Abschied von der Sternen-Mutter

Transcrição

Abschied von der Sternen-Mutter
Friedhofskapelle Fürstenwald
l Astrolog 185 | 2012
l Trauerfeier für Ruth Stüssi
Abschied von der Sternen-Mutter
An einer emotionalen Trauerfeier am 7. Januar 2012 in Chur, haben
um die 150 Trauergäste Abschied von einem geliebten Menschen
genommen. Mit Musik und Traueransprachen wurde Ruth Stüssi geR E P O R T A G E
dacht, die am Heiligenabend an den Folgen einer schweren Krankheit
starb. Die Urne erstrahlte mitten in einem prächtigen Rosenbouquet.
Die kraftvolle Komposition erinnerte an einen Sonnenaufgang.
Von Bruno Landolt
S
10
amstag, 7. Januar 2012. Ein neuer Wintertag bricht an im tiefverschneiten
Chur. Die Berge erstrahlen in einem
fahlem Licht. Gegen 11 Uhr ziehen sich
mehrere Fahrzeugkolonnen den Berg hinauf in Richtung Friedhof Fürstenwald.
Der Ruheplatz, an südlicher Hanglage, mit
Aussicht auf ein wunderbares Alpenpa­
norama, hat schon mehrere Weltenwanderer zum friedlichen Ausruhen eingeladen.
Den Hinterbliebenen ist es vergönnt,
in einer mystisch anmutenden Atmosphäre, welche von der 1996 erbauten
Friedhofsanlage Fürstenwald zweifelsfrei
ausgeht, sich von den Dahingegangenen
zu verabschieden.
Die Gebäude des Friedhofs Fürstenwald
wurden als schlichte Sichtbetonquader erstellt. Das riesige Kapellenfenster
gestaltete die Bündner Künstlerin Leta
Peer, die zeitweise in Basel, New York und
Florenz lebt. Was sich nach dem Betreten
des Gotteshauses dem Auge zeigt, sind
mehrere Fragmente aus der religiösen
Bildsprache, sowohl der westlichen als
auch der östlichen Welt. Von außen ist die
milchweiße Glasfensterfront der Kapelle
durchscheinend, aber nicht durchsichtig und deshalb geradezu symbolisch
für das Mysterium von Leben und Tod,
welches für uns Hinterbliebene, bis zum
Übertritt in höhere Sphären, unfassbar
und uneinsehbar bleibt. Ruths Ehemann,
Jean-Louis Stüssi, mit dem sie die letzten
viereinhalb Jahre ihres Lebens verbringen
durfte, begrüßte, sichtlich gezeichnet, die
Trauergemeinde und bedankte sich für das
zahlreiche Erscheinen der Gäste, welche
teilweise aus dem benachbarten Ausland
und gar aus Holland angereist waren, um
einem Menschen aus ihrer Mitte die letzte
Ehre zu erweisen. Anschließend würdigte
der jüngere Bruder der Verstorbenen seine
«große Schwester.» Wie er sagte, war sie
ihm immer ein unerreichbares Vorbild. Da
sie bereits in frühen Jahren durch den Tod
des Vaters Verantwortung in der Familie
übernehmen musste, war sie ihm immer
einen Schritt voraus, stand ihm stets hilfsbereit zur Seite, auch im späteren Leben.
Der Tochter Simone und dem Sohn Adrian ist es in einer einfühlsamen Trauerrede
und in einer einzigartigen Weise gelungen,
die Mutter so darzustellen, wie sie wirklich
war und wie man sie auch außerhalb der
Familie, in ihrem Beruf als Astrologin und
Lehrerin, kannte, stets fröhlich und hilfsbereit und als Stiergeborene natürlich mit
einer enormen Durchsetzungskraft gesegnet. Nicht nur Worte hatten bei ihr Gewicht,
sondern auch ihre Taten, wenn es um die
Umsetzung schwieriger Aufgaben ging. Sie
hatte auch Qualitäten, die dem sechsten
Haus zugeschrieben werden: Frisch fröhlich die nächstliegende Pflicht erfüllen!
Jean-Louis Stüssi (oben im Bild) würdigte
Ruth als Sternenmutter, die ihren Sternenkindern die Astrologie nicht nur als Wissenschaft weitervermitteln wollte, sondern ihre
kosmischen Schützlinge durch Transformationsprozesse hindurch begleitete.
Besonders viel Herzblut habe sie in ihre
eigene Lebensschule ATAFA (Initialen für
Astrologische Psychologie, Tarot, Farbdialog und Familienstellen) aufgewendet,
welche sie nach zwanzigjähriger Mitarbeit
im Astrologisch Psychologischen Institut,
Adliswil, im Jahr 2009 gegründet hatte.
Den Blick auf die linke Seite gerichtet, wo
die Urne seiner Frau stand, sprach JeanLouise Stüssi mit einem fragenden Unterton in der Stimme: «Ruth – wieviel Energie
hast Du nicht in Deine Schule investiert?»
«Mit einem enormen schöpferischen Effort
hast du all den Lernstoff, welchen du den
Schülern angeboten hast, Astrologie, Tarot
oder Farbdialog, stundenlang – ja gar tagelang – durchgearbeitet, um ihnen eine
qualitativ hochstehende Ausbildung zu
ermöglichen.» Er fuhr fort in seiner Rede,
dass er, speziell in den Nächten vor dem
ATAFA Diplomseminar, erwachte und
das Bett seiner Frau leer vorfand. Im Büro
brannte Licht und sie saß voller Tatendrang
am Computer und beschäftigte sich intensiv mit Vorbereitungen für das DiplomSeminar. Als Stiergeborene besaß Ruth aber
auch eine ausgeprägte Seite für Genuss
und leibliches Wohl. Besonders vom Haus
in Unterterzen, ein Grundstück direkt am
See, war sie sehr angetan. So oft sie konnte,
genoss sie den Sprung ins kühle Nass des
Walensees. Eine – für einen kurzen Moment
– aufheiternde Anekdote handelte von der
gemeinsamen Kreuzfahrt, wo sie darauf
bestand, die Koffer, in «Eigenregie» zu
packen. Irgendwie fehlten auf dem Dampfer plötzlich die Hemden im Koffer. So blieb
nur das eine übrig , das Letzte, welches der
Ehemann am eigenen Leib trug. Das Missgeschick wurde vom Bordpersonal elegant
ausgebügelt, indem das gute Stück jeden
Abend in die Lingerie, zur Wiederaufbereitung wanderte, um morgens wieder
frisch gestärkt, abermals getragen werden
zu können. Die Trauerzeremonie wurde
durch musikalische Darbietungen einer
jungen Sängerin umrahmt, die in Begleitung eines virtuosen Tastenmannes, neben
anderem Bekanntem, das Lied «Imagine», vom Beatle John Lennon komponiert,
mit einer kraftvollen Stimme vortrug. Der
Song zählt mittlerweile zu den Klassikern
der Popmusik. Er zeichnet die Vision einer
Gesellschaft, frei von Götterglaube, Nationalismus und Eigennutz. Zugleich ist das
Lied ein Aufruf für den Frieden. l
Astrolog 185 | 2012 l
Nachruf Ruth Stüssi
l Nachruf
am 24.12.2011 gestorben. Ruth
lebt nicht mehr, ihr Lachen,
ihre
besondere
persönliche
Ausstrahlung, ihre ernste Art
vorzutragen, ihre einfühlsame
Weise, zu deuten, wird uns für
alle Zeit fehlen.
Von Wolfhard König
Ist Ruth nicht mitten aus dem Leben gerissen worden? Aus ihrer neuen, intensiven
Beziehung, von der sie so viel berichtet
hat, aus ihrem ATAFA, für das sie sich so
eingesetzt hat?
»
Der Tod ist groß – Wir sind die
Seinen – Lachenden Munds – Wenn wir
uns mitten im Leben meinen – Wagt er
zu weinen – Mitten in uns»
Du wirst uns sehr fehlen.
Wolfhard König
Radix Horoskop von Ruth Stüssi
Ruth Stüssi (1948-2011)
Lebensberaterin
15.05.1948, LZ:21:25
CH-Murten
00
K2
 
MC
06
11

9
94




12
12
AC





52
2
88

 
18
8

Kann man es treffender sagen, als es
Rainer Marie Rilke tat? Mehr als dreißig
Jahre kannte ich Ruth. Ich kann nur über
meine persönlichen Erlebnisse sprechen,
während wir gemeinsam auf diesem Weg
waren.
Als ich sie auf einem Huber-Seminar
kennenlernte, saß sie abends neben mir
und erzählte den ganzen Abend von einem
Fasten-Weg, den sie nun gehen wolle. Ich
war eher befremdet über diese Offenheit,
kannten wir uns doch kaum. Dieses Thema
sollte sie nie wieder loslassen.
Später wurde sie API-Lehrerin und viele
Jahre haben wir im Juli in Achberg miteinander gearbeitet, viele Gespräche geführt
auf der Terrasse, an den langen Abenden.
Sie war die ständig anwesende «gute Seele»
in Achberg, an die sich jeder wenden
konnte. Sie glich Krisen aus und mit ihren
sehr geschätzten Vorträgen bereicherte sie
die Anwesenden.
Schließlich, nachdem sich Bruno Huber
etwas zurückgezogen hatte, war sie,
zusammen mit Louise Huber, die ständig
ansprechbare Person in Achberg. Unsere
Psychologie konstituierte, begrüßte sie
freudig die neue Entwicklung, bezeichnete
sie als «richtigen Schritt» und erklärte sich
gerne bereit, mitzuarbeiten. Leider kam es
dazu nicht mehr. Bei Aktivitäten des Netzwerks erhielt sie immer Einladungen und
wurde informiert. Hier werden ihre große
Kompetenz und ihr Engagement fehlen.
Ruth hat sich einen bleibenden Platz
geschaffen in den Herzen vieler Menschen,
wozu auch ich mich zählen darf, und nicht
zuletzt in dieser Zeitschrift, die sie mit ihren
geschätzten Artikeln bereicherte. Du hast
Dich nun auf die große Reise gemacht. l
P E R S Ö N L I C H
zu begreifen: Ruth Stüssi ist
 
mer noch schwer, die Realität

ben. Manchen fällt es auch im-
besondere, gemeinsame Stunde kam erst
später.
Nach Brunos Tod saßen Ruth, Louise und
ich im Hotel Belvoir zusammen und sahen
auf den abendlichen See. Plötzlich stand
die Idee im Raum: Brunos Farbdialog
sollte weitergetragen werden und in der
Welt wirken. Als ob sein Geist über den
Wassern schwebte und dies forderte. Das
war die Geburtsstunde der gemeinsamen
Arbeitszyklen zum Farbdialog. Eine von
mir aus gesehen fruchtbare Zeit auf dem
gemeinsamen Weg mit Ruth.
Wir gestalteten zusammen einige Zyklen.
Neben dem Farbdialog kamen auch Träume, Märchen und Mythen zum Tragen.
Beim Einfühlen und Deuten von Märchen
war Ruth einzigartig. Sie wurde dafür
geliebt. Diese Seminare hatten das Prädikat «ganzheitlich» in besonderer Weise
verdient. Ihre einfühlsame und emotional
tragende Art begeisterte die Teilnehmer.
Ruths lebensnahe Deutungen berührten.
Sie war, neben ihrer Seminartätigkeit, eine
verläßliche und engagierte Autorin der
Fachzeitschrift Astrolog und hinterlässt
eine Fülle von Artikeln und Beiträgen,
welche die Studentinnen und Studenten
kommender Generationen inspirieren
werden.
An diesen integrierten, ganzheitlichen
Seminarzyklen mitwirken zu dürfen, bleibt
in meinem Gedächtnis als erfüllte Zeit.
Schwieriger wurde die Umbruchszeit im
Astrologischen Psychologischen Institut
API und infolgedessen auch im Verband
API-International.
Im Herbst 2008 war Ruth erfüllt von der
Vision, eine gemeinsame Zukunft von API
und API-International zu finden. Sie wollte unbedingt eine integrierte Lösung und
das Scheitern hat sie schwer getroffen.
Die Gründung von ATAFA war die logische
Folge. Dies brachte Veränderungen im
Denken des Vorstands von API-International, bei dem Ruth ein geschätztes und
wichtiges Mitglied war. Das Ringen, um die
«richtige» Lösung brachte sie letztendlich
zur Fokussierung auf ihren neuen Weg, ein
eigenes, unabhängiges Institut (ATAFA)
aufzubauen.
Heute denke ich, dass sie damals schon
ein «Netzwerk Astrologische Psychologie» gewollt hatte. Vielleicht ahnte sie
diese Lösung voraus. Als sich im Mai 2010
während der Mitgliederversammlung des
IFAP dieses Netzwerk der astrologischen
Ruth Stüssi war ursprünglich Reallehrerin und hat 9 Jahre im Kanton Zürich unterrichtet. Anschließend wurde sie Mutter
von 2 Kindern, die heute erwachsen und
eigenständig sind. Sie hat sich 20 Jahre
lang intensiv aus- und weitergebildet. Sie
erwarb sich das Diplom als Polarity–Therapeutin, als Astrologische Psychologin und
das Zertifikat als Leiterin von Familien–
Aufstellungen und Psychosynthese. Sie
hatte viel Erfahrung als Lehrerin und als
Therapeutin und liebte diese Aufgabe. Ihre
Stärke war der lebensnahe, anschauliche
Unterricht. Mit ihrer Kompetenz vermittelte
sie Halt und Sicherheit.
DC
82
6
76
58
3
 
Viele konnten es gar nicht glau-
WERDEGANG VON RUTH

Ein Leben im Dienste der Menschen
5
70
IC
K1
64
11

Documentos relacionados