Bei ins dahoam: Strasserwirt - der ganze Bericht

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Bei ins dahoam: Strasserwirt - der ganze Bericht
Erfolgsg’schicht’n
Kopf
Erfolgsg’schicht’n
Leiste Thema
TEXT: DORIS MARTINZ
FOTOS: PETER NEUBAUER, PRIVAT
und Springen an, Ponyreiten, Ausritte und Kutschenfahrten mit
Haflingern stehen ebenfalls am Tagesplan. Auch große Reitturniere veranstaltet die Familie Nothegger immer wieder, dafür ist
Christoph verantwortlich. „Der håt des mit’n Sport ugfånga.“
Der Vater ist eher fürs Züchten. „I bin hoit a Viechermensch“,
verrät er. Deshalb leben beim Strasserwirt auch ein Hund – Balou, ein riesengroßer Berner Sennen-Mischling – Katzen, Hasen,
Schafe, ein Esel und Hühner. „Wenns gangat, dånn hätt da Papa
a an Elefånt“, lacht Christoph.
Große Zuchterfolge
Von der Kuh auf’s Pferd
gekommen
Oder warum eine schöne Kuh nicht das gleiche ist wie ein schönes Pferd.
Sie streckt mir neugierig ihre weiche Nase entgegen, schnaubt
leise. Ich könnte mich verlieren in ihren großen dunklen Augen,
die von ihrer Sanftmut erzählen, aber auch von ihrer edlen Herkunft. Luna, eine Anglo-Araber-Schimmelstute, hat sofort mein
Herz erobert. Wie schön muss es sein, auf ihrem Rücken durch
Wälder zu streifen und über Felder zu galoppieren, der Sonne
entgegen, das Haar flatternd im Sommerwind, … Ups, ich hab ja
kurze Haare. Egal. Im Tagtraum hab ich einen edlen Araber unterm Hintern, also kann ich auch langes, flatterndes Haar haben.
Aber Christoph ist schon weiter gegangen und zeigt mir die Haflinger im anderen Teil des Stalles beim Strasserwirt in St. Ulrich.
Wir besuchen die Schulpferde und seine „Schätze“, die Sportpferde. „Rock n’ Rose“, eine sehr vielversprechende junge Stute
mit bester Abstammung, bekommt gerade eine Magnettherapie.
Christoph wird sie nach unserem Gespräch noch reiten. 5 Stunden lang sitzt er im Schnitt täglich im Sattel, um seine Pferde zu
trainieren und die „Jungspunde“ auszubilden. Den Reitunterricht für die Gäste übernimmt meist die Reitlehrerin.
„De schensten
Kiah interessieren
koan.“
Vor 25 Jahren waren es noch Kühe
Der Strasserwirt ist das älteste Wirtshaus im Bezirk Kitzbühel,
seit 700 Jahren gehen hier Gäste ein und aus. Jahrhunderte lang
eine Pferde- und Fuhrwerk-Wechselstation, stehen heute an die
35 Pferde im Stall. Das war aber nicht immer so. Denn lange waren es Kühe. Und zwar einige der schönsten im Lande.
Josef hatte keinen Grund, enttäuscht zu sein. Seine Hengste wurden Sieger und Reservesieger. Das war eine Sternstunde für Josef, einer der ganz großen Momente in seinem Leben.
Glück hatte er beim Ankauf von Stuten. Er begeisterte sich für
eine schöne Schimmelstute, bekam sie aber nur im Doppelpack
mit einer anderen, die nur ein Auge hatte. „So wås tat i nia kaffn,
owa de andere Stute wollt i unbedingt håbn.“ Also zog auch die
Einäugige wohl oder übel im Stall ein. Sie hieß Latefa und wurde
Österreichs beste Zuchtstute.
Weil die Zucht der Anglo-Araber sich finanziell nicht mehr rechnete, gaben sie die Notheggers schließlich auf.
Heute werden beim Strasserwirt nur noch Warmblutpferde gezüchtet. Josef war schon unzählige Male Geburtshelfer. Zuerst
bei den Kühen, jetzt bei den Pferden. Die jungen Stuten fohlen
vor allem in der Nacht. „I dawischs åft meistens“, erzählt er. Das
heißt, er schaut in den „verdächtigen“ Nächten mehrmals nach
ihnen.
Jedes Jahr gibt es ein bis drei Fohlen. „Des is des Schene, wenn
jedes Jåhr de Fohlen auf da Woad san und spün, des is so schee,
då kunnt i de ganze Zeit zuaschaun“, schwärmt Josef.
Er hat ein gutes Gespür dafür, welche Jungtiere sich gut entwickeln werden. „Des is bei de Pferde
scho schwieriger als bei de Kiah“,
räumt er ein. Aber sein Gefühl hat
ihn noch nie im Stich gelassen.
Die jungen Hengste kommen nach
dem Absetzen von der Mutter
nach Bayern, wo sie artgerecht in
einer Herde aufwachsen. Die Stuten werden bei einem benachbarten Bauern aufgezogen. Sind
die Tiere drei Jahre alt, holt man sie wieder zurück – die Ausbildung beginnt. Das heißt, die Stuten werden zuerst einmal belegt
und bekommen ein Fohlen. Josef besteht darauf, die Zucht auf
diese Weise fortzuführen. Christoph würde meist lieber gleich
mit der Ausbildung anfangen, um zu sehen, was der Nachwuchs
in sportlicher Hinsicht zu bieten hat. „Nu setz i mi durch“, lacht
Josef. Gemeinsam entscheiden sie, welcher Hengst auf ihre Stuten kommt und wählen den geeigneten Beschäler aus einem
Katalog aus. Der Samen wird dann geliefert, der Tierarzt übernimmt den Rest. „Na, des is net romantisch, owa heit die Realität.“ Je nachdem wie sich das Pferd entwickelt, setzt Christoph es
„I kunnt de
Fohlen an
gånzen Tåg
zuaschaugn.“
»
Immer wieder veranstaltet der
Strasserwirt Reitturniere.
Davon erzählt mir Josef Nothegger, Christophs Vater und Chef
des Hauses. Dessen Vater wiederum, einem Landwirt aus Leidenschaft, war nicht nur wichtig gewesen, dass seine Kühe viel
Milch gaben. Nein, auch hübsch mussten sie sein. Und so lernte
Josef schon früh seinen Blick zu schärfen für die tierische Schönheit im Stall. Unzählige Preise hat er mit seinen erstklassigen
Rindern gewonnen, auch als Braunviehzuchtobmann war er
sehr erfolgreich. Und warum stehen jetzt Pferde statt der Kühe
im Stall?
„Glegn is es eigentlich an die Melcher“, erzählt Josef. Selbst als
Wirt und Bauer voll ausgelastet, war er immer auf einen Melker
angewiesen. Die waren teilweise so unzuverlässig, dass er sich
nach Alternativen umsah. So kam er auf Pferde, die zwar gefüttert, gemistet und rausgelassen werden müssen, aber wenigstens
nicht zweimal täglich gemolken. Und die Pferde konnten sogar
mehr Gäste bringen. „Då kust 50 vo de schensten Kiah im Stoi
håm, des interessiert koan. Owa wegn de Pferd kemman de Leit.“
Heute verfügt der Strasserwirt über eine der modernsten Reitsportanlagen des Landes. Das Team des Strasserwirts bietet
Unterricht für Anfänger und Fortgeschrittene im Dressurreiten
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Mit der Zucht von Tiroler Haflingern und Anglo-Arabern war die
Familie Nothegger viele Jahre sehr erfolgreich. Zwei der besten
Anglo-Araber-Hengste in ganz Österreich standen in ihrem Stall.
Josef erinnert sich noch daran, als er mit Christoph zur Hengstschau in die Steiermark fuhr. Der Sohnemann meinte: „Papa, des
deafst nit mit deine Kiahausstellungen vergleichen, sei bloß nit
enttäuscht.“
Wenn der Nachwuchs auf der Weide tollt
Josef Nothegger mit
seiner Frau Viktoria, Sohn
Christoph und dessen
Herzblatt Lisa
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Erfolgsg’schicht’n
Christoph Nothegger
gehört zu den
erfolgreichsten
Springreitern Tirols.
als Sportpferd oder Schulpferd am Hof ein, oder es wird verkauft.
Mit vielen Käufern seiner Pferde steht er in engem Kontakt und
weiß so, wie es seinen Lieblingen geht. Immer wieder kommt es
auch vor, dass ein Reitschüler sich in ein Pferd verliebt, es kauft
und mit nach Hause nimmt. Christoph nimmt es gelassen, denn
er weiß dann, dass es dem Pferd gut gehen wird.
Aber eigentlich trennt er sich nicht gerne. Kommen seine vierbeinigen Spitzenathleten in die Jahre oder können sie der Belastung der Turniere nicht mehr standhalten, gibt er sie nur in gute
Hände ab. Das ist ihm ganz wichtig.
len die mehrmaligen Siege bei den Tiroler Meisterschaften und
zahlreiche nationale und internationale Siege und Platzierung,
auch bei den Staatsmeisterschaften. Aber wenn es im Hotelbetrieb einen Engpass gibt, heißt es mit anpacken. Auch das ist sein
Job. Unter den Gästen beim Strasserwirt sind es viel mehr Frauen
als Männer, die sich in den Sattel schwingen. „I bin da Hahn im
Korb“, lacht er. Seine Herzensdame hat am Hof ein Pferd eingestellt und könnte wie er den ganzen Tag im Stall bei den Pferden
verbringen. Eifersüchtig auf die Vierbeiner ist sie also nicht. Das
wäre nämlich schwierig …
Die ganze Familie hilft mit
Für Christoph ist jedes Pferd eine Herausforderung. Weil jedes
eine andere Persönlichkeit besitzt. „Es is oft a reines Geduldsspiel. Da kimbt einem des Alter entgegen“, meint er grinsend
mit seinen 34 Lenzen. „Je entspannter und geduldiger man in da
Ausbildung mit an Pferd arbeitet, desto besser. Manche Dinge
brauchen Zeit.“ Und irgendwann sollte sich dann der Idealzustand einstellen: das völlige Einssein mit dem tierischen Partner.
Nur wenn Pferd und Reiter eine vollkommene Einheit bilden und
sich komplett aufeinander verlassen können, sind große Erfolge
zu erzielen. Dann, und nur dann, werden große Träume wahr…
Finden die Turniere beim Strasserwirt statt, helfen alle zusammen. Josefs ältester Sohn Alexander mit Maria, die das Naturhotel Kitzspitz führen, sowie auch der Zweitälteste Peter mit Jasmin
aus Wien kommen, um sich nützlich zu machen.
Christoph ist der jüngste der drei Brüder.
Und der einzige mit dem ausgeprägten
„Pferdevirus“. Seine Pferde sind für den
Springsport gezüchtete Athleten mit besonderer Begabung und Eignung. Es sind
Spitzensportler, die genauso trainiert und
gehegt werden wie ihre menschlichen
Pendants. Ein ausgefeilter Trainingsplan,
Massagen, spezielle Therapien wie die Magnettherapie, hier eine
Salbe, da ein kühlendes Gel … die Betreuung der Tiere ist aufwändig und intensiv.
Christoph hat seine Ausbildung als Bereiter in Deutschland begonnen und in Österreich mit diversen Lehrgängen beendet. Er
ist staatlich geprüfter Reitinstruktor und Reittrainer. Er bildet
auch Lehrlinge aus. Zu seinen größten sportlichen Erfolgen zäh-
Christoph
ist der
Hahn im
Korb
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