ToK Predigt Schuir
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ToK Predigt Schuir
Tag der offenen Klöster 23. Juni 2012 Predigt in der Eucharistiefeier im Mutterhaus der Barmherzigen Schwestern von der Heiligen Elisabeth in Essen Diakon Willibald Mehlhorn Schrifttexte: 1 Sam 3,1-10 und Lk 5,1-11 Liebe Schwestern und Brüder im Herrn, heute feiern wir ein besonderes Fest, den „Tag der offenen Klöster“. Seit Jahren ist es ein guter Brauch, Türen zu öffnen und Gäste zu empfangen. Den Anstoß dazu gab einst der beliebte Papst Johannes XXIII., als er gegen alle Bedenken 1962 – also vor 50 Jahren – das 2. Vatikanische Konzil eröffnete. Er stieß die Tore der Kirche zur Welt hin weit auf. Das Konzil sollt ganz intensiv die Seelsorge verstärken; so wurde es ein „Konzil des Dialogs“. Besonders die Pastoralkonstitution über die Kirche in der Welt von heute „Gaudium et spes“ löste – wie die lateinischen Anfangsworte schon ausdrücken – große „Freude und Hoffnung“ aus, denn sie betont die Notwendigkeit eines „offenen, aufrichtigen Dialogs“ (GS 43) und „eines immer fruchtbaren Gesprächs zwischen allen, ob Amtsträger, ob Kleriker oder Laien“ (GS 92). Ottmar Dillenburg, Bundespräses des Kolpingwerkes Deutschland, stellt fest: „Das 2. Vatikanische Konzil kann von sich behaupten, mit Hilfe des Grundprinzips ‚Dialog‘ die Kirche auf eine neue Grundlage gestellt zu haben: Von der Konfrontation zum Dialog und damit zum geschwisterlichen Miteinander der Menschen.“ (Kolpingmagazin 6/2012, S. 25) Voll Freude und Hoffnung wurde auch einige Jahre später die Eröffnung der „Würzburger Synode“ (1971-75) begrüßt. Und im Januar diesen Jahres begann unter dem Titel „Zukunft auf katholisch, lebendige Kirche im Dialog“ in unserem Bistum Essen ein Dialogprozess, der bis 2013 dauert, der aber dann nicht aufhören darf. Dialog, Sprechen miteinander, gehört zum Leben eines jeden Menschen. So lesen wir schon auf den ersten Seiten der Heiligen Schrift: „Es ist nicht gut, wenn der Mensch allein ist.“ (Gen 2,18) Das heißt auch: Das Gespräch mit anderen Menschen darf nicht abbrechen. Wie sollte sonst der andere mich und ich ihn kennen lernen? Leider sprechen heute viele Menschen mehr übereinander als miteinander. Befindet sich die Kirche heute in einer Situation, wie wir sie in der Lesung hörten? „Die Worte des Herrn waren selten geworden; Visionen hatte man nicht.“ Doch auch heute „ist die Lampe noch nicht erloschen.“ Dann heißt es dort: Samuel kannte den Herrn noch nicht und das Wort des Herrn war ihm bisher nicht offenbart worden. Hatte der greise Eli das versäumt? Da spricht der Herr selbst den Samuel an und dieser antwortet: „Rede, Herr, dein Diener hört!“ (vgl. 1 Sam 3,10) Jesus hat sich – wie das Evangelium nach Lukas berichtet – damals ganz anders verhalten. Er hat seine Zuhörern Gott als den guten Vater verkündet, der sich um seine geliebte Geschöpfe kümmert. Die Menschen waren erstaunt über seine Worte. Und die voll und ganz von ihm Begeister1 ten folgten seinem Ruf. Die Berufung zu einem Dienst im Reich Gottes hört am besten, wer begeistert ist. Der strahlt dann auch die Begeisterung aus und macht andere Menschen neugierig, Das sollte jeder immer wieder versuchen. Wir sind zwar drinnen in der Gemeinde Jesu Christi – das ist gut und schön –, aber wir dürfen uns nicht abkapseln. Die da draußen sind, müssen spüren, erfahren, ja wirklich er-leben, dass wir durch Christus im Heiligen Geist leben und diese Menschen deshalb auch begeistern können. Erfülltes Leben durch den Heiligen Geist weckt die schlummernden Charismen, die Fähigkeiten, die Begabungen jedes Menschen, sich für die Ausbreitung des Reiches Gottes einzusetzen. Begeisterung auslösen: Können das heut nur noch die Stars und Sternchen der Unterhaltungsindustrie sowie die Fußballer? Da springen Fans von ihren Stühlen auf und jubeln, wenn ihre Mannschaft Tor schießt und sogar gewinnt. Machen wir Christen etwas falsch? Immer mehr Kirchen und Klöster werden geschlossen, aufgelöst. Wenn auch aus vielerlei Gründen die Häuser nicht erhalten bleiben, die Gemeinschaft der Christen muss das eigentliche Zuhause sein. Begeisterte Anhänger für die Gemeinde Christi zu gewinnen ist heute allerdings kein Zuckerschlecken, sondern echte Knochenarbeit. Wir hörten im Evangelium von einer unverständlichen Forderung. Die Jünger haben eine ganze Nacht lang gefischt und nichts gefangen, Das ist ungewöhnlich; denn erfahrene Fischer wie die Jünger wissen, dass man nachts erfolgreich fischen kann. Und dann werden die Fachleute, wie die Fischer-Jünger, wider alle Vernunft aufgefordert, das doch noch einmal am hellen Tag zu versuchen. Und es klappte sogar. Sie brauchten Hilfe, um den Fang einzubringen! Darum müssen wir wider alle sogenannten „vernünftigen Überlegungen“ in aller Öffentlichkeit heute aufzeigen: Das Netz der Gemeinschaft der Christen ist groß genug, um noch mehr Menschen aufzunehmen. Vielleicht kommt auch manch einer zu der Meinung, das ist alles reine Theorie, die Praxis, das Leben ist heute anders. Ich wage da zu widersprechen: Zunächst ist es eine Tatsache, dass der Mensch von Natur aus religiös veranlagt ist. In allen Kulturen der Menschheit wurden und werden die unerklärlichen Mächte der Welt als Götter verehrt. Aus Furcht vor ihr gewalttätiges Eingreifen werden Opfer dargebracht, um die Götter versöhnlicher zu stimmen. Jesus lehrte, dass Gott ein guter Vater für alle Menschen ist. Der Mensch ist auch heute noch ein Suchender. Menschen sind unterwegs zu einem Ziel, das sie oft noch gar nicht kennen. „Ich bin dann mal weg“, schrieb Harpe Kerkeling. Und seitdem nimmt die Zahl der Pilger nach Santiago de Compostela jährlich zu. Zur Zeit läuft der Film „Der Weg“; ein Vater setzt den Weg seines tödlich verunglückten Sohnes fort. Im Fernsehen lief am letzten Donnerstag der Film „Ich trage dich bis an Ende der Welt“; dort geht die Tochter für ihren unterwegs verstorbenen Vater den Weg zu Ende und darüber hinaus mit der Asche des Vaters in einer Urne bis ans „Ende der Welt“. Ob im Buch oder in den beiden Filmen, die Menschen auf dem Jakobsweg machen eine Erfahrung, die ihre Einstellung zum eigenen Leben entscheidend verändert. Und sie haben erkannt, der Lebenswerg ähnelt mit seinen Beschwerden und Freuden dem Jakobsweg. Nicht der Weg ist das Ziel, sondern der Weg führt zum Ziel; vielleicht auch an eine Kreuzung, an der die Entscheidung fällt, welchen Weg der Mensch einschlagen will. Nicht jeder kann und muss nach Santiago de Compo2 stela pilgern. Aber jeder braucht in seinem Leben immer wieder Anhaltspunkte – das können z.B. Klöster sein –, um dort die Ruhe nach den Strapazen des Alltags zu finden, die immer wieder neue Kraft schenkt. Es bieten sich oft genug auch noch unwillkürlich andere Hilfen an. Presse, Funk und Fernsehen bringen religiöse Themen, übertragen Gottesdienste. Filme wie z.B. „Sister act“ oder die Fernsehserie „Kloster Kaltental“ haben viele Zuschauer; obwohl das Klosterleben doch etwas anders ist. In Talkshows kommen Geistliche und Ordensleute zu Wort und berichten über ihre Berufung und ihr Leben. Das sind gute Gelegenheiten, mit anderen ins Gespräch zu kommen. Viele Menschen kommen heute zu Exerzitien und Einkehrtagen in die Klöster, um dort aufzutanken. Urlaub im Kloster ist für manchen gestressten Menschen eine gute Alternative, denn in der Ruhe liegt die Kraft. Wir hören heute viel von Netzwerken, z.B. vom Stromnetz. Ohne Strommasten und Umspannwerk, die „Knoten“ im Netz, könnte der unsichtbare Strom nicht fließen. So kann auch im Netzwerk der Gemeinde unseres Herrn der unsichtbare Strom der Nächstenliebe nur strömen, wenn es fest gewirkte Knoten hat, das sind die begeisterten Anhänger Jesu, die ihn mit ihrem Gebet n den Ohren liegen und um Berufung in der Kirche beten. Wo in den Familien das gemeinsame Gebet eine Selbstverständlichkeit ist, da können Rufe des Herrn gehört werden. Wer regelmäßig betet, erfährt die Freude im Herrn und verliert nie die Hoffnung. Mein Taufschein allein ist keine Eintrittskarte für den Himmel! Wenn Kinder in einer solchen vom Gebet erfüllten Atmosphäre aufwachsen, dann kann der Start in das eigene Leben gelingen. Ja, dann kommt eines Tages der „kairos“, wie er griechische genannt wird, der entscheidende Augenblick, der oft in den Evangelien und Briefen der Apostel – aber auch schon im Alten Testament – erwähnt wird, wo einem klar wird, welchen Weg er als Christ einschlagen will. Die Möglichkeiten sind entsprechend den Charismen, den Fähigkeiten, vielfältig. Man darf nicht die eine Begabung gegen die andere ausspielen; denn jede ist ein Geschenk Gottes! Dem Berufenen bleibt, aus der ihm geschenkten Begabung – aus der Gabe Gottes – das Beste zum Wohl der Mitmenschen in der Welt zu machen. Hat ein Jugendlicher oder junger Erwachsener für sich seinen Lebensweg gefunden, dann hört man oft die vielfältigsten Einwände und Gründe dagegen. On im weltlichen oder kirchlichen Beruf, die Entscheidung kann und darf jeder aus freien Stücken selbst wählen; so oder so, die Eltern wie auch Freunde und Bekannte müssen Abschied feiern und Glück und Gottes Segen wünschen, damit er im Netzwerk weiter mit anderen zusammenwirkt. Paulus schrieb einst an die Gemeinden in Galatien: „Ihr alle seid durch den Glauben Kinder Gottes in Christus Jesus. Denn ihr alle, die ihr auf Christus getauft seid, habt Christus (als Gewand) angezogen. Es gibt nicht mehr Juden und Griechen, nicht Sklaven und Freie, nicht Mann und Frau; denn ihr alle seid ‚einer‘ in Christus Jesus.“ (Gal 3,26-28) Heute würde Paulus einen Brief an uns wohl so formulieren: Ob Man oder Frau in der Familie, ob allein Lebende, ob Ordensfrau oder Ordensmann, ob Priester oder Diakon, ob Papst oder Bischof, ihr alle seid einer in Christus! Das bedeutet keine Gleichmacherei, in der jeder seine Persönlichkeit aufgibt. Nein, sondern eins in Christus sein bewirkt fähig zu werden, zu wirken wie er zum Heil der Menschen. Und dazu sind alle berufen. Amen. 3