im auge des betrachters
Transcrição
im auge des betrachters
n r . 2 i J U NI - AU G U S T 2 0 1 3 IM AUGE DES BETRACHTERS Wie sieht Schönheit aus? BRILLE MACHT SEXY BLIND UND ÜBERS AUSSEHEN HINWEG HAZ LIVE: NEUER WIND BEI SPOT25 Die Macht Visuellen Feiert unddes macht mit! ----------------------------Fabien GyselBei ----------------------------Es ist omnipräsent und allmächtig: Bewerbungsgesprächen oder Businesslunchs, bei Dates oder der Partnerwahl, beim Chatten oder im Ausgang spielt das Aussehen eine wichtige, ja entscheidende Rolle. Manche schätzen es als völlig überbewertet ein. Dennoch, wer sieht, kann sich vom Aussehen nicht einfach entziehen. Schon der erste Blick, morgens in den Spiegel, ist von Gesellschaftsregeln und eigenen Erwartungen geprägt. Ob bei Fashion Victims, Modemuffeln oder Hipsters, die Sprache der Ästhetik ist allgegenwärtig – und mit ihr auch die Frage nach der Schönheit, welche gleich viele Definitionen wie Betrachter kennt. Alle sind davon betroffen, auch die Gestalter und die Leser der gelungenen neuen HAZ-Webseite. Alle? Nicht ganz. Als blinder Mann erklärt Thomas in diesem Heft, weshalb Schönheit nicht zwingend mit dem Aussehen verbunden ist. Er führt uns in eine Welt, wo andere Sinne beim Kennenlernen und Flirten entscheidend sind. Sinne, die bei vielen Leuten unter dem Druck des Visuellen zu kurz kommen. Für die Hälfte der Menschheit ist ausserdem das genaue Hinschauen ohne Glaskorrektur unmöglich. Vor einigen Jahren galt eine Brille noch als einen Liebeskiller. Heute ist sie sexy geworden. Wie es zu dieser spektakulären Wende kam und inwiefern Schwule sie ermöglicht haben, erzählt in den nächsten Seiten das Inhaberpaar der Kalkbreite Optik, Hansjörg und Roland. Das Leben eines schwulen Models, der Unterschied im Auftritt von Lesben und Schwulen und eine Reise durch die männlichen Schönheitsideale im Laufe der Zeit sind weitere Aspekte unserer Sommerthematik. Als einer der Leiter der Jugendgruppe spot25 kümmert sich Marco Fritschi zielstrebig um ganz andere Realitäten: Coming-out, hohe Suizidversuchsrate bei jungen Schwulen und Rolle der Schule in der Akzeptanz von Homosexualität stehen hier im Vordergrund. In einem Interview schildert er die Situation und Bedürfnisse der Jugendlichen, die in einer heteronormierten Welt „anders lieben“. Möge die jüngere Generation die vollständige Gleichstellung von morgen gestalten. Fabien Gysel Chefredakteur HAZ-Vorstand Inhalt Modehype 07 Schwule Vorreiter 08 Schön von Beruf 10 Schönheit ohne Betrachter 13 Dicklich war auch mal sexy 14 Coole Shirts fürs lesbische Aussehen 15 Unsere neuen Visitenkarten 03 Die Lustvolle Brillenära ist kein Die Kolumne von Anna Sophie Wendel 16 DVD-Tipp: Tomboy und Ma vie en rose 18 Buchtipp: The Line of Beauty 20 Musiktipp: Hugh Laurie 21 HAZ Live mit Marco Fritschi: 15 Agenda Zielstrebig mit spot25 impressum Nr. 2 / Juni 2013 HAZMagazin, HAZ, Postfach 3121, 8021 Zürich [email protected] Redaktionsteam: Karin Grundboeck, Fabien Gysel, Serge Kuhn, Marguerite Meyer, Martin Mühlheim, Alex Rudolf, Michi Rüegg Lektorat: Tina B. Zimmermann Fotografen: Lorenz Cugini, Markus Tschaggelar Cover: Fotolia.de Illu strationen/Layout: Brigitte Schüepp mit navneloes.ch Aufl.: 2000 Ex. Nächste Nummer: Ende September 2013 Redak tionsschluss: Mitte September 2013 Kontakt Inserate: [email protected] Inse rate-Annahmeschluss: Mitte September 2013 Druck: ROPRESS Zürich (klima neutral) Homepage: www.haz.ch l Die Macht des Visuellen l Die lustvolle Brillenära ist kein Modehype ----------------------------- Von Fabien Gysel ----------------------------- Brillen helfen nicht nur beim Sehen. Immer mehr werden sie zu einem Trendaccessoire, welches das Aussehen lustvoll mitgestaltet oder sogar aufwertet. Auch gut sehende Fashion Victims greifen dazu. Früher eine Krücke, heute sexy? „Absolut!“, betonen Hansjörg Blaser und Roland Wey, die in Zürich seit zehn Jahren ihren gemeinsamen Familienbetrieb, die Kalkbreite Optik, führen. Ein stilsicheres Paar, das sich dennoch keineswegs als Berater für kurzlebige Modehypes sieht. „D ie Leute haben gemerkt, dass das Brillentragen nichts Dramatisches ist sondern Spass macht und sie damit mit ihrem Image spielen können“, fasst Hansjörg zusammen, um den Trend zu erklären. „Mit der starken Präsenz einer Brille im Gesicht kannst du, je nach Kontext, in eine andere Rolle schlüpfen“, fügt der lebens frohe Optikermeister mit grosszügigem Bart hinzu. Gesagt, getan: während des Interviews wechselt er laufend die Brille, um den Fotografen zu verwirren. Insgesamt besitzt er etwa zehn davon, stellen wir lachend fest. „Je nach Situation, Laune, Wetter oder Jahreszeit trägt man andere Kleider – dasselbe tue ich auch beim Brillentragen“, kommentiert Hansjörg (50) in aller Selbstverständlichkeit. Aus dem Munde eines von Kopf bis Fuss so modischen Herrn könnte der Vergleich nicht besser klingen. Kurz: Was für die Klamotten stimmt, gilt auch fürs Nasenfahrrad. Man habe ja nicht unbedingt Lust, an einer Party die gleiche Brille wie bei der Arbeit zu tragen. l Die lustvolle Brillenära ist kein Modehype l Hansjörg Blaser Homosexuelle Arbeitsgruppe Zürich l 3 l gestell ist dieses Ziel schon fast erreicht“, erklärt Roland (51) wie ein Imageberater. Früher war dieses Wechselspiel undenkbar. Damals habe man sich eine einzige Brille für Jahre gekauft, erinnert das Duett. Das Stück war verhältnismässig viel teurer als heute und dessen Qualität ausschlaggebend, weil man es lange austragen musste. Man wechselte das Gestell meistens erst dann aus, wenn es kaputt ging. Seit 50 Jahren sei der Brillenpreis stabil geblieben – die Löhne und die Kaufkraft sind hingegen gestiegen. Nun könne man sich eine zweite oder sogar mehrere Brillen leisten. Das schlechte Vorbild: Justin Bieber Roland Wey und Hansjörg Blaser Geschäftsfrau und „Girlie“ So könne sich beispielsweise eine Anwältin, je nach Bril lenwahl, in ein flirtendes Pariser „Girlie“ verwandeln oder in eine taffe Geschäftsfrau, beschreibt Hansjörg etwas überspitzt. Sein Partner bestätigt und erzählt aus dem Ladenalltag: „Eine junge Lehrerin kam mal zu uns und erklärte, sie l 4 l Homosexuelle Arbeitsgruppe Zürich müsse gegenüber den Schülern streng wirken, weil die Teenager sie sonst nicht ernst nähmen. Wir haben dann mit ihr die passende Brille aus gesucht.“ Die Kalkbreite Optik zähle auch junge Geschäftsprüfer zu ihrer Kundschaft, die kompetenter wirken wollen. „Mit einem klassischen silbrigen oder goldenen Brillen Begeistert erzählt das Männerpaar, wie stimulierend sich diese Veränderungen und die neue Wertschätzung, welche Brillen heute geniessen, auf ihren Beruf ausgewirkt haben. Als das Stichwort „Hipster“ fällt, ist jedoch der Spass für Roland vorbei. Der Kaufmann und Vermarkter erwähnt das „ganz schreckliche Beispiel“ von Justin Bieber: „Plötzlich setzt er sich eine überdimensionale NerdBrille auf, obwohl er keine Korrektur braucht. Das ist eine Art Verkleidung, die über das Ziel schiesst.“ Denn verkleiden wollen unsere humorvollen Gastgeber ihre Kunden nicht. „Wenn Leute nur aus rein modischen Gründen zu uns kommen und wie Justin l Die lustvolle Brillenära ist kein Modehype l Bieber aussehen wollen, dann schicken wir sie zu H&M, wo sie eine Fake-Brille kaufen können. Das klingt vielleicht arrogant – wir müssen aber unseren Berufsethos wahren und sowohl zur verkauften Brille als auch zum Brillenträger stehen können.“ Modehype, nein – stilvoller Trend, ja: So könnte man die individuelle Beratung im Laden an der Badenerstrasse zusammenfassen. „Wir besuchen die grossen Brillenmessen in Europa und kaufen das Trendigste ein, zum Teil auch bevor es hier zum Trend wird“, betont Roland in bester werberischer Manier. schmunzelt Roland und schaut seinen Mann an: „Es braucht manchmal Überzeugungskraft, wenn Hansjörg eine nun wieder trendige Brille nicht im Laden haben will, weil er früher davon übersättigt worden ist.“ Am beliebtesten aber bleibe nach wie vor der zeitlose klassische Stil, der schon vor 10 Jahren und in den 80er-Jahren beliebt und damals schon ein Revival der 50er-Jahre war. „Das, was gestern schön war, Metall meldet sich zurück ist es heute noch und wird es Was liegt denn im Trend? „Die Metallbrille auch morgen sein“, so Roland. meldet sich zurück“, sieht der Vermarkter vor aus. Brillen à la Helmut Kohl, die früher als Linsen nur noch als Ergänbieder wahrgenommen worden sind, würden zung? nun beliebt bei den Jungen, die diese Zeit nicht Trend hin oder her, jeder zweite erlebt haben. „Beim Einkaufen müssen auch Kunde kommt mit einer vorgewir manchmal über unseren Schatten springen“, fassten Vorstellung, wie seine Wir müssen zur Brille und zum Brillenträger stehen können Werbebild von Coblens l Die lustvolle Brillenära ist kein Modehype l Homosexuelle Arbeitsgruppe Zürich l 5 l Sie fühlen sich besser und wirken selbstbewusster Brille aussehen sollte, beobachtet Roland. Nicht jeder kann aber alles tragen. Aus technischen und ästhetischen Gründen ist ein grosses Gestell aus den 80ern für eine besonders starke Korrektur ungeeignet. Oft seien die Kunden aber darüber überrascht was ihnen gut steht. „Viele gehen mit einer Brille aus dem Laden, die sie sich zu tragen nicht zu getraut hätten und haben Freude daran. Sie fühlen sich besser und wirken selbstbewusster. Das ist unsere Auf gabe“, schildert er mit Genugtuung. Man solle aber deswegen nicht glauben, dass das brillenfreie Aussehen nun völlig out wäre. „Es gibt immer noch viele l 6 l Homosexuelle Arbeitsgruppe Zürich Leute, die finden, eine Brille zu tragen verunstalte sie. Linsen-Onlineshops haben einen Riesenerfolg“, betont Roland. Hansjörg relativiert: „Heute tragen immer mehr Leute beides, ob zu Hause oder draussen. Früher war man noch viel eher entweder bebrillt oder ein Linsenträger, der seinen Augen zuliebe eine Stunde pro Tag eine Brille getragen hat.“ Damals sei auch er Linsenträger gewesen. Heute benutzt er die Linsen nur noch beim Sport oder am Strand, wo er sich dazu eine unkorrigierte Sonnenbrille aufsetzt. Modeboutiquen: die neue Konkurrenz Das friedliche Zusammenleben von Brillen und Linsen setzt voraus, dass das lustvolle Brillentragen ein nachhaltiges Phänomen bleiben wird. Nicht nur zum Vorteil der Optiker. „Heute verkaufen nämlich auch schon Kleiderläden Korrekturbrillen, die von Fashionlabels in Zusammenarbeit mit Glasherstellern produziert werden. Angepasst wird die Brille natürlich nicht und die Gläser dazu sind die einfachsten, l Die lustvolle Brillenära ist kein Modehype l aber mit deren Preis können wir nicht konkur- Discounter stattgefunden. Das Sortiment von renzieren“, bedauern unsere Fachmänner. Fielmann in Zürich könnte die Nachfrage der ganzen Stadt abdecken!“ Dank seiner TrendniWenn man ihn naiv nach der Umsatzsteigerung sche und seinen qualitativ hochstehenden Profragt, welche die Kalkbreite-Optik dank dem dukten läuft es dem schwulen Familienbetrieb Brillentrend erreicht haben soll, schaut Roland dennoch gut: „Die meisten Leute schätzen, dass konsterniert: „Es gibt viel weniger Optiker wir unseren Job 'leben' und sie mit uns auch über geschäfte als noch vor zehn Jahren! Es hat eine Privates reden können.“ Verlagerung zugunsten der Grossbetriebe und Schwule Vorreiter ----------------------------- Von Fabien Gysel ----------------------------- Der Brillenboom hat vieles den einst belächelten „Tucken“ zu verdanken, stellt Hansjörg Blaser fest. Dank ihrer Art, alles etwas zu überspitzen und oft anzuecken, haben sie das Brillentragen modetauglich gemacht. Eines der besten Beispiele dafür war Elton John, der in den 70er Jahren angefangen hat, verschiedene extravagante Modelle zu tragen. „Die Modestylisten, von denen die meisten schwul sind, haben vor ein paar Jahren plötzlich ihren männlichen und weibli chen Models Brillen aufgesetzt“, bestätigt Roland Wey. In seinem Film „The Single Man“ hat der schwule Regis seur Tom Ford noch den letzten Schubs gegeben, um den Trend des Retro-Revivals grosszügig zu verbreiten, ergänzt sein Partner. Elton John in den 1970ern „F ür jedes seiner Bühnenkostüme gab es eine andere Brille“, erinnert sich der Optiker. Der englische Sänger gehört zu den extrovertierten „Promischwestern“, die den Leuten einfach zeigen wollten, dass es sie gibt. „Diese Figuren haben den anderen Schwu- l Schwule Vorreiter l len in verschiedenen Bereichen den Weg geebnet“, meint Hansjörg. Sie hätten es ermöglicht, dass danach auch „Normalo-Schwule“ angefangen haben, spezielle oder mehrere Brillen zu tragen, bevor dann die Heterosexuellen unter schwulem Modeeinfluss soweit waren. Schwule Kunden zählt die Kalkbreite Optik selbstverständlich viele. „Von ihnen alleine könnten wir aber nicht leben“, betont Roland, der sich über die langjährige Treue der Kundschaft freut. „Die ModelabelTanten kommen hingegen nicht zu uns.“ Homosexuelle Arbeitsgruppe Zürich l 7 l Schön von Beruf ----------------------------- Von Michi Rüegg ----------------------------- François Schoders Körper hat so manches Hochglanzmagazin geziert, sein Gesicht blickte von Plakatwänden auf der ganzen Welt. Der junge Schweizer ist Model. Und er liebt den Job, auch wenn er mittlerweile noch einen anderen hat. stil hat ihm gefallen. „Aber so glamourös, wie es klingt, ist es nicht“, meint François. Fotos, Fotos, Fotos François Schoders M Never fuck the company l 8 l Homosexuelle Arbeitsgruppe Zürich odel zu werden sei schon immer sein Wunsch gewesen, sagt François Schoder. Trotzdem liess er sich Zeit, nachdem er mit achtzehn auf der Strasse von einem Agenten angesprochen wurde. Erst ein halbes Jahr später rief er die Nummer auf der Visitenkarte an. Das war vor bald zehn Jahren. Heute ist François 27, und seit einem Jahr ist Model nur mehr ein Nebenberuf. Jahrelang hat er davon gelebt, und das auch nicht schlecht. „Ich war längere Zeit in Mailand, London, Los Angeles und Barcelona“, sagt der gebürtige Aargauer. Der Lebens- Die erste Zeit als Model rennt François von einem Fotografen zum nächsten. Die machen Bilder, eine Gage erhält er aber nicht. Dafür kann er die Fotos von sich verwenden. Jedes gute Bild erhöht die Chance, gebucht zu werden. Nach kurzer Zeit wechselt er die Agentur, trifft schliesslich denjenigen Agenten, „dem ich alles zu verdanken habe“, wie François sagt. Bereits nach drei Monaten wird er für die erste nationale Kampagne der Kleiderladenkette Companys gebucht. Irgendwann entdeckt er sich selbst auf einem 25 Meter hohen Plakat an der Zürcher Bahnhofstrasse: „Das Gefühl kann man nicht beschreiben.“ In Mailand lässt er sich daraufhin für Diesel Underwear ablichten. Die Arbeit macht ihm Spass, er fühlt sich wohl im Team. „Ich hatte nie das Gefühl, schlecht dargestellt zu werden“, so François. Egal in welcher Stadt, der Tagesablauf gleicht demjenigen eines Büroangestellten. Von morgens bis abends geht man an Castings. Erst wenn man gebucht wird, l Schön von Beruf l kommt der Auftrag, und dann die Kohle. Wieviel? „Och, von 300 bis...“ – Tausende? – „Ja, unter Umständen.“ Hungern ist Frauensache Mit 181 Zentimetern gehört er eher zu den kleineren männlichen Models. Bei Anzügen trägt er Grösse 46, beim Rest meist S. Für Fotos sei das weniger ein Problem, wenn schon spiele die Grösse für den Laufsteg eine Rolle. Dort sollte man 185 oder 186 Zentimeter messen. Das war für François nie ein Hindernis, trotzdem steht er lieber vor der Kamera als auf dem Laufsteg. Die Entbehrungen dafür halten sich in Grenzen: „Als Mann musst du in der Regel nicht hungern, im Gegensatz zu den Frauen“. François trainiert wenig und muss beim Essen nicht auf sein Gewicht achten. Er ist quasi von Natur aus schön. Ein grosser Vorteil. „Viele der Frauen nehmen Drogen, auch um das Hungergefühl zu unterdrücken“. Also stimmt das Klischee doch, Mode, Drogen, kaputte Existenzen? „Viele Leute kommen aus schwierigen Fami lienverhältnissen“, sinniert er. „In Mailand habe ich viele junge Leute ohne unsere Wertvorstellungen kennengelernt. Die haben nichts zu verlieren.“ Er selber habe sich von diesen Kreisen distanziert. „Ich trinke nicht mal Alkohol, meine einzige Droge ist die Zigarette.“ Und musste er schon mal für einen Auftrag etwas gar intensiv mit einem Kunden flirten? „Nein, mein Grundsatz war immer: Never fuck the com pany. Daran habe ich mich gehalten“, insistiert François. Mit 26 in Teilpension Vor rund einem Jahr zog er sich teilweise zurück aus dem Job. Nach drei Jahren Beziehung mit einem Piloten sehnten sich beide nach etwas geordneteren Verhältnissen. „Ich habe die Familie und meine Freunde vermisst und wollte nicht immer nur allein sein“, so François. „Nun arbeite ich in einem Reisebüro und modle nur noch nebenher.“ Aber auch das mache ihm Spass. „Ich will noch viele Jahre weitermachen.“ Geht denn das? Man wird ja schliesslich auch älter? l Schön von Beruf l „Bei Männern ist die gute Zeit, wenn du ganz jung bist und dann wieder ab 30.“ Einige männliche Models seien bereits 45 oder älter. Und er sehe sowieso jung aus, findet François. Später will er auch wieder hauptberuflich vor die Linse. Moment, wie war das vorhin? War François denn wirklich immer allein, bei all den schönen Männern, die ihn umgeben haben? „In diesem Milieu macht man sich keine Freunde“, meint er lapidar. „Man ist kein Mensch, sondern eine Ware. Viele Junge werden deswegen depressiv“, findet François: „Ich liebe Fashion, aber das Drumherum muss ich nicht haben.“ Und, wollen wir wissen, ist denn von den Gagen auch etwas übriggeblieben? Versoffen hat er sie schliesslich nicht. „Ja, natürlich ist noch etwas davon übrig.“ Mehr erfahren wir nicht. Homosexuelle Arbeitsgruppe Zürich l 9 l Schönheit ohne Betrachter ----------------------------- Von Martin Mühlheim ----------------------------- Man spricht vom Aus„sehen“ und behauptet, Schönheit liege im Auge des Betrachters. Fürs HAZ Magazin beschreibt Thomas Moser, was er als Blinder an einem anderen Mann schön findet – und welche Macken von Sehenden ihn bisweilen verwundern. W Man ist ja nicht nur mit den Augen schwul l 10 l enn ein(e) Sehende(r) die Wohnung von Thomas Moser betritt, fällt ihm oder ihr wohl als erstes die CD-Sammlung auf, die sich eine ganze Wand entlang vom Boden bis zur Decke erstreckt. Die verschiedensten Stilrichtungen finden sich hier, wobei – wie Thomas erklärt – der Schwerpunkt bei klassischer Musik liegt und Pop oder Rock nur einen kleinen Teil der Sammlung ausmachen, „also etwa 500 CDs.“ Thomas hört sich Musik allerdings nicht nur an: Er ist zwar hauptberuflich Korrektor bei der Schweizerischen Bibliothek für Blinde, Seh- und Lesebehinderte (www.sbs.ch), aber auch ausgebildeter Musiker und Sänger und reist deswegen immer wieder mal in ferne Länder. Homosexuelle Arbeitsgruppe Zürich Musik und Geräusche Ob er auch sonst gern reise? Für viele sei Reisen fast gleichbedeutend mit „Sightseeing“ – und das komme für ihn, Thomas, natürlich nicht in Frage. Ausserdem reise er zwangsläufig langsamer als Sehende, da er gerade in einer unbekannten Umgebung immer wieder auf Hilfe angewiesen sei. Auch deswegen komme er aber vielleicht leichter mit Einheimischen in Kontakt, denn zum Glück sei Hilfsbereitschaft fast überall vor-handen. Kurz, er l Schönheit ohne Betrachter l reise gerne und geniesse die neuen Eindrücke: Gerüche, Geräusche, fremdsprachiges Stimmengewirr – wer bloss von einer „Sehens“würdigkeit zur nächsten renne, verpasse einiges. das Überrascht- oder Überfordertsein thematisiere – und er frage sich manchmal, ob wir generell in einer Welt leben, in der es schwierig geworden ist, zu Unzulänglichkeiten und Unsicherheit zu stehen. Für Thomas trifft letzteres auch auf den Umgang mit Mitmenschen zu: Er staune beispielsweise beim Chatten immer wieder, wie viel Bedeutung Fotos beigemessen wird; ein einziger Blick genüge manchen, um über andere ein definitives Urteil zu fällen. Ob Sehende denn grundsätzlich oberflächlicher seien? Nein, wehrt Thomas ab, das könne man so nicht sagen, und es sei ja auch nicht schlimm, wenn man ersten Eindrücken ein gewisses Gewicht gebe. Erlösche aber nach dem Zustellen eines Fotos das Interesse am bisher spannenden Gespräch plötzlich, dann verwundere ihn das schon. Ob es andere Aussagen oder Verhaltensweisen von Sehenden gebe, mit denen er manchmal Mühe habe? Eine Frage, die ihn jeweils erstaune, sei: „Wie weisst du denn, dass du auf Männer stehst, wenn du doch nichts siehst?“ – „Man ist ja nicht nur mit den Augen schwul,“ erwidere er darauf in der Regel, was meist auch verstanden werde. Köstliche Düfte und schöne Stimmen Gerüche beispielsweise seien ja nicht nur für Blinde zentral; auch Sehende nehmen sie wahr, vielleicht weniger bewusst, aber wichtig sind sie für alle: Nicht umsonst heisst es, dass Menschen, die sich verstehen, einander gut riechen können. Ebenso wichtig sei die Stimme – Tonlage und Lautstärke sowie kleine Stimmungsnuancen, für die er, Thomas, wohl ein besseres Gehör habe als die meisten Sehenden: „Ich bin schliesslich im Umgang mit Menschen darauf angewiesen, da ich das Befinden meines Gegenübers Ein wenig überfordert Gefragt, wie Männer reagieren, wenn sie von seiner Blindheit erfahren, wird Thomas nachdenklich. In seinem Onlineprofil stehe das nicht, und wenn er es dann bei spielsweise im Telefongespräch erwähne, gebe es unterschiedliche Reaktionen: Die einen gestehen offen ein, dass sie überfordert sind, andere geben vor, es mache keinen Unterschied, werden aber plötzlich befangen oder klemmen das Gespräch nach einer Weile ab. Ihm sei es, ehrlich gesagt, lieber, wenn jemand l Schönheit ohne Betrachter l Thomasʼ CD-Sammlung Homosexuelle Arbeitsgruppe Zürich l 11 l Ob ihn angesichts dessen die Redewendung störe, die da behauptet, Liebe mache blind? Thomas verneint, denn gemeint sei damit eine andere Blindheit, die nichts mit den Augen zu tun habe; er wisse, auch aus eigener Erfahrung, dass die Liebe – oder vielleicht besser: das Frisch-Verliebtsein – dem Urteilsvermögen manchmal abträglich sei, was allerdings nichts an der Schönheit solcher Gefühle ändere. Ehrlichkeit und Respekt Wenn wir beim Thema Liebe sind: Wir reagieren die Leute, wenn sie erfahren, dass Thomas schwul ist? Familie, Freunde, Bekannte – alle wüssten mittlerweile, dass er auf Männer stehe, und wer ihn neu kennenlerne, der würde es recht bald erfahren; ein Versteckspiel gebe es für ihn hier nicht. Thomas Moser nicht vom Gesicht oder von Gesten ablesen kann.“ Ausserdem höre man, wenn jemand gehe, sich setze, an die Türe klopfe oder einen Gegenstand abstelle, ob diese Person grob oder eher scheu, ausgelaugt oder überschwänglich sei. Zu guter Letzt sei, ganz einfach, das Gespräch zentral, ob dieses nun verbal oder über Berührungen ablaufe: „Wenn’s stimmt, können Hände ganze Dialoge führen.“ Von seinen Mitmenschen würde sich Thomas manchmal einen ähnlich offenen Umgang wünschen, wenn es um seine Behinderung und ihre Reaktion darauf geht: Unangenehme Gefühle solle man ansprechen, und wer eine Frage habe, solle sie stellen; es gebe nichts Mühsameres, als einen Wall von Zurückhaltung um sich zu spüren – ausser vielleicht jene Übereifrigen, die nicht fragen, ob Hilfe gebraucht wird, sondern Behinderte wie Kinder behandeln: „Wenn sie sehen, dass ich blind bin, sehen sie plötzlich nichts anderes mehr.“ Sagt’s und lächelt plötzlich verschmitzt: „Zum Glück haben auch Blinde einen Sinn für Humor.“ --------------------------------------------------------------------------------------------- anzeige --------------------------------------------------------------------------------------------- INDIGO NATURBETTEN Löwenstrasse 9 8001 Zürich Telefon 044 212 57 12 HÜSLER NEST-CENTER Schaffhauserstrasse 119 8057 Zürich Telefon 044 350 53 90 l 12 l Homosexuelle Arbeitsgruppe Zürich www.indigo-betten.ch natürlich schön schlafen l Schönheit ohne Betrachter l Dicklich war auch mal sexy ----------------------------- Von Serge Kuhn ----------------------------- Von welchem Typ Mann träumte der schwule Neandertaler-Jüngling? Der alte Abt im Mittelalter hinter den Mauern seines Klosters? Oder der europäische Auswanderer auf hoher See? Wir können es nur erahnen – und vermuten, dass die bekannten schwulen Künstler, die damals Männer abbildeten, einigermassen dem Zeitgeist zudienten. G rundsätzlich gilt, dass von einer Gesellschaft zumeist als schön empfunden wird, was Erfolg verspricht oder ausdrückt. Die Statuen der Antike zeigen athletische Männerkörper, aber nicht typischerweise sehr muskulöse Kerle. Chris Smith erklärt dies im schwulen Geschichtsblog „The Macaronis“ (als „Macaronis“ wurden im England des 18. Jahrhunderts junge modisch gekleidete Männer bezeichnet) mit den Erfordernissen der Kriegsführung: In der Antike war Geschwindigkeit wichtig, gekämpft wurde in leichter Rüstung. Wert des Seltenen Ganz anders im Mittelalter. Die Ritter mussten nun breite Schultern und kräftige Nacken aufweisen, um sich in den schweren Rüstungen überhaupt bewegen zu können. Rugby spieler der Gegenwart hätten also auch im Hochmittelalter bei Schwulen mutmasslich punkten können. Im späten Mittelalter, einer krisenhaften Epoche mit Kriegen, Seuchen und Hungersnöten, waren wohlgenährte bis dick liche Männer gefragt, wenn auf die Künstler der damaligen Zeit Verlass ist. Hier l Dicklich war auch mal sexy l zeigt sich eine zweite generelle Tendenz des Schönheitsempfindens: Begehrt ist üblicherweise, was selten ist. Es ist auch kein Zufall, dass Jugendlichkeit gerade in den westlichen Ländern der Gegenwart mit ihrer hohen und steigenden Lebens erwartung so positiv konnotiert ist. Wer damit hadert, dass auf dem aktuellen Fleisch- und Liebesmarkt die Jüngeren und Schlankeren besser ankommen, sollte sich die Alternative vor Augen führen: Wenn es von Jungen und Fitten wimmelt und Wohlgenährte und Alte fehlen, sind die Lebensum-stände für die Massen meist mies. Bezeichnend ist beim Punkt „Wert des Seltenen“ auch eine Beobachtung aus Finnland. In wenigen anderen Ländern machen Bären und deren Liebhaber einen so bedeutenden Teil der Schwulenszene aus – wohl kein Zufall. Gerade hier haben viele Männer keine sonderlich imposante Körperbehaarung. Lob der Abwechslung Die dritte Tendenz des Schönheitsideals ist besonders banal: Die Abwechslung. Auf Opulenz und Fülle wie im 17. Jahrhundert zur Zeit des Sonnenkönigs folgt mit schöner Regelmässigkeit Strenge und schlichte Erscheinung, auf Freude am Bartwuchs die penible Rasur. Seit Beginn des 20. Jahrhunderts wechseln sich die Idealvorstellungen in immer schnellerer Folge ab – wodurch sie an Bedeutung verlieren und zunehmend beliebig erscheinen. So konnte etwa die britische Zeitung „The Guardian“ 2003 den Mann mit Bauchansatz als neues schwules Idealbild vermelden. Die einstigen Schönheitsideale sind blossen Trends gewichen. Mit Trends lässt sich’s leben, irgendeinen wird man schon mögen – und irgendeinem entsprechen. Homosexuelle Arbeitsgruppe Zürich l 13 l Coole Shirts fürs lesbische Aussehen ----------------------------- Von Karin Grundböck ----------------------------- „Meine Kleidung unterstreicht meine Attitüde, darum haben wir T-Shirts anfertigen lassen für die selbstbewusste Frau“, sagt Chantal Genoud, Mitgründerin des Schweizer Onlineblogs lesbianchic.ch. Im HAZ Magazin äussert sich das Frauenteam über das lesbische Aussehen. kel einfach nicht weit genug, damit auch feminine Frauen als lesbisch und männliche Männer als schwul wahrgenommen werden durften. A ussehen und Style hat in der homosexuellen Szene eine ähnliche Bedeutung wie in allen anderen auch: Es geht um Status und persönlichen Ausdruck, aber auch um Akzeptanz und Zugehörigkeit. Hört man sich bei Lesben unterschiedlichen Alters um, war das auch in der Vergangenheit schon so. Prägten früher Themen wie Feminismus, Selbstbestimmung und Abgrenzung zur Heterowelt das Aussehen von Lesben, will sich heute die junge Generation nicht in eine Schublade einordnen lassen. Neben den androgynen und sportlichen gibt es immer mehr modebewusste und feminine Lesben. Dank der vielen Promis, die sich in den letzten Jahren geoutet haben, wurde die Pluralität von Lesben und Schwulen öffentlich sichtbar. Früher war der Blickwin- l 14 l Homosexuelle Arbeitsgruppe Zürich Machen sich Lesben, dem Klischee entsprechend, weniger Gedanken über Aussehen und Style als Schwule? Mitnichten, bei Lesben spiele das Aussehen eine wichtige Rolle, auch wenn das manchmal nicht so wirke, betonen viele von ihnen. Eine Lesbe erkenne man oft an ihrem Style. Es stecken Überlegungen dahinter damit alles lässig unüberlegt daherkomme. Kommentaren, politischen und wissenschaftlichen Beiträgen und einem Überblick über Ausgehmöglichkeiten. Per Ende August sind eigene T-Shirts in dessen Online-Shop erhältlich. Ob Frau oder Mann, Homosexuelle haben in den letzten 30 Jahren die Gesellschaft mit ihrem Aussehen beeinflusst, erklärt Chantal Genoud. Was sie verbinde sei die erfolgreiche Infragestellung der Geschlechterrollen, die sie in die Wege geleitet haben: „Früher musste ein Mann männlich und eine Frau weiblich sein. Heute dür-fen sich auch Männer schminken und eine Frau ist Als Frau oder Queer nicht weniger Frau, wenn sie Ob Lipstick Lesbian, Femmes als männlich wahrgenommen oder Butch, die Klischees blei- wird.“ ben hartnäckig, stellt Carolin Marie Lange von Lesbian chic Gut gekleidet reicht nicht fest. „Ich kenne allerdings viele „Man zieht das an, was man verFrauen, die sich mittlerweile sucht zu repräsentieren. Mode fernab von all diesem bewegen kann das Aussehen unterstütwollen. Der queere Begriff wird zen und betonen“, fügt Flora immer moderner“, widerspricht Immler hinzu. „Beim Kensie. Allerdings sei es auch wun- nenlernen schaut man sich derschön, sich als Frau definie- zuerst den Style an: Wie ist ren zu können, und verschiede- die Person gekleidet, was will nen Einstellungen gegenüber sie damit aussagen? Will sie etwas aussagen? Mode muss offen zu sein. zu einem passen. Man kann Lesbian chic wurde gegrün- gut gekleidet sein – was nicht det, „um etwas von Femmes bedeutet, dass man gut ausfür Femmes zu schaffen“. Der sieht und umgekehrt“, relatiBlog bietet eine Mischung aus viert die Bloggerin. l Coole Shirts fürs lesbische Aussehen l AGENDA Unsere neuen Visitenkarten Bis vor fünf Minuten habe ich insgesamt 1217 Mal eine Taste gedrückt, um 1217 PowerPointFolien mit Untertiteln für einen Film zu zeigen. Jetzt stehe ich mit einem Drink in der Hand vor dem Kinosaal unter den Besucherinnen der Freiburger Lesbenfilmtage und betrachte die Szene. Es gibt diese typische LGBT-Filmfestivalgängerin. Sie ist um die 50, hat kurze, ungefärbte Haare und ist leger angezogen: Jeans, ein T-Shirt und bequeme Schuhe. Nicht nur im Schwarzwald, auch in Zürich und Luzern treffe ich sie ständig an. Hier an den Lesbenfilmtagen passt diese Beschreibung auf fast alle. Ich grinse vor mich hin, so deplatziert komme ich mir vor, nicht mehr ganz halb so alt, mit langen Haaren (für deren Pflege ich Summen ausgebe, über die ich gar nicht nachdenken möchte) und einem Outfit, dessen Zusammenstellung viel zu viel Zeit in Anspruch genommen hat. Im Gegensatz zu unseren schwulen Freunden, die sich entgegen der Heteronorm schon lange ein strenges Schönheitsregime auferlegt haben, scheint unsereins zwar noch immer grösstenteils auf allgemein anerkannte Schönheitsideale zu pfeifen. Und trotzdem: Wenn ich mich – ausserhalb des Kinosaals – etwas umschaue, finde ich immer neue lesbische Identitäten, die sich teilweise sehr auf das Äussere konzentrieren. Mich freut’s – und den Herrn Joop wohl auch, bemerkte er doch kürzlich: «Kleidung ist eine Visitenkarte und eine Form von Höflichkeit.» Anna Sophie Wendel l Unsere neuen Visitenkarten l SZENE FR 05.07.13 Offstream In der Pfingstweide, ab 23.00Uhr SA 07.09.13 Offstream Im Exil, ab 23.00Uhr H A Z - C en t r o DI 09.07.13 Spot 25 ab 19.00Uhr FR 09.07.13 Gay: my way ab 20.00Uhr FR 12.07.13 FreitagsCentro ab 19.30Uhr O U T D OOR SA 06.07.13 Bergwanderung in Ducanfurga (GR) SA 20.07.13 – SO 21.07.13 Bergwanderung Rawilpass (BE) DO 01.08.13 – SA 03.08.13 Bergwanderwochenende im Vorarlberg (Ö) SA 17.08.13 – SO 18.08.13 Bergwanderung FellilückeFellihorn (UR) Details zu den Outdoor-Events und Septembertermine unter www.haz.ch/outdooraktuell. Homosexuelle Arbeitsgruppe Zürich l 15 l Sieht so ein Mädchen aus? ----------------------------- Von Martin Mühlheim ----------------------------- Die 1980 in Pontoise (F) geborene Céline Sciamma dürfte Zürcher KinogängerInnen ein Begriff sein: Ihr Film Naissance des pieuvres (dt: Water Lilies: Der Liebe auf der Spur) lief 2008 an Pink Apple und war für drei Césars – die „französischen Oscars“ – nominiert. Wer dachte, besser könne es nicht kommen, sieht sich aber getäuscht: Sciammas neuester Film, Tomboy, ist ein psychologisches Meisterwerk – und besonders interessant im Vergleich zu Alain Berliners Ma vie en rose. lich als Michaël durchgeht, muss die Hose auch entsprechend ausgefüllt sein. Aus Knetmasse wird deshalb flugs ein Ersatzpenis geformt, und der Blick in den Spiegel bestätigt: So sieht bestimmt kein Mädchen aus! Nur: Wird das beim Herumtollen im Wasser auch wirklich gut gehen? Tomboy Subtil und intim D ie Geschichte von Tomboy ist eigentlich simpel: Die Kinder aus einer Wohnsiedlung irgendwo in Frankreich begegnen dem zu Beginn der Sommerferien neu in die Gegend gezogenen Michaël zuerst mit leichter Skepsis, doch schon bald nehmen sie ihn in ihre Gruppe auf – nicht zuletzt dank der hübschen Lisa, die Michaël sofort sympathisch findet und sich sogar in ihn verliebt. Das Problem: Michaël heisst eigentlich Laure und ist ein Mädchen. nicht häufig zu Hause, und die hochschwangere Mutter muss den Grossteil des Tages liegend im Bett verbringen. Auch ihre kleine Schwester Jeanne lässt Laure im Dunkeln – und schon bald fragt man sich, wie lange das wohl gut gehen kann. Genau diese Frage bildet die Grundlage für die teilweise fast unerträgliche Spannung, die Sciamma mit eigentlich alltäglichen Szenen erzeugt. Als beispielsweise die anderen Kinder Michaël/Laure zum Baden im nahegelegenen See Ein Doppelleben einladen, reicht es nicht, aus Die Eltern von Laure wissen dem Badeanzug für Mädchen nichts von alledem: Der Vater eine Badehose für Jungs zu ist aus beruflichen Gründen schneidern; damit Laure wirk- l 16 l Homosexuelle Arbeitsgruppe Zürich Einer der Gründe dafür, dass man als Zuschauer derart mit Laure/Michaël mitleidet, sind die grossartigen Schauspielleistungen, allen voran jene von Zoé Héran in der Hauptrolle. Hinzu kommt Sciammas Gespür für Atmosphäre und Details: Selten hat man den Familien- und Kinderalltag so unspektakulär und trotzdem packend auf der Leinwand (bzw. auf dem Bildschirm) gesehen. Tomboy macht es sich zudem nie einfach. So gibt es keine bösen, verständnislosen Eltern, die dem Glück von Laure/ Michaël im Weg stehen wollen; im Gegenteil, sie sind liebe- und verständnisvoll und wollen, ganz offensichtlich, für ihre Kinder nur das Beste. Doch was ist das Beste, anl Sieht so ein Mädchen aus? l Ma vie en rose gesichts der Umstände? Und wie geht es nach sie vielleicht auch sein könnte. Kein Film kann den Sommerferien weiter? Tomboy ist schlicht alleine alles leisten – weshalb man sich beide grossartiges Kino – und nun endlich auch auf gönnen sollte. DVD erhältlich. Kontrastprogramm Schon vor einigen Jahren auf DVD erschienen, aber als Gegenstück zu Tomboy besonders sehenswert ist Ma vie en rose (Mein Leben in Rosarot) des belgischen Regisseurs Alain Berliner. Hauptfigur ist der kleine Ludovic, der gerne Mädchen-kleider anzieht und sich ausmalt, wie es wäre, den Nachbarssohn zu heiraten – was bei den Erwachsenen in der Nachbarschaft überhaupt nicht gut ankommt. --------------------------------------------------------------------------Tomboy (F 2011, R: Céline Sciamma, DVD: Alamode) Mein Leben in Rosarot (OT: Ma vie en rose, F/B/UK 1997, R: Alain Berliner, DVD: Ascot Elite Home Entertainment – erhältlich in der Schwubliothek) --------------------------------------------------------------------------------------------------------------------- anzeige ------------------------------------------- Bei aller thematischen Ähnlichkeit gehen die Filme stilistisch weit auseinander: Während Tomboy nüchtern-realistisch bleibt und uns die Innenwelt von Michaël/Laure nur indirekt zeigt, bietet Ma vie en rose bunt-fantastische Tagtraumsequenzen, in denen wir beispielsweise erfahren, wie sich Ludovic sein Anderssein erklärt. Entsprechend ist die Stimmung in Ma vie en rose gelöster; man ertappt sich des Öfteren mit einem Lächeln auf den Lippen. Realität und Utopie So ergänzen sich die beiden Filme perfekt: Tomboy analysiert intelligent und sensibel die Probleme von Heranwachsenden, die sich ausserhalb etablierter Geschlechtsbilder bewegen; Ma vie en rose hingegen ist bewusst kindlich (manchmal sogar ein wenig kindisch) im Bemühen, die Welt zu zeigen – nicht wie sie ist, sondern wie l Sieht so ein Mädchen aus? l Homosexuelle Arbeitsgruppe Zürich l 17 l Schöne Männer in finsterer Zeit ----------------------------- Von Serge Kuhn ----------------------------- In einer Ausgabe, die dem Thema Schönheit gewidmet ist, drängt sich eine Besprechung von Alan Hollinghursts preisgekröntem Roman „Die Schönheitslinie“ („The Line of Beauty“, 2004) geradezu auf. Schön ist allerdings in erster Linie, dass die Zeit, in der das Buch spielt, vorbei ist. Toby, Nick Guest und Wani (BBC-Verfilmung) D ie 1980er-Jahre waren in vielerlei Hinsicht eine grauenerregende Dekade, insbesondere in Grossbritannien und ganz besonders für Schwule. Es ist die Epoche, in der AIDS ungebremst wütet und die Politik der konser vativen Premierministerin Margaret Thatcher das britische Königreich umpflügt. Als Hollinghursts Hauptfigur Nick Guest 1983 nach London zieht, sind die Schrecknisse der Dekade allerdings noch weitgehend verborgen. Nick ist Anfang zwanzig und interessiert sich nicht für Politik, sondern für Literatur und Kunst, er träumt von der ersten Liebe und schwärmt für seinen knackigen Hetero-Mit studenten Toby, dessen Familie er in der Folge In der Regierungszeit der „Iron Lady“ passiert kennenlernt. zum ersten Mal seit rund 100 Jahren wieder ein homophobes Gesetz das britische Parlament. Detailreiche Schilderungen Thatcher habe die Schwulen- und Lesben Vater Gerald Fedden ist konservativer Parla bewegung in Grossbritannien um Jahrzehnte mentsabgeordneter, Mutter Rachel eine schwerzurückgeworfen, sagt Schauspieler Ian McKel- reiche Dame der besseren Gesellschaft. Problelen („The Lord of the Rings“) nach dem Tod me hat vordergründig nur die Tochter, Catherine, der Politikerin in diesem April gegenüber der die zu den spannendsten Figuren des Buches zählt; sie ist manisch-depressiv, neigt zu reichZeitung „Mirror“. l 18 l Homosexuelle Arbeitsgruppe Zürich l Schöne Männer in finsterer Zeit l lich ungeeigneten Männern, hat Ausschweifende Partys aber ein scharfes Auge für die Nach einem scharfen Schnitt setzt die Geschichte, die von Schwächen anderer. der BBC 2006 zu einem TVDie Feddens, die nicht kom- Dreiteiler aufbereitet wurde, plett verknöchert sind, lassen einige Jahre später wieder Nick bei sich wohnen, erwar ein. Nick ist mittlerweile Liebten jedoch im Gegenzug, dass haber des arabischstämmigen er Catherine beisteht. Das Geschäftsmannes Wani Ouradi. Arrangement funktioniert vor- Die beiden lassen nichts aus, erst nicht schlecht und lässt feiern Partys, konsumieren Nick Raum, sich an schwules Koks in Massen und ficken mit Londoner Leben heranzutas- etlichen Dritten. Dem Schein ten. In Leo, einem schwarzen nach betreiben sie eine Firma. Angestellten der Kommunal- Wirtschaftlich sind es Boomverwaltung, findet er bald einen Jahre, wenn auch auf Sand Freund. gebaut. Die Welten, in denen sich Nick und Leo bewegen, sind gänzlich unterschiedlich. Ausgiebig schildert Hollinghurst vor allem die gesellschaftlichen Anlässe der Oberschicht, wobei Nick das politische und wirtschaftliche Treiben seiner Umgebung quasi aus Halbdistanz verfolgt. Detailreich beschrieben werden dagegen Möbel, Bilder und Körper, vor allem diejenigen von Männern. Bei den Feddens gibt sich die „Lady“ höchstpersönlich die Ehre, doch die Phase, in der ihr Ehrerbietung entgegengebracht wird, neigt sich dem Ende zu. In der Schwulenszene macht die Angst vor AIDS die Runde. Insbesondere im zweiten Teil entwickelt „The Line of Beauty“ einen starken Sog, was daran liegt, dass Hollinghurst den Lesern wie bei einer TV-Serie Cliffhanger hinhält. Woran ist die Beziehung von Nick und Leo gescheitert? Hat Gerald wirklich etwas mit seiner Sekretärin? Auch die Frage, welche der schwulen Figuren das AIDS-Massaker der späten 1980er überleben werden, drängt sich auf. „Die Schönheitslinie“ ist keine leichte Strandlektüre. Wer sich an ein komplexes Epos aus einer finsteren Zeit heranwagt, wird belohnt: Auch mit Schönheit. --------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------Alan Hollinghursts, Die Schönheitslinie, Blessing Verlag, 2005. (Erhältlich in der Schwubliothek) ----------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------- anzeige --------------------------------------------------------------------------------------------- Nacht sauNa Chill-Out Lounge Music. Men only. EN JED taG EI FR D uN aG t Ms sa 7 uhR BIs Üh! FR Engelstrasse 4, 8004 Zürich +41 44 241 10 80, www.moustache.ch l Schöne Männer in finsterer Zeit l Homosexuelle Arbeitsgruppe Zürich l 19 l Doctor, please play me the Blues ----------------------------- Von Marguerite Meyer ----------------------------- Dem breiten Publikum wurde Hugh Laurie als miesepetriger, misanthropischer Arzt in der TV-Serie Dr. House bekannt. Nun hat der Brite sein zweites Album vorgelegt, mit dem er sich als Blues-Master beweist. Hugh Laurie her hat er sich in verschiedensten Filmgenres erfolgreich ausprobiert, Romane geschrieben, Musik gemacht und schlussendlich mit Dr. House den kommerziellen Durchbruch gefeiert. Dass der 54-Jährige, der einen Abschluss in Archäologie und Anthropologie von der University of Cambridge hat, auch unheimlich gut singen kann, bewies er spätestens mit seinem Debüt „Let Them Talk” Anfang 2011. Wenn der Blues mit dem Tango O hne Zweifel, James Hugh Calum Laurie ist ein begnadeter Schauspieler. Seiner Rolle als Dr. House wird er mehr als gerecht. Aber Hugh Laurie, wie er sich beruflich seit langem nennt, tanzt wahrlich auf mehreren, wenn nicht allen, Hochzeiten – und er tanzt dabei irrsinnig gut. Tausendsassa der Bühnen Mit seinem Comedy-Partner Stephen Fry machte sich Laurie in Grossbritannien schon mit dem Duo „Fry & Laurie” einen Namen, unter anderem in der bitterbösen Serie „Blackadder“. SeitTricky False Idols Mit Lauries zweitem Studio-Album „Didn’t It Rain” wird klar, dass hier ein Mann mit äusserst viel musikalischem Talent am Werke ist. Laurie, der nebst Gesang auch fünf Musikinstrumente beherrscht, reist mit uns an verschiedene Schauplätze des Blues, der ab und an eine heisse Affäre mit dem Tango oder einen wilden Flirt mit dem Honky Tonk eingeht. Laurie singt sich sarkastisch und kratzend, verzweifelt und liebestoll durch das reichhaltige Song-Bouquet. Bei „Didn’t It Rain” ahnt man, dass man vom Musiker Hugh Laurie in Zukunft sicher noch mehr hören wird. Es ist ein Album voller Lässigkeit, Laszivität und Schmerz – richtiger Blues eben. Grossstadt geflüster Sigur Ros Kveikur Oh, Ein Reh! Gewohnt düster und groovig, gleichzeitig unglaublich zart. Cleaner Sound trifft Dub und Dunkelfunk. Gelegentliche optimistische Ausflüge. Für Erholungs suchende und Grübler. MMe l 20 l Homosexuelle Arbeitsgruppe Zürich Erfrischend, humorvoll, augenzwinkernd, skurril. Textlich und melodisch top. Hochhüpf-Töne und der ganz normale Wahnsinn. Für Selbstironische und Ex-Hipster. MMe Neue aufregende Wundertüte der isländischen Kultband. Epische Elegien, im Spannungsfeld zwischen Aggressivität und Elfenklängen. Für Sehnsüchtler und Orgasmushörer. MMe l Doctor, please play me the Blues l Zielstrebig mit spot25 ----------------------------- Ein Interview von Fabien Gysel ----------------------------- Die vor einem Jahr frisch lancierte Tankschtell heisst nun spot25, wie die frühere Jugendgruppe der HAZ. Dabei treffen sich 20 bis 30 Jungs und Mädels pro Abend. Marco Fritschi ist einer ihrer Leiter und seit kurzem auch HAZ-Vorstandsmitglied. Sehr engagiert spricht der 19-jährige Informatiklehrling aus Winterthur über das Neuste bei spot25, das Coming-out, die Rolle der Schule, Suizidgefährdung, seinen eigenen Weg und den Wunsch, später Kinder zu haben. M arco, der Sommer ist endlich da. Hat spot25 Grillabende geplant? Ja, wir werden sicher einmal gemeinsam grillieren oder in die Badi gehen – es wird vom Wetter und den Wünschen der anderen abhängen. Neben den Treffen alle zwei Wochen im HAZCentro, organisieren wir tatsächlich auch ab und zu andere Anlässe. Marco Fritschi Im Frühling 2012 haben ein paar Jungs die „Tankschtell“ selbständig lanciert. Wieso nun der Wechsel zurück zum früheren Namen? Es gab bereits damals Diskussionen, ob wir uns spot25 nennen sollen. Damals hatte der alte Name keine Mehrheit gefunden. Nachdem die Jugendgruppe immer mehr Zuwachs erhalten hat, haben wir uns im letzten Winter entschieden richtig durchzustarten. In diesem Rahmen habe ich vorgeschlagen, die Jugendgruppe wieder umzubenennen. Unter anderem, da vielen Tank schtell als Name nicht zusagte – unter anderem mir. Wieso nicht? Er war mir zu wenig ansprechend. Der frühere Sind auch Mädels und Biʼs bei euch dabei? Name eignet sich einfach besser für eine Wir nennen uns bewusst eine Gender and Sexual Diversity (GSD) Jugendgruppe. Bei uns kommen Jugendgruppe. auch lesbische Frauen und Bisexuelle genauso Was hat sich sonst noch geändert? wie Transmenschen vorbei. Unsere Tür steht allen Am Anfang waren wir acht Jugendliche im Lei- Jugendlichen zwischen 14 und 27 Jahren offen. tungsteam. Leider haben uns fünf von ihnen wie- Im Leitungsteam sind wir zurzeit nur homoder verlassen. Dafür konnten wir drei neue, moti- und bisexuelle Männer. Ich hoffe aber, dass wir vierte Jungs dazugewinnen. Heute organisieren wir auch hier bald etwas mehr Vielfalt erhalten. alles zu sechst. Jeder von uns hat sein „Ämtli“ – auf einen Chef verzichten wir aber bewusst. Die Was bietet eine Jugendgruppe an, was die Treffen finden heute zwei Mal und nicht mehr nur sozialen Medien nicht anbieten können? einmal im Monat statt. Ausserdem ist spot25 an Soziale Medien wie purplemoon.ch sind natürlich sehr wertvoll, um sich zu vernetzen und in der Pride mit vielen Jugendlichen mitgelaufen. l Zielstrebig mit spot25 l Homosexuelle Arbeitsgruppe Zürich l 21 l sozialen Umfeld und die Akzeptanz der eigenen sexuellen Orientierung die häufigsten Gründe dafür sind, zeigt uns, wie wichtig unsere Jugendgruppe und andere Angebote sind. Ist es denn für einen jungen Schwulen immer noch so schwierig, sich zu akzeptieren? Einfach ist es nicht! Vielen Jugendlichen wird tagtäglich eine heteronormative Welt vermittelt. Sie merken erst spät, dass es auch noch anderes gibt, das genauso natürlich wie Heterosexualität ist. Dank dem Internet hat man heute die Möglichkeit, mit anderen Jugendlichen zu chatten, die auch „anders lieben“. Das Coming-out ist aber nach wie vor für viele ein schwerer Schritt. Die Toleranz in der Gesellschaft ist zwar gestiegen. Doch „schwul“ bleibt heute eines der meistgebrauchten Schimpfwörter unter Jugendlichen. Ich verstehe es, wenn sich dann jemand nicht getraut, sich zu outen. Was muss sich noch ändern, damit das Coming-out den Jugendlichen einfacher Kontakt zu bleiben. Doch wir wollen auch fällt? Gleichaltrige persönlich kennenlernen und uns Die Gesellschaft muss unbedingt über die austauschen, ohne an Partys oder in Bars gehen zu Toleranz hinauswachsen, verschiedene sexuelmüssen. Die spot25-Abende ermöglichen es uns. le Orientierungen und Geschlechtsidentitäten bedingungslos akzeptieren. Dazu gehört zum Seid ihr eine Selbsthilfegruppe? Beispiel, dass man in der Schule fächerüber Nein. Wir bieten in erster Linie ein geschütztes greifend auch über andere Lebensformen Umfeld, bei welchem nicht Sex oder Aufriss im spricht, und dass das Wort „schwul“ als Vordergrund steht. Natürlich sind wir auch fürein- negative Bezeichnung genauso wie rassistische ander da, wenn jemand Fragen oder Probleme Äusserungen unterbunden wird. Es darf keine hat. Wir geben einander Rückhalt. Für Beratun- Rolle mehr spielen, wie sich jemand definiert. gen und ähnliches verweisen wir die Jugend Welche Rolle soll die schwullesbische lichen aber beispielsweise an du-bist-du.ch. Gruppe GLL spielen? Laut einer im Februar von Dialogai (Genf) und der Uni Zürich publizierten Studie versucht in der Schweiz jeder fünfte Schwule, sich umzubringen – die Hälfte davon vor dem 21. Lebensjahr. Hat dich diese Nachricht überrascht? Ich hatte schon vermutet, dass die Suizidgefähr dung höher ist als bei Heteros. Doch die Zahlen der Studie sind enorm hoch, was mich schockiert hat. Die Tatsache, dass Probleme im l 22 l Homosexuelle Arbeitsgruppe Zürich Ihre Besuche in den Schulklassen sind eine super Sache für Lehrerinnen und Lehrer, die das Thema mit den Schülern vertiefen möchten. Ich sehe sie als eine Ergänzung zu den Einrichtungen, die im Lehrplan nötig sind. Hattest du dich in der Schule geoutet? Ja. In der Oberstufe merkte ich, dass ich mich in einen Mitschüler verliebt hatte. Als Sprüche kamen wie „du bist schwul“ habe ich einfach mit l Zielstrebig mit spot25 l „ja“ geantwortet, dumme Bemerkungen habe ich ignoriert. Als ich dann mit 17 meinen ersten Freund hatte, nahm ich ihn wie selbstverständlich überall mit – niemand aus meinem Freundeskreis hatte ein Problem damit. Für mich war meine eigene Homosexualität nie etwas Spe zielles. Das hab ich meiner Mutter zu verdanken. Als kleiner Junge habe ich sie einmal gefragt, ob ich auch einen Mann anstatt einer Frau heiraten dürfe. Sie antwortete einfach mit „ja“. Warst du also privilegiert? Beschränkt sich Homophobie immer mehr auf ein rein kulturelles Problem, das zu gezogene Familien aus konservativeren Ländern betrifft? Nein. In diesen Ländern ist Homophobie sicher weiter verbreitet, weil dort die Aufklärung fehlt. Viele Migranten haben immer nur schlechtes gehört über Homosexualität. Schwule und Lesben aus den betroffenen Familien haben deswegen mehr Angst, sich zu outen. Aber auch in Schweizer Familien kann beispielsweise die Religion eine negative Rolle spielen. Um gekehrt bin ich in der Familie einer muslimischen Freundin besonders willkommen, weil die Eltern wissen, dass ich als Schwuler nichts mit ihrer Tochter anstellen würde... (lacht). Eindeutig, im Vergleich zu den meisten Geschichten, die ich unter anderem bei spot25 höre! Ich bin in meinem engsten Umfeld noch nie mit Homophobie konfrontiert geworden. Meine Familie hat mir viel Rückhalt gegeben. Auch mein Vater ist heute stolz auf mich und Du bist JUSO-Mitglied und auch sonst sehr mein Engagement, obwohl er es früher nicht engagiert als Member von etwa 20 Organisationen... Was motiviert dich derart? mitteilen konnte. Ich engagiere mich gerne für Anliegen und ------------------------------------------- anzeige ------------------------------------------Menschen, die mir wichtig sind. Ich kann beispielsweise Fakten, wie sie die Studie zur Suizidgefährdung aufzeigt, nicht einfach ignorieren. Auch die aktuelle rechtliche Situation (Eheverbot, Adoptionsverbot, kein echter Diskriminierungsschutz), welche uns zu Bürger/innen zweiter Klasse macht, ist für mich nicht hinnehmbar. Und jeder kleine Erfolg, der erreicht wird, macht mich glücklich, was mir wiederum noch mehr motiviert. Seit zwei Jahren bist du beim Verein Regenbogenfamilien dabei. Möchtest du später Kinder haben? Ja. Am Anfang habe ich gar nicht an eigene Kinder gedacht, sondern wollte einfach mit den betroffenen Mütter und Väter für die rechtliche Anerkennung von Regenbogenfamilien kämpfen, da mich diese Diskriminierung sehr stark berührt hat. Mittlerweile ist für mich aber klar, dass ich eines Tages selbst auch Kinder haben will. --------------------------------------------------------------------------www.spot25.ch www.dubistdu.ch --------------------------------------------------------------------------l Zielstrebig mit spot25 l Homosexuelle Arbeitsgruppe Zürich l 23 l bitte EBT CH LI S I R Ü Z NDER A frankieren Vorname: Name: HAZ PLZ: Ort: Email: Jahrgang: www.haz.ch Strasse: Homosexuelle Arbeitsgruppen Zürich Sihlquai 67 8005 Zürich Schweiz Ich möchte HAZ-Mitglied werden Ich bin interessiert, bitte haltet mich auf dem Laufenden. Ich möchte spenden, bitte schickt mir einen Einzahlungsschein. e end p S e Dein an: 09-4 8 2 5 80PC herzlich ist men m o k will Gebühr Schwubliothek & Schlüsseldepot Für die Nutzung der Schwubliothek wird anstelle eines Depots neu eine einmalige Gebühr von 30 Franken erhoben. Personen, die ihr Depot gerne zurückerhalten möchten, können dies bis 15. September 2013 zurückfordern. Entgegen dem kürzlich an die Mitglieder versandten Brief, können die Depots für die Schwubliothek zu 100% nachvollzogen und den Nutzerinnen und Nutzern zugeordnet werden. Das Präsidium entschuldigt sich ausdrücklich für diesen Fehler. Bei vielen Schlüsseldepots fürs Centro hingegen ist die Nachvollziehbarkeit nicht mehr gegeben. Wer sein Depot zurück erhalten möchte, möge dies mit Aushändigung des Centroschlüssels ebenfalls bis 15. September 2013 tun bzw. uns melden, dass der Schlüssel benötigt wird. Eure HAZ