Platons Dialog "Thrasymachos"
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Platons Dialog "Thrasymachos"
PLATONS DIALOG "THRASYMACHOS" VON H. VON ARNIM Meine Ansicht, dass das erste Buch von Platons Republik ursprunglich nicht zu dem Zwecke sei geschrieben worden, dem grossen Werke über den Staat als Einleitung zu dienen, sondern, als ein selbstständiger Dialog '/rep! dlX-rX[OIT&IIY}t; und Gegenstück zu Laches '/rep! rxlldpÛC/.t;, Charmides '/rep! rrwcppOIT&IIY}t;, Euthyphron '/rep! àITIÓTYJTOt;, in die Reihe der Jugenddialoge hineingehöre, ist von H. D. Ver dam in einem Aufsatz De Platonis dia logo Thrasymacho qui vocatur, Mnemosyne, Vol. LV, p. 304-317, heftig bekämpft worden. Die Widerlegung meiner Ansicht konnte aber dem Verfasser nicht gelingen, weil er gerade die wichtigsten der von mir vorgebrachten Argumente nicht beachtet hat. Er wend et sich nämlich nur gegen meine Behandlung der Fuge zwischen dem ersten und zweiten Buch und gegen meinen Versuch, durch Vergleichung von Stellen des ersten Republt"kbuches mit inhaltsähnlichen des Lysis und des Gorgias die Priorität von Rep. I vor Lysis und Gorgz·as zu erweisen. Die Ergebnisse dieser Vergleichung können natürlich aus dem Zusammenhang herausgerissen, in dem sie bei mir mit andern Gründen stehen, nicht so überzeugend wirken, wie im Zusammenhang mit ienen. Ich will aber trotzdem zuerst auf die Vergleichungen mit dem Lysis und dem Gorgz·as zurückkommen, dann auf die Fuge zwischen dem I. und 11. Buch und dann erst zum Schluss auf die stärksten und überzeugendsten GrÜnde. Die Stellen Lys. 217 und Rep. I 342 A handeln, wenn auch in verschiedenem Zusammenhang, unbestreitbar von demselben Gegenstand, nämlich von der Aufgabe und dem Wert 201 2 der T€'X.,lI(xl. Rep. 342 A ff. wird dargelegt, dass alle TÉ'X.,lIr;.l den Nutzen, den sie bringen, nicht sich selbst oder ihrem Inhaber, dem Te'X.,lIETY]ç, sondern einem von sich und von letzterem verschiedenen Wesen bringen, dem rxp'X.,Óf-'€1I01l iJ?ró T?,r; TÉ'X.,lIYJç, das ohne das Eingreifen der TÉ'X.,lIYJ sich in einem Zustand befindet, mit dem es sich nicht zufriedengeben kann (oi,y., Ê~lXp)G€i IXi,TCÎ' TOIOi,T~ €tllr;.l) , das daher als ?rOllYJpÓlI oder als mit einer gewissen ?rollYJpEr;. behaftet (~ elll TIç ?rOllYJpEIX) bezeichnet werden kann. Z. B. ist Aufgabe der (IXTPI)GYJ dem ?rOllYJP~lI ITwf-'C1., dem kranken Leibe zu nützen. IIollYJpEoc bezeichnet hier den Mangel einer rxpET~. Das geht hervor aus de'n Worten 342 A TE ~è ~~; IXi,Tn 1) {C1.Tpl)G~ ÊCTTl ?rollYJpá, B &ÀÀYJ Tlr; T É'X.,lIYJ ~CT9-' (tTl ?rp:;CT~EiTC1.E TllIOr; rxPET1;ç, WCT?rEp ~cp9-r;.Àf-'o/ ötEwç )Gx/ l',TIX rx)G07;I;, )GC1./ ~((X TIXÜTIX €?r' IXi,TOi.; dEi TllIOç Ti'X.,lIYJç T1;r; TO ~1Jf-'CP€POlI Ett; TC1.ÜTC1. CT)G€fof-'éllYJr; TE )Gr;./ €)G?rOpl~Oi,CTYJç; &.plX )GIX/ €11 lXi,rf; T~ T€'X.,lIY) f:1I1 Tlr; ?rollYJpEx; U nter dem ~/)f-'cpépoll versteht Plato das, was zum Erwerb einer b.P€T"h, eines Vorzuges, dient. Das Gegenteil von !xP€T~ ist )Gx)GilX nach griechischem Sprachgebrauch. Es muss also hier ?rollYJpEr;. = )GIX)GEr;. verstanden werden und das ?rOllYJP~lI CTWf-'1X als ein )G1X)G;;11 CTWf-'r;.. Mein Kritiker will die Identität von ?rollYJpèJ1l CTWf-'1X und )GeelGOlI CTWf-'1X nicht zugeben: ?rOllYJpÓç valet, ut contextus indicat, ,alienae opis indigens'. Es bedeutet aber in Wahrheit nicht die Hilfsbedürftigkeit selbst, sondern die Beschaffenheit, die den Gegenstand hilfsbedürftig macht, seine schlechte Beschaffenheit. In der Verbindung CTWf-'X eCTTI ?rOllYJP~1I y-ee/ 0i,)G i~r;.p)GEi IXi,TCÎ' TCIOi,T~ dllxI sind durch das )Gee/ nicht zwei identische Begriffe, sondern Grund und Folge verbunden. Das TCIOi,T~ steht für ?rOllYJPCÎ' , nicht für CTWf-'C1.TI, wie oben, wo gefragt wurde: El i~xp)GEi CTWf-' IXTI €1j;r;.1 CTWp,rXTI B ?rpoCT~EiTeeE TllIOr;. Man schreibe CTWf-'C1. eCTTI (nicht CTwf-'á ÊCTTI) ?rOllYJpÓlI = ,weil es schlechtbeschaffene Körper giebt', deswegen hat man die ärztliche Kunst erfunden. Die Bedeutung von ?rollYJpEx kann garnicht zweifelhaft sein, weil 342 B rxp,rxpTilX als synonym mit ihm verbunden wird. Auch im Lysis 217 A ff. wird derselbe Gegenstand, nämlich 202 3 die Beschaffenheit des Wesens, dem die r€'X1IYJ helfen soli, das der r€'X7IY] bedarf, dur~h dasselbe Beispiel von der trxrp/~YJ und dem ~'i.fJ,7I~7I ITWWX illustriert. An der Gleichheit des Gegenstandes wird dadurch nichts geändert, dass, weil es sich im Lysis urn die Bestimmung des cp[),. 071 (im aktivischen Sinne) handelt, neben ó'ÏlT9-oc/, als ihm gleichbedeutend, auch cp/Àêi71 ,x1T?nx~'IT9-oc/ f.7n9-ufJ,êi71 gebraucht wird. Das ITwfJ,oc ist hier Beispiel eines fJ,"h-re ,xyoc9-~7I fJ,YJ-re ~rx~á7l, das ó/,x 70 ~~Ó71 (wegen der Krankheit) ein Gut (die ärztliche Kunst) urn eines Gutes (der Gesundheit) willen liebt. Das Übel, wegen dessen das neutrale Wesen (Leib oder Seele) die Kunst liebt und bedarf, haftet ihm an, z. B. die Krankheit dem Leibe eines Lebewesens, aber es haftet ihm natürlich nicht in der Weise an, dass es aufhört ein neutrales Wesen zu sein und selbst ~cxm71 wird. Urn dies glaublich zu machen werden zwei Arten der ?rocpoIJlTlcx """oü unterschieden, eine, durch die das betreffende Wesen selbst schlecht wird, und eine, hier allein in Betracht kommende, bei der es neutral (fJ,"hrê ,xyrx9-~7I fJ,Y,-re ""~Ó7l) bleibt. Es ist also nicht richtig, was mein Kritiker sagt: "duas sententias pronuntiare Platonem. Altera sententia est rem mediam (r, fJ,"h-re ,xyoc9-~7I fJ,"hrê """Ó7I) diligere aliquid boni ad evitandum mal urn, altera duas esse contagiones mali". Denn was er als "altera sententia" abtrennt, ist eine für die Durchführung der ersten unentbehrliche Erläuterung, also ihr sub ordiniert, nicht coordiniert. Es kann daher nicht, wie der Verf. meint, das Beispiel vom kranken Körper nur zu dem ersten Satze, das von den weissen Haaren und das von der Unwissen heit nur zu dem zweiten gehören. Vielmehr gehört das Beispiel vor den weissen Haaren allerdings nur zu dem subordinierten Gedanken; denn an ei ne Liebe der weissgefärbten Haare zu der Entfärbungskunst ist nicht gedacht; das Beispiel von der Unwissenheit dagegen gehört wieder zu dem übergeordneten Gedanken und steht insofern dem vom kranken Körper ganz parallel. Denn durch das Beispiel der O:y7lo/rx, die nicht ,xfJ,oc9-irx ist, wird gezeigt, dass die Menschen 203 4 nur, solange sie OUTe fI.'YaS-;i "ÜTf )(,(Xx,:i sind, die Weisheit bedürfen und liebend begehren. Dass die zwei Arten der 7rap;ua-ia )(,(Xx,o(i auch schon auf den kranken Leib angewendet wurden, lässt sich nicht bestreiten. Die Worte: 217 B dYjÀCII di 'Yf ÖTI 7rpill 'Yfllia-S-al aÎJTo )(,(Xx.OlI Z-7r0 TC(i )(,(Xx,o(i o~ f.Xfl • oÎJ 'Yàp d1 'Yf Y.XX,OIl 'Yf'YOIlO" f.TI DCII TO(i fI.'Ya.9'o(i é7r~f-l,r:;/)(,(Xi rp[ÀOIl müssen auf den Leib zumindest mitbezogen werden, wenn auch nur als auf den allein bisher genannten Repräsentanten der Klasse '1"0 fJ-f,Te fI.'YaS-oll fJ-~Te X,XX,ÓII. Mein Kritiker sieht nich't, dass die beiden Arten von 7rIXp()ua-é:x x,Q(x,ou nur, weil sie für die Krankheit des Leibes schon nachgewiesen sind, an dem Beispiel vom weissen Haar begriffiich schärfer unterschieden werden, um dann auf die Unwissenheit der Seele angewendet zu werden. Er irrt daher, wenn er sagt: "quo absoluto (seil. corporis exemplo) obiter quidem dieit esse etiam genus aegrotorum corporum, quod contagione mali ipsum quoque malum factum est ideoque boni non iam cupidum est, sed continuo ad alia transit exempla, und p. 307 nam in Lyside vix distincta erant (seil. duo corporum aegrotorum genera"). Mit den Worten 217 E KIXi '1"0 fJ-~Te X,Q(X,01l DCpOl. fJ-~Te fI.'YXS-OIl Ûl) f:1I[OTe x,xx,o(i 7rrxpÓIITO" OÜ7rW )(,(XX,ÓII f:a-TIII, f.a-'T'I1I d'ÖTe ~dl? '1"0 TOIC(iTOIl 'YÉ'YOllfll wird, nach Erledigung der durch das weisse Haar illustrierten Begriffsunterscheidung, der Hauptfaden des Gedankens, die Liebestheorie, wieder aufgenommen, indem das Ergebnis der Erörterung über das weisse Haar, die ni c h t zur Liebestheorie gehörte, nunmehr aufdasunsschon bekannte neutrale Subject der Liebe angewendet wird und dadurch die oben schon besprochenen Worte 217 B df,ÀOIl di 'Yf Ö'T'I 7rpill 'YeIlÉa-S-xt rxÎJTO lGlXX,OIl U7rO TO(i X,XlGCU o~ Ëxet ihre Erklärung finden. Wenn der Verfasser sagt, p. 306: "Deinde verba ab Arnimio laudata ex Lyside non dicta sunt de corpore, sicut subicitur nobis ab Arnimio - ; nam a Platone eo loco dicuntur, ubi iamdudum exemplum morbi absolutum est", so beweist er, dass er den Zusammenhang der Stelle nicht 204 5 verstanden hat. Da nämlich die letzten W orte v 0 r dem eingeschalteten Exkurs über das weisse Haar, wie ich oben bewiesen habe, auf den Leib zumindest mitbezogen werden müssen, als auf den allein bis her genannten Repraesentanten der Klasse 7"0 ",~Te <xy<x-S-oll ",~Te X.rxX.ÓII, so gilt diese Mitbeziehung auch für die ers t en W orte na c h dem eingeschalteten Exkurs, die eine Erläuterung zu jenen sind. - Da nun in der vorher besprochenen Republikstelle, wie wir uns überzeugt haben, ebenfalls das Wesen, dem die Kunst nützen soli, und sein Verhältnis zum Guten und Schlechten behandelt wird, so war ich berechtigt zu constatieren, dass dort dies es Wesen nicht als neutral, sondern als schlecht (7f'OIlY}pÓII) angenommen wird, ohne dass dabei zwei Arten der 7f'<xpolJrrirx y,.rxx.oD unterschieden werden. Der Verf. sagt: "alienissimum fuerit dicere exstare etiam c 0 r por a tam m a I a tam q u ede spe rat a, u t m e die i n a e non indigeant; nam nunc non erat his locus". Darauf ist zu erwidern: da beide Stellen davon handeln, wie das Wesen, dem die 7"ÉXIlY} zu helfen bestimmt ist, selbst bezüglich der Güte und Schlechtigkeit beschaffen zu denken ist, so ist nicht abzusehen, warum das, was für die eine Stelle passte, für die andre alienissimum gewesen wäre. Die Ansicht: "e x sta ree t i a m co r por a tam m a I a tam q u ede s p erata, ut medicinae non indigeant" (oder vielmehr: "ut ea curare veile a bono medico alienum si!"), wird bekanntlich von Plato, Rep. III p. 405 C-408 B, ausführlich begründet. Er hat es also "u bid ere I a t ion e sermo est, quae est inter medicinam et aegrotos", nicht ffir "a I i e nis sim u m" gehalten, auch die "c 0 r por a des per a t a" zu erwähnen, wie im Lysis. Hätte dieser Dialog schon vorgelegen, als er Rep. I schrieb, so hätte er schwerlich, meine ich, sich folgendermassen ausgedrückt: a'tà 7"ocD7"OC x.<X! Y)7"ÉXIIY} €rrT!1I Y) kt.7"plx.~ IIDII e~pY}",ÉlIYJ, ë7"1 rrwWt. ërrn 7f'OIlY}pOll ')toc! oi.x. é~<xpx.a rxi.7"~ 7"OIOi,7"~ !lllrxt. 'Toi,7"~ O~1I Ö7f'Wt; éx.7f'opl1.;;~ 7"à ~1J",rpÉpOIl7"rx é7f'! 7"OIJ7"~ 7f'<xpefj)(,wó:rr-S-Y] Y) 7"ÉXIIY}. 205 Denn formuliert 6 man so die Aufgabe der ärztlichen Kunst, so widerspricht man der Formulierung Lys. 217 B: ÓtIlGt"x«~eTal d€"e rrWf.La dUX IIÓITOIl ÎGtTpl"Û,1I ÓtIT:If",x~elT~CCl >eGti rplÀeill. - d9;ÀOIl d€"e ÇTI :lf"pill "tllilT~GtI GtÎ.T' >eGt>e01I IJ:If"' TOÜ >eGt)eOÜ o~ Ë?(.et und auch . mit der Stelle Rep. 407 CD .AIT>eÀ)):If"IOIl TO~q f.LÈII rpl,lTel >eGti dtGtlry IJ"lelllw. Ë?(.OIlTGtq TOC rrWf.LGtTGt, IIÓITY/f.LGt d€ Tl Ót:lf"O)e€>ePlf.L€1I01l Ë?(.OIlTa. ÉII GtIJTOit;, TOI,TOU; f.LÈII >eGti TGtI,T)j Ti} Ë;el >eGtTGtdeïf;ocl ÎGtTpl>e~II, dlOC :lf"GtIlT,q lIell;lTY/>eóTGt ITWf.LGtTGt 0Î.>e J:If"l?(.elpeill >e:x.TOC TOC d'eiérw 1Tf.LI>epOIl Ót:lf"GtIlTÀ;ÜIITGt >eGti É:If"I?(.€OIlTGt f.LGt>ep~1I >e:x.i >eGt>e;1I /31011 ÓtIl~PW:If"Cf :lf"Oletll bleibt man nicht im Einklang. Ich postuliere nicht, dass in der Republikstelle, wenn sie nach dem Lysz's geschrieben wäre, die beiden Arten der :lf"Gtpo/JITIGt y.Gt>e;Ü müssten unterschieden werden. Das war nicht erforderlich, weil es sich nur urn den Gegensatz der Mangelhaftigkeit des Leibes zu der Fehlerlosigkeit der Kunst handelt. Aber soweit würde doch sicherlich die Theorie des Lysis den Ausdruck der Republikstelle beeinflusst haben, dass er nicht eine iener direkt widersprechende Form erhielt. Man muss festhalten, dass der kranke Leib beidemal nur Beispiel ist für die Beschaffen heit des Gegenstandes, der der Hilfe der Kunst bedarf. Ich gebe aber meinem Kritiker zu, dass meine Beobachtung ohne Unterstützung durch andre Gründe keine Gewissheit begründen kann. Für mich hat sie Bedeutung im Zusammenhang mit den übrigen in meinem Buche dargelegten Beobachtungen, von denen der Verfasser nichts sagt. Ich meine z. B., dass sich die Priorität von Rep. I vor dem Lysis auch daraus ergiebt, dass p. 334 B C, gelegentlich der Prüfung der Definiti on der Gerechtigkeit als wrpû,elll f.LÈII To~q rpiÀo/J<;, /3À,x:lf"TeIIl di ToiJq é?(.~pol,q, die im Lysis nacbgewiesene Mehrdeutigkeit des Wortes rplÀoq nicht~ beachtet, sondern rplÀoq ausschliesschlich passivisch als rplÀol,f.Lelloq gedeutet wird, obgleich die Widerlegung der Definition nur, wenn alle Bedeutungen von rplÀo. in Betracht gezogen worden waren, als gelungen geiten durfte ; ferner dass in der Lehre von der höchsten Wissen schaft und ihrem Verhältnis zu den übrigen T€?(.IIGtt, die in den Jugend206 7 dialogen Platons allmählich entwickelt wird, der Lysis einen fortgeschrittneren Standpunkt einnimmt als Rep. I. Vor allem glaubte ich durch meine sprachstatistischen Untersuchungen die frühe Abfassung von Rep. I ausreichend gesichert zu haben und wollte in dem von H. D . Verdam bekämpften Buche das von der sprachlichen Seite her früher Bewiesene nun auch von der Seite des Inhalts her bekräftigen. Darüber folgt Näheres unten. 11 Die Priorität des 1. Buches der Republik gegenüber dem Corgias hatte ich in meinem Buche aus der Vergleichung der inhaltsähnlichen Abschnitte Corg. S06c-S07c und Rep. 3S2d -3S4A zu beweisen gesucht, die beide den Beweis für die sokratisch-platonische These enthalten, dass der Tugendhafte und Gerechte glückselig sei. Herrn Verdam habe ich durch meine auf genaue logische Zerglie.derung beider Beweisgänge gegründete Untersuchung nicht überzeugt. In seiner Kritik derselben sieht er von allen feineren Einzelheiten der beiden platonisch en Argumentationen ab und reduciert sie zum Zweck der Vergleichung auf ihre gröbsten Umrisse, sodass die Unterschiede, allf die es ankommt, unsichtbar werden. Auch meine Ausführungen versucht er nicht, bevor er ein Urteil über sie abgiebt, in ihrem ganzen Sinn und Zusammenhang zu verstehen, sondern richtet seine Polernik gegen einzelne aus dem Zusammenhang gerissene Sätze meiner Abhandlun~, urn deren Sinn und Begründung er sich nicht bekümmert. Die Republt"kstelle 3S3A-E giebt er so wieder: "s u a m q u i d q u e ha b ere v irt u tem (oÎ>c,e[cx fxPêTi), e. g. cult ri v irt u tem es s .e v i tem sec are, 0 c ui 0 rum v irt ut e m es se v i der e; si q u i d s u a m pro p r i am ha b e a t v i rtutem, bene munus suum exsequi. Velut animi m u n us es s e €?ril ft e À c.icr 5- a I x. a i 1X P 'X, EI 11 X. a i {3o IJ À e 1-ecr::tal lGai ... ~ijll; quae si .b ene faciat, animum esse IUSTUM ac beaturn". 207 8 Diese en ar rat io des Beweisganges, die seine logische Structur unkenntlich macht, konnte nicht die GrundJage bilden für eine Vergleichung desselben mit dem entsptechenden des Gorgias, aus welcher sich über die Prioritätsfrage etwas ergeben und mein Urteil über die Prioritätsfrage widerlegt werden soUte. Bei Plato selbst geht der Beweis nicht von dem Begriff der O{X.eClX rxpeTh aus, wie Herr Verdam angiebt, sondern von dem des cfx.eioll €P'YOIl eines ieden Gegenstandes, das als dieienige Arbeit bestimmt wird, die man nur mit diesem oder am besten mit diesem ausführen kann. Dann erst wird der Begriff der oix.eClX rxpeT~ eingeführt, der von dem des o{x.eioll 'iP'Y01l scharf unterschieden werden muss. V i tem sec are ist das O{X.eiOIl 'iP'YOIl des lfpÉ7r xlIoll (f a 1ei s, nicht c u I t ri) und v i der e das der Augen, keineswegs ihre o{x.eüx rxpe~. Nun fol~t der Satz: ry o{x.e[~ rxpery TO iXlJTWII 'iP'YPII eb Ép'Yu.rreTIXI TOC ip'YIX~ÓfJ-elllX , x.1Xx.[q lfè X.1Xy-WÇ, die "propositio maior" , dann die "propositio minor ': es giebt aber auch ein olx.eioll ËP'YOIl der Seele, das man mit keinem andern Ding ausführen kann, nämlich i7rlfJ-e Àelrr~lXl , rx.P"Ipll, !301JÀef.,err~lXl , ~Y,1I und eine o{x.e[1X rxpe~ der Seele ; die, wie wir bereits festgestellt haben, die Gerechtigkeit ist. Conclusio: Also wird die Seele, wenn sie gerecht ist, durch ihre Gerechtigkeit das €7rIfJ-eÀelrr~iXl, r?P'XPIl , !301JÀe/''err~1X1 u n d a u c h das ~ ij 11 gut vollziehen. Eine Seele aber, die eb Ê7rIfJ- eÀeiT IXI, rx.P'XP , !301JÀe/"eTIXI u ndd a her a u c h eb ~~ , ist glückselig. Falsch ist es, dass Herr Verdam den Satz, mit dem zur Seele ü bergegangen wird, mit vel u t anknüpft, als ob er ein Beispiel wäre, während in Wirklichkeit hier der Untersatz ("propositio minor") an den Obersatz des Syllogismus angereiht wird. In ganz unrichtiger Form giebt er auch die Conclusion : "quae si bene faciat, animum esse i u s t u m ac beatum". Denn das iustum gehört nicht in die Conclusio. Die Seele ist nicht ge r e c h t, wenn sie ihr o{x.eioll 'iP'YOIl gut vollzieht, sondern umgekehrt : wenn sie gerecht ist, vollzieht 208 9 sie ihr 'iP'YOll gut. Dass sie dadurch glückselig ist, ergiebt sich aus de,r besondern Natur ihres 'iP'Y07l, weil öb ~jj71 = ö&~rx{f-'o7lëi71 ist; Herr Verdam hat durch seine enarratio den Beweisgang der Republikstelle so entstellt, dass man nicht mehr sieht, wie und woraus die Glückseligkeit des Gerechten erschlossen wird. Dadurch hat er sich und seinen Lesern unmöglich gemacht, zu erkennen, worin sieh der Beweis derselben These im Gorgias yon diesem unterscheidet und ob er sich so von ihm unterscheidet, dass daraus auf seine Abhängigkeit von ienem und spätere Entstehung geschlossen werden kann.lch habe dies en Schluss auf eine genaue Analyse des Gorgiasbeweises gegründet und gezeigt, dass dieser gewisse Elemente mit dem der Republik gemeinsam hat, diese aber in ihm nicht diesel be Bedeutung für die Erreichung des Beweiszieles haben wie in dem der Republik. Der Begriff der o{,'ûrx ápöTh wird Rep. 352 e ausführlich und etwas umständlich entwickelt. Zugrunde gelegt wird dabei der Begriff des o!x,öÎCi71 'iP'Y07l. Dieser wird erst inductiv abgeleitet und dann so definiert: "was ein jegliches Wesen entweder allein oder am vollkommensten zu leisten vermag, das ist sein o!x,ëio71 €P'Y07l". Dann ers~ wird, wieder durch Induction, bewiesen, dass für ie des \Vesen seiner specifischen A u fgab e (ËP'Y07l) auch eine specifische T r e f f I i c h kei t entsp richt und dass es iene, wenn es diese besitzt, gut, wenn es sie nicht besitzt, schlecht lösen wird. Fürden späteren Schluss auf die Glückseligkeit des Gerechten sind hier beide Begriffe, ËP'Y071 und ápöTh, unentbehrlich. Nur durch ihr Zusammenwirken kommt der Satz zustande, dass die Gerechtigkeit als die specifische ápöTh der Menschenseele die vortreffiiche Durchführung ihres specifischen €P'Y07l, des ~Y,71, also das öb ~;;71, das nach griechischem Sprachgebrauch mit e.L~rxtf-'Ollöi71 identisch ist, zustande bringt. Im Gorgias hebt 506 C die Argumentation, die hier in ihrem ersten Teil nur recapituliert und dann w'eitergeführt wird, mit den Sätzen an, dass das Gute von dem Angenahmen ver- 209 10 schieden ist, dass man das Angenehme urn des Guten willen erstrebt, nicht umgekehrt und dass gut dasjenige ist, dessen Besitz uns gut macht. (Diesen die Teloslehre betreffenden Sätzen entspricht in der Republikstelle nichts). Was uns wie jedes andre Wesen, auch leblose Gegenstände, gut macht, ist ÎxpeT"'Î] T"II;, eine gewisse Vorzüglichkeit. Diese entsteht nicht aufs Gerathewohl, sondern durch die einem jeden Dinge verliehene Ordnung, Richtigheit und kunstgerechte Herstellung (T".x~el x.x; ópfj-ó'rY}'rI X.CI:/ T"f.'X}'~, )j T" IS ex..x lT T cp Îx 7r 0 d a 0 T" 0( I IXÎJ T"WJJ). Es ist also die jedem einzelnen Dinge verliehene Ordnung (x.blTp,oç Ó €x..x lTT"OU o{x.elos), die jedes einzelne Ding gut macht. Auch die Seele ist a1so gut, wenn sie x.6lTp,oç besitzt. Die Seeie, die einen 'tGóapoç besitzt, ist X.OlTp, [x und, wenn 'tGClTp, [x , auch lTwrppWJJ. Also ist die uWrppWJJ '/IU?(;? gut und Kallikles' Behauptung 492 E ÎxY.OÀiXlT[iX ; €,xJJ i 7rI'tGOUp[iXJJ €?(~ , ÎxpeT";? ZlT'rIJJ, ist widerlegt. Nur seine an derselben Stelle aufgestellte Behauptung, der ÎxX.Ó ÀiXlTT"OÇ sei auch eÎJdlX[p,WJJ, bleibt noch zu widerlegen. In dieser Argumentation tritt der Begriff des X.ÓlTp,OÇ ex..xlTT"ou oi'tGelo,. auf, der mit dem der oix,eEa. ÎxpeT"h in der Republt'kstelle identisch ist. Er wird aber hier nicht mit dem des olx.eloJJ epycJJ in Beziehung gesetzt. Er ist auch bedeutungslos für den Gedankenfortschritt und könnte ganz fehlen. Herr Verdam sagt zwar: "quae divisio necessaria erat, ut deinde dep i n g ere t, q u i nam 0 r dop rop r i u s a nim i es set. Sic ab universo ad speciem degreditur Plato". Aber er hat meinen Hinweis unbeachtet gelassen, dass hier nur eine Recapitulation gegeben wird und dass in der recapitulierten Stelle 503 E-504 B nicht davon die Rede ist, dass die Ordnung für jedes Ding ei ne besondere, seiner Eigentümlichkeit entsprechende sein muss. Das Product der Ordnung im Leihe heisst Gesundheit und das Product der Ordnung in der Seele hei sst dlX.XIOlTl,1IYJ und lTwrpPClTl,JJy/. Zu diesem Satze gelangt Plato ohne verschiedene Arten der Ordnung anzunehmen. Die Ordnung eines andern Gegenstandes braucht 210 11 nicht eine andre Art von Ordnung zu sein. Es genügt, dass die Teile des Ganzen zu einander und zum Ganzen stimmen (TO f.TepOll TCÎ' éTépt:> 7rpé7roll Te dIlIXi Y..IX/ ~PP.ÓTTeill). Erst in .der Recapitulation tritt der Begriff des élG,x(T'ToIJ oÎlGó/oç lGÓITp.cç hinzu, m. E. weil Plato sich an die früher geschriebene RepubUkstelle erinnert und dadurch unwillkürlich den Y..6ITp.oç individuell differenziert, wie dort die Ixpórh ie nach dem OÎlGó/oll 'iP'YOll iedes einzelnen Wesens differenziert gedacht wurde. Es fehlt aber im Gorgias ein Princip für die Notwendigkeit dieser Differenzierung, weil das O/lG€lOll 'iP'YOll nicht erwähnt wird. In Rep. I wird der Begriff des OÎI'€iOll 'iP'YOll ausführlich begründet und scharf definiert und dann erst der mit ihm zusammenhängende der oÎl'óilX IxpóT~ eingeführt und ebenfalls inductiv begründet und dann auch weiterhin zu Folgerungen benützt. Im Gorgias wird er nicht begründet, nicht mit seinem Nachbarbegriff OÎ)(,€iOll 'iP'YOll in Beziehung gesetzt. Erst in der Recapitulation tritt er beiläufig auf und wird nicht tür weitere Folgerungen benutzt. lch bin der Ansicht, dies komme daher, dass Wr Platon, als er den Gorgias schrieb, der Begriff der OÎ)(,ÛIX é)(,,xITTOIJ IxpeT~ ein bereits geläufiger, durch seine Verwendung in Rep. I ihm naheliegender war, der siCh hier unwillkürlich in seine Feder drängte. Man tritt damit Plato nicht zu nahe, wie Herr Verdam meint: "S u spi c i 0 P I aton e v i x d i g n a, e u m sen ten t i a s, q u a e a Gor g i a alienae sint, ex Republica in eum inseruisse". Denn "a li e n a a Gor g i a" ist ia die Begriffsbildung nicht in dem Sinne, als ob sie mit seinem Gedankengange unvereinbar wäre, sondern nur insofern sie in ihm nicht verwurzelt, überflüssig und ohne Folgen ist. Dass die )(':;ITp.irx 'f1Jx'~ gut ist, wird daraus. dass sie lGÓITp.oç, nicht daraus, dass sie ihren oÎ)(,€/C;Ç )(,ÓITp.oç besitzt, gefolgert. Ein wiChtiger Unterschied zwischen der Republikstelle und der Gorgiasstelle ist, dass in iener von vornherein alles darauf hinzielt, das Demonstrandum: "Der Gerechte ist glückselig" zu erweisen, während die Argumentation des Gorgias 211 12 zunächst beweist, dass der rrwcppwlI tugendhaft und gut ist, sodann, dass er auch die übrigen Tugenden, Gerechtigkeit, Främmigkeit, Tapferkeit besitzt, also der vollkommen gute Mann ist. Dann erst folgt der Schluss auf seine Glückseligkeit in folgender Form: Tell óè .xycX.s-ell €~ TC )(,eX! )(.eXÀw, 7rprXTTClll ei &.11 7rprxTry, Teil ó' €~ 7rprxTTOllTcX P.eX-MxpIOll TC WX! €i-ócXip.Oll:7. dllcXl, Tell óè 7rOllYJPollY-eXi )(,:7.)(,w.; 7rprxTTOllTcX Qé.s-ÀIOll. Diese Schlüsse setzen erstens voraus, dass man unter TClI óè .xycX.s-ólI den mit allen Tugenden ausgestatteten nÀ€w,; .xyeX.s-ó.; versteht, zweitens dass man unter TOll €~ 7rprxTTOllTcX den €~ )(,cX! )(,:7.Àw, 7rprxTTOllnX ei &.11 7rprxTry versteht. Denn sonst wäre ja der Nachweis überflüssig gewesen, dass der rrwcppwlI immer auch Ói)(,cXIO';, i;rrlo, und !xllÓpÛOt; ist, da er ja als .xycX.s-ó.; auch vor diesem N achweis schon erwiesen war. Ferner wäre die Behauptung, der €~ 7rprxTTWlI als solcher sei €i-ó';.[P.WlI, ohne den verallgemeinernden Zusatz ei (= i;rrcX) .xli 7rprxTry, falsch. Diese Ungenauigkeit des Ausdrucks bei einem so wichtigen Punkt, wo man gerade die ängstlichste Genauigkeit erwarten sollte, ist auffallend. Herr Verdam findet den Schluss: ,,€~ 7rprxTTCi, ergo €i-ócXip.oll€l" ganz in der Ordnung und rechtfertigt ihn durch den Doppelsinn von €~ 7rprxTTClll, welches d u p I i c ems e n s u m habe, et ben e fa ei end i et fel i c i t a t i s. Dieser Doppelsinn, meint er naiv, sei mir unbekannt gewesen; deshalb hätte ich die Stelle nicht verstanden ("Arnimius locum non inteUexit"). E~ 7rprxTTCi he is se erstens ben e fa c i t und zweitens ben e val e t. Letzteres identificiert er dann mit oi-ócXip.oll€i. In dem Doppelsinn liege die fa c et i a der Stelle, die ich nicht verstanden habe. In Wirklichkeit heisst €~ 7rprXTTCI weder "b ene val e t" noch "beatus est", sondern "bene agit" und konnte keinesfaUs = Ei-ÓcXtP.Ollf.l gesetzt werden. Denn dass es einem gut geht, ist noch keine GlÜckseligkeit. Freilich wenn einer €~ 7rprxTTCI 7rrxllTcX trrcX .xli 7rprxT'rI), so kann man ihn ei-ócXip.wlI nennen. Aber dass der TCÀ€W'; .xycX.s-o.; €~ TC )(.eX! )('cXÀw,; 7rprxTTCI ei .xli 7rprxTry, das eben schien mir, als ich vor 14 Jahren mein Buch über Platons Jugenddialoge schrieb, durch die 212_ 13 vorausgehende Argumentation nicht bewiesen; als ich S. 85 schrieb: "Es ist in der ganzen Beweisführung nichts enthalten, was die Schlüsse vom ,x')'ot.9-011 ellial auf das el; 7f"prx7"7"elll und vom tl; .7f"prx7"TeIIi auf die e{;óIXf/-oll[1X rechtfertigen könnte", hatte ich die Zusätze Ó (7f"IXII7"óÀWÇ) ,x')'IX.9-0Ç el; Te ~i )GIXÀWÇ 7f"prx7"7"et & &11 7f"prx7"ry und ó óè el; 7f"prx7"7"WIi (& .xII 7f"prx7"ry) fJ-IXÛPIÓÇ Te )Get.i e{;óIX[f/-wli €rr7"[II, die den Schluss erst möglich machen, nicht aus dem Zusammenhang zu ergänzen gewagt. Darum nahm ich an der verkürzten Form des Schlusses Anstoss und glaubte mir diese dadurch erk1ären zu sollen, dass Plato den in Republik I bereits verwendeten Schluss als seinen Lesern bekannt nur angedeutet habe. Ich habe auch verkannt, dass die drei ersten Sätze der Recapitulation: (1. Das Gute ist vom Angenehmen verschieden 2. Das Angenehme wird urn des Guten willen erstrebt, nicht umgekehrt 3. Das Gute ist dasjenige, was uns gut macht) auch schon in der Form, wie sie dastehen, eine. Stütze für den Beweis der Glückseligkeit des rrwcppwlI bilden und dass sich aus ihnen erklären lässt: warum das el; 7f"prx7"TeIIi nicht direkt für den rrwcppwlI, sondern auf dem Umweg über den 7f"IXIlTeÀWÇ ,x')'IX.9-ÓÇ bewiesen wird. Denn wenn das Gute das letzte Ziel alles Strebens ist, dann mus s sein völliger Besitz mit der Glückseligkeit identisch sein. Besitzt also der rrwcppwlI alles was gut ist, d. h. nach Satz 3 alles, was ihri gut macht, alle Tugenden, so ist er schon dadurch glückselig, weil er das Ziel erreicht hat, das allein urn seiner selbst willen und urn dessen willen alles übrige erstrebt wird. Darum geht der Beweis in erster Linie darauf aus, zu zeigen, dass der rrwcppwll alle Tugenden besitzt und 7f"IXII7"eÀwç ,x')'IX.9-ÓÇ ist. Denn dadurch wäre nach den Voraussetzungen schon seine Glückseligkeit erwiesen, auch wenn nicht das el;7f"pif.'T7"ë11l & .xII 7f"prx7"ry als notwendige Fo1ge des 7f"IXIlTeÀWÇ ,x')'IX.9-èll elllIXI hinzukäme. Ich stiess mich daran, dass das el; 7f"prx7"7"elll in der ganzen Argumentation bis auf den Schluss ni r gen d s das De m 0 n st r a n d u m bil d et, sondern umgekehrt benützt wird, urn zu beweisen, dass der 213 14 auch die andern Tugenden, dl)(.O(IOrrIJIIYj, èrrlóTYJç, Îxlldpeirx besitzt. Das wollte ich durch den von Herrn Verdam getadelten Satz: "Vom 7rprx.TTelll war in der ganzen Argumentation nicht die Rede" ausdrücken, nicht, dass das Wort 7rprx.TTelll nicht vorkomme. Sollte die Glückseligkeit des rrwrppwlI sich daraus erge ben, dass er eb 7rprx.TTel 7rrx.II;t' çrrrx &11 7rprXTry, so müsste, sollte man meinen, darauf auch in seinen früheren Schritten der Beweisgang lossteuern. Er steuert aber zunächst nur auf den Besitz aller Tugenden und auf das 7rrxIlTtÀWt; Îx'Yrx.s-~1I dllrxl los und erst nachdem dies Ziel erreicht ist, wird das eb 7rprx.TTeIIl aufs Korn genommen. Das Ergebnis meiner durch Herrn Verdams Widerspruch veranlassten erneuten Prüfung der beiden ähnlichen Argumentationen für die Glückseligkeit des Tugendhaften, kann ich in folgender Weise zusammenfassen: 1. Der o{x,ûot; Éx.lx.rrTou x,órrf-lot; im Gorgias ist von der o{""e{rx èx,rx.rrTcu àpET~ in Rep. I nicht zu trennen. Denn der x,Órrf-lot; im Gorgias will ei ne Wesensbestimmung gerade der Îxpe~ geben. Aber die o{x,eirx ÎxpeT~ in Rep. I muss früher dagewesen .sein, weil sie als etwas neues im Zusammenhang mit dem o{-xeioll èx.lx.rrTou ëp'YolI eingeführt wird und hier für den Beweis grundlegend ist, während der Begriff otx,eioc; Éx,rx.rrTou x,órrf-lot;, wegen des x,órrf-llot; =: rrwtppwlI an Stelle der o{x,eirx ÎxpeTYJ gesetzt, im Gorgias erst in der Recapitulation vorkommt, nicht begründet und nicht mit dem o{x,eioll ËP'YOII in Beziehung gesetzt wird und für die Gültigkeit des Beweises überflüssig ist. 2. Die Priorität des Beweises in Rep. I ergiebt sich auch daraus, dass er im Gorgias mit einem andern, auf der Teloslehre fussenden combiniert und verflochten ist, wodurch sein Grundgedanke in die zweite Linie gedrängt wurde. Der Beweggrund für die Umgestaltung des Beweises und für seine Verquickung mit neuen Gesichtspunkten lag in dem Gedankenzusammenhang des Gorgias. Der Kampf urn die Weltanschauung zwischen Sokrates und Kallikles dreht sich in diesem Teil zunächst urn die rrwtpp,rrIJIIYj, weil Kallikles berrwrppulJl 214 15 stritten hat, dass diese eine !xpeTh sei, und die !x>GoÀlXrria gepriesen hat. Diese These will Sokrates widerlegen, zugleich aber das Problem so erweitern, dass es die ganze Tugendund Güterlehre umfasst. Wegen der rrwtpporr/;IIYJ wurde, wie schon gesagt, die o{y.eia !xpeT"YJ durch den ot>Gelot; >Górr[.Lor; ersetzt. Es sollte aber als ol>GEIor; >G(;rr[.Lot; der Seele nicht die Einzeltugend rrwtpporr/;IIYJ, wie in Rep. I die Einzeltugend ;}t)GIX./orr/;lIYJ, erwiesen werden, sondern die alle Cardinaltugenden umfassende vollkommene Gesamttugend. Man kann nach Platons Ansicht iede einzelne Cardinaltugend nur besitzen, wenn man auch die übrigen besitzt. Sie sind untrennbar; es bestebt unter ihnen !x1lT"IX)GÇÀC/J::JilX. Darum kann, wie es Corg. 507 A-C geschieht, aus dem Besitz der rrwtppoa-/;IIYJ der der è/>GIX./Oa-/;IIYJ, óa-tÓTYJt; und !xlldpeilX gefolgert werden, wie im Protagoras Sokrates die Untrennbarkeit der Cardinaltugenden gegen den Abderiten verlicht und wie im Laches beim Suchen nach der Delinition der Tapferkeit unversehens die der Gesamttugend herauskommt. Dass mit der a-wtpPOa-/;IIYJ die Gesamttugend, das 7r1X1IT"eÀWt; !xylX::Jàll ellllX/, notwendig verbunden ist, das musste Platon hier betonen und die Glückseligkeit als Folge der Gesamttugend, nicht der Einzeltugend rrwtpporr/;IIYJ erweisen, weil das Gespräch mit Kallikles die Fortsetzung des Polosgespräches in dem Sinne ist, dass dieselbe Lebensanschauung wie dort gegen Polos hier gegen den radicaleren, folgerichtigeren Gegner Kallikles durchgefochten und dadurch zum endgiltigen Siege geführt werden soll. Im Polosgespräch hatte es sich urn die ;}/)G!X/orr/;IIYJ ge handelt. Es war gegen Polos die Doppelthese bewiesen wor.den, dass Unrechtthun ein grösseres Übel sei als Unrechtleiden und straflos Unrecht thun ein grösseres als für gethanes Unrecht bestraft zu werden. Im Kal\iklesgespräch dagegen tritt von 491 d an der Begriff des a-WtpPWII = è@T"oU li:p'X,WII zeitweilig in den Brennpunkt der Erörterung. Damit ist aber das frühere Thema, die auf die Gerechtigkeit bezügliche Doppelthese zu beweisen, keineswegs aufgegeben. Sieht man ein, dass es sich dort wie hier urn die Gesamttugend 215 16 handelt, die bald von der Seite der Gerechtigkeit, bald von der der Besonnenheit beleuchtet wird, so erkennt man die Einheitlichkeit des Gegenstandes, vermöge deren das · Kalliklesgespräch eine Fortsetzung und Weiterführung des Polosgespräches ist. Kallikles hatte von den vier traditionellen Kardinaltugenden nur cppÓIlYl~!I; und &lIdp€érx als Kennzeichen des höheren, zu bevorrechteter Stellung berechtigten Menschen anerkannt, also die beiden andern, nicht nur die ~wcppo~[;lIY/, sondern auch die dl)G"tO~[;IIY1 aus der Zahl der Tugenden gestrichen. Dem gegenüber ist es das Bestreben des Sokrates, diese beiden letztgenannten wieder in ihr Recht einzusetzen und als notwendige, von der cpPÓlIY/~IÇ und &lIdp€érx untrennbare Bestandteile der Gesamttugend zu erweisen, welche die Glückseligkeit verbürgt. Das zeigt sich deutlich 507 d, wo, nach Beendigung des Abschnitts über die ~wcppo~[;lIY}, sogleich wieder neben ihr die dt)G"IO~[;IIY1 als Ziel der pädagogischen und politischen Thätigkeit auftaucht: O~TOÇ "ifl-OI'Y~ dO)Ga b ~07ro. EÎII,xt, 7rp~' Ó'1I !3).,É7rOIlT(X da ~Y,1I "IX! 7rcXlITrx eiç TOÜTO T1X rx/;TOÜ ~I.IlITeEIIOIlTrx y.rxi T1X ri,ç 7ró).,ewç, ë7rwç dl)G,xIO~[;IIY1 7r,xpÉ~Trxl lGrxi a:wrppo~[;IIY1 TCÎ' fl-rx)G(Xpir.p fl-É},).,OIlTI Ë~e~::rrxt. Wer diese Zielsetzung nicht anerkennen wil!, der müsste nach 508a vor allem beweisen: W. oÎJ dl)G"IO~('IIY1Ç )G(Xi ~wcppc~[;IIY1' )GTh~et ~ÎJd(Xifl-clIer; oi eÎJd(Xifl-0ller;. Die Vereinigung dieser beiden Tugenden kann hier die Gesamttugend repräsentieren, weil die beiden andern, cppÓllY/~IÇ und &1I.dp€érx schon von Kallikles selbst als Tugenden und als Bedingungen der Glückseligkeit anerkannt sind. Es ist daher ein Irrtum meines Gegners, wenn er meint, Plato habe, als er den Charmides und Gorgias schrieb, die ~CPpo~[;IIY1 als die Haupttugend (princeps virtus) angesehen, und ganz verfehlt sind die chronologisch en Schlüsse, die er aus dieser angeblichen Lehränderung zieht. Aus dem Gorgias folgt ebensowenig wieaus dem Charmides, dass Plato, als er die se beiden Dialoge schrieb, die ~wcppo~[;IIY1 für die Haupttugend hielt. Im Gorgias ist die Hervorhebung der ~wcppo~[;lIY/ vor den übrigen Tugenden auf einen bestimmt abgegrenzten 216 17 Teil des Dialoges beschränkt und in diesem durch die zu widerlegende These des Kallikles hervorgerufen. Auf Grund der Untrennbarkeit (ÓO.l'TilCl'OÀOIJS-{ilC) der Tugenden konnte Plato auch vom rppÓVIP.O" vom d{l'::XlO", vom ÎxVdpÛOÇ ehensogut. wie vom IT.wrppwv (507c) behaupten, dass er reÀÉwç Îx?,ilCS-ÓÇ sei. Der Charmides sucht zwar die Wesensbestimmung der rrwrpP0IT./';vYJ, aber die Untersuchung gelangt nicht dazu, die Eigenart der IT.wrppOIT./.;VY) im Unterschied von andern Einzeltugenden zu bestimmen, sondern nur zu dem im Wissen vom Guten bestehenden Wesen der Tugend überhaupt. In der Republik, die von der Gerechtigkeit dat a 0 per a handelt, wird natürlich die Bedeutung derselben besonders stark hervorgehoben, ab er die Anschauung von ihrem Verhältnis zu den übrigen Tugenden ist keine andre als im Gorgias. Auch hier ist durch den Besitz der Gerechtigkeit der der drei übrigen Tugenden und durch diesen jener eo ipso gegeben. Der Begriff einer p ri n c e p s v irt us, einer v irt us ce t e ri s p r a e pos i t a, mit dem Herr Verdam operiert, ist zu unbestimmt. Mit minde stens gleich grosser Berechtigung könnte man die rppÓVYJIT.IÇ als die Haupttugend bezeichnen. Denn oh ne die zum Wesen der rppÓVY)IT.IÇ gehörige Ideenschau könnte auch keine der übrigen Tugenden weder entstehen noch erhalten werden. Auch sie ist etwas, Ó' ?r.xIT.tv €l'ÛVOIÇ 'T7,V d/';V:XP.IV ?rilCpéIT.'X,ëV wIT.re €?,?,ëVÉIT.S-C(t lGOI:i €?,?,ëvop.évOIÇ ?,ë IT.W'TYJp{ilCV ?rilCpÉ'X,ël. Herr Verdam will nun seine These, dass Rep. I nicht zur Zeit der Jugend" dialoge, sondern gleichzeitig mit den übrigen Republikbüchern verfasst worden se i, daraus beweisen, dass auch in Rep. I die dllGilCIOIT./';V1!, nicht wie in den Jugenddialogen (Charmz·des, Gorgias) die IT.wrppOIT./,;vYJ, als p rin c e p s v irt us angesehen werde. Aber auch wenn eine Lehränderung hezü~lich der Bestimmung der Haupttugend stattgefunden hätte, was, wie ich schon gezeigt habe, nicht der Fall ist, so würde doch keinesfalls die von Herrn Verdam angeführte Stelle 353 E o[,?!OÛV b.pë'T~V ?,ë IT.lJlIëXWp~a:ilCP.ëV "'1J'X,Y,ç dVilCl dll':XIOIT./,;VYJV = "wir ha ben zugestanden, dass die Gerechtigkeit eine Seelentugend 217 18 sei" als Beleg für die Gerechtigkeit als H a up t t u gen d angeführt werden können. Als Haupttugend könnte sie doch nur in ihrem Verhältnis zu anderen Tugenden erscheinen. Hier aber ist von keiner ausser ihr die Rede. Die in UI.JIIE'X,Wp-i]urxP.ElI enthaltene Rückverweisung bezieht sich auC 350c, wo Thrasymachos zu dem Zugeständnis genötigt wurde: Ó p.ill &p~ ~[~IO. ~P.(1I áll7.7r€epa.lITrxl WlI á Y ~.9- ó ç TE )e~! ueepó.;, das 350d recapituliert wird mit den Worten: È7rEI~~ ~è ebll ~lwp.oÀOYYJulx.P.E.9-rx Tf,lI ~1>ea.IOUi,1IYJ1I á pET ~ 11 et1I:X I y., rx! I j 0 ep [rx 11. Auch in dieser für die Interpretation der späteren Stelle 353 E massgebenden Äusserung ist nichts enthalten, was die Gerechtigkeit als Haupttugend erscheinen liesse. Der Beweisgang aber, den ich oben erläutert habe, setzt voraus, dass die Gerechtigkeit als Ges a m tt u gen d auCgeCasst wird. Denn nur wenn sie die o{y.,ûrx ápETh der Seele ist, durch we Ic he diese ihre GesamtCunction, das ~1j1l, gut vollzieht, also die Gesamttugend, nur dann ist der Schluss be rechtigt, dass, wer sie besitzt, Eb ~~, also E&~rx[P.Wll ist. Mein Gegner sagt: "de viro iusto hic eadem fere dicuntur, quae in Go.rgia de viro tem per a n t i". Er bemerkt also nicht den wichtigen Unterschied, dass im Gorgias zuerst von der uweppcui,1IYJ auf die Gesamttugend und dann erst von dieser auC das Eb 7rpIx.TTEllI à1 &11 7rplx.Try geschlóssen wird, in Rep. I dagegen direkt aus der ~1>ea.tOUi,lIYJ auC das Eb !3lwUETW. Im Gorgias ist die ~1y.,xtCUi,1IYJ sowohl wie die uWepPOUi,lIYJ eine Einzeltugend neben anderen Bestandteilen der Gesamttugend, in Rep. I ist die ~1y.,XICUi,lIYJ die Gesamttugend selbst. Dies hängt ohne Zweifel damit zusammen, dass in Rep. I die ~1~IOlji,lIYJ als eine ucep[1X, und epPÓllYJult; und È7rIUrYJP.YJ und dadurch als ápeTh erwiesen wird. V gl. 350 b Ó €7rIUThp.wlI uoepbç. Ó ~è uoepoç áyrx.9-ó.;. Es ist der sokratische Grundsatz, auC den sich Nikias im Laches beruft, urn auch die áll~pei:x als eine ucep[rx und €7rIUThp.YJ zu erweisen, und der in allen Tugenddialogen der Frühzeit herrscht, im Protagoras, Laches, Charmides, in den übrigen Büchern der Republik aber, weil nun die Lehre von den drei Seelenteilen 218 19 zur Grundlage der Tugendlehre geworden ist, nicht mehr herrscht. Ich denke, das wird auch Herr Verdam zugeben müssen, dass die Gerechtigkeit in Rep. IV nicht mehr f.7rlrTriJf-tYi und rT0CP[et. ist, schon des wegen nicht, weil rTocpiet. und f.7t"lrTriJf-tYi nur im }..0YlrTTIX,Óll wohnen können, zur Gerechtigkeit aber jetzt auch das richtige Verhalten der beiden è.(}..oy<x o/lJ:x,r.ç f-tipYi gehört, denen i7rlrTriJf-tYi, cppÓlIYirTl" rTccp[<x nicht zugeschrieben werden konnten. Gerade in diesem Hauptpunkt, bei dem eine Entwicklung der platonisch en Tugendlehre nachweisbar ist, hat also Rep. I eine Sonderstellung gegenüber den übrigen Republikbüchern und bestätigt sich die Richtigkeit der Dümm· lerschen Hypothese von der frühen Abfassung des· I. Buches. Es ist m. E. psychologisch unmöglich', dass Plato, wenn er Rep. I später schrieb als den Gorgias und den Beweis für die Glückseligkeit des Tugendhaften wiederholte, sich an den dam als gegebenen Beweis nicht mehr erinnerte oder, wenn er sich an ihn erinnerte, ihn so abänderte, dass er ihn der zur Zeit des Gorgias bereits antiquierten ältesten Form seiner Tugendlehre anpasste. III Ich komme nun auf die Untersuchung der Fuge zwischen dem ersten und zweiten Buch zurück, durch die ich ebenfalls meine These, dass B. I nicht in einem Zuge mit den folgen. den Büchern und nicht zu dem Zweck, diese vorzubereiten geschrieben sein könne, zu stützen suchte. Ich wil! hier nicht meine Beweisführung, die Herr Verdam nicht berücksichtigt, geschweige denn widerlegt hat, noch einmal drucken lassen. Ihr Eindruck auf ihn würde dadurch schwerlich verstärkt werden. Andere Le:;er finden sie Platos' Jugenddialoge S. 73-76. Herr Verdam schreibt aus meiner Darlegung nur folgenden Satz aus, gegen den er seine vermeintliche Wider· legung ausschliesslich richtet: "Wer das erste Buch nicht gelesen hat, könnte aus ihr (seil. aus der Kritik des Glaukon an der im 1. Buche enthaltenen Widerlegung des Thrasy. 219 20 machos) schliessen, Sokrates hätte den Wert der Gerechtigkeit durch ihre äusseren Folgen in diesem und ienem Leben begründet. Dies ist aber, wie ieder aufmerksame Leser des 1. Buches weiss, keineswegs der Fall". Als er diese Worte gelesen hatte, versank Herr Verdam zunächst für längere Zeit in starres Slaunen: "H a e c leg ent es st up emu s a I iq u a m d i u". Er kam aber nicht auf den Gedanken, dass meine diesem Satze folgende ausführliche Begründung desselben ihn von seinem st up 0 r vielleicht befreien könnte, sondern, offenbar noch im s tu por, schickle er sich an, ienen Satz ohne Berücksichtigung meiner Erläuterungen folgendermassen . zu widerlegen: "Quid enim? Inde a colloquio cum T h ras y m ach 0 ti 336B-354C) non i p s epe r se S 0 c rat e sdi s put at, s e d re fut a t a r gum ent a Th r as y m ach i. Q u i quo n i a m dec 0 mmo dis i u s t i t i a e a g i I, per spi c u u m · est, tot a m con t r 0 ver s i a m no n esse de ipsa iustitia, sed de commodis iustitiae". N un bin ich der Staunende. Also Thrasymachos handelt de co mmo dis i us t i t i a e? er, der die d!>t«/O(]"~IIY] und das di"x!OIl 343 C für ein rx??ÓTP/OIl rxyoe,9"01I Tti' 1511T1, TCU "PÛTTOIlÓ'Ö Te "oei lJ:p'X,OIlTO'Ö f;uf.'!pépOIl, O{"ûoe dè TCU 7re/5-of.'ÉlIou Te "oei IJ7rY!peTOuIITo'Ö {3M..{3Y] erklärt. Die Dennition des d["X/OIl als TO TOU "pÛTTOIlO'Ö f;uf.'!pépOIl, die Thrasymachos aufstellt, will wie iede Dennition eine Wesensbestimmung sein, und zwar des d[)(.oe/Oll, nicht der d/"X/O(]"~IIY]. Die d/)(.oe/O(]"/'IIY] aber, d. i. nach Thrasymachos die Eigenschaft des Unterthanen, den von der Regierung festgestellten Rechtsgeboten zu gehorchen, bedeulet für diesen eine {3Nx{3Y]. Diese Dennition des Thrasymachos wird bekanntlich von Sokrates widerlegt durch den Nachweis, dass die Regierungskunst als solche, wie iede Kunst, nicht ihren eigenen oder ihres Inhabers Vorteil erstrebt, sondern den des rxp'X,óf.'ello'Ö. Mit Sokrates' Beweis für den Werl der d/>t«/O(]"/'IIY], von dem in meinem von Herrn Verdam cilierlen und verdamten Satze die Rede ist, hat diese ganze Erörterung über die Dennition des d[>t«/Oll als TO . TOU y-poETTOIlOr; f;uf.'!pépoll nichts zu schaffen. 220 21 Sie handelt über das Wesen der Gerechtigkeit (allerdings mit rein negativem Ergebnis); dass Sokrates den Wert der Gerechtigkeit durch ihre äusseren Folgen (Belohnungen) im Diesseits und Jenseits, in diesem der Widerlegung der Definition gewidmeten Abschnitt erwiese, wird wo hl Herr Verda~ selbst nicht behaupten. Von den co mmo d a i u s t i t i a e sp richt Thrasyinachos nirgends, wo hl aber 348 DE von den in c 0 mmo d a i u st i t i a e und von den co mmo d a i ni ur i a e. Aber dieser Abschnitt gehört schon nicht mehr zu der Prüfung der Definition li[>W./olI = ;'0 'ToD )GpëE'T'To'.lor; ~Up,cpépOIl, die schon mit p. 342 extr. beendet ist. Erst von hier an handelt Thrasymachos de co mmo dis i ni uriae und de in co mmo dis i u s tit i a e. Es ist daher unrichtig, was Herr Verdam behauptet: "perspicuum est totam controver s i a m (336B-354C) non es s ede i p s a i u st i t i a, sed de commodis iustitiae". Aber auch für den Teil der Disputation, der durch Thrasymachos' Confrontierung der c 0 mmo d a i n i u r i a e mit den i nco mmo d a i u s t i t i a e eingeleitet und hervorgerufen wird, ist der Schluss falsch, weil Thrasymachos den U n w e rt der Gerechtigkeit aus den äusseren Nachteilen, die sie im Gefolge hat, beweise, müsse Sokrates ihren positiven Wert aus äusseren Vorteilen, die sie im Gefolge hat, bewiesen haben. Es verstösst gegen jede gesunde Methode, zu erschliessen, was Sokrates gesagt haben müsse, statt sich an das zu halten, was ihn Plato thatsächlich sagen lässt. Sehen wir zu, was Herr Verdam, von diesem apriorischen Schlusse abgesehen, Thatsächliches für seine Behauptung anzuführen wei ss : "Initio colloquii eius Thrasymachus i u s ti t i a m 'TO 'ToD )GpfÛ'T'TOIIOt; O"'Jp,cpépoll esse dicit, quo facto continenter sermo est de commodis, quae ex virtute profluunt". Diese Behauptung ist grundverkehrt. Denn 1. setzt Thrasymachos nicht die li/)GO(/OITi,IIy} , sondern das li[>W./olI dem Vorteil des Stärkeren gleich und 2. ist es nicht wahr, dass con tin ent e r, nachdem er dies gethan hat, von den äusseren Vorteilen die Rede ist, welche die Tu gen d im Gefolge 221 22 hat. Wer sollte wohl auch von diesen reden, Thrasymachos, der nur Nachteile der Gerechtigkeit kennt, oder Sokrates? Herr Verdam zeige mir eine einzige Stelle, wo Sokrates dies thut. Er führt an: ÀU(jtTeÀOÜ1I 344 C (Thrasymachos sagt hier: TO d' &dlX.01l ÈOCUTCÎ! ÀurrlTeÀOÜ1I Te x.cx! f;UflCPip01l); fllrr:3-ór; 347B, fllrr:3-wToi ibidem (nicht urn den Lohn der Gerechtigkeit und Tugend handelt es sich hier, sondern urn den Lohn, der für die Verwaltung eines Amtes deswegen gewährt werden muss, weil mit ihr als solcher normaler Weise keinerlei Vorteile ver bun den sind. Die Guten wollen ni c h t fltrr:3-wToi genannt werden. Weder Geld noch Ehre ist der Lohn, der sie zur Übernahme einer áp'Xh bestimmt, sondern die Meidung der Schädigung. die sie treffen würde, wenn ein Schlechterer statt ihrer und über sie herrschte. Das hat mit der Empfehlung der Gerechtigkeit durch ihre äusseren Belohnungen absolut nichts zu thun.); fllrr:3-wTIY..h 346B (die fllrr:3-wTIx.h, der Lohndienst, die Kunst, Lohn zu erwerben wird dadurch nicht zur tcx.TplX.h. dass man bei seinem Lohnerwerb gesund ist. Auch diese Stelle hat mit der Begründung des Wertes der Gerechtigkeit durch äussere mit ihr verbundene Vorteile nicht das geringste zu thun); ÀurrlTeÀÉrrTepot; 347E 348B et passim (347E ist es Glaukon, der auf eine Frage des Sokrates den {3iot; TOÜ dlx.xiou für ÀUrrlTeÀirrTepot; als den das &dlX.Ot; erklärt; ob er dabei an äussere Vorteile allein oder vorwiegend denkt, lässt sich nicht entscheiden. Sokrates, auf den ausschliesslich sich mein von Herrn Verdam verdamter Satz bezieht, behauptet nichts derartiges, sondern lehnt es ab, die rrt/yx.plrrlr; des dix.cx.IOt; {3iot; mit dem &dl)(.Cr; durch Aufzählung der mit jedem der beiden verbundenen áycx.:3-óc zur Entscheidung zu bringen. 348B lässt sich Sokrates von Thrasymachos noch mals bestätigen, dass dieser die TeÀÉoc ádlx.icx für Àur:rtT~À~rrTÉpoc erklärt, als die TeÀÉoc dl)(.ocIOrrI,,1IYJ). Herr Verdam hat also nicht eine einzige Stelle aus Rep. I anzuführen gewusst, an der Sokrates den Wert der Gerechtigkeit durch die ä u s ser en mit ihr verbundenen Vorteile und Belohnungen beweist, hat 222 23 also nichts Thatsächliches gegen meinen Satz anzuführen gewusst, bei dessen Lesung er wegen seiner vermeintlichen Ungeheuerlichkeit für längere Zeit in "s t up 0 r" versunken war. Herr Verdam concediert mir dann weiter gnädigst: "inde a 347E disputationem paulo minus ad com· moda et pecuniam pertinere". Bis 347E also, meint er, hätte sich die Erörterung ausschliesslich auf äussere Vorteile und Geld bezogen, von 347E an sei dies zwar auch noch, aber ein bi sch en weniger der Fal!. Er scheint zu vergessen, dass ich in meinem von ihm bestaunten Satze nicht geleugnet habe, dass Th ras y m ach 0 s den Wert der &d'Il<.EIX durch die mit ihr verbundenen pecuniären Vorteile bewiesen hat, sondern dass Sok rat e s den Wert der Gerechtigkeit durch ihre äusseren Folgen in diesem und ienem Leben begründet habe. Da der von Sokrates für den Wert der d'1)GIXtO(]"[,li~ geführte Nachweis, in dem er "i p se per se disputat", ' und keineswegs nur "refutat argumenta Thrasymachi", erst 348E beginnt, so hätte mein Gegner, wenn er meinen von ihm bestaunten Satz widerlegen wollte, seine Argumente ausschliesslich aus der von 348E bis zum Schlusse des Buches reichenden Partie entnehmen müssen. Denn nur auf diese bezog sich natürlich mein Satz, da ia in dem vorausgehenden Teil bis 348E Sokrates keinerlei Beweise für den Wert der Gerechtigkeit vorgebracht hatte. Obgleich nun Herr Verdam durch sein Zugeständnis, es sei in dieser Partie ein bischen weniger als in der voraufgehenden von Geld und äusseren Vorteilen die Rede, den Schein hervorzubringen sucht, dass diese in Sokrates Beweis für den Wert der Gerechtigkeit die Hauptsache sind, hat er doch, urn dies zu beweisen, nur folgendes beige bracht : "s e d si d e m 0 n st rat u r i u s t i t i a m va li di 0 rem es s e (Î(]"'X/,pórepOli ElliIXI) i n i u ri a a u t i u s t i t i a m e ff i c ere, ut be a t i simus, hoc minime est quaerere, quid sit iustitia. Dies ist ia unbestreitbar wahr. Nur beweist es nichts gegen meinen Satz, den Herr Verdam widerlegen wil!. Denn ich 223 24 ha be nicht behauptet, dass Sokrates in Rep. I nu r "q u a erit quid sit iustitia", sondern dass er den Wert der Gerechtigkeit ni c h t durch ihre äusseren Folgen in diesem nnd ienem Leben begründet, sondern durch ihre aus ihrem inneren Wesen entspringende Wirkung im Innern der Seele, dass er also ebendas gethan hat, was Glaukon 349 B ihn beschuldigt nicht gethan zu haben, nämlich dargelegt hat: Ti T' €CT T I II €KrXnpoll (scil. ~ d'IKCCtOCTU~ 1'-ccl ~ <Îtd'lXicc) )(,!Xi T {lIlX €'X, € I d' uII rx. fI- I II rx ÎJ TOK rx. S"' cc ~ T Ó €v 0II ÉII T ~ 0/ IJ 'X, ~ unter Beiseitelassung der r. UCTS"ai und der <Ît?r"' rxÎJTWlI 'Yt'YlIÓfI-€lIrx.. Dies hat er gethan, indem er 1. die Gerechtigkeit als É?r"ICTThW'l, CTocpicc und <ÎtpeTh erwies (348b-350c), 2. sie als !CT'X,IJpÓTepOll gegenüber der Ungerechtigkeit erwies (dies geht ihre im Innern der Seele wirkende d'UlIrxfl-lÇ an) (351a-352d) erstens aus ihrer ad 1) erwiesenen Eigenschaft als É?r"ICTThWfJ, CTocpirx. und <Îtpe-rh, zweitens aus ihrer Fähigkeit Ófl-ÓlI01rx. und cptÀirx. wie zwischen verschiedenen Personen, so auch zwischen den Teilen einer und derselben Seele zu begründen und diese dadurch einheitlicher im Handeln und somit !CT'X,IJpÓnpoll zu machen, 3. erwies, dass die Gerechtigkeit als O!Ke{;x. <ÎtpeTh der Seele diese befähige, ihr o!Keio ll ËP'YOll. das ~Yill, gut zu vollziehen, also das eb ~Y,lI. d. h. die eÎJd'rx1fl-0ll[rx der gerechten Seele verleihe. Alle drei Beweise beziehen sich unbestreitbar auf die Frage Ti T' €CTTlll ÉJW.npoll (ich habe nur der Kürze halber die auf die <Îtd'IK{CC bezüglichen Folgerungen in meiner Wiedergabe fortgelassen) K:x,i T{lICC €'X,el d'UlICCfl-lll iXÎJTo )(,!XS"' rx.~TO élloll ÉJ) ry o/IJ'X,f,. Die zweite Frage, auf die es nach dem Zusammenhang in erster Linie ankam, die nach dem immanenten (inneren seelischen) Wert der Gerechtigkeit liess sich natürlich immer nur auf Grund der Einsicht in ihr Wesen (Ti €CTTIJ)) beantworten und das geschieht auch thatsächlich in allen drei sokratischen Beweisgängen für den Wert der Gerechtigkeit. Mein von Herrn Verdam bestaunter Satz bleibt also wahr. Dass die Tugend, Kraft und Glückseligkeit der Seele zu den äusseren Folgen und Belohnungen der Gerech·· 224 25 tigkeit von Plato gerechnet werden, hat selbst Herr Verdam nicht behauptet und auch in keiner Weise erwiesen, dass diese Beweisgänge des Sokrates von Geld und äusseren Gütern als Belohnungen der Gerechtigkeit der Hauptsache nach, wenn auch p a u lom i n u s als die vorausgehende Erörterung, handeln_ Es ist also wirklich derlnhalt des len Buches am Anfang des 2en Buches nicht ganz zutreffend wiedergegeben und dies erklärt sich daraus, dass das Ie Buch ursprünglich als selbständiger Dialog über die Gerechtigkeit, nicht als Einleitung zu dem grossen Werke über den Staat geschrieben ist. Von einem h i a t usoder einer ri m a zwischen Buch I und II habe ich nicht gesprochen. Kein gewöhnlicher Leser wird an dem Ûbergang von jenem zu diesem Anstoss nehmen. Nur das geschärfte Auge des Philologen entdeckt eine kleine Unebenheit und aus dies er zieht er seine Schlüsse. Wenn Herr Verdam schliesslich behauptet, selbst wenn das Ie Buch aus älterer Zeit stammte, würde dadurch die ungertaue Recapitulation seines Inhalts am Anfang des 2. Buches nicht verständlicher ("n a m q u i d turn quo q u ePI at 0 n e mmo v i s set, ut p r a v u min m 0 durore fe r r et eu m ?"), so zeigt er nur seine Unbekanntschaft mit der Psychologie schriftstellerischer Thätigkeit. Plato hat jetzt beschlossen. den Begriff der Gerechtigkeit als Eigenschaft der Einzelseele aus der Gerechtigkeit als Eigenschaft des Staates durch Parallelisierung der drei Seelenteile mit den drei Ständen des Staates abzuleiten und so das politische Thema mit dem ethischen zu verbinden. Urn die Neubehandlung des ethischen Themas: "Wesen und Wert der Gerechtigkeit" zu rechtfertigen, muss er die bisherige Behandlung desselben als unzureichend hinstellen und angeben, in wie fe r n sie unzureichend ist. Da hat er nun dem Glaukon ei ne Kritik des im len Buch enthaltenen sokratischen Beweisganges für den Wert der Gerechtigkeit in den Mund gelegt, die nicht zutrifft. Weder hatte Thrasymachos die Gerechtigkeit zu den é7r-[7rov:J. gerechnet, ti( aÎ.l'rlJ. ",iv êall'rwv 225 26 <1I€~.x o&'/. &11 ii€~.xifl-€S-' ËXPII , TWII iiè fl- IU'SWII €1I€1Wt 1Wt/ €&iiO'/.Ifl-~U'<WII, noch hatte Sokrates diesen Standpunkt vertreten. Die Worte 358a ~cd ?rÓtÀ.x( /;?ro 0p.xIJfl-Ót'XPIJ wt; TOIOÜTOII ;)11 ~i'Y€Toti täuschen nur vor, dass Thrasymachos die Gerechtigkeit zu dieser dritten Güterklasse gerechnet habe; , denn er hatte sie überhaupt nicht zu den Gütern, sondern zur {3ÀÓt/JYJ gerechnet. Mit der Ansicht der oi 7roÀÀoi, die Glaukon darstellt, stimmt Thrasymachos nur dlj.rin überein, dass er die Gerechtigkeit zu den É?ri?rollot rechnet, nicht aber auch darin, sie trotzdem, um der fl-(U':::oi und €&iiO~Ifl-~U'€I' willen, als nützlich zu empfehlen. Der von Glaukon am Anfang des zwe,i ten Buches erneuerte Àó'Y0t; des Thrasymachos (358b ~7r(xII(xII€WU'Ofl-otl Teil 0 p(xU'IJfl-Ótx.OIJ ÀÓYOII) ist also mit dem Standpunkt, den Thrasymachos selbst im len Buche vertreten hatte, durchaus nicht identisch. Während Thrasymachos unter dem iiilWtiCIl den Inbegriff der Vorschriften versteht, welche die Machthaber im Staate zu ihrem eigenen Nutzen den Staatsbürgern geben, lässt Glaukon es durch einen "contrat , ~ocial" entstehen, ' der allgemeine Zustimmung fmdet. Der Gedanke, dass nicht die Gerechtigkeit selbst, sondern der Schein der Gerechtigkeit Vorteile im Gefolge hat, kommt im ers ten Buche nicht vor, sondern tritt erst im 2en Buche, in den Reden des Glaukon und Adeimantos auf, die seine Widerlegung von Sokrates fordern, als ob er noch zu dem ÀÓ'YCt; des Thrasymachos gehörte und seine Widerlegung zur Widerlegung des Thrasymachos. Dadurch wird der Schein erweckt, als ob Sokrates schon im len Buch dies en Gedanken hätte widerlegen können und sollen, dies a ber versäumt hätte und nun nachholen müsste. "Nimm von der Gerechtigkeit und Ungerechtigkeit, sagt Adeimantos 367b, die richtige iió~.x fort und füge die unrichtige hinzu, wie schon Glaukon gefordert hat (d. h. nimm an; dass der Gerechte für ungerecht und der Ungerechte für gerecht gehalten wird), und führe auch unter dieser Voraussetzung den Beweis, dass die Gerechtigkeit vor der Vngerechtigkeit den Vorzllg verdient, "sonst werden wir sagen, 226 27 dass du nicht die Gerechtigkeit, sondern den Schein derselben lobst, und nicht die Ungerechtigkeit, sondern den Schein derselben tadelst, und dass du uns mahnst, heimlich ungerecht zu sein und dem Thrasymachos zugestehst, dass das iîilUX/OIl ein &ÀÀÓTP/Oll &YOC,s.ÓII, nämlich das #uf.Lrpépoll TOi) 'lGpc.lTTOIlO'; ist". Und weiter richtet Adeimantos 367d an Sokrlltes die Mahnung: TOi)T' O~1I IXÎ.-TO é7rocill€O"clI iîtY-OC/OO"i,lIYJ';, ó' OCÎ.-T~ iît' J.I.JTI,li TOll €?(,OIlTOC 6l1i1lYJO"/ lUX! fûi/'IGioc /3M..7rTE/ . f.LtO",s.o'uç iîè 'lGat! iîó#atç 7r!J.P€Ç Diese Mahnung wäre nur berechtigt, wenn Sokrates im len Buch durch Hinweis auf die f.L/O",s.ei und iîó~oc/ den Thrasymachos widerlegt hätte, was er, wie wir sa hen, nicht gethan hat. Auch ist es nicht zutreffend, dass Sokrates, wenn er sich weigerte, bei seiner vergleichenden Wertung der Gerechtigkeit und Ungerechtigkeit die richtige iîó#oc abzustreichen und die falsche hinzuzufügen, dadurch dem Thrasymachos zugestehen würde, ÇT/ iîilUX/ClI TO Tei) 'lGpÛTTO;;Ot; ~Uf.Lrpi:pClI. Man sieht hier deutlich, dass Platon vergeblich bemüht ist, die Reden des Glaukon und Adeimantos als blosse Wiederaufnahme und grade Fortsetzung des Àóyoç 0pocO"Uf.L!J.?(,ou erscheinen zu lassen, obgleich sie auf ganz andern Grundgedanken beruhen. Daraus erkennt man, dass diese Fortsetzung von Platon, als er das Ie Buch schrieb, noch nicht geplant war. Denn wenn dies der Fall gewesen wäre, so würde der Gedankenaufbau festgeschlossen und folgeJ:ichtig sein. Es ist auch sonderbar, dass Sokrates am Schluss des len Buches alle die Thesen, Q.ie er gegen Thrasymachos siegreich durchgefochten hat, wieder zurücknimmt und in Zweifel zieht, urn nach der Weise der Jugenddialoge mit dem sokratischen Nichtwissen abzuschliessen, und dass dann doch am Anfang des 2en Buches Glaukon zu ihm sagt: ~ LW'lGpIXTEÇ, 7rÓT€PClI YJf.Lfi..; /3oi,À€/ iîO'IGoIlI 7ro7rotÛlIOC/ ~ wç &ÀYJ,s.wç 7rûO"oc/; Diese W orte erscheinen unbegreiflich, wenn Sokrates eben selbst gesagt hatte: WO"TE f.LOt lIW! yéyoll€lI é'IG TOi) dt:XÀóyou f.LYJiîèll diîéllocl. Ó7rÓTE y;;'p TO iîi'IGQ(toll f.L~ o/iî:x Ö éO"Tl, O"?(,oÀ~ ûrrof.LtZl oiTo &p€T~ TIÇ o~O"at àiÀÀo/ç f.7rIX/lIoIlI. 227 28 lCOC! "ü, x,()(! 7rÓnp"lI Ó €'X,WII rxÎJr o " ÎJy" eÎJdrx[!'-WII Ecrrèll Ich meine, dass diese Worte am Schluss des len Buches stehen konnten, solange es ein selbständiger Dialog war, ab er gestrichen werden mussten, sobald es durch Buch n fortgesetzt wurde; und zwar musste sich die Fortsetzung unmittelbar an die W orte : E7rf-ld~ !,-Ol 7rpfi.a, É'YÉII01J x,rxè 'X,IX'Af-7rrx[IIWII É7rrxlÁw anschliessen. Später wurden vielleicht die von Platon selbst für die Gesamtausgabe der Republik gestrichenen W orte aus dem Sondermanuscript des Dialogs Thrasymachos von einem Herausgeber wiederhergestellt. TU'Y'X,ff. IIf-1 ÛTf- B f-ÎJdad!,-wlI. IV In dem Abschnitt IV seines Aufsatzes l?eweist Herr Verdam, dass das 1. Buch einen unentbehrlichen Bestandteil in der Gesamtcomposition der Republik bilde: "ad totam Reipublicae compositionem liber primus desiderari non potest". Obgleich sein Beweis auf einer willkürlichen und fehlerhaften Analyse des Werkes beruht, die mir zu vielen Gegenbemerkungen Anlafs bieten würde, halte ich es nicht für nötig, mich mit diesem Abschnitt zu beschäftigen. Denn dass das erste Buch einen unentbehrlichen Bestandteil in der Composition des ganzen Werkes bildet, bestreite selbstverständlich auch ich nicht. F. Dümmlers These von der früheren Entstehung und ursprünglichen Selbstständigkeit ,des len Buches nötigt niemand, dies zu bestreiten. Denn natürlich hat Plato, nach dem er den Dialog Thrasymachos als Bestandtei! in seine Republik aufgenommen hatte, ihn auch als Bestandteil derselben in den übrigen Büchern berücksichtigt. Zur Entscheidung der zwischen Herrn Verdam und mir strittigen Frage trägt also dieser Abschnitt seiner Abhandlung nichts bei. Wer meine These von der Composition ausgehend bestreiten wollte, der müsste zeigen, dass das Ie Buch Bestandteile enthält, die in einem selbständigen Jugenddialoge Platons 7rf-pè dlX-rxlatT&lIY}, nicht hätten vorkommen können, sondern nur durch den Zusammenhang des len Buches mit den übrigèn 228 29 gerechtfertigt werden. Wenn Herr Verdam schreibt: "Nos incolumes intactosque servemus splendidos lib.ros Reipublicae et cavemus, ne disiecta membra philosophi retineamus", so scheint er anzunehmen, Dümmler und ich hätten die Republik durch Streichung des len Buches verstümmeln wollen. Da keiner von uns beiden diesen ungeheuerlichen Vorschlag gemacht hat, so hat sich Herr Verdam unnötiger Weise aufgeregt. Hätte sich Herr Verdam der bekannten Nachricht von Gellius XIV, 3, 3 erinnert, dass Xenophon seine Kyrupaedie der platonischen Republik entgegengestellt habe: "lectis duobus fe re libris, qui primi in volgus exierant", so wOrde er erkannt haben, dass schon im Altertum gesonderte Publication einzelner BOcher der Republik vor der Herausgabe des ~anzen Werkes von manchen Gelehrten angenommen wurde. Es ist also kein unerhörtes Attentat gegen Platons Meisterwerk, wenn wir modernen Kritiker auf Grund genauer Inhalts- und Formanalyse zu ähnlichen Hypothesen wie unsere antiken Collegen gelangen. V lch komme nun zu den stärksten Argumenten für meine These, die Herr Verdam absichtlich verschwiegen hat, - ein Verfahren, mit dem niemandem, am wenigsten der Wahrheit gedient ist. So sei es denn hier nochmals hervorgehoben, dass den Ausgangspunkt der Hypotbese von der früben, den übrigen weit vorausliegenden Abfassungszeit des len Republikbuches für mich meine sprachstatistischen Untersuchungsergebnisse gebildet baben, die ich in der Abhandlung SPrachlzoche Forschungen zur Chronologie der Platonz·schen Dialoge (Wiener Sitzungsberichte, Phil. hist. Klasse, 169, 3, 1912) veröffentlicht habe, auf die ich im Vorwort meines von Herrn Verdam bekämpften Buches Platos' Jugen ddia loge und Phazodros hinweiseo Ich habe dort bezüglich der reinen Zustimmungsausdrücke 229 30 iedes in dialogischer Form geschriebene Buch Platons, also auch iedes Einzelbuch der mehrere umfassenden Dialoge, mit iedem aridern verglichen, um festzustellen, mit welchen Büchern iedes einzelne Buch bezüglich der Auswahl und Frequenz der einzelnen Zustimmungsausdrücke am genauesten übereinstimmt. Ich verglich also den Gesamttypus, den ieder einzelne Dialog bezüglich der Auswahl und Frequenz aller in · ihm vorkommenden Formen des Zustimmungsausdruckes zeigt, mit dem in demselben Sinne verstandenen Gesamttypus iedes andern Einzelbuches. Es leitete mich bei diesem Verfahren die Erwartung, dass Einzelbücher, die in unmittelbarer Folge geschrieben sind, einen ähnlichen Gesamttypus in diesem Sinne zeigen würden. War diese Erwartung richtig, so musste sich das in den Fällen zeigen, wo wir aus andern Gründen über die zeitliche Zusammengehörigkeit zwei er oder mehrerer Einzelbücher etwas wissen, also vor allem bei den aus mehreren Büchern bestehenden Dialogen, Republik und Gesetze. Dass nun meine Erwartung ganz richtig war, hat sich nicht nur an den beiden genannten Werken, sondern in allen Fällen bestätigt gefunden, wo wir über zeitliche Zusammengehörigkeit von platonischen Einzelbüchern etwas wissen, wodurch mir die Berechtigung erwachsen ist, auch wo wir sonst nichts darüber wissen, lediglich aus der sprachlichen Affinität gewisser Dialoge ihre zeitliche Zusammengehörigkeit zu erschliessen. Alle Einzelheiten über die zur Berechnung der sprachlichen Affinität von mir verwendete Methode wolle man aus meiner oben · citierten Abhandlung entnehmen. Hier will ich nur auf die für den vorliegenden Streitfall bedEmtungsvollen Thatsachen hinweisen. Aus der auf S. 214f meiner Abhandlung mitgeteilten Tabelie ist zu ersehen, dass für iedes einzelne Buch der Republik IJ-X als sprachlich nächstverwandt andre Republikbücher erscheinen Rep. IJ: Th. Rp. X Phi. Rp. III RIJ. IV So. Rp. V lIl: Rp. VII. Rp. VI Th. Rp. IX Rp. IV Lg. X. Rp. À IV : Th. Rp. lIl. Rp. X. Rp. V. Rp. VII. Rp. 1I. Lg. X 230 31 V: Rp. X. So. Rp. VII. Rp. IX. Rp. IV. Rp. VI. Rp. III VI: Rp. lIl. Rp. VII. Phi. Rp. VII] Rp. V. Lg. XII. Rp. IX VII: Rp. Ili.. Rp. VI Th. Phi. Rp. V. Lg. X. Rp. IV VIII: Rp. VI. Rp. X. Rp. IX. Lg. I. Rp. VII. Phi. Rp. III IX: Rp. lIl. Phr. Rp. V. Rp. X. Rp. VIII. Lg.1. Rp. VIl X: Th. Rp. V. Rp. ·IV. Phi. Rp. Il. Rp. lIl. Po. Nur die Reihe der mit Rp. I sprachliche Affinität besitzenden Bücher sieht anders aus: Rep. I: Cha. Ly. La. Euthn. Phn. Go. Me. Pa. Kra. Th. Pro Euthd. Hl. HU. Sy. Während also bei allen übrigen Büchern unter den 7 ers ten Gliedern der Affinitätsreihe im ungünstigsten Falle drei, zumeist aber vier oder fünf RepubUkbücher sind und ausser diesen nur späte Schriften, wie Th. Phr. So. Po. PMl., vorkommen, hat Rep. I seine nächste Verwandtschaft unter denjenigen Dialogen, die allgemein als Jugendschriften anerkannt sind: Cha. Ly. La. Euthn., und bis zum 16. Gliede muss man die Affinitätsreihe verfolgen, bis ein Republikbuch auftaucht. Laches aber, Lyst's und Charmides erscheinen auf Grund der sprachlichen Affinität als die mit Rep. I nächstverbundenen, weil auch in ihren Affinitätsreihen Rep. I an zweiter Stelle steht. Es ist also durch die Sprachstatistik der zwingende Beweis geführt, dass die Entstehung des 1. RepubUkbuches in diesel be Zeit wie die des Laches, Lysis und Charmides fällt, von den übrigen Republikbüchern aber durch eine lange Reihe von Jahren getrennt ist. VI Dies Ergebnis wird auch bestätigt durch die schon oben erwähnte Thatsache, dass in Rep. I die dllVXICCT&VYi nach Art der platonischen Jugenddialoge, noch ganz im Sinne des historischen Sokrates, als eine CTOrpÜX und T€'XPYi aufgefasst und erwiesen wird, während in den übrigen Büchern die Begriffsbestimmung der Gerechtigkeit eine andere ist. Ich hatte in meinem von Herrn Verdam bekämpften Buche S. 75f diesen Punkt ausführlich behandelt. Herr Verdam aber hat es nicht 231 32 der Mühe wert gehalten, darüber ein Wort zu verlieren. Vielleicht hat er diese meine Argumentation zu den Dingen gerechnet, von denen er S. 307 sagt: "Ex disputatione Arnimii silentio peactermittamus quae generaliter dicta sunt neque argumentis corroborantur". Es ist aber ein wichtiger Punkt fOr Plato's Tugendlehre, dass sie ursprOnglich noch dem sokratischen Rationalisrnus folgt, später, nach Einführung der drei Seelenteile, ausser dem Wissen des )..0'Y/:rT(1<-ÓIl auch ein bestimmtes Verhalten der beiden ac)..0'YCl: ~1J'X/l" p.épYj für das Zustandekommen der (J/)GG(/O/T(,IIYj und /TWrpPO/T(,IIYj für erforderlich hält. Herr Verdam hätte also, urn meine These zu widerlegen, sich auch mit diesem Hauptargument beschäftigen mOssen. Auch meine Darlegung S. 73 "dass die Exposition des 1. Buches, die den V ormittag schon verBossen sein und für die Unterhaltung nur die Zeit bis zum (Jebr"lIol1 frei lässt, nicht für ein zehnbändiges Werk eigens geschrieben sein könne, sondern nur für einen kurzen Dialog" , hätte er nicht ganz mit Stillschweigen übergehen sollen. 232