Interview mit VfB Torwart von Zehntklaessler

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Interview mit VfB Torwart von Zehntklaessler
DIENSTAG
22. Mai 2012
www.stuttgarter-zeitung.de
SPORT
Weltmeister Russland
Die HSV-Krise
Die DFB-Auswahl
„Fußball allein macht nicht glücklich“
Damenstöhnen
Der VfB-Torhüter Sven Ulreich spricht über das Verhältnis
zu seinem Beruf, Jens Lehmann, seine Erfahrungen als Schüler
und über die Verweildauer von Freundschaften im Profigeschäft.
Sven, wer ist nach Manuel Neuer der beste
deutsche Torhüter?
Die drei, die im EM-Kader sind, spielen alle
auf einem sehr hohen Niveau. Tim Wiese
hat schon viel Erfahrung in der Bundesliga
und im Nationalteam. Ron-Robert Zieler
und Marc-André ter Stegen sind dagegen
gerade erst auf dem Sprung. Trotzdem gibt
es wohl noch keine klare Rangordnung.
Und wer wird der beste Keeper der EM?
Ich denke, einer der üblichen Verdächtigen
– also Manuel Neuer, Iker Casillas oder
auch Gianluigi Buffon.
D
as Stöhnen im Damentennis? Oder
doch eher das Tennis im Damenstöhnen? Kein Wunder, dass man
bei diesem Thema, bei dem die Übergänge
doch so etwas von unklar sind, ins Grübeln
kommt, was der richtige Titel für das Grunzen ist, das die Damen da von sich geben.
Wenn aus erfolgreichen jungen Frauen
Kampfmaschinen werden, die bei jedem
Schlag ein Geräusch von sich geben, das
lauter als eine Kettensäge ist und trotzdem
als normal oder zumindest als nicht verbietbar befunden wird, so ist es eindeutig
an der Zeit, dass mal jemand feststellt, was
da nicht stimmt und gehörig schiefläuft.
Wenn, wie bei der vergangenen FußballWM wegen der Vuvuzelas, das Gestöhne
auf dem Platz durch Hightech gedämpft
werden muss, damit die Kommentatoren
im Fernsehen trotz des allein von den Spielerinnen ausgelösten Lärms von den Zuschauern verstanden werden können, sollten alle Alarmglocken schrillen. Wenn man
sich abends beim Einschalten von Eurosport oder Sport 1 überlegen muss, ob es
das Tennis wirklich wert ist, vom Nachbarn
verdächtigt zu werden, äußerst fragwürdige Filme zu sehen, ist es an der Zeit etwas
zu ändern. Und das nur, um sich das Hinund Herrennen und anschließende Schlagen eines Balles von in der Weltrangliste erfolgreichen Frauen und den anscheinend
unvermeidbaren Geräuschpegel, den dieses mit sich bringt, zu verfolgen.
Was die Spielerinnenorganisation WTA
aber tut, ist Arbeit mit der Jugend. Mit Hilfe von Seminaren und Punktabzügen sollen
die künftigen Profis an ein leiseres und weniger nervtötendes Spiel herangeführt
werden. Für uns bedeutet das – es geht
wohl zehn Jahre weiter mit den Motorsägen, die als Damen bezeichnet werden.
Na dann: viel Spaß damit!
halten hat. Diese Zeit war wichtig für meine
Entwicklung. Ich bin froh, so einen erfahrenen Mann vor mir gehabt zu haben. Die
Jahre mit ihm waren ein Geschenk.
Was wäre aus dir ohne Fußball geworden?
Ich habe eine Ausbildung zum Sport- und
Fitnesskaufmann absolviert. Ob das mein
Traumberuf geworden wäre, weiß ich allerdings nicht. Früher wollte ich noch Pilot
werden, aber ob das funktioniert hätte, wage ich auch zu bezweifeln. (lacht)
Bist du ein guter Schüler gewesen?
Ich habe es zwar aufs Gymnasium geschafft. In der sechsten Klasse wechselte
ich jedoch auf die Realschule. Ich war ein
recht passabler Schüler. Hätte ich mich
mehr angestrengt, wäre ich vielleicht weitergekommen. Aber für mich stand der
Fußball an erster Stelle.
Was zählte neben Sport zu Deinen Lieblingsfächern?
Mathe und Religion, weil ich da wenig tun
musste, um eine gute Note zu bekommen.
Du wurdest von dem Bundestrainer Joachim
Löw nicht in den Kader berufen, obwohl du
schon zwei Jahre auf hohem Niveau spielst.
Dennoch wurden dir zwei noch jüngere Tor- Bist du denn gläubig?
hüter vorgezogen. Wie tief sitzt die Enttäu- Ja.
schung darüber?
Ich habe mir da von vornherein keine gro- Hattest du als Jugendlicher viele Freunde?
ßen Hoffnungen gemacht. Aber natürlich Ich erinnere mich noch gerne daran, wie
ist es für jeden Spieler ein Traum, für sein wir auf dem Schulhof herumgestanden sind
Land antreten und bei einem solchen Tur- und Quatsch gemacht haben. Aus dieser
nier dabei sein zu dürfen. Das ist auch mein Zeit hat sich ein enger Kreis sogar bis heute
Ziel – irgendwann. Ich will mich aufdrän- gehalten. Einige Freundschaften haben
gen. Dazu versuche ich, hier im Verein mei- sich jedoch leider auch verlaufen.
ne Leistung zu bringen. Alles
Weitere liegt dann nicht mehr „Von ihm habe ich
Mit wem bist du in der VfBin meiner Hand.
Mannschaft am häufigsten zuviel gelernt, etwa
sammen?
wie sich ein Profi
Gab es schon Gespräche zwiMit Martin Harnik, Georg
zu verhalten hat.
schen dir und Joachim Löw?
Niedermeier, Julian Schieber
Nein.
Diese Jahre waren und Christian Gentner. Wir
sind eine Gruppe, die privat
ein Geschenk für
Wer wird Europameister?
viel miteinander unternimmt
mich.“
Ich tippe auf Spanien.
und auch bei Auswärtsfahrten
Sven Ulreich über seine Zeit im Bus immer zusammen ist.
mit Jens Lehmann
Warum nicht Deutschland?
Das würde ich mir zwar wünIdentifiziert ihr euch so mit
schen, aber ich habe da kein so gutes Ge- dem VfB, dass Mannschaften wie der
fühl. Der Druck ist enorm, da viele unsere FC Bayern für euch ein Feindbild sind?
Mannschaft zum Favoriten stempeln. Au- Das Wort Feind hat im Sport so wenig etwas
ßerdem ist abzuwarten, wie die Spieler der verloren wie das Wort Hass. Das ist alles
Bayern die Niederlage im Finale der Cham- viel zu viel. Aber klar ist, dass Duelle gegen
pions League verarbeiten können.
die Bayern immer besonders brisant sind –
für die Fans, aber auch für uns Spieler.
Wer wird der Star der EM?
Schwer zu sagen, weil traditionell immer Bist du ein VfB-Fan?
Spieler ins Rampenlicht kommen, die man Das war ich schon, als ich noch gar nicht im
im Vorfeld noch nicht auf der Rechnung Verein gewesen bin – und daran hat sich
hat. Aber sicher werden Deutsche und Spa- seitdem nichts geändert.
nier eine Rolle spielen – etwa Leute wie
Mesut Özil oder Thomas Müller.
Ist es angesichts der ständigen Spielerwechsel im Profifußball überhaupt noch möglich,
Was sind deine nächsten Pläne?
richtige Freundschaften zu schließen?
Urlaub machen. Zuerst fliege ich mit Im Fußball gibt es eben dieses ständige
Freunden ein paar Tage nach Ibiza und an- Kommen und Gehen. Es ist normal, dass
schließend geht es mit meiner Freundin man sich verändert, wenn man bei einem
nach Dubai. Dort bin ich weit weg vom Verein nicht oft eingesetzt wird. Dennoch
Schuss und kann Abstand gewinnen. Aber sind echte Freundschaften auch bei uns
danach bin ich dann wieder in Stuttgart, möglich – sie müssen nur von beiden Seium mich auf die Saison vorzubereiten.
ten gepflegt werden. Das ist beispielsweise
bei Christian Träsch und mir der Fall, obGab es in deiner Jugend einen Torwart, der wohl er seit einem Jahr in Wolfsburg
dich besonders inspiriert hat?
spielt.
Lange war das Timo Hildebrand, den ich
damals auch fast täglich im Training gese- Wie stehst du zu dem Thema Pyrotechnik?
hen habe. Von ihm habe ich mir manches Natürlich sind solche Vorkommnisse nicht
abgeschaut.
in unserem Sinne. Aber ich glaube, dass solche Dinge teilweise auch aus der Emotion
Welchen Einfluss hatte Jens Lehmann auf der Fans heraus geschehen, die damit ihrer
dich, mit dem du zwei Jahre zusammenge- Freude oder auch ihrer Wut Ausdruck verspielt hast?
leihen. Insofern ist das vermutlich nie ganz
Einen großen. Von ihm habe ich viel ge- zu verhindern.
lernt, etwa auch wie sich ein Profi zu verHast du manchmal schon Angst vor den eigenen Anhängern, wenn du von Vorfällen wie
SVEN ULREICH
zuletzt etwa in Karlsruhe hörst?
Karriere Bereits 1998
Was da passiert ist, ist absolut nicht in Ordkam Sven Ulreich im Alnung und schadet dem Fußball. Wir versuter von zehn Jahren zum
chen auch nur, unseren Sport so gut wie
VfB, wo er sich bis zu den
möglich auszuüben. Dass uns dabei auch
Profis hocharbeitete.
Fehler unterlaufen, ist normal und in kei2008 bestritt das Eigennem Beruf der Welt anders. Deshalb verstegewächs mit 19 Jahren
he ich auch manche Fans nicht, dass sie solsein erstes Bundesligache Aggressionen auf die Spieler oder auf
spiel. Er musste danach
andere Clubmitarbeiter übertragen.
aber lernen, sich hinten anzustellen, ehe er
nach dem Karriereende seines prominenten
Dein Beruf bringt es mit sich, dass du promiMitstreiters Jens Lehmann seit 2010 regelmänent bist und auf der Straße oft erkannt
ßig das Tor des VfB hütet.
wirst. Stört dich das?
Wir Spieler sollten uns immer wieder in ErPrivates Nach dem frühen Tod seines Vaters
innerung rufen, dass wir den schönsten Bewurde „Ulle“ von seiner Mutter aufgezogen,
ruf haben, den man sich vorstellen kann.
der er einen „Orden verleihen“ würde. Der 23Aber natürlich gibt es hin und wieder auch
Jährige lebt in Schorndorf und ist ledig. jak
unangenehme Begegnungen mit den Fans.
Foto: dpa
Tennis Die Frauen produzieren auf
dem Platz immer mehr fragwürdige
Geräusche – warum nur? Von Sarah Graf
Sarah Graf, 14, geht in die
neunte Klasse des Stuttgarter
Königin-Katharina-Stift Gymnasium und spielt selbst Tennis.
Tennis
Mayer sichert den
Sieg gegen Russland
Sven Ulreich (rechts, gegen Mats Hummels) hat einen großen Sprung gemacht.
Manche treten nur beleidigend oder pöbelnd auf, wenn es sportlich gerade nicht
läuft. Aber damit kann ich umgehen.
Kannst du dir vorstellen, später mal im Ausland zu spielen?
Warum nicht? Auch wenn es Länder gibt,
die für mich nicht infrage kommen. In Usbekistan muss ich nicht unbedingt auflaufen. Aber speziell England und Spanien haben hervorragende Ligen. Das wäre vielleicht schon reizvoll .
Verfolgst du außer dem Fußball auch noch
andere Sportarten?
Als Sportler tut man das immer – am liebsten Tennis, Basketball oder auch Handball.
Wer war dein bester Trainer beim VfB?
Gute Frage, wenn man bedenkt, wie viele
Trainer ich hier schon hatte. Jeder hatte
seine positiven Seiten – und das sage ich
nicht nur so daher. In der C-Jugend erlebte
ich Thomas Tuchel. Den fand ich wirklich
super, wie auch Andi Menger, unseren aktuellen Torwarttrainer.
Würdest du unterschreiben, dass Fußball
dein Leben ist?
Foto: Baumann
Fußball ist mein Beruf. Fußball spiele ich
für mein Leben gern. Doch Fußball allein
macht dich nicht glücklich. Ich habe gelernt, dass es auch andere Dinge gibt, wie
die Familie und Freunde, ohne die du
nichts bist.
Das Gespräch führte Jann Kroeger.
JANN KROEGER
Persönliches Ich bin
1996 geboren und besuche die Freie Waldorfschule am Kräherwald.
Dort gehe ich in die
zehnte Klasse und bin
seit der neunten Klasse
in der Schülerzeitung
„ebbes news“ vertreten,
mit der wir bereits mehrere Auszeichnungen
entgegennehmen durften.
Foto: Zweygarth
D
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Apropos
Interview
ie Bundesliga hat Pause. So ist
Zeit, um mit dem Torwart
Sven Ulreich (23) über andere
Themen als über die aktuelle
Entwicklung beim VfB Stuttgart zu sprechen – etwa über die EM oder
über den Beruf des Fußballprofis an sich.
40
Interview Als ich Sven Ulreich begrüßte, wich
die Nervosität gleich von mir. Locker bot er mir
das Du an, und völlig ungezwungen begann ich
mit dem Interview, in dem er mir sehr offen
antwortete – ehe er wieder zu seinem nächsten
Termin verschwand. jak
Florian Mayer hat beim World-Team-Cup
in Düsseldorf den entscheidenden zweiten
Punkt für das deutsche Tennisteam gegen
Russland geholt. Der Bayreuther setzte
sich gestern im zweiten Einzel in Düsseldorf mit 6:2, 7:6 (9:7) gegen Igor Andrejew
durch und sicherte damit vorzeitig den
Auftakterfolg für die deutsche Mannschaft
in der blauen Gruppe. Bereits am vergangenen Sonntag hatte Philipp Kohlschreiber
mit seinem 6:0-6:2-Sieg über Alexander
Bogomolov für die Führung der deutschen
Mannschaft gesorgt. Den 3:0-Erfolg machten schließlich Mayer und Christopher Kas
im Doppel mit einem umkämpften 6:4-3:610:8-Sieg gegen Igor Kunitsin und Dimitri
Tursunow perfekt. Der nächste Gegner der
deutschen Mannschaft ist nun Kroatien,
das gegen Serbien verlor.
Mayer und Andrejew zeigten ein schwaches Spiel mit zahlreichen Fehlern, in dem
der Deutsche nach 1:39 Stunden seinen
zweiten Matchball nutzte. „Ich bin sehr erleichtert, dass es zum Sieg gereicht hat“, sagte der 28-Jährige. „Ich habe einen perfekten
ersten Satz gespielt, aber im zweiten Satz ist
Andrejew immer stärker geworden.“
Mayer hatte in dem Match schnell mit
4:0 geführt, sein Niveau konnte er aber
nicht halten. Stattdessen begann er, mit
sich zu hadern. „Ich habe eh kein Glück“,
sagte er während einer Wechselpause im
zweiten Satz zu seinem Coach Tobias Summerer. Nach einem Break lag er mit 1:3 zurück und räumte hinterher ein: „Ich war da
nicht so gut im Kopf. Aber ich habe gekämpft und hatte am Ende auch wieder das
nötige Glück.“ Im Vorfeld des World-TeamCups hatte Mayer als damalige deutsche
Nummer eins den Daviscupkapitän Patrik
Kühnen ausgebootet und sich für Summerer als Betreuer entschieden.
dapd
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