Benj_Lee_MMA_Interview_Waldmeier_Dominik / PDF

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Benj_Lee_MMA_Interview_Waldmeier_Dominik / PDF
Interview
Wie funktioniert das Zusammenspiel zwischen Geist und Körper?
Körper, Geist und Seele im Einklang halten, das muss das Ziel sein. Der Geist sagt dem
Körper, was er tun soll. Die Emotionen sprechen zum Geist. Das Bauchgefühl lenkt den
Geist. Die Atmung kontrolliert alles.
Welche Fähigkeiten und Qualitäten machen einen guten MMA-Fighter aus?
Körper, Geist und Seele in der Balance zu haben, ist zentral. Du brauchst eine innere
Stimme, die Dich immer vorantreibt, auch wenn Du nicht mehr kannst oder willst. Du
brauchst den Willen mehr zu geben als jeder andere und Disziplin, Ehrgeiz, Mut und den
stetigen Drang über sich hinauszuwachsen und sich selbst zu verbessern. Dann kommen die
athletischen Eigenschaften wie Kraft, Ausdauer, Geschwindigkeit, Flexibilität sowie
Koordination ins Spiel. Technisch musst Du den Standkampf, aber auch den Bodenkampf
beherrschen. Daraus gilt es dann persönlich wie auch technisch ein Alleinstellungsmerkmal
zu entwickeln, um sich von der breiten Masse abzuheben, um auch z.B. bei den „Ultimate
Fighting Campionships“ (UFC) etc. kämpfen zu können.
Was hat Sie dazu bewegt, diesen Sport auszuüben?
Als ich vor 15 Jahren die IMACS Kampfkunstschule ins Leben gerufen habe, war ein Muay
Thai Kurs mit externem Lehrer bei uns im Gange. Als dieser aufhörte, war mir klar, dass die
Vollkontakt-Disziplin wieder aufleben musste. Mit den UFC der USA gab es eine
Kampfsportart, welche mich überzeugt hat. Dies ist eine sehr effiziente und komplette
Disziplin, in welcher ich mich bewegen kann, wie ich möchte, ohne feste Formen und
Vorschriften. Zudem ist sie ehrlich in der Anwendung. Zwei Kämpfer, egal von welcher
Disziplin, gehen in den Ring und der bessere gewinnt durch K.O., durch Aufgabe des
Gegners oder – wie heute üblich – durch RingrichterEntscheide, wenn über die volle ProfiKampfzeit von 5x5 Minuten gekämpft wurde. „FreeFighting“ und MMA hat mich immer
fasziniert und nimmt das Beste aus allen Kampfsport- und -kunstarten heraus. Eine extreme
Herausforderung, die ich unbedingt annehmen wollte.
Wie gross ist die Verletzungsgefahr und wie kann man sich schützen?
Wenn man professionell trainiert, ist sie praktisch null. Sich immer gut aufzuwärmen und mit
Verstand zu trainieren ist hier der Schlüssel zum Erfolg. Wir haben zudem eine gute
Schutzausrüstung, wie Schienbein-, Fuss-, Knie- und Ellbogenschoner, Tief-, Zahn- und
Kopfschutz,
MMA- und Boxhandschuhe sowie Bandagen. Die meisten Verletzungen
passieren durch Unachtsamkeit oder wenn man verkrampft und unverhältnismässig intensiv
trainiert. Nie sollte man überheblich werden, und seine eigenen Grenzen muss man kennen.
Als Fighter gibt es meist nur die „üblichen“ Verletzungen, wie blaue Flecken oder Augen,
Prellungen, Stauchungen und Überdehnungen. Seltener kommt es zu Schnitten im Gesicht,
gebrochenen Nasen, aufgeschwollenen Ohren oder gebrochenen Rippen. In Extremfällen
kommt es zu gebrochenen Händen, Ärmen, Füssen oder Beinen. Häufiger – insbesondere
bei einem K.O. – gibt es Hirnerschütterungen.
Was fasziniert Sie an diesem Sport?
MMA Mixed Martial Arts ist der „Zehnkampf“ unter den Kampfsportarten. MMA beinhaltet
sowohl Stand- als auch Bodenelemente. Die Sportart ist sehr athletisch, effizient und ehrlich.
Schlicht ohne „Schnick-Schnack“. Eine extreme und ultimative Kampfform.
Wie oft haben Sie trainiert, um dieses Niveau zu erreichen und was tun Sie, um dies
beizubehalten?
Seit gut 30 Jahren betreibe ich aktiv diverse Kampfkünste, wie Capoeira, Karate, Kyusho,
KoBuDo, MMA, Qi Gong, Tai Chi, Selbstverteidigung sowie spezielles Krafttraining für den
Kampfsport. Ich absolvierte zudem diverse andere Kurse in JuDo, Ju Jitsu, Brazilian Jiu
Jitsu, Ringen, Wrestling, Kickboxen, Muay Thai etc. Ich bilde mich immer weiter, gehe an
diverse Seminare und reise in Länder wie Deutschland, Österreich, Italien, Irland, Norwegen,
Malaysia, Thailand, Brasilien, Sri Lanka oder die USA, um zu trainieren oder selbst Trainings
zu geben. In der Woche unterrichte und trainiere ich insgesamt während mindestens 32
Stunden.
Wie bereitet man sich auf einen Kampf vor?
Die ungefähre Vorbereitungszeit beträgt 3 Monate. Ich trainiere 6 Tage die Woche,
mindestens 2 Stunden pro Tag. Während der Phase 1 ist es zentral, nicht zu rauchen,
keinen Alkohol zu trinken, keine Drogen zu nehmen, sich gesund zu ernähren, genügend zu
schlafen und viel zu trainieren. Ich muss dann versuchen Kondition aufzubauen respektive
durch intensives und Kampf-spezifisches Training zu verbessern. Ausdauer, Kraft,
Geschwindigkeit, Explosivität und Reflexe versuche ich zu erhöhen und den Körper
abzuhärten. Phase 2 beinhaltet das Erlernen, Verfeinern und Automatisieren von
Kampftechniken, insbesondere durch Selbsttraining, aber auch mit Trainingspartnern, in
Gruppen oder mit Privattrainer. In Phase 3 trainiere ich vor allem an verschiedenen
Boxsäcken, am Dummy (Wurf- und Schlagpuppe) sowie am „Punching- und Speedball“.
Phase 4 bedeutet dann hartes Box-, Thai- und Pratzentraining. Phase 5: Sparring-Kampf.
Phase 6: Hauptsächlich mentale Vorbereitung. Es gilt absolut bereit zu sein für den Kampf.
Was steht für Sie persönlich im Vordergrund – Kraft oder Technik?
Die Kraft gehört zur Basis und muss stetig verbessert werden. Technik ist das, was uns
Fighter weiterbringt. Es hilft uns zu erreichen, was wir wollen. Wir brauchen sie, um
überhaupt kämpfen zu können, denn sonst würden wir ja nichts anderes als Fitness oder
Body-Building betreiben. Auch wenn wir physisch schwächer sind als der Gegner, können
wir mit einer besseren Technik gewinnen. Beides gehört zusammen, das eine bringt nicht
viel ohne das andere. Ich arbeite stetig an meiner Kraft, aber die Technik bring mich als
Trainer weiter, und ich kann die erlernten Techniken weitergeben.
Wie reagieren Sie, wenn Sie in einer bedrohlichen Situation provoziert werden?
Privat komme ich gar nicht mehr in solche Situationen. Ich denke, es liegt an der
persönlichen Ausstrahlung: Wer Stress oder Ärger will, der kriegt ihn auch. Das „Gesetz der
Anziehung“ lässt hier grüssen. Als ich noch als Security-Personal (Türsteher und
Personenschützer) gearbeitet habe, blieb ich meistens ruhig, neutral, anständig, respektvoll
und professionell. Ich habe immer versucht, mich selbst nicht zu überschätzen.
Was waren Ihre grössten Erfolge im MMA?
Mein letztes Turnier, im Jahre 2003, brachte mir einen guten 2. Platz am „All Style Fight
World-Cup Germany“. Der grösste Erfolg ist aber meine IMACS MMA Gruppe und mein
Fighter-Team. Dieses wächst seit 2001 kontinuierlich, und wir sind momentan eine tolle und
hochmotivierte Truppe, vom Hobby-Kämpfer bis zum Profi.
Was ist der Unterschied zwischen dem Training in der Schweiz und dem in Thailand?
Wir waren gerade mit einer Gruppe von 12 Personen im „Tiger Muay Thai & MMA Gym“ in
Phuket, Thailand, im ersten von mir organisierten Trainingscamp. Hier treffen sich Fighter
und Fight-Teams aus der ganzen Welt, um zu trainieren oder sich auf einen spezifischen
Kampf vorzubereiten. Einige Profis leben wegen den guten Voraussetzungen mittlerweile
sogar dort. Das Gym ist sehr gut ausgestattet, es trainieren diverse aktive Profis dort, und
UFC-Fighter leiten wettkampforientierte Trainings. Separate Kurse in Muay Thai, Western
Boxing, BJJ, MMA, Fighters Combat Fit etc. werden angeboten. Ich finde es deshalb extrem
empfehlenswert für jeden Fighter oder für die, die es noch werden möchten.
In der Schweiz kommen die meisten nach der Schule oder Arbeit zum Training um einen
Ausgleich vom Alltag zu haben, fit zu werden und wie ein MMA Fighter zu trainieren, 1-4 mal
pro Woche, zu je 90 Minuten. Unsere Ausrüstung ist top, es fehlt uns an nichts. Unser
Training ist sehr intensiv sowie technisch anspruchsvoll für jedes Niveau.
Was hat Sie dazu bewegt, Kampfsport zum Beruf zu machen?
Schon als Kind wollte ich immer eine Kampfkunstschule leiten. Schon früh teilte ich mit
anderen meine Leidenschaft. Mit 18 Jahren durfte ich meinen erster „Nunchaku“- (Stöcke mit
Kette) Kurs leiten. Es ist die Faszination für die Kampfkünste als solches. Bis heute brennt
das Feuer in mir, positive Gedanken und Ideen zu teilen. Ich bin überzeugt, dass es meine
Berufung ist und bin sehr glücklich, da ich meinen Traum leben kann.
Fördert dieser Kampfsport das Selbstbewusstsein?
Ja, klar! Man erkennt unweigerlich seine Grenzen und lernt, über diese hinauszuwachsen.
Die vielen Niederlagen, welche Dich immer wieder in die Knie zwingen und Dich dazu
bringen, aufzustehen und weiterzumachen. Es ist wichtig, niemals aufzugeben. Never ever
give up!

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