Der Verwaltungsakt

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Der Verwaltungsakt
Peter Lehmann
Kompetenz. Wissen. Erfolg.
Allgemeines Verwaltungsrecht
n
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Die öffentliche Verwaltung
Das Verwaltungshandeln
Rechtsbehelfe gegen Verwaltungshandeln
BAND 3
Ersteller / Impressum
Ersteller
Dr. Peter Lehmann,
Rechtsanwalt, Konzernjustiziar der Stadtwerke Regensburg GmbH und der
REWAG Regensburger Energie- und Wasserversorgung AG & Co KG,
Geschäftsführer der LSR Lagerhaus- und Schifffahrtsgesellschaft mbH Regensburg,
seit 1978 nebenberuflicher Mitarbeiter der Bayerischen Verwaltungsschule
Gegenreferent
Peter Kitzeder,
Verwaltungsdirektor
Leiter des Geschäftsbereichs Ausbildung
Fachreferent Kommunalrecht
Impressum
Rechtsstand:
1. Juli 2009
Herausgeber:
Bayerische Verwaltungsschule (BVS), Ridlerstraße 75, 80339 München,
Telefon 089/54057-0, [email protected], www.bvs.de
Konzept / Satz:
Michael Bauer, BVS München – FIBO Lichtsatz GmbH, Kirchheim
© 2009 BVS
Jede Art der Vervielfältigung ohne schriftliche Genehmigung der BVS außerhalb der
engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist gemäß § 106 Urheberrechtsgesetz
verboten und kann strafrechtlich verfolgt werden.
Bezugsquelle: Dieses Lehrbuch erscheint im Rahmen der Neuen Reihe der BVS.
Weitere Information zu den Schriften der BVS und ein Bestellformular finden Sie im
Internet unter www.bvs.de/schriften
3
Vorbemerkung
Vorbemerkung
Das „Allgemeine Verwaltungsrecht“, das Gegenstand dieses Lehrbuches
ist, beschäftigt sich mit Grundfragen des Wesens der öffentlichen Verwaltung, ihres Tätigwerdens und ihres Verhältnisses zum Bürger. Dementsprechend werden sich die Erörterungen dieses Buches im Wesentlichen an folgenden Fragestellungen orientieren:
• Was ist das, die „öffentliche Verwaltung“?
• Was macht sie im Einzelnen?
• Wie hat sie sich dabei zu verhalten?
• Was kann der Bürger gegen ihr Tun unternehmen?
Sich mit dem allgemeinen Verwaltungsrecht zu beschäftigen bedeutet,
sich mit Rechtsregeln befassen zu müssen. Ein Verwaltungsbediensteter soll bei der Beurteilung eines schwierigen Rechtsproblems einmal
gesagt haben: „Greifen wir zum Äußersten, blicken wir ins Gesetz!“ In
Wahrheit ist der Blick ins Gesetz aber gerade das nächst­liegende Mittel,
sich mit einer Rechtsmaterie zu beschäftigen. Das Gesetz ist das erste
und beste Lehrbuch für denjenigen, der das allgemeine Verwaltungsrecht
erlernen will. Das vorliegende Lehrbuch soll helfen, die einschlägigen
rechtlichen Regelungen durchschaubar zu machen. Als methodische
Grundregel für die Arbeit mit diesem Lehrbuch gilt daher:
Soweit im Rahmen dieses Lehrbuches Rechtsvorschriften zitiert werden, lesen Sie zunächst diese Bestimmungen aufmerksam durch!
Lassen Sie sich im Übrigen von den didaktischen und methodischen
Angeboten dieses Buches leiten. Das Verständnis textlich dargestellter
Inhalte wird durch eigenständige Auseinandersetzung mit diesen Inhalten vertieft und gefestigt. Dabei will Ihnen dieses Buch helfen.
Kontrollfragen am Ende sachlich zusammenhängender Erörterungen sollen es Ihnen ermöglichen, selbst zu prüfen, ob Sie den Lehrstoff erfasst
haben. Die Antworten zu den Kontrollfragen befinden sich im Anhang.
4
Inhalt
Vorbemerkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4
Inhalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5
Abkürzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11
Schrifttumshinweise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14
1
Der Standort des allgemeinen Verwaltungsrechts. . . . . . . . . . . . . . . . . 15
2
Das Wesen der öffentlichen Verwaltung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18
2.1 Der Begriff der öffentlichen Verwaltung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18
2.2 Die geschichtliche Entwicklung von Verwaltung und Verwaltungsrecht
in Deutschland. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19
2.2.1 Die historische Entwicklung bis 1945 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20
2.2.2 Rechtsstaatliche Verwaltung nach dem Grundgesetz . . . . . . . . . . . . . . . . 21
2.2.3 Deutsches und europäisches Verwaltungsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22
2.3 Die Arten der öffentlichen Verwaltung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22
2.3.1 Die Unterscheidung nach dem Träger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23
2.3.2 Die Unterscheidung nach der Rechtsform des Handelns . . . . . . . . . . . . . 26
2.3.3 Die Unterscheidung nach den Aufgaben. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28
3
Überblick über das Verwaltungshandeln. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30
3.1
Formen des Verwaltungshandelns. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31
3.2
Rechtsgrundlagen des Verwaltungshandelns. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35
3.2.1
Überblick über die Rechtsgrundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35
3.2.2
Das Verwaltungsverfahrensrecht. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35
4
Grundsätze des Verwaltungshandelns. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37
4.1
Gesetzmäßigkeit der Verwaltung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38
4.1.1
Der Vorrang des Gesetzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38
4.1.2Der Vorbehalt des Gesetzes. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38
4.2Pflichtgemäßes Ermessen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39
4.2.1
Das Wesen des Ermessens. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40
4.2.2Die Ermessensausübung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41
4.3
Willkürverbot . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44
4.3.1
Die Rechtsanwendungsgleichheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44
4.3.2Die Selbstbindung der Verwaltung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45
4.3.3
Die Sachgerechtigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46
4.4
Bestimmtheit. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46
4.5
Treu und Glauben. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46
4.6
Verhältnismäßigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47
4.7
Wirtschaftlichkeit. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48
4.8
Bürgergerechtes Verhalten. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49
5
Inhalt
5
Das Verwaltungsverfahren. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51
5.1
Der Begriff des Verwaltungsverfahrens. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51
5.2
Handelnde im Verwaltungsverfahren. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52
5.2.1
Die Behörde. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52
5.2.2
Die Beteiligten. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54
5.3Grundsätze des Verwaltungsverfahrens. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55
5.3.1Der Beginn des Verwaltungsverfahrens. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55
5.3.2Die Form des Verwaltungsverfahrens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56
5.3.3Die Amtssprache. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61
5.3.4Beratung und Auskunft. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61
5.3.5Die Sachverhaltsermittlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62
5.3.6Die Schutzrechte der Beteiligten. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63
5.4
Fristen, Termine, Wiedereinsetzung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65
5.4.1
Fristen und Termine . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65
5.4.2
Die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 66
5.5
Amtliche Beglaubigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 67
5.5.1
Gemeinsame Grundsätze. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 67
5.5.2
Die amtliche Beglaubigung von Dokumenten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 67
5.5.3
Die amtliche Beglaubigung von Unterschriften. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 67
6Der Verwaltungsakt. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69
6.1
Der Begriff des Verwaltungsakts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69
6.1.1Die hoheitliche Maßnahme als Handlungstyp. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70
6
6.1.2
Die Behörde als Handelnder. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 71
6.1.3
Das öffentliche Recht als Handlungsbereich. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 72
6.1.4
Die Einzelfallregelung als Handlungsinhalt. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73
6.1.5
Die Außenwirkung als Zielrichtung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 77
6.2
Formen des Verwaltungsakts. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 80
6.2.1
Entstehungsformen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 80
6.2.2
Ausdrucksformen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81
6.2.3
Wirkungsformen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 83
6.3
Der Inhalt des Verwaltungsakts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 85
6.3.1
Der Kopf des Bescheids. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 86
6.3.2
Der Entscheidungssatz (Tenor). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 87
6.3.3
Die Begründung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 96
6.3.4
Die Rechtsbehelfsbelehrung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 98
6.3.5
Die Unterschrift . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 99
6.3.6
Das Dienstsiegel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 100
6.4
Die Bekanntgabe des Verwaltungsakts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 100
6.4.1
Die einfache Bekanntgabe. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101
Inhalt
6.4.2
Die öffentliche Bekanntgabe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102
6.4.3
Die förmliche Zustellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103
6.5
Wirksamkeit und Bestandskraft von Verwaltungsakten. . . . . . . . . . . . . . . 112
6.5.1
Die Wirksamkeit von Verwaltungsakten. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 112
6.5.2
Die Bestandskraft von Verwaltungsakten. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113
6.6
Die Vollstreckung von Verwaltungsakten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 115
6.6.1
Die allgemeinen Vollstreckungsvoraussetzungen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 115
6.6.2
Die Vollstreckung von Geldforderungen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 117
6.6.3
Die Vollstreckung einer Handlung, Duldung oder Unterlassung. . . . . . . . . 120
7
Der rechtswidrige Verwaltungsakt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 125
7.1
Die Abgrenzung zum Nichtakt. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 125
7.2
Felerquellen bei Verwaltungsakten. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 125
7.2.1
Die Unterscheidung nach der Schwere des Fehlers . . . . . . . . . . . . . . . . . 126
7.2.2
Die Unterscheidung nach dem Inhalt des Fehlers. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 126
7.3Fehlerfolgen bei Verwaltungsakten (Überblick). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 126
7.4Die Unbeachtlichkeit von Fehlern. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127
7.4.1Unzweckmäßige Verwaltungsakte. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127
7.4.2
Unrichtige Verwaltungsakte. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 128
7.4.3
Unbeachtliche Verfahrens- und Formfehler . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 129
7.5Die Beachtlichkeit von Fehlern. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 130
7.5.1
Die Nichtigkeit des Verwaltungsakts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 130
7.5.2
Die Anfechtbarkeit des Verwaltungsakts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 134
8Die behördliche Aufhebung von Verwaltungsakten . . . . . . . . . . . . . . . 138
8.1Die Rückname rechtswidriger Verwaltungsakte. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 139
8.1.1
Die Generalregel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 140
8.1.2Die Rücknahme nicht begünstigender Verwaltungsakte . . . . . . . . . . . . . . 140
8.1.3
Die Rücknahme begünstigender Verwaltungsakte. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 140
8.2
Der Widerruf rechtmäßiger Verwaltungsakte. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 142
8.2.1
Der Widerruf nicht begünstigender Verwaltungsakte. . . . . . . . . . . . . . . . . 143
8.2.2
Der Widerruf begünstigender Verwaltungsakte. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 144
9Der öffentlich-rechtliche Vertrag. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 146
9.1Der Begriff des öffentlich-rechtlichen Vertrags. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 146
9.2Die Arten öffentlich-rechtlicher Vertragsbeziehungen . . . . . . . . . . . . . . . . 147
9.2.1
Vertragsfreiheit und Rechtsstaatsprinzip. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 147
9.2.2
Die öffentlich-rechtlichen Vertragstypen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 148
9.3
Der Abschluss des öffentlich-rechtlichen Vertrags. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 150
9.4
Fehlerhafte öffentlich-rechtliche Verträge. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 150
7
Inhalt
9.5
Anpassung und Kündigung öffentlich-rechtlicher Verträge. . . . . . . . . . . . . 151
9.6
Die Durchsetzung öffentlich-rechtlicher Vertragspflichten. . . . . . . . . . . . . 153
10Das System der Rechtsbehelfe gegen Verwaltungshandeln. . . . . . . . . 154
10.1
Überblick über die Arten von Rechtsbehelfen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 154
10.2
Zulässigkeit und Begründetheit von Rechtsbehelfen. . . . . . . . . . . . . . . . . 155
11Formlose Rechtsbehelfe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 158
11.1
Gemeinsame Merkmale. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 158
11.2
Die Gegenvorstellung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 159
11.3Die Aufsichtsbeschwerde . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 159
11.4Die Dienstaufsichtsbeschwerde . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 160
12Das Widerspruchsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 162
12.1
Die Doppelnatur des Widerspruchsverfahrens. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 162
12.2
Die Zulässigkeit des Widerspruchs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 163
12.2.1 Der Verwaltungsrechtsweg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 163
12.2.2 Die Statthaftigkeit des Widerspruchs. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 166
12.2.3 Die Beteiligungs- und Handlungsfähigkeit. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 171
12.2.4 Die ordnungsgemäße Widerspruchserhebung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 171
12.2.5 Die Widerspruchsfrist. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 172
12.2.6 Die Widerspruchsbefugnis. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 173
12.3
Die Begründetheit des Widerspruchs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 174
12.3.1 Der Umfang der Begründetheitsprüfung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 174
12.3.2 Die Fälle der Begründetheit. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 175
12.4
Die Prüfung der Erfolgsaussichten eines Widerspruchs . . . . . . . . . . . . . . 176
12.5
Der Ablauf des Widerspruchsverfahrens. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 178
12.5.1 Das Abhilfeverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 178
12.5.2Der Widerspruchsbescheid . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 180
12.6
Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 186
12.6.1 Die aufschiebende Wirkung als Grundsatz. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 186
12.6.2 Ausnahmen vom Grundsatz der aufschiebenden Wirkung . . . . . . . . . . . . 187
13Der verwaltungsgerichtliche Rechtsschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 190
13.1
Der Aufbau der Verwaltungsgerichtsbarkeit. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 192
13.2
Die verwaltungsgerichtlichen Verfahrensgrundsätze. . . . . . . . . . . . . . . . . 194
13.2.1 Der Grundsatz des generellen Rechtsschutzes. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 194
13.2.2 Der Grundsatz der Öffentlichkeit. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 194
13.2.3 Der Untersuchungsgrundsatz. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 194
13.2.4 Der Grundsatz der Mündlichkeit. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 195
8
Inhalt
13.2.5 Der Verfügungsgrundsatz. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 195
13.2.6 Der Grundsatz des rechtlichen Gehörs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 195
13.2.7 Der Grundsatz der freien richterlichen Beweiswürdigung. . . . . . . . . . . . . 196
13.3
Die allgemeinen Prozessvoraussetzungen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 196
14
Die verwaltungsgerichtlichen Klagearten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 200
14.1
Die Gestaltungsklagen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 201
14.1.1 Die Anfechtungsklage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 201
14.1.2 Die allgemeinen Gestaltungsklagen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 204
14.2
Die Leistungsklagen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 204
14.2.1 Die Verpflichtungsklage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 204
14.2.2 Die allgemeine Leistungsklage. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 207
14.3
Die Feststellungsklagen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 208
14.3.1 Die Klage auf Feststellung eines Rechtsverhältnisses. . . . . . . . . . . . . . . . 208
14.3.2 Die Nichtigkeitsfeststellungsklage. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 209
14.3.3 Die Fortsetzungsfeststellungsklage. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 209
15
Der vorläufige verwaltungsgerichtliche Rechtsschutz . . . . . . . . . . . . . 211
15.1
Die (Wieder-)Herstellung der aufschiebenden Wirkung. . . . . . . . . . . . . . . 211
15.2
Die einstweilige Anordnung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 214
16Die abstrakte verwaltungsgerichtliche Normenkontrolle. . . . . . . . . . . 217
16.1Die Prüfungsgegenstände der Normenkontrolle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 217
16.2
Der Prüfungsmaßstab der Normenkontrolle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 217
16.3Das Normenkontrollverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 218
17
Der verwaltungsgerichtliche Instanzenzug (Überblick). . . . . . . . . . . . . 220
17.1
Die Berufung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 220
17.2
Die Revision. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 221
17.3
Die Beschwerde. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 223
Anhang. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 225
1Beglaubigungsvermerk für die amtliche Beglaubigung einer
Abschrift oder Ablichtung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 225
2Beglaubigungsvermerk für die amtliche Beglaubigung von
Unterschriften und Handzeichen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 225
3
Bescheid. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 226
4
Zustellungsurkunde. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 230
5
Zustellungsnachweis bei Einschreiben mit Rückschein. . . . . . . . . . . . . . . 233
6
Empfangsbekenntnis für Zustellungen gemäß Art. 5 VwZOG. . . . . . . . . . 234
7
Öffentlich-rechtlicher Vertrag. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 236
9
Inhalt
10
8
Widerspruchsschreiben. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 238
9
Niederschrift einer Widerspruchseinlegung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 239
10
Widerspruchsbescheid. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 240
11
Klage zum Verwaltungsgericht. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 244
12
Urteil des Verwaltungsgerichts. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 245
13
Tipps zum Aufbau eines erstinstanzlichen Bescheids. . . . . . . . . . . . . . . . 251
14
Tipps zum Aufbau eines Widerspruchsbescheids . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 260
Antworten zu den Kontrollfragen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 270
Übungsaufgabe mit Lösungshinweisen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 285
Stichwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 291
Der Verwaltungsakt
6
6 Der Verwaltungsakt
Er ist das Instrument, mit dem die Verwaltung dem Bürger aufgrund ihrer öffentlichrechtlichen Befugnisse im Einzelnen etwas gebietet oder verbietet, erlaubt, gewährt
oder versagt, Rechtsverhältnisse gestaltet oder verbindliche Feststellungen trifft.
6.1
Der Begriff des Verwaltungsakts
Die gesetzliche Begriffsbestimmung (Legaldefinition) des Verwaltungsakts aus Art. 35
Satz 1 BayVwVfG enthält die fünf grundlegenden Merkmale für den Begriff des Verwaltungsakts. Erfüllt ein Handeln der Verwaltung auch nur ein einziges der Begriffsmerkmale nicht, liegt kein Verwaltungsakt vor.
Verwaltungsakt
Verwaltungsakt ist jede Verfügung, Entscheidung oder andere 1 hoheitliche Maßnahme, die 2 eine Behörde 4 zur Regelung eines Einzelfalls 3 auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts trifft und die 5 auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet ist
(Art. 35 Satz 1 BayVwVfG).
Die Zahlen im Gesetzestext geben die (gängige) Prüfungsreihenfolge für die Prüfung
des Verwaltungsaktsbegriffs wieder.
Die Begriffsmerkmale des Verwaltungsakts
@
+
&
Hoheitliche
Maßnahme
+
Außenwirkung
Behörde
Verwaltungsakt
+
Einzelfallregelung
%
+
;
+
öffentliches
Recht
=
Aus den Begriffsmerkmalen des Art. 35 Satz 1 BayVwVfG lässt sich für den Verwaltungs­
aktbegriff folgender Merksatz ableiten:
Verwaltungsakt ist eine behördlich-hoheitliche Einzelfallregelung des öffentlichen
Rechts mit Außenwirkung.
Merke
69
6
Der Verwaltungsakt
6.1.1
Hoheitliche
Maßnahme
Die hoheitliche Maßnahme als Handlungstyp
Verwaltungsakt kann nach Art. 35 Satz 1 BayVwVfG nur eine „hoheitliche Maßnahme“
sein. Die in dieser Bestimmung weiterhin aufgeführten Begriffe „Verfügung“ und „Entscheidung“ sind lediglich beispielhafte Unterbegriffe. Verschiedentlich werden in Normen des besonderen Verwaltungsrechts auch inhaltsgleich die Begriffe „Beschluss“,
„Anordnung“, „Bescheid“, „Erlaubnis“, „Zulassung“ oder Ähnliches verwandt.
Maßnahme im Sinne von Art. 35 Satz 1 BayVwVfG bedeutet zweckgerichtetes Handeln mit Entscheidungscharakter. Die Behörde muss mit der Maßnahme also einen
bestimmten Zweck verfolgen und zur Erreichung des Zwecks eine bindende Entscheidung treffen wollen. Nicht unmittelbar rechtserhebliches Verwaltungshandeln (vgl. oben
Nr. 3.1) ist somit keine Maßnahme.
Beispiel
Die Gemeinde weist durch Postwurfsendungen alle Hauseigentümer auf die gesetzliche Straßen­
reinigungspflicht hin.
Hoheitliche Maßnahme bedeutet, dass die Maßnahme auf die obrigkeitliche Hoheits(ggf. Zwangs-)Gewalt des Verwaltungsträgers gestützt sein muss. Die Verwaltung muss
die Maßnahme also als Hoheitsverwaltung (zum Begriff und seiner Abgrenzung zu an­
deren Formen der Verwaltung vgl. oben Nr. 2.3.2) vorgenommen haben.
Damit scheidet zum einen jedes privatrechtliche Verwaltungshandeln (sowohl verwaltungsprivatrechtliches als auch fiskalisches Handeln; vgl. oben Nr. 3.1) aus dem Begriff
der hoheitlichen Maßnahme aus. Zum anderen erfüllt aber auch schlicht hoheitliches
Verwaltungshandeln nicht den Begriff der hoheitlichen Maßnahme, da bei ihm keine
hoheitlichen bzw. obrigkeitlichen (Zwangs-)Mittel zum Einsatz kommen (vgl. oben
Nr. 3.1).
In der Praxis lässt sich daher die Frage, ob eine hoheitliche Maßnahme vorliegt, am
leichtesten dadurch entscheiden, dass man prüft, ob die Verwaltung als Hoheitsverwaltung tätig geworden ist.
Beispiel
Die Gemeinde will versuchen, das Mietverhältnis über eine Gemeindewohnung zu lösen. Zwi­
schen der Gemeinde in ihrer Funktion als Vermieterin und dem Mieter besteht kein Über-/Unter­
ordnungsverhältnis im Sinne der Hoheitsverwaltung bzw. hoheitlicher Maßnahmen; sie stehen
sich vielmehr als Rechtssubjekte des Privatrechts auf der Gleichrangebene gegenüber. Die Ge­
meinde darf daher keinen entsprechenden Verwaltungsakt erlassen, sondern muss das zivilrecht­
liche Instrument der Kündigung wählen.
Zusammenfassend ist der Begriff der „hoheitlichen Maßnahme“ wie folgt von anderem
Verwaltungshandeln abzugrenzen:
70
Begriffsmerkmal
abzugrenzen von
Maßnahme
zweckgerichtetes Handeln mit Entscheidungs-
charakter
nicht unmittelbar rechtserhebliches
Verwaltungshandeln
hoheitlich
obrigkeitliches Handeln
privatrechtliche Maßnahme (verwaltungsprivatrechtlicher oder fiskalischer Art)
schlicht hoheitliche Maßnahme
Der Verwaltungsakt
9. Handelt es sich bei folgenden Verwaltungstätigkeiten um hoheitliche Maßnahmen?
6
Kontrollfragen
9. a) Erteilung einer Fahrerlaubnis
9. b)Die Stadt genehmigt den Verkauf eines Grundstücks, das in einem förmlich festgesetzten Sanierungsgebiet liegt.
9. c)Das Landratsamt weist durch eine Plakataktion auf die Bedeutung der PolioSchutzimpfung hin.
6.1.2
Die Behörde als Handelnder
Ein Verwaltungsakt kann gemäß Art. 35 Satz 1 BayVwVfG nur von einer „Behörde“
stammen. Für den Behördenbegriff gilt die Legaldefinition des Art. 1 Abs. 2 BayVwVfG.
Demnach ist Behörde „jede Stelle, die Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrnimmt“.
Behörde
Nur Stellen, die Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrnehmen, erfüllen also den
Behördenbegriff. Damit scheiden zunächst alle privaten Verwaltungsträger als Behörden aus (soweit es sich nicht um beliehene Unternehmer handelt – vgl. hierzu oben
Nr. 2.3.1).
für private Verwaltungsträger:
Beispiele
Verwaltung einer Versicherungs-Aktiengesellschaft; Hausverwaltung eines privaten Bauträgers.
Andererseits müssen öffentliche Aufgabenträger gerade Verwaltungsaufgaben erfüllen, um Behörden zu sein. Allein die Erfüllung öffentlicher Aufgaben reicht für die Behördeneigenschaft also noch nicht aus. Damit stellt sich die Notwendigkeit, Behörden
im Sinne von Art. 1 Abs. 2 BayVwVfG von anderen öffentlichen Aufgabenträgern abzugrenzen (vgl. hierzu die Aufgliederung der staatlichen Funktionen unter Nr. 2.1).
Wegen des Grundsatzes der Gewaltenteilung (Art. 20 Abs. 2 Satz 2 GG) sind den Behörden zunächst die Organe der Gesetzgebung (Legislative) und der Rechtsprechung
(Judikative) gegen­überzustellen. Parlamente und Gerichte sind somit grundsätzlich keine Behörden und damit nicht in der Lage, Verwaltungsakte zu erlassen. Innerhalb des
Bereichs der vollziehenden Gewalt (Exekutive) entspricht es der funktionalen Trennung
in Regierung (Gubernative) und Verwaltung (Administrative), auch den Stellen der Regierung bei ihrer politischen Leitungstätigkeit die Behördeneigenschaft abzusprechen;
Regierungstätigkeit hat demnach auch keine Verwaltungsaktsqualität.
Im Übrigen ist der gesetzliche Behördenbegriff weit zu fassen (Art. 1 Abs. 2 BayVwVfG:
„… jede Stelle, …“). Behörden sind somit Träger der unmittelbaren oder mittelbaren
Staatsverwaltung, sei es auf Bundesebene, sei es auf der Ebene der Länder oder Kommunen.
Sämtliche unter 2.3.1 bezeichneten Träger der öffentlichen Verwaltung sind somit Be­
hörden und deshalb grundsätzlich befähigt, Verwaltungsakte zu erlassen.
71
6
Der Verwaltungsakt
Der Behördenbegriff ist zusammenfassend von anderen Funktionen wie folgt abzugrenzen:
Kontrollfragen
Begriffsmerkmal
abzugrenzen von
Private Verwaltungsträger
Behörde
Stelle, die Aufgaben der öffentlichen Verwaltung
andere öffentliche
wahrnimmt
Aufgabenträger
Gesetzgebung
(Legislative)
Regierung
(Gubernative)
Rechtsprechung
(Judikative)
10. Handelt es sich bei folgenden Stellen um Behörden im Sinne von Art. 1 Abs. 2
BayVwVfG?
10. a) Ein Verwaltungsgericht, wenn es den Bescheid einer Behörde aufhebt
10. b)Gewerkschaften
10. c) Der Deutsche Bundestag
10. d)Ein gemeindlicher „Zweckverband zur Abwasserbeseitigung“
6.1.3
Das öffentliche Recht als Handlungsbereich
Ein Verwaltungsakt kann gemäß Art. 35 Satz 1 BayVwVfG nur aus einer Maßnahme
bestehen, die ihre Grundlage in einer Norm (Gesetz, Verordnung, Satzung) des öffentlichen Rechts hat. Die Fragestellung für die Prüfung dieses Begriffsmerkmals lautet
also: „Wo hat die zu prüfende Maßnahme ihre Rechtsgrundlage?“
Beispiele
Das Landratsamt ordnet die Beseitigung eines Schwarzbaus an. Die Befugnis der Kreisverwaltungsbehörden, baurechtliche Beseitigungsanordnungen zu erlassen, ergibt sich aus Art. 76
Satz 1 BayBO, also einer öffentlich-rechtlichen Rechtsnorm; die Maßnahme ergeht somit auf
dem Gebiet des öffentlichen Rechts.
Das Wasserwirtschaftsamt kauft eine neue EDV-Anlage. Der Kauf regelt sich nach den zivilrecht­
lichen Normen der §§ 433 ff. BGB; die Maßnahme bewegt sich somit nicht auf dem Bereich des
öffentlichen Rechts.
Sinn dieser sog. „Bereichsklausel“ ist zunächst die Abgrenzung des Verwaltungsakts zu
Maßnahmen auf dem Gebiet des Privatrechts. Im Übrigen kann die gesetzliche Formulierung „auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts“ zu Missverständnissen Anlass geben, wenn man die gesamten Regelungsmaterien des öffentlichen Rechts in Betracht
zieht (vgl. oben die Teilbereiche des öffentlichen Rechts unter Nr. 1). Da sich das Verwal­
tungsverfahrensrecht nur mit der Verwaltungstätigkeit der Behörden beschäftigt
(vgl. Art. 1 Abs. 1 BayVwVfG), bedeutet die Bereichsklausel praktisch eine Beschränkung des Verwaltungsaktsbegriffs auf Maßnahmen aus dem Bereich des Verwaltungsrechts. Die übrigen Materien des öffentlichen Rechts, das Strafrecht, das Prozessrecht
und das Kirchenrecht sind somit nicht von der Bereichsklausel mit umfasst und damit
(grundsätzlich) auch keine geeigneten Rechtsbereiche zum Erlass von Verwaltungsakten.
72
Der Verwaltungsakt
6
Der Rechtsbereich, in dem Verwaltungsakte erlassen werden können, ist daher wie
folgt von anderen Rechtsbereichen abzugrenzen:
Begriffsmerkmal
abzugrenzen von
Privatrecht
sonstiges
öffentliches
öffentliches Recht
Recht, das nicht
Verwaltungsrecht
der Verwaltungs-
tätigkeit zugrunde
liegt
Völkerrecht
Staats- und
Verfassungsrecht
Strafrecht
Prozessrecht
Kirchenrecht
11. Ergehen folgende Maßnahmen „auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts“ im Sinne
von Art. 35 Satz 1 BayVwVfG?
Kontrollfragen
11. a)Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis für die Aufstellung eines privaten Baugerüsts auf öffentlichem Straßengrund
11. b)Kündigung eines Angestellten im öffentlichen Dienst
11. c)Ladung eines Zeugen zur mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht
11. d)Entlassung eines Beamten
11. e)Die Gemeinde kauft ein Grundstück für den Bau einer Straße
11. f) Die Gemeinde lässt ein Grundstück für den Bau einer Straße enteignen.
6.1.4
Die Einzelfallregelung als Handlungsinhalt
Merkmal des Verwaltungsakts ist gemäß Art. 35 Satz 1 BayVwVfG die Regelung eines
Einzelfalls.
Einzelfallregelung
Die Regelung
Der Begriff „Einzelfallregelung“ bedeutet zunächst, dass die Maßnahme dazu dienen
muss, ein Rechtsverhältnis zwischen der Verwaltung und dem Bürger zu regeln. Derartige Regelungen sind
• die Begründung, Änderung und Aufhebung von Rechten und Pflichten;
• die Abweisung von Begehren auf Begründung, Änderung, Aufhebung oder Feststellung von Rechten oder Pflichten;
• die Feststellung des Bestehens, Nichtbestehens oder Umfangs von Rechten oder
Pflichten.
„Regelungen“ in diesem Sinne dienen also dazu, neue (verwaltungsrechtliche) Rechtsverhältnisse zu schaffen, unklare zu klären bzw. entsprechende Anträge abzuwehren.
73
6
Der Verwaltungsakt
Beispiel
Die telekommunikationsrechtliche Standortbescheinigung für eine bestimmte Mobilfunkantenne regelt, dass, wo und unter welchen Nebenbestimmungen die Antenne errichtet werden
darf.
Zusicherung
Eine Regelung in diesem Sinne stellt auch die Zusicherung (Art. 38 BayVwVfG) dar, die
als Verwaltungsakt anzusehen ist. Die Zusicherung ist die – von gewissen Ausnahmen
(Art. 38 Abs. 2 und 3 BayVwVfG) abgesehen – bindende Zusage der Behörde, einen
bestimmten Verwaltungsakt später zu erlassen oder zu unterlassen. Sie bedarf zu ihrer
Wirksamkeit zwingend der Schriftform.
Beispiel
Ein Ausländer, der die entsprechenden Voraussetzungen erfüllt, will seine Einbürgerung als Deut­
scher beantragen. Einbürgerungsvoraussetzung ist in seinem Fall jedoch die vorherige Entlas­
sung aus der ausländischen Staatsangehörigkeit. Um das Risiko, eventuell staatenlos zu werden,
zu vermeiden, sollte sich der Ausländer zunächst schriftlich seine Einbürgerung zusichern lassen
und erst dann seine Entlassung aus der ausländischen Staatsangehörigkeit betreiben. Aufgrund
der Zusicherung ist die deutsche Behörde nämlich (bei unveränderter Sach- und Rechtslage)
dann verpflichtet, die Einbürgerung zu verfügen, sobald die ausländische Staatsangehörigkeit
entfallen ist.
Auch die Rücknahme (Art. 48 BayVwVfG) und der Widerruf (Art. 49 BayVwVfG) eines
Verwaltungsaktes enthalten eine Regelung.
Durch seinen Regelungsgehalt unterscheidet sich der Verwaltungsakt von Verwaltungshandlungen ohne Regelungsinhalt, insbesondere
• unverbindlichen Hinweisen (auf bestehende Rechtslagen);
Beispiel
• Die Bauaufsichtsbehörde weist einen amtsbekannten „Schwarzbauer“ auf die (abstrakte) Mög­
lichkeit baurechtlicher Beseitigungsanordnungen hin.
• Auskünften, Informationsbroschüren, Merkblättern, Gewährung von Akteneinsicht im
laufenden Verwaltungsverfahren (Art. 25, 29 BayVwVfG);
• Realakten.
Beispiele
• Der Hieb auf den Kopf des Demonstranten, die bloße Auszahlung der Besoldung an den Beam­
ten, die Eintragung von Punkten in das Verkehrszentralregister oder deren Reduzierung (§ 4
Abs. 5 StVG).
Als einseitige verwaltungsrechtliche Regelung unterscheidet sich der Verwaltungsakt
ferner vom öffentlich-rechtlichen Vertrag ( s. unten Nr. 9 ). Beim öffentlich-rechtlichen
Vertrag wird das Verwaltungsrechtsverhältnis unter den Beteiligten nämlich einvernehmlich vereinbart und nicht – wie beim Verwaltungsakt – einseitig geregelt.
Der Einzelfall
Der Begriff „Einzelfallregelung“ bedeutet im strengen Sinne die Regelung der Verhältnisse einer bestimmten Person in einer bestimmten Situation, d. h. die Regelung der
konkreten Verhältnisse eines bestimmten Individuums – konkret-individuelle Regelung –.
74
Der Verwaltungsakt
6
Inhaltlich im Gegensatz hierzu stehen die Rechtsnormen, denen generelle Geltung
(d. h. Geltung für jedermann) zukommt und die abstrakt (d. h. losgelöst von einem
bestimmten Einzelfall) für alle einschlägigen Fallgestaltungen gelten – generell-abstrakte Regelung –.
Gemäß § 7 Abs. 3 der Altstadtschutzsatzung der Stadt R ist es unzulässig, auf Hausdächern im
historischen Altstadtbereich liegende Dachfenster anzubringen. Diese Regelung betrifft jeden
Hauseigentümer im fraglichen Altstadtbereich, gleichgültig, ob er konkret einen derartigen Fenstereinbau plant oder nicht (generell-abstrakte Regelung).
Beispiel
Ein Hauseigentümer im historischen Altstadtbereich der Stadt R reicht einen Bauantrag auf Ge­
nehmigung eines bestimmten liegenden Dachfensters für sein Anwesen ein. Sein Antrag wird
abgelehnt. Diese Ablehnung betrifft eine bestimmte Person in einer bestimmten Situation (kon­
kret-individuelle Regelung).
§ 7 Abs. 3 der Altstadtschutzsatzung ist demnach eine Rechtsnorm; die Ablehnung der Geneh­
migung ist eine Einzelfallregelung im Sinne des Verwaltungsaktsbegriffs.
An der Nahtstelle zwischen konkret-individueller und generell-abstrakter Regelung steht
nun mit der Allgemeinverfügung (Art. 35 Satz 2 BayVwVfG) ein Regelungstyp, der
zwar eine konkret bestimmte Situation oder Sache zum Gegenstand hat, diese aber im
Hinblick auf eine (abgrenzbare) Personenmehrheit regelt. Art. 35 Abs. 2 BayVwVfG
bezeichnet die Allgemeinverfügung ausdrücklich als Verwaltungsakt.
Allgemeinverfügung
Der Verwaltungsakt in der Form der
Allgemeinverfügung
konkretindividuell
Verwaltungsakt
Rechtsnorm
abstraktgenerell
Allgemeinverfügung
konkretgenerell
75
6
Der Verwaltungsakt
Das bedeutet, dass ergänzend zu den Begriffsmerkmalen des Art. 35 Satz 2 BayVwVfG
die übrigen Begriffsmerkmale des Verwaltungsakts zu bejahen sein müssen (vgl. Nrn.
6.1.1, 6.1.2, 6.1.3, 6.1.5), damit man den Begriff der Allgemeinverfügung als gegeben
feststellen kann:
hoheitliche Maßnahme
einer Behörde
auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts
mit Außenwirkung
+
Regelung nach Art. 35 Satz 2 BayVwVfG
=
Allgemeinverfügung
an
Personenmehrheit
Gemäß Art. 35 Satz 2 BayVwVfG sind drei Arten der Allgemeinverfügung zu unter­
scheiden:
• Maßnahme an einen bestimmten oder bestimmbaren Personenkreis;
Beispiele
• Ein Polizist ruft in eine Personengruppe: „Geht auseinander!“; eine behördliche Anordnung er­
geht „an alle Hundehalter in der Gemeinde A“.
• Regelung der öffentlich-rechtlichen Eigenschaft einer Sache;
Beispiele
• Widmung oder Einziehung einer öffentlichen Straße; Benennung oder Umbenennung einer öf­
fentlichen Straße.
• Regelung der Benutzung einer Sache durch die Allgemeinheit.
Beispiele
76
• Das behördliche Aufstellen von Verkehrszeichen gemäß StVO; Verbot von freilaufenden Hunden
in einem öffentlichen Park.
Der Verwaltungsakt
6
Das Merkmal der „Einzelfallregelung“ ist daher von anderen Regelungsarten zusammenfassend wie folgt abzugrenzen:
Begriffsmerkmale
abzugrenzen von
Regelung
verbindliche Festsetzung
öffentlich-rechtlicher
Rechtsverhältnisse
– auch Zusicherung –
Hinweis
an eine Einzelperson
(konkret-individuelle
Regelung)
eines Einzelfalls
an eine Personenmehrheit
(Allgemeinverfügung)
Auskunft
Realakt
öffentlich-rechtlicher Vertrag
Rechtsnorm (generell-abstrakte Regelung)
Kontrollfragen
12. Handelt es sich bei folgendem Verwaltungshandeln um
12. – eine Rechtsnorm?
a
s
d
f
g
12. a)Die Gemeinde erlässt eine für das Gemeindegebiet geltende Regelung
über die zeitliche Beschränkung von ruhestörenden Gartenarbeiten.
~
12. b)Die Bauaufsichtsbehörde teilt einem Bauwerber mit, dass – falls er entgegen der ihm erteilten Baugenehmigung baut – Art. 76 Satz 1 BayBO
die Möglichkeit der Beseitigung von Schwarzbauten vorsieht.
~
12. c)Ein Anwohner einer Fußgängerzone erhält die Erlaubnis, diese jederzeit
durchfahren zu dürfen, um zu seinem Privatgrundstück zu gelangen.
~
12. d)Die Ausländerbehörde lässt einen Ausländer in die ihn betreffenden Akten
Einsicht nehmen.
~
12. e)Ein Polizist steht in einer Straßenkreuzung und regelt durch
Armbewegungen den Verkehr.
~
12. – eine Einzelfallregelung im eigentlichen Sinn,
12. – eine Allgemeinverfügung,
12. – einen Hinweis bzw. eine Auskunft,
12. – einen Realakt,
6.1.5
Die Außenwirkung als Zielrichtung
Der Begriff „Außenwirkung“ bedeutet, dass die Wirkung der behördlichen Maßnahme
den behördeninternen Bereich mit Willen der Behörde verlassen muss.
Außenwirkung
Keine Außenwirkung kommt damit behördlichen Tätigkeiten zu, die spätere Maßnahmen lediglich vorbereiten. Sie unterliegen daher gemäß § 44 a VwGO auch nicht einem
gesonderten Rechtsschutz.
77
6
Der Verwaltungsakt
Beispiele
Zum Zweck der Festsetzung einer Enteignungsentschädigung gibt die Enteignungsbehörde ein
Gutachten über den Verkehrswert eines Grundstücks in Auftrag. Der Gutachtensauftrag selbst ist
nicht gesondert anfechtbar. Wenn der Enteignungsbetroffene also beispielsweise den Gutachter
für ungeeignet und dessen Gutachten für falsch hält, kann er nur die abschließende Entschei­
dung der Enteignungsbehörde über die Festsetzung der Entschädigung anfechten.
Die Ladung zu einer schriftlichen Prüfung ist eine lediglich vorbereitende Verfahrenshandlung und
damit kein Verwaltungsakt.
Dem fertigen und unterschriebenen Bescheid, der noch auf dem Schreibtisch des Sachbearbei­
ters liegt, kommt noch keine Außenwirkung zu, da er außerhalb des behördeninternen Bereichs
noch keine Rechtswirkungen nach sich zieht.
Eine (endgültige) behördliche Maßnahme verlässt den behördeninternen Bereich und
wirkt damit nach außen, wenn von der Maßnahme ein von der Behörde verschiedener
Rechtsträger betroffen wird. Dies kann sein
• eine natürliche Person;
• eine juristische Person des privaten oder des öffentlichen Rechts.
Verwaltungsvorschriften und innerdienstlichen Weisungen kann somit mangels Außenwirkung niemals die Qualität eines Verwaltungsakts zukommen.
(Zu den Begriffen vgl. Nr. 3.1).
§
Behörde
natürliche
Person
juristische Person des
privaten Rechts
juristische Person des
öffentlichen Rechts
Schließlich muss die Rechtswirkung der Maßnahme nach außen unmittelbar ein­treten.
Ein lediglich mittelbares Betroffensein Außenstehender von einer behördeninternen
Maßnahme erfüllt den Begriff der Außenwirkung nicht.
Beispiele
Ein Bürger erhält von einer Gemeinde einen Erschließungsbeitragsbescheid; Außenwirkung ist
gegeben, da eine außerhalb des behördeninternen Bereichs stehende eigenständige natürliche
Person betroffen wird.
Der Landrat weist seinen Hausmeister an, wochentags um 18 Uhr das Amtsgebäude zu versper­
ren; keine Außenwirkung, da die Anweisung eine Person und eine Angelegenheit im behördenin­
ternen Bereich betrifft.
78
Der Verwaltungsakt
Wenn im letztgenannten Beispielsfall ein Bürger nach 18 Uhr keinen Zutritt zum Amtsgebäude
mehr hat, ist dies allenfalls eine mittelbare Auswirkung der Anweisung des Landrats und kann
somit keine Außenwirkung begründen.
6
Beispiele
Das Bayerische Staatsministerium des Innern weist die Regierung der Oberpfalz an, die Einbür­
gerung eines Ausländers zu verfügen; der Anweisung kommt keine unmittelbare Außenwirkung
zu, diese besitzt erst die an den Ausländer auszuhändigende Einbürgerungsurkunde. Hinzu
kommt, dass sich Innenministerium und Regierung – wenn auch in hierarchischer Gliederung – in
der Hand des gleichen Rechtsträgers (Freistaat Bayern) befinden.
Eine Mitarbeiterin des Landratsamtes erzählt einem Bekannten, dass eine Baugenehmigung
schon unterschrieben auf dem Schreibtisch des zuständigen Sachbearbeiters liege. Hier liegt
keine Außenwirkung vor, da der behördeninterne Bereich noch nicht mit Willen der Behörde ver­
lassen wurde.
Eine besondere Bedeutung besitzt der Begriff der Außenwirkung für die Beurteilung
der Frage, wann Maßnahmen als Verwaltungsakte anzusehen sind, die an Personen in
einem sog. „besonderen Pflichtenverhältnis“ ergehen.
Besonderes
Pflichtverhältnis
Im besonderen Pflichtenverhältnis stehen Personen, deren Bindung an den Staat enger
ist als diejenige des Normalbürgers. Während die allgemeinen staatsbürgerlichen Pflichten des Normalbürgers beispielsweise darin bestehen, die Gesetze einzuhalten, die
Verfassung nicht zu bekämpfen und behördliche Anordnungen zu befolgen, bestehen
für bestimmte Personengruppen weitergehende Verpflichtungen.
Der Schüler (kraft Schulpflicht oder freiwilliger „Unterwerfung“); der Beamte (Treuepflicht, Pflicht
zum positiven Eintreten für die Verfassung); der Soldat (Wehrpflicht); der Student; der Strafgefan­
gene.
Beispiele
Bei behördlichen Maßnahmen an diese Pesonen ist zu unterscheiden zwischen
• Regelungen im Betriebsverhältnis, d. h. Regelungen, die lediglich die innere bzw.
organisatorische Ausgestaltung (das „Wie“) des besonderen Pflichtenverhältnisses
betreffen und
• Der Regierungsrat bekommt ein größeres Dienstzimmer zugewiesen; der Beamte wird wegen
Besorgnis der Befangenheit von der Amtsausübung oder als Amtsträger im Verwaltungsverfah­
ren ausgeschlossen.
Beispiele
• Eingriffen in das Grundverhältnis, d. h. Eingriffe, die den Status oder die persönliche
Rechtssphäre der Person im besonderen Pflichtenverhältnis betreffen, die also das
„Ob“ des besonderen Pflichtenverhältnisses regeln.
• Der Beamte wird ernannt oder entlassen; der Student wird wegen Überschreitens der Höchst­
studiendauer zwangsexmatrikuliert; ein Schüler wird nach mehrmaliger Nichtversetzung aus
der Schule entlassen; ein Schüler wird durch förmliche Ordnungsmaßnahme in die Parallelklas­
se versetzt; dem Beamten wird untersagt, während seines Krankenstandes den Wohnort zu
verlassen.
Beispiele
Als Verwaltungsakte sind im besonderen Pflichtenverhältnis nur die Eingriffe in das
Grundverhältnis (den Status) anzusehen; Regelungen lediglich des Betriebsverhältnisses kommt mangels Außenwirkung keine Verwaltungsaktsqualität zu.
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6
Der Verwaltungsakt
Das Merkmal der Außenwirkung lässt sich überblickartig von anderen Zielrichtungen
behördlicher Maßnahmen wie folgt abgrenzen:
Begriffsmerkmal
abzugrenzen von
Außenwirkung
Maßnahmen
Wirkung über den
im behördeninternen
behördeninternen
Bereich
Bereich hinaus
Verwaltungsvorschriften
Interne Weisungen
Spezialfall: besonderes Pflichtenverhältnis
Außenwirkung
bei Eingriffen ins
Grundverhältnis
Kontrollfragen
Vorbereitungsmaßnahmen
Regelungen im Betriebsverhältnis
13. Ist bei folgenden behördlichen Maßnahmen eine unmittelbare Rechtswirkung nach
außen im Sinne von Art. 35 Satz 1 BayVwVfG gegeben?
13. a) Ein Regierungsrat wird zum Oberregierungsrat befördert.
13. b)Die Baugenehmigungsbehörde holt ein statisches Gutachten ein, um über
die Genehmigungsfähigkeit eines Hochhauses entscheiden zu können.
13. c)Die „Chemie-Aktiengesellschaft“ erhält vom Landratsamt einen immissionsschutzrechtlichen Bescheid.
13. d)Ein Schüler erhält in der letzten Schulaufgabe des Schuljahres die Note 6; es
steht deshalb fest, dass er die Klasse wiederholen muss.
13. e)Der obige Schüler bekommt sein Schlusszeugnis; darin steht „Vorrücken nicht
gestattet“.
13. f)Die Stadt R erlässt eine „Allgemeine Geschäftsanweisung“ hinsichtlich des Umgangs der städtischen Dienststellen mit den Bürgern.
13. g)Die Regierung der Oberpfalz genehmigt einen vorzeitigen Bebauungsplan (§ 8
Abs. 4 BauGB) der Stadt Regensburg.
6.2
Formen des Verwaltungsakts
Bei den Formen des Verwaltungsakts ist zu unterscheiden zwischen den Formen seines Zustandekommens (Entstehungsformen), den möglichen Formen, in denen die
Behörde ihn erlassen kann (Ausdrucksformen) und den möglichen Formen seiner Wirkung auf den Betroffenen oder einen Dritten (Wirkungsformen).
6.2.1
Einseitige/
mitwirkungsbedürftige
Verwaltungsakte
80
Entstehungsformen
Einseitige und mitwirkungsbedürftige Verwaltungsakte
Die Anlässe für den Erlass eines Verwaltungsakts können vielgestaltig sein.
• Bei den einseitigen Verwaltungsakten darf (und gegebenenfalls muss) die Behörde
allein und von Amts wegen tätig werden. In der Praxis mag in diesen Fällen zwar häu-

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