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L e o n h a r d F. S e i d l
Django ermittelt in Bayern
B a n d i t e n i n Ob e r b ay e r n
© Katrin Heim
Gwamberter Uhu – Eichstätt-Rätsel-Krimi von Leonhard F. Seidl
Der Django schiebt die Oma gerade am Seminarweg in Eichstätt, unweit
der Altmühl entlang, da klingelt sein Handy.
»Django, hello … Polizei?«
Die Oma schaut auf.
»Ärger. Ich versteh … Ich versteh gar nix? … Aso. Bis gleich.«
»Was war denn das jetzt?«, fragt die Oma.
»Ein Schandi.«
»Ja, das hab ich schon mitbekommen. Und was will der von dir?«
»Seine Diät durchziehen.«
Die Oma lacht. »Da ist er ja bei dir genau an der richtigen Stelle.«
»Stimmt«, sagt der Django. »Ich hab mit meiner veganen Diät schon zwei
Kilo abgenommen.«
»Aber du musst auch noch 20 Tage dranhängen, weil du von den 30 Tagen
an 20 gesündigt hast.«
»Jeden Tag, eine gute Tat«, sagt der Django, weil ihm gerade nichts Besseres einfällt …
Leonhard F. Seidl ist in der Nähe des Isentals aufgewachsen.
Nach seinem Studium der Sozialen Arbeit ist er mittlerweile freiberuflicher Autor, Biograf und Dozent für kreatives
Schreiben. Zwischendurch machte er Halt im Knast, um
für sein Projekt »Beschriebene Blätter – Kreatives Schreiben mit straffälligen Jugendlichen« zu recherchieren, für
das er 2007 ausgezeichnet wurde. In seinen mittlerweile
zahlreichen Veröffentlichungen schickt er nur noch seine
Figuren ins Gefängnis und genießt mit seiner Familie das
Leben in Nürnberg.
www.textartelier.de
Bisherige Veröffentlichungen im Gmeiner-Verlag:
Wer mordet schon in Oberbayern? (2015)
L e o n h a r d F. S e i d l
Django ermittelt
in Bayern
30 Rätsel-Krimis
Personen und Handlung sind frei erfunden.
Ähnlichkeiten mit lebenden oder toten Personen
sind rein zufällig und nicht beabsichtigt.
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Im Ehnried 5, 88605 Meßkirch
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Alle Rechte vorbehalten
1. Auflage 2015
Lektorat: Sven Lang
Herstellung: Julia Franze
Umschlaggestaltung: U.O.R.G. Lutz Eberle, Stuttgart
unter Verwendung eines Fotos von: © Wieselpixx – Fotolia.com
Druck: GGP Media GmbH, Pößneck
Printed in Germany
ISBN 978-3-8392-4839-3
1. Rätsel-Krimi
Der Anfang vom Ende –
Murnau-Krimi
Wie der Kugler Lois jung war, da hat’s noch ein Testbild im Zweiten, einen Pumuckl auf Schallplatten und
einen Zivildienst gegeben. Und in seiner Wohnung
einen riesigen Verhau. Was auch der Anfang vom Ende
war. Aber davon später mehr.
Nach der Realschule in Erding wollte der damals
18-jährige Lois raus in die Welt, raus aus Isen. Es ist
ihm nicht leicht gefallen, vor allem, weil er ein Jahr
zuvor seine Eltern bei einem Flugzeugunglück verloren hat. Die Oma war die Einzige, die er noch gehabt
und die ihn gehabt hat. Aber damals war sie auch noch
um einiges fitter als heute. Mit ihr hat er im Haus seiner Eltern gewohnt, einem windpockennarbigen alten
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1. Rätsel-Krimi
Bauernhaus am Ortsrand von Isen. Jetzt liegt’s nicht
mehr am Ortsrand, weil Isen mittlerweile gewachsen
ist; genau wie dem Lois sein Bauch.
Damals haben’s zum Lois schon ›Django‹ gesagt,
weil er seinen Ledermantel, die Cowboystiefel und den
Hut überhaupt nicht mehr ausgezogen hat. Eine Zeit
lang hat er sogar noch einen Holzsarg hinter sich hergezogen, genau wie der Franco Nero in dem gleichnamigen Western. Aber das hat er sich bald abgewöhnt,
weil er vom Seil wunde Schultern gekriegt hat, und
der Renner Anton vom Dorfener Anzeiger schon vor
der Haustüre gestanden ist, um einen Artikel über ihn
zu schreiben.
Kurz nachdem er seinen Zivildienst in der Unfallchirurgie in Murnau angefangen hat, ist ihm die Maria
über den Weg gelaufen. Es war Liebe auf den ersten
Blick. Zumindest für den Lois. Die schwarzen Haare,
die dunklen Augen, er hat gar nicht mehr wegschauen
können, was der Maria ein bisserl unangenehm war.
Genau wie sein komischer Aufzug. Weil am Tegernsee,
wo sie her war, hat’s zwar Trachtler gegeben, aber keine
Cowboys. Und als Kind war sie schon immer lieber
die Indianerin gewesen. Bei der Mondscheinfahrt auf
dem Staffelsee hat sie der Lois dann als erster Mann
zum Tanzen aufgefordert. Worauf ihr Herz samt ihre
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1. Rätsel-Krimi
Füße Rock ’n’ Roll getanzt haben. Was danach passiert ist, das bleibt den beiden ihr Geheimnis.
Man kann sagen, der Lois war seit Langem mal wieder richtig glücklich. Nach dem Dienst in der Klinik
hat die Welt nur ihm und seiner Maria gehört: der See,
die Berge und der weiß-blaue Himmel. Weil der Lois
aber auch noch schlafen hat müssen – er braucht mehr
Schlaf als die meisten Menschen –, ist er nicht dazugekommen, seine winzige Zivibude aufzuräumen, was
der Maria ziemlich gestunken hat.
Und jetzt steht er da, der Lois, vor der Tür von seiner Wohnung. Wie er zum Frühdienst gegangen ist,
hat die Maria noch geschlafen, weil’s gestern wieder
einmal tanzen waren.
Der Lois macht also die Tür auf und sofort kommt
ihm ein Schwarm Obstfliegen entgegen, und riechen
tut’s auch nicht besonders gut. Schnell macht er die
Tür hinter sich zu, da seine Nachbarn ja nicht unbedingt etwas von dem naturwissenschaftlichen Experiment mitbekommen sollen. Die Küche mit dem dreckigen Geschirr von der ganzen letzten Woche lässt er
links liegen und steigt über den Berg Wäsche. Er will
sich einfach nur noch zu Maria legen und ratzen. Aber
Maria ist nicht da. Auf dem Tisch, wo heute Morgen,
zwischen einem überfüllten Aschenbecher und Bier-
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1. Rätsel-Krimi
dosen, ein drei Tage alter Salat stand, liegt ein Zettel.
Es ist Marias Schrift. »Sacklzement!«, flucht er, weil
er die Kaffeetasse umgeschmissen und die schwarze
Brühe über den Zettel verteilt hat. Deswegen kann er
jetzt auch nicht mehr alles lesen: »Jetzt ist endgültig
Schluss weg. Hier verschimmelt man ja. Ich bin weg.
Für immer. Dein Sala.« Dein Sala? Hat sich sein Sternschnuppsi verschrieben, weil sie so sauer war?
Sein Herz beginnt, mit seinem Kopfschmerz um die
Wette zu hämmern. In der letzten Zeit haben sie sich
öfter gestritten. Wegen der Unordnung in seinem Zimmer und weil er einer Kollegin angeblich schöne Augen
gemacht hat. Die Oma hat ihn gewarnt, wie er es ihr
am Telefon erzählt hat, dass das einmal ein böses Ende
nehmen wird mit seinem Saustall und dem Dschambsderergehabe. Aber dass die Monika einfach ohne ein
Wort abhaut, damit hat er nicht gerechnet. Django
reicht’s jetzt auch endgültig. So hat sein Leben keinen
Sinn mehr. Er wird es beenden, wie es sich für einen
Cowboy gehört. Also langt er nach seiner Pistole, seinem Deringer. Tauscht seine Jesuslatschen gegen die
Cowboystiefel und den Kasack gegen den Ledermantel und den Hut. Jetzt ist er bereit für das Ende. Das
Wasser wird der Henker sein.
Er liefert sich der brütenden Hitze des Sommerta-
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1. Rätsel-Krimi
ges aus. Geht zum See hinunter. Ruft sich noch einmal die unvergesslichen Momente mit seiner Maria in
Erinnerung. Wie sie in der Nacht nackt im See gebadet und miteinander eine Weißwurst gezuzelt haben;
jeder an einem anderen Ende. Dann steht er am Ufer.
Schaut aufs Wasser. Die kleinen Wellen ähneln klagenden Mündern. Wie der Mund von Maria. Für deren
Worte seine Ohren taub waren.
Schließlich dreht er sich um und geht. Lässt das Seeufer hinter sich. Kauft von seinem letzten Geld Putzmittel. Zuhause wartet Maria schon auf ihn. Fällt ihm
um den Hals und erzählt Tränen lachend, was auf dem
Zettel stand.
Was stand auf dem Zettel?
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»Jetzt ist endgültig Schluss. Hier verschimmelt man ja. Ich bin weg. Für
immer. Dein Salat.«
Lösung: 1. Rätsel-Krimi
2. Rätsel-Krimi
Treibwild –
Dachau-Krimi
Der Lois sitzt mit der Oma beim Wirt z’Dachau und
verdruckt gerade einen Knödel. Urlaub machen s’ vom
stressigen Detektivalltag. Da schreit der Treibel den Endres an, dass der seinen Bierdunst riechen kann: »Lass die
Finger von unserm Wald! Nur damit du und deine Freunderl die Viecher wie bei einem Computerspiel abschießen
könnt, braucht’s nicht den ganzen Wald kaputtmachen.«
Gestern schon haben sich die beiden beim Wirt
gestritten. Der Jäger Endres möcht möglichst viel Wild
im Wald haben. Und der Naturschützer Treibel möglichst wenig, weil das die Bäume zerbeißt. Aber weil
der Stadtrat Endres am längeren Hebel sitzt, hat der
Treibel bis jetzt immer den Kürzeren gezogen. Bis jetzt.
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2. Rätsel-Krimi
Der Endres lässt sich davon nicht beeindrucken,
schaut nicht einmal von seinen Karten auf. Seelenruhig sagt er: »Eigentlich würde ich dich ja mögen, Treibel. Wennst nicht so ein grüner Gschwoischädl wärst.«
Das ist dem Treibel jetzt endgültig zu viel. Er langt
dem Endres eine, dass der ganze Wirt aufhorcht und
die Oma den Kopf schüttelt.
Am nächsten Tag in der Früh spaziert der Lois allein
durch die Dachauer Amperauen. Er braucht ein bisserl
seine Ruhe, weil er die Maria so vermisst. Die Sonne
wacht gerade auf. Es riecht nach Wald und Wasser.
Dampf steigt auf.
Aus der Ferne hört der Django Hunde bellen und
kurz darauf Jagdhornbläser. »Hört sich ganz so an,
als würde da gerade eine Treibjagd eröffnet werden«,
denkt er sich ganz richtig.
Der Django treibt sich trotzdem den ganzen Tag
in den Amperauen herum, er braucht das manchmal.
Wird ihn schon keiner abschießen. Ein Schuss ertönt.
Der Django duckt sich, kriegt ein komisches Gefühl
und langt nach seinem Deringer. Da sieht er den Endres hinter einem Baum, wie er sich ans Herz greift.
Und umfällt.
»Jagen ist also nicht nur für die Viecher gefährlich«,
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2. Rätsel-Krimi
denkt Django, wie der tote Endres mit einem blauen
Auge vor ihm liegt. Aber noch bevor er seinen Gedanken zu Ende bringen kann, stehen zwei Jäger in Warnwesten vor ihm. Im Spalier haben sie ein rothaariges
Manderl mit hängendem Kopf; den Treibel.
»Das ist jetzt aber kein Fasan«, sagt Django und
schaut die beiden fragend an.
»Das ist der Treibel. Ein Grüner«, sagt der mit dem
aufgeschwemmten Gesicht.
»Aha«, sagt der Django in Cowboymanier, schiebt
sich einen Kautabak in den Mund und wartet.
»Von dem hat der Endres das blaue Aug’«, sagt der
andere mit der Brille.
»Und warum sollte er den Endres erschossen
haben?«
»Weil er sich immer wieder mit dem Endres gestritten hat. Angeblich, weil das viele Wild die Bäume
kaputtmacht.«
»Und macht’s das?«, hakt Django nach.
»Scho«, sagt der mit der Brille. Dadrauf lässt der
Aufgschwemmte den Treibel kurz los, haut seinem
Jägerkollegen eine auf den Hinterkopf und sagt: »So
ein Krampf. Nur wenn’s zu viele sind.«
»Und sind’s das?«
»Nach der Jagd nimmer«, sagt der Aufgschwemmte.
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2. Rätsel-Krimi
Jetzt wird’s dem Django zu blöd und geht mit dem
Treibel ein paar Schritte, die Hände an seinem Deringer, falls er strawanzen gehen würd.
»Stimmt das, was die gesagt haben?«
»Erschossen hab ich ihn nicht.«
Da brettern auch schon die Schandi mit Blaulicht in
den Waldweg. Weil der Treibel kein Alibi hat, bringen
sie ihn auf die Wache.
Django überlässt den Sheriffs die Suche nach dem
Endres seine Mörder. Er steigt lieber auf einen Jägerstand. Schaut über die Bäume bis zur Amper. »Von wo
aus der Treibel wohl geschossen hat?« Er geht zum
Ufer. Ein Vogel zwitschert. Deswegen hört er auch
den Jäger nicht kommen.
»Florian Sachs«, stellt der sich vor. »Ich habe da
was gesehen.«
»Und was bitte?«, sagt Django ungeduldig.
»Wissen S’. Eigentlich ist mir das unangenehm. Aber
ich habe gesehen, wie der Braun geschossen hat, nachdem das Signal ›Treiber in den Kessel‹ geblasen worden war. Also nachdem er aufhören hätt müssen, in
die Richtung zu schießen, aus der der Endres gekommen ist. Er hat’s aber g’macht.«
»Und können Sie sich vorstellen, warum er das
g’macht hat?«
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2. Rätsel-Krimi
Der Sachs fährt sich fahrig an die Nase. Steckt die
Hände in die Hosentasche und spielt darin herum. Da
fällt dem Django was auf. Er sagt aber erst einmal nix.
»Wissen S’, der Braun war scharf auf den Vorsitz
vom Jagdschutz- und Jägerverein.«
»Wenn das kein Grund ist«, murmelt Django und
linst wieder auf die Amper.
»Und der Endres, Gott hab ihn selig«, sagt der Sachs
und bekreuzigt sich, »war doch unser Vorsitzender.«
»Sind Sie eigentlich auf irgendwas scharf?« Der
Sachs schaut wie ein Schweiberl, wenn’s blitzt. »Weil’s
die ganze Zeit Taschenbillard spielen.«
»Und wie der auf was scharf ist«, sagt der Jäger mit
der Brille, der gerade zu ihnen gestoßen ist. »Auf den
Endres seine Frau, die jetzt die Lebensversicherung
von ihrem Mann kriegt. Und auf den Posten als Vorsitzender vom Verein.«
Der Sachs hebt die Hände abwehrend in die Höhe.
»Räumens doch mal bitte Ihre Taschen aus«, sagt
Django bestimmt und langt nach seinem Colt am Gürtel.
Was glaubt Django, in der Hosentasche vom Sachs
zu finden?
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Die Patronenhülse, die aus dem Gewehr stammt, mit welchem der Endres erschossen worden ist.
Lösung: 2. Rätsel-Krimi
3. Rätsel-Krimi
Ab g e h o b e n – E r d i n g e r Moos-Krimi
Die Oma will gerade losschimpfen, weil sie der Lois wieder einmal viel zu schnell schiebt. So früh am Morgen
waffelt es ihr die ganzen Innereien durcheinander. Aber
dann deutet sie mit dem Hacklstecker auf den Acker.
Und der Django weiß sofort, dass da irgendwas nicht
stimmt. Irgendwoher kennt er den zerschundenen Menschen, der da im Erdinger Moos flackt. Allerdings ist das
Gesicht dermaßen verdreckt von der dunkelbraunen
Erde, dass er einfach nicht draufkommt, wer da an diesem Julimorgen vor seine Füß liegt. Und auch die Blutflecken sieht er erst, als er sich zu ihm hinunterbeugt.
Die Sonne geht am Waldrand auf und dem Django
fällt ein, wer das sein könnt. Letzte Woche hat er ihn in
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3. Rätsel-Krimi
der Zeitung gesehen. Da war er nicht weniger dreckig.
Eier und Tomaten sind über den geschniegelten Kopf,
bis in den Anzug vom Generalsekretär Hauck gelaufen.
Wenn einer den Leuten, die ihn gewählt haben,
Haus, Hof und Heimat wegnehmen will, um die dritte
Startbahn für den Erdinger Flughafen zu bauen, dann
muss er damit rechnen, dass es Ärger gibt. Die im
Erdinger Moos sehen nämlich nicht ein, dass wegen
so einem Hammel jeden Tag mehrere hundert Flieger quasi durch ihr Wohnzimmer brettern, dass der
Schädel nur so brummt. Nur damit ein paar Hanserl
mehr auf dem Franz-Josef-Strauß umsteigen und nach
Timbuktu, Kampala oder sonst wohin fliegen können.
Der Django erschrickt. Hat er sich gerade die Argumente vom Mörder vorgesagt? Um sich wieder auf sein
Dasein als Detektiv zu besinnen, schaut er erst einmal
zur Sonne, die über den dampfenden Feldern steht. Er
holt sein Handy raus, dann sucht er nach dem Artikel über die Demonstration gegen die dritte Startbahn
vor der Parteizentrale in München. Keine zwei Sonnenaufgangsmeter später hat er den Artikel gefunden.
Der Wexler Kaspar war’s. Ein Bauer aus Attaching.
Wahrscheinlich hat der den Hauck wirklich gewählt.
Kurz darauf stehen der Django und die Oma vorm
Wexler seiner Haustür. Seine erstaunte Frau macht
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