Pressemitteilung Rupprecht Geiger
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Pressemitteilung Rupprecht Geiger
Pressemitteilung Rupprecht Geiger - Alles ist Licht Eine Werkauswahl - Papierarbeiten und Bilder 14. September bis 30. November 2013 Ausstellungseröffnung: Samstag, 14. September 2013, in der Zeit von 11-14 Uhr Um 12 Uhr spricht Ernst-Gerhard Güse, Berlin. Seit Mitte der 70er-Jahre hat sich eine enge Zusammenarbeit zwischen der edith wahlandt galerie und Rupprecht Geiger bzw. dem Archiv Geiger entwickelt, welche durch zahlreiche Galerieausstellungen, Messepräsentationen und Publikationen dokumentiert ist. Unter dem Titel „Alles ist Licht“ zeigt die edith wahlandt galerie vom 14. September bis 30. November wieder eine Werkschau von Rupprecht Geiger (1908-2009). Der Schwerpunkt der Präsentation liegt auf dem innerhalb des Gesamtoeuvres bedeutenden Werkkomplex der Papierarbeiten. Noch bevor die Farbe sein Werk dominierte, zeichnete er. Beginnend mit zwei Graphitzeichnungen von 1949, dem Gründungsjahr der Gruppe ZEN 49, deren Gründungsmitglied Geiger war, zeigt diese Ausstellung eine Auswahl seiner Papierarbeiten bis hin zu Werken aus den späten 80er-Jahren. Ergänzend kommen Lithographien und Irisdrucke aus den 50er- und 60er-Jahren sowie vier frühe Skizzenbücher hinzu. Besonders hervorzuheben ist das Aquarell „Surreale Landschaft“ von 1947, ein herausragendes Frühwerk, das sein Bestreben zeigt, sich von der Dingwelt zu entfernen und über die surreal verfremdete Sicht eine eigene abstrakte Bildsprache zu entwickeln. Geiger sprach mit Blick auf seine surrealen Landschaften von „Traumbildern mit abstrakten Formen“. Den Papierarbeiten werden exemplarisch Gemälde aus den 50er- und 60er-Jahren gegenübergestellt. Rupprecht Geiger als Zeichner zu entdecken, dem es gelungen ist, in schwarz-weiß Modulationen lichterfüllte Bildräume zu gestalten, ermöglicht die Ausstellung in der edith wahlandt galerie. Wegweisend war in diesem Zusammenhang eine Werkschau, die 1990 unter dem Titel „Zeichnung als Licht“ im Saarland Museum Saarbrücken stattfand. Diese Ausstellung trug wesentlich dazu bei, dass die Zeichnung aufgrund ihrer hohen Qualität und ihres beträchtlichen Umfanges im gesamten Werkkomplex inzwischen eine angemessene Wertschätzung erfährt. Ernst-Gerhard Güse stellt in seinem Katalogtext fest: „In der Zeichnung erreicht Geiger durch die Betonung des Lichts jene imaginäre Räumlichkeit, letztlich jene Geistigkeit, die für ihn im Mittelpunkt seiner künstlerischen Arbeit steht.“ „Alles ist Licht“, so Geiger. Und ergänzend schreibt er in einem Brief an Helmut Heißenbüttel, „Farbe macht Licht, Raum, Bewegung und Zeit“. Damit nennt er alle Phänomene, die sein Schaffen grundlegend bestimmen. Entsprechend reduziert er seine Bildelemente auf nur wenige Formen, auf Rechteck, Kreis und Quadrat, und ermöglicht so das Erleben von Farbe in ihrer Schönheit und Absolutheit – unabhängig von der Form und weitestgehend frei von symbolischen Bezügen. Sein Porträt der Farbe findet eine Fortsetzung im individuellen Gedanken- und Stimmungsraum des Betrachters, denn bei geschlossenen Augen sollen wir Farbe „denken“, nur dann können wir uns ihrer versichern. (H.L.) Bitte vormerken: ART ALARM, 21. und 22. September 2013, 14. Stuttgarter Galerierundgang Bilder und Texte unter: http://edith-wahlandt-galerie.de/geiger-2013.html Bildbeschreibungen 1. Surreale Landschaft, 1947, Aquarell auf Karton, 35,5 x 25,5 cm, 18.000 € Foto: Andreas Pauly, München Wie auf einer Bühne agieren seltsam undefinierbare Formgebilde in einem Landschaftsraum, der von Bewegung und Stille gleichermaßen erfüllt ist. Von einem dunklen Grund ausgehend, baut sich eine biomorphe Form auf, so als wolle sie zwischen Dunkelheit und der horizontalen Lichtzone im oberen Drittel des Bildfeldes vermitteln. In diesem „Traumbild mit abstrakten Formen“ (R.G.) deutet sich in der Gestaltung der Himmelszone bereits Geigers spätere Abwendung von einer assoziationsreichen Formensprache zugunsten der Farbe an. 1949 schreibt Geiger dann: „Die Farbe soll nicht einer Form anhaften, sondern die Farbe selbst soll als eigenständiges Element das Bild tragen“. 2. Gelb vor moduliertem Rot, WVG 34, 1959, Serigrafie auf Bütten, 59,5 x 42,5 cm, 1.500 € Foto: Bogdan Braikov, München/Sofia In den 50er-Jahren reduziert Geiger nicht nur die Anzahl der Flächenformen auf ein Minimum sondern auch die Anzahl der Farben, die er als autonome „Wesen“ und geistige Kraft zum alleinigen Motiv seiner Bilder macht. „Gelb vor moduliertem Rot“: Zwei geometrische Farbzonen stoßen aufeinander und formulieren eine imaginäre Räumlichkeit. Zugleich steigern sich beide Primärfarben zu einem poetisch-sinnlichen Farbereignis. Geiger erkundet auch in seinen Grafiken das Wandlungspotential der Farbe. Die beiden wichtigen Bildmerkmale „Lichtwandlung“ und „Raumbildung“, von denen Eugen Gomringer spricht, sind optisch erkennbar. 3. G 11/82, 1982, Graphit auf Karton, 129 x 98 cm, 28.000 € Foto: Andreas Pauly, München Spätestens seit 1962 begreift Geiger dann auch die Zeichnung als Medium zur „Herstellung“ eines differenzierten Licht-Farbraums. In der Graphitzeichnung von 1982 trifft ein schwarzes Rechteck hart auf die obere Kante eines hellgrauen Formelements: Hier findet ein polares Kräftespiel zwischen Farbe und Form, hellen und dunklen Modulationen, dichtem und durchlässigem Bildraum statt. Man könnte auch von Licht- und Farbarchitekturen sprechen. „Das Graphitgrau der Zeichnungen, dieses graue Feld erzeugt nach einem bestimmten Zeitpunkt eine Energiezone, meist an den Brennpunkten, an denen zwei Flächen zusammenstoßen", so Geiger. 4. Rot bis Schwarz, 1/87, 1987, Graphit und rote Kreide auf Bütten, 79 x 106,5 cm, 20.000 € Foto: Philipp Schönborn, München Es ist die spannungsvolle Kombination zweier geometrischer Formen: ein horizontal gelagertes weißes Rechteck und eine rote Kreisform sind auf einem schwarz-grauen Farbfeld angeordnet. In differenzierten Abstufungen baut sich ein Hell-Dunkel-Kontrast auf, der nach oben hin immer lichthaltiger wirkt. Farbe kann, so wird hier nachvollziehbar, Licht ausstrahlen. „Sie gibt Licht wieder, ist ein Widerschein des Lichts, das aus dem Dunklen kommt und nun – durch das Medium der Farbe – in gesteigerter Funktion auftritt“, so der Künstler. Eine kosmische Energie strahlt von der roten Lichtgestalt in den dunklen Raum. Geigers Werk ist von dem Gedanken einer Harmonisierung des Gegensätzlichen geprägt. 5. o. T., 378a, WV 349, 1962, Öl auf Leinwand, 120 x 100 cm, 90.000 € Foto: Peter Frese, Wuppertal Rot ist „seine“ Farbe, auch in diesem Bild von 1962, einem herausragenden Werk aus dieser Zeit. Denn Rot wird von Geiger als Farbe mit der größten Potenz und Ausstrahlung gesehen. Entsprechend signalhaft wird die in der Farbe Rot enthaltene Kraft und Energie, darin dem Licht verwandt, spürbar. Dass Farbe als selbständiger Lichtträger zu sehen ist, führen die leise abgestimmten Modulationen der roten Farbe - von dunklen nach hellen Farbwerten bis hin zum leuchtenden Magenta am oberen Bildrand – vor Augen. "Durch die Modulation kommen die Farbpigmente in Schwingungen und werden entmaterialisiert", so Geiger. Der Lichtwandlung entspricht die Farbwandlung, wodurch die Eigenbewegung der Farbe nachvollziehbar und Zeit für den Betrachter erfahrbar wird. Alle Aufnahmen: Copyright Bild-Kunst, Bonn 2013 Rupprecht Geiger (1908-2009) - biografische Daten 1908 1926-29 1933-35 1936-40 1940-44 1949 1951 1965-75 1970 1983 1988 1992 1993 1998 1999 2002 2007/ 2008 2009 geboren in München Architekturstudium an der Kunstgewerbeschule, München Studium an der Staatsbauschule, München Arbeit in verschiedenen Münchner Architekturbüros Kriegsdienst, Autodidaktisches Studium der Malerei als Kriegsmaler in der Ukraine 1943 und in Griechenland 1944 Mitbegründer der Gruppe ZEN 49 Domnick-Preis Professur für Malerei an der Staatlichen Kunstakademie, Düsseldorf Mitglied der Akademie der Künste, Berlin Mitglied der Bayerischen Akademie der Künste, München Kunstpreis Berlin, Großes Verdienstkreuz der Bundesrepublik Deutschland Rubenspreis der Stadt Siegen Bayerischer Maximiliansorden für Wissenschaft und Kunst, Ehrenmitglied der Akademie der Bildenden Künste, München Goldene Ehrenmedaille München leuchtet Mehrteilige Arbeit für den Deutschen Bundestag in Berlin Gründung der Rupprecht-Geiger-Gesellschaft, Verein zur Förderung des Werks von Rupprecht Geiger e.V. mit Sitz in der Städtischen Galerie im Lenbachhaus, München XXV. Biennal des Sao Paulo in Brasilien, vertritt Deutschland mit einer aus vier grossformatigen Leinwänden bestehenden Raumarbeit zum 100. Geburtstag – Lenbachhaus München (E), Museum Folkwang, Essen (mit Max Bill und Victor Vasarely), Neues Museum Siegen (E) und Neue Nationalgalerie Berlin (E) in München verstorben Seit 1978 Einzelausstellungen in der edith wahlandt galerie in Schwäbisch Gmünd und Stuttgart, ebenso auf der ART COLOGNE vertreten durch die Galerie seit 1984 (Einzelpräsentation); 2008 Rupprecht Geiger zum 100. Geburtstag – Werke aus einer bedeutenden Privatsammlung. Ausführliche Dokumentation zu Leben und Werk sowie Einzel- und Gruppenausstellungen und Literaturverzeichnis in: Werkverzeichnis der Gemälde und Objekte, 1942-2002 sowie Werkverzeichnis der Druckgrafik 1948-2007, beide Prestel-Verlag, München 2002 und 2007. München 1949 Foto: Helga Fietz, München