Entwurf der Verfassung der Autonomen Region Kurdistan

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Entwurf der Verfassung der Autonomen Region Kurdistan
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Verfassungsentwurf der
Region Kurdistan-Irak
Der vorliegende Verfassung wurde vom zuständigen Ausschuss des kurdischen Parlaments im Oktober 2002 verabschiedet; die kurdischen Organisationen und Parteien haben ihm mit großer Mehrheit zugestimmt. Wir weisen
ausdrücklich darauf hin, dass es sich bei dieser Übersetzung um eine Arbeitsübersetzung, nicht um ein beglaubigtes Dokument, handelt.
Arbeitsübersetzung und Copyright für die deutsche Übersetzung: NAVEND e. V. © 2003
Verfassungsentwurf der Region Kurdistan-Irak
TEIL I: Allgemeine Grundsätze
Artikel 8:
Artikel 1:
1. Die kurdische Sprache ist die Amtsprache der Region Kurdistan.
Die Region Kurdistan ist ein Bundesland
der Föderalen Republik Irak. Das politische
System der Region ist ein republikanisches,
parlamentarisch-demokratisches
System.
2. Die offizielle Korrespondenzsprache mit
regionalen und föderalen Autoritäten
wird zweisprachig, arabisch und kurdisch, sein.
Artikel 2:
Die Region Kurdistan besteht aus den Distrikten Kirkuk, Suleymaniya und Erbil in ihren Verwaltungsgrenzen vor 1968 und dem
Distrikt Dohuk zusammen mit den Bezirken
Aqrah, Shaykhan, Sinjar, Tilafar sowie den
Unterbezirken von Zimar, Baashiqa, AlQush, Aski Kalak im Distrikt Ninawa, den
Bezirken Khanaqin und Mandali im Distrikt
von Diyala und den Bezirk von Badrah und
Unterbezirk Jassan im Distrikt von AlWasit.
3. Die turkmenische Sprache wird für die
Turkmenen zusätzlich zur kurdischen
Sprache Schul- und Kultursprache sein.
Das Assyrische wird für die assyrischund arabischsprechenden neben der
kurdischen Sprache, Schul- und Kultursprache sein. Die arabische Sprache
wird zusätzlich zur kurdischen Sprache
Schul- und Kultursprache für die Araber
sein.
TEIL II: Grundrechte und Pflichten
Artikel 3:
Das Volk ist die Quelle der Staatsgewalt
und stellt die Grundlage ihrer Legitimation
dar.
Artikel 4:
Das Volk der Region Kurdistan besteht aus
Kurden und nationalen Ethnien (Turkmenen, Assyrern, Chaldäern, Armeniern
und Arabern), deren Rechte diese Verfassung innerhalb der Einheit der Region Kurdistan anerkennt.
Artikel 5:
Die Stadt Kirkuk ist die Hauptstadt der Region Kurdistan.
Artikel 6:
Neben der Flagge der Föderalen Republik
Irak führt die Region Kurdistan ihre eigene
Flagge, Wappen und Hymne, die per Gesetz geregelt werden.
Artikel 7:
Die Region Kurdistan verfügt über eine eigene Streitmacht zur Verteidigung.
Artikel 9:
1. Die Bürger sind in ihren Rechten und
Pflichten vor dem Gesetz gleich. Niemand darf wegen seines Geschlechtes,
seiner Rasse, seiner Hautfarbe, seiner
Sprache, seiner sozialen Herkunft, seiner Religion, seiner Konfession und
seiner sozialen Situation diskriminiert
werden
2. Männer und Frauen sind gleichberechtigt.
3. Die Familie ist die Grundlage der Gesellschaft. Mutterschaft und Kinder stehen unter Schutz. Der Staat und die
Gesellschaft haben die Verpflichtung,
die Erziehung der Jugend zu beaufsichtigen, die moralischen und nationalen
Werte sowie das kulturelle Erbe des
kurdischen Volkes zu schützen. Dies
wird durch das Gesetz geregelt.
4. Das Prinzip der Chancengleichheit für
alle Bürger ist garantiert.
3
Artikel 10:
Artikel 14:
1. Die Bestrafung erfolgt individuell. Eine
Handlung kann nur dann verfolgt und
bestraft werden, wenn die Strafbarkeit
gesetzlich bestimmt ist. Keine Handlung ist strafbar, wenn sie nicht zum
Zeitpunkt als sie erfolgte, als strafbar
bestimmt war. Es wird keine schärfere
Strafe verhängt als die, welche im Zeitpunkt der Begehung der strafbaren
Handlung bestimmt war.
Das Eigentum ist gewährleistet. Bewegliches und unbewegliches Eigentum kann
nicht beschlagnahmt werden, es sei denn
auf Grundlage eines Gesetzes. Eigentum
kann nicht entzogen werden. Nur zum
Wohle der Allgemeinheit ist eine Enteignung per Gesetz und gegen eine gerechte
Entschädigung zulässig.
2. Der Angeklagte gilt als unschuldig, solange die Tat nicht gerichtlich nachgewiesen ist.
Artikel 11:
1. Das Recht auf Verteidigung ist in allen
Stadien des Verfahrens garantiert und
der Prozess erfolgt auf gesetzlicher
Grundlage.
2. Prozesse werden öffentlich abgehalten,
es sei denn, das Gericht entscheidet
auf Grundlage eines Gesetzes, das
Verfahren nicht öffentlich abzuhalten.
Artikel 12:
1. Die Wohnung ist unverletzlich. Sie darf
nur auf gesetzlicher Grundlage durchsucht oder überwacht werden.
2. Personen und ihr Besitz können nur auf
gesetzlicher Grundlage durchsucht
werden.
3. Die Würde des Menschen ist unantastbar. Jegliche Art der körperlichen und
psychischen Folter ist verboten.
4. Personen dürfen ohne einen auf gesetzlicher Grundlage ergangenen gerichtlichen Beschluss weder verhaftet,
festgenommen noch inhaftiert werden.
Artikel 13:
Das Postgeheimnis (Briefpost, elektronische Post und Telekommunikation) ist garantiert. Es darf nur im Rahmen eines erlassenen Gesetzes und in Übereinstimmung mit einem Beschluss eines zuständigen Gerichts eingeschränkt werden, wenn
es für den Schutz der Rechtsordnung und
der Sicherheit der Region unerlässlich ist.
Artikel 15:
Die Bürger der Region Kurdistan dürfen an
ihrer Ausreise aus der Föderalen Republik
Irak und ihrer Rückkehr nicht gehindert
werden. Es ist nicht erlaubt, ihre Bewegungsfreiheit einzuschränken oder ihren
Aufenthaltsort zu bestimmen, außer in den
Fällen, die auf Grund eines Gesetztes geregelt werden.
Artikel 16:
Meinungs-, Publikations-, Presse-, Druckfreiheit, das Recht auf Versammlung, auf
friedliche Demonstration und friedliche
Kundgebung, das Gründen politischer Parteien, Vereine und Gewerkschaften werden
gewährleistet und gesetzlich geregelt.
Artikel 17:
Glaubens- und Religionsfreiheit sowie das
Praktizieren von religiösen Riten ist garantiert, wenn sie nicht im Widerspruch zur
Verfassung der Föderalen Republik Irak,
zum Inhalt dieser Verfassung und nicht im
Widerspruch zu den allgemeinen sittlichen
Regeln steht.
Artikel 18:
Politische Flüchtlinge dürfen nicht ausgeliefert werden.
Artikel 19:
1. Die schulische Grundausbildung in der
Region Kurdistan ist Pflicht und wird
gesetzlich geregelt.
2. Die Regionalregierung verpflichtet sich,
Maßnahmen gegen den Analphabetismus zu ergreifen und garantiert ihren
Bürgern das Recht auf kostenlose Ausbildung in jeder Stufe, ob Grund- oder
Oberschule und Hochschule. Die För-
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derung der beruflichen und technischen
Ausbildungen ist ebenso garantiert.
Artikel 20:
Die Freiheit der akademischen Forschung
ist gesetzlich garantiert. Hervorragende
Leistungen unterschiedlicher Art, Innovationen und Kreativität in den verschiedenen
wissenschaftlichen, geistigen, kulturellen,
künstlerischen und technischen Bereichen
werden gefördert, unterstützt und belohnt.
Artikel 21:
1. Arbeit ist Recht und Pflicht jeden Bürgers. Die Regionalregierung bemüht
sich, für arbeitsfähige Bürger Arbeit zu
beschaffen.
2. Die Regionalregierung gewährleistet
eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen. Sie arbeitet daran, den Lebensstandard, den Bildungsstand und
berufliche Erfahrung zu fördern. Sie
wird soziale Sicherheit sowie Unterstützung im Falle von Krankheit, Behinderung, Arbeitslosigkeit und Alter gewährleisten.
3. Niemand darf gezwungen werden, eine
Arbeit ohne wählbare Alternative auszuüben, es sei denn dies wäre zur Behebung eines unerwarteten öffentlichen
Schadens erforderlich.
Artikel 22:
1. Die Regionalregierung hat den Schutz
der öffentlichen Gesundheit durch den
kontinuierlichen Ausbau der Versorgung mit medizinischen Dienstleistungen zu garantieren.
2. Die Regionalregierung verpflichtet sich,
die Umwelt zu schützen, sie zu erhalten
und den Umweltschutz zu verbessern.
Artikel 23:
Das Zahlen von Steuern ist die Pflicht aller
Bürger. Sie dürfen ohne Gesetzesbeschluss weder erhoben, noch eingezogen
oder abgeändert werden.
Artikel 24:
Bürger haben das Recht, Beschwerden zu
erheben und Bittschriften an die zuständigen Behörden zu richten. Diese haben sie
innerhalb einer angemessenen Zeitperiode
zu bearbeiten.
Artikel 25:
Die Justiz in der Region Kurdistan ist für
den Schutz der in diesem Teil erwähnten
Rechte zuständig. Das Gericht entscheidet
über die Haftbarkeit von öffentlichen Stellen, die individuelle Haftbarkeit sowie eine
gemeinsame Haftbarkeit, sowie darüber,
welche Strafe und/oder Entschädigung zu
erheben ist.
TEIL III: Die Regierung der Region
Kurdistan
Erstes Kapitel – Gesetzgebung
Die Nationalversammlung der
Region Kurdistan
Artikel 26:
Die Nationalversammlung der Region Kurdistan ist die legislative Gewalt in der Region. Sie setzt sich aus Volksvertretern, die
in allgemeiner, unmittelbarer, freier und
geheimer Wahl gewählt werden, zusammen.
Artikel 27:
1. Das Wahlverfahren der Mitglieder der
Nationalversammlung der Region Kurdistan, seine Zeitplanung sowie die
Sitzverteilung und die Voraussetzungen
für Wahlberechtigte und Wahlkandidaten werden durch Gesetz geregelt.
2. Bei der Zusammensetzung der Nationalversammlung ist die gerechte Vertretung der nationalen Ethnien in der
Region Kurdistan zu berücksichtigen.
Artikel 28:
1. Die Wahlperiode der Nationalversammlung beträgt fünf Jahre, beginnend mit
der ersten Sitzung.
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2. Auf Einladung des Präsidenten der Region Kurdistan tritt die Nationalversammlung innerhalb von fünfzehn Tagen nach der Verkündung des endgültigen Wahlergebnisses zusammen.
Falls an die Nationalversammlung keine derartige Einladung ergeht, so tritt
sie von sich aus am Tag nach dem Ablauf der genannten Frist zusammen.
Artikel 33:
Die Einzelheiten der Geschäftsordnung der
Nationalversammlung, wie die Versammlung ihre ordentlichen und außerordentlichen Sitzungen hält, wann eine Mitgliedschaft zu Ende geht und wie die freien
Plätze besetzt werden, wird durch Gesetz
geregelt.
Artikel 29:
Die Nationalversammlung hält ihre konstituierende Sitzung unter der Leitung des ältesten Abgeordneten ab. Ein Präsident,
dessen Stellvertreter und die Schriftführer
werden in geheimer Wahl unter den Abgeordneten gewählt.
Artikel 30:
Die Mitglieder der Nationalversammlung
leisten vor der Aufnahme ihrer Tätigkeiten
folgenden Eid:
„Ich schwöre beim allmächtigen Gott, die
Interessen des Volkes in Kurdistan, seine
Einheit, seine Würde und Rechte und Freiheit seiner Bürger zu schützen und als Mitglied der Nationalversammlung meine
Pflichten vertrauenswürdig und gewissenhaft durchzuführen.“
Artikel 31:
1. Die Beschlussfähigkeit der Nationalversammlung ist erreicht, wenn die Mehrheit der Mitglieder anwesend ist. Gesetze werden mit absoluter Mehrheit
der Anwesenden verabschiedet, solange die Verfassung1 nicht etwas anderes
anordnet.
2. Zehn Mitglieder der Nationalversammlung können eine Gesetzesvorlage oder
einen Beschluss vorschlagen.
Artikel 32:
Die Besoldung und das Gehalt des Präsidenten der Nationalversammlung und ihrer
Mitglieder wird gesetzlich geregelt.
1
Artikel 34:
Die Nationalversammlung hat folgende Zuständigkeiten:
1. Änderung der Verfassung der Region
mit 2/3 Mehrheit der Mitglieder der Nationalversammlung. Die aufgeführten
Grundrechte und Pflichten dieser Verfassung dürfen dabei nicht angetastet
werden.
2. Verabschiedung, Änderung oder Aufhebung von Gesetzen.
3. Abgabe des Vertrauensvotums für die
Mitglieder des Kabinetts und Rücknahme des Vertrauensvotums.
4. Beratung und Bewilligung des allgemeinen Haushalts für die Region Kurdistan,
außerplanmäßige
Haushaltsausgaben und Bewilligung von
Ausgaben, die nicht im allgemeinen
Haushalt enthalten sind.
5. Beschlussfassung über die Erhebung,
Änderung oder Aufhebung von Steuern
und Gebühren.
6. Bestätigung der durch die Regionalregierung mit anderen Regionen der Föderalen Republik Irak, mit ausländischen Stellen sowie mit föderalen Regionen anderer Staaten getroffenen
Abkommen in den Bereichen Wirtschaft, Entwicklung, Kultur, Bildung,
humanitäre Hilfe sowie der in Grenz-,
Sicherheits- sowie nachbarschaftlichen
Angelegenheiten getroffenen Abkommen.
7. Entscheidung über Fragen der Mitgliedschaft in der Nationalversammlung.
Im Original steht statt Verfassung Gesetz.
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8. Entscheidung über das Verfahren zur
Besetzung freigewordener Sitze der
Nationalversammlung auf gesetzlicher
Grundlage.
9. Kontrolle der Arbeit der Regierung in
der Region Kurdistan, des Ministertpräsidenten, seiner Stellvertreter und Minister.
10. Beschlussfassung über die Geschäftsordnung der Nationalversammlung, die
Liegenschaften, deren Haushalt, sowie
die Einstellung der Angestellten der Nationalversammlung und Festlegung deren Gehälter.
11. Bildung von Untersuchungsausschüssen für Angelegenheiten, die die Nationalversammlung für notwendig erachtet.
Artikel 35:
1. Ein Mitglied der Nationalversammlung
genießt parlamentarische Immunität.
Ein Mitglied hat das Recht auf freie
Aussprache innerhalb der Bestimmungen der Geschäftsordnung der Nationalversammlung.
2. Ein Mitglied der Nationalversammlung
darf nicht verhört oder festgenommen,
seine Rechte und Freiheiten nicht eingeschränkt werden. Es darf nicht ohne
eine vorherige Zustimmung der Nationalversammlung überwacht oder während einer parlamentarischen Periode
durchsucht werden, es sein denn, es
wird auf frischer Tat angetroffen und
seine Schuld kann nachgewiesen werden.
3. Ein Mitglied der Nationalversammlung
darf nicht strafrechtlich verfolgt oder
festgenommen werden, solange nicht
die Erlaubnis des Präsidenten der Nationalversammlung vorliegt, es sei denn,
es wird auf frischer Tat angetroffen und
seine Schuld kann nachgewiesen werden. In diesem Falle wird die Nationalversammlung bei ihrem nächsten Zusammentreten unmittelbar über diesen
Tatbestand und den Beschluss informiert.
Artikel 36:
Die Nationalversammlung kann durch eine
2/3 Mehrheit ihrer Mitglieder aufgelöst werden.
1. Die Nationalversammlung kann durch
Verordnung des regionalen Präsidenten
in folgenden Fällen aufgelöst werden:
a. wenn mehr als die Hälfte der Mitglieder der Nationalversammlung
ihr Amt niederlegen.
b. wenn keine gesetzlich vorgeschriebene Mindestzahl der Versammlungsmitglieder
innerhalb
von 45 Tagen ab dem Tag der
Einberufung zusammentritt.
c. wenn die Nationalversammlung
dem Kabinett bei drei aufeinanderfolgenden Abstimmungen kein
Vertrauen ausspricht.
d. wenn sich das Wahlgesetz der Nationalversammlung verändert und
die übrige Zeit der Periode weniger als sechs Monate beträgt.
Artikel 37:
Bei Auflösung der Nationalversammlung
oder Ablauf der Wahlperiode werden allgemeine Neuwahlen innerhalb von zwei
Monaten abgehalten.
Artikel 38:
Können zum Ablauf der Wahlperiode auf
Grund eines Krieges oder auf Grund von
Naturkatastrophen keine Wahlen abgehalten werden, so bleibt die Nationalversammlung im Amt, bis eine neue Nationalversammlung gewählt und die erste Sitzung
einberufen wird.
Zweites Kapitel – Exekutive Gewalt
1. Präsident der Region Kurdistan
Artikel 39:
Die Region hat einen Präsidenten mit der
Bezeichnung „Präsident der Region Kurdistan“. Der Präsident der Region Kurdistan
ist die höchste ausführende Gewalt und
repräsentiert den Präsidenten der Föderalen Republik Irak in der Region, vertritt ihn
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bei nationalen und patriotischen Anlässen
und koordiniert zwischen Bundesbehörden
und Regionalbehörden.
Artikel 40:
Der Präsident der Region Kurdistan wird
nach dem selben Verfahren gewählt, wie
Präsident der Föderalen Republik Irak gewählt. Dieses wird per Gesetz geregelt.
Artikel 41:
Über das Verfahren zur Wahl des Präsidenten der Region Kurdistans, die Voraussetzungen seiner Kandidatur, wie er angeklagt und vor Gericht gestellt und wie seine
Legislaturzeit beendet wird, entscheidet ein
besonderes Gesetz.
Artikel 42:
Der Präsident der Region Kurdistan hat
den folgenden konstitutionellen Amtseid
vor der Nationalversammlung der Region
Kurdistans zu leisten, bevor er sein Amt
antritt:
„Ich schwöre beim allmächtigen Gott, die
Rechte, die Errungenschaften, die Einheit
und die Interessen des Volkes von Kurdistan zu schützen und die Verfassung der
Föderalen Republik Iraks, sowie die der
Region Kurdistan zu respektieren und mich
daran zu halten, meine Pflichten treu und
gewissenhaft zu erfüllen.“
Artikel 43:
Das Amt des Präsidenten der Region Kurdistan dauert vier Jahre. Er kann einmal
wiedergewählt werden.
4. offizielle Bekanntgabe des Kabinetts,
nachdem diesem von Nationalversammlung der Region das Vertrauen
ausgesprochen wurde.
5. Einberufung außerordentlicher Sitzungen des Kabinetts in Ausnahmezuständen. Die Sitzung wird sich nur mit den
Themen befassen, die Anlass zu der
außerordentlichen Sitzung waren. Der
Präsident leitet die Sitzung, sobald er
eintrifft.
6. Erlass von Verordnungen mit Gesetzeskraft nach Beratung mit den jeweiligen Präsidenten der Nationalversammlung und des Kabinetts, wenn die
Region Kurdistan, ihr politisches System, die allgemeine Sicherheit, oder ihre konstitutionellen Institutionen überraschenden Gefahren ausgesetzt sind,
die ihre Existenz bedrohen, und die Nationalversammlung nicht zusammentreten kann. Voraussetzung dafür ist, dass
die Verordnungen der Nationalversammlung der Region vorgelegt werden, sobald diese bei erster Gelegenheit zusammentritt. Falls dies nicht gescheht und/oder diese von der Nationalversammlung nicht angenommen
werden, so verlieren die Verordnungen
ihre Gesetzeskraft.
7. Ausrufung des Notstandes auf Grundlage eines gesonderten Gesetzes.
8. Ausübung der ihm vom Präsident der
Föderalen Republik Irak übertragenen
Vollmachten.
Der Präsident der Region Kurdistan hat
folgende Befugnisse und Zuständigkeiten:
9. Verlegung der Streitkräfte und der Sicherheitspolizei der Region in Übereinstimmung mit dem Ministerrat der Region.
1. Verkündung der durch die Nationalversammlung der Region beschlossenen
Gesetze.
10. Einlassgewährung föderaler Streitkräfte
in die Region mit Zustimmung der Nationalversammlung bei Notwendigkeit.
2. Verkündung allgemeiner Wahlen für die
Nationalversammlung der Region.
11. Ständige oder vorübergehende Aufsicht
sowie Anleitung der in der Region Kurdistan tätigen föderalen Sicherheitskräfte.
Artikel 44:
3. Einberufung der konstituierenden Sitzung der Nationalversammlung der Region.
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12. Verkündung des Rücktrittsbeschlusses
des Ministerrates oder eines Ministers,
wenn ihnen das Vertrauen entzogen
worden ist.
Präsidenten der Region Kurdistan sein
Amt auszuüben, ist seine Nachfolge
durch eine Wahl in der gleichen Art zu
bestimmen.
13. Verkündung des Rücktrittsgesuchs des
Kabinetts oder eines Ministers und Beauftragung zur Weiterführung der
Amtsgeschäfte, bis das neue Kabinett
gebildet wird.
2. Wenn das Amt des Präsidenten unbesetzt ist, hat der Präsident der Nationalversammlung der Region die Verantwortung und Aufgaben des Präsidenten zu übernehmen, bis ein neuer
Präsident gewählt wird.
14. Den Häftlingen eine besondere Amnestie gewähren.
15. Bestätigung der Todesstrafe oder Umwandlung in lebenslange Haft.
16. Ernennung der höheren Dienste im
Verwaltungswesen und der Sonderbeauftragten, der Richter, der Vorsitzenden der Staatsanwaltschaft der Region
Kurdistan, der Staatsanwälte und ihre
Vertreter, ihre Entlassung oder ihre
Versetzung in den Ruhestand auf gesetzlicher Grundlage.
17. Ernennung der Offiziere der Streitkräfte
und der der Sicherheitskräfte, ihre Entlassung oder ihre Versetzung in den
Ruhestand auf gesetzlicher Grundlage.
18. Verleihung von Auszeichnungen und
Orden auf gesetzlicher Grundlage.
19. Ernennung und Entlassung der Vertreter der Region in der Versammlung der
Regionen aufgrund der Vorschläge des
Kabinetts und die Bestätigung durch die
Nationalversammlung der Region Kurdistan.
Artikel 45:
Das Gehalt und die Vergütung des Präsidenten der Region Kurdistan wird durch
das Gesetz bestimmt.
Artikel 46:
Der Präsident der Region Kurdistan verfügt
über eine Kanzlei, deren Aufgaben und Zusammensetzung durch ein Gesetz geregelt
wird.
Artikel 47:
1. Im Falle des Rücktritts, des Todes oder
einer fortdauernden Unfähigkeit des
3. Wenn der Präsident der Region Kurdistan abwesend oder im Urlaub ist, handelt der Ministerpräsident in Vertretung
des Präsidenten.
2. Das Kabinett der Region Kurdistan
Artikel 48:
Das Kabinett Kurdistan ist Exekutivgewalt
und höchste Verwaltungsinstanz in der Region. Es führt die Regierungsgeschäfte unter der Aufsicht und Anleitung des Präsidenten der Region.
Artikel 49:
1. Das Kabinett besteht aus dem Ministerpräsidenten, dessen Stellvertreter
und mindestens 15 Ministern.
2. Der Präsident der Region Kurdistan
beauftragt den mit parlamentarischer
Mehrheit von der Nationalversammlung
gewählten Kandidaten, das Kabinett zu
bilden.
3. Der designierte Ministerpräsident wählt
seine Stellvertreter und seine Minister
unter den Abgeordneten der Nationalversammlung der Region oder anderen
Personen aus, die die Bedingungen für
eine Kandidatur zur Nationalversammlung der Region erfüllen.
4. Der designierte Ministerpräsident legt
dem Präsidenten eine Liste seiner Minister zur Bestätigung vor.
5. Nach Bestätigung des Kabinetts durch
den Präsidenten stellt der designierte
Ministerpräsident
der
Nationalversammlung der Region die Vertrauensfrage. Nachdem ihm das Vertrauen
ausgesprochen wird, gibt der Minister-
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präsident die Zusammenstellung seines
Kabinetts bekannt.
6. Der Ministerpräsident leitet die Kabinettssitzungen, außer wenn der Präsident der Region bei der Sitzung anwesend ist.
Artikel 50:
Bei der Kabinettsbildung der Region Kurdistan werden die nationalen Minderheiten
berücksichtigt.
Artikel 51:
8. Einstellung von Beamten, Festlegung
ihrer Gehälter, ihrer Beförderungen,
Kündigungen, Entlassung und ihrer
Pensionierung auf gesetzlicher Grundlage.
Artikel 53:
Der Minister ist unmittelbar für alle Angelegenheiten seines Ministeriums verantwortlich.
Artikel 54:
1. Das Kabinett gilt als zurückgetreten,
wenn ihm die Nationalversammlung der
Region das Vertrauen entzieht.
Die Minister vertreten gemeinsam das Kabinett vor der Nationalversammlung der
Region. Jeder Minister ist der Nationalversammlung gegenüber seiner Amtsführung
verantwortlich.
2. Ein Minister gilt als zurückgetreten,
wenn ihm die Nationalversammlung der
Region das Misstrauen ausspricht.
Artikel 52:
Artikel 55:
Das Kabinett hat folgende Aufgaben und
Zuständigkeiten:
1. Vorladungen, gerichtliche Verfahren,
und Verurteilungen des Ministerpräsidenten, dessen Stellvertreter und Minister werden durch Gesetz geregelt.
1. Umsetzung der Gesetze, Verordnungen
und Beschlüsse, und Wahrung der Sicherheit der Region und der öffentlichen Interessen.
2. Festlegung der allgemeinen Politik der
Region in Kooperation mit dem Präsidenten der Region Kurdistan.
3. Vorbereitung von Entwicklungsprojekten und Ergreifung der notwendigen
Maßnahmen zur Verwirklichung der
Projekte.
4. Vorbereitung des allgemeinen Haushalts der Region.
5. Beaufsichtigung und Anleitung der Arbeit von Ministerien, Institutionen und
Behörden in der Region Kurdistan,
durch Aufsicht, Kontrolle und Koordination zwischen ihnen. Das Kabinett hat
das Recht, die Beschlüsse aufzuheben
und zu novellieren.
6. Verabschiedung und Verkündung von
Verwaltungserlassen in Übereinstimmung mit den Gesetzen und Verordnungen.
7. Vorbereitung von Gesetzentwürfen und
Verkündung von Verordnungen.
2. Ihre Gehälter, Zulagen und Versorgungsansprüche werden gesetzlich geregelt.
3. Rechtsprechung
Artikel 56:
Durch Gesetz wird die Rechtsprechung in
der Region, ihre verschiedenen Instanzen
und Zuständigkeiten, ihre Kammern und
die Art ihrer Zusammensetzung sowie die
Bedingungen und Voraussetzungen für die
Einstellung ihrer Mitglieder, deren Versetzung und deren Verantwortlichkeit geregelt.
Artikel 57:
Jede natürliche und juristische Person ist
im Privatleben und in der Öffentlichkeit
dem Gesetz unterworfen, außer in den Fällen, die gesetzlich ausgenommen sind.
Artikel 58:
Die Rechtsprechung ist unabhängig und
nur dem Gesetz unterworfen.
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Artikel 59:
Das Revisionsgericht der Region Kurdistan
hat zusätzlich zu seiner normalen Zuständigkeit die Aufgabe, diese Verfassung auszulegen und die Vereinbarkeit der dem Gericht vorgelegten Verfahren mit der Verfassung zu überprüfen. Dieses wird gesetzlich
geregelt.
Artikel 60:
Die Staatsanwaltschaft vertritt die Gesellschaft bei der Verteidigung öffentlichen
Rechts und Verwirklichung der Gerechtigkeit.
Artikel 61:
Die nicht moslemischen Gemeinden habend das Recht, geistliche und juristische
Kommissionen nach einem besonderen
Gesetz zu bilden. Diese Kommissionen erhalten das Recht, unmittelbar alle Angelegenheiten der Gemeinden bezüglich Personenstandsangelegenheiten, die nicht der
allgemeinen Zivilgerichtsbarkeit unterliegen, zu behandeln.
Artikel 62:
Die Gerichtsurteile und Beschlüsse werden
im Namen des Volkes verkündet.
heben und sie mit anderen Einheiten zu
verbinden. Dieses wird durch Gesetz geregelt.
Artikel 65:
Der Hauptsitz der Distrikte, der Bezirke und
der Unterbezirke sowie der Dörfer mit mehr
als 3.000 Einwohnern, bilden eigene Gemeinderäte, die von einem Rat geleitet
werden und den Bürgern öffentliche Dienste leisten.
Artikel 66:
1. Der Bürgermeister und Mitglieder des
Gemeinderats werden unter den Einwohnern des Gebiets in allgemeiner,
freier, geheimer und unmittelbarer Wahl
gewählt.
2. Bei der Zusammenstellung der Gemeinderäte wird die gerechte Vertretung der nationalen ethnischen Minderheiten in der Region Kurdistan berücksichtigt.
Artikel 67:
Die Größe der Gemeinden, die Wahl des
Bürgermeisters, und der Gemeinderatsmitglieder sowie ihre Zuständigkeiten, Amtszeit und anderen Angelegenheiten werden
gesetzlich geregelt.
Teil IV: Verwaltung und
Gemeinderäte
Teil V: Das Finanzwesen
Artikel 63:
Artikel 68:
Die Verwaltungseinheiten in der Region
Kurdistan werden gemäß eines Regionalgesetzes gegliedert, ohne Vorschriften dieser Verfassung zu widersprechen. Dabei
werden die Rechte der nationalen ethnischen Minderheiten in den Verwaltungseinheiten, in denen sie die Mehrheit der
Bevölkerung ausmachen, berücksichtigt.
Steuern und Gebühren dürfen nur auf gesetzlicher Grundlage erhoben, abgeändert,
abgeschafft oder einer Person erlassen
werden.
Artikel 64:
Der Region steht das Recht zu, die Verwaltungseinheiten (Distrikten, Bezirken und
Unterbezirken) neu zu regeln, ihre Hauptsitze zu bestimmen und zu verlegen, die
örtlichen Gemeinden, sowie ihre Grenzen
festzulegen und zu verändern sowie ihre
Zuordnung zu Verwaltungseinheiten aufzu-
Artikel 69:
Die Behörden haben bei der Erhebung von
Steuern und Gebühren sowie bei Erlass
oder Ausgleich von Steuern und Gebühren
in der Region die Grundsätze von Gerechtigkeit, Gleichheit und Einheitlichkeit unter
den Bürgern der Föderalen Republik Irak
zu berücksichtigen.
Artikel 70:
Die Einkünfte der Region Kurdistan bestehen aus :
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1. Einnahmen aus Steuern und Gebühren
der Institutionen und Firmen sowie Einkünfte und Erträge von Behörden und
aus öffentlichen Dienstleistungen in der
Region.
2. Einkünfte aus der Nutzung der natürlichen Ressourcen in der Region.
3. Zuwendung und Spenden, Eintragungsgebühren sowie Lotterieeinnahmen.
4. Für die Region Kurdistan bestimmte inund ausländische Darlehen bzw. Kredite.
Artikel 71:
Die Region Kurdistan ist der Rechtsnachfolger der Föderalen Behörden in finanziellen Angelegenheiten, bei finanziellen Forderungen und Fälligkeiten sowie Nachzahlungen von Steuern und Gebühren, die die
Region betreffen.
Artikel 72:
Der Jahreshaushalt wird durch Gesetz
festgesetzt.
Artikel 73:
Für jeden Jahreshaushalt wird eine einheitliche Budget für die Region Kurdistan verabschiedet, die die voraussichtlichen Einnahmen und Ausgaben enthält.
Teil VI: Schlussbestimmungen
Artikel 74:
Jedes Gesetz, jede Verordnung oder jeder
Beschluss gilt als ungültig, wenn es zur
Verletzung oder Einschränkung der nationalen Rechte des kurdischen Volks oder
der der Bürger der Region Kurdistan führt
oder wenn es den Bestimmungen dieser
Verfassung widerspricht.
Artikel 75:
Die Struktur und das politische System der
Föderalen Republik Irak darf ohne Zustimmung der Nationalversammlung der Region Kurdistan nicht geändert werden. Falls
dies eintritt, so hat das Volk der Region
Kurdistan das Recht, die Selbstbestimmung auszuüben.
Artikel 76:
Im Falle einer verfassungsrechtlichen Auseinandersetzung oder Meinungsverschiedenheit zwischen den Behörden der Region Kurdistan und Behörden der Föderalen
Republik Irak oder der der anderen Regionen ist das föderale Verfassungsgericht für
die Überprüfung zuständig.
Artikel 77:
Folgende Stellen, sind berechtigt, Vorschläge für eine Novellierung der Verfassung vorzulegen:
1. Der Präsident der Region.
2. Das Kabinett.
3. Ein Viertel der Abgeordneten der Nationalversammlung.
Artikel 78:
Diese Verfassung wird nach Verabschiedung mit 2/3-Mehrheit durch die Nationalversammlung in Amtsblatt der Region veröffentlicht, und tritt ab dem Datum ihrer
Veröffentlichung in Kraft.
Salahaddin/Koya, Montag, den 26. 09.2002
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Quelle: Khabat und Al Ittihad vom 11.10.2002