Europäischer Bankenstresstest Monte Paschi bildet das

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Europäischer Bankenstresstest Monte Paschi bildet das
Europäischer Bankenstresstest
Monte Paschi bildet das spektakuläre Schlusslicht
von:
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Yasmin Osman
Katharina Slodczyk
Datum:
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29.07.2016 23:17 Uhr
Zeugnistag für Europas Banken: Beim Stresstest schwächeln italienische und irische
Institute. Deutsche Häuser bekleckern sich nicht mit Ruhm. Doch wer hierzulande hinten
liegt, dürfte den einen oder anderen überraschen.
Der Sitz der Europäischen Zentralbank in Frankfurt
Die Europäische Zentralbank, im Bild die Zentrale in Frankfurt, und die EUBankenaufsichtsbehörde EBA haben Europas Geschäftsbanken einem Stresstest
unterzogen. Die Ergebnisse sind nur teilweise beruhigend.
(Foto: AFP)
Frankfurt, LondonDer Stresstest unter den europäischen Banken kennt einen klaren
Verlierer: Die italienische Bank Monte dei Paschi hat im Stresstest der Europäischen
Bankenaufsicht Eba am schlechtesten abgeschnitten. Im härtesten Szenario kam bei dem
ältesten Kreditinstitut der Welt eine negative Eigenkapitalquote von 2,4 Prozent heraus,
wie die Eba am späten Freitagabend mitteilte. Monte dei Paschi hatte quasi in letzter
Minute vor Veröffentlichung der Stresstest-Ergebnisse ein Rettungspaket geschnürt, das
eine Kapitalerhöhung von fünf Milliarden Euro und den Verkauf von notleidenden Krediten
im Umfang von gut neun Milliarden Euro vorsieht.
Der Test zeigt nun, wie nötig das war: Immerhin stürzt die Kapitaldecke von Monte dei
Paschi unter Härtebedingungen um 14,5 Prozentpunkte ab, auch das Rekord beim dieser
Fitnessprüfung für Europas Bankenwelt.
Insgesamt mussten 51 Großbanken aus 14 EU-Ländern und Norwegen beweisen, dass sie
eine drei Jahre anhaltende Rezession, einen Absturz der Börsenkurse, des Euros und der
Immobilienpreise ohne größere Blessuren überstehen können. Über Monate haben dazu
die Banken gut 100 000 Daten gesammelt und an die Aufsichtsbehörden weitergeleitet.
Monte dei Paschi mag Klassenletzter gewesen sein. Doch andere europäische Banken,
darunter die irische AIB sowie die britische Royal Bank of Scotland, haben bei der EbaPrüfung ebenfalls massive Schwachstellen bei ihrer Kapitalausstattung offenbart. Auch
die italienische Großbank Unicredit schrammte an einer Blamage nur knapp vorbei: Die
Eigenkapitaldecke des größten italienischen Geldhauses schrumpfte im Härtetest auf
gerade einmal 7,1 Prozent. Der Schwelle von sieben Prozent an hartem Eigenkapital wird
eine wichtige Signalwirkung zugeschrieben, denn dort liegt das gesetzliche KapitalMinimum für eine voll funktionsfähige Bank. Unicredit erwägt ebenfalls eine
Kapitalerhöhung in Höhe von fünf Milliarden Euro, hatte vor kurzem die
Nachrichtenagentur Bloomberg berichtet. Im Durchschnitt verringerte sich die
Kapitaldecke der geprüften Institute von 12,6 auf 9,2 Prozent.
Gerissen haben diese Sieben-Prozent-Hürde von den 51 Teilnehmer-Banken gerade
einmal fünf Institute, neben Monte dei Paschi und AIB auch die österreichische
Raiffeisen-Landesbanken-Holding, der spanische Banco Popular Espanol sowie die Bank
of Ireland. „Der Stresstest deutet auf jeden Fall nicht auf die Gefahr einer systemischen
Krise hin“, twitterte die Finanzprofessorin und Wirtschaftsweise Isabel Schnabel.
Im Gegensatz zu vorausgegangenen Stresstest konnten die Banken dieses Mal nicht
durchfallen. Denn die Institute mussten nicht eine bestimmte Kapitalhürde nehmen.
Vielmehr fließen die Ergebnisse in die Entscheidungsgrundlage der Aufsichtsbehörden für
die individuelle Kapitalausstattung der Banken ein. Kleiner Trost für die Geldhäuser: Das
Stresstestergebnis wird nicht die Grenzwerte beeinflussen, ab der Banken einem
automatischen Verbot für Dividenden- oder Bonuszahlungen unterliegen.
„Wir erkennen durchaus an, dass eine Kapitalbeschaffung im großen Ausmaß
stattgefunden hat“, räumte Eba-Chef Andrea Enria ein. Immerhin haben Europas Banken
ihre Kapitaldecke seit 2013 um 180 Milliarden Euro gestärkt. Dennoch könne man nicht
in jedem Fall eine gesundheitliche Unbedenklichkeitsbescheinigung ausstellen, denn es
gebe noch einiges zu tun.
So haben deutsche Banken beim Stresstest 2016 abgeschnitten
•
EZB-Bankenstresstest - die Szenarien
Die Europäische Bankenaufsicht (EBA) hat 51 große Banken aus 15
europäischen Ländern unter die Lupe genommen. Sie prüfte mit der Europäischen
Zentralbank eine ganze Reihe von Kennzahlen und testeten wie sich diese in
verschiedenen Szenarien bis 2018 entwickeln dürften.
Zum einen spielte die EBA durch, wie es den Banken gehen wird, falls die
Vorhersagen der Europäischen Kommission zur Konjunktur in den nächsten Jahren
eintreten (Basisszenario). Zum anderen testeten sie die Institute auch im
Szenario einer sehr viel schlechteren wirtschaftlichen Entwicklung (Adverses
Szenario).
So haben die neun geprüften deutschen Banken abgeschnitten:
•
Bayerische Landesbank
Kernkapitalquote (2015): 11,99 %
Kernkapitalquote nach Basisszenario (2018): 12,41 %
•
•
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Kernkapitalquote nach adversem Szenario (2018): 8,34 %
Differenz 2015 vs adv. Szenario 2018 (in Basispunkten): -365
Commerzbank
Kernkapitalquote (2015): 12,13 %
Kernkapitalquote nach Basisszenario (2018): 13,13 %
Kernkapitalquote nach adversem Szenario (2018): 7,42 %
Differenz 2015 vs adv. Szenario 2018 (in Basispunkten): -471
Dekabank
Kernkapitalquote (2015): 13,50 %
Kernkapitalquote nach Basisszenario (2018): 14,17 %
Kernkapitalquote nach adversem Szenario (2018): 9,53 %
Differenz 2015 vs adv. Szenario 2018 (in Basispunkten): -397
Deutsche Bank
Kernkapitalquote (2015): 11,11 %
Kernkapitalquote nach Basisszenario (2018): 12,08 %
Kernkapitalquote nach adversem Szenario (2018): 7,80 %
Differenz 2015 vs adv. Szenario 2018 (in Basispunkten): -332
Landesbank Baden-Württemberg
Kernkapitalquote (2015): 15,98 %
Kernkapitalquote nach Basisszenario (2018): 15,58 %
Kernkapitalquote nach adversem Szenario (2018): 9,40 %
Differenz 2015 vs adv. Szenario 2018 (in Basispunkten): -658
Landesbank Hessen-Thüringen Girozentrale
Kernkapitalquote (2015): 13,11 %
Kernkapitalquote nach Basisszenario (2018): 14,42 %
Kernkapitalquote nach adversem Szenario (2018): 10,10 %
Differenz 2015 vs adv. Szenario 2018 (in Basispunkten): -301
Norddeutsche Landesbank
Kernkapitalquote (2015): 12,09 %
Kernkapitalquote nach Basisszenario (2018): 13,16 %
Kernkapitalquote nach adversem Szenario (2018): 8,62 %
Differenz 2015 vs adv. Szenario 2018 (in Basispunkten): -347
NRW.Bank
Kernkapitalquote (2015): 42,54 %
Kernkapitalquote nach Basisszenario (2018): 39,44 %
Kernkapitalquote nach adversem Szenario (2018): 35,40 %
Differenz 2015 vs adv. Szenario 2018 (in Basispunkten): -714
Volkswagen Financial Services AG
Kernkapitalquote (2015): 11,67 %
Kernkapitalquote nach Basisszenario (2018): 12,90 %
Kernkapitalquote nach adversem Szenario (2018): 9,55 %
Differenz 2015 vs adv. Szenario 2018 (in Basispunkten): -211
Im Vorfeld des Stresstests hatte es vor allem Sorgen über das Abschneiden des
italienischen Bankensektors gegeben. Schließlich schieben die Geldhäuser der
Apenninhalbinsel faule Kredite im Umfang von 333 Milliarden Euro vor sich her, das
entspricht einem Drittel der Problemdarlehen der gesamten Europäischen Union. Es ist
das zweite Mal, dass italienische Banken bei einem Stresstest negativ auffallen. Sieht
man aber einmal von Monte dei Paschi und Unicredit ab, schlugen sich andere italienische
Institute wacker: Banco Popolare und UBI Banca lagen bei neun Prozent oder knapp
darunter, Intesa lag mit 10,2 Prozent sogar über dem europäischen Durchschnitt.
Damit schnitten diese drei italienischen Banken besser ab als die beiden großen
deutschen Geschäftsbanken: Die Commerzbank erreichte im schlimmsten Stressszenario
gerade einmal eine harte Kernkapitalquote von 7,4 Prozent und damit knapp über der
symbolisch wichtigen Sieben-Prozent-Marke. Die Deutsche Bank lag mit 7,8 Prozent
sogar knapp davor. Das ist einigermaßen überraschend, schließlich sind die Rechtsrisiken
und das Kapitalmarktgeschäft der Deutschen Bank, die beide erstmals bei einem
Stresstest eine Rolle spielten, wesentlich größer als bei der Commerzbank.
Andere deutsche Stresstest-Teilnehmer wie etwa die Landesbank Baden-Württemberg,
die Landesbank Hessen-Thüringen, Volkswagen Financial Services oder der
Sparkassendienstleister Dekabank erreichten Werte, die über dem europäischen
Durchschnitt von 9,2 Prozent lagen. Zumindest die Landesbanken profitieren allerdings
auch davon, dass sie zum einen weniger Rechtsrisiken haben als etwa Deutsche Bank
oder Commerzbank, die im vergangenen Jahr wegen umstrittener Iran-Geschäfte eine
hohe Strafe erhalten hatte. Außerdem haben Commerzbank und Deutsche Bank ein
breiter aufgestelltes Geschäftsmodell – und bieten daher bei einem Stresstest auch mehr
Angriffsfläche.
Die irische AIB kam im Stresstestszenario auf eine harte Eigenkapitalquote von 4,3
Prozent. Das dürfte die Hoffnungen der irischen Regierung auf eine baldige
Reprivatisierung der Bank, die im Zuge der Finanzkrise mit Steuergeldern gerettet
wurde, vorerst zunichte machen. Ähnliches gilt für die britische Royal Bank of Scotland
(RBS). Sie kommt zwar auf eine harte Eigenkapitalquote von acht Prozent, verliert aber
im Stresstest mehr als sieben Prozentpunkte. Das ist deutlich mehr als die
durchschnittliche Verschlechterung bei dieser Eba-Prüfung. Auch die britische Großbank
Barclays kann nicht überzeugen. Die harte Eigenkapitalquote verschlechtert sich von 11,4
auf 7,3 Prozent im Stresstestszenario.
Monte dei PaschiEZB genehmigt Rettungsplan für italienische Krisenbank
Die EZB hat den Rettungsplan für die italienische Krisenbank Monte dei Paschi kurz vor
der Veröffentlichung des Stresstests genehmigt. Die Bank plant den Verkauf fauler
Kredite und eine milliardenschwere Kapitalerhöhung. mehr…
Der Stresstests offenbart die Schwäche der europäischen Banken und steht im starken
Gegensatz zu einer ähnlichen Untersuchung in den USA vor einem Monat. Dieser hatte
den Banken auf der anderen Seite des Atlantiks bescheinigt, dass sie widerstandsfähig
und auch im ausreichenden Maße kapitalstark sind. Lediglich zwei Institute, die Deutsche
Bank und die spanische Santander, sind dabei durchgefallen.
Generell stehen die europäischen Stresstests in der Kritik, weil sie stets die
Krisenszenarien der Vergangenheit zu prüfen scheinen. Beispielsweise werden in diesem
Jahr erstmals die Rechtsrisiken berücksichtig – und das zu einem Zeitpunkt, an dem der
Höhepunkt der milliardenschweren Geldstrafen Analysten zufolge bei vielen Instituten
überschritten ist.
Im Gegensatz dazu wurden die gravierenden Folgen der negativen Zinsen in der
Eurozone für die Gewinne nicht in die Szenarien eingebaut, obwohl dies vielen Bankern
derzeit als die größte Bedrohung gilt.
Land Bank
Differenz 2015
nach
Kernkapitalquote nach
vs adv.
adversem
2015 ("fully
Basisszenario
Szenario 2018
Szenario
loaded CET1")
2018
(in
2018
Basispunkten)
AT
Erste Group
Bank AG
12.25%
13.55%
8.02%
-423
AT
Raiffeisen
Landesbanken
Holding GmbH
10.20%
12.33%
6.12%
-408
BE
Belfius Banque
SA
14.65%
17.60%
11.41%
-323
BE
KBC Group NV
14.88%
16.18%
11.27%
-361
DE
Bayerische
Landesbank
11.99%
12.41%
8.34%
-365
DE
Commerzbank
AG
12.13%
13.13%
7.42%
-471
DE
DekaBank Deutsche
Girozentrale
13.50%
14.17%
9.53%
-397
DE
Deutsche Bank
AG
11.11%
12.08%
7.80%
-332
DE
Landesbank
BadenWürttemberg
15.98%
15.58%
9.40%
-658
DE
Landesbank
HessenThüringen
Girozentrale
13.11%
14.42%
10.10%
-301
DE
Norddeutsche
Landesbank
Girozentrale
12.09%
13.16%
8.62%
-347
DE
NRW.BANK
42.54%
39.44%
35.40%
-714
DE
Volkswagen
Financial
Services AG
11.67%
12.90%
9.55%
-211
DK
Danske Bank
15.48%
17.66%
14.02%
-147
DK
Jyske Bank
16.00%
19.84%
13.99%
-201
DK
Nykredit
Realkredit
19.19%
22.03%
13.86%
-533
ES
Banco Bilbao
Vizcaya
Argentaria S.A.
10.27%
12.03%
8.19%
-208
ES
Banco de
Sabadell S.A.
11.72%
12.81%
8.04%
-369
ES
Banco Popular
Español S.A.
10.20%
13.45%
6.62%
-358
ES
Banco
Santander S.A.
10.19%
13.17%
8.20%
-199
ES
BFA Tenedora
de Acciones
S.A.U.
13.74%
14.42%
9.58%
-417
ES
Criteria Caixa,
S.A.U.
9.65%
10.97%
7.81%
-184
FI
OP Financial
Group
19.16%
20.92%
14.61%
-455
FR
BNP Paribas
10.87%
12.09%
8.51%
-236
FR
Groupe BPCE
12.78%
14.36%
9.47%
-331
FR
Groupe Crédit
Mutuel
15.55%
16.62%
13.38%
-216
FR
Groupe Crédit
Agricole
13.68%
14.81%
10.49%
-319
FR
La Banque
Postale
14.51%
14.95%
9.82%
-470
FR
Société
Générale S.A.
10.91%
11.61%
7.50%
-341
HU
OTP Bank Nyrt.
12.94%
14.56%
9.22%
-372
IE
Allied Irish
Banks plc
13.11%
13.90%
4.31%
-880
IE
The Governor
and Company of
11.28%
the Bank of
Ireland
15.03%
6.15%
-513
IT
Banca Monte die
Paschi di Siena 12.07%
S.p.A.
12.24%
?2.44%
-1451
IT
Banco Popolare
- Società
Cooperativa
12.39%
14.61%
9.00%
-339
IT
Intesa Sanpaolo
12.47%
S.p.A.
12.80%
10.21%
-226
IT
Unicredit S.p.A. 10.38%
11.47%
7.10%
-329
IT
Unione Di
Banche Italiane
11.62%
Società Per
Azioni
13.01%
8.85%
-277
NL
ABN Amro
Group N.V.
15.44%
16.20%
9.53%
-591
NL
Coöperatieve
Rabobank U.A.
11.97%
13.33%
8.10%
-387
NL
ING Groep N.V. 12.70%
12.50%
8.98%
-371
NL
N.V. Bank
Nederlands
Gemeenten
26.17%
28.05%
17.62%
-855
NO
DNB Bank Group 14.31%
16.56%
14.30%
-1
PL
Powszechna
Kasa
Oszczędności
Bank Polski SA
13.42%
14.73%
11.44%
-198
SE
Nordea Bank group
16.45%
18.60%
14.09%
-236
SE
Skandinaviska
Enskilda Banken 18.85%
- group
21.55%
16.60%
-225
SE
Svenska
Handelsbanken - 21.25%
group
23.09%
18.55%
-270
SE
Swedbank group
25.08%
27.47%
23.05%
-203
UK
Barclays Plc
11.35%
12.48%
7.30%
-405
UK
HSBC Holdings
11.87%
12.41%
8.76%
-312
UK
Lloyds Banking
Group Plc
13.05%
16.44%
10.14%
-291
UK
The Royal Bank
of Scotland
15.53%
Group Plc
15.89%
8.08%
-745
AT=Österreich, BE=Belgien, DE=Deutschland, DK=Dänemark, ES=Spanien,
FI=Finnland, FR=Frankreich, HU=Ungarn, IE=Irland, IT=Italien,
NL=Niederlande, NO=Norwegen, PL=Polen, SE=Schweden, UK=Großbritannien
Quelle: European Banking Authority
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Verzögerung der Kursdaten: Deutsche Börse 15 Min., Nasdaq und NYSE 20 Min. Keine
Gewähr für die Richtigkeit der Angaben.