finite-element-methode - Die Otto-von-Guericke
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FINITE-ELEMENT-METHODE Teil I (FEM-I) U. GABBERT Lehrstuhl für Numerische Mechanik Institut für Mechanik Nur zum Gebrauch an der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg bestimmt ! Vorbemerkungen III Vorbemerkungen Das Ziel des Teils I der Vorlesung zur FINITE-ELEMENT-METHODE besteht darin, wichtige theoretische Grundlagen dieser Methode zur computergestützten Bauteilberechnung und deren qualifizierter Anwendung im Ingenieurwesen zu vermitteln, wobei der Schwerpunkt auf statischen und dynamischen Problemen der Strukturmechanik liegt. Einleitend wird ein kurzer Überblick über den Stand der Entwicklung und der Anwendung der FEM gegeben. Kerngedanken der FEM werden an Hand einfacher Modellprobleme (Stab, Balken) dargestellt. Nach einer kurzen Einführung in die Energiemethoden der Mechanik werden die Grundgleichungen der FEM für Probleme der Elastostatik und -dynamik in allgemeiner Form abgeleitet. Es werden finite Elemente für wichtige Modellklassen der Mechanik (2D, 3D, Schalen), das isoparametrische Elementkonzept und die Substruktur-Superelement-Technik ausführlich behandelt. Ein Kapitel zur Fehlerschätzung und Netzadaption, und ein Kapitel zu Fragen der Modellbildung beschließen den ersten Teil der Vorlesung. Es werden weiterhin auch Grundkenntnisse über den prinzipiellen Aufbau, die Struktur und die programmtechnische Realisierung von kommerzieller Berechnungssoftware vermittelt. Im Rahmen eines individuellen Semesterbelegs werden diese Kenntnisse vertieft. Der Beleg umfaßt sowohl die Erarbeitung der theoretischen Grundlagen als auch die Erstellen eines kompletten Computerprogramms, einschließlich Testung, Dokumentationen und Demonstration. Als Programmiersprache werden Fortran’99 oder C empfohlen. Praktische Erfahrungen in der Anwendung der FEM werden in einem Rechnerpraktikum an Hand von Testbeispielen - überwiegend statische und dynamische Probleme für unterschiedliche Modellklassen der Mechanik - vertieft. Dazu wird das kommerzielle Programmsystems COSAR1 eingesetzt wird. Für individuelle Übungen stehen im Rechnerlabor des Institutes für Mechanik auch andere kommerzielle Programmsysteme zur Verfügung Der Vorlesungsinhalt beschränkt sich im Teil FEM I auf linear-elastische Probleme. Erweiterungen auf allgemeine Feldprobleme, die Berechnung von Mehrfeldproblemen (für intelligente oder adaptive Struktursysteme) und nichtlineare Aufgaben sind Gegenstand des Teils II der Vorlesung. Umfang und Voraussetzungen Der Vorlesungsumfang beträgt 4 SWS (2V, 2Ü&P). Die Vorlesung gehört zum Pflichtprogramm der Studienrichtung Angewandte Mechanik im Studiengang Maschinenbau. Sie ist offen für alle Studienrichtungen, wobei mindestens der erfolgreiche Abschluß des Grundstudiums (Maschinenbau, Mechatronik oder Elektrotechnik) erforderlich ist. Weiterhin sind Grundkenntnisse auf den Gebieten Elastizitätstheorie, Variationsrechnung, Computeranwendungen in der Mechanik (Programmierung), Computer-Numerik und Flächentragwerke erwünscht. Fehlende Grundlagen sind gegebenenfalls individuell nachzuholen, wobei dafür gesonderte Vorlesungsskripte bzw. Literaturempfehlungen zur Verfügung gestellt werden können. 1 COSAR ist ein Warenzeichen der Forschungsgesellschaft für Technische Mechanik FEMCOS mbH, siehe auch http://femcos.de IV Literaturempfehlungen Leistungsbewertung Die Leistungsbewertung erfolgt auf der Grundlage einer mündlichen Prüfung (45 min.), die die beiden Fächer MNMM-I2 und FEM-I umfasst, wobei der Schwerpunkt der Prüfung auf dem Gebiet FEM I liegt. Als Zulassungsvoraussetzung für die Prüfung gilt der erfolgreiche Abschluß des Faches MNMM-I, die Anerkennung des Semesterbeleges im Fach FEM-I (wird benotet) und das Testat über die erfolgreiche Teilnahme am FEM-Rechnerpraktikum. Die Note des Semesterbeleges in FEM-I und die Note im Fach MNMM-I bilden die Vornote für die Prüfung, die zu 50% in die Abschlussnote (MNMM-I+FEM-I) eingeht. 3 Literaturempfehlungen [1] Zienkiewicz, O.C.: Methode der finiten Element. VEB Fachbuchverlag Leipzig. 1983; Carl Hanser Verlag 1984 (englisches Original: The Finite Element Method, McGraw Hill 1977). [2] Bathe, K.-J.: Finite-Element-Methode. Springer 1990 (englisches Original: Finite Element Procedures in Engineering Analysis. Prentice Hall, Inc. 1982). [3] Szabo, B. A.; Babuška, I.: Finite-Element-Analysis. John Wiley & Sons 1991. Eine Auswahl deutschsprachiger Bücher [4] Schwarz, H. R.: Methode der finiten Elemente. Teubner Verlag, Stuttgart 1980. [5] Schwarz, H. R.: FORTRAN-Programme zur Methode der finiten Elemente. Teubner Verlag, Stuttgart 1980. [6] Hinton, Owen: FE-Programme für Platten und Schalen. Springer Verlag. [7] Argyris, Mlejnek: Die Methode der FEM, Bd. I, II, III. Fridr. Vieweg Verlag, Wiesbaden, 1986, 1987, 1988. [8] Autorenkollektiv: Die Methode der finiten Elemente in der Festkörpermechanik. VEB Fachbuchverlag, Leipzig 1982, Carl Hanser Verlag, 1982. [9] Kämmel, G., Franeck, H.-J., Recke, H. G.: Einführung in die Methode der finiten Elemente. VEB Fachbuchverlag, Leipzig 1988. [10] Goering, H., Roos, H.-G., Tobiska, L.: Finite-Element-Methode. Akademie Verlag, Berlin 1993. [11] Link, M.: Finite Elemente in der Statik und Dynamik, Teubner-Verlag, Stuttgart, 1989. [12] Chung, T. J.: Finite Elemente in der Strömungsmechanik. VEB Fachbuchverlag, Leipzig 1982, Carl Hanser Verlag, München 1982. Fachzeitschriften (Auswahl) [1] Technische Mechanik [2] Int. Journal for Numerical Methods in Engineering [3] Computers and Structures [4] Structural Engineering and Mechanics [5] Computer Methods in Applied Mechanics and Engineering [6] Computational Mechnics Adavances [7] International Journal of Solids and Structures [8] Engineering with Computers [9] Finite Elements in Analysis and Design [10] Engineering Computations [11] Communications in Numerical Methods in Engineering [12] Archives of Computational Methods in Engineering [13] Finite Elements in Analysis and Design [14] Engineering Computations – International Journal for Computer Aided Engineering and Software 2 Mathematische und numerische Methoden der Mechanik – Teil I Auf Wunsch wird für jedes der beiden Fächer – MNMM-I und FEM-I auch eine separate Prüfungsbescheinigung ausgestellt. 3 Inhaltsverzeichnis V Inhaltsverzeichnis Seite 1 1 10 15 17 27 33 41 1 1.1 1.2 1.3 1.4 1.5 1.6 1.7 Elementare Einführung in die FEM Anwendung der FEM Einführung in die Grundlagen der FEM Kommerzielle FEM-Softwareprodukte Ein Einführungsbeispiel zur Statik von Stäben Ein Einführungsbeispiel zur Dynamik von Stäben Ein Einführungsbeispiel zur eindimensionalen Wärmeleitung Kleiner historischer Rückblick in die frühen Anfänge der FEM 2 2.1 2.2 2.3 2.4 2.5 Grundlagen der FEM für die Elastomechanik Differentialgleichungen der linearen Elastostatik Variationsformulierungen Die Verschiebungsgrößenmethode Steifigkeits-, Massen- und Belastungsmatrizen Das Gesamtsystem 3 3.1 3.2 3.3 3.4 3.5 3.6 3.7 3.8 Simplex-Elemente Das 2-Knoten Stabelement Das 2-Knoten Balkenelement ( Bernoulli-Balken) Das 2-Knoten Rotationsscheibenelement Das 2-Knoten Rotationsplattenelement Das 3-Knoten Dreieckselement für Scheibenberechnungen Das 4-Knoten Rechteckelement für Scheibenberechnungen Das 4-Knoten Tetraederelement Das 8-Knoten Hexaederelement 68 68 72 80 83 87 92 96 100 4 4.1 4.2 4.3 4.4 Interpolationsfunktionen als Ansatzfunktionen Lagrangesche Polynome für C0 stetige Elemente Hermitesche Polynome für C1 stetige Elemente Legendresche Polynome als Basis für p-Elemente Konstruktion von Ansatzfunktionen für finite Elemente 102 102 104 106 107 5 5.1 5.2 Das isoparametrische Elementkonzept Iso-, sub- und superparametrische finite Elemente Isoparametrische finite Elemente 111 111 113 6 6.1 6.2 6.3 Substruktur-Superelementtechnik Motivation und Zielstellung Die statische Kondensation Anwendung auf dynamische Probleme - Gyan-Reduktion 117 117 117 120 7 7.1 7.2 7.3 Modellbildung und Fehleranalyse Einführung Fehlerquellen bei FEM-Analysen Mathematische Grundlagen der Fehleranalyse in der FEM 123 123 124 128 43 43 48 52 58 62 Inhaltsverzeichnis VI 7.4 7.5 7.6 7.7 A priori Fehleranalyse A posteriori Fehleranalyse Adaptive Finite-Element-Methoden Zusammenfassung 131 136 145 146 Achtung: Ab hier wird die Vorlesung weiter aktualisiert! 8 8.1 8.2 8.2.1 8.2.2 8.3 8.4 8.5 Übersicht über wichtige Elementfamilien C0-stetige 2D- und 3D-Finite Elemente Platten- und Schalenelemente Übersicht über Elementfamilien und Ansatzfunktionen Die SemiLoof Schalenelemente Elemente für Faserverbundstrukturen (CLT und Erweiterungen) Koppelung unterschiedlicher Elementtypen mittels Penalty-Technik Spezial- und Sonderelemente 147 1.1. Anwendung der FEM 1. Elementare Einführung in die FEM 1.1 Anwendung der FEM 1 Bedeutung und Nutzen der FEM Die FEM ist für den Berechnungsingenieur inzwischen zu einem unverzichtbaren Auslegungs- und Simulationswerkzeug in nahezu allen Bereichen des Ingenieurwesens geworden. Die Ursachen dafür liegen zum einen in den enormen Leistungssteigerungen auf dem Gebiet der Computertechnik und den Fortschritten, die vor allem in der computerorientierten Mechanik, der numerischen Mathematik sowie der Informatik und Softwareentwicklung erreicht wurden. Die Anwendung einer FEM-Software stellt auf den ersten Blick scheinbar nur geringe Anforderungen an die Bedienung und Nutzung (z.B. vergleichbar mit CADSystemen). Es lassen sich offensichtlich problemlos auch extrem komplexe und komplizierte Probleme berechnen ohne daß der Nutzer weitergehende Kenntnisse von den der Berechnung zu Grunde liegenden Theorie zu haben braucht. So kann man auch in renommierten Unternehmen häufig fachlich unzureichend qualifizierten Ingenieuren erleben, die zum Beispiel physikalisch und geometrisch nichtlineare Berechnungen für sicherheitsrelevante Bauteile durchführen ohne sich im mindesten über die den Berechnungen zugrundeliegende Modellannahmen oder die verwendeten numerischen Lösungsmethoden im Klaren zu sein. Die Ergebnisse solchen Handels werden leider nur manchmal bei spektakuläre Schadensfälle sichtbar. Die Lösung derartiger Probleme, die teilweise bis vor kurzem noch gar nicht möglich war, erfordert im Gegenteil ein fundiertes theoretisches Wissen und gründliche Kenntnisse auf den unterschiedlichen Fachgebieten, die zur Erzielung eines brauchbaren Ergebnisses zusammenspielen müssen. Dazu kommt, daß sich der > Konstruktion (CAD) Anwendungsbereich der FiniteElement-Methode ständig erweitert hat und dadurch heute Lösungen > Modell und neue Erkenntnisse in nahezu allen Bereichen des IngenierBerechnung (FEM) wesens, der Physik, der Medizin, der Biologie, der Umwelttechnik usw. ermöglicht werden. Bewertung Der Schwerpunkt der Anwendungen liegen aber nach wie vor auf dem Gebiet der StrukturBild 1.1-1 Zusammenspiel von Konstruktion mechanik mit den Einsatzfeldern und Berechnung Maschinenbau, Bauwesen, Fahrzeugbau, Luft- und Raumfahrt. Durch leistungsfähige Schnittstellen zu CAD-Systemen gelingt es zunehmend besser, die bereits vorhandenen geometrischen Daten zu nutzen und daraus über leistungsfähige Pre-Prozessoren (automatische Netzgeneratoren) geeignete FEMBerechnungsmodelle zu generieren (siehe Bild 1.1-1). Damit ist dieser arbeitsintensive Anteil der FEM heute sehr stark vereinfacht worden. Entscheidend für die Qualität einer Berechnung ist aber immer noch die Modellbildung! 2 1. Elementare Einführung in die FEM Einige Beispiele für die Anwendung der FEM Die folgenden Beispiele zeigen eine kleine Auswahl von Anwendungen der FEM, die aus Diplomarbeiten von Studenten der Studienrichtung Angewande Mechanik entnommen worden sind. Im Bild 1.1-2 ist die Crash-Simulation eines PKW gezeigt. In der entsprechenden Diplomarbeit von Jens Grabau1 ging es um die Frage, ob trotz der größeren Dicke von Bauteilen aus Aluminium im Vergleich zu Stahl noch die Nutzung von Schalenmodellen bei der Crash-Simulation zulässig ist oder ob zu 3D-Modellen übergegangen werden muß. Systematische Untersuchungen, die Jens Grabau im Rahmen seiner Diplomarbeit durchgeführt hat, haben ergeben, daß auch bei dickeren Aluminiumbauteilen mit Schalenmodellen eine ausreichende Ergebnisqualität bei Crash-Simulationen erreicht wird, so daß auf die wesentlich teureren 3D-Berechnungen (Modellaufbereitung, Speicherplatzanforderungen, Rechenzeit) verzichtet werden kann. Verformte Fahrzeugstruktur 90 ms nach dem Aufprall Finite - Elemente - Modell des Gesamtfahrzeugs Längsträger mit Teilen des Vorderwagens für t = 0 und 25 ms _________________________________________________ Quelle: VW AG aus ATZ 90 (1988) 11______ Bild 1.1-2 Crash-Simulation eines Pkw mit LS-DYNA3D 1 Grabau, Jens: Rechnerische Analyse dickwandiger Karosseriebauteile unter Crashbelastungen. Diplomarbeit, Uni Magdeburg, Institut für Mechanik, 1993. (Aufgabenstellung Mercedes-Benz AG Sindelfingen). 1.1. Anwendung der FEM 3 Torsten Mann2 hat in seiner Diplomarbeit Untersuchungen zum Stabilitätsverhalten von Airbus-Rumpfschalen durchgeführt. Dabei ging es auch um die Bewertung des kommerziellen Finite-Element-Programmsystems ABAQUS hinsichtlich seiner Leistungsfähigkeit bei nichtlinearen Beulrechnungen unter Einbeziehung des Nachbeulverhaltens. Das Bild 1.1-3 zeigt den Aufbau einer solchen Rumpfschale, und das Bild 1.1-4 vermittelt einen Eindruck von dem Aufbau des untersuchten Rumpfsegmentes. Bild 1.1-3 Prinzipieller Aufbau eines Airbus Rumpfsegmentes Bild 1.1-4 Modell des Segmentes Das Bild 1.1-5 zeigt das für die Berechnung verwendete Schalenmodell des Segmentes der Rumpfschale. Bild 1.1-5 FEM Modell der Rumpfsegmentes Bild 1.1-6 Muster der ersten Beuleigenform Die nahezu starren Enden der Schale (siehe Bild 1.1-5) wurden in das Modell eingeführt, um definierte Lastsituationen in die Schale einleiten zu können. Sie 2 Mann, Torsten: Berechnung des Verformungsverhaltens einer Airbus-Rumpfstruktur-Sektion unter Einbeziehung geometrischer Nichtlinearitäten. Diplomarbeit, Uni Magdeburg, Institut für Mechanik, 1999. (Aufgabenstellung DLR Braunschweig, Dr. Zimmermann) 4 1. Elementare Einführung in die FEM entsprechen beispielsweise auch den Lagerbedingungen, die bei Beulexperimenten in einer Versuchsanlage realisiert werden können.3 Herr Mann hat in seiner Diplomarbeit zunächst eine Reihe von einfacheren Voruntersuchungen (Beulen von einfacheren Schalenmodellen) durchgeführt, um Aussagen über die Genauigkeit und die Qualität der Berechnungsergebnisse zu erhalten. Diese Ergenisse konnten teilweise noch mit “exakten” Lösungen oder mit anderen numerischen Methoden verglichen und abgesichert werden.4 Ein Ergebnis der Beuluntersuchungen an dem kompletten Rumpfschalenmodell zeigt Bild 1.1-6. Für eine einfachere Teilschale ist die Beuleigenform im Bild 1.1-7 dargestellt. Die Untersuchungen zum Nachbeulverhalten des kompletten Rumpfschalensegmentes, wie es in Bild 1.1-5 dargestellt ist, führten teilweise Bild 1.1-7 Beuleigenform einer Teilzum Abbruch der Rechnungen oder zu völlig schale eines Airbus A340 unbrauchbaren Ergebnissen. Trotz Einsatz aller im FEM-System angeboteten Möglichkeiten zur Sicherung der Konvergenz, und auch durch die Nutzung alternativer numerischer Methoden gelang es dem Diplomanden nicht, eine brauchbare Lösung zu gewinnen. Weder die bei der DLR vorhandenen Fachleute noch die Hotline des Softwareanbieters konnten das Problem lösen.5 Heikko Rädiger6 hat sich in seiner Diplomarbeit mit der Beurteilung der Betriebsfestigkeit von Motor-Lagerstühlen befaßt. Um die Eingangsdaten für die Berechnungen zur Betriebsfestigkeit (diese erfolgte mit dem Programmsystem FEMFAT7) zu gewinnen, wurde eine Vielzahl von FEM-Berechnungen mit ABAQUS durchgeführt, um die Spannungen als erforderlich Basisdaten zu gewinnen. Das Gesamtmodell dieser Berechnung bestehend aus Zylinderkopf, Kopfdichtung, Kurbelgehäuse, Ölwanne, Zylinderbuchsen und weiteren Anbauteilen enthält etwa 170000 finite Elemente (überwiegend 3D Hexaeder- und Pentaederelement) mit etwa 330000 Knotenpunkten (ca. 980000 Freiheitsgrade). Es wurden in der Arbeit mit diesem Modell - das Bild 1.1-8 zeigt nur einen Teil dieses Modells - für 36 Stellungen der Kurbelwelle (von 12 Grad bis 702 Grad) komplette Rechnungen durchgeführt und 3 Das Deutsche Forschungszentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) Braunschweig verfügt beispielsweise über eine entsprechende Versuchseinrichtung. 4 Ein interessantes Ergebnis ergab sich bei der Nachrechnung eines dieser Testfälle mit COAR. Das dafür in COSAR genutzte SemiLoof Schalenelement zeigte eine deutlich höhere Genauigkeit als das in ABAQUS implementierte Schalenelement, d.h. mit einer sehr groben Vernetzung wurden mit dem SemiLoof schon wesentlich genauere Ergebnisse erzielt als mit dem feinsten getesteten Netz der ABAQUS Rechnung. 5 Es sollte hier angemerkt werden, daß ABAQUS auf dem Gebiet der nichtlinearen Berechnugen zu den weltweit führenden FEM-Systemen zählt! 6 Rädiger, Heiko: Festigkeitsbeurteilung von Motor-Lagerstühlen auf der Basis der Finite Element Methode und einfacher Prüfstandsversuche. (Aufgabenstellung von Steyr-Daimler-Puch AG, Dr. W. Steiner) Diplomarbeit, Uni Magdeburg, Institut für Mechanik, 1999 7 FEMFAT - Finite Element Method Fatigue, eine spezielle Software für Betriebsfestigkeitsberechnung auf der Grundlage von FEM Berechnungsergebnissen, die mit belieben anderen FE-Systemen ermittelt werden können. 1.1. Anwendung der FEM 5 aus den Ergebnisse mit entsprechenden Last-Zeitfunktionen für einen Zeitraum von 400 Stunden Vollastbetrieb des Motors die Datensätze (Spannungs-Zeitverläufe) für die Betriebsfestigkeitsrechnungen generiert. Das Bild 1.1-9 zeigt als ein Ergebnis dieser Berechnungen die Verformung des Lagerstuhl als Farbflächenbild. Die Betriebsfestigkeitsrechnungen geben schließlich einen Überblick über die vorhandenen Sicherheiten gegen Dauerbruch. Deutlich lassen sich bereits in einem sehr frühen Stadium des Entwurfes diejenigen Bereiche identifizieren, die schädigungsgefährdet sind. Die Computersimulationen führen in Verbindung mit experimentellen Untersuchungen im Labor zu einer deutlichen Verringerung der Entwicklungszeiten. Bild 1.1-8 Teil des Lagerstuhles eines Dreizylinder-Motors Bild 1.1-9 Verformung des Lagerstuhl beim Zündlastfall 23 dargestellt als Farbflächenbild Das Verformungs- und Tragverhalten moderner Pkw- und LKW-Reifen wird wesentlich durch den Gürtelverband und die Karkasse geprägt. Diese Reifenbauteile bestehen aus mehreren Lagen Gummi, in die Festigkeitsträger aus Stahl oder textilen Materialien eingebettet sind. Für die statischen und dynamischen Berechnungen, die hochgradig nichtlinear sind (große Verformungen und nichtlineares Material- 6 1. Elementare Einführung in die FEM verhalten), werden meist firmeninterne FEM-Softwareentwicklungen eingesetzt, die die hausinterne Kompetenz der großen Reifenkonzerne auf dem Fachgebiet verkörpern. Bild 1.1-10 Querschnitt durch einen PKW Reifen Bild 1.1-11 FE-Netz des Reifens In seiner Diplomarbeit bei Continental hat Andreas Härtwig8 Untersuchungen zur Modellierung durchgeführt. So hat er hat dabei zum Beispiel den Einfluß der verwendeten Mischungsregeln (nach Chamis und Halpin-Tsai) und des RebarKonzeptes (das ist. die Berücksichtigung der Stahldrähte zur Bewehrung von Reifens in Form von diskreten finiten Elementen) auf die Ergebnisse untersucht. Ebenso wurde der Einfluß der Vernetzung, des Lagenaufbaus und der Modellierung der Gürtelkante und anderes untersucht und bewertet. Das Bild 1.1-10 zeigt den Querschnitt durch einen der untersuchten PKW-Reifen, und im Bild 1.1-11 ist eines der für die Rechnungen benutzen FE-Modelle abgebildet. Die Berechnung von ausreichend genauen Spannungen im Bereich von Kerben ist bei vielen Bauteilen entscheidend, weil diese Spannung meist für die Dimensionierung und Lebensdauerabschätzung des Bauteil relevant sind. Durch unzureichende Vernetzungen9 werden die Spannungen im Kerbengrund teilweise extrem a) überschätzt, wenn die Vernetzung eigentlich ausreichend fein ist aber einspringende Ecken aufweist, die im Berechnungsmodell zu Spannungssingularitäten führen oder b) unterschätzt, wenn die Vernetzung zu grob ist. Besonders die Unterschätzung der tatsächlichen Spannungen kann zu fatalen Folgen führen, wie zum 8 Härtwig, Andreas: Modellierung der mechanischen Eigenschaften des Gürtelpaketes von Reifen. Diplomarbeit Uni Magdeburg, Institut für Mechanik, 1995. (Aufgabenstellung Continental AG Hannover, Dr. Fornefeld). 9 Die Vernetzung hängt von der Qualität der verwendeten finiten Elemente und der Lösung (Regularität der Lösung) ab, wobei das Problem im Bereich von Kerben der dort auftretende meist große Spannungsgradient ist. 1.1. Anwendung der FEM 7 Beispiel der Katastrophen mit der norwegischen Erdölplattform, die durch einen derartigen Fehler zusam-mengebrochen und im Meer versunken ist. Die Vielzahl von FEM-Berechnungen an Bauteilen mit Kerben, die bei der Entwicklung von PKW’s durchgeführt werden, haben VW bewogen, dieses Thema einmal im Rahmen einer Diplomarbeit gründlich untersuchen zu lassen. Dabei sollte auch der Einfluß, der sich aus der Verwendung unterschiedlicher Bild 1.1-12 PKW Kurbelwelle Berechnungssoftware ergeben könnte, in den Betrachung einbezogen wer-den. Als charakteristisches Bauteil wurde sich für eine Kurbelwelle entschieden (siehe Bild 1.1-12), wobei als einfachere Referenzlösung auch noch eine biege- und torsionsbelastete Welle mit Absatz untersucht werden sollte (siehe Bild 1.1-15). Diese Aufgabe wurde von Sven Müller10 im Rahmen seiner Diplomarbeit erfolgreich gelöst, wobei in die Untersuchungen die FEM-Systeme NASTRAN, COSMOS, MECHANICA und PROCISION/EAM sowie das BEM-System BEASY einbezogen wurden. Bild 1.1-13 Ausschnitt aus derKurbelwelle Bild 1.1-14 Spannungen in Kurbelwelle Ein Segment der Kurbelwelle zeigt Bild 1.1-13, die berechneten Hauptspannungen sind im Bild 1.1-14 dargestellt. Deutlich erkennbar sind die Spannungsextrema im 10 Müller, Sven: Bewertung unterschiedlicher FEM- und BEM-Techniken an Hand einer Kurbelwellenberechnung. Diplomarbeit, Uni Magdeburg, Institut für Mechanik, 1997. (Aufgabenstellung Volkswagen AG Wolfsburg, Dr. Stamerjohanns). 8 1. Elementare Einführung in die FEM Kerbbereich. Ein entsprechendes Ergebnis für die einfache Welle ist im Bild 1.1-15 zu sehen. Bild 1.1-15 Hauptspannungen in einer auf Biegung belasteten Welle Mit den genannten Beispielen aus Diplomarbeiten konnte nur ein kleiner Eindruck von den enormen Möglichkeiten der Finite-Element-Methode vermittelt werden, wobei dabei auch bereits deutlich werden sollte, das die Anwendung nicht immer ganz unproblematisch ist. In 62 weiteren am Lehrstuhl für Numerische Mechanik seit 1992 betreuten Diplom- und Studienarbeiten wurden viele interessante Aufgaben und Probleme unter Nutzung der FEM gelöst, wobei neben der reinen Anwendung kommerzieller Programmsystem vielfach auch die Erweiterung und Ergänzung vorhandener Berechnungssoftware durch Neu- und Weiterentwicklungen, die Gestaltung von Schnittstellen zum Datentransfer, die Realisierung spezieller Auswerteprogramme und ähnliches Bestandteile der Aufgabenstellungen waren. Die Anwendungen reichten dabei von der Auslegung eines Kometenlanders, Untersuchungen an Radiosatteliten, Flugzeugflügeln und PKW Teilen, die Berechnung von Hüftgelenkprothesen und von Kniegelenken, die Simulation von flexiblen von Endoskopen für die Gehirnchirurgie, die Simulation des Langzeitverhaltens von Endlagerstätten im Salzgestein, die Auslegung von geregelten (smarten oder adaptiven) Strukturen, das Bruchverhalten von piezoelektrischen Materialien bis hin zu Methoden und Softwareentwicklungen für die Nutzung von Parallelrechnern. Einen Überblick über den Leistungsumfang unseres FEM-Systems COSAR können Sie der Internetseite http://www.femcos.de entnehmen. In einer Vielzahl von Anwendungsgebieten wird die FEM heute erfolgreich eingesetzt. Einen nur unvollkommenden Eindruck von der Vielfalt dieser Anwendungen vermittelt die folgende Zusammenstellung: 1.1. Anwendung der FEM • • • • • • 9 Berechnung von Bauwerken aller Art (Brücker, Hochhäuser, Fundamente, Staudämme, Eisenbahntunnel, Kühltürme, Atomkraftwerke mit Simulation der Folgen von Flugzeugabstürzen und Erdbeben, Auslegung von Brennstofftransportbehältern, und vieles andere mehr. Auslegung von Hörschall-Wandlern in Hörgeräten, Simulation des Verhaltens von Knochen und Gelenken aller Art, Simulationen in der Orthopädie, Kiefer- und Gesichtschirurgie, Neurochirurgie, Auslegung von Hüftgelenkimplantaten, Zahnspangen, intraokularen Linsen, optimalen Auslegung von Herzschrittmachern, Simulation elektrischer Felder im menschlichen Herzen, und viele weitere Anwendungen im Bereich der Medizin und Medizintechnik. Entwicklung des optimalen Designs von Turnschuhsohlen, Tennisschlägern, Surfbrettern, Skiern, Golfschlägern, Segel-, Ruder und Paddelbooten, Turngeräten, Bobschlitten und vielen weiteren Sportgeräten für den Spitzensport. Thermische Berechnungen an Bügeleisen, dynamische Untersuchungen an Waschmaschinen, Optimierung von Brillengestellen, Auslegung von Korkenziehern, Berechnungen von Waschbecken und viele weitere Anwendungen für Haushaltsgeräte. In der Geophysik benutzt man die FEM zu Simulation des Langzeitverhaltes von Endlagerstätten, untersucht das Auseinanderdriften der Kontinentalschollen, Ermittelt die Ausbreitung von Erdbebenwellen und ähnliches mehr.. Anwendung findet die FEM bei Untersuchungen zum Baumwachstums, zum Verhalten von Getreide, Kartoffeln, Äpfeln,…,. in Speichern, und viele weitere Anwendungen in der Biologie. 10 1. Elementare Einführung in die FEM 1.2. Einführung in die Grundlagen der FEM Grundidee der Methode Während sich bei den klassischen direkten Verfahren der Variationsrechnung, wie dem Verfahren von Ritz oder dem Galerkin-Verfahren, die Ansatzfunktionen über das gesamte Gebiet (z.B. eine Struktur) erstrecken, werden bei der FEM Ansatzfunktionen gewählt, die jeweils nur in einem Teilbereich, einem sogenannten finiten Element, ungleich Null sind. In Bild 1.2-1 sind die einzelnen Schritte bei der Anwendung der FEM übersichtlich dargestellt.11 F F Approximation der Geometrie durch finite Elemente Geometrische Randbedingungen und Belastungen Ermittlung der Spannungen Lösung des Gleichungssystems > Deformationen Elementtypen Elementsteifigkeitsmatrizen Überlagerung der Matrizen entsprechend der Elementknotenzuordnung Bild 1.2-1 Schritte bei der Anwendung der FEM Nach der Modellbildung wird zunächst die Geometrie der betrachteten Struktur in einzelne Teilgebiete (finite Elemente) zerlegt. Der in Bild 1.2-1 behandelte Kragbalken wird hier beispielsweise als ebenes Scheibenproblem betrachtet (Modellbildung diskutieren). Man zerlegt die Mittelfläche des Kragbalkens in finite Elemente. Dies führt zum sogenannten FE-Netz. Zur Vernetzung des Problems stehen verschiedene finite Elementtypen zur Verfügung. Im vorliegenden Fall sind dazu Dreiecks- und Viereck2 Als eine simple Analogie soll nachfolgend die Berechnung der Kreisfläche A = r π dienen. Betrachtet man einen Kreis mit dem Radius r = 1, so ist die exakte Lösung A = π. Ersetzt man den diesen Kreis durch ein n-Eck, läßt sich der Kreisinhalt lediglich mit Kenntnis der Formel für den Flächeninhalt eines Dreiecks approximieren. Durch immer feinere Unterteilung (Vernetzung) in Dreiecke kann der Flächeninhalt beliebig genau angenähert werden. 11 1 A =π n=4 A=2 n=8 A = 2,828 Weitere Unterteilungen liefern: n=64: A=3.136; n=128: A=3.1400; n=256: A=3.1412; n=1000: A=3.1415. 1.2. Einführung in die Grundlagen der FEM 11 selemente verwendet worden. Das Steifigkeitsverhalten der Gesamtstruktur wird durch die Summe der Steifigkeitsmatrizen der einzelnen finiten Elemente beschrieben. Diese werden additiv zur Gesamtsteifigkeitsmatrix überlagert. In Verbindung mit den geometrischen Randbedingungen und den Belastungen ergibt sich dann aus der Gesamtsteifigkeitsmatrix ein lineares Gleichungssystem. Die zu berechnenden unbekannten Größen in diesem Gleichungssystem sind die Verformungen an den sogenannten Knotenpunkten. Aus den Verformungen lassen sich anschließend in jedem einzelnen finiten Element unter Verwendung der Ansatzfunktionen Spannungen berechnen. u1 u2 u3 Φ ξ1 Rod 18 11 15 12 6 8 1 4 5 3 2 12 4 9 13 1 5 4 2 ξ2 Pentaeder Anvil u1 u2 u3 Φ 1 ξ1 3 4 9 6 4 3 2 5 6 7 Chisel 8 7 5 9 9 10 11 4 3 2 8 8 12 ξ3 ξ2 14 9 3 1 1 Layered shell elements (semi-loof elements) 10 7 ξ1 15 5 6 ξ1 11 2 6 8 2 ξ2 u1 u2 u3 Φ 8 12 13 Hexaeder 7 3 7 1 ξ3 ξ2 Triangle 14 10 u1 u2 u3 Φ 10 7 11 ξ3 3 2 15 16 17 16 9 1 3 2 17 14 4 ξ1 Quadrilateral 18 20 13 6 4 ξ2 ξ1 u1 u2 Φ 1 1 19 ξ2 8 2 5 5 6 7 5 10 Tetraeder 6 13 ξ1 2 10 11 12 Layered elements Wedge Bild 1.2-2 Ein Auswahl finite Elemente des Programmsystems COSAR Einige Standardelemente für die Strukturmechanik Von großer Bedeutung bei der Anwendung der FEM ist die Wahl der bei der Vernetzung zu verwenden Elementtypen. Grundsätzlich unterscheidet man in der Strukturmechanik folgende Modelle: • • • • • • • • Stabmodelle Balkenmodelle Scheibenmodelle (2D Modelle) Plattenmodelle Schalenmodelle (2.5D Modelle) rotationssymmetrische und axialsymmetrische Modelle Volumenmodelle (3D Modelle) Spezialmodelle (z.B. für Rohleitungen, Stabschalen u.ä.) Die verschiedenen Elemente, die für die Berechnung der oben genannten Strukturmodelle erforderlich sind, unterscheiden sich in der Geometrie, der Anzahl und der Art der Freiheitsgrade und den Ansatzfunktionen. Das Bild 1.2-2 zeigt eine Auswahl von finiten Elementen, die im Programmsystem COSAR zur Verfügung stehen. Mathematische Formulierung Die analytische Lösung einer Differentialgleichung, die ein Berechnungsproblem beschreibt, ist meist nur für Sonderfälle möglich. Der beiden wesentlichen Weg für die numerische Lösung eines elastostatischen Problems - die Nutzung der FDM oder die Nutzung der FEM - sind in Bild 1.2-3 dargestellt. Der linke Zweig der Darstellung 12 1. Elementare Einführung in die FEM zeigt den Weg, der von der Lösung der Differentialgleichung11 ausgeht und über eine Differenzenapproximation auf die Lösung eines Gleichungssystems führt. Bei der Finite-Elemente-Methode wird meist vom Prinzip der virtuellen Verschiebungen (Verrückungen) ausgegangen. Die Einführung von bereichsweise definierten Näherungsansätzen für die unbekannten Verschiebungen führt auf die Methode der finiten Elemente, die zur Berechnung der Unbekannten ebenfalls die Lösung eines Gleichungssystems erfordert. Elastostatisches Problem Differentialgleichungen Grundgl. der Elastizitätstheorie Gleichgew.-Bedingung Extremalaussagen Prinzip der virtuellen Verrückungen - Gleichgewichtsbed. werden erfüllt - Verträglichkeitsbed. nicht a priori erfüllt Verträglichkeitsbed. Stoffgesetz Stoffgesetz DGL-System Funktional Numerische Lösung Numerische Lösung Finite Differenzen Finite-Elemente Bild 1.2-3. Die Näherungsverfahren FDM und FEM für elastostatische Probleme In der Tabelle 1.2-1 sind die FEM und die FDM gegenübergestellt, wobei hier auch noch die Randelementmethode (BEM) als weiteres wichtiges Verfahren aufgeführt ist. Variationsformulierungen Differentialgleichungen Integralgleichungen ⇓ ⇓ ⇓ Unterteilung des Gebietes in Einführung eines Gitternetzes Unterteilung des Gebietsranfinite Elemente mit Gitterpunkten des in Randelement ⇓ ⇓ ⇓ Ansatzfunktionen in den Ele- Differenzenquotienten an den Ansatzfunktionen in den Ranmenten Gitterpunkte delementen ⇓ ⇓ ⇓ FEM FDM BEM Randelement e Tabelle 1.2-1 11 Formuliert man das Problem in den Verschiebungen, so erhält man die Navier'schen Gleichungen, welche aus drei partiellen Differentialgleichungen für die drei Verschiebungen im Raum bestehen. Führt man die Spannungen als Unbekannte ein, so erhält man die Beltrami-Gleichungen. Eine analytische Lösung der Differentialgleichungen ist nur für Sonderfälle möglich. 1.2. Einführung in die Grundlagen der FEM 13 Nachfolgend soll dieser Sachverhalt für die FEM noch etwas genauer dargestellt werden. Dazu betrachten wir ein beliebiges 2D Gebiet (siehe Bild 1.2-4). q y,v x,u Bild 1.2-4 2D-Gebiet mit einem Netz aus finiten Dreieckselementen In den Dreiecken (siehe Bild 1.2-4) soll der Verschiebungszustand durch einen linearen Ansatz angenähert werden. In jedem Element gilt also für die Verschiebungen u (x , y ) = a 1 + a 2 x + a 3 y (1.2.-1) v (x , y ) = a 4 + a 5 x + a 6 y Eine bessere Näherung für den Verschiebungszustand wäre zum Beispiel die Nutzung eines Polynoms höherer Ordnung, das für u(x,y) folgendermaßen geschrieben werden kann a1 a u (x , y ) = 1 x y x 2 xy y 2 ... ⋅ 2 (1.2-2) . a n [ ] Die Größen a1 bis an sind die unbekannten Koeffizienten des Ansatzes. Zur Ermittlung dieser Unbekannten wird hier Prinzip vom Minimum des elastischen Potentials benutzt, das folgendermaßen formuliert werden kann: Unter allen kinematisch zulässigen Verschiebungen nimmt das elastische Potential π für die exakte Lösung einen minimalen Wert an. Die Unbekannten werden also so bestimmt, daß das elastische Potential, das durch die eingeführten Formfunktionen und Unbekannten ausgedrückt worden ist, einen minimalen Wert annimmt. Für eine Stab (Elastizitätsmodul E, Fläche A, Länge l), der durch eine Volumenlast p belastet ist, lautet das elastische Potential beispielsweise: 2 1 du π = ∫E A dx − ∫ A u p dx l 2l dx (1.2-3) Nach Einsetzen der Ansatzfunktionen und Integration wird π (a 1 , a 2 ,..., a n ) minimiert, d.h. nach jeder einzelnen Unbekannten ai differenziert und das Ergebnis Null gesetzt (Extremwertaufgabe). Es ergibt sich das Gleichungssystem 14 1. Elementare Einführung in die FEM ∂π =0 ∂a i i=1,2,...n (1.2-4). Zusammenfassung Gegeben ist eine Differentialgleichung bzw. ein Differentialgleichungssystem für eine Funktion u (x , y, z ) . Die Finite-Elemente-Methode ist ein numerisches Verfahren, das diese Differentialgleichung, die eine kontinuierlichen Lösung besitzt, in ein algebraisches Gleichungssystem mit endlich vielen Unbekannten (diskrete Lösung) überführt. Die Differentialgleichung ist physikalisch betrachtet eine Gleichgewichtsaussage. Anstelle der Differentialgleichung wird eine duale Variationsaufgabe gelöst. Sie führt auf ein algebraisches Gleichungssystem. In unserem Beispiel ist die Minimalforderung für die potentielle Energie des elastischen Systems äquivalent mit der Gleichgewichtsaussage der Differentialgleichung. Das Variationsprinzip ist eine schwache Form des Gleichgewichts, d.h. bei Nutzung zulässiger Ansatzfunktionen wird das Gleichgewicht nur im integralen Mittel erfüllt, nicht aber lokal. Die gesuchte unbekannte Funktion wird durch bereichsweise definierte Ansatzfunktionen approximiert (Bild 1.2-5), die bestimmte Stetigkeits- und Kontinuitätsforderungen erfüllen müssen, sich aus der Variationsformulierung ergeben.1 Bild 1.2-5 Approximation einer Funktion in einem zweidimensionalem Gebiet Zur Steigerung der Genauigkeit stehen mehrere Möglichkeiten zur Verfügung, z.B. die h-Methode, die p-Methode oder die r-Methode. Unter dem Begriff h-Methode versteht man die Steigerung der Anzahl der Elemente im Vernetzungsgebiet (h - ist ein Maß für die Elementgröße). Unter der p-Methode versteht man die Steigerung des Polynomgrades der Ansatzfunktionen im Element (p - ist ein Maß für den Polynomgrad). Die r-Methode schließlich hat die Verdichtung des Netzes bei gleichbleibender Anzahl von Elementen in Bereichen hoher Spannungsgradienten zum Ziel. Die einzelnen Methoden können auch kombiniert werden. Entscheidend für die Auswahl einer Methode ist deren Einfluß auf das Konvergenzverhalten der FE-Lösung. Durch die Verfügbarkeit von Fehlerschätzern und unter Ausnutzung von a-priori Wissen läßt sich z.B. das FESystem so steuern, daß das Netz in Gebieten mit großen Fehlern automatisch verfeinert wird. 1 Siehe dazu die Kapitel zur Variationsrechnung und zu den Direkten Verfahren der Variationsrechnung der Vorlesung Mathematische und numerische Methoden der Mechanik – Teil I. 1.3. Kommerzielle FEM-Softwareprodukte 15 1.3. Kommerzielle FEM-Softwareprodukte Struktur von FEM-Software Ein FEM-System besteht meist aus den folgenden drei Bestandteilen: • Preprozessor (Dateneingabe) • FEM-Analyse (Berechnung) • Postprozessor (Ergebnisausgabe) In der Regel gibt es für diese drei Teile separate kommerzielle Softwareprodukte, die über Datenschnittstellen miteinander kommunizieren. Üblicherweise kann der Postprozessor ebenfalls über Datenschnittstellen Geometriedaten aus CAD-Systemen übernehmen. Im Preprocessing (interaktiv) erfolgt im wesentlichen • die Eingabe der Geometriedaten des Modells (häufig über CAD-Schnittstellen), • die Vernetzung des Modells (Elementtypen, Anzahl der Elemente), • die Eingabe von Materialdaten (z.B. Dichte, E-Modul, Querkontraktionszahl), • die Beschreibung der Randbedingungen (z.B. Nullverschiebungen), • die Eingabe der Belastungen (z.B. Einzelkräfte, Linienlasten, Flächenlasten) • die Kontrolle der Eingabedaten. Im FEM-Analyseteil erfolgt • die Berechnung der Elementsteifigkeitsmatrizen und Elementlastvektoren, • der Aufbau der Struktursteifigkeitsmatrix, • der Aufbau der Lastvektoren, • die Einarbeitung der Randbedingungen, • die Lösung des Gleichungssystems (Berechnung der Knotenverschiebungen), • die Rücksortierung der Elementverschiebungen, • die Berechnung der Dehnungen in den Elementen (falls gewünscht), • die Berechnung der Spannungen in den Elementen. Postprocessing Nach der Berechnung werden die Ergebnisse im Postprocessing ausgewertet. Dabei steht der Nutzer in der Regel im Dialog mit dem Rechner und entscheidet über die Form der Ausgabe bzw. über eine Verwertung der Ergebnisse für eine erneute Berechnung (z.B. durch Netzmodifikation). Die Ausgabe der Ergebnisse kann sowohl grafisch als auch in Form von Listen erfolgen. Hierbei ist meist sowohl die Ausgabe von Ergebnisdaten als auch von Modelldaten möglich. 16 1. Elementare Einführung in die FEM Eine Auswahl von FEM-Software: • General-Purpose Programmsysteme: ABAQUS, ADINA, ANSYS, COSMOS, COSAR, MARC, MSC/NASTRAN, NISA, PERMAS, ALGOT, ANTRAS, ASAS, ASKA, BERSAFE, FEMAS, GFS-FEM, GIFTS, LUSAS, Mosaic, SAP80, STARDYNE, STRUDL, SYSTUS, UAI/NASTRAN • Pre- und Postprocessoren (teilweise auch mit eigener FEM-Analyse) PDA/PATRAN, SDRC/SUPERTAB (CAEDS), FEMFAM, FEMAP • CAD-Systeme mit integriertem FEM-Lösungsmodul (meist lineare Statik) I-DEAS, BRAVO, CADDS-STRESSLAB, EUCLID, INTERGRAPH • Spezialprogramme Rohrleitungsberechnungen: KEDRU, NUPIPE, PIPESTRESS, ROHR2 Crashsimulationen, Metallumformung: LS-DYNA3D, LARSTRAN, MSC/DYNA, PAM-CRASH, RADIOSS Akustik: SYSNOISE, BEMAP Magnetfeld: ANSYS, FLUX, MAGNET, MAXWELL, MSC/EMAS, PROFI, TOSCA Strömung: FIDAP, FIRE, FLOTRAN, MSC/PISCES Spritzgußsimulation: CADMOULD, MEFISTO, MOLDFLOW 1.4. Ein Einführungsbeispiel zur Statik von Stäbe 17 1.4. Ein Einführungsbeispiel zur Statik von Stäben1 Am Beispiel von Stabberechnungen wird nachfolgend die Methode der finiten Elemente erläutert. Die Differentialgleichungen der Stabstatik sind nachfolgend zur Erinnerung aufgeführt. Zusammenhang zwischen Dehnungen und Verschiebungen: ε= ∆l ∂u = ∂x l (1.4-1) Gleichgewichtsbedingungen: ∂σ −p=0 ∂x (1.4-2) Materialgesetz (Hookesches Geset)z: σ = Eε . (1.4-3) Aus diesen drei Gleichungen folgt die Naviersche Differentialgleichung des Zugstabproblems: ∂ ∂u E + p = 0. ∂x ∂x (1.4-4) Das vorliegende Problem ist dual zur Variationsformulierung2 in Form des Prinzips vom Minimum des elastischen Potentials: π= n 1 T e E dV u p dV ε − − ∑ u L FL → Min! , ∫ 2 V∫ L =1 V (1.4-5) das durch die Verschiebungen (1.4-1) ausgedrückt lautet: 2 n 1 ∂u π = E A ∫ d x − A u p d x − ∑ u L FL → Min! ∫ 2 ∂ x L =1 (l ) (l ) (1.4-6) Als finites Element wird ein Stabelement mit zwei Knoten gewählt (Bild 1.4-1). u 1 , F1 1 x 2 u 2 , F2 l e =2l x=-l x=+l Bild 1.4-1 Finites Stabelement Die Verschiebungen im Element werden durch folgende Ansatzfunktion approximiert3 1 Diese sehr ausführliche Darstellung dient zur Einführung in die FEM für Studenten mit geringeren Eingangskenntnisse und dient dem besseren Verständnis der allgemeinen Ableitung der Grundgleichungen der FEM in Matrizenschreibweise, wie sie im Abschnitt 2 erfolgt. 2 Siehe Vorlesung Mathematische und Numerische Methoden der Mechanik – Teil I, Abschnitt Variationsrechnung . 18 1. Elementare Einführung in die FEM u (x ) = a 1 + a 2 x . (1.4-7) In diesem Polynomansatz lassen sich die Unbekannten a 1 und a 2 durch mechanisch deutbare Größen - die Verschiebungen der Knotenpunkte 1 und 2 - ersetzen. Die Verschiebungen am linken und rechten Rand des Elements sind u (x = −l ) = u 1 = a 1 − a 2 l u (x = + l ) = u 2 = a 1 + a 2 l (1.4-8a) (1.4-8b) Daraus folgt 1 (u1 + u 2 ) 2 1 a 2 = (u 2 − u 1 ) 2l a1 = (1.4-9) Damit ergibt sich für den Verschiebungsansatz folgender Ausdruck: 1 x 1 x u ( x ) = (1 − )u 1 + (1 + )u 2 2424 l 2424 l 1 3 1 3 N1 ( x ) N2 ( x ) (1.4-10) N1(x) und N2(x) werden als Formfunktionen (engl. shape functions) bezeichnet. Die Ableitung der Verschiebung im Element ergibt ∂ N2 ∂ u ∂ N1 1 1 1 1 = u1 + u 2 = − u 1 + u 2 = (− u 1 + u 2 ) = (− u 1 + u 2 ) ∂x ∂x ∂x le 2l 2l 2l (1.4-11) Einsetzen des Verschiebungsansatzes in das Variationsproblem liefert für ein finites Element 2 l l 1 ∂u πe = A e E e ∫ dx − A e ∫ u p dx − u 1F1 − u 2 F2 2 −l ∂ x −l πe = = 1 1 AeEe 2 2 4l ∫ (u l −l 2 1 ) (1.4-12) l − 2u 1u 2 + u 22 dx − A e ∫ (N1u 1 + N 2 u 2 )pdx − u 1F1 − u 2 F2 ( ) −l l 1 1 A e E e 2 le u 12 − 2u 1u 2 + u 22 − A e ∫ (N1u 1 + N 2 u 2 )pdx − u 1F1 − u 2 F2 2 le −l ( ) l 1 AeEe 2 2 = u 1 − 2u 1u 2 + u 2 − A e ∫ (N1u 1 + N 2 u 2 )pdx − u 1F1 − u 2 F2 2 le −l Aus den partiellen Ableitungen des elastischen Potentials bezüglich der freien Parameter – d.h. den Knotenverschiebungen - ergibt sich folgendes Gleichungssystem: 3 Warum ist diese Ansatzfunktion ausreichend? 1.4. Ein Einführungsbeispiel zur Statik von Stäbe 19 ∂ πe Ae Ee = (u1 − u 2 ) − Ae ∫ N1pdx − F1 = 0 ∂ u1 le (l ) e ∂ πe AeEe = (− u 1 + u 2 ) − A e ∫ N 2 pdx − F2 = 0 ∂ u2 le (l ) (1.4-13) e In Matrizenschreibweise hat das Gleichungssystem folgende Form: AeEe le 1 −1 u1 F1 N1 − 1 1 u = F + A e ∫ N pdx 2 2 (l ) 2 (1.4-14) e Mit den Abkürzungen Ke - Elementsteifigkeitsmatrix Ke = AeEe le 1 −1 1 − 1 − 1 1 = α e − 1 1 und fe - Elementkraftvektor f e = F (e ) + Fp( e) (1.4-15) (1.4-16) mit F ( e) F1(e ) = (e ) f e = F (e ) + Fp( e) F2 (1.4-17) für die Knoteneinzelkräfte und mit N1 Fp(e ) = A l ∫ pdx l N2 (1.4-18) e für die Volumenlasten kann man Gl. (1.4-14) schreiben als K e ⋅ ue = fe . (1.4-19) Dieser Ausdruck wird als Elementsteifigkeitsbeziehung bezeichnet. Falls beispielsweise der Kraftvektor infolge Schwerkraft in x – Richtung ermittelt werden soll, ergibt sich mit p = ρ ⋅g x , (1.4-20) aus Gl. (1.4-18) x 1− 1 l 1 2l Fp = A e ∫ ρ g x ⋅ ⋅ dx = A eρ g x 2 1 + x 2 2l −l (1.4-21) l 1 1 = le A e ρ g x 2 1 In diesem Fall teilt sich also die Gesamtkraft je zur Hälfte auf die Knoten auf. l 20 1. Elementare Einführung in die FEM Wir untersuchen jetzt das Zusammenwirken der Einzelelemente im Gesamtsystem. Das gesamte elastische Potential berechnet sich aus der Summe der n Elementbeiträge zu n π gesamt = ∑ πe (1.4-22) e =1 Die Minimierung des elastischen Gesamtpotentials liefert ∂ πgesamt ∂ ui ∂ πe e =1 ∂ u i n =∑ (1.4-23) Setzt man hier die Elementbeiträge entsprechend Gleichung 1.4-13 ein und nimmt an, daß eine aufsteigende Nummerierung der Knotenpunkte vorliegt, dann ergibt sich für n=3 das Gleichungssystem (1.4-27).4 Das gleiche Ergebnis läßt sich auch über das Kräftegleichgewicht an jedem Knotenpunkt herleiten (siehe Bild 1.4-2). e+1 e k+1 k k-1 fk - äußere Kraft am Punkt k e f 2e e f1 e+1 f 1e+1 fk Bild 1.4-2 Kraftgleichgewicht am Knoten k f e+1 2 Das Kraftgleichgewicht am Knoten k liefert: f k = f 2e + f1e+1 = α e (− u k −1 + u k ) + α e +1 (u k − u k +1 ) (1.4-24) = −α e u k −1 + (α e + α e+1 )u k − α e+1 u k +1 In Matrizenschreibweise lautet diese Gleichung [− α e α e + α e +1 u k −1 − α e+1 ] u k = f k u k +1 (1.4-25) Dies führt für das Beispiel mit n=3 Stäben, die durch die drei Elementsteifigkeitsmatrizen 1 − 1 u 1 f1 α1 ⋅ ⋅ = , − 1 1 u 2 f 2 4 Beweisen Sie diese Behauptung. (1.4-26a) 1.4. Ein Einführungsbeispiel zur Statik von Stäbe 21 1 − 1 u 2 f 2 α2 ⋅ ⋅ = , − 1 1 u 3 f 3 1 − 1 u 3 f 3 α3 ⋅ ⋅ = , − 1 1 u 4 f 4 (1.4-26b) (1.4-26c) beschrieben werden, auf das Gesamtgleichungssystem α1 − α 1 0 0 − α1 α1 + α 2 0 − α2 − α2 0 α 2 + α3 − α3 0 u 1 f1 0 u 2 f 2 ⋅ = . − α 3 u 3 f 3 α 3 u 4 f 4 (1.4-27) Die Knotennumerierung hat einen entscheidenden Einfluß auf die Struktur der Matrix. Das Ziel muß es sein, eine minimale Bandweite der Matrix zu erhalten. Die in Bild 1.4-3 gezeigte nicht fortlaufende Knotennumerierung führt stattdessen auf die Gl. (1.4-28). f1 f2 1 1 4 2 f3 2 3 f4 3 Bild 1.4-3 Beispiel einer nicht fortlaufenden Knotennumerierung α1 0 0 − α 1 0 0 α2 + α3 − α3 − α3 α3 − α2 0 − α1 u 1 f1 − α 2 u 2 f 2 . ⋅ = 0 u 3 f 3 α 1 + α 2 u 4 f 4 (1.4-28) Es ist zu erkennen, daß die Bandstruktur der Matrix hier verlorengegangen ist. In Bild 1.4-4 ist ibw das Maß für die halbe Bandweite einer symmetrischen Matrix. Diese kann aus folgender Formel bestimmt werden:5 ibw = n dof ⋅ d e max , (1.4-29) wobei d e max die maximale Knotennummerndifferenz an einem Element ist, und ndof ist die Anzahl der Unbekannten (Freiheitsgrade) pro Knoten. Die "Rechenzeit" bei Anwendung von direkten Verfahren zur Gleichungslösung läßt sich näherungsweise nach folgender Formel bestimmen t cpu ≅ c ⋅ n ⋅ (ibw )2 . (1.4-30) Dabei bezeichnet hier n die Gesamtzahl der Gleichungen, und c ist eine vom Prozessor der Rechenanlage abhängige Konstante. Aus Gleichung (1.4-30) wird der Einfluß der 5 Zeigen Sie die Richtigkeit dieser Formel. 22 1. Elementare Einführung in die FEM Bandweite auf die Rechenzeit ersichtlich. Es ist deshalb bei der Anwendung direkter Verfahren zur Gleichungslösung6 unbedingt erforderlich, bei der Vernetzung auf die Entstehung einer möglichst kleinen Knotennummerndifferenz zu achten, um die Rechenzeit gering zu halten7. ibw 0 n symm. Bild 1.4-4 Definition der Bandweite ibw Einarbeitung der Randbedingungen Ein weiterer wichtiger Punkt bei der FEM-Analyse ist die Einarbeitung der geometrischen Randbedingungen. Ohne die Berücksichtigung von Verschiebungsrandbedingungen ist das Gleichungssystem nicht eindeutig lösbar – es ist singulär. Ein Bauteil muß also so gelagert sein, dass mindestens die Starrkörperbewegungen unterdrückt werden! Im folgenden wird die Vorgehensweise zur Einarbeitung verschiedenen Randbedingungen aufgezeigt. Verschiebung der Größe u i = 0 am Knoten i ist vorgeschrieben (Nullverschiebung) a) Die i-te Zeile und Spalte werden aus dem Gleichungssystem gestrichen. b) Setzen einer großen Zahlen k ii 10 p auf die i-te Hauptdiagonale:8 O M M u M p ⋅ k 10 ii i = M M O O M M (1.4-31) Verschiebung der Größe u i = u ist vorgeschrieben a) Die i-te Spalte wird mit u multipliziert und von der rechten Seite subtrahieren, dann werden die i-te Zeile und Spalte gestrichen: 6 Siehe Vorlesung Computer-Numerik. Dazu stehen in FEM-Programmen meist Verfahren zur Verfügung, die intern eine automatische Umnumerierung mit dem Ziel vornehmen, eine vorhandene Bandweite deutlich zu verringern. Ein einfaches Verfahren, das garantiert das Minimumum liefert, gibt es leider nicht (es sei denn man prüft alle möglichen n! Permutationen einzeln durch). 8 Überlegen Sie, wie groß p gewählt werden muß, um eine bestimmte Genauigkeit zu erreichen. Welche Probleme sind bei dieser Methode zu erwarten? 7 1.4. Ein Einführungsbeispiel zur Statik von Stäbe L M M k 1i O O M = M − u k 2i M M M O O M M L k ni 23 (1.4-32) b) Setzen eines großen Zahlenwertes k ii 10 p auf die i-te Hauptdiagonale sowie Ersetzen der rechten Seite durch f i = uk ii 10 p : L M M O u uk 10 p p k ii 10 i = ii O M M O M M L (1.4-33) Sind die Randbedingungen eingearbeitet worden, kann das Gleichungssystem gelöst werden. Dazu stehen mehrere Möglichkeiten von direkte oder iterative Verfahren zur Verfügung, wie z.B. das Cholesky-Verfahren, das Gauß-Seidel Verfahren, CGVerfahren usw. (siehe dazu die Vorlesung Computer-Numerik). Nach der Lösung des Gleichungssystems sind die Verschiebungen an den Knoten bekannt, und es lassen sich elementweise die Spannungen berechnen. Im folgenden ist die Ableitung der Spannungen aus den Verschiebungen für ein eindimensionales Stabelement dargestellt (vergleiche Bild 1.4-1). Aus σ = E⋅ε = E⋅ ∂u ∂x (1.4-31) folgt mit den Ableitungen der Ansatzfunktionen Gl. (1.4-11) für die Spannung im Element E σ = e (− u 1 + u 2 ) , (1.4-32) le die hier elementweise konstant sind. Ein Beispiel Abschließend soll noch ein vollständiges Beispiel vorgerechnet werden (siehe Bild 1.4-7). Für die Elementsteifigkeitsmatrix des e-ten Elementes gilt A ⋅E 1 − 1 K (e ) = α e ⋅ , mit α e = e e . Mit den Eingabegrößen erhält man für αe: le − 1 1 α1 = 1,6 ⋅104 N / mm, α 2 = 2,0 ⋅104 N / mm, α 3 = 2,0 ⋅104 N / mm . 24 1. Elementare Einführung in die FEM Für die Gesamtsteifigkeitsbeziehung ergibt sich dann 4 l l 3 3 E = 2 ,0 ⋅ 10 5 N / mm 2 µ = 0,3 3 F 2 2 2 A 1 = 40 mm 2 l1 = 500 mm A 2 = 20 mm 2 l1 = 200 mm A 1 = 10 mm 2 l1 = 100 mm F = 2600 N l1 1 x Bild 1.4-7 Stabbeispiel 1 − 1,6 0 0 u1 0 1, 6 1,6 + 2, 0 − 2,0 0 u 2 − 2600 4 10 ⋅ ⋅ = . 2,0 + 2,0 − 2,0 u 3 0 2,0 u 4 0 symm. Die Lagerbedingungen lauten u 1 = 0, u 4 = 0 . Das Streichen der Zeile/Spalte 1, 4 liefert 0 3,6 − 2, 0 u 2 −4 ⋅ = 10 ⋅ − 2,0 4,0 u − 2600 = 3 0 − 0,26 Für die Verschiebungen ergibt sich daraus u2 = - 0,1 mm, u3 = - 0,05 mm, Für die Elementspannungen erhält man schließlich E1 2,0 ⋅ 105 σ (1 ) = ⋅ (− u 1 + u 2 ) = ⋅ (− 0 − 0,1) = − 40 N / mm 2 l1 500 σ (2 ) E2 2, 0 ⋅105 = ⋅ (− u 2 + u 3 ) = ⋅ (+ 0,1 − 0,05) = 50 N / mm 2 l2 200 σ (3 ) E3 2,0 ⋅ 105 = ⋅ (− u 3 + u 4 ) = ⋅ (+ 0,05 + 0) = 100 N / mm 2 l3 100 Beliebige Lage eines Elementes in der Ebene Das finite 2-Knotenelement ist natürlich auch für die Berechnung von ebenen und räumlichen Fachwerksystemen geeignet. Dazu braucht das Element lediglich auf eine 1.4. Ein Einführungsbeispiel zur Statik von Stäbe 25 beliebige Lage im Raum transformiert zu werden. Für eine Transformation in der Ebene (vergleiche Bild 1.4-8) ergibt sich: Bild 1.4-8 Transformation in der Ebene Die Transformation vom globalen in das lokalen Koordinatensystem lautet u 1 = u 1 ⋅ cos α + v1 ⋅ sin α (1.4-33) u 2 = u 2 ⋅ cos α + v 2 ⋅ sin α In Matrizenschreibweise lautet dieses Gleichungssystemer u1 0 0 v1 u1 cos α sin α v= = ⋅ u = Tv. u α α 0 0 cos sin 2 2 v 2 (1.4-34) Durch die T-Matrix kann die lokale Steifigkeitsbeziehung auf das globale Koordinatensystem transformiert werden. Man erhält K⋅v =f K ⋅T⋅ v = f (1.4-35) Multiplikation von links mit T T liefert eine symmetrische Steifigkeitsmatrix T T ⋅ K4 ⋅3 T ⋅ v = TT ⋅ f = f , 142 K (1.4-37) mit cos 2 α sin α ⋅ cos α − cos 2 α − sin α ⋅ cos α sin 2 α − sin α ⋅ cos α − sin 2 α K= cos 2 α sin α ⋅ cos α sin 2 α symm. Mit dieser transformierten Steifigkeitsmatrix lassen sich beliebige ebene Fachwerksysteme berechnen. 26 1. Elementare Einführung in die FEM Ein Beispiel gegeben: F 2 l l 1 α α = 45° l , F, EA −α 1 x 2 3 y Bild 1.4-8 Ebenes Fachwerksystem Für das Beispiel in Bild 1.4-8 ergeben sich mit cos 45°= sin 45° = 12 ⋅ 2 für die beiden Elemente 1 und 2 die folgenden Elementsteifigkeitsbeziehungen: 1 − 1 − 1 u 1 1 1 − 1 − 1 v1 E⋅A ⋅ K 1 v1 = 1 1 u 2 2l 1 v 2 symm. − 1 − 1 1 u 2 1 1 1 − 1 v 2 E⋅A K 2v2 = ⋅ 1 − 1 u 3 2l 1 v3 symm. Nach Einarbeitung der Randbedingungen folgt daraus das Gleichungssystem E ⋅ A 1 0 u 2 0 , ⋅ ⋅ = l 0 1 v 2 − F dessen Lösung Fl u 2 = 0, v 2 = − EA lautet. Zur Spannungsermittlung muß eine Rücktransformation auf das lokale Stabsystem erfolgen. Fl u (21) = 12 2u 2 + 12 2 ⋅ v 2 = − 12 2 E⋅ (1) u1 = 0 und man erhält σ= ( ) E (1) E Fl 1 F u 2 − u1(1) = − 2 =− 2 l 2l EA 2 A 1.5 Einführungsbeispiel - Dynamik von Stäben 27 1.5. Ein Einführungsbeispiel zur Dynamik von Stäben In der Elastodynamik verwenden wir als Variationsprinzip das Hamiltonsche Prinzip t1 ∫ Ldt ⇒ stationär (1.5-1) t2 mit L =T−π (1.5-2) und 2 1 du 1 2 T = ∫ ρ d V = Aρ ∫ u& d x 2V dt 2 (x) (1.5-3) Die Knotenverschiebungen, die in die Approximation des Verschiebungszustandes eingehen, vergleiche Gleichung (1.4-10), sind jetzt zeitlich veränderlich, und es ergibt sich u (x , t ) = N1 (x )u 1 (t ) + N 2 (x )u 2 (t ) du u& = = N1u& 1 + N 2 u& 2 dt (1.5-4) (1.5-5) Als Alternative wäre auch die Verwendung von Ansatzfunktionen im Raum-Zeit Bereich denkbar, d.h. NI(x,t), was im Fall des hier betrachteten geometrisch eindimensionalem Stabelementes zu einem „ebenen“ Raum-Zeit-Element für die Approximation der Verschiebungen in Raum und Zeit führen würde.1 Diese Raum-ZeitDiskretisierung führt aber auf eine extreme Vergrößerung der Anzahl der Unbekannten und wird daher nur selten genutzt. Wir gehen deshalb nachfolgend von dem Näherungsansatz (1.5-4) aus und setzen diesen in den Ausdruck für die kinetische Energie (1.5-3) ein. Es ergibt sich Te = ( ) 1 A e ρ e ∫ N12 ( x )u& 12 + 2 N1 ( x ) N 2 ( x )u& 1u& 2 + N 22 ( x )u& 22 d x 2 l (1.5-6) e Die Auswertung der Integrale in (1.5-6) liefert l ∫ −l 2 l 2 1 x 1 x x x = 1 − d x = 1 − 2 + d x 2 l 4 −l l l −l l N 12 d ∫ ∫ l = 1 1 2 1 1 3 1 2 2 x − x + 2 x = 2l + l = l 4 l 3 3 l 3 −l 4 l 2 1 x 1 2 1 N1 N 2 d x = 1 − d x = 2l − l = l 4 −l l 4 3 3 −l l ∫ ∫ 1 Der Verschiebungsansatz für ein solches Element mit linearem Ansatz im Zeitbereich (Elementlänge in der Raumdimension ist 2a und in der Zeitdimension 2∆t) lautet: u (x, t ) = N 1 (x, t ) ⋅ u 1 + N 2 (x , t ) ⋅ u 2 + N 3 (x, t ) ⋅ u 3 + N 4 (x , t ) ⋅ u 4 mit 1 x 1 1 x 1 t t N 1 / 2 = 1 ± ⋅ 1 − , N 3 / 4 = 1 ± ⋅ 1 + . 2 a 2 ∆ t 2 a 2 ∆ t 28 1. Elementare Einführung in die FEM l ∫N 2 2d −l 2 x= l 3 Damit ergibt sich für die kinetische Energie eines Elementes Te = 1 2 2 2 A e ρ e lu& 12 + lu& 1 u& 2 + lu& 22 2 3 3 3 ( 1 = A e ρ e l u& 12 + u& 1u& 2 + u& 22 3 ) (1.5-7) Die Bewegungsdifferentialgleichungen ergeben sich aus den Lagrangeschen Gleichungen ∂ ∂ Le ∂ Le − =0 ∂ t ∂ u& i ∂ u i Mit (1.5-8) L e = Te (u& i ) − π e (u i ) (1.5-9) 1 T = Te (u& i ) − v e K e v e + v Te f e 2 und ∂ ∂ Te 1 ∂ = A e ρ e l (2u& 1 + u& 2 ) = 1 A e ρ e l (2&u&1 + &u& 2 ) ∂ t ∂ u& 1 3 ∂t 3 ∂ ∂ Te 1 ∂ 1 = A e ρ e l (u& 1 + 2u& 2 ) = A e ρ e l (&u&1 + 2&u& 2 ) ∂ t ∂ u& 2 3 ∂t 3 , wobei 2 l = le ist, folgt aus (1.5-8) M e ⋅ &v& e + K e ⋅ v e = f e (1.5-10) 2 1 1 M e = A e ρ e le 6 1 2 (1.5-11) Dabei ist die Massenmatrix des 2-Knoten-Stabelementes, und es gilt weiterhin &u& &v& e = 1 &u& 2 und u ve = 1 . u 2 Im Unterschied zur Statik ist bei dynamischen Problemen ein Differentialgleichungssystem zu lösen. Das Gesamtsystem baut sich analog zur Statik auf (Einspeichern der Elementmassen- und -steifigkeitsmatrizen in das Gesamtsystem), und es ergibt sich M&v& + Kv = f (1.5-12) Falls noch eine geschwindigkeitsproportionale Dämpfung berücksichtigt wird, ergibt sich M&v& + Cv& + Kv = f (1.5-13) 1.5 Einführungsbeispiel - Dynamik von Stäben 29 Für die Lösung dieses gewöhnlichen Differentialgleichungssystems (1.5-13/14) werden bevorzugt Zeitintegrationsverfahren eingesetzt (z.B. Zentrale Differenzen Methode, Newmark Verfahren oder Wilson Verfahren, siehe dazu die Vorlesung ComputerNumerik). Auch Lösungen im Modalraum oder im Frequenzbereich sind mögliche Alternativen. Von großer praktischer Bedeutung ist die Berechnung der freien, ungedämpften Schwingungen, d.h. die Ermittlung der Eigenfrequenzen und –formen, die sich aus der Lösung von (1.5-12) mit f = 0 ergeben. Mit dem Separationsansatz v(t ) = v0 cos ω t und der 2. Ableitung dieses Ansatzes v&&(t ) = −v0 ω2 cos ω t ergibt sich aus (1.5-12) das folgende Matrizeneigenwertproblem zur Bestimmung der Eigenfrequenzen ω (K − ω 2 ) ⋅ M ⋅ v0 = 0 (1.5-14) Ein Beispiel Als Beispiel wollen wir die Schwingungen eines einseitig gefesselten Stabes (siehe Bild 1.5-1) betrachten. x,u ls Bild 1.5-1 Freie Längsschwingung eines Stabes geg. : A, ρ, l s , E ges. : Eigenfrequenzen der Stablängsschwingungen Die exakte Lösung ergibt sich aus der Lösung der Dgl. EAu ′′ = Aρ&u& .2 && und u ′′ = U ′′T liefert dieser Ansatz Mit dem Separationsansatz u (x , t ) = U(x )T(t ) sowie &u& = UT && && , und daraus folgt E ⋅ U ′′ = T = −ω 2 . Daraus ergeben sich die beiden gewöhnlichen Dgln. EAU ′′T = AρUT ρ U T ρ && + ω 2 T = 0 und T U ′′ + ω 2 U = 0 mit den mit den Lösungen T = A cos ω t + B sin ω t und E ρ ρ U(x ) = C cos ωx + D sin ω . Aus der zweiten Gleichungen lassen sich die Eigenwerte berechnen. Die E E Randbedingungen lauten 2 a) u (x = 0 , t ) = 0 , woraus C = 0 folgt und b) FN (x = l s , t ) = 0 , woraus die Eigenwertgleichung EA du dx = EAD ls ρ ρ ωcos ωl s = 0 E 142E43 0 ρ folgt. Die Lösung von cos ωl s = 0 liefert die Eigenwerte E ersten beiden Eigenfrequenzen ω1 = π 2l s E 1.5708 = ρ ls E 3π , ω2 = ρ 2l s ρ π 3 ωls = ; π ; ..... , Damit ergibt sich für die E 2 2 E 4.7124 = ρ ls E . ρ 30 1. Elementare Einführung in die FEM Nachfolgend werden wir die Eigenfrequenzen mittels der FEM bestimmt. Zunächst wird nur ein finites Element benutzt (Bild 1.5-3). 1 2 Bild 1.5-2 Approximation des Stabes mit einem finiten Element Nach dem Aufstellen der Elementsteifigkeits- und Massenmatrix, sowie der Einarbeitung der Randbedingungen ergibt sich folgende Gleichung: EA 1 − ω 2 ρAls 2 u 2 = 0 6 ls (1.5-15) mit der Lösung ω1 = 3 E 1.73 E = . ls ρ ls ρ (1.5-16) Der prozentuale Fehler ergibt sich aus ε= ω1 FEM − ω1 exakt ⋅ 100% = 10% . ω1 exakt Die Lösung mit zwei finiten Elementen (siehe Bild 1.5-3) ergibt: 1 1 0,5 l s 2 2 3 0,5 l s Bild 1.5-3 Stab mit zwei finiten Elementen 1 −1 0 2 1 0 u 1 EA − 1 2 − 1 − ω2 1 ρA 1 l 1 4 1 u = 0 s 2 1 6 2 0 1 2 u 3 ls 0 − 1 1 2 (1.5-17) Um die Randbedingung u 1 = 0 zu berücksichtigen, werden die 1. Zeile und die 1. Spalte gestrichen. Daraus resultiert folgendes Eigenwertproblem: 2 − 1 4 1 u 2 2 1 1 2 ρ − 1 1 − ω 6 4 l s E 1 2 u = 0 . 3 Mit der Abkürzung schreiben: β= 1 2ρ ls 24 E läßt sich das Eigenwertproblem folgendermaßen 1.5 Einführungsbeispiel - Dynamik von Stäben 31 2 − 1 4 1 u 2 2 − ω ⋅ β ⋅ 1 2 ⋅ u = 0 . −1 1 3 Die Eigenwerte ergeben sich aus 2 − 4 ⋅ β ⋅ ω2 − 1 − β ⋅ ω2 − 1 − β ⋅ ω2 1 − 2 ⋅ β ⋅ ω2 =0 . Die charakteristische Gleichung lautet: 10 1 2 1 1 ω + = 0. 7 ß 7 ß2 Mit ω 4 = a 2 erhält man daraus ω4 − a1/ 2 = 5±3 2 . 7ß Die Eigenfrequenz ergibt sich aus ω1/2 = a 1 / 2 . Die ersten beiden Eigenwerte ergeben sich zu ω1 = 1.6114 E , ls ρ der Fehler beträgt ε1 = 2,6 % . ω2 = 5.6293 E , ls ρ der Fehler beträgt ε 2 = 19,4 % . Die Eigenformen für die Vernetzung mit zwei Elementen lassen sich folgendermaßen berechnen. Aus dem Eigenwertproblem 2 − 1 4 1 u 2 2 − ω β u = 0 −1 1 1 2 3 folgt mit u 3 = 1 die Lösung 2u 2 − 1 − βω 2 (4u 2 + 1) = 0 und daraus 1 + βω 2 u2 = 2 − 4βω 2 32 Damit βω12 = 1. Elementare Einführung in die FEM ergibt sich für die 1. Eigenform mit ω1 = 2.59666 E ls2 ρ und 1 2 ρ 2.59666 E ls = 0.1082 die Lösung 24 E l s2 ρ u2 = 1 + 0.1082 = 0.7071 2 − 4(0.1082) Analog ergibt sich für die 2. Eigenform mit ω 2 = 31.689 E und βω 22 = 1.32 2 ls ρ die Lösung u2 = 1 + 1.32 = − 0.707 2 − 4(1.32) Anmerkungen zur Lösung von Eigenwertproblemen • Die Eigenwerte nähern sich stets von "oben " der exakten Lösung an, d.h. ω FEM > ω exakt . • Die höheren Eigenwerte haben eine geringere Genauigkeit, d.h. die Genauigkeit nimmt mit steigendem Eigenwert ab. • Die Anzahl der Eigenwerte ist gleich der Anzahl der Unbekannten. Die höheren Eigenwerte werden durch die FE-Unterteilung bestimmt und sind daher nicht sinnvoll. Die exakte Lösung hat unendlich viele Eigenwerte. • Die Eigenform (Eigenschwingform) kann nur bis auf einen konstanten Faktor bestimmt werden, d.h. dieser Wert gibt nur das Verhältniswert zwischen den einzelnen Amplituden an. Für die Darstellung der Eigenschwingform wird in der Regel auf die maximale Amplitude normiert. 1.6. Ein Einführungsbeispiel zur eindimensionalen Wärmeleitung 33 1.6. Ein Einführungsbeispiel zur eindimensionalen Wärmeleitung Die Lösung der eindimensionalen Wärmeleitungsgleichung wird nachfolgend als Beispiel für ein anderes Feldproblem – ein Temperaturfeld – betrachtet. Gleichzeitig wird an diesem Beispiel die numerische Lösung eines zeitabhängigen Vorganges durch ein einfaches Zeitintegrationsverfahren (zentrale Differenzenmethode) demonstriert. Aus der Fourierschen Gleichung folgt für den eindimensionalen Fall die Differentialgleichung der Wärmeleitung λ ∂ 2T ∂T + Q = ρc in V 2 ∂t ∂x (1.6-1) Die thermischen Randbedingungen lauten T =T ∂T λ⋅ +q=0 ∂x ∂T λ⋅ + α ⋅ (T − T∞ ) = 0 ∂x Es bedeuten: auf OT (1.6-2a) auf Oq (1.6-2b) auf Oα (1.6-2c) T - Temperatur in K λ - Wärmeleitf ähigkeit i n W mm K Ws mm 3 K kg ρ - Dichte in mm 3 ρc = µ in c - spezif . Wärmekapazität in Q - Wärmequell ergiebigke it in J kg K W mm 3 W mm 2 W α - Wärmeübe rgangszahl in mm 2 K T∞-Umgebungs temperatur in K q − Wärmestrom dichte in Als finites Element wird wieder ein eindimensionales Element mit zwei Knoten verwendet (siehe Bild 1.6-1). x l l le Bild 1.6-1 Finites Element Alle Ableitung erfolgen analog zum Stabelement (siehe Abschnitt 1.4). Der lineare Ansatz für die Temperaturverteilung im Element lautet 34 1. Elementare Einführung in die FEM T (x ) = N1 (x )T1 + N 2 (x )T2 , (1.6-3) mit den Formfunktionen 1 x N 1 = 1 − 2 l 1 x N 2 = 1 + 2 l (1.6-4) Dieser Näherungsansatz entspricht einer elementweisen Approximation der Temperaturverteilung durch einen linearen Ansatz (d.h., T (x ) = a 1 + a 2 x ). Für die Ableitung der FEM-Gleichungen wird als Ausgangsbasis keine Variationsformulierung benutzt, sondern die "Methode der gewichteten Residuen" verwendet (siehe Vorlesungsskript Mathematische und Numerische Methoden der Mechanik - Teil I). ∫ R Dgl. WdV = 0 , (1.6-5) V wobei RDgl. das Residuum der Differentialgleichung der Wärmeleitung (1.6-1) bezeichnet. Wenn man für die Gewichtsfunktionen W jeweils die Ansatzfunktionen einsetzt, so entspricht dies dem Galerkinschen Verfahren. ∂2T ∂T ∫ A λ ∂ x 2 + Q − cρ ∂ t N1d x = 0 (x) 2 ∂ T ∂T ∫ A λ ∂ x 2 + Q − cρ ∂ t N 2 d x = 0 (x) (1.6-6) Mit A wird die Elementfläche bezeichnet, und es wird für T(x) der Ansatz (1.6-3) eingesetzt. Vom Zusammenhang zwischen dem Ritzschen Verfahren (bzw. dem Galerkinschen Verfahren) und der FEM wissen wir, daß die Ansatzfunktionen bis zur (n-1)ten Ableitung stetig sein müssen (n bezeichnet die höchste unter dem Integral vorkommende Ableitung), damit die Konvergenz gesichert ist. Bei stückweise (elementweise) definierten Ansatzfunktionen in der FEM bedeutet dies, daß die Bedingung auch zwischen benachbarten finiten Elementen erfüllt sein muß. Die Anwendung der Gleichung (1.6-6) bedingt, daß die Ansatzfunktionen stetige erste Ableitungen haben müssen und daher der Ansatz (1.6-3) eigentlich nicht geeignet ist. Durch partielle Integration läßt sich die Ordnung der Ableitung jedoch reduzieren. Es ergibt sich ∂ 2 T ∂T ∫ λ ∂ x 2 N I d x = λ ∂ x N I (x) − Rand ∂ T ∂ NI dx x ∂x (x) ∫ λ ∂ (1.6-7) Der Randterm kann durch die Randbedingungen ausgedrückt werden und man erhält: λ ∂ T NI ∂ x = − qN I Rand Oq − α ⋅ (T − T∞ )N I Damit lauten die Galerkinschen Gleichungen Oα (1.6-8) 1.6. Ein Einführungsbeispiel zur eindimensionalen Wärmeleitung − ∂ T ∂ NI d x − qN I ∂ x ( x) ∫ λ ∂ x Oq − α(T − T∞ )N I Oα 35 + (1.6-9) ∂T + ∫ QN Id x − ∫ ρc NId x = 0 ∂ t ( x) ( x) mit I=1,2. Hier gehen nur noch die ersten Ableitungen des Temperaturfeldes ein, so daß der lineare Ansatz (1.6-4) ausreichend ist. Die Ableitung des Ansatzes liefert ∂ T ∂ N1 ∂ N2 1 1 = T1 + T2 = − T1 + T2 . ∂x ∂x ∂x 2l 2l (1.6-10) Somit ergibt sich für I =1 die Gleichung l 1 1 1 1 1 − ∫ λ − T1 + T2 − d x− qN1 O − α − T1 + T2 N 1 2l 2l 2l 2l O 2l −l q + αT∞ N1 O + ∫ QN 1d x − ∫ ρc(N 1T&1 + N 2 T& 2 )N 1 d x = 0 α l l −l −l α Eine analoge Gleichung ergibt sich auch für I=2. Auswerten der Integrale und Zusamme nfassen liefert (K + K α )T + CT& = f (1.6-11) mit der Wärmeleitfähigkeitsmatrix K= − 1 1 λ1 l e − 1 (1.6-12) und der Wärmeübergangsmatrix N1 0 K α = α (1.6-13) , 0 N2 O die jedoch nur für solche Knoten auftritt, die zu einem Rand mit der Randbedingung (1.6-2c) gehören. Mit C wird die Wärmekapazitätsmatrix α 2 1 1 C = ρcle 6 1 2 (1.6-14) bezeichnet. Als Vektor der rechten Seite ergibt sich N1 N1 1 1 f = −q + αT∞ + Q le , N2 O N2 O 2 1 q (1.6-15) α wobei hier Q im Element als konstant angenommen wurde. Nachfolgend wird die Anwendung an einem einfachen Beispiel, der instationären Wärmeleitung in einer Wand (Bild 1.6-2), demo nstriert. 36 1. Elementare Einführung in die FEM Instationäre Wärmeleitung in einer Wand λ = 0,16 ⋅10 −3 Wand ρc = 105 ⋅10 −9 A W mm K Ws mm 3 K l = 1m Bild 1.6-2 Wärmeleitung in einer Wand Die Randbedingungen seien T0 = T(x , t < 0 ) = 100°C T(x = ± 0.5m, t ≥ 0 ) = 0°C Das entspricht der Situation, daß eine auf 100 °C erwärmte Wand plötzlich auf 0 °C abgekühlt wird. Es soll die zeitliche Änderung der Temperatur am Punkt A ermittelt werden. Die exakte Lösung lautet (siehe Lehrbuch von Tautz): πx 1 − 4 − F T = T0 e 2 cos − e π l 3 π 2 mit F0 = 2 3⋅π F0 2 0 3πx + cos L l (1.6-16) λ 4t . ρc l 2 Die FEM-Lösung wird mit nur zwei finiten Elementen unter Ausnutzung der Symmetrie ermittelt (siehe Bild 1.6-3). l e = l /4 2 3 1 A 1 le 2 le Bild 1.6-3 Berechnungsmodell Die Wärmeleitfähigkeitsmatrix berechnet sich aus den beiden Elementbeiträgen zu 1.6. Ein Einführungsbeispiel zur eindimensionalen Wärmeleitung K ges 37 1 −1 0 4λ = − 1 2 − 1 l 0 − 1 1 Die Einarbeitung der Randbedingung T1 (t ≥ 0 ) = 0 ergibt K ges = 4λ 2 − 1 . l − 1 1 Analog erhält man aus den Elementbeiträgen die Wärmekapazitätsmatrix C ges 2 1 0 1 1 = ρ c l 1 4 1 , 6 4 0 1 2 und nach Einarbeitung der Randbedingung ergibt sich 1 1 4 1 C ges = ρ c l . 6 4 1 2 Somit erhält man ein gewöhnliches Dgl.-System 1. Ordnung & = 0, K ges T + C ges T (1.6-17) & eine einfadas durch eine Zeitintegration gelöst werden kann. Dazu führen wir für T che Differenzenapproximation ein (siehe Bild 1.6-.4). T Ti +1 Ti +0,5 Ti ti t i + 0,5 ∆ t t i +1 t ∆t Bild 1.6-4 Differenzenapproximation der Temperaturableitung Die zentrale Differenzenformel lautet: Ti + Ti +1 2 T − Ti = i +1 ∆t Ti + = (1.6-18a) T& i + (1.6-18b) 1 2 1 2 38 1. Elementare Einführung in die FEM Damit ergibt sich aus (1.6-17) 1 1 K ges (Ti + Ti +1 ) + C ges (Ti +1 − Ti ) = 0 2 ∆t (1.6-19) und nach Umformung das Lösungsschema 1 1 C ges + ∆tK ges Ti +1 = C − ∆tK Ti , 2 2 (1.6-20) mit i = 1,2,... wird die Lösung an den Zeitschritten bezeichnet. Aus den Randbedingungen folgt der Startvektor 100 T0 = . 100 Mit den Zahlenwerten für unser Beispiel und der Schrittweite ∆ t = 0,1s ergibt sich ATi +1 = BTi Ti +1 = A −1BTi mit A −1B ∆ t = 0 ,1s 0,989644 0,0062045 = 0,012409 0,989644 Damit errechnet man folgende Lösungen: Zeit [s] 0 10 20 30 40 M M 100 TA (t) exakte Lösung 100,00 99,16 91,43 80,36 69,58 M M 28,30 FE-Lösung (2 Elemente) 100,00 100,04 87,52 75,02 64,08 M M 24,8 Deutlich erkennbar ist ein für Wärmeschockprobleme typisches Oszillieren der Lösung, das seine Ursache in der Ungenauigkeit des numerischen Lösungsverfahrens hat (siehe Bild 1.6-5). 1.6. Ein Einführungsbeispiel zur eindimensionalen Wärmeleitung 39 120 100 80 TA 60 40 20 0 0 5 10 15 20 30 40 50 60 70 80 90 100 t Bild 1.4.3-5 Zeitlicher Verlauf der Temperatur am Punkt A der Wand Schrittweitenabschätzung Ein Problem bei der Anwendung von Zeitintegrationsschemen ist die Schrittweitenabschätzung, so daß eine ausreichende Genauigkeit der Lösung gesichert ist (siehe dazu auch die Vorlesung Computer-Numerik). Es läßt sich zeigen, daß die Schrittweite bei der Zentralen Differenzenmethode die Bedingung ∆t≤ 2 ω (1.6-21) erfüllen muß, um eine stabile Lösung zu sichern. Dabei ist ω der größte Eigenwert von C −1K , d.h. ( ) ( ) ω = ωmax C−1K . (1.6-22) Bei Systemen mit vielen Freiheitsgraden (mehrere Millionen sind heute keine Seltenheit mehr) ist die Ermittlung dieses Eigenwertes extrem aufwendig. Man kann zeigen, daß dieser Wert relativ einfach auf der Basis von Elementinformationen, d.h. mit K e und C e , abschätzt werden kann. Es gilt ( ) ω max C−1 K = [ω max (K e )] ω max (K ) max ≤ e ω min (C) min [ω min (Ce )] (1.6-23) e Für unseren eindimensionalen Fall ergibt sich aus den Elementgleichungen ω max (K e ) = 2 λ le (1.6-24a) 1 ω min (C e ) = ρcle 6 (1.6-24b) Damit liefert (1.6-23) ( ) ωmax C −1 K ≤ 12 λ , ρcle2 (1.6-25) 40 1. Elementare Einführung in die FEM woraus sich für die Schrittweite folgende Abschätzung ergibt: ∆t≤ 1 1 λ 12 2 ρcle2 ρcle2 = 6λ (1.6-26) Aus dieser Gleichung wird ersichtlich, daß die Elementlänge le sowie die Materialkenngrößen λ und ρc Einfluß auf die Schrittweite haben. 1.7. Kleiner historischer Rückblick auf die frühen Anfänge der FEM 41 1.7. Kleiner historischer Rückblick in die frühen Anfänge der FEM Als Beginn der Finite-Element-Entwicklung wird allgemein das Jahr 1956 angesehen, in dem Turner, Clough, Martin und Topp eine Arbeit veröffentlichten, in der für den ebenen Spannungszustand das Dreieckselement mit 3 Knoten und 6 Freiheitsgraden (2 je Knoten) abgeleitet, rechentechnisch realisiert wurde an an Beispielen getestet wurde (nach einem Bericht von Clough wurde diese Arbeit bereits 1953 fertiggestellt aber durch Turner erst ca. 3 danach zur Veröffentlichung eingereicht). Eine Reihe von Nutzrechnungen an Deltaflügeln von Kampfflugzeigen bewiesen die Leistungsfähigkeit des Verfahrens, auch wenn die Zahl der Unbekannten nur etwa 50 betrug. Die Entwicklung der Matrizenmethoden der Stabstatik ( Langefors, Argyris) und der Rechentechnik waren die wesentlichen Voraussetzungen für diese Pionierleistung der Ingenieure. Das Verfahren war tatsächlich mehr ingenieurmäßig intuitiv als mathematisch begründet. Das wird deutlich, wenn man die Ableitung der Elementsteifigkeitsmatrix des Dreieckselementes betrachtet. Dazu wurde angenommen, daß im Dreieck ein konstanter Verzerrungszustand vorliegt: 1 ∂u σ x − µσ y = E ∂x 1 ∂u εy = b = σ y − µσ x = E ∂y 1 ∂u ∂ u γ xy = c = τ xy = + G ∂y ∂ x εx = a = ( ) ( ) (1.7-1) Durch Integration lassen sich daraus die Verschiebungen ermitteln: u = ax + A y + B v = by + ( c − A ) x + C (1.7-2) A,B,C sind Integrationskonstanten (Starrkörperbewegung). Die 6 Konstanten in (1.72) lassen sich durch die Knotenverschiebungen ausdrücken, indem die Knotenkoordinaten eingesetzt werden. Setzt man das so gefundene Ergebnis in (1.7-1) ein, erhält man die Spannungen als Funktion der Knotenverschiebungen. Der Zusammenhang zwischen den Spannungen und den Knotenkräften wird aus einfachen Gleichgewichtsbetrachtungen am Dreieckselementen erhalten. Damit wurden die Knotenkräfte näherungsweise durch die Knotenverschiebungen ausdrücken und man erhielt so die bekannte Matrizengleichung für ein finites Element: Kv = f (1.7-3) Für diesen Fall ist das Ergebnis identisch mit der Lösung, die sich über die Minimierung des elastischen Potentials ergibt. Verbesserte Elemente sind auf dem oben skizzierten Weg nicht ohne weiteres abzuleiten. Die Anwendung des Prinzips vom Minimum des elastischen Potentials und die Erkenntnis des Zusammenhanges mit dem Ritzschen Verfahren ermöglichte eine mathematische Fundierung und gezielte Weiterentwicklung der Methode der finiten Elemente. Bemerkenswert ist allerdings, daß diese Zusammenhänge längst erkannt und von Courant in seiner hochinteressanten Arbeit über " Variationsmethoden zur Lösung von statischen und dynamischen Problemen" bereits 1943 dargelegt wurden. In der Arbeit 42 1. Elementare Einführung in die FEM würdigt Courant ausdrücklich die Verdienste von W. Ritz und widmet der Anwendung des Ritzschen Verfahrens breiten Raum. Courant richtet in der Veröffentlichung besonderes Augenmerk auf die Möglichkeiten der praktischen Nutzung des Verfahrens. Er beginnt die Arbeit mit dem Zitat eines Ausspruchs von Henri Poincare, das wegen seiner Aktualität hier wiedergegeben werden soll: H. POINCARE: Die "Lösung eines mathematischen Problems" ist eine Phrase mit unbestimmter Bedeutung. Reine Mathematiker sind irgendwann damit zufrieden, wenn sie zeigen können, daß die Nichtexistenz einer Lösung einen logischen Widerspruch enthält, während die Ingenieure ein numerisches Resultat als einziges vernünftiges Ergebnis ansehen. Solch einseitigen Orientierungen scheinen mehr menschliche als objektive Grenzen zu reflektieren. Die Mathematik ist in sich selbst eine unteilbare organische Einheit, bestehend aus theoretischer Betrachtung und aktiver Anwendung. Courant verweist dann auf Gauss und Thompson, die dafür echte Beispiele waren. Courant selbst wendete das Ritzsche Verfahren zur Lösung eines Torsionsproblems an, wobei er das betrachtete Gebiet trianguliert und für jedes Gebiet einen Näherungsansatz einführt. Er betrachtet sogar verschiedene Ansatzfunktionen und verschieden feine Versetzungen. Er weist abschließend darauf hin, daß er in einer gesonderten Publikation die Anwendung dieser Methode auf Platten und andere Probleme, die auch höhere Ableitungen enthalten, darlegen will. Es ist bedauerlich, daß diese Arbeit so wenig Beachtung gefunden hat. Die Zeit der Veröffentlichung mag ein Grund dafür sein. Die Kenntnis der Arbeit von Courant hätte sicher eine Beschleunigung der Entwicklung der FEM ermöglicht, Fehlentwicklungen hätten vermieden werden können.