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TRAKTOR Restaurierungsbericht RESTAURIERUNG HANOMAG R 16 A, BAUJAHR 1956 6 NEU: H A NOM AG R 1 Tausche Lok gegen Hanomag RE ST AU RI ER UN GS ME HR TE IL ER Folge 1 Nah am Original sollte er sein und trotzdem tauglich für den Straßenverkehr: der Hanomag R 16 A von Udo Wilbert. Das Wichtigste aber war, den kleinen Trecker auf jeden Fall kostengünstig fit zu bekommen er 54-Jährige pensionierte Lokführer aus Eckelsheim in Rheinland-Pfalz wollte in Zukunft auf seinen Pkw verzichten und hauptsächlich mit seinem Traktor unterwegs sein. Doch bis es soweit war, musste erst einiges getan werden. Den passenden Schlepper dazu hatte er schon länger im Auge – den Hanomag R 16 seines ver- D storbenen Onkels. Der fristete schon einige Jahre sein Dasein unter freiem Himmel. Ein Jammer, aber schon bald fasste Udo den Entschluss, ihn zu sich zu holen. Die Zeit im Freien hatte deutliche Spuren hinterlassen: überall Rost, Teile fehlten, der Motor sprang mal an, dann wieder nicht, und die Reifen waren auch alle zerstochen (s. Seite 61). Als Udo den R 16 nun auf einen ande- ren Platz schieben wollte, ließ dieser sich erstaunlicherweise keinen Millimeter von der Stelle bewegen. Oh nein – ein Wasserschaden ... Die Hinterräder waren vollkommen blockiert. Spontan fiel der erste Verdacht auf die Bremsen. Aber die waren es nicht, denn die Räder hatten ein klein wenig Spiel. Auch nach genauester In- spektion – und das in winterlicher Eiseskälte – konnte die Ursache nicht lokalisiert werden. Erst als es wärmer wurde, konnte Udo sich wieder dem Problem widmen und packte sein Werkzeug aus. Doch jetzt ließ sich der Hanomag auf einmal wieder bewegen. Eine dunkle Vorahnung beschlich den ehemaligen Lokführer. Das konnte eigentlich nur bedeuten, dass das Getriebe über Winter aus dem Getriebe. Zurück blieben Ölschmodder und Rost: Flugrost auf den Zahnrädern und ordentlich Rost in den Kugellagern (siehe unten). Udo wurde in dem Moment klar, dass er sich die nächsten Monate mit Demontage und Bestandsanalyse werde beschäftigen müssen. In seinem Beruf als Lokführer hatte er gelernt, Motoren oder Maschinen systematisch zu prüfen und zu kontrollieren. Systematik war auch im Fall ›› Allem Anschein nach ist der Schlepper mit fast abgefallenem Rad gefahren worden eingefroren war und deswegen die Hinterräder bewegungsunfähig waren. Es musste sich eine gehörige Menge Wasser im Getriebe befinden, damit es überhaupt hatte zueisen können. Alles voller Schmodder Da die Ölablassschraube kaum Gebrauchsspuren aufwies, konnte man darauf schließen, dass in der Vergangenheit wohl selten Ölwechsel vorgenommen wurden. Das bewies auch der Inhalt: Nach Entfernen der Schraube liefen etwa sieben bis acht Liter Wasser Hanomag angesagt, denn wenn man schon einmal bis zum Motor und Getriebe vorgedrungen war, wäre es ärgerlich gewesen, hätte man ein wichtiges Detail übersehen. Das viele Wasser im Getriebe war Beweis genug dafür, dass der Traktor längere Zeit im Freien gestanden haben musste. Dass er auch ein Leben als Arbeitstier hinter sich hatte, offenbarten die Einlaufspuren am Gasgestänge (Seite 62 oben links) und diverse Verschleißspuren an der Vorderachse (Seite 62). Außerdem wies der Kugelkopf vom Schräglenker deutlich Spiel auf, und der Schmiernippel war wohl selten genutzt worden. Am linken Rad war der Achsschenkel stark ausgeschlagen. Kein Wunder, denn dort wirkten ja auch die Lenkkräfte des rechten Rades und belasteten diese Seite somit doppelt. Bis zum Abfallen Eine komische Sache entdeckte der Bastler während seines Checks am vorderen Radlager: Obwohl daran offensichtlich schon einmal gefeilt worden war, wies das Lager starke Riefen und Schleifspuren auf. Allem Anschein nach ist der Schlepper mit fast abgefallenem Rad gefahren worden, was leider nicht ohne Folgen für das Rollenlager blieb. Dessen innerer Ring hatte sich nämlich schon auf der Achse gedreht. Ein neues Lager half da nichts mehr, denn der Achsschenkel war in dem Zustand eigentlich ein Kandidat für den Schrottplatz. Merkwürdigerweise befanden sich Gummiteile an der Vorderachse, die laut Ersatzteilliste gar nicht dorthin gehörten – also, raus damit. Für den entstandenen Zwischenraum (Seite 64 oben) konnte sich Udo auf einer großen Rund 14.000 Stück wurden gebaut, und Udo Wilbert hat einen davon gerettet: Hanomag R 16 OBEN Das vordere Lager vom Mähbalkenantrieb war mit Rost überzogen UNTEN Als der Deckel vom hinteren Lager des Mähbalkenantriebs entfernt wurde, lief zuerst einmal der Schmodder raus OBEN Blick ins geflutete Getriebe: Die Schaltkulisse ist bereits ausgebaut LINKS Als der R 16 zu Udo kam, stand er schon auf neuen Rädern, doch der Motor wollte nicht anspringen 60 traktorclassic.de 6|2010 61 TRAKTOR Restaurierungsbericht Das Ergebnis von 50 Jahren Vibrationen am Gasgestänge Vorderachse mit Blattfeder: Das sah nach viel Arbeit aus Der Kugelbolzen vom Schräglenker (Achslenker), heißt laut Ersatzteilliste Vorderachsstrebe Der verrostete Kühlerträger Hier kann man die flach geschliffenen Rollen und die Laufspuren auf der Achse erkennen Bei Bosch wurde die Einspritzpumpe überholt OBEN Diese „Laufspuren“ im oberen Bereich der Zylinder sind für einen 54 Jahre alten Motor typisch. Vermutlich stammen sie vom langen Laufenlassen OBEN Das Auslassventil war stark verkrustet und an einer Stelle durchgebrannt. Vermutlich war das der Grund dafür, dass der Hanomag beim Onkel so schlecht ansprang Ein Konstruktionsfehler? Der „Gleitbolzen“ verfügt zwar über einen Schmiernippel, doch dahinter ist ein Blindloch. Also kommt kein Fett unter die Feder. Diese eingelaufene Feder ist das Ergebnis T E C H N I S C H E DAT E N Hanomag R 16 A Baujahr Motor Verfahren Kühlung Hubraum (cm3) Leistung (PS) Nenndrehzahl (U/min) Bohrung (mm) Hub (mm) Verdichtung Kupplung Getriebe v/r Höchstgeschw. (km/h) Lenkung Anlasser Batterie Länge (mm) Breite (mm) Höhe bis Lenkrad (mm) Spurweite v/h Radstand (mm) Leergewicht (kg) Zul. Ges.-Gewicht (kg) zul. Achsdruck (kg) Reifen vorne Reifen hinten 62 1956 D14S ZweizylinderViertakt-Diesel, Vorkammersystem Wasser 1.400 16 1.600 90 110 1:22 EinscheibenTrockenkupplung 5/1 19 ZF-Ross 1,8 PS Leistung 2 V 70 Ah 2.680 1.470 1.590 1.250/1.375 1.600 1.230 1.550 600 (vorne), 950 (hinten) 4.50-16 8,3x32 Drehbank zwei passgenaue Messingringe anfertigen – das sah viel besser aus und war noch dazu näher am Original. Eine der typischen Schwachstellen des R 16 ist der nach oben offene Auspuff. Längere Zeit und ohne Abdeckung im Freien läuft das Rohr bei Regen voll mit Wasser. Dieses steht dann dauerhaft auf den Auslassventilen, was zur Rostbildung und später zu Undichtigkeiten am Ventilsitz führen kann. Auspuff-Fontäne Beim ersten geglückten Anziehen des Motors spritzte Udo eine regelrechte Wasserfontäne aus besagtem Auspuffrohr entgegen. Von der Methode, unten OBEN Frisch geschliffener Zylinderkopf mit neuen Auslassventilen LINKS Die Verzahnung an der Kupplung war so stark abgenutzt, dass sie nicht optimal auf der Getriebewelle saß. Das hatte ein äußerst ruppiges Fahrverhalten zur Folge Rohr sammeln, es sei denn, man montierte eine passende Abdeckung auf das Rohr oder ließe den Schlepper einfach nie im Freien stehen. Weiteres Opfer eines Regenwasserstaus ist oftmals auch der Kühlerträger, der beispielsweise bei Udos Hanomag total verrostet war (oben rechts). verdreht aufmontiert. Noch heute kann es der 54-Jährige nicht fassen: „Das ist eigentlich gar nicht möglich, dieses Zahnrad falsch einzubauen, so etwas bekommt man nur mit äußerster Gewalt Behämmerte Einspritzpumpe So viel zu den Äußerlichkeiten. Nach der Geschichte mit dem eingefrorenen Getriebe war klar, dass es mit einer oberflächlichen Inspektion nicht getan sein würde. Als erste große Aktion im Innern stand die Kontrolle der Einspritzpumpe bevor: Waren alle Düsen ›› Es ist eigentlich nicht möglich, das Einspritzpumpenzahnrad falsch aufzumontieren – und doch war es so in den Krümmer ein Loch zu bohren, um das Wasser abfließen zu lassen, hält Udo nichts. Für ihn war das noch nie eine ernstzunehmende Alternative. Der Auspuff würde seiner Meinung nach dadurch nur lauter werden, und durch das kleine Loch würde sowieso nicht alles Wasser abgeleitet werden können. So oder so würde sich Wasser in dem hin“. Doch unabhängig davon hätte die Einspritzpumpe schon alleine wegen der defekten Lager überholt werden müssen, die dafür verantwortlich waren, dass weder Einspritzmenge noch Einspritzzeit stimmten. Das Überholen der Pumpe inklusive Düsentest übernahm die Firma Bosch, was Udo 500 Euro kostete. Ganz schön bitter für den Frührentner, wollte er doch die Restaurierung so kostengünstig wie möglich vornehmen. Punkt zwei auf der Kontrollliste war der Motor. Aus Erzählungen war bekannt, dass der Schlepper immer schlecht angesprungen war. Natürlich muss da ein Blick auf die Zylinder geworfen werden: Nach Demontage des Zylinderkopfes kamen verschlissene Ventile und Laufbuchsen zum Vorschein (oben). Jetzt war auch noch eine Generalsanierung des Motors angesagt. Mehr dazu später. Die Kupplung Wenn man, wie unser Hobbyrestaurator, einen Oldtimer-Traktor intensiv nutzen und mit ihm größere Strecken zurücklegen möchte, gehört die Kontrolle der Kupplung zum Pflichtprogramm – zumal Motor und Getriebe ohnehin zerlegt werden sollten. In Udos Fall hatte die Kupplung erhebliche funktionstüchtig und die Einspritzzeiten korrekt eingestellt? Bei offener Abdeckung wurde der Blick frei auf das Zahnrad, das die Einspritzpumpe antreibt. Unglaublich – es war übersät mit Hammerspuren. Beim zweiten Hinsehen wusste Udo auch, warum da jemand wie wild gehämmert haben musste, denn das Zahnrad war um 180 Grad Der R 16 erschien 1950 und erweiterte Hanomags Produktpalette nach unten traktorclassic.de 6|2010 63 TRAKTOR Restaurierungsbericht LINKS Mit dieser Notlösung konnte vermieden werden, dass sich die Stehbolzen beim Hochheben verbiegen UNTEN Eine Kiste voll mit Motor- teilen – das Puzzle konnte beginnen OBEN Die sogenannten Anlaufscheiben, die zwischen Lenkhebel und Achsschenkel gehören, wurden neu angefertigt LINKS Auch im Zylinderkopf hatte sich Schmodder breitgemacht RECHTS Mit dem Flaschenzug Marke Eigenbau wurde der Motor hochgehoben Mängel: Die Beläge waren bis auf die Nieten runter und die Verzahnung hatte locker zwei Millimeter ihrer Stärke eingebüßt (Seite 63 unten). Normalerweise gehört zu einer vollständigen Bestandsaufnahme auch ein Traktor-Check bei laufendem Motor und im Idealfall bei einer Probefahrt. Dummerweise war beides in Udos Fall nicht möglich. So konnte er weder die Funktionstüchtigkeit der Bremsen prüfen, noch den Geradeaus-Lauf des Fahrzeugs und den Auspuffqualm kontrollieren oder aus etwaigen Getriebegeräuschen irgendwelche Rückschlüsse ziehen. Wäre dabei beispielsweise weißer Qualm aus dem Öleinfüllstutzen gekommen, hätte man davon ausgehen können, dass die Kolbenringe defekt sind. Solche und ähnliche Kriterien zur Bestimmung des Funktionszustands waren dem Rheinhessen verwährt. Es blieb ihm also nichts anderes übrig, als sich Schritt für Schritt dem Innenleben Hat bei der Restaurierung viel gelernt: Udo Wilbert 64 Der schwierigste Teil war geschafft: Die Burgmanndichtung passte endlich und die seitlichen Dichtschläuche saßen auch gut seines neuen Gefährtes zu widmen und den Problemen per Demontage auf den Grund zu gehen. Motorpuzzle Nach anfänglichem Zögern entschloss sich Udo für eine Komplettzerlegung des Motors. Es waren einfach zu viele Verschleißspuren an verschiedenen Stellen sichtbar. So zeigten, wie bereits erwähnt, die Laufbuchsen deutliche Al- schrauben am Zylinderkopf abmontiert werden. Drei davon ließen sich ohne weiteres lösen, die übrigen zwei hatten anscheinend jahrelang im Wasser gestanden und waren festgerostet (Seite 65 rechts). Da ging absolut gar nichts. Um zu verhindern, dass sich die Schrauben beim Hochheben des Motors verbiegen, hat sich der kreative Bastler mit einem Wasserrohr beholfen, das er auf 10,5 Zentimeter kürzte und damit ›› Die Laufbuchsen zeigten deutliche Alterserscheinungen und die Kolben mussten getauscht werden terserscheinungen. Kolben und Ventile hatten auch gehörig etwas abbekommen: Die Kolben waren fertig und mussten gegen neue getauscht werden, die Auslassventile waren nicht mehr zu gebrauchen (Seite 63 oben), das Einlassventil war gerade noch so gut, dass man es noch einmal einschleifen konnte, und die Pleuellagerschalen mussten konsequenterweise auch erneuert werden. Um an die Kurbelwelle heranzukommen, mussten die Stehbolzen- traktorclassic.de 6|2010 die Tragehalter seines selbstgebauten Flaschenzugs auf den Block schrauben konnte (Seite 64 Mitte). Udo verstand zwar etwas von Dieselmotoren, doch alleine den Motor seines Hanomag auseinanderzunehmen war ihm dann doch eine Nummer zu groß. Er brachte den Motor zu einer Instandsetzungsfirma in Mainz, die den ganzen Komplex erst einmal komplett zerlegte. Udo bekam einen Kostenvoranschlag über 3.500 Euro für die Repa- ratur. Das war eindeutig zu viel Geld, und so schleppte er die ganzen Einzelteile, verteilt auf drei randvoll gefüllte Kartons, wieder zu sich nach Hause. Bezahlen musste er am Ende nur die Demontage und die Ersatzteile. Immerhin waren die Teile jetzt einmal gereinigt und fix und fertig für den Zusammenbau vorbereitet. Ein wenig mulmig wurde es dem Hobbyschrauber trotzdem, als er inmitten der Kisten auf die unzähligen Einzelteile blickte und sich fragte, ob er das alles je wieder richtig zusammenbekommen würde. Hinzu kam, dass nicht einmal er selbst den Motor demontiert hatte und somit nicht aus der Erinnerung heraus hätte „puzzlen“ können. Mit Ewalds Hilfe Zum Glück bekam er Unterstützung von seinem Bekannten Ewald, einem Motorenkenner, der mit professionellem Rat und reichlich Tat zur Seite stand. Ohne ihn hätte Udo beispielsweise erst sehr viel später herausgefunden, dass man ihm versehentlich falsche Lagerschalen zurückgegeben hatte. Udo 65 Restaurierungsbericht erinnert sich: „Wir bauten die Kurbelwelle ein, montierten das Pleuel vom zweiten Zylinder, dann das Pleuel vom ersten Zylinder, und der Motor drehte sich auf einmal nicht mehr. Schon beim Zusammenschrauben meinte Ewald, dass da etwas nicht stimmen könne. Wir haben stundenlang nach dem Fehler gesucht, doch alles war auf dem richtigen Platz und richtig eingebaut. Immer dann, wenn wir den ersten Zylinder festgezogen hatten, rührte sich der Motor nicht mehr. Dann begannen wir, mit der Schieblehre die Teile auszumessen. Und siehe da, es stellte sich tatsächlich bei einer Lagerschale eine minimale Differenz heraus. Da hatten die mir doch drei Lagerschalen in Normalmaß geschickt und eine in Übermaß. Nachdem ich dann die richtige Lagerschale bekommen und diese eingebaut hatte, lief alles wieder wie am Schnürchen.“ Als nervenzehrender Höhepunkt kristallisierte sich die sogenannte „Burgmanndichtung“ (TC 1/2010, Seite 19), die der hinteren Kurbelwellenab- dichtung dient, heraus. Die kann nur gewechselt werden, wenn der Motor zerlegt ist. Gottlob war das beim R 16 ja noch der Fall. Ärger gab es trotzdem: Burgmann-Ärger Im käuflich erworbenen Motor-Dichtungssatz waren drei verschiedene Dichtungen beigelegt, aber nicht eine passte in die vorgesehene Nut! Die war 5,8 Millimeter breit und sieben tief. Da Bei Theopold-Parts, einem InternetHändler, hatte das Restaurations-Duo schließlich Glück und bekam endlich die richtige Dichtung geliefert. Dem Spaltfilter widmete Udo besondere Aufmerksamkeit (s. Bild unten): Zum einen wollte er zukünftig weiter mit Einbereichsöl fahren, zum anderen war es eine Kostenfrage, dieses Teil gegen einen teuren Umbausatz, also einen modernen Ölfilter, zu tauschen. Und in ›› Es musste Jahre her sein, dass sich der Spaltfilter das letzte Mal gedreht hat. Er war wie festbetoniert durfte die Dichtung nur maximal sechs Millimeter breit sein. Die gelieferten Standard-Dichtungen hatten jedoch alle ein anderes Maß. Über eine Nachbestellung kam kurioserweise noch eine weitere falsche Dichtung hinzu. Auf diverse Aussagen von „Spezialisten“, wonach man eine Dichtung flachklopfen könne, damit sie passte, wollte man sich dann doch nicht stützen und versuchte es ein drittes Mal. LINKS Nach Jahren der Inaktivität war der Öl-Spaltfilter völlig verkrustet und fest den alten Motor mit Spaltfilter modernes 15w40-Mehrbereichsöl hineinzukippen, geht ja gar nicht, außer man hat Lust auf einen Austauschmotor: die sehr wirksamen Additive des modernen Öls würden im Handumdrehen die teils erheblichen (aber nicht störenden) Schmutz-Ablagerungen im Motor lösen und den Ölkreislauf ungünstigenfalls an anderer Stelle verstopfen. Auch wenn Udo den Motor bei seiner Demon- Fotos: D. Trauthwein, U. Wilbert TRAKTOR tage schon gut gereinigt hatte: Der Spaltfilter kann die feinen Partikel, die von einem modernen Öl in Schwebe gehalten werden, nicht filtern, daher würde das Öl sehr schnell verschmutzen. Also: nur klassisches Motoröl und Spaltfilter arbeiten gut zusammen. Das Öl lässt die kleinen Schmutzpartikel absinken, sie lagern sich ab. Der Spaltfilter filtert nur das gröbste heraus. Ein Nachteil ist jedoch der höhere Wartungsaufwand – häufigerer Ölwechsel, Motorspülung und Demontage der Ölwanne zum Reinigen sind dann angesagt. Bei der Bestandsaufnahme stellte der Restaurator fest, dass die „Ratsche“, die den Filter eigentlich bei jeder Kupplungsbetätigung Stück für Stück drehen soll, wie festbetoniert war. Fest wie Beton Es musste Jahre her sein, in denen sich der Filter das letzte Mal gedreht hatte. Eine neue Ratsche hätte 39 Euro gekostet. Auf dem Gebrauchtmarkt wurden auch komplette Filter für etwa 130 Euro angeboten. Doch unnötig Geld ausgeben ist Udos Sache nicht, und daher versuchte er zunächst, den Filter zu retten. Also legte er ihn eine Nacht lang ins Benzinbad, mit der Hoffnung, der Schmutz würde sich lösen. An einer Stelle, wo die Metallscheiben oxidiert waren, war die Verkrustung allerdings zu stark. Da half nur noch Schleifpapier. So musste der Filter mit seinen unzähligen Schichten von Abstreifern auseinandermontiert werden. Fleißarbeit Die Abstreifer bestehen aus sehr dünnem Metall und verbiegen sich sehr leicht (Seite 66). Mit Gewalt konnte man da gar nichts ausrichten. Ein Knick in einer der dünnen Scheiben hätte gereicht, um den Filter unbrauchbar zu machen. Mit 400er-Schleifpapier und viel Geduld konnte Udo die Verkrustungen und Oxidationen an den einzelnen Ringen entfernen. Es war die reinste Fummelei, die einzelnen Lagen wieder aufeinander zu bringen. Teilweise musste mit der Pinzette gearbeitet werden. Immer wieder hüpften die Schei- ben von der Welle. Zwei Hände waren für diese Arbeit definitiv zu wenig. Mit der Klemme mussten die Schichten niedergedrückt werden, damit man Schicht für Schicht auflegen und schließlich den Deckel zuschrauben konnte. In der Ratsche selbst hatte das Wasser ebenfalls ganze Arbeit geleistet. Die beiden Mitnehmer waren völlig fest. Da diese schräg saßen, musste man beim Rausziehen sehr vorsichtig sein, weil sich darunter jeweils eine Feder mit drei Millimetern Stärke befand. Wenn man da – wie Udo – mangels Erfahrung hart anpackte, konnte es passieren, dass man eine Feder lang zog und verbog oder dass sie sogar aus Versehen weg „witschte“. Nachdem die Ratsche entrostet war und zwei neue Federn bekommen hatte, wurde sie verzinkt. Das Ergebnis war zufriedenstellend: Der Filter ließ sich wieder drehen. Daniela Trauthwein LESEN SIE IN DER NÄCHSTEN FOLGE: – Zähneknirschen im Getriebe – Original, aber günstig Ein Klassiker des Traktorenbaus wartet hier noch auf seine Haube und diverse andere Aufbauten RECHTS Jede Lage des Spaltfilters besteht aus drei Teilen, die Udo als Ring, Stern und Abstreifer bezeichnet LINKS In mühevoller Kleinarbeit wurde Lage für Lage gereinigt RECHTS Die verrostete Ratsche war der Grund dafür, dass sich der Filter nicht mehr drehen konnte 66 traktorclassic.de 6|2010 67