeschlagen, welcher im
Sommer 2011 vom Ministerium für
Wissenschaft, Forschung und Kunst
16. Juni: Mit dem WiWiSo 2011
steigt die wohl beste Party des
Semesters.
23
Praktikum in Kolumbien
Völkerverständigung durch Tanz und Deutschunterricht
von Jan Müllerschön
Endlich raus aus Karlsruhe, aus Deutschland, aus Europa… das dachte ich mir bei
jeder Klausurenphase, als ich jeden Morgen und jeden Abend das rot-blaue Treppenhaus der BIB hinauf- und hinabging.
Der Wille und der „Hunger“ nach Internationalität und das Kennenlernen von
anderen Kulturen, haben mich während
des Abis schon immer getrieben. Sofort,
als ich in Karlsruhe angefangen hatte, bin
ich dann auch zu AIESEC gegangen. Dort
konnte ich diese Internationalität – dieses
Gefühl erfahren. Genauso schön war es
immer von Karlsruhern zu hören, die ein
Praktikum in Indien, Afrika, etc. gefunden
hatten und voller Vorfreude ins Abenteuer
aufgebrochen sind. Schon damals dachte
ich mir: „Jan, eines Tages, wird es dir so
ergehen und dann kannst auch du endlich
los - in die große weite Welt;-)“. Es war
stets sehr schwer diese Vorfreude im Zaun
zu halten und zu warten, bis es endlich so
weit ist. Noch dazu hat es auf Grund von
Werkstudententätigkeit und Klausuren
nicht schon im vierten oder fünften Semester geklappt, Karlsruhe zu entfliehen.
So entschloss ich mich erst all meine Bachelor-Prüfungen abzuschließen, dann ins
Ausland zu gehen und nach meiner Rückkehr mit der Bachelor-Arbeit zu beginnen.
Also musste ich doch noch ein wenig länger warten. Doch dann, in der Klausurenphase des fünften Semesters war es endlich soweit - ich konnte mich auf die Suche
nach Praktika machen. Dies war zwar
nicht immer förderlich für die Konzentration aufs Lernen, aber implizit muss es
mir nochmal einen Schub gegeben haben;
denn diese Lernphase war im Nachhinein
die beste meines gesamten Studiums.
Da ich unbedingt noch Spanisch lernen
24
wollte, um später auch die Option zu haben für eine Weile im spanisch-sprachigen Ausland zu arbeiten, entschloss ich
mich nach einem Praktikum in Zentralund Südamerika zu suchen. Letztendlich
fand ich dann eine Stelle in Barranquilla,
Kolumbien. Ich finde das alleine hört sich
schon einmal sehr gut und exotisch an.
Wenn man aber weiß, dass Barranquilla sich an der Karibikküste Kolumbiens
befindet, ist das noch einmal um Klassen
besser. Ich konnte mein Glück nicht fassen und meine Dankbarkeit nicht ausdrücken. Ich hatte ein sehr cooles Praktikum
gefunden - verbunden mit einer Lokation,
die nicht besser hätte sein können. Mein
so lange geträumter Traum wurde also
endlich Realität.
Vor meiner Abreise war es ziemlich nervig,
dass ich von allen dieselbe Frage gestellt
bekommen haben: „Echt, Kolumbien? Ist
es dort nicht zu gefährlich mit den ganzen
Drogen und der FARC??“. Da ich schon
Kolumbianer in Karlsruhe kennenlernen
durfte und auch tiefgründiger als
„Headlines bei Spiegel Online“ über
Kolumbien gelesen hatte, wusste ich
schon im Voraus, dass viele Deutsche
ein völlig falsches Bild von Kolumbien
haben und so setzte ich mir vorab zwei
wichtige Ziele. Das erste Ziel war ein
guter Repräsentant Deutschlands zu sein
und den Leuten dort zu zeigen, dass nicht
alle Deutschen langweilig, steif, kalt und
unfreundlich sind! ;-) Durch zahlreiche
„Global Villages“, bei denen internationale
Leute ihr eigenes Land vorstellen können
und durch stetige Bemühungen auf
Konferenzen und Partys gut zu performen.
Dem Feedback der anderen nach, ist mir
dies wohl auch ganz gut gelungen!;-) Das
zweite und noch viel wichtigere Ziel war
19. Juni: In Griechenland stellt Ministerpräsident
Papandreou, im Zusammenhang mit seiner Sparpolitik, die Vertrauensfrage – die Griechen vertrauen.
es, das Bild Kolumbiens in Deutschland zu
verbessern. Dies habe ich während meiner
Zeit in Kolumbien durch einen Blog und
Mails nach Hause versucht und versuche
es jetzt - tagtäglich - durch Gespräche
oder Berichte wie diesen. Die Leute in
Kolumbien sind einfach nur unglaublich
nett, aufgeschlossen und gastfreundlich,
so dass viele Deutsche sich eine Scheibe
davon abschneiden können. Natürlich
gibt es - wie überall - nicht nur gute Leute,
es gibt noch viel Straßenkriminalität
und man muss immer ein wenig auf sich
aufpassen. Darin unterscheidet es sich
aber sicherlich nicht von den meisten
anderen südamerikanischen Ländern.
Diese Straßenkriminalität ist aber auch
verständlich, wenn man sich die krassen
sozialen Unterschiede in der Bevölkerung
ansieht.
Die
Kolumbianer
wissen
natürlich auch um diesen Ruf und sind
28. Juni: Der frühere Bundesminister Heiner Geißler referiert in zwei
Abendvorträgen am KIT.
deshalb stets sehr bemüht, super nett und
gastfreundlich zu sein, um dieses Bild ein
wenig zu verändern – mit Erfolg!! Auf
meinen zahlreichen Wochenendreisen
habe ich viele Backpacker getroffen, die
durch viele Länder in Südamerika getourt
sind und oft meinten, dass die
allerfreundlichsten Menschen
die Kolumbianer seien.
Ein gutes Beispiel für die Gastfreundschaft war meine Ankunft
am Flughafen. Ich wurde gleich
von AIESECern des dortigen
Lokalkomitees empfangen und
bekam sofort das erste kolumbianische Bier übergebe. Nach einem kurzen Stopp bei einem der
typischen
Straßenrestaurants
(„comida rapida“), bei denen ich
im Übrigen noch ungefähr 1000
Mal in den nächsten 6 Monaten
landen sollte, ging es in Richtung eines Hauses, das dunkel
und verlassen schien. Ich ahnte
schon, dass hier eine Willkommensparty stattfinden könnte, wollte mich
aber noch nicht zu früh freuen. Doch es
kam tatsächlich so. Das Licht ging an und
circa 40 „Columbianos“ umarmten mich,
als ob wir uns schon jahrelang kannten.
Einfach unbeschreiblich; würde aber so in
Deutschland wohl leider nie passieren. Ich
wurde sofort in die einheimischen Getränkespezialitäten;-) und Tänze eingeführt
und fühlte mich schon am ersten Tag wie
zu Hause. Die ersten zwei Monate wohnte
ich bei einer Familie (später dann in einer
Praktikanten-WG) von einem AIESECER.
Ein Traumlos. Ich war sofort wie ihr eigener Sohn, was meinen Start unheimlich
erleichterte. Den Start zwar nicht erleichternd, dafür im Nachhinein umso wertvoller war die Tatsache, dass niemand Englisch sprach. Nicht meine Familie, kein
Taxifahrer und niemand im Supermarkt.
Das war zwar anfangs hart - für meine
Lernkurve aber extrem gut und wichtig.
Mein Praktikum war kein ganz typisches
WiWi-Praktikum, doch hat es mich im
Nachhinein wohl weiter gebracht als irgendein Praktikum bei Bosch oder VW
in Mexiko. Noch dazu war es sehr gut bezahlt, womit ich mir meine vielen Trips
finanzieren konnte. Ich war angestellt am
Spracheninstitut der „Universidad del
Norte“, einer der besten und vor allem
schönsten Privat-Unis in Kolumbien mit
einem direkten Blick aufs Meer. Ich erledigte verschiedene „WiWi-Arbeiten“ für
das Sprachenzentrum, war aber auch als
Deutschlehrer angestellt und wurde von
allen immer nur „Profe“ genannt, was sehr
cool und lustig war. Man kann das nicht
mit unserem Sprachenzentrum vergleichen, denn dort müssen die Studenten,
sofern sie Deutsch als zweite Fremdsprache wählen, Deutsch 1 – 8 durchlaufen
und viele, viele Prüfungen bestehen, um
ihr Studium beenden zu können. So hatte
ich am Ende vom Semester zum Beispiel
einmal eine heulende Studentin im Büro
Kolumne: Wo ist eigentlich Hier?
sitzen, die, weil ich sie nicht bestehen lassen habe, nur wegen Deutsch noch ein
Semester länger machen musste, was für
sie nicht gerade war. Das lag aber sicher
nicht an meiner Boshaftigkeit. Ich hatte sie das Ganze Semester lieb ermahnt,
dass sie mehr machen muss,
doch sie wollte nicht hören und
so hätte jeder gute Wille und
jegliches Pflichtbewusstsein es
einfach nicht gerechtfertigt, sie
über die notwendige Grenze zu
heben. Ich verstand mich sonst
super mit meinen Studenten,
was dazu führte, dass sie auch
nebenher immer etwas mit mir
unternehmen wollten; sie gaben
mir beispielsweise Tauchunterricht. Der notwendige Abstand
zwischen „Profe“ und Studenten
wurde dabei aber natürlich stets
bewahrt!!;-) Ein gutes Beispiel
für die immer noch bestehende
Freundschaft ist, dass ich erst
vor ein paar Tagen zur Hochzeit
einer meiner Studentinnen nach Sevilla
eingeladen wurde, was ich natürlich dankend annehmen werde.
Leider ist der Rahmen dieses Artikels viel
zu kurz, um über die so atemberaubenden
und vielfältigen Landschaften Kolumbiens (Amazonas, Küsten, 5000er, Kaffeegebirge, etc.) berichten zu können, die ich
auf meinen vielen Reisen entdecken und
erleben durfte. Auch die Gastfreundlichkeit, die Lebensfreude, die vielen kulturellen Eigenheiten, das unglaubliche Tanztalent, die Lockerheit, sowie natürlich auch
die Unpünktlichkeit und „Verpeiltheit“
muss man einfach live erleben und ich
kann jedem Einzelnen nur empfehlen:
schaut euch dieses geile Land und die fantastischen Menschen live und in Farbe an,
denn eins ist sicher:
COLOMBIA ES PASION!!!
Von Patrick Novinsky
Da sitze ich mal wieder, im Zug quer durch die Republik. Mit knapp 300 km/h zieht die Landschaft an meinem Fenster vorbei und
ich frage mich, wo ich hier eigentlich gerade bin. Und noch während ich darüber sinniere, verändert sich die Landschaft auch schon
wieder, Berge werden zu Hügeln und Täler erstrecken sich in grenzenlose Ebenen. Schon längst bin ich nicht mehr hier. Hier liegt
nun schon eine halbe Stunde hinter mir.
Ein Synonym für die Dynamik unseres Alltages? Kaum habe ich einen selbstgesteckten Meilenstein erreicht, bin endlich am Ziel
angekommen, schon suche ich mir einen Neuen. Gerade erst aus dem Ausland zurück, froh wieder hier zu sein, zieht es mich wieder
in die Welt hinaus. Den einen Moment bin ich noch in Karlsruhe und erfreue mich an den aufkommenden Frühlingsgefühlen, schon
sind die ersten Pläne für neue Abenteuer auf den Weg gebracht. Hier ein Seminar in der Hauptstadt, dort der Besuch bei weit entfernten Freunden, zwischendurch skype ich mit Uganda, Washington und Singapur. Waren diese Leute nicht auch gerade erst noch
hier? Abstecher nach Hause, ist wenigstens hier alles beim Alten? Die meisten Leute sind schon wieder fort, also auch nicht hier.
Brech ich halt auch wieder auf, mache einen Segelkurs, verbringe ein Wochenende in einer anderen großen Stadt und versuche der
Zeit hinterher zu eilen. Ist ein Hier und Jetzt erreicht, geht es auf zum Nächsten. Es gibt schließlich noch so viele Dorts, die es noch
zu erreichen gibt…
„Kassel, hier Kassel! Willkommen auf Gleis 1!“ Ah, Kassel also, dann weiß ich ja nun doch wo ich bin. „Ihre nächsten Reisemöglichkeiten…“ Und wieder bin ich unterwegs…
30. Juni: Der Bundestag beschließt
den Atomausstieg bis 2022.
1. Juli: In Deutschland endet die Wehrpflicht.
25
Rauch über Uganda
Wenn im Praktikum die Reifen brennen
von Clemens Fauvel
Alles schaut nach einem normalen
Arbeitstag aus. Freitagmorgen, 9:00
Uhr, ich sitze in einem Taxi in Richtung Büro. Natürlich ist der Verkehr
verrückt, aber das ist ja nichts Besonderes in Kampala, der pulsierenden Hauptstadt Ugandas. Ich steige
also aus dem Auto und mach mich
auf die letzten 15 min Fußmarsch.
Alles ist verhältnismäßig ruhig in
Downtown, Old Kampala und Mengo,
den Stadtteilen durch die ich laufe.
Doch nahe dem Büro ist auf einmal großes Chaos. Menschenmassen
sprinten durch die Gegend, flüchten
in geschlossene Räume. Ich flüchte
ebenfalls. Geschrei, vorbeiratternde
Lastwagen, irgendwann Schüsse. Auf
der Straße brennen Autoreifen, Militär
rückt an. Immer mehr Aufständische
entzünden weitere Reifen oder werden
von den Militärs aus den Slums gezerrt, um eben diese wieder zu löschen.
Was ist los? Was
die brennenden
Soldaten, warum
die Panik? Und
ist passiert? Warum
Reifen, warum die
die Schüsse, warum
warum am Freitag?
Die Proteste starteten einige Wochen
zuvor. Die Proteste, die in die Geschichte Ost-Afrikas mit dem schwungvollen
Namen “Walk-To-Work” eingegangen
sind und die so lange überhaupt keinen Weg in die Medien in Europa fanden. Die Niederlande fingen irgendwann an darüber zu berichten, auch
der Spiegel veröffentlicht schließlich
einen Artikel mit dem reißerischen
Titel “Uganda driftet in den Krieg”.
Vielleicht etwas reißerisch, ich werde
deshalb versuchen die Geschehnisse selbst etwas zusammenzufassen.
Alles fängt an mit zwei Namen die die
neuere Geschichte des gebeutelten
Landes Uganda dominieren: Yoweri
Kaguta Museveni und Kizza Besigye.
Der eine – Museveni – Präsident des
Landes seit über 25 Jahren und im
26
März im Amt bestätigt. Der Andere –
Besigye – Erzfeind des Präsidenten,
Oppositionsführer und Kopf der Demonstrationen. Pikante Details in der
Beziehung der Beiden: Besigye war
nicht nur der Leibarzt des Präsidenten
als dieser an die Macht kam sondern
ist dann auch noch mit dessen Frau
durchgebrannt. Somit gibt es wohl niemanden auf der Welt der mehr über
Präsident Museveni weiß – in ugandischen Medien bekannt als M7 – als der
Oppositionsführer selbst. Personen
aus seinem engsten persönlichen Umfeld bilden nun also die verfeindete Opposition. Drei Mal hat Besigye bereits
erfolglos versucht durch Wahlen den
Präsidenten aus seinem Amt zu dängen. Mittlerweile könnte die Kluft zwischen beiden Rivalen kaum tiefer sein.
Mit der Rivalität wächst auch die Unzufriedenheit der Bevölkerung. Seit einiger Zeit steigen bereits die Lebenshaltungskosten, vor allem von Benzin und
Lebensmitteln. Der Preis für Maismehl
stieg um fast 100 Prozent, was vor allem die arme Bevölkerung trifft, die
sich von kaum etwas anderem ernährt.
Selbst mir fallen die steigenden Preise
auf. Der Weg zur Arbeit kostete vor einigen Wochen noch 1000 Ugandische
Schilling, nun sind es 1500. Der Präsident entschuldigt den Preisanstieg
öffentlich mit den weltweit steigenden
Preisen für Benzin, aufgrund der Situation in Libyen. Diese Entschuldigung
ist zum Teil treffend, hinkt aber auch
etwas. Der Preis für Reis zum Beispiel
steigt kein bisschen was verwunderlich
ist, da Reis aus China importiert wird
wohingegen Mais in Uganda angebaut
wird. Reis hat also einen viel längeren
Transport, der Preis sollte viel mehr
vom Ölpreis abhängen. Viele Menschen werfen M7 vor, dass der Preisanstieg die entstandenen Kosten während
der Wahlen decken soll. Die Kosten für
die vielen Polizisten und Militärs die
das Land in den Monaten des Wahl-
2. Juli: Mit einem Tag der offenen Tür
stellt das KIT den neuen Campus Ost vor.
kampfes ruhig gehalten haben. Und
die ganz Mutigen sagen sogar, dass es
ziemlich teuer ist eine Wahl so gut zu
manipulieren, dass der Rest der Welt
davon nichts mitbekommt. Und dann
ist da noch der Amtsantritt des Präsidenten im Mai. Traditionell spart Museveni auch bei diesem Anlass nicht …
Besigye und seine Mitstreiter wählen
einen sehr plausiblen und ruhigen Weg
des Protests. Wenn das Benzin und somit die Taxis zu teuer sind, dann gehen
sie halt einfach zur Arbeit – „Walk to
Work“. Jeden Montag und Donnerstag. Eigentlich ein wahnsinnig friedlicher Weg gegen die Preise zu demonstrieren. M7 sieht das anders. Nach der
Welle der Revolutionen in Nord-Afrika
hat er Angst um seine Macht und geht
von vornherein hart gegen die Demonstranten vor. Immer montags und
donnerstags sind tausende von Polizisten und Soldaten auf den Straßen unterwegs. Die Gruppen die offensichtlich zur Arbeit laufen werden einfach
festgenommen. Das erhöht natürlich
den Ärger auf der anderen Seite, den
Ärger der Bürger. Wie zu erwarten
schaukelt sich das Ganze gegeneinander auf, brennende Reifen tauchen
auf, Besigye wird rund zweimal pro
Woche festgenommen und kauft sich
jedes Mal wieder frei. Bei einer der
ersten Festnahmen fing er sich eine
Kugel im Arm ein. Seither ist er leicht
an seinem weißen Gips zu erkennen.
Schockierend sind die sich häufenden
Nachrichten über Tote. Immer wieder
ist über vereinzelte Opfer der Schüsse
zu hören, die Dunkelziffer wird aber
als viel höher vermutet. Traurig ist vor
allem die Geschichte über das vierjährige Mädchen das in Masaka erschossen wurde. Die Regierung entschuldigt
die Tragödie als Unfall, eine Kugel
habe aus Versehen das Kind getroffen, sie war nicht das Ziel des Schützen. Angesichts der drei Kugeln die das
16. Juli: Ende des Sommersemesters 2011.
Kind getötet haben ist diese Entschuldigung allerdings eher eine Farce.
Doch die Opposition gibt nicht auf.
Weiterhin
„Walk-To-Work“
jeden
Montag und Donnerstag, manchmal
sogar „Walk-To-Pray“ am Sonntag. Die
Menschen auf den Straßen sind weiterhin fröhlich, wie das ugandische Gemüt eben ist. Man sieht sehr viele Einheimische die ihre Loyalität gegenüber
Museveni durch ihre Kleidung zeigen.
Ein quergestreiftes Hemd oder Poloshirt kombiniert mit einer BaseballKappe - genau das Outfit, welches der
Oppositionsführer immer während der
Proteste trägt. Mir gibt das ganze eine
ironische Möglichkeit die aufdringlichen Taxifahrer loszuwerden. Immer
wenn die Ugander mich fragen, ob ich
ein Taxi brauche, antworte ich einfach
“No, no, I’m walking. Walk to Work,
you know!”. Und was ich zurück bekomme ist meistens ein strahlendes
Grinsen auf Seiten der Taxifahrer.
Mittlerweile wird das Vorgehen gegen
die Demonstranten härter und härter. Um die Kommunikation unter den
Aufständischen zu erschweren hat M7
begonnen Handynetze zu blockieren.
Montags und donnerstags ist es nicht
mehr möglich Handys zu nutzen, auch
Facebook ist geblockt. Auch die Soldaten reagieren immer aggressiver.
Man hört von zerstörten Taxis, mit
durchlöcherten Windschutzscheiben
und blutende Insassen. Manchmal ist
es einfach unmöglich von den Vorstädten in das Zentrum zu kommen.
Opposition und Soldaten liefern sich
Kämpfe auf offener Straße, die eine
Seite mit Steinen und brennenden
Reifen, die andere mit Gummigeschossen und auch scharfen Schusswaffen.
Richtig ekelhaft ist auch der ständige Einsatz von Tränengas. Manchmal rieche ich die Reste davon auf
meinem Weg heim durch die Stadt.
Immer wieder führe ich Diskussionen
mit anderen Praktikanten aus Europa
und dem Rest der Welt über die Entwicklungen in Uganda. Viel fehlt nicht
und ich muss mir überlegen, das Land
zu verlassen. Wir alle sind bei unseren
jeweiligen Botschaften registriert und
werden per SMS über die kritischen
Bezirke der Stadt informiert. Eine der
kritischsten Gegenden ist Kireka, der
Ort in dem ich wohne. Ich verlasse
das Haus deshalb recht früh, bevor die
Proteste beginnen. Andere können ihre
Häuser tagelang gar nicht verlassen,
da auf den Straßen die Proteste wüten.
Doch zurück zu meinem Freitag.
Warum Freitag? Die Proteste sollten doch immer montags und donnerstags sein? Und warum auf einmal so extrem, so gewalttätig?
Die Erklärung ist Folgende: Am Tag
zuvor, einem regulären „Walk-ToWork“-Donnerstag, wurde es für Kizza Besigye wieder einmal ein bisschen
härter. Als er am Morgen versucht
das Haus zu verlassen wird er vom
Militär direkt vor seinem Haus empfangen. Ihm wird erklärt, dass er das
Haus nicht verlassen darf wenn er im
Begriff ist seinen Weg zu Fuß zu gehen. Er willigt ein und versichert, das
Auto mit seinem Chauffeur zu benutzen. Außerdem erklärt er wie gefordert, was er vorhat: erst will er nach
Wandegeya zu seiner Bank um Geld
abzuheben und dann zu seinem Büro.
Wandegeya ist normalerweise der Ort
wo die Proteste starten, wo sich die Bevölkerung aufmacht zum Marsch. Deswegen vielleicht nicht die beste Wahl
des Oppositionsführers aber vielleicht auch eine gewollte Provokation.
Auf seinem Weg wird er einige Male
von der Polizei gestoppt und kontrolliert, die letzte der Kontrollen findet
an einem Kreisverkehr in Wandegeya
statt. Sofort versammeln sich viele
Aufständische um das Auto und feiern
den Kopf der Bewegung. Die Polizei
und das Militär haben Angst, dass sie
die Kontrolle über die Situation verlieren. Deswegen befehlen sie Besigye das
Auto zu verlassen, sie wollen ihn festnehmen. Er aber weigert sich, beharrt
auf dem Punkt, dass er sich nichts zu
Schulden hat kommen lassen. Er hat
exakt gehandelt wie sie es von ihm
verlangt haben, er ist nicht gelaufen,
er sitzt im Auto und will dort bleiben.
Die Diskussion dauert ungefähr zwei
Stunden ohne wirkliche Lösung. Dann
wird’s verrückt. Ein Soldat in zivil –
später wird bekannt, dass er auf direkten Befehl von M7 gehandelt hat – fängt
an die Windschutzscheibe mit einem
Hammer zu zertrümmern. Tränengas
und Pfefferspray wird in das Auto gesprüht. Vier Dosen aus unmittelbarer
Nähe ist zu viel für Besigye. Das Video
von dem Vorgehen sieht man hunderte Male von dem Tag an im Fernsehen.
Blind und mit total verätzten Augen
KLAUSURENPHASE: WIR WÜNSCHEN ALLEN VIEL ERFOLG
wird er aus dem Wagen gezerrt und auf
die Ladefläche eines PickUp-Trucks
geworfen. Es ist schrecklich mit anzusehen wie sie mit seinem Körper umgehen, der eine Arm immer noch im Gips.
Die Reaktionen der Bevölkerung sind
an diesem Freitag zu spüren. In der
ganzen Stadt toben die Proteste. Die
anderen Praktikanten sind wieder im
Haus gefangen, ich in meinem Büro.
Manchmal können wir kommunizieren,
meistens sind die Handynetze jedoch
geblockt. Eine meiner Arbeitskolleginnen – ein Mädchen aus Pforzheim – war
auf dem Weg zur Arbeit auf einem BodaBoda, einem Motorrad-Taxi. Sie zittert als sie im Büro ankommt. Man verbietet und das Gebäude zu verlassen.
Und dann, so typisch für Uganda, das
Land der krassen Gegensätze, hört alles auf. Ich bekomme sogar eine Nachricht von der deutschen Botschaft,
dass sich die Lage beruhigt hat. Auf
dem Weg nach Hause sehe ich Unmengen von verbrannten Reifen auf den
Straßen, die am Morgen noch so ruhig gewirkt haben. Ich bin dem Chaos
um ungefähr 10 Minuten entkommen,
das Tränengas hängt noch in der Luft.
Besigye verbringt die Nacht im Krankenhaus. Am nächsten Tag versucht
er das Land in Richtung Kenya zu verlassen. Er kann immer noch nichts
sehen und die Ärzte in Nairobi sind
um einiges besser als die in Kampala.
Obwohl er am Anfang Probleme am
Flughafen hat gelingt es ihm schließlich zur Behandlung auszufliegen.
Und seltsamerweise ist diese Eskalation auch das vorläufige Ende der
Unruhen in Uganda. Das war bei weitem der schlimmste Tag und auch
als Besigye zurück nach Kampala
kommt oder an dem Tag von Musevenis Amtsantritt bleibt die Stadt ruhig.
Die ersten Berichte die nun nach
Deutschland durchsickern beschreiben eine neue Taktik der Soldaten.
Sie besprühen die Demonstranten
von Kopf bis Fuß mit pinker Farbe.
Als ich am nächsten Tag im Internetcafe sitze und an diesem Artikel arbeite, schreiben mir drei oder vier
Freunde aus Deutschland. “Ist alles
okay in Uganda? Hab gehört es sind
üble Proteste und die Sache mit der
Farbe und, und, und? Geht‘s dir gut?”
Ich muss ein bisschen grinsen. “Naja,
wir hatten Tränengas und Schießereien die letzten 4 Wochen. Die Farbe
stresst mich jetzt eigentlich weniger!”
27
Ein Monat ohne
Freundin
von Hans Wiwi
Junge Beziehungen
auf Probe
Zugegeben: Das klingt jetzt zunächst
recht unspektakulär. „Ich hatte noch
nie eine Freundin“, werden viele in
Karlsruhe mit Recht sagen. Und „Es
gibt ja noch andere Frauen!“, werden einige Wenige zu Unrecht erwidern. Die Meisten wiederrum werden
wohl ausrufen: „Ohne Freundin? Ist
doch klasse!“. Doch der Titel untertreibt bewusst. Er sollte nämlich nur
kaschieren, wofür „Freundin“ sinnbildlich steht. Nämlich zum Einen für
die Liebe und zum Anderen - für die
Liebe. Also die andere Liebe. Ja, für
die körperliche Liebe. Ich verzichtete
also eigentlich gleich auf zwei Dinge
gleichzeitig! Immer noch nicht beeindruckt? Na gut, hier kommt die volle
Wahrheit: Ein Monat ohne Anfassen,
sowohl hetero - als auch autosexuell.
Manchen wird nun der Film „40
Tage, 40 Nächte“ in den Sinn kommen. Darin geht es eigentlich um
das Gleiche. Aber für Männer ist
die Thematik des Films nur bei Science Ficktion einzuordnen. Ich erzähle euch nun, wie das wirklich ist:
Die erste Woche ist inhaltlich zu vernachlässigen. Ich konzentrierte mich
auf andere körperliche Bedürfnisse.
Sport, essen, arbeiten, schlafen und
schwupps - war eine Woche rum. Die
einfachste Art und Weise, nicht an Liebe zu denken, ist wohl die, das andere
Geschlecht zu meiden - was Männern in
Kerlsruhe ja normalerweise nicht allzu
schwer fällt. Problematisch wird es erst
dann, wenn die Außentemperatur über
die Zimmertemperatur steigt. Dann
28
auf einmal schwirren Frauen durch die
Stadt, wie Insekten in das Licht und
man(n) fragt sich, wo die sich den ganzen Winter versteckt gehalten haben.
In dieser Hinsicht hatte ich leider die
schlechteste Zeit des Jahres gewählt.
Dem Feind nichts destotrotz entschlossen ins Auge schauend (manchmal
freilich auch woanders hin), begab ich
mich nach Woche eins an den Baggersee, was sich als dumme Idee herausstellte. Denn ich erhöhte den Druck.
Wörtlich. Die erste Woche ohne machte sich bereits bemerkbar. Mein nude
Desktopgirl musste sicherheitshalber
einer angezogenen Alternative weichen. Meine sonst übliche Präferenz
von Brünett gegenüber Blond war hinfällig. Ein Gespräch mit meiner (brünetten) Freundin via Skype half natürlich nicht. Schon beim bloßen Anblick
ihrer neu erwirtschafteten BHs reagierten bestimmte Teile meines Körpers mit Anspannung. Dies in Worte zu
fassen, ist fast noch einmal so beschämend. Aber es kommt noch schlimmer.
Nach Woche zwei spielte mein Kopf
verrückt, wie der eines pubertierenden
Jungen. Beim Anblick eines Mädchens
im Sommerkleid auf einem Fahrrad an
einer roten Ampel formulierte mein
Mund die Worte: „Wow, du siehst
wirklich fantastisch aus!“, woraufhin
6 peinliche von Kopfschütteln und
Augenrollen begleitete Sekunden vergingen, bevor sie sich ohne ein Dankeschön entfernte. Na gut. Frauen ein
Kompliment zu machen, war schon immer wie Topfschlagen im Minenfeld.
Da ich das mittlerweile harmlose Wallpaper auf meinem Notebook nun ebenfalls nicht mehr ertragen konnte, ging
ich eine weitere Stufe runter - zum
blauen Windows-Standard. Traurig.
In Woche drei erkannte ich mich dann
selbst nicht wieder. Alter, Größe, Aussehen, Kleidung - nichts spielte mehr
eine Rolle. Ein Zustand, der mit daueralkoholisiert beschrieben werden
könnte. Wir Männer sind ganz offensichtlich so gebaut, dass wir uns unserer Priorität Nummer eins, der Fortpflanzung, nicht entziehen können.
Selbst ich, der sich in voller Kontrolle
über die Funktionen seines Körpers
glaubt, musste mich im Kampf gegen
die Biologie ergeben. Als ich nur mit
Mühe meine Augen von der 50-jährigen Kassiererin beim Lidl nehmen
konnte, war es für mich vorbei. Einen derartigen Verfall des eigenen
Anspruchs hatte ich noch nie erlebt.
Sich bei Lidl unter Wert zu verkaufen,
das sollte lieber ein Wortwitz bleiben.
Spätestens jetzt musste Schluss sein.
Ich begab mich also nach Hause und
machte dem ganzen ein Ende. Trotz
insgesamt negativer Bilanz konnte
ich immerhin Bob Marleys „No Woman no Cry“ widerlegen. Außerdem
war ich jetzt auch wieder in der Lage,
meine Freundin auf die richtige Art
und Weise zu vermissen - auf die Art
derjenigen Liebe, die nicht derart verfällt, wenn man sie nicht pflegt. In diesem Sinne: Make love - not a pause.
10. bis 16. Oktober 2011: O-PHASE 2011
Laufen ökologisch
nicht länger tragbar
Das Wi²-Experiment
von Tim Cammann
und Tom Stähr
Schon seit 1869 gibt es in Karlsruhe eine Straßenbahn. Im Jahre 1900
wurden die Zugpferde durch Elektromotoren ersetzt. Heute betreibt der
KVV seine Netze mit dem achtachsigen
Schnellverkehr-Stadtbahnwagen GT8.
Dieses Monster wiegt unbesetzt 58
Tonnen und wird mithilfe zweier Elektroaggregate mit zusammen über 750PS
auf eine schwindelerregende Maximalgeschwindigkeit von 95km/h beschleunigt. Diesen beeindruckenden Fakten
zum Trotz sind viele Studenten davon
überzeugt, dass es keine langsamere
Möglichkeit gibt durch Karlsruhe zu
reisen, als mit der StraBa. Wi² wagt den
Vergleich, Mensch gegen Maschine:
Tim – militanter Bahnfahrer
Entspannt sehe ich dem bevorstehenden Feldversuch entgegen. Es
ist ein warmer Montagmittag und
die Bedingungen sind ideal. Zudem
bin ich fest von meinem Standpunkt
überzeugt – die Straßenbahn ist das
studentische
Fortbewegungsmittel
unserer Zeit. Meinem Kontrahenten steht die Anstrengung des bevorstehenden Versuchs allerdings
bereits ins Gesicht geschrieben.
Gewappnet mit meinem KVV-Ticket
und genug Lesestoff für die Fahrt betrete ich mein „Versuchsgerät“, die gerade
am Kronenplatz eingefahrene S5. Sanft
drückt mich die Beschleunigung in den
Sessel als der Wettkampf beginnt. Nach
wenigen Momenten zieht die Bahn
souverän an dem Läufer (der Gehweg der Kaiserstraße ist hoffnungslos
überfüllt!) vorbei und ich schlage die
Zeitung auf. Ich werde versuchen meine Zeit möglichst effizient zu nutzen.
Mit der Ansage „Europaplatz“ werde ich jedoch bald aus meiner Lektüre aufgeschreckt. Die Fahrt war kurz
und erholsam. Zwischenzeitlich hatte
ich zudem die Gelegenheit eine flüchtige Bekanntschaft mit einem KVVMitarbeiter zu machen. Siegesbewusst
verlasse ich die Bahn um sogleich von
einer Hitzewand getroffen, und von
meinem verschwitzten Kontrahenten Tom begrüßt zu werden. „Wann
hat der denn aufgeholt?“, frage ich
mich innerlich, lasse mir jedoch meine Überraschung nicht anmerken.
Tom – militanter Fußgänger
Kronenplatz um halb 12. Das Thermometer zeigt 32°C-der bisher wärmste Tag des Jahres. Keine optimalen
Bedingungen für mein Unterfangen.
Auch wenn in der StraBa wahrscheinlich die Klimaanlage ausfallen wird,
reichen die Temperaturen wohl nicht
für einen Totalausfall. Ich werde also
alles aufbieten müssen um ein für alle
mal zu beweisen, dass die Straßenbahn ein unnötiges Verkehrsmittel ist.
Die S5 fährt ein, Tim steigt in die Bahn
und ich mache mich zum Start bereit.
Dann geht es los. Schon auf den ersten Metern gewinnt Tim an Boden
und fährt schließlich zeitunglesend
an mir vorbei, während ich auf dem
heißen Asphalt schon in Schweiß ausbreche. Doch dann offenbart sich die
erste Schwäche der StraBa: Haltestelle
Marktplatz. Träges Ein- und Aussteigen
der faulen Bahnfahrer. Ich nutze meine
Chance und ziehe vorbei. Nun komme
ich in das Dickicht der Einkaufsbummler. Mehrere ältere Damen versuchen
sich mir in den Weg zu stellen, doch
ich schaffe es auszuweichen. Tim und
seine S5 bleiben immer weiter zurück.
Zwischen Herrenstraße und Euro wird
es noch einmal brenzlig als mich eine
Kommilitonin erkennt und mit ausgebreiteten Armen auf mich zu kommt.
Doch auch dieses Hindernis meistere
ich mit einem schnellen Haken. Der
Rest ist Formsache. Eine gute halbe
Minute vor der Straba trudele ich am
Euro ein. Die Maschine ist geschlagen!
StraBa
Gewicht
Zeit auf 1100m
58 t
270 sec
Motorleistung
560 KW (750 PS)
Wirkungsgrad
80 %
Energiebedarf pro
Person auf 1100m
5,470 kJ
Tom
Gewicht
Zeit auf 1100m
82 kg
239 sec
Motorleistung
0,375 KW (0,5 PS)
Wirkungsgrad
20 %
Energiebedarf auf
1100m
8,685 kJ
Nach wissenschaftlicher Auswertung
des Feldversuches erkennt die Redaktion, dass die StraBa zwar langsamer ist als ein Läufer, jedoch weitaus
komfortabler. Darüber hinaus eignet
sich eine Bahnfahrt hervorragend zum
Lernen oder Zeitung lesen, was beim
Laufen eher schwer fällt. Als spektakulärste Erkenntnis bleibt jedoch
der Fakt, dass Bahn fahren lediglich
rund halb soviel Energie verbraucht
wie das Laufen und die Fortbewegung
auf Füßen somit zu einer umweltfeindlichen Angewohnheit degradiert.
17. Oktober: Ein neues Semester beginnt. Viel Spaß.
29
Stiftung
Wi² Test



Karlsruher Discounter Günsg wollen sie alle
sein. Die Unterschiede liegen in Service und
Ambiente.
Wenn der Kühlschrank mal
wieder leer und der Bierdurst groß
ist, stellt sich die Frage: Wo geht's
zum Einkauf hin?
Vier Supermärkte in der Karlsruher Innenstadt wurden zufällig
ausgewählt und einem harten Test
unterzogen. Neben dem Preis für
einen
typisch
studentischen
Warenkorb wurden außerdem
weiche Faktoren wie das Ambiente
und der Service bewertet.
An die Spitze setzen konnte sich
der Penny Markt in der Karlstraße,
der vor allem durch seine
unschlagbaren Preise zu überzeugen wusste. Ein kaputter Pfandautomat und lange Wartezeiten an
der
Kasse
trübten jedoch
das
Gesamtbild.
Knapp
geschlagen reihte
sich der Netto Warenkorb: Bier, Vodka, Zahnbürsten, die Flunkyball
City in der Zwiebel und eine Packung Pizza sichern das Überleben
Kaiserallee auf des Studenten.
Platz 2 ein.
Hier wird der Service noch groß Fahrradständer und einen höchst
Sicherheitsmann.
geschrieben und Pfand persönlich motivierten
an der Kasse entgegen genommen.
Miserabler Service und keine
Jogginghosenträger kosten ihn
Abzüge gab es jedoch für die eingejedoch eine vordere Platzierung.
schränkte Alkoholauswahl und den
Uringestank vor dem Eingang.
Trotz der idyllischen Lage am
Als einziger seiner Klasse verfügt multikulturell geprägten Werderplatz, gekühltem Bier und einer
der Lidl am Tivoli über überdachte
überragenden
Vodkaauswahl,
verwies das hohe Preisniveau den
Nahkauf auf den letzten Platz.
Penny Markt Neo City
Lidl
Nahkauf
Gewichtung Karlstraße
Kaiserallee
Tivoli
100% GUT (2,0)
GUT (2,2)
GUT (2,5)
PREISE in Euro
50% gut (1,7)
gut (2,3)
gut (2,0)
6 Pack Bier (3 Liter)
Vodka (0,7 Liter)
3er Pack Pizza
Zwiebeln (1 kg)
Zahnbürste (2 Stück)
SERVICE
1,39
4,99
2,49
1,33
0,65
30% gut (2,3)
1,59
4,99
2,49
1,39
0,65
gut (1,7)
Öffnungszeiten in Uhr
MoFr 822
Sa 722
4
2*
20% gut (2,3)
MoSa 722
befriedigend
(3,3)
1,69
1,74
4,99
5,29
2,49
2,49
1,19
1,79
0,65
0,75
befriedigend befriedigend
(3,3)
(2,7)
MoSa 820 MoSa 822
2
0**
befriedigend
(3,0)
8
2

3
1
befriedigend
(2,7)
18
0

QUALITÄTSURTEIL
Anzahl Kassen
Anzahl Pfandautomaten
AMBIENTE
Länge des Alkoholregals (Schrie) 19
Anzahl Jogginghosenträger
4
Umgebung

*) Jedoch einer defekt
**) Persönliche Entgegennahme an der Kasse
Werderplatz
BEFRIEDI
GEND (2,8)
Anmerkung der Redakon:
Geringe Preisabweichungen legen
die Vermutung nahe, dass illegale
Preisabsprachen stainden. Das
Bundeskartellamt wurde darauin
von der Sung Wi² Test infor
miert.
2,5
1
gut (1,7)
18
1
++
Bei gleichem Qualitätsurteil Reihenfolge nach Alphabet.
Unsere Tester im Einsatz: Berech
nung der Key Performance Indica
tors.
ig
z
t
i
W
Wi e
von Tom Stähr,
Hendrik Dorprigter
und Vincent Ehrmann
Einfach mal Treckerfahren...
Einfach mal Trecker fahren. Der Traum eines großen Großstadtjungen, um einfach mal auszubrechen. Natur pur, ein
lauer Wind um die Nase und die Hektik der Zivilisation
hinter sich lassen. Mit 600 PS unterm Hintern - bäm. Zugegeben, der laue Wind kommt aus der Klimaanlage und
die Hektik weicht auch nur einem Durchschütteln, wenn
sich dieses Monster einer Landmaschine in Bewegung
setzt. Traktoren-Romantik sieht irgendwie anders aus. Dafür sitzt man schön hoch. Die Nase auf ungefähr drei Meter
überm Grund, lässt man den vollautomatischen XERION
von der Leine. Macht man einen Fehler, bekommt man die
Lösung auf dem Digitaldisplay gleich vorgeschlagen. Allem
High Tech zum Trotz, fühlt sich der Städter sofort mit der
Natur verbunden und freut sich, mit 45 km/h Spitze und
50 Liter Diesel-Verbrauch pro Stunde mal nicht der modernen Verschwendungs-Mentalität anzugehören.
auch ziemlich witzig, das Kind!
„Spielen wir nach den offiziellen Karlsruher
Regeln, mit Zwiebel und so?“
Unbekannter Flunkyball Enthusiast
„Geld macht sicher nicht glücklich,
aber wenn ich traurig bin, weine ich
lieber im Taxi als in der S-Bahn.“
Marcel Reich-Ranicki
„Es gibt zwei Möglichkeiten, Karriere zu machen: Entweder leistet man
wirklich etwas, oder man behauptet, etwas zu leisten. Ich rate zur ersten Methode, denn hier ist die Konkurrenz bei weitem nicht so groß.“
Danny Kaye
„Jede Wirtschaft beruht auf
dem Kreditsystem, das heißt
auf der irrtümlichen Annahme, der andere werde gepumptes Geld zurückzahlen.“
Kurt Tucholsky
“I’m a CEO bitch!“
Marc Zuckerberg
Rennfahrer
Braumeister
Holzfäller
Astronaut
Sprengmeister
links
halblinks
mitte
halbrechts
rechts
rechts
halbrechts
mitte
halblinks
links
Kampfadler
Killerwal
Es liegen fünf Unterkünfte
nebeneinander. An jedem Ort
wohnt eine Person mit einem
anderen Beruf. Jeder der
Bewohner hat einen Lieblingssport, fährt eine bestimmte
Landmaschine und hat ein bestimmtes Haustier. Keines der
Merkmale kommt zweimal vor.
Wer fährt Trecker und
läuft den Tough Guy
Run?
Rottweiler
Python
Königstiger
Killerwal
Kampfadler
Flunkyball
Rugby
Segeln
Heliskiing
Tough Guy Run
Mähdrescher
Planierraupe
Häcksler
Bagger
Trecker
Königstiger
Python
Rottweiler
Heliskiing
Tough Guy Run
Segeln
Rugby
Flunkyball
Trecker
Bagger
Häcksler
Planierraupe
Mähdrescher
bei Mutti
Bauwagen
Höhle
Burg
Gefängnis
Das Treckerrätsel
Tipp:
Tragt in die Matrix die Merkmale ein, die
sicher zutreffen die Merkmale, die ihr sicher
ausschließen könnt.
Die Lösung findet ihr auf fachschaft.org
Zebrarätsel
Es stehen fünf Häuser nebeneinander, jedes hat eine andere Farbe.
In jedem Haus wohnt eine Person mit jeweils einer anderen Nationalität
Hinweise:
1. Der Rennfahrer sitzt im Gefängnis.
2. Der Braumeister fährt einen Mähdrescher.
3. Flunkyball wird in der Burg gespielt.
4. Der Holzfäller spielt Rugby.
5. Die Burg ist direkt rechts neben der Höhle.
6. Der Besitzer des Rottweilers fährt eine Planierraupe.
7. Der Pythonhalter lebt in einem Bauwagen.
8. Der Segler lebt in der mittleren Unterkunft.
9. Der Astronaut wohnt ganz links oder ganz rechts.
10. Der Mann mit dem Königstiger, wohnt direkt neben dem Mann der einen Häcksler fährt.
11. Die Python wird in der Unterkunft neben dem Baggerfahrer gehalten.
12. Der Besitzer des Killerwals betreibt Heliskiing.
13. Der Sprengmeister hält sich einen Kampfadler.
14. Der Astronaut wohnt direkt neben dem Muttersöhnchen.
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