Geschichte des Schützenvereins _27.4.03_

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Geschichte des Schützenvereins _27.4.03_
Die ersten 100 Jahre
Von der Gründung bis zum ersten Weltkrieg
Nach der vorangegangenen geschichtlichen Betrachtung des Schützenwesens ist es
sicher ebenso wichtig einen Blick auf die allgemeinen Lebensbedingungen unserer
Vorfahren zur Zeit der Vereinsgründung zu werfen.
Der deutsch/französische Krieg von 1870/71 war überstanden, Kaiser- und
Königshaus standen hoch im Kurs. 1879 baute Siemens die erste elektrische
Lokomotive, der Kölner Dom wurde ein Jahr später vollendet und Edison konstruierte
die erste wirklich brauchbare Glühlampe. In Mettingen wurde das erste elektrische
Licht aber erst am 12. Juni 1914 angeknipst, natürlich im Amtshaus. Nordhausen und
Nierenburg waren erst ca. 10 Jahre später dran, auf Betreiben von Colon Siermann.
Zur Gründungszeit unseres Schützenvereins blickten die Menschen langsam wieder
optimistisch in die Zukunft; so ebbte z.B. auch die Zahl der Mettinger, die aus
wirtschaftlicher Not „über den großen Teich“ nach Amerika gingen, langsam ab.
Aus ebensolcher wirtschaftlicher Not waren schon vorher viele Mettinger, die sog.
„Tüötten“ in alle Himmelsrichtungen gezogen. Von diesen wandernden Kaufleuten
waren inzwischen schon viele sesshaft und auch relativ wohlhabend geworden. In
den Volkszählungen der damaligen Zeit wurden viele „Außwärts abwesende
Haushaltungsmitglieder“ aufgeführt.
1875 hatte Mettingen 3347 Einwohner, davon 262 in Nordhausen und 248 in
Nierenburg.
1880 waren es 3439 Mettinger, lt. Auswertungsprotokoll alles Christen. In der
Bauerschaft Nierenburg zählte Gerhard Käller 115 männliche, 130 weibliche und 12
abwesende Personen.
In der Bauerschaft Nordhausen zählte Lehrer Engberding 121 männliche, 125
weibliche und 5 abwesende Personen.
Lt. Mettinger Heimatbuch beantragten bereits 1856 die Nordhausener eine
Genehmigung zum Scheibenschießen.
Sie blieb ihnen jedoch verwehrt, obwohl 4 ältere Leute, die Soldat gewesen waren,
sich bereiterklärten, die Verantwortung zu übernehmen. Die Begründung war, dass
zu viele junge Leute dabei seien, die noch nicht mit einem Gewehr umzugehen
verständen.
Weiter heißt es dann im Heimatbuch, dass aber schon 1857 und 1861 das junge
Volk in Nordhausen beim Bauer Klingenberg feierte.
Diese Feiern waren wohl die Vorläufer der dann später vereinsmäßig organisierten
Schützenfeste.
(Foto Scheibe)
Der Schützenverein Nierenburg-Nordhausen bildete sich vermutlich 1879 genau aus
den Gruppen junger Leute, die schon in den Jahren zuvor jeweils mit einem
Scheibenschießen verbundene Festlichkeiten gefeiert hatten.
Ein Jahr später, 1880 wurde die erste Vereinsfahne geweiht, damals noch mit der
Bezeichnung Schützenverein „Nierenborg“.
Im Mettinger Gemeindearchiv findet sich dann unter dem Datum 2.Juli 1885 der
Antrag des Wirtes Gerhard Käller auf Genehmigung des Schützenfestes und zur
Errichtung des Schießstandes für das Scheibenschießen.
Die Schützenvereine hatten auch schon zu dieser Zeit nicht nur große Ziele, wie
Verteidigung der Heimat, sondern das Feiern stand vielfach im Vordergrund , immer
nach dem Motto: Schützenfeste bringen Leben „in dei Bur“! Das wurde später
allerdings nicht immer gern gesehen.
Die Vereinsstatuten und eine vollständige Mitgliederliste sind erstmalig beim
Genehmigungsantrag für das am Sonntag, den 20.Mai 1906 geplante Schützenfest
auffindbar.
Aus dem ersten Satz in §1 : „Es hat sich zu Nierenborg ein Schützenverein gebildet“
kann man wohl schließen, dass es sich hierbei immer noch um die bei der
Vereinsgründung 1879 aufgestellten Statuten handelt.
Der Schützenverein Nierenborg hatte ca. 50 Mitglieder, den Vorstand bildeten im
Jahre 1906 August Meyer, Heinrich Laatz und Martin Schildwächter.
Das nächste Schützenfest fand am 9. Juni 1907 statt.
Das nächste Mitgliederverzeichnis ist im „Amt Mettingen-Recke“ am 14. Mai 1914
eingegangen. Unser Schützenverein hatte nun bereits 89 Mitglieder, namentlich
benannt in der Akte B266 des Gemeindearchivs Mettingen.
Diese erfreuliche Vereinsentwicklung wurde aber schon einige Monate später, im
Sommer 1914 durch den Ausbruch des 1. Weltkrieges jäh gestoppt. Am 1. August
1914 erhielten die ersten 20 Mettinger ihre Einberufung. Am Ende waren dann 133
Mettinger gefallen und 11 galten als vermisst. Schwierige Nachkriegsjahre mit
Hamstern, Plünderungen und Inflation schlossen sich an.
Es dauerte einige Jahre, bis sich unsere Gemeinde und auch unser Schützenverein
wieder wirklich weiterentwickelten.
Zwischen den Kriegen
Nach dem 1. Weltkrieg trug 1921 Franz Heeke als Erster wieder die Königskette.
1923 errang Albert Gildehaus die Königswürde.
Weitere Unterlagen zur Vereinschronik finden sich dann erst wieder im Jahre 1926.
Die Vorstandsmitglieder Heinrich Otte, Julius Burbrink, Leo Heeke, Joseph Otte und
Franz Diekmann unterzeichneten eine etwas modernisierte und verkürzte Fassung
der Vereinsstatuten.
Wesentlich spannender waren aber die durch umfangreiche Schriftwechsel
dokumentierten Probleme um die polizeibehördliche Abnahme des damaligen
Schießstandes auf dem Grundstück der Gastwirtschaft Käller in Nierenburg. Die
damalige Gastwirtschaft Käller ist heute noch vielen Mettingern unter dem späteren
Namen „Schankwirtschaft Aulkemeyer“ bekannt. Damals ahnte wohl niemand, dass
über 70 Jahre später bei Errichtung der ersten vereinseigenen Schießsportanlage
ähnliche Probleme auftreten würden. Statt einiger Seiten Schriftwechsel, gab’s dann
allerdings ganze Ordner voll.
Im Jahre 1926 drohte allerdings noch weiteres Ungemach von Amts wegen.
Amtmann Meyer wollte die Anzahl der Mettinger Schützenvereine verkleinern und
sämtliche Schützenfeste an einem einzigen Sonntag zusammenfassen. Die
Polizeistunde für sämtliche Feste wurde knallhart auf „12 Uhr nachts“ festgesetzt und
die Vereine sollten auch wieder mehr auf „Zucht und Ordnung“ achten.
Am 10. März 1926 erschien unter dem Motto: „Ein ernstes Wort, ein Aufruf“ der
folgende Artikel in der örtlichen Presse :
Aber trotz allem feierte unser Schützenverein auch 1927 sein eigenes Fest; am 24.
Juli in den Anlagen der Wirtschaft Hohnhorst mit Polizeistunde bis 12°° Uhr nachts!
35,- Mark Lustbarkeitssteuer und 5,- Mark Verwaltungsgebühren waren dafür zu
zahlen und der Schießmeister Brinkmann sollte das Vogelschießen überwachen. Es
wurde wohl wirklich gut gefeiert, ohne Rücksicht auf die Polizeistunde.
Unter dem 2.8.1927 ist dazu noch vermerkt: „Der Schützenverein Nierenburg hat bis
1°° Uhr nachts gefeiert und dafür habe ich 10 Mark mehr erhoben“
Unterschrift:
Frohwein
Oberlandjäger
Schützenkönig bei diesem rauschenden Fest war übrigens Leo Theele.
1928 trug dann Josef Käller die Königskette.
Aber 1934 wurde es dann wirklich ernst; diesmal kam das Schreiben vom
Ortsgruppenführer der NSDAP, Herrn Albert Funk.
Hier wurde unmissverständlich mitgeteilt, dass die vielen Schützenfeste nicht in den
„nationalsozialistischen Zeitgeist“ passen. Die Mettinger Schützenvereine schlossen
sich mehr oder weniger freiwillig zu einem Schützenbund zusammen. Nun wurde das
jährliche Schützenfest von sämtlichen Vereinen an einem Tag gefeiert, allerdings
jeder Verein in seinem Vereinsbezirk.
Der letzte König vor dem 2. Weltkrieg wurde im Juli 1939 auf dem Berentelg
ausgeschossen. August Meyer errang die Königswürde. Er wurde erst 1949, also 10
Jahre später, beim ersten Nachkriegsschützenfest von August Büscher abgelöst.