PDF Dokument - Matra Club Deutschland
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KAUFBERATUNG RANCHO! Untersuchungen beim Kauf – Worauf sollte man achten! 1: Karosserie/Interieur Da beim Rancho der hintere Aufbau komplett aus GfK ist, besteht an dieser Stelle schon mal kein Rostproblem. Die großen Glaspartien des Fahrzeugs sind nicht nur sehr vorteilhaft für die Rundumsicht, sondern stellen auch keine größeren Probleme dar. Der Rancho gilt als äußerst Wasserdicht, einzig an der oberen Heckscheibe können die Scharniere im Laufe der Jahre Wasser eindringen lassen. Alle GfK – Teile bekommt man noch problemlos als Neuteil. Genauso verhält es sich mit den Kunststoffverbreiterungen oder auch als Rammschutz deklariert, sowie den Stoßstangen vorne und hinten. Im Heck also kaum Probleme. Anders sieht es allerdings vorne aus. Da die Front nahezu unverändert vom Simca 1100 City Laster stammt, bestehen die vorderen Kotflügel, die Motorhaube sowie die Türen aus Blech. Gerne werfen die Kotflügel im oberen Bereich von innen Blasen. Aufgrund einer unvorteilhaften Konstruktion sammelt sich innerhalb der Kotflügel an der gesamten A – Säule stetig Spritzwasser, Sand und der übliche Straßenschmutz in der Kante, der dann feuchtfröhlich zum Lochfraß ansetzt. Ähnlich verhält es sich mit den Türen. Komplett aus Blech wurde dennoch auch an dieser Stelle auf Rostschutzvorsorge verzichtet. Oft sammelt sich Spritzwasser und Schmutz innerhalb der Türen durch die Ablauföffnungen und sorgt für braune Karies an den Unterkanten der Türblätter. Gute Türen für den Rancho sind schwer zu bekommen und werden mittlerweile in Gold aufgewogen. Auch die Seitenschweller quillen gerne aufgrund eines doppellagigen Bleches von innen heraus auf und sorgen für wahre Schweißorgien. Wer die Zeit und Muse hat einen Rancho genauer unter die Lupe zu nehmen, sollte ihn unbedingt auf eine Hebebühne bringen, um nicht später böse überrascht zu werden. Besonderes Augenmerk gilt dann dem Bereich der Motorträger, der Spritzwand im Bereich des Pedalträgers, der Vorder- und Hinterachsbefestigung, der Wagenheberaufnahme und dem Heckrahmen an dem die Heckklappe befestigt ist. Auch die Stoßdämpferaufnahmen in den Radkästen sollten gründlich abgeklopft werden. Die toten Federbeindome hinten offenbaren sich auch oft erst nach Demontage der Seitenverkleidungen. Wem das immer noch nicht genug ist kann dann noch die Rückleuchten abschrauben und einen Blick nach oben Richtung C – Säulen werfen, wo der braune Mob gerne sein unheiliges Werk verrichtet. Oftmals muß auch hier gewaltig geschweißt werden, was zur Folge hat, dass der gesamte hintere Aufbau runter sollte. Selbstverständlich sind die genannten Stellen nicht immer bei allen Ranchos durchgerostet, aber eben die Schwachstellen. Bis auf die bereits genannten Türen und die A – Säulen bekommt man aber noch einiges an Reparaturblechen. Wie schon erwähnt wurden diese genialen Fahrzeuge oftmals als „Baustellenfahrzeuge oder Lastenträger“ missbraucht und dadurch auch im Innenraum wenig geliebt und gepflegt. Dementsprechend sollte man beim Kauf einen gewissenhaften Blick auf die hinteren Seitenverkleidungen und den Dachhimmel werfen. Unbeschädigte Teile dafür sind nur schwer zu ersetzen. Gleiches gilt für die Sitze und Türverkleidungen, die meist sehr stark „verwohnt“ sind. Originaler Stoff ist aber je nach Modell noch zu bekommen. Dennoch kann man durchaus behaupten, dass von unseren französischen Freunden im Innenraum robuste Qualität verarbeitet wurde. Genau so verhält es sich mit dem Cockpit und der darin sitzenden Elektronik. Wie in den siebziger Jahren typisch beschränkte man sich auch im ruppigen Franzosen auf das Nötigste. Verleihen einem die sänfteartigen Sitze noch ein gewisses Wohnzimmerflair, so wird dieses dann durch den Blick auf das teilweise billig wirkende Cockpit getrübt. Dennoch ist es überaus funktionell und einzig darauf wurde Wert gelegt. Ein stufenloses Heizungsgebläse, welches von oben noch beleuchtet wird, hier ein Schalter für den Heckscheibenwischer, da ein Schalter für die vorderen Zusatzscheinwerfer und schließlich der lange Kombi – Drehlichtschalter fürs Abblend- und Fernlicht mit integrierter Hupe, das war schon die ganze Hexerei. Freunde einfachster Elektronik werden begeistert sein, denn die gesamte Ranchoelektrik ist in Fankreisen bekannt dafür, so gut wie nie auszufallen, oder zumindest mit einfachsten Mitteln zu revidieren. 2: Motor/Mechanik Bei den Motoren gibt es keine größeren Überraschungen, solange sie regelmäßig alle 7500 km ihren Ölwechsel bekommen. Aus der Großserienproduktion von Simca entliehen, haben sie sich dort millionenfach bewährt und obwohl nicht drehzahlfest als Langhuber ausgelegt, sind Laufleistungen weit über 200000 km durchaus möglich. Dennoch sind sie immer ölfeucht, tropfen und sind einfach nicht dicht zu bekommen. Einzig die Steuerketten verschleißen schnell und beginnen sich ab 50000 km beim einen oder anderen Rancho rasselnd zu melden. Es ist jedoch kein einziger Fall einer gerissenen Steuerkette bekannt und Motoren gibt es noch im Überfluss. Die üblichen Verschleißprobleme, wie eine leicht eingelaufene, unten liegende Nockenwelle oder ein beginnendes Kolbenkippen ab ca. 180000 km sind eher zu vernachlässigen. Es sind aber einige Fälle von frühzeitig verschlissenen Getrieben bekannt, welche jedoch oftmals auf falsche Handhabung oder kaum Wartung zurückzuführen waren. Hier wurde des öfteren auf Ersatz vom Simca 1308 zurück gegriffen. Fälschlicherweise, denn die Tachoübersetzung stimmte danach überhaupt nicht mehr. Mit der Mechanik des Matra verhält es sich ähnlich wie mit den Motoren. Schlichte, robuste Großserientechnik hielt vom Teilelieferanten Simca Einzug im Rancho. Dies macht ihn sehr unempfindlich für Defekte. Hier und da mal ein Radlager oder eine Antriebswelle. Anlasser z.B. gibt es von verschiedenen Herstellern, wie Ducellier, Paris-Rhone oder etwa Bosch. Für die Mechanik ist die Ersatzteilversorgung also gut bis sehr gut, wenn man bedenkt, wie wenige Fahrzeuge noch existieren. 3: Fahrgestell/Bremsen Auch hier gibt es normalerweise keine bösen Überraschungen. Das Fahrgestell und der Rahmen wurden eigens für den Rancho an den entscheidenden Stellen verstärkt und mit größeren Stabilisatoren und Stoßdämpfern versehen. Wiederum kommt die zuverlässige Drehstabfedertechnik zum Einsatz, welche den Vorteil hat, dass selbst bei einem unerwarteten Ausfall der hinteren Stoßdämpfer nahezu ungehindert weitergefahren werden kann. Die Bremsen sind auch kein exotisches Mysterium. Vorne mit Scheiben und hinten mit großdimensionierten Trommeln bestückt, sorgen sie für ausreichend Verzögerung. Allein bei den Bremsen wurden im Laufe der Jahre drei verschiedene Zulieferer wie z.B. Girling mit der Bestückung beauftragt. Die Hinterradbremse selbst ist Erbgut aus dem Simca 1307/08/09 und taucht in gleicher Form auch beim Horizon und 1100 TI auf. Also gibt es hier keinen Ersatzteilengpass. Praktische Erwägungen zu dem Typ 4: Teileversorgung, Verfügbarkeit von Infos und Werkstatthandbücher, Clubs Wie oben bereits kurz angeschnitten ist die Teileversorgung zumindest bei der Mechanik, der Motorisierung, der Karosserie, dem Fahrgestell und der Bremsen gut bis sehr gut. Eng wird es allerdings bei den Türen und diversen Reparaturblechen, wie den A – Säulen. Auch beim Interieur wie dem Dachhimmel, passenden Verkleidungen und diversen Sitzbezügen können hier und da Engpässe entstehen. Mit ein wenig Geduld kann aber zumeist auch hier weitergeholfen werden. Über den Rancho kann man fachlich nahezu alles erfahren. Werkstatthandbücher gibt es teilweise noch original, als Kopien oder zum Download als pdf – Datei. Erster Ansprechpartner ist hier sicherlich der Matra Club Deutschland e.V. der allein für das Modell „Rancho“ nicht weniger als 5 Typenreferenten zur Verfügung stellt. Dort erfährt man auch die Kontaktdaten zu den einschlägigen Teilehändlern. Außerdem wurde von einem absoluten Ranchofachmann ein spezielles Rancho – Dossier erstellt, welches teilweise in dieser Kaufberatung Einzug gefunden hat. Wem dies nicht genug ist kann auf der Internetseite des www.matraclub.de jede Menge links auch zu ausländischen Matraclubs finden. Das www.matraforum.de erfreut sich mit mittlerweile über 700 Usern größter Beliebtheit und hat schon so manchem Matra wieder auf die Räder geholfen. 5: Marktsituation/Preise Aktuell findet man immer wieder Ranchos bei diversen Auktionshäusern, deren Preisspannen von 200 Euro bis zu 8000 Euro reichen. Das Angebot wirklich guter, oder sogar restaurierter Ranchos ist eher ernüchternd. Häufig wird totgestandener Schrott feilgeboten, der meistens nur noch als Teileträger verwendet werden kann, denn als Restaurationsobjekt. Schuld ist wie immer der Rost! Wie bei allen anderen Exoten ist auch hier ein vernünftiger Preis nicht so einfach darzustellen. Oftmals kommt es einfach nur darauf an, wie viel einem Liebhaber dieses Fahrzeug wert ist. Betrachtet man jedoch die aktuellen Marktpreise kalt und realistisch kommt man auf kein gutes Ergebnis. Erzielt ein restaurierter Rancho mit Bewertung Note 1 gerade mal 8000 Euronen, steht dies jedoch in keinem Verhältnis dazu, wie viel Stunden Arbeit und vor allem Material in so einen Wagen investiert wurden, auch wenn man die Ersatzteile relativ kostengünstig bekommt. Sicherlich existieren keine originalen Ranchos mit Note 1 mehr. Jedoch ist festzustellen, dass in den letzten Jahren die Nachfrage dramatisch gestiegen und sogar ein regelrechter „run“ darauf ausgebrochen ist. Die Preise für Ranchos steigen zunehmend. Mit Sicherheit kann man jedoch davon ausgehen, dass man mit einem Matra Rancho niemals eine Wertanlage sein Eigen nennt. Fazit 6: Was beschert einem dieses Auto? Zu den positiven Punkten gehört ohne Zweifel, dass man für relativ wenig Geld einen originellen Hingucker mit viel Ladevolumen bekommt, der an der Tankstelle so manchem Gegenüber ein freundliches Lächeln ins Gesicht zaubern kann. Man verschafft sich also einen ausgefallenen Oldtimer mit sehr hohem Gebrauchswert und toller Optik, die wirklich niemand so schnell vergisst. Darüber hinaus bietet ein Rancho für die Insassen riesig viel Platz – immerhin erhält man bei umgeklappten Sitzen 2,12 m Ladefläche - er ist allgemein sehr gut durchdacht und durch seine Einzelradaufhängung und überaus bequemen Sitze äußerst komfortabel. Dabei ist er aber nicht zu weich und macht beim Fahren durch seine sehr gute Übersichtlichkeit auch auf langen Reisen irrsinnigen Spaß. Auch bei Fahrten in leichtem Gelände lässt der Rancho durch seine große Bodenfreiheit seinen Fahrer nicht im Stich, wogegen bei normalen PKW schon lange Schluss ist. Hinzu kommt dann noch die bereits erwähnte Großserientechnik, die den Matra für größere Defekte relativ resistent macht. Negativ zu bewerten sind jedoch die ziemlich schwere Lenkung, hakelige Schaltung und der große Überhang hinter der Hinterachse, der einerseits enormen Platz schafft, jedoch bei schwerer Beladung eher hinderlich ist. Immerhin könnte der Wagen an der Vorderachse so stark entlastet werden, dass die vorderen Antriebsräder bereits bei feuchter Straße leicht durchdrehen. Auch der ungünstige CW – Wert und das hohe Gewicht sorgen für einen relativ hohen Verbrauch von ca. 9 bis 13 Litern, was angesichts der heutigen Spritpreise den Rancho nicht gerade symphatischer werden lässt. Dennoch kann man einen Rancho durchaus als Spaßmobil betiteln! 7: Für wen eignet sich dieses Auto? Ein Rancho ist sicherlich nichts für die Klientel Autofahrer, die sich z.B. bei ihrem Mercedes – Händler darüber beschweren, dass bei ihrem SL bei 250 km/h Windgeräusche auftreten. Durch das sehr kurz abgestufte 4 – Ganggetriebe dreht der Motor des Rancho schon bei 100 km/h relativ hoch, wodurch es im Innenraum sehr laut werden kann. Auch was die Spaltmaße und allgemeine Verarbeitung betrifft ist der Rancho eher nichts für Perfektionisten. Vielmehr spricht er Puristen und praktische Schrauber an, die sich ab und an nicht davor scheuen, selbst am Wagen Hand anzulegen. Hinzu kommt, dass man einen Rancho mit den einfachsten Werkzeugen selbst reparieren kann. Man benötigt kaum Spezialwerkzeuge und die zu reparierenden Teile sind meist gut zugänglich. Ist alles o.k. kann man den Rancho seiner ursprünglichen Bestimmung zuführen: Entspannte Ausflüge zum See, mit den Kindern zum Ballspielen oder einfach nur bequem einkaufen fahren. Auch ein Urlaub nach Südfrankreich mit viel Gepäck ist ohne weiteres zu bewerkstelligen. Einerseits lässt ein Rancho durch seinen Komfort kaum Belastungen - auch auf weiten Strecken - auf den Körper zu, andererseits sorgt der hohe Geräuschpegel dafür, dass die Fahrt im Matra niemals ermüdend wird. Also sichert Euch noch schnell die letzten überlebenden Wagen, solange sie überhaupt noch zu bekommen sind!