Lehrheft 25

Transcrição

Lehrheft 25
F e r n l e h rg a n g
Baubiologie
25
Der Baubiologe
in der Praxis
Zur Volltextsuche
Prof. Dr. Anton Schneider
Wolfgang Maes, Sachverständiger für Baubiologie, Journalist
Prof. Dr. Volker Zahn, Umweltmediziner und Arzt
Reinhard Doser, Unternehmer und Handwerksmeister
Karlheinz Müller, Unternehmensberater, Dipl.-Holztechniker, Fa. Baufritz
Heinz Steinmeyer, Dipl.-Holztechniker, Naturfarbenhersteller u.a.
Dr. Hans Löffland, Ingenieurbüro für Bauökologie
Winfried Schneider, Architekt
Institut für Baubiologie + Oekologie, 83115 Neubeuern
Inhalt Heft 25
Der Baubiologe in der Praxis
1.
Vorwort
3
2.
Der Baubiologe in der Praxis – Prof. Dr. Anton Schneider
4
3.
Was machst Du da als Baubiologe?
20
Wolfgang Maes, Sachverständiger für Baubiologie und Journalist
4.
Beziehung der Baubiologie zu den Heilberufen
42
Prof. Dr. Volker Zahn, Umweltmediziner und Arzt
5.
Der baubiologische Unternehmer
61
Reinhard Doser, Unternehmer und Handwerksmeister
6.
Der baubiologische Unternehmensberater
65
Karlheinz Müller, Dipl.-Holztechniker, Fa. Baufritz
7.
Der baubiologische Handwerker
71
Heinz Steinmeyer, Dipl.-Holztechniker, Naturfarbenhersteller,
Schreiner u.a.
8.
Der baubiologische Ingenieur
81
Dr. Hans Löfflad, Ingenieurbüro für Bauökologie
9.
Der baubiologische Architekt
85
Winfried Schneider, Architekt, Mitarbeiter des IBN
Anmerkung:
Alle Autoren haben die Zusatzqualifikation zum "Baubiologen IBN" erworben
10.
Weiterbildung "Baubiologische Messtechnik IBN"
97
11.
Gründung einer "Beratungsstelle für Baubiologie IBN"
98
Anhang:
• Fragebogen "Baubiologische Hausuntersuchungen"
• Baubiologischer Gebäudecheck
C
Copyright IBN - Neubeuern 5/2005
101
106
Der Baubiologe in der Praxis
Kap. 1
25
1. Vorwort
A
m Ende des Fernlehrgangs möchten wir zunächst allen gratulieren,
die den nicht immer einfachen und umfangreichen Lehrgangsinhalt
durchgearbeitet haben. Möge Ihnen allen die Baubiologie eine Bereicherung und Orientierung für Ihre berufliche wie private Zukunft sein.
Ganz besonders bedanken wir uns bei den mitwirkenden Autorinnen und
Autoren und sonstigen Mitarbeitern des Fernlehrgangs für ihre wichtigen
und sinnvollen Beiträge.
Dieses abschließende Lehrheft soll die Situation verschiedener baubiologisch orientierter Berufsgruppen darstellen, die Möglichkeiten und
Notwendigkeiten einer vernetzten, solidarischen Zusammenarbeit beschreiben und das Verständnis füreinander fördern.
Den Studierenden werden Perspektiven aufgezeigt, wie man die Baubiologie in seine Arbeit integrieren, seine Existenz sichern bzw. sich
beruflich umorientieren kann. Zu diesem Zweck haben wir die Autoren
dieses Lehrheftes gebeten, zu folgenden Aspekten Stellung zu nehmen:
•
Persönliche baubiologische Entwicklung und Stellenwert der
Baubiologie im Beruf wie im Privatleben,
•
Berufsalltag – auch über den Tellerrand des rein baubiologischen
Fachwissens hinaus,
•
Beziehung zu Vertretern anderer (baubiologisch orientierter)
Berufsgruppen sowie zu Bauherren bzw. Kunden,
•
Wege zu einer sinnvollen interdisziplinären Zusammenarbeit
und Kooperation.
Alle Autoren dieses Lehrheftes sind wichtige Wegbegleiter der Baubiologie.
Vorerst werden sich nicht alle baubiologisch orientierten Berufsgruppen
in dieser Aufzählung wiederfinden. Im Rahmen der Aktualisierung und
Ergänzung des Fernlehrgangs werden deshalb weitere Beiträge folgen.
IBN
3
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Vo r s t e l l u n g d e s
Autors s. Rubrik
Der Baubiologe in der Praxis
Kap. 2
2. Der Baubiologe in
der Praxis – Prof. Dr. Anton Schneider
“ A u t o re n ” a m A n f a n g
d e s F e r n l e h rg a n g s
“Ich schlief und träumte, das Leben sei Pflicht.
Ich erwachte und sah, die Pflicht war Freude.”
Tagore
Grundsätzliche Gedanken
Bauen und Wohnen sind lebensnotwendig; sie gehören, wie Nahrung
und Kleidung zu den Grundbedürfnissen des Lebens. Jeder Mensch lebt
in einer Behausung und ursprünglich (teilweise noch heute) bauten sich
die Bewohner ihre Häuser eigenhändig, wie im Tierreich. Zum einzelnen Haus gehört auch die nähere und weitere Wohnumwelt, der soziale
Aspekt des Wohnens, die Lebensgemeinschaft – nicht nur mit den
Nachbarn, sondern auch die Kooperation mit der Natur, mit der lokalen
Umwelt. Auch Versorgung (materiell und sozial) und Entsorgung sowie
Arbeit, Bildung und Erholung sind Bestandteile dieser Kooperation.
Aus dieser Betrachtung wurde die Definition für den neuen Fachbereich
formuliert:
"Baubiologie ist die Lehre von den ganzheitlichen Beziehungen
zwischen den Bewohnern und ihrer Wohnumwelt."
Daraus ergeben sich die lebenswichtigen, sinnvollen und umfassenden
Anmerkung:
Selbstverständlich
ist damit stets auch
die feminine Form
Baubiologin gemeint
Aufgaben des Baubiologen, der ein Idealberuf sein kann, wie kaum ein
anderer. Laut Schätzung fallen nur ein Drittel aller Berufe unter diese
Kategorie, während ein Drittel aller Berufstätigen weitgehend entbehrliche bzw. unnötige und ein weiteres Drittel schädliche Aufgaben leisten.
Eigentlich passt der Beruf Baubiologe nicht in die moderne berufliche
Entwicklung einer übertriebenen Arbeitsteilung und Spezialisierung, die
nur unter rein wirtschaftlichen Prinzipien zu rechtfertigen ist.
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IBN
Der Baubiologe in der Praxis
Kap. 2
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Vom Standpunkt einer Baufamilie aus betrachtet, besteht in zunehmendem Maße die Notwendigkeit und der Wunsch nach einem Bauberuf
mit Vermittler-Funktion; denn wer baut, ist zahlreichen Spezialisten
1 . A rg u m e n t f ü r d e n
“Baubiologen IBN”
ausgeliefert und deshalb fachlich überfordert.
Der Baubiologe soll diese Lücke schließen. Aber ist er nicht auch überfordert? Von ihm wird in erster Linie ein guter praxisnaher Gesamtüberblick über alle baulichen Tätigkeiten erwartet, der laufend aktualisiert
werden sollte. Freilich muss er dabei "Mut zur Lücke" haben. Ein Baubiologe als Bauleiter braucht nicht alles selbst zu wissen und zu tun;
ähnlich wie der Dirigent eines Orchesters, der gewöhnlich auch nicht
alle Instrumente selber spielen kann.
Der Baubiologe ist ganzheitlich und interdisziplinär (fachübergreifend)
orientiert. Er soll beim Bauen und Sanieren seine besondere Gabe zur
Kooperation von Spezialisten einerseits und seiner Auftraggeber andererseits wahrnehmen. Dazu gehören neben fachlichem Können auch ein
hohes Maß an Persönlichkeitsbildung, wie Verantwortung, Ehrlichkeit
und Hilfsbereitschaft, um als Anwalt des Bauherrn dessen Interessen
optimal vertreten zu können. Experten soll er nur nach Bedarf heran-
“Fachleute, die von
ziehen und ihre Arbeit überwachen. Diese sind wegen ihrer fachlichen
immer weniger immer
Schmalspurigkeit oft befangen und blind für ganzheitliche Zusammenhänge, häufig sind sie auch auftrags- bzw. interessenpflichtig.
mehr wissen, bis sie
von nichts alles wissen”
Außer den baulichen Fragen soll der Baubiologe auch die gesundheitlichen, ökologischen, ökonomischen und sozialen Ansprüche berücksichtigen.
"Edel sei der Mensch, hilfreich und gut."
Goethe
Am Einsatz talentierter Baubiologen wird es künftig liegen, inwieweit die
gesundheitsschädliche Bausubstanz richtig saniert wird und ob es gelingt,
eine zukunftsweisende Bau- und Siedlungskultur mit öko-sozialer und
humaner Orientierung aufzubauen.
IBN
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Kap. 2
Der Baubiologe in der Praxis
Historische Entwicklung
Die baubiologische Bewegung begann – aus der Not geboren – in den
60er Jahren. Die Motive ihrer Entstehung sind analog denen der Naturund Umweltschutzbewegung, der Reformhaus- und Naturkostläden, des
biologischen Land- und Gartenbaus usw. Grundsätzlich ist es eine von
der Gesamtbevölkerung ausgehende Besinnung auf ein naturgemäßes,
gesundes, ökologisch orientiertes Leben. Und dies vorwiegend als Folge
zunehmender Zivilisationskrankheiten, der Abkehr des Menschen von
der Natur sowie sozialer Missstände. Man erkennt als tiefere Ursache des
Dilemmas, dass der Mensch als Teil der Natur nur in Harmonie mit den
Naturgesetzen geistig, seelisch und körperlich gesund bleiben bzw. werden kann.
Das künstliche Leben – inmitten synthetischer Stoffe als Fremdkörper
in der Natur – bringt Unordnung und Krankheit mit sich.
Die baubiologische Bewegung strebt nach der ursprünglichen Einheit
von Mensch – Natur – Architektur.
Die eigentliche Ursache der Umkehr lag und liegt somit in der tiefen
Einsicht, dass die als falsch und zerstörerisch erkannten Irrwege unserer
materialistischen Massengesellschaft verlassen werden müssen, um neue,
oft einsame Wege zu gehen. Dazu gehört Mut, Verantwortung und
Durchhaltevermögen.
An theoretischen Erkenntnissen und praktischen Erfahrungen mangelte
es anfangs, nicht nur in der Öffentlichkeit, sondern ebenso bei den
zuständigen “alten” Berufen (Architekten, Bauingenieure, Bauhandwer2 . A rg u m e n t f ü r d e n
“Baubiologen IBN”
ker, Soziologen, Arzt, Heilpraktiker usw.). Von ihrer Ausbildung her
waren und sind diese auf die neue, mehr oder weniger chaotische, einseitig und materialistisch auf Gewinn ausgerichtete Situation nicht vorbereitet. Gerade bei ihnen verhindert häufig der Berufsstolz (die Arroganz
des Fachmanns) das notwendige Umdenken.
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IBN
Der Baubiologe in der Praxis
Kap. 2
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Man muss diese Zusammenhänge verstehen, um zu erkennen, dass
Baubiologie primär eine Laienbewegung ist und dass der neue Beruf
Baubiologe auch von daher seine Existenzberechtigung hat und grundsätzlich nicht an einen bestehenden Beruf – am naheliegendsten wäre
Architektur – gebunden werden sollte. Dies vor allem so lange nicht,
3 . A rg u m e n t f ü r d e n
“Baubiologen IBN”
als das Fachgebiet Baubiologie nicht umfassend an den einschlägigen
Lehranstalten gelehrt wird. Und daran mangelt es noch weitgehend.
An immer mehr Hochschulen werden gewisse ökologische Einflüsse des
Bauens in vorhandenen Studiengängen gelehrt. Eine an sich erfreuliche
Entwicklung, doch nur unter der Voraussetzung, dass diese Lehre dem
ganzheitlichen, objektiven Anspruch wirklich gerecht wird. Und diesbezüglich bestehen erhebliche Zweifel, zumal in der heutigen "Phase der
Integration" der Baubiologie, in der sie nicht mehr wie jahrzehntelang
ignoriert und/oder bekämpft wird, sondern anerkannt ist, aber auch
vermarktet wird. Dies ist eine gefährliche Situation, die viel Aufmerksamkeit, Konsequenz und Verantwortung seitens aller auf dem baubiologischen Sektor Tätigen erfordert.
Experten allein können die besonderen Aufgaben der Baubiologie nicht
erfüllen. Dazu sind in erster Linie berufene, qualifizierte, kreative Menschen mit einem ökosozialen Bewusstsein nötig.
4 . A rg u m e n t f ü r d e n
“Baubiologen IBN”
In der Öffentlichkeit traten als erste Baubiologen in den 60er Jahren
besonders Dr. med. Hubert Palm und Prof. Hinrich Bielenberg (Tierarzt)
auf. Dr. Palm als Arzt wurde bekannt durch zahlreiche Vorträge sowie
durch sein Buch "Das gesunde Haus". Prof. Bielenberg hat als Wissenschaftler (Uni Braunschweig) in Tierversuchen den Nachweis erbracht,
dass Gesundheit und Leistung von Haustieren, die in mit Naturbaustoffen gebauten Ställen gehalten werden, wesentlich besser sind als wenn
sie in Ställen aus synthetischen Materialien leben.
IBN
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Kap. 2
Der Baubiologe in der Praxis
Im "Forschungskreis Geobiologie" unter Dr. med. Ernst Hartmann
befasste man sich auch mit den Standortproblemen und dem Einfluss
von Gebäuden auf Gesundheit und Wohlbefinden des Menschen.
Als Mitglied dieser Gesellschaft wurde ich mit der Bildung der "Arbeitsgemeinschaft Gesundes Bauen und Wohnen" (AGBW) 1968 beauftragt.
Diese Arbeitsgemeinschaft ist die Vorläuferin des 1973 von mir gegründeten und geleiteten ersten "Institut für Baubiologie" (anfangs in Stephanskirchen, dann in Rosenheim).
Hauptgrund der damit verbundenen Trennung von der AGBW war eine
zu starke Identifizierung der Baubiologie mit Geobiologie und Radiästhesie. Hinzu kamen in zunehmendem Maße spezielle Anforderungen auf
baubiologischem Gebiet. Das Image der Radiästhesie war in der Öffentlichkeit schlecht; nicht reproduzierbare Mutungsergebnisse in durch die
AGBW durchgeführten Versuchsreihen konnten dieses Negativimage
nicht aufwerten. Damit durfte die Baubiologie nicht vorbelastet ihren
ohnehin schwierigen Weg antreten. Wissenschaftlich wird man sich in
Starke Beeinflussung
des Denkens, Fühlens,
Wo l l e n s o d e r H a n delns eines Menschen
unter Umgehung der
rationalen Persönlichkeitsanteile.
Täuschung.
D i e n i c h t e r f ü l l b a re
Wu n s c h v o r s t e l l u n g
oder Erwartung, die
s u b j e k t i v a l s re a l i s i e r b a r e r l e b t w i rd
der Baubiologie aber weiter mit radiästhetischen Fragen befassen.
Das gleiche gilt heute übrigens auch für Geomantie und Feng-Shui, zwei
umstrittene Lehren, die weitgehend noch nicht wissenschaftlich fundiert
sind, sondern mehr oder weniger auf Erfahrungswerten, Suggestion und
Illusion beruhen. Mit gesundem Menschenverstand lassen sich deren
Ratschläge teilweise auch gewinnen. In die Baubiologie sollten diese Einflüsse vorerst nicht integriert werden. Nur auf wissenschaftlicher Basis
hat die Baubiologie eine Chance, anerkannt und ihren besonderen
Aufgaben gerecht zu werden.
Selbstverständlich kann sich jeder außerhalb der Baubiologie mit den
oben genannten Lehren beschäftigen und seine Erfahrungen machen.
Auch wenn wissenschaftlich nachvollziehbare Ergebnisse noch fehlen,
fördert die kritische Auseinandersetzung damit den sensiblen Umgang
mit unserer Umwelt.
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Der Baubiologe in der Praxis
Kap. 2
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Erwähnenswert ist an dieser Stelle, dass es mir 1972 erstmals weltweit
gelang, an der Fachhochschule Rosenheim einen Lehrauftrag für Baubiologie zu erhalten (im Fachbereich Holztechnik, später auch bei den
Innenarchitekten). Die Zustimmung des bayerischen Kultusministeriums
war vor allem auf das besondere Interesse an diesem neuen Fach und das
Engagement der Studenten zurückzuführen (die Kollegen verhielten sich
weitgehend ablehnend). Baubiologie wurde zunächst als Wahlfach, später
als Wahlpflichtfach bis 1982 an der FH Rosenheim angeboten.
In der Geschichte der Baubiologie war dies sicherlich ein Durchbruch,
der immer mehr Nachahmung und damit auch eine öffentliche Anerkennung der Baubiologie finden wird. Schließlich war dieser Lehrauftrag
an der FHR auch die Voraussetzung für den Fernlehrgang Baubiologie.
Ohne die umfangreichen, zeitaufwändigen und kostspieligen Vorleistungen – (insbesondere Zusammenstellung des Lehrstoffs) – wäre der 1974
staatlich zugelassene Lehrgang wahrscheinlich nicht oder erst viel später
zustande gekommen.
Durch den Fernlehrgang Baubiologie sind seither rund 8.000 Teilnehmer baubiologisch ausgebildet worden. Aufgrund der Multiplikatorwirkung ein ganz besonderer Erfolg für die Gesamtentwicklung der
5 . A rg u m e n t f ü r d e n
“Baubiologen IBN”
Baubiologie, der auch die gewachsene Berechtigung dieser Ausbildung
und dieses Berufs begründet.
Seit 1974 wird auch als wesentlicher Beitrag auf dem Lebensweg der
Baubiologie die Fachzeitschrift "Wohnung + Gesundheit" (W+G) sowie
die Schriftenreihe "Gesundes Wohnen" herausgegeben. Die Zeitschrift
W+G dient nicht nur der Öffentlichkeitsarbeit, sie ist zugleich wichtiges
Fachorgan und Bindeglied der Baubiologen und aller am gesunden Bauen
und Leben Interessierten.
IBN
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Kap. 2
Der Baubiologe in der Praxis
Das Verhalten der meisten staatlichen Stellen gegenüber der Baubiologie
war und ist als zurückhaltend bis ablehnend einzustufen. Versuche zur
Kontaktaufnahme wurden meistens abschlägig beantwortet. Bezeichnend
dafür ist eine Aussage von Oskar Schneider, Bundesminister für das Bauwesen in den achtziger Jahren: "Nie wurde so gesund gebaut wie heute".
Gegen eine solche "Vogel-Strauß-Politik", die bei Baubehörden auch
heute noch weit verbreitet ist, lässt sich schwer ankommen. Hier wird
nach dem Motto "das darf nicht wahr sein" argumentiert. Auf Dauer
lässt sich die Wahrheit jedoch nicht unterdrücken.
s. Lehrheft "Umwelt
und Standort",
Kap. 2.2
Das zeigt allein der Holzschutzmittel-Skandal. Nach Aussage eines Staatsanwalts während des bekannten langjährigen Frankfurter Holzschutzmittel-Prozesses müssten den Geschädigten zur Wiedergutmachung des
angerichteten Schadens (Sanierung, Entsorgung, Therapie, Schmerzens-
We r t 1 9 9 5
geld) Beträge in der Größenordnung von 50 Milliarden Euro gezahlt
werden. Für Gebäudeschäden wurden weitere 185 Mrd. Euro geschätzt.
Haftbar wäre eigentlich der Staat, der die Verbreitung der giftigen Mittel
zugelassen hat. Doch man hat es in diesem Prozess erreicht, dass die
Betroffenen weitgehend ihrem Schicksal überlassen bleiben.
Mit solch unangenehmen Prozessen hat die Baubiologie in der rauhen
Praxis leider auch zu tun. Auch das IBN war mehrmals damit konfrontiert, zum Glück erfolgreich. Um diesen Herausforderungen gewachsen
vgl. Lehrheft
" B a u re c h t . . . " ,
Kap. 5
zu sein und im Wettbewerb bestehen zu können, ist Kooperation auf
lokaler und globaler Ebene wichtig. Nicht egozentrischer Zank und
Kampf um Zuständigkeiten und Konkurrenz-Mentalität, wie gewöhnlich,
sondern kreatives Wetteifern und Zusammenarbeit beim Aufbau einer
human und ökologisch orientierten Wohnumwelt muss das Leitprinzip
jedes Baubiologen sein.
10
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Der Baubiologe in der Praxis
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Das Institut für Baubiologie + Oekologie Neubeuern (IBN), führt die
von den Vorgängern 1983 übernommenen Aufgaben als unabhängige
private Institution fort. Der ökologische Aspekt wurde mit aufgenommen, um die alles umfassenden Umweltprobleme ("alles steht mit allem
in Beziehung"!) stärker zu berücksichtigen.
Ergänzend zum Fernlehrgang Baubiologie werden seit 1992 Seminare
zur Ausbildung zum "Baubiologischen Messtechniker" angeboten.
s. Kap. 10
Die jüngste Kreation des IBN ist die Gründung der "Stiftung Baubio-
w e i t e re I n f o s b i t t e
logie – Architektur – Umweltmedizin" (BAU). Ihre Aufgaben sind vor
allem die Förderung baubiologischer Forschung, Lehre und der prakti-
i m I B N a n f o rd e r n
oder siehe
w w w. b a u b i o l o g i e . d e
schen Anwendung. In Notfällen (z.B. unverschuldete Prozessfälle von
allg. Bedeutung) soll die BAU solidarisch helfen. Durch diese Einrichtung soll zugleich der nötigen Zusammenarbeit zwischen Bau- und
Heilberufen ein Anstoß gegeben werden. Damit ist die Stiftung BAU
eine wichtige Basis für alle baubiologisch Tätigen. Diese Institution sollte
noch viel mehr als gemeinsame Chance zu aktiven und passiven Initiativen erkannt und genutzt werden.
Das IBN pflegt von Anfang an regen Kontakt mit zahlreichen Ländern,
in denen zum Teil “Schwesterinstitute” entstanden (Österreich, Italien,
Schweiz, Holland, Spanien, Russland, USA, Argentinien, Australien/
Neuseeland, Indien). Als besonders wichtiges Ergebnis dieser Zusammenarbeit ist die Übersetzung des Fernlehrgangs und dessen Verbreitung
in englisch, italienisch und aktuell in spanisch und russisch sprechenden
Ländern zu werten.
Ein Grundprinzip des IBN war nie der Aufbau einer personell starken
Institution, sondern die Koordinierung verschiedenster Fachleute bzw.
Institutionen weltweit. Im IBN sollen die Fäden zusammenlaufen und
zusammengehalten werden. Nur so kann weltweit vorhandenes Spezialwissen zu einem ganzheitlichen Konzept zusammengeschweißt werden.
Allen, die auf diese Weise die Baubiologie mitgetragen und weiterentwickelt haben, möchte ich an dieser Stelle danken.
IBN
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Kap. 2
Der Baubiologe in der Praxis
Das Berufsbild des Baubiologen
In der langen, etwa 40-jährigen Entwicklung hat sich die neue Disziplin
Baubiologie und das Berufsbild des Baubiologen geformt.
Baubiologen sind berufen (oder sollten es sein), nach dem Motto
"gut – wahr – schön" eine "heile Welt" in der nachindustriellen
materialistisch orientierten Epoche des 21. Jahrhunderts aufbauen
zu helfen. Das mag übertrieben klingen. Aber ohne eine gewisse
Utopie und besondere Leitmotive und ohne Begeisterungsfähigkeit
sind berufliche Erfolge kaum zu erwarten.
"Nichts ist mächtiger als eine Idee, deren Zeit gekommen ist."
Victor Hugo
Gemessen an den vielseitigen und den weltweit zunehmenden Auf6 . A rg u m e n t f ü r d e n
“Baubiologen IBN”
gaben der Baubiologie und Ökologie können die beruflichen Chancen
des Baubiologen als sehr gut bezeichnet werden. Über alle politischen
Grenzen hinweg muss künftig baubiologische und ökosoziale Sanierungsund Aufbauarbeit geleistet werden – möglichst nach dem Prinzip "Hilfe
zur Selbsthilfe", damit auch das Umdenken in der Bevölkerung sowie die
persönlichen Fähigkeiten der Menschen mobilisiert werden.
Es mag vorteilhaft sein, dass es noch kein festgeschriebenes Berufsbild für
den Baubiologen gibt. Der freien beruflichen Entfaltung sind dadurch
weniger Grenzen gesetzt; situationsgemäß ist der Einsatz flexibel. Im
Einzelfall ergeben sich zahlreiche Arbeitsmöglichkeiten für den Baubiologen. Er kann selbständig oder angestellt, allein oder gemeinsam, umfassend oder spezialisiert tätig werden.
Anregungen für die Berufsgestaltung ergeben sich anhand der zahlreichen Vorbilder. Das IBN z.B. ist schwerpunktmäßig tätig in der Lehre
12
IBN
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(Fernlehrgang, Seminare) sowie in der Forschung, Öffentlichkeitsarbeit
(Zeitschrift, Schriftenreihe, Vorträge), Beratung, Grundstücks- und
Hausuntersuchung, Planung, Prüfung von Baustoffen, laufenden
Auswertung der neuen Fachliteratur usw. Diese umfassende Tätigkeit
kann nur im Rahmen einer größeren Institution geleistet werden.
In der baubiologischen Praxis wurden seit über 25 Jahren zahlreiche
Dienstleistungs-, Untersuchungs- und Beratungsstellen gegründet;
außerdem spezielle Produktions- und Handelsfirmen. Allein in der
Adressenliste "Baubiologische Beratungsstellen" des IBN, die laufend
vgl. Kap. 11
in "Wohnung + Gesundheit" veröffentlicht wird, bieten viele Baubiologen ihre Dienste an. Viele Baubiologen arbeiten regional zusammen
und einige haben lokale Ökozentren gegründet, eine Entwicklung, die
sehr zu empfehlen ist. Denn nur so können die anfallenden Aufgaben
optimal erfüllt werden und dadurch ergeben sich viel bessere Möglichkeiten, örtlich wirklich etwas in Bewegung zu setzen, z.B. Ökodörfer
zu bauen, politischen Einfluss in besonderen Fragen der Bau- und Siedlungspolitik auszuüben, das Interesse der Bevölkerung für die Baubiologie zu wecken, die Medien für unsere Öffentlichkeitsarbeit zu gewinnen,
mit anderen Berufen zu kooperieren, letztlich laufend Aufträge für alle
Beteiligten zu erhalten und damit auch Arbeitsplätze zu schaffen.
Anstelle der üblichen Konkurrenz sollte in der baubiologischen Berufspraxis das Miteinander, die Kooperation maßgebend sein. Wir sollten
auch hier mit gutem Beispiel vorangehen. Schließlich besteht zwischen
Zusammenarbeit einerseits und Biologie/ Ökologie, Gesundheit, Humanität, Soziologie, Baukultur andererseits eine Wesensverwandtschaft, die
in der baubiologischen Praxis beispielgebend und zukunftsweisend zum
Ausdruck gebracht werden könnte.
IBN
13
Kap. 2
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Der Baubiologe in der Praxis
Zusammenstellung typischer beruflicher Tätigkeiten des Baubiologen
Aus dieser Darstellung und aufgrund der Entwicklung in der Praxis lassen sich
folgende Aufgaben für Baubiologen ableiten:
14
1.
Beratung privater und öffentlicher Institutionen, gewerblicher Bauherren
sowie von Firmen (z.B. Baufirmen, Baustoffhersteller, Handwerker) und
von Medizinern
2.
Haus- und Standortuntersuchung (besonders als baub. Messtechniker)
3.
Bauplanung, Baubleitung und Bauaufsicht (Neubau und Sanierungen),
ggf. auch betreuend und/oder mitwirkend
4.
Prüfen von Bau- und Leistungsbeschreibungen bzw. Angeboten
5.
Angebot baubiologisch orientierter Handwerkerleistungen
6.
Anleitende Mithilfe beim Bauen und Sanieren
7.
Maklertätigkeit für Immobilien
8.
Zusammenarbeit mit Ärzten, Heilpraktikern, Architekten,
Bauhandwerkern, Grundstücksmaklern u.a.
9.
Koordination von Spezialisten zur Bildung baubiologischer Zentren,
die gemeinsam alle einschlägigen Aufgaben erfüllen sollen
10.
Öffentlichkeitsarbeit in und mit allen Medien
11.
Durchführung von Kursen, Seminaren, Bildungsurlaub usw.
12.
Lehre an Ausbildungsstätten aller Art
13.
Mitarbeit bei der Stadt- und Dorfsanierung, in Agend 21-Gruppen,
und Bürgerinitiativen usw.
14.
Organisation und Betreuung beim Aufbau von Ökodörfern und
Ökostädten, Heil- und Erholungszentren
15.
Politisches Engagement im Rahmen einer demokratischen
Gesellschaftsordnung
16.
Mitwirkung bei der nötigen baubiologisch orientierten Neufassung von
Regeln der Bautechnik und Normung sowie von Verordnungen und
Gesetzen
17.
Prüfung von Baustoffen, Geräten, Hauspflegemitteln u.a.
18.
Maßnahmen gegen Hausschädlinge (Insekten, Pilze u.a.) und Bauschäden
aller Art
19.
Herstellung und Vertrieb von Baustoffen und -teilen, Installationen,
Einrichtungen usw.
IBN
Der Baubiologe in der Praxis
Kap. 2
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20.
Förderung der Solararchitektur und regenerativer Energiequellen (Wasserund Windkraft, Erdwärme, Biogas usw.) mit dem Ziel einer lokalen und
autarken Energieversorgung
21.
Mitwirkung bei der Müllvermeidung, beim Recycling sowie bei einer
ökologischen Entsorgung
22.
Mithilfe beim Aufbau einer Siedlungskultur auf der Grundlage ethischer,
gesundheitlicher, naturgemäßer und ökosozialer Orientierung.
Anhand dieser 22 Punkte ergibt sich ein Berufsbild als Orientierungshilfe
besonders für den angehenden Baubiologen sowie allgemein zur Darstellung des neuen Berufs in der Öffentlichkeit.
Mit solchen einschlägigen Fertigkeiten, die man sich nachträglich bzw. in
Ergänzung zur baubiologischen Aus- und Fortbildung u.a. im Rahmen
von angebotenen Praktikas im In- und Ausland aneignen kann, lassen
sich die persönlichen beruflichen Chancen beliebig erweitern bzw. verbessern.
Es wird weiterhin empfohlen, auch die "25 Grundregeln der Baubiologie” im Hinblick auf berufsspezifische Aufgaben und Möglichkeiten zu
s. folgende
Übersicht
prüfen. Diese Grundregeln haben den Zweck, übersichtlich eine ganzheitliche Darstellung über den Idealzustand baubiologischer Häuser und
Siedlungen abzugeben. Sie dienen zugleich der beruflichen Orientierung
sowie der Fortbildung des Baubiologen.
Die zahlreichen Anregungen zur persönlichen Berufsfindung sowie zur
Beschreibung des Berufsbildes Baubiologe in folgender Übersicht mögen
genügen. Der Baubiologe gehört in erster Linie der Sparte der Sozialberufe an; eine genaue Abgrenzung ist generell und im Einzelfall nicht
möglich, weil die Funktionen des Baubiologen sehr vielseitig und ganzheitlich sind.
IBN
15
25
25 Grundregeln
der Baubiologie
16
Der Baubiologe in der Praxis
Kap. 2
Lehrheft
Nr.
Aufgaben für den Baubiologen
1.
Bauplatz ohne natürliche und künstliche
Störungen
2
11
19
Standort-, Schlaf-, Arbeitsplatz-Untersuchung mit objektiven Messgeräten. Radiästhetische Tests (mit Mikroorganismen, Pflanzen u.a.) mögl. in Zusammenarbeit mit Ärzten. Aufklärung über die Grenzen der klassischen Radiästhesie.
2.
Wohnhaus abseits
von Emissions- und
Lärmquellen
2
13
14
19
Messung des Lärmpegels, des Geruchs und der Schadstoffbelastung der
Außenluft (einschl. Asbest). Erkundigungen einholen über geplante Maßnahmen bzgl. Gewerbeansiedlung, Infrastruktur usw. Schallschutzmaßnahmen aller Art, Pflanzungen als Schallschutz und zur Filterung von Staub.
3.
Dezentralisierte, lockere 2
Bauweise in durchgrün- 16
ten Siedlungen
18
19
24
Einfluss auf Siedlungs- u. Städteplanung (u. -Sanierung). Bürgerinitiativen
und Wohngesellschaften gründen/betreuen. Das Tabu "Bauen im Außenbereich" hinterfragen ..., ökosoziale Raumordnung durchsetzen. Naturnahe
Freiflächengestaltung.
4.
Wohnung und Siedlung
individuell, naturverbunden, menschenwürdig, familiengerecht
und sozial
16
17
18
24
Ähnlich wie Punkt 3. Hausbau betreuen (Eigen- wie Handwerkerleistungen).
Künstlerisch Tätige integrieren. Siedlungsgemeinschaften (z.B. Genossenschaft) bilden. Demonstrationsprojekte bauen und durch Medien dafür
werben. Senioren, Kinder, Behinderte, Kranke integrieren.
5.
Baustoffe natürlich
und unverfälscht
4-7 Baustoffprüfung und Auswahl nach ganzheitlichen Kriterien (Herstellung
15 bis Entsorgung bzw. Recycling). Fachliteratur auswerten. Beratung von
23 Baugesellschaften, Architekten, Bauhandwerkern, Baufamilien usw.
6.
Natürliche Regulierung 3
der Raumluftfeuchte
7
unter Verwendung
8
feuchteausgleichender
Materialien
7.
Geringe und rasch
abklingende
Neubaufeuchte
8.
Ausgewogenes Maß von 3,7 Barackenklima verhindern durch richtigen Einsatz speicher- u. dämmfähiger
Wärmedämmung und 10 Baustoffe. Beschattung. Passive Sonnenenergie (bes. durch Fenster u. Wände
Wärmespeicherung
24 an der Südseite) nutzen. Pfufferzonen im Norden.
9.
Optimale Oberflächen- 3
Messung der Temperaturen (Raumluft u. Oberflächen), Temp.-Schwankunund Raumlufttempera- 7,8 gen u. Temp.-Gradienten in den versch. Räumen. Beratung über Sanierungsturen
10 und Verhaltensmaßnahmen (auch zur Energieeinsparung).
10.
Gute Luftqualität durch 3
natürlichen Luftwechsel 10
13
CO2- und Schadstoffmessungen. Schulungen zum richtigen Lüften. Fachgerechte Auslegung kontrollierter Lüftungsanlagen bzw. -geräte sowie deren
regelmäßige Wartung.
11.
Strahlungswärme zur
Beheizung
8
10
Konvektion bzw. Strömungswärme ersetzen durch Strahlungwärme (Wandflächenheizung, gemauerte Öfen usw.). Niedrigenergieheizung.
12.
Ohne Ausbreitung
elektromagnetischer
Felder und Funkwellen
7
11
12
Elektromagn. Felder und hochfrequente Wellen messen und vermeiden.
Abschirmmaßnahmen. Beratung/Sanierung (gemeinsam mit Elektrofachkraft). Hilfe für Elektrokranke.
13.
Erhaltung des natürlichen luftelektrischen
Gleichfeldes
7
11
Ionisation und elektr. Gleichfeld in Räumen messen – in Abhängigkeit von
Lüftung und Baustoffen. Mangel an Kleinionen (i.d.R. negative Ionen) in
bewohnten Räumen verhindern.
14.
Keine Veränderung
des natürlichen
Erdmagnetfeldes
7
11
Magnetfeldmessungen. Störungen (Verzerrung, Erhöhung) besonders an
Liege- und Sitzplätzen verhindern helfen. Keine ferromagnetische Baustoffe/
Hilfsstoffe usw. verwenden.
Diffusionsfähige und hygroskopische Naturbaustoffe auswählen. Raumluftfeuchte messen. Dampfsperrende Materialien möglichst vermeiden!
Sanierungsmaßnahmen zur Vermeidung trockener oder zu feuchter Raumluft
– mit Kontrollen (grafische Aufzeichnung).
3
Trockenbaustoffe empfehlen (z.B. Holz, Trockenestrich, trockene Lehmsteine
6,7 und -platten usw.). Messung der Raumluft- und Baustofffeuchte – besonders
13 bei Schimmelproblemen. Beratung über richtiges Lüftungsverhalten.
15
IBN
Der Baubiologe in der Praxis
25 Grundregeln
der Baubiologie
Kap. 2
Lehrheft
Nr.
Aufgaben für den Baubiologen
15.
Verwendung von
7
Baustoffen mit geringer 11
Radioaktivität
Grundstück, Baustoffe und Haus bzgl. radioaktiver Strahlung und Radongas
untersuchen. Mithilfe bei Wahl der Baustoffe und Betreuung erforderlicher
Sanierungsmaßnahmen.
16.
Orientierung des Schall- 14
und Vibrationsschutzes 24
am Menschen
Bauliche Lärmschutz-Maßnahmen durch entspr. Baustoffauswahl, Bauart
bzw. Detailausbildung optimieren. Außen- u. Innenlärm (Tritt- u. Luftschall)
messen – Sanierungsmaßnahmen. Evtl. Experten einsetzen (besonders bei
schwierigen Vibrationsproblemen und Infrarotschall).
17.
Geruchsneutral oder
angenehmer Geruch
ohne Abgabe von
Giftstoffen
3,7 Geruchsprüfungen (Raum u. Baustoffe). Raumluft- und/oder Material13 Analysen. Sorptionsfähige Naturbaustoffe mit angenehmem oder neutralem
23 Eigengeruch einsetzen.
24
18.
Weitgehende Reduzierung von Pilzen,
Bakterien, Staub und
Allergenen
3,4 Messungen, Beratungen und Sanierungen entsprechend dem Standard der
6,7 baubiologischen Messtechnik.
8
13
19.
Bestmögliche
Trinkwasserqualität
9
Auswahl geeigneter Rohre und Armaturen. Trinkwasseranalysen. Entwicklung
und Beratung bzgl. Wassersparkonzepten wie z.B. wassersparende Armaturen,
Grau- und Regenwassernutzung
20.
Zu keinen Umweltproblemen führend
5
6
9
10
13
19
Sondermüll usw. schon bei der Bauplanung vermeiden. Grundstücksuntersuchung wegen Altlasten (auch Gartenboden infolge Einsatz von Herbiziden,
Insektiziden usw.). Verwertung von Abbruchmaterial und Müll. Baustoffe mit
geringer Primärenergie und regional vorkommend wählen. Entsorgung von
Garten-, Haushaltsabfällen und Fäkalien durch Kompostierung, Pflanzenkläranlage und/oder Humustoilette empfehlen/planen.
Fragebogen “Hausuntersuchungen” und Baubiol. Gebäudecheck ausstellen
zur ganzheitlichen Bewertung und damit auch zum gesunden Bauen anregen.
s. Anlage
IBN
25
21.
8
Minimierung des
Energieverbrauchs unter 10
weitgehender Nutzung
regenerativer
Energiequellen
22.
Baustoffe bevorzugt aus
der Region, den Raubbau an knappen und
risikoreichen Rohstoffen
nicht fördernd
4
5,7
21
23
Nachwachsende Rohstoffe verwenden (z.B. Holz, Stroh, Wolle, Sisal, Hanf,
Kokosfasern, Schilf, Flachs). Verzicht auf Materialien, die aus knappen
und/oder umweltproblematischen Rohstoffen (Erdöl, Metalle usw.) hergestellt sind. Baustoffe aus der Region fördern. Weite Transportwege meiden.
23.
Naturgemäße Licht-,
Beleuchtungs- und
Farbverhältnisse
11
12
22
23
Tageslicht weitgehend nutzen. Künstl. Beleuchtung mit Tageslicht-Spektrum.
Elektrosmog meiden. Naturfarben verwenden. Variation entspr. den
Lieblingsfarben der Bewohner. Licht- u. Farbtherapie (evtl. gemeinsam mit
Arzt/Heilpraktiker). Beleuchtungsstärke messen und ggf. optimieren.
24.
Anwendung ergonomischer Erkenntnisse
zur Raumgestaltung
und Einrichtung
20
21
Beratung über Wohnphysiologie und Ergonomie in Wohn-, Schlaf- und
Arbeitsräumen (bes. Schlafplatz-Optimierung).
25.
Berücksichtigung harmonikaler Maße, Proportionen und Formen
16
17
Bei Planung von Neu- und Umbauten auf harmonikale, naturgemäße, organische, schöne Gestaltung der Häuser achten; desgleichen beim Siedlungsbau.
Optimale Nutzung der passiven und aktiven Sonnenenergie und anderer
regenerativer Energiequellen. Niedrigenergie- und Passivhauskonzepte.
Energiesparende Heizungskonzepte.
17
25
Der Baubiologe in der Praxis
Kap. 2
Der soziale Aspekt ergibt sich aus dem ständigen Kontakt mit Menschen,
die Rat und Hilfe brauchen; Fragen der Gesundheitsvorsorge, der Heilung (aufgrund von Diagnose und Therapie/Sanierung) und des Wohlbefindens stehen dabei im Vordergrund. Dies nicht nur bei einzelnen
Personen und Familien, sondern auch bei Gemeinschaften, Institutionen,
Firmen und ganz allgemein. Besondere Beachtung sollte dabei der Entstehung ökosozialer Siedlungen – (als Lebensgemeinschaften und als
Zellen eines gesunden Volkes) – gewidmet sein. An das Wohl der Kinder
und an die ungelösten Seniorenprobleme sei dabei besonders gedacht.
Die Baubiologie bliebe Stückwerk, wenn sie sich diesen brennenden
Fragen nicht vordergründig widmen würde.
Ausblick
Der Erfolg des Baubiologen bleibt nicht aus, wenn er stets das Beste gibt,
wenn er mit Sorgfalt, Fleiß, Ehrlichkeit und Können seinen kleinen und
großen Aufgaben nachkommt. Lebenslanges Lernen und – nicht zuletzt
– Bilden zu höheren Bewusstseinsstufen sind dafür Voraussetzung. Eine
Orientierung des Baubiologen für sein angestrebtes Berufs- und Lebensbild mag die folgende Darstellung über den "Wertewandel in der Gesellschaft" sein.
Wertewandel in der Gesellschaft
Phase
Arbeitsgesellschaft ab 1945
1. Situation
Mangel
2. Ziel
Überleben
Besserleben
3. Einstellung
Arbeit als
Lebenssinn
4. Ethos
Leistung
5. Produktnutzen Gebrauchswert
6. Haltung
solidarisch
7. Thema
Ökonomie
Protestgesellschaft ab 1965
Emanzipation
Andersleben
Selbstverwirklichung
"Anti"-Haltung
Erlebniswert
egoistisch
Ökologie
Erlebnisgesellschaft ab 1985
Überfluss
Erlebensmaximierung
Freizeit als
Zeitvertreib
Positionsgüter
Prestigewert
egozentrisch
Psychologie
Erkenntnisgemeinschaft ab?
Sinnsuche
Ganzheitliches
Leben
Freiheit als
Lebenssinn
Ästhetik
Gestaltungswert
selbstlos
Universalität
(Quelle: Götz E. Rehn, Achberger Symposium 1995)
18
IBN
Der Baubiologe in der Praxis
Kap. 2
25
Diese Entwicklungsstufen kennzeichnen nicht nur eine Gesellschaft,
sondern auch Einzelpersonen. Manche stagnieren bei den primitiven
Anfangsstufen, andere überspringen ganze Stufen, um schließlich das
Lebensziel und den Sinn des Daseins in der Endstufe der menschlichen
Evolution zu suchen. Dies und damit zugleich die Überwindung der
Sinnkrise sollte Ziel des Baubiologen sein.
Für Zusammenarbeit, nicht nur mit Kollegen sondern auch mit anderen
Berufen, sollte der Baubiologe stets offen sein, besonders wenn er sich bei
schwierigen Aufträgen nicht sicher ist. Die Gebühren sollten angemessen,
rücksichtsvoll und für den Auftraggeber tragbar sein. Zu achten ist auch
auf das Image als Baubiologe, das man sich von Anfang an schaffen muss.
Auch am guten Ruf der Baubiologie insgesamt sollte er solidarisch mitwirken.
Es gilt schließlich, die Berufs- und Lebenserfahrungen an andere, besonders an den baubiologischen Nachwuchs, weiterzugeben. Der erfahrene
Baubiologe kann vor allem den Jüngeren eine Chance bei ihrer Existenzgründung geben, indem er sich durch sein Angebot an Kursen, Seminaren, Praktikas usw. an deren Aus- und Fortbildung beteiligt.
Möge Ihnen Ihr Traumberuf Erfolg, Zufriedenheit und Lebensfreude bringen!
IBN
19
25
Kap. 3
Der Baubiologe in der Praxis
3. Was machst Du da
als Baubiologe?
Wolfgang Maes, Sachverständigenbüro für Baubiologie und
Umweltanalytik (Baubiologie Maes), 41464 Neuss, www.maes.de
Seit über 20 Jahren arbeitet Wolfgang Maes für die Baubiologie, fast von
Anfang an in enger Zusammenarbeit mit dem IBN. Vor allem ihm ist es
s. Kap. 10 und
Lehrheft “Strahlung”,
Anhang
zu verdanken, dass mit der "Baubiologischen Messtechnik" ein wichtiger
und international anerkannter, weil objektiv nachvollziehbarer Standard
zur Durchsetzung wichtiger baubiologischer Forderungen geschaffen wurde.
Zahlreiche Fachartikel in "Wohnung + Gesundheit" ergänzen seine Bücher
Ve r t r i e b I B N
"Stress durch Strom und Strahlung" und “Stress durch Wohngifte und Pilze”,
die sich längst als wichtige Standardwerke der Baubiologie entwickelt haben.
Zahlreiche IBN-Seminare zum Thema Messtechnik wurden von ihm ins
Leben gerufen und geleitet. Bei der Ausarbeitung der Lehrhefte “Strahlung”,
“Elektroinstallation” und “Luft und Schadstoffe” half er beratend mit.
Die Baubiologie ist eine junge Wissenschaft. "Was machst Du da als
Baubiologe?", werde ich oft gefragt und höre mich dann antworten:
"Ich kümmere mich um Umweltrisiken in Häusern." Die nächste Frage
ist: "Was macht Häuser so riskant?" Das zum Beispiel: Elektrosmog,
Wohngifte, Pilze und andere Störungen. Das wird von Baubiologen
analysiert, gemessen, dargestellt und darüber wird aufgeklärt.
Ich war 17 Jahre Redakteur einer großen rheinischen Tageszeitung. Hier
und in der Freizeit habe ich mich engagiert mit dem vielschichtigen
Problem der Wirkungen von Umweltrisiken, besonders von elektromagnetischen Feldern und Schadstoffen, auf biologische Organismen
beschäftigt. Da ich zu Schulzeiten in Physik und Chemie immer nur
schlechte Noten zu verantworten hatte und auch sonst kaum diesbezügliches Interesse gezeigt habe, kam ich natürlich nicht ganz freiwillig auf
die Idee, mich mit diesem Themenkomplex derart intensiv zu befassen.
20
IBN
Der Baubiologe in der Praxis
Kap. 3
25
Viele chronische Krankheiten brachten mich erst nach langer Zeit der
verzweifelten Suche nach Gründen für meine ständigen Beschwerden
unter anderem auch auf die Idee, eine baubiologische Wohnungs- und
Schlafplatzuntersuchung durchführen zu lassen. Viele Aktivitäten schulmedizinischer, naturheilkundlicher, psychotherapeutischer und auch
alternativer Art zeigten nicht den erhofften Erfolg. Ich war und blieb
jahrelang mehr oder minder krank. Die Odyssee durch alle möglichen
und unmöglichen schulmedizinischen und naturheilkundlichen Instanzen
setzte sich fort. Die Krankenversicherung zahlte weiter. Fachärzte bissen
sich an mir die Zähne aus. Der Arbeitgeber musste zu oft ohne mich auskommen. Mir ging es schlecht. Lebensqualität, was war das?
Herzanfälle zwangen mich mehrmals in die Intensivstationen der Krankenhäuser. Der Zuckerspiegel wollte nicht besser werden. Allergien und
unerträgliches Hautjucken, Schwächeanfälle, kalter Schweiß, Schwindel,
Durchblutungsstörungen, Kribbeln in den Gliedmaßen, Kopfschmerzen,
Ohrenrauschen, Angst. Immer diese Angst. Zum Schluss Depressionen.
Kein klarer Gedanke, keine Lust mehr auf irgendwas, nur noch durchhängen. Es ging nicht mehr ohne Schmerzmittel und Psychopharmaka.
Arztbesuche nonstop. Heute beim Kardiologen, morgen beim Hautarzt,
übermorgen das x-te EEG beim Neurologen. Wieder eine Computertomografie, noch eine Röntgenaufnahme. Zweimal die Woche beim Psychotherapeuten. Zwei Wochen Urschrei-Therapie in Los Angeles, zwei
Wochen Reinkarnations-Therapie in München. Zum Gesundbeter nach
Griechenland, zum Handaufleger nach Holland. Dann zum Guru. Hier
gab es Encounter, Körperarbeit, Rebirthing, Meditation, Selbsterfahrung.
Dünger für die Seele, frischer Wind für die ramponierte Psyche. Aber,
der Körper blieb krank.
Ernährungsumstellung: statt Pommes nur noch Müsli, statt Cola Kräutertee, statt labberigem Toast kräftiges Vollkornbrot, statt Süßigkeiten
einheimisches Obst. Nüsse statt Chips, frisches Gemüse statt Konserven,
IBN
21
25
Kap. 3
Der Baubiologe in der Praxis
Sojafleisch statt Schweinehaxe, knackige Salate statt Kuchen und Reformhaus statt Supermarkt. Das war überzeugend. Das schmeckte und
tat wirklich gut. Trotzdem, Rückfälle kamen bald, ich blieb krank.
Vielleicht war es der Standort, die Wohnung, sogar mein Bett? Ich folgte
der Anregung eines Naturheilarztes und lud einen Rutengänger in die
Wohnung. Vier weitere Rutengängerbesuche folgten in den Wochen
danach. Und stets war ich erstaunt über die schillernde Widersprüchlichkeit der Ergebnisse und Interpretationen. Da waren hier eine Wasserader, da ein Currynetz, dann eine Verwerfung im Spiel. Die vielen
Aussagen deckten sich in keinem Punkt. Die vermuteten Wasseradern
waren mal links im Raum, mal rechts, dann wieder weit hinten. In jedem
Fall befanden sie sich unter dem Bett, obwohl jenes schon mehrmals
verstellt worden war und jedes Mal woanders stand. Dazu kamen reihenweise ko(s)mische Gitternetze, Benkerstreifen, Hartmannkreuzungen,
Uranlagerstätten, Gestirnsstrahlen, abladende Zonen und Mineralölquellen...
Die Ruten zuckten, die Pendel kreisten. Der Grundriss meiner Wohnung
wurde gnadenlos zugekritzelt mit den verschiedensten und meist als
Krebszonen ausgewiesenen geopathischen Quälgeistern. Fünf Grundrisse
hatte ich nach fünf Rutengängerbesuchen in meiner Hand. Alle fünf
sahen ganz anders aus.
Zweifelhafte und teure Entstörvorschläge mit allen möglichen und unmöglichen Matten und Geräten habe ich schon damals skeptisch aufgenommen und vorsichtshalber nicht befolgt. Aber ich wagte das Experiment des nochmaligen Bettplatzwechsels in den kleinen Bereich, der von
allen Radiästheten als störfrei übrig gelassen wurde. Der einzige unberührte Fleck auf meinen fünf übereinander geschobenen Grundrissen.
Die einzigen als gut bezeichneten Quadratmeter meiner großen schönen
Dachgeschosswohnung. Die fünffach so eindringlich zugesagten gesundheitlichen Sanierungserfolge und die mit erhobenen Zeigefingern avisierten Entzugserscheinungen blieben aus.
22
IBN
Der Baubiologe in der Praxis
Kap. 3
25
Einige Monate später fand ein vom Hausarzt empfohlener so genannter
Baubiologe zahlreiche und offensichtlich recht starke elektrische und
magnetische Felder in meinem Schlafraum. Eine Altbauel-Ektroinstallation mit reichlichen Defekten brüchigen Stegleitungen in den Wänden
und mangelhafter bzw. nicht vorhandener Erdung, unnötig viele elektrische Geräte, wie Radiowecker, Stereoanlage, Anrufbeantworter, Fernsehapparat, und meterweise unter Spannung stehende Verlängerungskabel
in direkter Nähe und unmittelbar unter meinem Bett strahlten um die
Wette. Sie setzten meinen Körper derart unter elektrische Spannung, dass
auf meiner Haut wahrhaft ein billiger Prüfschraubenzieher, ein simpler
Phasenprüfer aus dem Baumarkt, bedrohlich rot aufleuchtete. Ich bin
doch keine Steckdose! Auch das Leitungssuchgerät, ebenfalls für ein paar
Euro in jedem Elektromarkt erhältlich, summte und schnarrte auf meinen Armen, Beinen, dem Hals, der Nasenspitze… Ich bin doch kein
Elektrokabel. Die Felder des knapp einen Meter vom Bett entfernten
Sicherungskastens und ein paar Kleintrafos am Kopfende des Bettes
sorgten für eine bedenkliche magnetische Zugabe. Ein ständig eingeschaltetes Funkgerät am Kopfende des Bettes (wichtige Journalisten brauchen
so was) rundete das stressige Bild ab.
Ich befolgte die Sanierungsvorschläge des Fachmanns, ließ zusätzlich
noch eine magnetisierte Federkernmatratze aus meinem Bett (eine Kompassnadel drehte sich auf der Liegefläche um die eigene Achse), den
knisternd elektrostatisch geladenen Synthetikteppich und die pestizidbehandelten Schurwollbrücken vom Fußboden und den formaldehydausgasenden Billigschrank aus meinem Schlafraum verschwinden und...
wurde in den Wochen danach zusehends gesünder!
Der erste konkrete Erfolg nach langen Jahren des Leids!
Meine Beschwerden verringerten sich schnell. Mir ging es von Tag zu Tag
besser. Vier Monate nach den baubiologischen Sanierungen war ich frei
von Medikamenten. Schmerzen, Ängste, Depressionen … verschwanden.
IBN
23
25
Kap. 3
Der Baubiologe in der Praxis
Ich schlief besser ein, besser durch, kürzer, traumloser und wurde frischer
wach. Die Welt fühlte sich wieder gut an. Die behandelnden Ärzte schienen eher verwirrt als erfreut. Das ist nun über 20 Jahre her, und rückblickend bin ich dankbar, weil jene Veränderungen mit die wichtigsten
und aufbauendsten meines Lebens waren. Diese Provokation veränderte
mein Leben.
Neugierig, wie Journalisten nun mal sind, begann ich mich theoretisch
heftig für das zu interessieren, was mir da praktisch widerfahren war. Darüber wollte ich eine Geschichte für meine Zeitung schreiben. Immerhin
hatte ich das beste Fallbeispiel schon parat: mich selbst. Fehlten nur noch
die Recherchen für das fachliche Drumherum. Und das wurde schwierig.
Es gab nur wenige gut informierte Fachleute, die Erfahrung hatten und
für Auskünfte zur Verfügung standen. Deren Aussagen waren teilweise
widersprüchlich. Kontakte zu Universitäten und Ärzten endeten oft mit
einem Lächeln der alles und nichts wissenden Professoren, Doktoren,
Biologen und Physiker. Jede Antwort zog neue Fragen nach sich. Ich war
wissbegierig und verwirrt. Die Baubiologie schien mir noch sehr jung zu
sein. Ich liebe Dinge, die nicht in vorgedachte Schablonen passen, aber
für eine gute und fachlich fundierte Geschichte reichte das noch lange
nicht. Die Recherchen gingen weiter, dauern jetzt immer noch an.
Die frisch heranwachsende Wissenschaft namens Baubiologie ließ mich
nicht mehr los. Der kritisch hinterfragende Journalist war schon lange
nicht mehr vom leidenschaftlich experimentierenden und forschenden
Privatmann zu trennen. Es gab einige wenige Seminare, an denen ich
regelmäßig und begeistert teilnahm, und es gab Fachleute, denen ich
über die Schultern gucken durfte und die mir auf die Sprünge halfen.
Bald gab es eine stattliche Zahl von teuren Messgeräten, mit denen ich
die Nächte und die Wochenenden verbrachte. Lehrgänge über Baubiologie, Umweltanalytik und Naturheilkunde im In- und Ausland faszinierten mich und forderten den letzten Rest der knapp bemessenen Zeit.
24
IBN
Der Baubiologe in der Praxis
Kap. 3
25
Meine Anstellung bei der Zeitung habe ich aufgegeben und das Hobby
zum Beruf gemacht. Ich wurde in meiner zweiten Lebenshälfte baubiologischer Sachverständiger, blieb aber auch freier Fachjournalist für
Umweltfragen. Seit rund 20 Jahren mache ich nun baubiologische
Messungen und Beratungen in Häusern, Wohn- und Schlafräumen, an
Arbeitsplätzen und auf Grundstücken. Ich halte Vorträge, bilde aus, leite
Seminare, mache Öffentlichkeitsarbeit, arbeite für Zeitungen und Fachzeitschriften, gestalte Radio- und Fernsehsendungen mit, werde von
Gerichten bestellt, von Ärzten, Therapeuten, Verbänden, Initiativen und
Behörden konsultiert und schreibe Gutachten, Informationen, Aufklärungsbroschüren, sogar ganze Bücher. Was für ein toller Beruf.
Ein kleines engagiertes Team qualifizierter und baubiologisch erfahrener
Mitarbeiter, Partner und Sachbearbeiter steht mir zur Seite. Wir von der
"Baubiologie Maes" sind ein unabhängiges Team von Fachleuten und
Sachverständigen: Baubiologen, Ingenieure, Chemiker, Biologen, Akademiker, Autodidakten, Wissenschaftler, Praktiker... Wir arbeiten nach
dem professionellen "Standard der baubiologischen Messtechnik" und
anderen internationalen Richtlinien. Wir kümmern uns um Elektrosmog
(also um elektrische, magnetische und elektromagnetische Felder) und
andere Umweltrisiken, wie Radioaktivität und Radon, Wohngifte und
das Raumklima, Fasern und Staub, Bakterien und Pilze, Schall und
Vibration... Wir messen, prüfen, begutachten, beraten, passen auf, klären
auf. Wir alle wollen, dass unsere Kunden (und nicht nur die) risikolos
wohnen, schlafen und arbeiten. Unsere Dienstleistung ist die Bewusstmachung und Reduzierung von hausgemachtem Umweltstress im individuell machbaren Rahmen.
Wir arbeiten mit vielen Ärzten, einigen Heilpraktikern und Therapeuten
eng zusammen, welche ihre Patienten bei auffälligen umweltmedizinischen Diagnosen, beim geringsten Verdacht auf Innenraumprobleme
oder auch nur vorsorglich an uns empfehlen, unsere baubiologischen
Messungen auf ihre schulmedizinische oder naturheilkundliche Weise
IBN
25
25
Kap. 3
Der Baubiologe in der Praxis
kontrollieren und die Erfolge der vollzogenen Sanierungen bestätigen.
Wir arbeiten auch zusammen mit Bauherren, Architekten und Handwerkern und beraten sie bei Neubauprojekten oder Umbaumaßnahmen.
So gibt es inzwischen neben zahlreichen Wohnhäusern auch einige
Kliniken, Schulen und Kindergärten, die nach unseren kritischen baubiologischen Maßstäben errichtet oder umgebaut wurden. Weiter werden
wir von Verbraucherinitiativen und -verbänden, Krankenkassen und Versicherungen, Umwelt- und Gesundheitsämtern, Bürgerinitiativen und
Gerichten gefordert und empfohlen.
Wir verwandeln bei einer baubiologischen Untersuchung einen Raum in
ein physikalisches Messlabor. Verschiedene Geräte lösen unterschiedliche
Messaufgaben: elektrisch, magnetisch, radioaktiv, toxisch, mikrobiologisch... Spannung, Strom, Strahlung, Welle, Ladung... Feldstärke, Dosis,
Frequenz, Modulation... Empfindliche Apparate brummen, Zeiger schlagen aus, Schreiber zeichnen auf, Rechner zählen. Nicht Spürbares wird
spürbar, nicht Hörbares wird hörbar, nicht Sichtbares sichtbar. Wissen
ersetzt Glauben. Information wird zur Grundlage für Entscheidungen
und Veränderungen.
Der Bundesgesundheitsminister stellt fest: "Jeder dritte ist umweltkrank."
Die Krankenkassen bestätigen: "30 % der Versicherten sind durch Umwelteinflüsse krank geworden." Die Weltgesundheitsorganisation WHO
veröffentlicht: "Ein Viertel aller Erkrankungen werden durch schlechte Umweltbedingungen verursacht." Die Bauordnung fordert: "Häuser sollen die
Gesundheit des Menschen und die natürliche Lebensgrundlage nicht gefährden." Das Erkennen und Vermeiden dieser krankmachenden Einflüsse,
dieser schlechten Umweltbedingungen, und das Gewährleisten einer
möglichst natürlichen Lebensgrundlage in unserer nächsten Umwelt,
speziell in den eigenen vier Wänden, das ist unser Beruf.
Wichtig ist die ganzheitliche Betrachtung eines Raumes, damit kein
vgl. Kap. 10 und
Lehrheft “Strahlung”,
Anhang
26
schädigender Faktor übersehen wird. Der "Standard der baubiologischen
Messtechnik" und die dazugehörigen “Baubiologischen Richtwerte
IBN
Der Baubiologe in der Praxis
Kap. 3
25
für Schlafbereiche” sind die Grundlage. Der Standard besteht aus drei
Säulen mit mehreren Unterpunkten. Jeder einzelne dieser Punkte hat seinen Stellenwert bei einer baubiologischen Untersuchung. Jeder einzelne
kann das Zünglein an der Waage sein. Ein Spezialist kann durchaus Könner eines Fachgebietes sein: der Chemiker für Löse- und Holzschutzmittel, der Mikrobiologe für Bakterien und Pilze, der Klimatologe für die
Luftqualität, der Ingenieur für elektromagnetische Felder. In der Baubiologie kommt es aber auf den Gesamteindruck an, auf den ganzheitlichen
Überblick. Wenn Gesundheitsämter und Umweltambulanzen, Universitäten und Institute diesen Gesamtüberblick verlieren und nur Teilinformation in Bezug auf die Wohn- und Arbeitsplatzumwelt bieten, dann
liegt eben in dieser Einseitigkeit, in dieser Halbwahrheit eine besondere
Gefahr. Das überzeugende, einmalige, konkurrenzlose und unabhängige
Konzept der Ganzheitlichkeit, das macht die Baubiologie aus.
Der Standard nebst Richtwerten wurde von mir unter Mitarbeit meiner
Partner und des IBN erarbeitet und erstmals im Mai 1992 veröffentlicht.
Seitdem wird er laufend von einer Sachverständigen-Kommission zusammengestellt und aktualisiert. Wissenschaftler, Ärzte und Kollegen helfen
dabei. Der Standard wird inzwischen international als Maßstab für professionelle und ganzheitliche Innenraum-Untersuchungen akzeptiert.
Baubiologen, Umweltanalytiker, Institute und Verbände von Europa und
den USA bis Australien und Neuseeland arbeiten danach. Die baubiologischen Richtwerte wurden speziell für Schlafplatzbelastungen erarbeitet.
Es gibt auf der Welt eine Menge Verordnungen, Richtwerte, Normen,
Vorschläge und Empfehlungen, speziell für den Arbeitsplatz, aber nichts
für den Schlafbereich. Die baubiologischen Richtwerte sind die ersten,
die für Bewertungen an Schlafplätzen konzipiert sind. Es handelt sich
um echte Vorsorgewerte.
Hier die einzelnen Standardpunkte, die (jeder für sich oder in Wechsel-
SBM 2003
wirkung miteinander) biologisch riskant werden können, speziell bei
sensiblen oder kranken Menschen, bei Dauereinwirkung und besonders
während des regenerierenden Schlafes:
IBN
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25
Kap. 3
Der Baubiologe in der Praxis
A
Felder, Wellen, Strahlung
1
2
3
4
5
6
7
8
Elektrische Wechselfelder (Niederfrequenz)
Magnetische Wechselfelder (Niederfrequenz)
Elektromagnetische Wellen (Hochfrequenz)
Elektrische Gleichfelder (Elektrostatik)
Magnetische Gleichfelder (Magnetostatik)
Radioaktivität (Gammastrahlung, Radon)
Geologische Störungen (Erdmagnetfeld, Erdstrahlung)
Schallwellen (Lärm, Ultraschall, Infraschall, Vibration)
B
Wohngifte, Schadstoffe, Raumklima
1
2
3
4
5
Formaldehyd und andere giftige Gase
Lösemittel und andere leichtflüchtige Schadstoffe
Biozide und andere schwerflüchtige Schadstoffe
Schwermetalle und andere anorganische Schadstoffe
Partikel und Fasern (Staub, Schwebstoffe, Asbest,
Mineralfasern...)
6 Raumklima (Temperatur, Feuchte, Kohlendioxid, Luftionen,
Gerüche...)
C
Pilze, Allergene, Partikel
1
2
3
4
Schimmelpilze und deren Sporen sowie Stoffwechselprodukte
Hefepilze und deren Stoffwechselprodukte
Bakterien und deren Stoffwechselprodukte
Hausstaubmilben und andere Allergene
Im Rahmen des baubiologischen Standards werden weitere Begutachtungen durchgeführt, z.B. der Lichtqualität, Beleuchtungsstärke und
UV-Strahlung, der Leitungswasserqualität, von Baumaterialien, Möbeln und anderen Einrichtungen, von Haus- und Holzschädlingen.
Viele Punkte stehen in Wechselbeziehung zueinander: Elektrostatik zieht
Staub an, und Staub zieht Allergene, Pilze, Biozide oder Radon an und
reduziert die Luftionen. Baufeuchte hat Schimmelpilze zur Folge, mangelnde Lüftung kultiviert die Feuchte und lädt Kohlendioxid ein, Kohlendioxid ist wiederum Dünger für Pilze. Ein Wirrwarr von Wechselbeziehungen. Im Biosystem wird das noch interessanter:
Elektromagnetische Felder greifen das Immunsystem an, lassen Pilze im
Körper schneller wachsen, die ihrerseits dem Immunsystem zusetzen.
28
IBN
Der Baubiologe in der Praxis
Kap. 3
25
Elektromagnetische Felder behindern dazu die Schwermetall-Ausscheidung des Körpers, forcieren im Gegenzug die Ausschwemmung von
Quecksilber aus Amalgamfüllungen, ein Teufelskreislauf. Teufelskreisläufe
dieser Art gibt es viele, besonders auch bei den Luftschadstoffen und
Raumklima-Aspekten. Auch deshalb ist es so wichtig, eine Raumuntersuchung ganzheitlich anzugehen und das baubiologische Konzept in
möglichst all seinen Punkten zu erfüllen.
Umwelt fängt zu Hause an. Umweltbedingte Stressfaktoren gibt es drinnen häufiger als draußen. Hier im Haus tragen wir die Verantwortung
und haben eine echte Chance zur Korrektur. Nehmen wir das Schicksal
in die eigenen Hände. Halten wir unsere nächste Umwelt, unsere ‘dritte
Haut’, die eigenen vier Wände, an erster Stelle den Schlafplatz, in bester
Ordnung. Denn nur der kann in Ordnung sein, der in der Ordnung lebt.
Die gewonnene baubiologische Erfahrung, der Standard mit seinen
Richtwerten, der Umgang mit der Messtechnik, interessante Fallbeispiele
und die Begeisterung für diesen spannenden Beruf wurde von mir ausführlich in den beiden Büchern “Stress durch Strom und Strahlung” und
“Stress durch Wohngifte und Pilze” beschrieben. Einige meiner Fallbeispiele und andere baubiologische Beiträge wurden in den letzten 15 Jahren in “Wohnung + Gesundheit” veröffentlicht.
Ve r t r i e b I B N
w e i t e re I n f o r m a t i o n e n
w w w. m a e s . d e u n d
w w w. b a u b i o l o g i e . d e
Was bedeutet Baubiologie für mich, jetzt nach über 20 Jahren praktischer
Tätigkeit? Es waren gute 20 Jahre voller Arbeit, Freude und Befriedigung.
Ich kann mir keinen sinnvolleren Beruf vorstellen. Für die Zukunft wünsche ich mir, dass Baubiologie für jeden Architekten zur Selbstverständlichkeit wird, der Arzt die baubiologische Analytik so alltäglich anordnet
wie Blutanalysen oder Krankengymnastik, der Kranke stets an diese Möglichkeit denkt, um wieder gesund zu werden, und der Gesunde, um gar
nicht erst krank zu werden.
IBN
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Kap. 3
Der Baubiologe in der Praxis
Vielleicht liegt meine Antwort auf die Frage nach der Notwendigkeit,
Sinnhaftigkeit und Attraktivität der Baubiologie auch in einer Geschichte, die 1991 in “Wohnung + Gesundheit” und 2005 in der Neuauflage
von “Stress durch Strom und Strahlung” als Nachwort veröffentlicht
wurde. Seinerzeit besuchte mich meine Mutter, und auch sie stellte die
Frage:
“Was ist das eigentlich: Baubiologie?”
Meine alte Mutter kommt zu Besuch, sitzt mir gegenüber, fragt und erwartet
eine Antwort. “Tja”, höre ich mich sagen und befürchte, dass ihr das nicht
reicht. Ich lege die Kuchengabel zur Seite. “Weißt Du, Baubiologie ist...”
zögere ich, und sie unterbricht: “Du warst 17 Jahre bei der Zeitung, hast
als Redakteur gut verdient, hattest einen soliden Beruf, den schönen Firmenwagen. Die Zukunft, die Rente war sicher.” An so was denken Mütter. “Und
nun das. Man sieht Dich nur noch arbeiten, kaum Urlaub, nie Zeit. Was
machst Du da, mein Junge?”
“Ich mache kranke Häuser gesund”, was Besseres fiel mir nicht ein. Ihre
Fragezeichen im Gesicht bleiben. “Ich besuche die Leute mit meinen Messkoffern, packe Geräte aus und zeige, was im Haus ungesund ist.” - “Hhmm”,
grübelt sie und blickt über den Brillenrand. “Wodurch werden Häuser
krank?” - “Durch Strahlung, Schadstoffe, Bakterien, Schimmel..., die Leute
sind schlecht informiert, machen viel falsch. Einiges ist belastend, manches
gefährlich, sogar lebensgefährlich, manches ruiniert die Gesundheit, macht
krank, raubt Lebensqualität. - “So was gibt’s zu Hause?” - “Leider oft, zu oft,
und ich mache das bewusst, kläre auf.” Meine Mutter fängt an, sich zu interessieren: “Woher kommen die Leute?” - “Meist auf Empfehlung von Ärzten,
weil sie Beschwerden haben, z.B. Husten von Pilzen, Nervenprobleme von
Giften oder Kopfschmerzen von elektromagnetischen Feldern. Manche nur so,
weil sie keine Risiken eingehen wollen. Weißt Du noch, damals vor Jahren,
als ich so krank war, da hat mir der Arzt die Schlafplatzuntersuchung empfohlen. Ich habe nach dem Besuch des Baubiologen vieles verändert und
30
IBN
Der Baubiologe in der Praxis
Kap. 3
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wurde gesund. Das hat mich provoziert.” - “Stimmt, Du warst sehr krank.”
Sorgenfalten legen sich auf ihre Stirn. “Kannst Du davon leben, Junge?”
Mutter muss sich immer Sorgen machen. “Ja, ganz gut. Vielleicht nicht so
gut wie als Journalist, aber das ist nicht wichtig. Ich habe etwas, was Sinn
macht, wo ich drin aufgehe, was ich als Beruf und als Berufung sehe, was
mir wichtig ist. Wenn ich nicht davon leben könnte, würde ich es trotzdem
tun und nachts Taxi fahren, verstehst Du?” Ich begeistere mich: “Baubiologie
ist für mich Arbeit und Hobby. Ich tue, was ich tun will, nicht was ich tun
muss. Ich bin frei, unabhängig. Ich kann mir keinen spannenderen Beruf
vorstellen und möchte mit keinem tauschen. Diese Mischung aus detektivischer und kreativer Arbeit auf Wegen, die noch nicht ausgetrampelt sind, die
von Pionieren erschlossen werden wollen, die einen täglich vor neue Ansprüche stellen, immer wieder überraschen, und das gepaart mit Verantwortungsbewusstsein und Einfühlungsvermögen, das macht mir die Baubiologie so
attraktiv. Baubiologen setzen Maßstäbe, beweisen Mut, sind kritisch, sind
nicht pflegeleicht. Kommen dann noch so viele positive Rückmeldungen von
Kranken, die nach baubiologischen Aktionen wieder gesund wurden, dann
wird mir immer wieder klar, wie wichtig der Beruf ist, wie viel Befriedigung
er bringt und wie hoch gerade heute sein Stellenwert ist. Weißt Du, das
nenne ich Glück.” Ich hole Luft.
Mutter schmunzelt. Ich kenne dies Lächeln. Sie ist zufrieden, erst einmal. Sie
dreht sich zu meiner Frau und verliert sich in Komplimenten über den selbstgebackenen Kuchen. Ich lehne mich in den Sessel zurück, schließe die Augen
und gehe nach innen. Meine Gedanken kreisen um Mutters Fragen und um
meine Einstellung zur Baubiologie.
Baubiologie. Die Lehre vom gesunden Haus, vom natürlichen, lebendigen
Lebensraum. Einem Raum, der arm ist an Risikofaktoren, dafür das Leben,
die Vitalität, die Erholung fördert. Baubiologie. Eine junge Wissenschaft. Sie
kommt spät. Zu spät? Viele Antworten sind bereits möglich, viele Fragen noch
offen, noch mehr Fragen nicht mal gestellt.
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Kap. 3
Der Baubiologe in der Praxis
Jahre Erfahrung und eine Menge baubiologischer Untersuchungen liegen
hinter mir. Vielen Mitmenschen konnte geholfen werden. Viele Leiden
verschwanden mit dem hausgemachten Umweltstress elektromagnetischer,
radioaktiver, toxischer, mikrobiologischer oder raumklimatischer Art. Viele
Patienten und Ärzte sind begeistert. Ich auch.
Da, wo es am wichtigsten wäre, wird am wenigsten getan, zu Hause. Aber
hier besteht das größte Risiko. Hier ist der Mensch so oft und lange, wie sonst
nirgendwo. Hier, in der entspannenden Schlafphase, ist Körper und Psyche so
empfindlich, wie sonst nie. Zu Hause wird alles reingepackt, was schädlich
ist, was uns Menschen das Wohlergehen und der Krankenkasse viel Geld
kostet. Es wird brav konsumiert, was produziert wird, koste es, was es wolle,
nicht nur Geld, auch Gesundheit. Elektrifizierte Schlafplätze, schlimmer als
im Cockpit. Funk allerorten. Hoch lebe die Plastikgesellschaft. Stahl in Bett
und Bau. Gift in Möbeln, Teppichen, Klebern, Schäumen... Alles dicht eingepackt in Beton und Doppelglas... Ständig die Fenster zu. Dicke Luft. Der
Schimmel jubelt, Kohlendioxid triumphiert, Luftionen flüchten, die Wärmeschutzverordnung schmunzelt. Kein Wunder, dass das Immunsystem in die
Knie geht. Kein Wunder, dass die Krankenkassen mahnen: “Jeder dritte ist
umweltkrank.” Kein Wunder, dass wir empfindlicher und schwächer werden,
der letzte Tropfen das körperlich und seelisch überstrapazierte Fass zum
Überlaufen bringt. Fortschritt mit Nebenwirkungen.
Wo bleibt die Wissenschaft? Verpulvert Steuergelder, um zu beweisen, dass
Schädliches nicht schaden kann? Wo wird unabhängig von wirtschaftlichen
und politischen Interessen geforscht? Die Wissenschaft degradiert sich zum
Gehilfen der Industrie und nimmt für sich in Anspruch, der Maßstab zu
sein. Der Glaube an die Allwissenheit der Wissenschaft. Ein Prozent weiß
sie, nicht mehr. Weiß nicht, warum Krebs entsteht, warum sich Menschen
verlieben, Wildgänse nach Süden ziehen und Aale ins Sargasso-Meer. Weiß
kein bisschen, wie die unaufhörliche, raffinierte, destruktive, ja kriminelle
Ausbeutung der Natur durch uns Menschen noch gelenkt, beherrscht, gestoppt
werden kann. Wo bleibt die Politik? Sie verschanzt sich hinter der
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Der Baubiologe in der Praxis
Kap. 3
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Wissenschaft und deckt die Industrie mit menschen- und naturunwürdigen
Verordnungen. Darf Wirtschaftswachstum das einzige Ziel sein? Wie lange
und wohin soll die Wirtschaft denn noch wachsen? Und um welchen Preis?
Wo bleiben die Ärzte? Sie merken an erster Stelle, dass der Mensch immer
kränker wird, immer mehr junge Menschen und Kinder. Es ist ein medizinischer Kunstfehler, die krankmachenden Umweltfaktoren daheim und an der
Arbeit des Patienten zu übersehen. Wo bleiben die Krankenversicherungen?
Die Krankenkosten explodieren ins Unermessliche. In jedem Straßenzug gibt
es Ärzte, Heilpraktiker, Psychotherapeuten..., an jeder Ecke Apotheken, auf
einem einzigen Quadratkilometer in der Neusser City allein ein Dutzend,
und alle haben alle Hände voll zu tun.
Wo bleiben die Journalisten? Über jeden Mist wird berichtet, dass Verona
Feldbusch zugenommen und Britney Spears Akne hat. Nur nicht über die
Grenzenlosigkeit von Grenzwerten. Kaum was über die Gefahr der Handystrahlen, solange Handyhersteller fette Anzeigenkunden sind. Kaum was über
die hinsiechenden Wollarbeiter in der dritten Welt, die mit nackten Händen
in den giftigen Chemikalien rühren, in die unsere Billig-T-Shirts und Teppiche getränkt werden. Zu wenig darüber, dass die USA in Kyoto wieder
nicht unterschrieben haben, um die Treibhausgase und die Erderwärmung
bremsen zu helfen, obwohl sie als Mitverursacher der weltweiten Klimakatastrophe mit 36 % an der Spitze stehen. So was will die Welt regieren, in
God we trust.
Wo bleibt der Konsument? Alles haben, alles kaufen: Die nimmersatte Industrie kann auf ihn bauen, den guten Konsumenten. Wo bleibt der Protest
der Lehrer, wenn die Mobilfunklobby den Lehrstoff liefert? Wo bleiben die
Priester? “Macht Euch die Erde untertan” - aber nicht so! Religion bedeutet
Gottesverehrung nicht Gottesverachtung.
Die Baubiologie will Mut machen, das Schicksal in die eigenen Hände zu
nehmen, da anzusetzen, wo wesentliche Verbesserungen realisierbar sind. Die
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Kap. 3
Der Baubiologe in der Praxis
Baubiologie will nicht streiten, sondern handeln, umsetzen. Warten wir
nicht, bis die Politiker wach werden, der Gesetzgeber die Erlaubnis erteilt,
sich die Wissenschaftler einig werden. Das kann dauern, sehr lange, bis es zu
spät ist. Ich höre Dr. Franz Alt sagen: “Wir haben keine Zeit für Pessimismus, auch nicht für Optimismus, aber für Realismus.” Baubiologen tragen
Erfahrung zusammen, recherchieren, analysieren, hinterfragen, passen auf,
klären auf und helfen heilen. Wir machen keine Probleme, das überlassen wir
anderen, der Industrie, den Entwicklungsingenieuren, dem Gesetzgeber..., wir
weisen darauf hin und bieten Alternativen. Die Baubiologie steckt in den
Kinderschuhen, auch nach 30 Jahren. Das soll nicht daran hindern, mit dem
schon Bekannten zu arbeiten, zum Wohle des Menschen und seiner Umwelt.
Der beste Garant, Bürge, Anwalt und Maßstab für baubiologisches Arbeiten
ist die Natur. Ist die natürliche Ordnung gestört, dann ist es töricht zu glauben, dass das im Laufe der Zeit keine Folgen haben soll. Es entsteht immer
lebensfeindliches Chaos, wenn der lebensfreundliche Kosmos in seiner fundamentalen Harmonie gestört wird. Jeder Eingriff in natürliche Abläufe hat
früher oder später fatale Folgen gezeigt, jeder. Die Natur rächt sich nicht, sie
reagiert, bio...logisch. Lasst die Natur in Ruhe! Sie kann nicht verbessert werden. Die Schöpfung braucht keine Nachhilfe. Die Natur braucht uns nicht,
wir brauchen sie. Die Natur ist perfekt, das Leben ein Wunder, die Erde das
Paradies!
Ernährungsreformer klärten auf: “Lasst Eure Nahrung so natürlich wie
möglich sein!”, und lösten eine weltweite Welle zur gesunden Ernährung aus.
Die Baubiologie fordert: “Lasst Euren nächsten Lebensraum, Euer Heim, so
natürlich wie möglich sein!”, und löst eine weltweite Welle zum gesunden
Wohnen aus. Die Zeit ist reif, die Zeit ist überfällig. Paracelsus mahnte:
“Wer sich gegen die Natur versündigt, der kommt darin um.” Pestalozzi
machte klar: “Früher oder später, aber gewiss immer, wird die Natur auf
alles Tun des Menschen reagieren, das wider sie selbst ist.” Schiller wusste:
“Nichts führt zu Gutem, wenn es nicht natürlich ist.” Die Indianer verkündeten: “Jeder, der die Erde verletzt, verletzt sich selbst. Alles, was auf Erden
wächst, ist Deine Familie.” Ich höre Osho sagen: “Immer wenn der Mensch
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Der Baubiologe in der Praxis
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die Natur durcheinander bringt und seine eigenen Regeln aufstellt, begeht
er ein unverzeihliches Verbrechen.” Und: “Das Problem ist nicht, das Natürlichsein zu erlernen, das Problem ist, das Unnatürliche zu verlernen.”
Suchen wir von Alaska bis Feuerland, von Sibirien bis Australien, auf dem
Gipfel und im Tal: Nirgendwo ist in der Natur ein Lebewesen mit einem
Spannungspotenzial von etlichen Volt zu entdecken, nirgendwo eines, das
von Strom und Funk durchwirkt wird, nirgendwo zeigt die Kompassnadel
statt nach Norden nach Süden, nirgends gibt es Permethrin oder 2000 ppm
Kohlendioxid, nirgendwo lässt Synthetik Funken schlagen. Solange die Welt
sich dreht, nirgendwo. Nur bei Tante Frieda im Bett und in jedem dritten
zivilisierten Schlafgemach auch. Aber unsere neunmalklugen wissenschaftlichen und politischen Kopfakrobaten versuchen mit voller Kraft, das Unbeweisbare zu beweisen: dass das alles nichts ausmacht. So wie Autoabgase
nichts ausmachen und Dieselruß, FCKW und Pestizide, Tschernobyl und
BSE, Genmanipulation und Waldsterben...
Tausende Tiere und Pflanzen sind ausgestorben, die Flüsse und Meere vergiftet, die Böden ausgelaugt, das Grundwasser verschmutzt, die Luft verpestet,
die Seelen verkümmert, der Geist abgestumpft. Der Mensch ist das einzige
Lebewesen, das Müll produziert, bergeweise, nicht nur auf der Erde, bereits
im Weltraum. Und das, weil alles in Ordnung ist? Manchmal weiß ich nicht,
ob die Irren vor oder hinter den schützenden Mauern zu finden sind, die
Verbrecher vor oder hinter den schützenden Gittern lauern, ob das Geschöpf
Mensch der Schöpfung des Schöpfers überhaupt würdig ist.
Die Natur ist Maßstab, es gibt keinen anderen. Wir sind Teil der Natur. Wie
kann ein Teil klüger sein als das Ganze? Wer das nicht versteht, hat die Rechnung ohne den Wirt gemacht. Wer nicht kapiert, dass nur der in Ordnung
sein kann, der in der Ordnung lebt, muss mit Konsequenzen rechnen. Wer
nicht kapiert, dass Freiheit nur die Folge der Akzeptanz unserer lebenserhaltenden Naturgesetze sein kann, der hat seine ureigene fixe Idee von Freiheit.
Das freieste Wesen ist die Krebszelle. Sie hat sich selbstständig gemacht. Sie
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pfeift auf natürliche Ordnung. Sie pfeift darauf, tagein tagaus den ihr zugeordneten Dienst im letzten Winkel des Organismus zu erfüllen. Sie steigt aus.
Sie will Sieger werden, Leben beherrschen. Ihr geht es gut dabei, sie empfindet Macht. Sie hat eine Vision von Freiheit, Selbstbestimmung, Unabhängigkeit. Sie funktioniert, wie sie allein es für richtig hält. Sie geht den direkten
und entschlossenen Weg zur Durchsetzung ihrer Bedürfnisse: egoistisch, zielsicher, kurzsichtig, unsozial, unmoralisch, respekt- und verantwortungslos. Sie
sieht den Vorteil: sich zu bereichern auf Kosten der Anderen. Sie vermehrt
sich und wird größer und größer. Sie lebt prächtig und hinterlässt Chaos.
Die Krebszelle hat die Rechnung ohne den Wirt gemacht... Stirbt der Wirt,
dann stirbt sie mit. Sie war zu uneinsichtig, zu dumm. Das war ihr letzter
Lernprozess. Ist der Mensch die Krebszelle der Erde? Der Mensch hat die
Freiheit und das Potenzial der Intelligenz zu entscheiden, ob er in Ordnung
leben oder in Unordnung leiden will. Die Natur, das Leben, wird darauf
reagieren.
Künstlich ist kein Ersatz für biologisch. Kultur kein Ersatz für Natur. Haben
kein Ersatz für Sein. Wissen kein Ersatz für Weisheit. Intellekt kein Ersatz
für Intelligenz. Fortschritt keine Rechtfertigung für Ausbeutung. Macht kein
Freibrief für Zerstörung. Mode keine Entschuldigung für Maßlosigkeit. Geld
kein Garant für Glück. Und Unwissenheit kein Schutz vor Konsequenzen.
Mein Hobby sind Reptilien. Seit 40 Jahren wandere ich durch die wärmeren
Südalpenlandschaften Kärntens, Südtirols und des Tessin, in den Naturschutzgebieten der Abruzzen und der kroatischen Küste. Ich kenne die
Biotope ‘meiner’ Eidechsen und Schlangen genau, studiere die Tiere, fotografiere sie und erfreue mich an der Vielfalt der Arten, dem herrlichen Grün
der stattlichen Smaragdeidechsen, den blutroten Rückenflecken der grazilen
Leopardnattern und dem markanten Zickzackband der giftigen Vipern.
Jahrzehnte waren die Tiere in den abgelegenen Gebieten, die man kennen
muss und die ein Durchschnittstourist nicht aufsucht, erstaunlich zahlreich.
In den Geröllhalden Kärntens oder des Tessiner Maggiatals habe ich an
einem günstigen Morgen regelmäßig bis zu 50 Sand- oder Aspisvipern
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beobachten können, in den Hochlagen der Julischen Alpen ähnlich viele
Kreuzottern, sogar schwarze. In den letzten Jahren geht die Zahl rapide zurück. Heute muss man Stunden suchen, um zwei oder drei Tiere zu finden.
Woran liegt’s? An der Landschaft hat sich kaum was geändert, keine Neubaugebiete, keine Industrie, kaum Autos, nicht mehr Landwirtschaft als sonst.
Dafür seit einigen Jahren mitten in der einst unberührten Natur reichlich
Mobilfunk- und andere Sendemasten. Schlangen gehen aufgrund ihrer Länge
ideal in Resonanz mit den Funkmikrowellen, sie sind perfekte Antennen. Ist
das der Grund? Man muss kein Schlangenliebhaber sein, um den störenden
Eingriff in biologische Abläufe, in die natürliche Ordnung zu befürchten.
Ihnen fehlen sie vielleicht nicht so, die Schlangen, mir schon, mich macht
das traurig, für mich sind sie Teil einer großen intakten Familie, der Familie
namens Schöpfung, und wer meiner Familie etwas antut, der soll mich kennen lernen...
Es bedrückt mich, dass alle zwei Sekunden ein Stück Urwald der Größe eines
Fußballfeldes abgeholzt wird; 80 Prozent des Holzes geht in die Produktion
drittklassiger Zeitschriften und Werbebeilagen. Ich bin verwundert über
Erwachsene, die ihren Kindern ein Vorbild sein wollen mit dem Handy am
Ohr und der Zigarette zwischen den Lippen. Es macht mich wütend, dass
in Deutschland laut Gesundheitsministerium jährlich 14.000 Menschen an
Dieselabgasen sterben und es derart viele unnötige Jahre lang in deutschen
Autos keine Dieselrußfilter gibt, dafür serienmäßig in Frankreich. Ich schüttele mit dem Kopf, dass hochtoxisches Amalgam in unsere Gebisse darf,
obwohl es, aus Gebissen entfernt, auf dem Sondermüll entsorgt werden muss.
Es verschlägt mir die Sprache, wenn tausende Unschuldige in Bombenhageln
sterben, auf der Suche nach den beiden angeblichen Kriegsgründen, den Massenvernichtungswaffen und Osama Bin Laden, welche immer noch nicht
gefunden wurden. Ich bin vorsichtig mit Menschen, die so viele Waffen herstellen, dass sie damit unsere Erde zehnmal vernichten könnten; man braucht
nicht die Klugheit eines Genies, um zu begreifen, dass einmal schon einmal
zu viel wäre.
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Der Baubiologe in der Praxis
Ich koche, wenn die New Yorker 650 ausgediente U-Bahn-Waggons im
Meer versenken mit dem Argument, so würden “neue Riffe geschaffen, ideale
Biotope, welche Fischschwärme und Muscheln anziehen”; der wahre Grund:
kein Schrottplatz wollte die asbesthaltigen und giftstrotzenden Relikte haben.
400 Panzer landen ebenso auf dem US-Meeresgrund, eine Zugabe, noch 400
Riffe mehr. Von 10.000 Schiffswracks ganz zu schweigen: Tanker, Handelsschiffe, Kriegsschiffe, Atom-U-Boote. Ganz zu schweigen auch von den
40.000 Tonnen Öl des Tankerunfalls vor Spanien im November 2002, den
50.000 Tonnen Öl der Exxon Valdez vor Alaska im März 1989 und den
200.000 Tonnen nach der Havarie vor der Normandie im Sommer 1978.
Allein in den letzten 10 Jahren sind 500 Tanker untergegangen, mehr als
eine halbe Million Tonnen Öl ins Meer geflossen. Ich bin vorsichtig mit
Menschen, die zum Schöpfer beten und seine Schöpfung zur Müllhalde zu
machen.
Wann erscheint endlich der Homo sapiens auf der Bildfläche, der weise
Mensch, jene Krone der Schöpfung? Wir sind das! Wir! So viel Vertrauen in
uns! Die Anlage ist da, warum entwickeln wir sie nicht? Wir stehen in der
Evolutionskette auf höchster Stufe, sind die Spitze des Machbaren, der Stolz
der Schöpfung. Wir sind in unserer Anlage viel mehr als wir scheinen, mehr
als wir leben, viel besser als unser Ruf! Wann wird die Schöpfung endlich
stolz auf seine Krone sein können? Nutzen wir unsere Chance, wachen wir
auf, stehen wir auf - für das Leben. Sorgen wir dafür, dass dieser Witz nicht
Realität wird: Treffen sich zwei Planeten im All. Sagt der eine: “Du siehst
aber schlecht aus.” Sagt der andere: “Ich bin schwer krank, ich habe Homo
sapiens.” Sagt der eine: “Nur keine Sorge, das vergeht.”
Warum haben so viele Menschen Krebs? Jeder Dritte erkrankt und jeder
Vierte stirbt daran, Tendenz steigend, trotz aller medizinischen Fortschritte.
Alle zweieinhalb Minuten stirbt allein in Deutschland ein Mensch an Krebs,
600 pro Tag, 220.000 pro Jahr, nicht nur Alte, viele junge Menschen, immer
jüngere. Was werden wir unseren Kindern erzählen, wenn der Galopp ins
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Verderben so weiter läuft? Wie lange wollen wir noch warten? Was muss
noch passieren? Da muss es doch Gemeinsamkeiten geben, beim Krebs und
bei den vielen anderen fatalen Krankheiten. Überall ähnliche Statistiken,
kaum Unterschiede: in Großstädten und auf dem Land, in Industriegebieten
und in Kurorten, mit gutem Talsperrenwasser oder miesem Rheinuferfiltrat,
in den Dolomiten oder am Meer, bei uns und in anderen Kontinenten, als
Privat- oder Kassenpatient. Was könnte der gemeinsame Auslöser sein?
Ein befreundetes Ehepaar lebt schon immer auf ihrem Bauernhof in den
Bergen Kärntens, fernab vom Lärm und von der Hektik der Zivilisation.
Deren Ahnen lebten hier seit Generationen. Es gab keine nennenswerten
Krankheiten. Die beiden sind umgeben von kilometerweiten Blumenwiesen,
Weiden und Wäldern: frische Luft, keine Industrie, kein Autoverkehr, optimale Luftionen, eigenes reines Quellwasser, frische Salate aus dem Garten,
frisches Obst von den Bäumen und Sträuchern, selbstgebackenes Brot, selbstgemachte Butter, selbstgewonnener Honig, selbstgepflückte Kräuter, Tees von
den ungedüngten Wiesen, Holz für den Kamin aus dem Wald. Reichlich körperliche Bewegung, kaum Karies, keine Amalgamfüllungen, kein Zahnersatz,
ein Leben lang nicht geröntgt, kein übertriebener Medikamentenkonsum,
keine Sonnenbrände bis sich die Haut in Fetzen löst, jedes Jahr drei Wochen
Fastenkur. Vor 25 Jahren erst bekamen sie Strom, vor 20 Jahren fließendes
warmes Wasser... Beide haben seit vier Jahren Krebs, beide haben gleich zwei
verschiedene Krebsarten, sie Darm- und Gebärmutterkrebs, er Prostata- und
Schilddrüsenkrebs. Was sie im Schlafraum haben, das teilen sie mit Millionen
anderen in Stadt und Land: elektrische Spannung im Bett, zehnfach stärker
als am PC zulässig; Strom am Kopfende, dreifach über der Computernorm,
zweifach über der WHO-Einschätzung eines potenziellen Krebsrisikos.
Dazu die magnetischen Federkerne mit 180 Grad Kompassnadeldrehung.
Auch sie gehen mit der Zeit: seit fünf Jahren das zum Geburtstag geschenkte
DECT-Telefon. Was sie im ganzen Haus haben, das teilen sie ebenfalls mit
Millionen anderen: überall Holz mit verschiedenen Holzschutzmitteln im
Laufe der Jahrzehnte gestrichen und immer mal wieder aufgefrischt. Dazu
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Der Baubiologe in der Praxis
Mottenpapiere in den Kleiderschränken, Insektensprays und Elektroverdampfer gegen die Mücken, Puder und Köderdosen gegen die Ameisen. Immer die
schwarzen und grünen Schimmelpilze an den kühlen und chronisch feuchten
Außenwänden, und ständig stur die Fenster zu. Dazu seit 10 Jahren die
Fernsehsender zwei Berge weiter und seit fünf Jahren die Mobilfunksender
auf dem Hügel gegenüber.
Manchmal freue ich mich gar nicht mehr so richtig über Sanierungserfolge,
die uns immer wieder zeigen, dass wir auf dem richtigen Weg sind. Manchmal machen sie bei aller Befriedigung auch nachdenklich, weil ich nur ahnen
kann, wie viele Menschen es geben muss, deren Leid ausgelöst wurde von den
völlig unnötigen und so oft so leicht vermeidbaren Risikofaktoren des Alltags.
Es wäre so einfach. 90 Prozent der belastenden Umstände wären mit links in
den Griff zu kriegen. Das ginge keinem Industriezweig an den Kragen, im
Gegenteil, es würden neue Marktlücken erschlossen. Das widerspräche keiner
Politik. Wir fordern nichts Absurdes, wir könnten wirklich besser leben. Nur,
wie sagte Albert Einstein: “Die Probleme, die es in der Welt gibt, sind nicht
mit der gleichen Denkweise zu lösen, die sie erzeugt hat.”
Vermeiden wir ein Zuviel, speziell wenn es um chronische Dauerbelastungen
geht. Weniger ist besser. Vorsorge das oberste Gebot. Das ist nicht immer so
bequem wie Vitaminpillen, Anti-Aging-Salben oder Fit-Forever-Drinks, aber
nachhaltig wirksam. Die Baubiologie ist konstruktiv und will helfen, Stress
da zu reduzieren, wo er am geballtesten auftritt, wo Sanierungen machbar,
wichtig und in unserer ureigenen Verantwortung liegen: in den eigenen vier
Wänden. Baubiologie begnügt sich nicht mit Symptomkompensierung, sie
will Ursachenbeseitigung. Baubiologie fängt in den Köpfen und Herzen
experimentierfreudiger Menschen an. Sie ist ein gutes Stück Gesundheit,
Vitalität und Lebensqualität. Sie ist Dank an die Natur und Achtung vor
der Kreatur.
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Kap. 3
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Jeder Vierte stirbt an Krebs. Jeder Fünfte ist psychisch krank. Jeder Vierte
ist Allergiker, schon jedes vierte Baby. Jeder Dritte hat ein geschädigtes
Immunsystem. Jeder Zweite hat Schmerzen. Jeder Zweite nimmt dauerhaft
Tabletten. Jeder Zweite schläft schlecht bis miserabel. Jeder Zweite ist
unglücklich.
Genug!!
“Junge!”, höre ich aus weiter Ferne meine Mutter rufen. Ich öffne die Augen.
Im Wohnzimmer duftet nach Kuchen. Mutter beugt sich zu mir, lächelt und
hebt mahnend den Zeigefinger: “Wie kannst Du nur einschlafen, wenn Du
Gäste hast? Ich sage ja, Du arbeitest zuviel. Hast Du wenigstens schön
geträumt?”
Habe ich das?
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Kap. 4
4. Beziehung der Baubiologie zu den Heilberufen
Prof. Dr. V. Zahn, Umweltmediziner und bis 2004 Leiter der
Frauenklinik am Elisabeth Krankenhaus in Straubing,
Kreut 5, 86971 Peiting
V
on Anfang an war es ein wichtiges Anliegen des IBN, auch Mediziner für die Baubiologie zu gewinnen. Nur so ist es gewährleistet,
dass neben der Symptombehandlung frühzeitig auch mögliche Krankheitsursachen aus dem Wohn- und Arbeitsumfeld erkannt werden. Herr
Prof. Dr. Zahn steht in engem Kontakt zum IBN, ist ehrenamtlich tätiges
Mitglied des Stiftungsvorstandes der vom IBN mit betreuten Stiftung
BAU und engagiert sich seit vielen Jahren für die Zusammenarbeit von
Baubiologen sowie Verantwortlichen aus Heilberufen.
Was ist Umweltmedizin?
"Umweltmedizin ist die Lehre von der Erkennung, Erforschung,
Beschreibung, Vorbeugung und Therapie umweltbedingter Erkrankungen."
Die Umweltmedizin gliedert sich in zwei Hauptgebiete:
• Allgemeine Umweltmedizin
• Angewandte Umweltmedizin
Die allgemeine Umweltmedizin vermittelt schwerpunktmäßig alle
Grundlagen, die für die Erkennung, Erforschung und Beschreibung
umweltbedingter Erkrankungen sowie für das Verständnis umweltmedizinischer Zusammenhänge erforderlich sind. Schwerpunkte der allgemeinen Umweltmedizin ergeben sich daher aus allen medizinisch relevanten
Gebieten, wie Ernährung, Luft, Wasser, Boden, Energie und Strahlung.
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Der Baubiologe in der Praxis
Kap. 4
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Wesentliche Punkte der angewandten Umweltmedizin sind:
•
Klinische Umweltmedizin
•
Ambulanzen
•
Spezialsprechstunden
•
Stationäre Behandlung in Kliniken für Umweltmedizin
•
Umwelttoxikologie
•
Wohnmedizin und Umweltallergologie.
Aus medizinischer Sicht interessieren vor allem Belastungen der Umwelt
mit Schadstoffen und Giften, die durch die biologischen Zyklen in den
menschlichen Organismus gelangen und direkt oder indirekt zu akuten
und chronischen Gesundheitsbeeinträchtigungen, -schädigungen und
z.T. auch zu schweren Erkrankungen führen. Wichtig ist dabei eine systematische Grundlagenforschung über bedeutende biologische Mechanismen und der Zusammenhang mit solchen Schadstoffbelastungen sowie
mögliche synergistische Effekte der Einzelbelastungen. Bei der umweltmedizinischen Forschung stellt sich das Problem, dass sich die im Körper
ausgelösten Reaktionen keineswegs immer als lineare Beziehung zwischen
Konzentration und Expositionsdauer sowie den daraus resultierenden
G r a d d e r G e f ä h rd u n g
f ü r e i n e n O rg a n i s mus, der sich aus der
Häufigkeit und Intens i t ä t a l l e r ä u ß e re n
Krankheitsbedingung e n e rg i b t , d e n e n
d e r O rg a n i s m u s a u s gesetzt ist
gesundheitlichen Auswirkungen darstellen. Auch für allergische Reaktionen gelten nicht immer nur lineare Beziehungen. Sie sind vielmehr
von einer Reihe exogener und endogener Faktoren abhängig. Die Erforschung des Zusammenspiels dieser Faktoren ist Gegenstand der Umweltmedizin.
Vo n a u ß e r h a l b b z w.
innerhalb des
Körpers kommende
krankheitsauslösende
Einflüsse
Leider ist die medizinische Ausbildung auf linearem, streng analytischem
Denken aufgebaut. Eine hochspezialisierte Ausbildung ist die Folge. Ein
komplexes kybernetisches Denken und Wissen ist aber gerade bei Umwelterkrankungen gefragt.
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Der Baubiologe in der Praxis
Kap.4
So weiß der Mediziner vom Schadstoffgemisch aus dem Wohn- und
Arbeitsumfeld nicht allzu viel, weil nach der Arbeitsmedizin ein Giftstoff
mit entsprechendem Grenzwert gefunden werden muss, von dem bereits
bekannt ist, welche Erkrankung er hervorruft.
Wie wirken Umweltgifte auf den Menschen?
Zunächst ist allgemein festzustellen, dass Umweltgifte das Immunsystem
schwächen und daraus viele chronische Erkrankungen entstehen können.
Man rechnet, dass bis zu 7 Jahre nach Einwirkung der Gifte vergehen
können, bis die Krankheit zum Ausbruch kommt. Häufig sind es auch
nicht Einzelstoffe, sondern die Vielzahl von schädigenden Einflüssen aus
dem physikalischen, chemischen und biologischen Bereich. Akute Erkrankungen durch Einzeldosen, z.B. von Blei, werden von Arbeitsmedizinern diagnostiziert und therapiert. Bei umweltmedizinischen Erkrankungen handelt es sich jedoch um chronische Erkrankungen. In der
Medizin ist immer noch sehr strittig, wie verschiedene Substanzen schädigend auf den Körper wirken. Derzeit gilt die Modellvorstellung entspr.
folgender Abbildung von Professor Dr. Rea, einem der bekanntesten
Umweltmediziner Amerikas:
Gesamtkörperüberlastung
chemisch:
Abb. 1
Prinzip der
"Chemischen Sensitivität"
nach Prof. Dr. W. J. Rea,
Dallas
Blei, Cadmium, Aluminium, Quecksilber, Phenole, Pestizide, Fungizide,
Nahrungsmittelzusatzstoffe …
physikalisch:
Elektromagnetische Felder …
physischer und
psychischer Stress
biologisch:
Schimmelpilze, Pollen, Stäube
Gesamtkörperbelastung
Die Gesamtkörperbelastung ist in Form eines Fasses dargestellt. Erst wenn
die physikalischen, chemischen, elektrischen und biologischen schädigenden
Einflüsse so zahlreich sind, dass das Fass zum Überlaufen kommt und damit eine
Gesamtkörper-Überbelastung vorliegt, kommt es zum Ausbruch der Erkrankung.
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Der Baubiologe in der Praxis
Kap. 4
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Zurzeit beschäftigen sich die Umweltmediziner z.B. mit den Einflüssen
von Quecksilber aus Amalgamfüllungen, mit Holzschutzmitteln, Lösungsmitteln und elektromagnetischen Belastungen.
Besonders umweltgefährdete Personengruppen
Säuglinge
Säuglinge kommen mit einem noch nicht intakten Immunsystem zur
Welt. Erst im Laufe der ersten Jahre reift das Immunsystem langsam
heran, so dass am Anfang Schadstoffe die verschiedenen Gewebsarten
besonders schädigen können. Außerdem ist der Stoffwechsel von Säuglingen besonders hoch, die Atem- und Herzfrequenz schnell, so dass auch
daraus ein höherer Schädigungsgrad durch einwirkende Gifte resultiert.
Kleinkinder
Hier ist die Situation ähnlich wie bei Säuglingen, wenn auch das Immunsystem schon besser ausgebildet ist. Aber auch die Enzyme, die für
die Entgiftungsvorgänge verantwortlich sind, befinden sich noch in Ausreifung, so dass besonders Schadstoffe in Kinderzimmern, Schulen oder
Kindergärten die Kinder stark belasten können. Sowohl bei Säuglingen
als auch bei Kleinkindern kommt noch hinzu, dass sie Gegenstände aller
Art in den Mund nehmen, die mit Giften kontaminiert sein können.
Außerdem haben sie einen größeren Kontakt zum Boden und können
hier mehr Schadstoffe aufnehmen. In diesem Zusammenang sei auch
auf die Problematik einer Fußbodenheizung hingewiesen.
Frauen
Gegenüber Männern haben Frauen ein schwächer ausgebildetes Entgiftungssystem. Einige Enzyme, z.B. in der Leber, sind nicht so ausgebildet
wie beim Mann. Es ist auch seit langem bekannt, dass die Frau gegenüber Alkohol eine geringere Toleranzschwelle besitzt und bei chronischem
Alkoholkonsum beispielsweise eher zum Leberversagen und zur Leberzirrhose neigt. Der einzige Vorteil gegenüber dem männlichen Geschlecht
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besteht in der Entgiftung während der Schwangerschaft und der monatlichen Periode sowie über die Muttermilch. Seit langem ist bekannt, dass
die Frau sich während einer Schwangerschaft zu 20 % über das heranwachsende Kind "entgiften" kann; alle Chemikalien und Schwermetalle
sind plazentagängig, d.h. sie gehen über den Blutkreislauf auf das Kind
über und werden dort eingelagert. Aus dem toxikologischen Institut in
München gibt es Untersuchungen, wonach bereits bei Ungeborenen und
Säuglingen in den ersten Lebenswochen hohe Dosen beispielsweise an
Quecksilber in Hirn, Leber, Milz, Nieren und Lungen gefunden werden
und zwar in Abhängigkeit von der Anzahl der Amalgamfüllungen bei der
Mutter. Auch bei Jungtieren hat man Chemikalien aller Art nachweisen
können.
Chronisch Kranke
Chronisch kranke Menschen haben oft eine geringere Funktionsfähigkeit
der Nieren, der Leber und des Darms. Auch ist allgemein der Stoffwechsel langsamer, so dass Schadstoffe weniger schnell ausgeschieden werden
können. Das Immunsystem ist durch die ständige Gabe von Medikamenten meist deprimiert, so dass die Abwehr gegen Krankheitserreger
reduziert ist. Nachdem Haut, Leber, Nieren und Darm unsere Hauptentgiftungsorgane sind, werden chronisch Kranke durch Umweltgifte
besonders hart getroffen. Ihr Krankheitsbild verschlechtert sich und oft
ist eine Besserung allein durch die Einwirkung von reduzierten Umweltbelastungen nicht möglich.
Männer
Der ausgereifte Mann ist gegenüber Umweltgiften von allen bisher beschriebenen Personengruppen am wenigsten gefährdet. Die Enzymsysteme zur Entgiftung sind beim Mann gegenüber der Frau relativ gut ausgebildet. Deshalb reagieren Männer beispielsweise gegenüber Alkohol,
Nikotin und anderen Schadstoffen wesentlich unempfindlicher.
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IBN
Der Baubiologe in der Praxis
Kap. 4
25
Häufige umweltmedizinische Erkrankungen
Die allermeisten Erkrankungen sind schon immer umweltbedingt gewesen. In unserer heutigen Zeit treten aber einige bisher unbekannte
Krankheitsbilder auf und seltene Erkrankungen sieht man durch die
hohen Umweltbelastungen gehäuft (z.B. Hörsturz, Pilzerkrankung,
Zunahme von Haut-, Dickdarm- und Brustkrebs und Allergieformen).
Hier nun die 4 am häufigsten diskutierten Erkrankungen:
Vielfaches Chemikaliensyndrom (MCS)
Die vielfache Chemikalien-Unverträglichkeit MCS ist keine Allergie im
multiple chemical
sensitivity
herkömmlichen Sinne. Der Patient reagiert auf Exposition mit vielen,
nicht miteinander verwandten Substanzen mit unterschiedlichen
Symptomen verschiedener Organsysteme.
Dabei kommen der Hals-Nasen-Rachenraum, das Herz-Kreislauf-System
und die Lungen genauso in Frage, wie die Ohren, die Gelenke, die Skelettmuskulatur, der Verdauungstrakt, das Uro-Genitalsystem und das zentrale Nervensystem. Die Symptome sind reproduzierbar.
Besonderes Zeichen der MCS ist, dass diese Symptome schon bei Stoffkonzentrationen auftreten, die der Normalbürger teilweise gar nicht
wahrnimmt bzw. die beim Gesunden keine Schäden hervorrufen. Einer
MCS geht in aller Regel eine einmalig hohe, meist akzidentielle Chemikalienexposition voraus, oder die Patienten waren über Jahre Schadstoffen in geringer Menge ausgesetzt. Besonders Holzschutzmittel werden als
nicht zum
gewöhnlichen
Krankheitsbild
g e h ö re n d
potenzielle Auslöser einer MCS verdächtigt.
Charakteristisch ist weiterhin, dass die Zahl der nicht tolerierten Stoffe
im Laufe der Erkrankung zunimmt. Auch die Empfindlichkeit nimmt
zu; immer geringere Konzentrationen lösen die Beschwerden aus. Dies
kann mit der Zeit zum Rückzug aus dem gesellschaftlichen Leben und
zu sozialer Isolation führen. Die Patienten haben oft einen hohen Leidensdruck und meiden die Öffentlichkeit, um sich keiner Reizsituation
auszusetzen.
IBN
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25
Kap. 4
Der Baubiologe in der Praxis
Eine Hypothese zur Erklärung der MCS-Pathogenese stammt von Dr.
Rea: Er vermutet, dass eine Exposition mit Organochlor-Verbindungen
wie Pestiziden oder Holzschutzmitteln, sowie mit Schwermetallen der
MCS den Weg bereitet. Die Exposition soll die Fähigkeit des Körpers
schwächen, mit winzigen Schadstoffmengen umzugehen, bis er schließlich schon auf geringste Mengen von Chemikalien hochsensibel reagiert.
Dr. Rea vermutet, dass durch die ursprüngliche Chemikalienbelastung
einige Enzyme, die der Organismus dringend zur Entgiftung bräuchte,
nicht mehr oder nur noch unzureichend arbeiten.
Die Existenz der MCS ist unter Medizinern noch strittig. Die Mehrzahl
der Allergologen beispielsweise ist der Meinung, dass eine Substanz in so
geringen Konzentrationen keine Gesundheitsstörung auslösen kann, da
sie im Epikutantest keine allergische Reaktion hervorruft.
Insbesondere die klinischen Ökologen halten dagegen, werden aber vor
allem wegen ihrer nicht allgemein anerkannten Methoden nicht ernst
genommen. Von denen, die die Relevanz der MCS bestreiten, werden
die Patienten zumeist als psychosomatisch oder psychiatrisch krank eingestuft. Eine entsprechende Behandlung zeigt aber meist keine Erfolge.
Aus der Auswertung der zur Verfügung stehenden Literatur und aufgrund
eigener Erfahrung sollte man unserer Ansicht nach die Existenz dieses
Krankheitsbildes akzeptieren, wenn auch manche Diagnosekriterien noch
unscharf definiert sein mögen.
Differenzialdiagnostisch auszuschließen sind psychosomatische Erkrankungen, Neurosen und depressive Erkrankungen.
Häuserkrankheit (Sick-Building-Syndrome SBS)
Das Sick-Building-Syndrome ist ein Symptomenkomplex, der bei übermäßiger Belastung in Innenräumen mit einer oder mehreren Substanzen
oder auch biologischen Stoffen wie Pilzsporen auftreten kann. Es findet
sich gehäuft in klimatisierten Gebäuden, da die zentrale Luftversorgung
dieser Häuser Schadstoffe gegebenenfalls weit verteilt und Luftaustausch
durch die geschlossenen Fenster nicht stattfindet.
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IBN
Der Baubiologe in der Praxis
Kap. 4
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Die Diagnose bedeutet detektivische Kleinarbeit. Denn auch wenn mehrere Bewohner oder Nutzer eines krankmachenden Gebäudes an SBS leiden, kann jeder anders reagieren. Häufigste Beschwerden sind Reizungen
der Atemwege und der Augen, aber es können auch Kopfschmerzen,
Abgeschlagenheit, Allergien, Hautreizungen und andere Symptome auftreten.
Anders als beim trockenen Auge sind bei den Augenbeschwerden des
Sick-Building-Syndromes einige Molekülgruppen identifiziert, die den
Beschwerdekomplex auslösen.
Dazu gehören beispielsweise erhöhte Konzentrationen von Aminen oder
Ammonium- und Sulfhydrylgruppen. Auch organische Kohlenwasserstoffe aus Farben, Formaldehyd, Kohlenmonoxid und -dioxid sowie Pilze
und Bakterien aus Klimaanlagen gehören zu den Auslösern.
Bei der zum Sick-Building-Syndrome gehörenden verschmutzungsbedingten Augenentzündung findet sich ebenfalls eine verdünnte Lipidschicht des Tränenfilms. Die Eliminierung der auslösenden Substanzen
ist die einzige Abhilfe.
Lipid:
Fett oder fettähnliche Substanz
Charakteristisch für alle Erscheinungsformen des Sick-Building-Syndromes ist, dass sie in ihrer Intensität zunehmen, solange der Kranke sich
in dem Gebäude aufhält, nach Verlassen desselben oder im Urlaub aber
verschwinden oder zumindest nachlassen.
Der Patient sollte deshalb versuchen, sich zu erinnern, wann und wo es
ihm erstmals schlechter ging, ob es zu diesem Zeitpunkt Veränderungen
in seiner Umgebung gab (wie einen Umzug, eine Renovierung oder auch
nur ein neues Möbelstück, einen neuen Teppichboden, neue elektronische Geräte usw.), und er sollte sich Notizen machen über den Aufenthalt
in verdächtigen Räumen und die Intensität der Krankheitssymptome.
Die Konzentration vieler Schadstoffe, wie beispielsweise Formaldehyd,
Holzschutz- oder Lösungssmittel sowie Pilzsporen, messen baubiologische
Messtechniker bzw. Beratungsstellen oder andere spezialisierte Institutionen. Solche Messungen sollten aus Kostengründen möglichst erst
gezielt nach genauer Anamnese veranlasst werden, da sonst unnötige
Kosten auflaufen können.
Vo rg e s c h i c h t e
einer Krankheit
nach Angaben
des Kranken
IBN
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Kap. 4
Der Baubiologe in der Praxis
Lässt sich die Schadstoffquelle genau lokalisieren, so sollte sie saniert
(z.B. eine mit Pilzsporen verunreinigte Klimaanlage) oder entfernt werden (beispielsweise ein mit Holzschutzmitteln kontaminiertes Möbelstück). In manchen Fällen können leichtflüchtige Substanzen durch
intensives Lüften und Heizen reduziert werden.
Auch regelmäßige, gründliche Reinigung der Räume hilft, zumindest
einen Teil der Schadstoffe loszuwerden. Wichtig ist dabei, keine scharfen
oder stark riechenden Putzmittel zu verwenden. Auch sie tragen zum SBS
mit bei, ebenso wie Chemikalien in Möbelpolitur, Pflanzenschutzmitteln
oder den ohnehin überflüssigen Raumluftsprays und Duftsteinen. Die
sollte der SBS-Patient konsequent aus seiner Umgebung verbannen.
auch
E r s c h ö p f u n g s s y n d ro m
b z w. C h ro n i c - f a t i q u e S y n d ro m ( C F S )
Chronisches Müdigkeitssyndrom
Das chronische Müdigkeitssyndrom ist ein klinisch definiertes Krankheitsbild, das durch schwere Erschöpfung und eine Kombination von
Symptomen charakterisiert wird, bei denen Konzentrationsschwäche und
Merkfähigkeitsstörung, Schlafstörungen, Muskel- und Gliederschmerzen
im Vordergrund stehen. Die Diagnose kann erst gestellt werden, wenn
andere medizinische bzw. psychiatrische Ursachen für chronische Müdigkeit ausgeschlossen worden sind.
Für das Müdigkeitssyndrom gibt es bis heute keine wissenschaftlich
gesicherten Nachweismethoden. Außerdem gibt es derzeit noch keine
definierte Therapieform. Das chronische Müdigkeits- bzw. Erschöpfungssyndrom ist definiert durch das Vorliegen folgender Bedingungen:
Der Patient leidet unter einer klinisch gesicherten, ungeklärten, anhaltenden oder wiederkehrenden chronischen Erschöpfung. Sie muss neu
oder zeitlich bestimmbar eingesetzt haben und darf nicht bereits lebenslang bestehen. Eine noch anhaltende Überlastung ist als Ursache auszuschließen. Ruhe bringt keine wesentliche Besserung. Die Erschöpfung
führt zu einer schwerwiegenden, substanziellen Reduktion der früheren
Aktivitäten in Ausbildung und Beruf sowie im sozialen oder persönlichen
Bereich.
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Der Baubiologe in der Praxis
Kap. 4
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Von den folgenden 8 Symptomen müssen wenigstens 4 für mindestens
6 aufeinanderfolgende Krankheitsmonate anhaltend oder ständig wiederkehrend nebeneinander bestanden haben; sie dürfen der Erschöpfung
nicht vorausgegangen sein:
•
Selbstberichtete Einschränkungen des Kurzzeitgedächtnisses oder der
Konzentration, die schwer genug sind, eine schwerwiegende, substanzielle Reduktion der früheren Aktivitäten in Ausbildung und Beruf
sowie im sozialen oder persönlichen Bereich zu verursachen
•
Halsschmerzen
•
Empfindliche Hals- und Achsellymphknoten
•
Muskelschmerzen
•
Schmerzen mehrerer Gelenke ohne Schwellung und Rötung
•
Kopfschmerzen eines neuen Typs, Musters oder Schweregrades
•
Keine Erholung durch Schlaf
•
Zustandsverschlechterung für mehr als 24 Stunden nach
Anstrengungen, die früher leicht bewältigt wurden.
Abb. 2
Erschöpfungssymptome
(CFS)
Kopfschmerzen
Konzentrations- und
Gedächtnisstörungen
Keine Erholung durch Schlaf
Quelle:
Hans-Michael Sobetzko, Arzt
Erschöpfung
Halsschmerzen
empfindliche Lymphknoten
im Hals- und Achselbereich
Muskelschmerzen
Gelenkschmerzen
anhaltende Zustandsverschlechterung
nach Anstrengungen
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Der Baubiologe in der Praxis
Kap. 4
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Häufige Berufskrankheiten von Bauhandwerkern
Durch schwere körperliche Arbeit ist das Muskel-Skelett-System besonders beansprucht. So finden sich häufig Wirbelsäulenbeschwerden, wie
Verspannungen im Hals- und Lendenwirbelsäulenbereich (Hexenschuss),
Bandscheibenvorfälle, Schleimbeutelentzündungen der Ellenbogen- und
Kniegelenke. Die Überbeanspruchungen führen später häufig auch zu
Hüft- und Kniegelenksarthrosen und auch Rheuma, besonders in den
Händen und Gelenken, teils auch als Folge von den oft ungeschützten
Witterungseinflüssen. Bei Verwendung von Chemikalien treten auch
Hautveränderungen und allergische Reaktionen auf. Stein- und Glaswolle
können wie Asbest u.a. zu Lungenkrebs führen.
Wie kann eine Umwelterkrankung schnell erkannt werden?
Seit über 15 Jahren befragen wir unsere Patienten besonders bei chronischen Erkrankungen nach dem seelischen Zustand, der Nahrung und
Wohnung, dem Beruf; bei Kindern nach der Beschaffenheit der Schule
bzw. des Kindergartens und nach ihren eventuell umweltschädigenden
Hobbies. Nach einer einfachen Bewertung (s. folgende Tabelle) gibt es
jeweils 0 - 2 Punkte.
Punkte
0
1
2
Psyche
stark gestresst, belastet
angespannt, labil
entspannt, stabil
Nahrung
schadstoffbelastet
schadstoffbehaftet
schadstoffarm
Wohnung
schadstoffbelastet
schadstoffbehaftet
schadstoffarm
Beruf, Schule,
Kindergarten
schadstoffbelastet
schadstoffbehaftet
schadstoffarm
Hobby
schadstoffbelastet
schadstoffbehaftet
schadstoffarm
Summe
0–4
5–7
8 – 10
Belastung stark
Belastung mäßig
Belastung gering
dringend
behandlungsbedürftig
nicht
behandlungsbedürftig behandlungsbedürftig
Tab. 1 Abschätzung des individuellen Risikos gegenüber Umweltbelastungen,
Prof. Dr. med. V. Zahn
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Der Baubiologe in der Praxis
Kap. 4
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Wie kann man sich selbst bei einer Umwelterkrankung helfen?
Wichtig ist, aus dem übervollen Fass (Gesamtkörper-Überlastung) etwas
abzulassen. An erster Stellte gehört dazu der gesunde Schlafraum (z.B.
vgl. "Baubiologische
die Entfernung der Pressspanmöbel), an zweiter Stelle die Umstellung der
Richtwerte für
Nahrung, denn in der “normalen” Nahrung finden sich viele Spritzmittel,
S c h a f b e re i c h e " ,
Zusatz- und Konservierungsstoffe. Aber auch die Kleidung muss über-
"Strahlung", Anhang
Lehrheft
prüft werden.
Gesamtkörperbelastung
Entlastung durch:
•
•
•
•
•
Haussanierung
Nahrungsumstellung
Darmsanierung
Kleideränderung
Stressvermeidung
(psychisch u. physisch)
Abb. 3
Gesundheitsbelastung
und -entlastung
Umweltmedizinische und baubiologische
Ausbildung fürjeden Heilberuf
Als Geburtshelfer erlebe ich täglich die Geburt von Kindern. In den
Kindern liegt die Zukunft und man hat immer wieder den Gedanken:
Wie wird die Zukunft der Umwelt für diese Generation sein?
Die Verantwortung, die jeder Erwachsene für die Generation der Neugeborenen hat, wollte ich nicht von mir abschieben und bemühte mich
deshalb zunächst intensiv um Fragen der Wertstofftrennung und Vermeidung von Einmalprodukten im Krankenhaus. Hinzu kam noch, dass wir
eine Krankenhaus-Neubauplanung realisieren mussten, wobei besonders
der Aspekt der Umwelt in der Bauphase immer eine entscheidende Rolle
spielte.
IBN
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Kap. 4
Der Baubiologe in der Praxis
Außerdem waren meine beiden Söhne immer der Ansporn, für die
Umwelt Verantwortung zu übernehmen, um nicht eines Tages die Frage
gestellt zu bekommen: Vater, hast Du von den Umweltzerstörungen
nichts gewusst?
Zusammen mit meiner Familie habe ich mir ein baubiologisches Haus
gebaut mit solarer Warmwasser- und Stromerzeugung. Unser tägliches
Verbraucherverhalten haben wir konsequent nach ökologischen Kriterien
ausgerichtet. Seit 2005 bin ich nun im 65. Lebensjahr bei volliger körperlicher und seelicher Gesundheit im (Un-)Ruhestand. Wir sind auf
einem Bauernhof nach Peiting in Oberbayern umgezogen und betreiben
Bericht s. W+G
N r. 1 1 3
einen “Arche Noah Hof ” nach ökologischen Richtlinien. Renovierungen,
Neu- und Umbauten erfolgen nach baubiologischen Richtlinien.
Im Krankenhaus wird nach einer Umweltfibel gearbeitet, so dass alle
Mitarbeiter der Abteilung die Möglichkeit haben, sich entsprechend zu
verhalten. Die Patienten erhalten ein entsprechendes Informationsblatt.
Aufgrund meiner langjährigen Tätigkeit im umweltmedizinischen Bereich
bin ich der Auffassung, dass sich jeder praktizierende Arzt umweltmedizinisch weiterbilden sollte. Einen klinischen Umweltmediziner für alle
Erkrankungen wird es nicht geben. Die fachspezifischen Fragestellungen
der Umweltmedizin muss jeder einzelne Arzt und Facharzt kennen. Die
Medizin ist sowieso ständig im Wandel begriffen, und wir müssen auch
die neuen Umweltfaktoren als Ursache von Krankheiten anerkennen.
Ich bin der Meinung, dass die Ärzteschaft mit dem zur Verfügung stehenden Repertoire der kassenärztlichen Vorschriften die Fragen der
Umweltmedizin im ambulanten Bereich ohne weiteres abdecken kann.
Das gleiche gilt natürlich auch für Kliniken. So kann jede einzelne Klinik
in ihrem Bereich Umweltfaktoren mit diagnostizieren und therapieren.
Ob aufwändige sonstige diagnostische Maßnahmen angeordnet oder
z.B. Schwermetalle oder Organochlor-Verbindungen bestimmt werden,
ist im Bereich des zur Verfügung stehenden Budgets unerheblich.
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Der Baubiologe in der Praxis
Kap. 4
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Die Umweltmedizin entwickelt sich zu einer eigenen Sub-Spezialität.
Diese kann aber nicht die Vielzahl der Krankheitsbilder erkennen und
behandeln. Für die Forschung ist sicherlich eine hohe Spezialisierung
erforderlich. Der praktizierende Hals-Nasen-Ohren-Arzt muss aber
beispielsweise die Wirkung belastender Umweltfaktoren, wie Lärm,
Schwermetalle und Organochlor-Verbindungen kennen.
Umweltmedizin verlangt auch ein politisches Engagement. Das heißt,
der Arzt sollte sich zu Umweltfragen z.B. in Kindergärten, Schulen und
Arbeitsplätzen ein entsprechendes Wissen aneignen und mit entsprechenden Gremien und Experten intensiv zusammenarbeiten und auseinandersetzen können.
Welche Heilberufe sollten eine
baubiologische Ausbildung anstreben ?
Da Schadstoffe alle möglichen Symptome, wie beispielsweise Hautausschläge, Zahnschmerzen, Wortfindungsstörungen, Hörsturz, auslösen
können, sollten alle Berufe, die sich mit Krankheitserkennung, Gesundheitsvorsorge und Heilung beschäftigen, baubiologische Kenntnisse erwerben. Kaum ein anderes Fach wie die Baubiologie kümmert sich so
ganzheitlich um die Einflüsse beispielsweise der Wohnung und des
Klimas auf das Befinden des Menschen und der belebten Natur. Wenn
diese Berufsgruppen sich nun mit dem Leid, den Nöten und den Beschwerden ihrer Heilsuchenden beschäftigen, müssen sie auch die Einflüsse der physikalischen, chemischen, elektrischen und elektromagnetischen Wirkungen kennen. In der Ausbildung der meisten Heilberufe
werden ja die Grundlagen der körperlichen und seelischen Funktionsweisen gelehrt. Auch wird physikalisches und chemisches Wissen vermittelt.
Ärzte
Alle Fachrichtungen der Medizin müssen sich in Zukunft baubiologisches
Wissen aneignen. Um spezielle Kenntnisse auf dem Gebiet der Umweltmedizin zu haben, gehört natürlich das Wissen über die Einflüsse der
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25
Kap. 4
Der Baubiologe in der Praxis
Wohnung, Textilien und anderer schädigender Einflüsse zur Diagnose
und Therapie von Krankheiten dazu. Besonders müssen Hautärzte, Kinderärzte, Frauenärzte und Nervenärzte baubiologisches Wissen erwerben,
denn ein Großteil ihrer Patienten sind u.a. auch umweltmedizinisch
erkrankt. So rechnet man heute bereits bei Kleinkindern mit einer überwiegend durch Umwelteinflüsse ausgelösten Allergierate von ca. 30 %.
Zahnärzte
Die häufigsten Fragestellungen in heutigen umweltmedizinischen Ambulanzen sind die Wirkungen der Schwermetalle auf das allgemeine
Wohlbefinden. Besonders die quecksilberhaltigen Amalgamfüllungen
lösen eine Unzahl von Beschwerden aus. Es gibt zahlreiche wissenschaftliche Untersuchungen, z.B. die Tübinger Amalgam-Studie, die eindeutig
beweisen konnten, dass die Freisetzung von Quecksilber aus den Amalgamfüllungen den Körper schädigen kann. Heute weiß man genau, dass
die Höhe des Quecksilberspiegels von der Anzahl der Amalgamfüllungen
abhängt. Aber auch palladiumhaltige Legierungen sind verantwortlich für
eine große Anzahl schwerer allgemeiner Erkrankungen im Bereich der
inneren Medizin.
Kaum ein Fachgebiet in Europa und der Welt ist so intensiv bearbeitet
worden, wie die Auswirkungen von Schwermetallen aus
Zahnlegierungen. In Deutschland ist bereits das Legen von
Amalgamfüllungen bei Kleinkindern und in der Schwangerschaft verboten. Das schwedische Parlament hat ein Gesetz verabschiedet, dass in
Zukunft keine Amalgamfüllungen mehr gelegt werden dürfen.
Heilpraktiker
Sowohl in der Ausbildung als auch in der späteren Berufsausübung beschäftigen sich Heilpraktiker mit baubiologischen Fragestellungen. Der
Heilpraktiker ist über Schadstoffwirkungen i.d.R. gut informiert. Besonders chronisch Kranke, die über einen längeren Zeitraum schulmedizinisch diagnostiziert wurden, ohne dass eine rechte Ursache gefunden werden konnte, gehen häufig zu Heilpraktikern. Hier kann durch eine ausführliche Anamnese oft die Ursache der schädigenden Umweltstoffe
gefunden werden.
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Der Baubiologe in der Praxis
Kap. 4
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Apotheker
Der Apotheker und das dazugehörige Personal sind über die Wirkungen
ihrer abzugebenden Medikamente gut ausgebildet. Auch wissen sie besonders gut über die Nebenwirkungen von Chemikalien Bescheid. Unter
anderem in der Region Regensburg und Straubing haben sich deshalb
auch schon die ersten Apotheker zusammengetan, um eine Umweltanalytik in ihren Apotheken anzubieten. Pharmakologisch, pharmazeutisch,
chemisch und physikalisch haben Apotheker eine hervorragende Ausbildung. Zusätzliche baubiologische Kenntnisse würden das vorhandene
Wissen gut abrunden.
Psychologen, Psychotherapeuten, Psychiater
Da sich viele Gifte (z.B. Organochlorverbindungen, Schwermetalle) im
Hirn ablagern, sind dessen Funktionen, wie seelischer Zustand, Konzentration und Merkfähigkeit, oft empfindlich gestört. Deshalb landen viele
Umweltpatienten bei Nervenärzten, weil man eher eine Nervenerkrankung vermutet als eine Umwelterkrankung.
Sozialarbeiter
Der Umweltkranke leidet häufig durch seine chronische Erkrankung an
Arbeitsunfähigkeit, Vereinsamung, Isolation und Ausweglosigkeit. Viele
der Umweltpatienten können ihren Beruf nicht mehr ausführen, so dass
gerade Sozialarbeiter ein baubiologisches Wissen haben sollten. Mittels
einer Diplomarbeit an der Techn. Universität München konnten anhand
von Umweltpatienten die psychosozialen Einflüsse sehr gut untersucht
werden. Besonders wurde die soziale Isolation von Umweltkranken in
Familie, Gesellschaft und Beruf beschrieben.
Krankenpflegeberufe
Wie Ärzte in allen Bereichen der Medizin, so sollten sich auch die
Pflegekräfte für Baubiologie interessieren. Heute gehört schon eine
in Krankenhäusern,
Rehabilitations- und
K u r z e n t re n o d e r
Altenheimen
umfangreiche Wissensvermittlung im Rahmen der Hygieneausbildung
zum Ausbildungsstandard. Umweltmedizinisches Wissen sollte aber auch
IBN
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Kap. 4
Der Baubiologe in der Praxis
der bereits im Beruf stehende Krankenpfleger nachträglich erwerben. Nur
so wird er seine Patienten besser verstehen können und ihnen auch entsprechende Hilfe angedeihen lassen können.
Krankengymnasten, Masseure
Ein Teil der Schadstoffe wirkt sich auch auf das Knochen- und Muskelsystem aus. Umweltkranke haben oft Verspannungen, Gelenkbeschwerden, Bandscheibensymptome und Einschränkungen des Bewegungsapparates. Nur wenn diese Therapeuten auch die Einflüsse von z.B. Schadstoffen im Schlafraum kennen, können sie ihre Patienten auch verstehen
und entsprechende Ratschläge geben.
Fachpersonal in Sanitätshäusern
Viele chronisch Kranke brauchen entsprechende Hilfen aus Sanitätshäusern, z.B. prothetische Hilfsmittel bei Erkrankungen des Bewegungsapparates und vieles mehr. Auch werden Matratzen, Kleidung, Textilien
und andere Hilfsmittel angeboten. Ein Grundwissen in der Baubiologie
wäre auch in diesem Bereich von großem Nutzen.
ArzthelferInnen
Sie sollten natürlich ihren baubiologisch orientierten Arzt unterstützen
und Kenntnisse in der richtigen Ausübung ihres Berufes haben. Gerade
die Hilfsmittel zur Ausübung des Berufes, wie Computer, Laboreinrichtung, richtige Materialien in der Arztpraxis, aber auch die Einrichtung
der Praxis- und Arzträume, können sie bei entsprechender Kenntnis gut
beeinflussen.
Logopäden
Im Bereich der Sprachorgane richten Umweltgifte ebenfalls ihre Schäden
an. So findet man beispielsweise bei Lehrern und Lehrerinnen, die in
schadstoffbelasteten Schulen lange Jahre unterrichten, besonders viele mit
Sprechstörungen. Der Logopäde sollte die Zusammenhänge zwischen den
Schadstoffen und der Erkrankung kennen.
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Der Baubiologe in der Praxis
Kap. 4
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Hebammen
Kein anderer Berufstand kann zu Beginn des neuen Lebens so viele gute
Ratschläge erteilen, wie eine Hebamme. Junge Eltern haben die Qual der
Wahl bei der Einrichtung des Kinderzimmers (Möbel, Teppich, Tapeten,
Matratzen, Babyphon, Elektroinstallation ...), der Säuglingsernährung,
der Bekleidung und auf dem unüberschaubaren Markt an Kinderspielzeug. Nachdem die neue Gesetzgebung gerade den Hebammen eine
Betreuung der Wöchnerinnen zu Hause ermöglicht, ist hier ein entsprechendes Wissen besonders erforderlich. Gerade Säuglinge und Kleinkinder reagieren auf Umweltgifte besonders, wie oben schon beschrieben.
Heilberufe im Tierbereich – z.B. Tierärzte
Nachdem die Umweltgifte nicht nur auf die Menschen wirken, sondern
auf die ganze belebte Natur, ist auch ein entsprechendes baubiologisches
Wissen z.B. bei Tierärzten erforderlich. Wie sind die Ställe eingerichtet,
wie erfolgt die Fütterung, wie kann man Umwelterkrankungen auch
beim Tier richtig diagnostizieren und therapieren.
Jede dieser Berufsgruppen sollte Adresse und Telefonnummer eines in
der Nähe der Patienten tätigen Baubiologen, baubiol. Messtechnikers,
eines baubiologisch orientierten Architekten sowie von baubiol. ausgebildeten Handwerkern zur Sanierung des Wohnumfeldes zur Hand
haben.
Wie können Patienten auf mögliche Krankheitsursachen in
ihrem Wohn- bzw. Arbeitsumfeld hingewiesen werden?
Zunächst gilt eine wichtige Beobachtung aus der täglichen ärztlichen
Praxis, dass die chronischen Erkrankungen zunehmen. Wenn der Heilkundige dabei zu keiner bekannten Diagnose kommt und der Patient
vielleicht schon eine Reihe von Spezialisten aufgesucht hat und einige
davon aus Hilflosigkeit eine psychische Erkrankung vermuten, ist spätestens dann an eine umweltmedizinische Erkrankung zu denken.
IBN
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Kap. 4
Der Baubiologe in der Praxis
An dieser Stelle kommt es auf eine gute interdisziplinäre Zusammenarbeit
an. Jetzt müssen Verantwortliche aus Heilberufen einen Baubiologen mit
Messtechnikerfahrung beauftragen, zunächst die Wohnung zu untersuchen. Sollten hier keine Ursachen zu finden sein, ist der Arbeitsplatz bzw.
bei Kindern die Schule oder der Kindergarten zu untersuchen. Es bedarf
einer großen diplomatischen Fähigkeit, die Verantwortlichen dafür zu
gewinnen, denn jeder hat natürlich Angst vor den finanziellen Folgen.
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IBN
Der Baubiologe in der Praxis
Kap. 5
25
5. Der baubiologische
Unternehmer
Reinhard Doser, Firmeninhaber von "Doser Naturnahes Bauen
und Wohnen" und "DHD Doser Holzfaser-Dämmsysteme
GmbH", Kienbergstr. 25, 87459 Pfronten, www.doser-dhd.de
Herr Doser ist Maurer- und Zimmermeister, Bautechniker und Baubiologe.
Er ist Gründer und Inhaber der Firmen "Doser Naturnah Bauen und
Wohnen" (Zimmerei - Holzbau- Naturbaustoffhandel - Baubiologische
Beratung - Planung - Ausführung - Baubiologisches Fachgeschäft) sowie
"DHD Doser Holzfaser-Dämmsysteme GmbH" (Entwicklung von Schallund Wärmedämmsystemen aus Holzfaser sowie Verputzsystemen für Holzhäuser - Herstellung von Naturbaustoffen).
Schon beim baubiologischen Studium des "Fernlehrgang Baubiologie"
1983 erlebte ich immer wieder den Aha-Effekt. Hier erfuhr ich in vielen
Bereichen die Hintergrunderklärungen für Praktiken, die ich schon lange
instinktiv richtig so gedacht oder ausgeführt hatte. Da diese instinktiven
Gefühle für die Richtigkeit der baubiologischen Bauweise auch bei den
meisten Kunden zu registrieren waren, brauchte ich nur noch den Beweis
liefern, dass dies auch funktioniert.
Bei meinem ersten Auftrag nach baubiologischen Kriterien stieß ich
gleich auf mehrere Probleme, die sich heute sicher nicht mehr so stellen:
Problem 1: Der Architekt weigerte sich, die Planung entsprechend den
Vorgaben zu erstellen, weil dies angeblich nicht den Regeln
der Baukunst entsprach.
Als Folge entstand mein Planungsbüro.
Problem 2: Die Handwerker redeten auf die Bauherrschaft ein und
beschworen sie, keinen solchen "Blödsinn" zu bauen.
Hierdurch entstand meine Holzbaufirma.
IBN
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Der Baubiologe in der Praxis
Kap. 5
Einige Handwerksfirmen, die der Baubiologie wenigstens
nicht abgeneigt waren, konnten als Partner gewonnen werden. Diese Firmen sind heute sehr angesehen!
Problem 3: Die ausgesuchten Baustoffe waren im konventionellen Baustoffhandel nicht erhältlich. Ich bezog diese direkt vom Hersteller in größeren Mengen. Die Reste legte ich auf Lager.
Somit war mein Naturbaustoffhandel gegründet.
Da die Kunden auch noch Naturfarben und Putzmittel benötigten, die nirgends erhältlich waren, richtete ich zudem
noch ein biologisches Fachgeschäft ein. Hier wird seitdem
ein breites Sortiment von Dämmstoffen, Fußböden, Farben,
Betten, Pflegemitteln, Holzspielzeug u.a. angeboten.
Ein weiteres großes Problem trat erst später auf, als ich eigene Dämmund Verputzsysteme aus reinen Naturmaterialien entwickelte. Nachdem
die unzähligen Hürden der Patentierung, Materialprüfungen und Zulassungen überwunden waren, hatte ich große Mühe, die Dämmelemente
in der von mir geforderten Qualität und Maßgenauigkeit herstellen zu
lassen. Als die Produktionsanlage meines Lieferanten abbrannte, habe
ich kurz entschlossen die Produktion der Dämmelemente zu mir nach
Pfronten verlegt. Die Rohware wird nach meinen Qualitätsmerkmalen
hergestellt und das Endprodukt wird nun viel genauer verarbeitet, als
die DIN es vorschreibt. So bin ich auch noch Baustoffhersteller und
Systementwickler geworden.
Was beim ersten Hausbau 1984 noch durch theoretisches Wissen und
Überzeugungsarbeit vorgelegt wurde, konnte von Jahr zu Jahr durch
mehr praktische Erfahrung und Referenzen ersetzt werden. Die Firma
"Doser Naturnahes Bauen und Wohnen" hat sich seit der Gründung 1984
voll dem biologischen Bauen verschrieben und verarbeitet seitdem ausschließlich Naturbaustoffe. Kompromisslösungen wurden nur geduldet,
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Der Baubiologe in der Praxis
Kap. 5
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wenn keine gesundheitliche Gefahr davon ausging. Die 1998 gegründete
Firma "DHD Doser Holzfaser-Dämmsysteme GmbH" entwickelt
Wärme- und Schalldämmungen sowie Verputzsysteme konsequent aus
Naturbaustoffen, stellt diese her und vertreibt sie über den Fachhandel.
Gerade diese Konsequenz wird von vielen Kunden sehr geschätzt. Sie
fühlen sich geborgen und kommen zu mir, wenn sie in Not sind, weil
sogenannte Bauexperten ihre Expertisen anbieten und diese als einzig
richtige Möglichkeit verkaufen wollen. In diesen Fällen ist absolute
Souveränität gefragt. Wenn man als Außenseiter konventionelle Praktiken und Baustoffe anzweifelt, sollte man nicht nur bessere Argumente, sondern auch bessere Fachkenntnisse aufweisen können. Bei
allen Vorteilen, die baubiologisch wertvolle Baustoffe bieten, muss immer
die technische Richtigkeit bei deren Anwendung gewährleistet werden.
Die anerkannten Regeln der Baukunst sollten dabei richtig angewandt
werden. Wir müssen das Bauen nicht neu erfinden, sondern nur positive
Erfahrungen weiter ausbauen!
Die Vielfalt der Dienstleistungen und Angebote hat allerdings zur Folge,
dass die Gesamtverantwortung dementsprechend groß wird. Unser
Angebot geht von der ersten Beratung über die Planung, Bauleitung,
Materiallieferung, Ausführung der Holzarbeiten, Überwachung der anderen Handwerker bis hin zu physikalischen Berechnungen, Standortuntersuchungen, Herstellung von Baustoffen sowie Entwicklung und
Erprobung von Bausystemen. Die erforderliche Sicherheit für diese
Verantwortung kann nicht allein auf theoretischem Wissen und technischen Angaben von Baustoffherstellern oder Instituten beruhen. Hierzu
sind viele Eigenversuche und praktische Tests nötig. Bis jetzt war auch
jeder Bauherr bereit, in gewissem Rahmen neue Techniken oder Materialien einzusetzen, wenn ich mich dafür verbürgt habe. Zugegeben, es ist
auch schon mal etwas schief gegangen, aber nie so, dass irreparable
Schäden entstanden.
IBN
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Kap. 5
Der Baubiologe in der Praxis
Es ist wichtig, dass die Ergebnisse dieser Versuche oder besonders Schadensanalysen aus Misserfolgen schnell an die Fachwelt weitergegeben
werden. Dies war früher selbstverständlich, da die ganze Bio-Öko-Szene
wie eine Familie war, in der man sich gegenseitig kannte und schätzte.
Seitdem aber viele konventionelle Hersteller ihre oft zweifelhaften
Bioprodukte anbieten und zudem einige Trittbrettfahrer, die von den
Pionieren teuer erarbeiteten Eignungsnachweise ausnutzen, um ihre
Billig-Ware abzusetzen, ist dies nicht mehr realisierbar.
Die Zusammenarbeit mit konventionell denkenden Architekten und
Handwerkern ist außerdem im allgemeinen sehr problematisch. Diese
sehen ihre Fachkompetenz in Frage gestellt, wenn der Baubiologe mit
wenigen Worten sehr einfache logische Konstruktionsvorschläge vorbringt, die ihre, von verschiedenen Superbaustoff-Herstellern hochgemotzten Fachkenntnisse in Frage stellen.
Dies darf uns aber nicht entmutigen, auch in wirtschaftlich schwierigen
Zeiten unseren zweifelsohne richtigen Weg zu gehen. Es ist nicht leicht,
gegen einen starken Wind aus Vorurteilen, Unverständnis und Ignoranz
zu laufen, aber was hilft's, wenn dies die Richtung zum abgesteckten Ziel
ist.
“Soll ich mich nur des Windes wegen vom Ziel entfernen?
Nicht der Wind, sondern die Segel bestimmen den Kurs!”
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Der Baubiologe in der Praxis
Kap.6
25
6. Der baubiologische
Unternehmensberater
Karlheinz Müller, Fa. "Baufritz", 87746 Erkheim, www.baufritz.de
Die Firma "Baufritz" besteht seit 1896, hat derzeit etwa 220 Mitarbeiter
und errichtet Gebäude aller Art in elementierter Holzbauweise, z.B. Außenwände als Blockbohlenwände, Zwillingsholzblockwände mit Kerndämmung
aus Hobelpänen.
Herr Müller, der diesen Beitrag zusammenstellte, steht der Fa. Baufritz sowie
vgl. Lehrheft
"Bauweise und
Bauart", Kap. 3.3 b
deren Kunden seit mehr als 15 Jahren als Berater für baubiologische und
ökologische Fragestellungen zur Verfügung.
Bei der Firma "Baufritz-Voll-Wert-Haus" kann man das gestiegene
Interesse an ökologischen und baubiologischen Häusern sehr gut ablesen.
1989 wurden mit 45 Mitarbeitern Häuser für ca. 2 Millionen Euro
errichtet. Heute werden mit 220 Mitarbeitern für ca. 40 Mio. Euro
Wohnhäuser, Kindergärten, Gewerbegebäude und Schulen erstellt.
Die im Moment rund 220 Kunden im Jahr werfen die unterschiedlichsten Fragen auf: es geht von der baubiologischen Beratung bei der
Bauplatzauswahl, der Baustoffauswahl für Keller, Rohbau, Wand- und
Bodenbelägen, Verkleidungen, Wohntextilien usw. bis zur Haustechnik.
Welche Regenwasser-Nutzungsanlage soll ausgeführt werden? Wie groß soll
sie dimensioniert werden? Kommt eventuell eine Grauwasser-Nutzungsanlage infrage, bei der gering verschmutztes Dusch- und Badewasser separat
erfasst und gereinigt wird, und anschließend zur Toilettenspülung verwendet
werden kann? Welchen Werkstoff soll man für die Trinkwasser-Versorgungs-
vgl. Lehrheft
"Sanitärinstallation…"
leitungen und die Entsorgungsleitungen verwenden? Welche wassersparenden Armaturen sind verfügbar? Lässt es die Gebäudeplanung des Architekten
zu, sogenannte Installationsblöcke vorzufertigen?
IBN
65
25
Kap. 6
Der Baubiologe in der Praxis
Welches Heizsystem soll die Beheizung des künftigen Gebäudes übernehmen?
Wie soll sie ausgelegt werden? Ich habe bei vielen Selbstausbauern erfahren,
dass die bauseitigen Heizungsfirmen auch in der heutigen Zeit oft keine
vgl. Lehrheft
"Heizungsinstallation"
echte Auslegung vornehmen. Das führt meist zu einer Überdimensionierung der Heizungsanlage, die höhere Investitionskosten und einen dauerhaft zu hohen Energieverbrauch nach sich zieht.
Soll eine Solaranlage nur für die Brauchwassererwärmung ausgeführt wer-
vgl. Lehrheft
" E n e rg i e s p a r k o n z e p t e "
den oder soll sie auch heizungsunterstützend sein? Welche Fördermöglichkeiten stehen zur Verfügung?
Kann bei Familien mit Stauballergien ein Hausstaubsauger Linderung
vgl. Lehrheft
"Luft und Schadstoffe"
vgl. Lehrheft
" E l e k t ro i n s t a l l a t i o n " ,
verschaffen? Welche Teppiche sind vom Emissionsverhalten her geeignet?
Auch im Elektroinstallationsbereich besteht ein großer Beratungsbedarf.
Ich habe leider die Erfahrung gemacht, dass der normale Elektrohandwerker mit alternativen Techniken meist wenig Erfahrung hat. Es fängt
meist schon bei der Anzahl der Schalter und Steckdosen an. Standardmäßig würden für ein normales Einfamilienhaus zwischen 70 und 90
Dosen gesetzt. Hier sollte jede Baufamilie ihr altes Wohnumfeld kritisch
in Augenschein nehmen, wo welche Elektroinstallationen benötigt wurden und wo nicht (klassisches Beispiel: Steckdosen im Gäste-WC, auf die
in der Regel ohne Komfortverlust verzichtet werden kann). Darüber hinaus ist eine sparsame Installation meist unproblematischer, was negative
Einflüsse des elektrischen Stromes angeht. Anschließend erfolgt die Aufklärung über PVC-freie Kabel und die verschiedenen Abschirmmaßnahmen wie abgeschirmte Kabel, Abschirmfarben und -putze, -vliese und
Spezial-Gipskartonplatten für die Abschirmung von Hochfrequenz und
elektromagnetischen Einflüssen der Elektroinstallation. Weitere technische Hilfen, wie z.B. Feldfreischalter runden das Angebot ab.
66
IBN
Der Baubiologe in der Praxis
Kap. 6
25
Kann ein Bio-Keller ausgeführt werden? Diese Frage wird sehr häufig von
Baufamilien gestellt. Hier kann im Vorfeld über spezielle Radon-Kartierungen eine vorsichtige Einschätzung gemacht werden. Letztendlich muss
die Situation auf der Baustelle (gasdurchlässiger Untergrund, Erdspalten
usw.) entschieden werden. Wenn aus Kostengründen keine Radonunter-
vgl. Lehrheft
"Baukonstruktion"
s. Lehrheft
"Strahlung"
suchung in Auftrag gegeben wird, werden Lageralternativen für Obst und
Gemüse diskutiert, z.B. in abgedeckten Keller-Lichtschächten oder in der
Erde vergrabenen alten Waschmaschinentrommeln.
Darüber hinaus bin ich als "Baubiologe IBN" bei "Baufritz" in den
Prozess der Produkt-Weiterentwicklung eingebunden. In sogenannten
"Denkerrunden" werden Ideen aus dem Vorschlagswesen diskutiert und
entschieden.
Als Umweltschutzbeauftragter arbeite ich bei der permanenten Weiterentwicklung von betrieblichen Umweltschutzmaßnahmen mit. So wurde
z.B. für periodisch anfallende verdorbene Molke-Soda-Lösung, die zur
Imprägnierung der Spänedämmung benötigt wird, eine kostengünstige
und ökologisch einwandfreie Entsorgungsmöglichkeit gesucht. Die
Kläranlagen wollten diese Substanz nicht haben, da Molke einen sehr
hohen Sauerstoffbedarf beim Abbauprozess im Klärbecken benötigt.
Letztendlich blieb nur die Entsorgung als flüssiger Sonderabfall. Es wurden intensive Gespräche mit einem Pflanzenkläranlagenbauer geführt.
Am Ende wurde auf dem Firmengrundstück ein ca. 100 m2 großes Loch
vgl. Lehrheft
" F re i f l ä c h e n "
ausgehoben, ca. 1 m tief. Die Abdichtung nach unten erfolgte mit einer
dicken PE-Folie. Als Pflanzsubstrat für die Schilfrohrpflanzen-Mischung
wurden Feinstspäne verwendet. Die Pflanzen haben die Eigenschaft,
durch ihre Stengel Luft in den Wurzelbereich zu leiten. Dort siedeln sich
Mikroorganismen an, die die Molke abbauen. Mittlerweile ist das sog.
"Vererdungsbeet" gut eingewachsen und erfreut mit den vielen Blüten
allerlei Insekten. Die verdorbene Molke wird verdünnt eingeleitet und
mit Hilfe eines pH-Wert-Messgerätes wird kontrolliert, wann erneut eine
Einleitung erfolgen kann.
IBN
67
Kap. 6
25
Der Baubiologe in der Praxis
Im Zuge der Kundenvorsorge lasse ich regelmäßig Späneproben aus der
laufenden Produktion auf Holzschutzmittel untersuchen (sog. Holzschutzmittel-Screenings, alle 3-5 Wochen). Es wird zwar von allen Lieferanten garantiert, nur unbehandeltes Holz zu liefern, aber in diesem
sensiblen Kundenbereich sind Kontrollen unerlässlich.
Allen Kunden steht es frei, eine eingehende Information und Aufklärung über alle eingesetzten Materialien zu erhalten. Dazu wurden mehs. Lehrheft
" B a u re c h t . . . " ,
Kap. 6.1
rere Ordner mit Produktblättern, Euro-Sicherheitsdatenblättern und
Informationen zu Emissionsprüfungen angelegt, die eingesehen, kopiert
oder per E-Mail als PDF-Dokument angefordert werden können.
Als Baubiologe bei "Baufritz" führe ich unterschiedlichste Messungen
selbst durch – z.B. Raumluftmessungen – bzw. schicke die Proben zur
Bestimmung von problematischen Anhaftungen, wie Gifte, Schimmel-
Arbeitsgemeinschaft
ökologischer
Forschungsinstitute
pilze o.ä., an Partnerinstitute (z.B. IBN, AGÖF). Um den Kunden eine
noch höhere Sicherheit zu gewähren und auch als Vorarbeit für die im
Jahre 2001 durchgeführte Allergikerzertifizierung wurden mehr als 450
Baufritz-Voll-Wert-Häuser messtechnisch begleitet. Dazu wurde das
Standardprobenahme-Verfahren für Luftschadstoffe (VOC’s, Formaldehyd, Holzschutzmittel) so angepasst, dass Aussagen auch für Probenahmen im Ausbauzustand getroffen werden können.
Zur Qualitätssicherung auf der Baustelle führte ich mit Kollegen eine
Vorarbeiter-Weiterbildung durch. Die Vorarbeiter wurden auf die Bedeutung der Winddichtigkeit von modernen Niedrigenergiehäusern hinge-
s. Lehrhefte "Biol.
B a u s t o f f l e h re . . . " ,
und
" E n e rg i e s p a r k o n z e p t e ”
wiesen und in die Bedienung der 8 werkseigenen Blower-Door-Anlagen
eingeführt. Die Montagekolonnen prüfen seither nach der Rohbaumontage das Gebäude auf Leckagen und dichten bei Bedarf nach.
Im Rahmen einer Marktanalyse wurde von mir ein baubiologisch vertret-
s. Lehrheft
" E n e rg i e s p a r k o n z e p t e "
bares Lüftungssystem mit Wärmerückgewinnung gesucht. Ich hatte die
Befürchtung, dass es bei zentralen Lüftungssystemen beim Absaugen von
staub- und feuchtigkeitsbeladener Luft in ungünstigen Betriebszuständen
zu einem Tauwasserausfall im Rohrsystem kommen kann. In Verbindung
68
IBN
Der Baubiologe in der Praxis
Kap. 6
25
mit Staub, Milben usw. ist eine "Belagbildung" mit entspr. Pilzwachstum
im Leitungssystem denkbar. Keiner der Hersteller von zentralen Lüftungsanlagen konnte ein Konzept zur Reinigung des Luftleitungssystems
anbieten. Darüber hinaus verbrauchen einige Anlagen sehr viel Strom
(bis zu 150 Watt Dauerleistung), so dass eigentlich kein echter energetischer Nutzen übrigbleibt, vor allem, wenn man das WirkungsgradDilemma bei der Stromherstellung berücksichtigt. Die zweite Variante
der Lüftungsanlagen sind dezentrale Reversierlüfter mit Wärmerückgewinnung, die in die Außenwand eingebaut werden. Die Reinigung
gestaltet sich denkbar einfach, indem das Gerät geöffnet wird und die
Wärmetauscherkassetten herausgenommen werden. Sie können z.B. in
der Spülmaschine gereinigt werden. Der Stromverbrauch der Geräte ist
mit 6 Watt Dauerleistung in der ersten Stufe äußerst gering.
Als Baubiologe arbeite ich in verschiedenen Verbänden und Institutionen
mit, z.B. im Technikausschuss der "Arbeitsgemeinschaft Dämmstoffe aus
nachwachsenden Rohstoffen", sowie im "Arbeitskreis Energie" im Bund
ADNR, Amsdorf
w w w. a d n r. i n f o
Naturschutz. Darüber hinaus wirke ich bei der Erwachsenen-Fortbildung
zum Energieberater der "Renergie-Allgäu" im Praxisteil für baubiologisches Bauen mit.
Kempten
w w w 2 . a l l g a e u . o rg /
re n e rg i e
Die Informationsbeschaffung und -verteilung in einem modernen Betrieb
muss schnell und effizient sein. So setze ich seit 1998 das Internet als
grüne Informationsquelle ein. Egal ob für Solartechnik, CO2-Minderungsmaßnahmen o.ä. das passende Förderprogramm gesucht wird,
Stoffrecherchen im Rahmen der Produkt-Weiterentwicklung durchgeführt werden, Kundenanfragen zu speziellen Materialien bearbeitet werden, meist kommt man mit der passenden Suchmaschine zur gewünschten Information. Die Weiterleitung an Partner, Fachberater und Kunden
via E-mail ist seit langem Alltag in meinem Tagesablauf als Baubiologe.
Die Datenbankerfassung aller Materialien zum Thema Umwelt und
Baubiologie ermöglicht allen Mitarbeitern den schnellen Zugriff auf diese
vgl. Lehrheft
"Ökobilanz ..."
Informationen über das firmeneigene Intranet.
IBN
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25
Kap. 6
Der Baubiologe in der Praxis
Im Rahmen einer Kooperation mit einem Photovoltaik-Spezialisten
wurde auf den Dächern der zentralen Produktionshalle sowie des
Vertriebsgebäudes Solartechnik zur Stromerzeugung mit einer
Gesamtleistung von über 200 kW installiert.
Ich hoffe, der kurze Überblick über meine Arbeit bei Baufritz zeigt,
welche vielschichtigen Aufgabenstellungen einem Baubiologen und
Umweltschutzbeauftragten gestellt werden. Es ist eine interessante und
abwechslungsreiche Tätigkeit. Es ist seit dem ersten Tag äußerst befriedigend, Privatpersonen und Firmen als Berater für eine lebenswerte
Zukunft zur Verfügung zu stehen.
70
IBN
Der Baubiologe in der Praxis
Kap. 7
25
7. Der baubiologische
Handwerker
Heinz Steinmeyer, Dipl.-Holztechniker, Naturfarbenherstellung,
Schreiner u.a., Angerstr. 3, 83083 Söllhuben
www.steinmeyer-naturfarben.de
s. auch
Bezugsquellenverzeichnis in
" Wo h n u n g +
Gesundheit"
Heinz Steinmeyer studierte in den 70er Jahren in Rosenheim u.a. bei Prof.
Dr. Anton Schneider Holztechnik. Die Berufsperspektiven erschienen ihm
unvereinbar mit seiner Weltanschauung und den Grundlagen der Baubiologie. Deshalb machte er sich 1980 unmittelbar nach dem Studium mit
der Herstellung natürlicher Mittel für die Holzbehandlung selbständig. Im
Lehrheft "Farbe und Oberflächenbehandlung" bringt er als Mitautor seine
im Lehrheft
langjährigen Erfahrungen ein. Später kamen die Herstellung künstlerisch
"Möblierung" sind
gestalteter Schreinerarbeiten, baubiologische und geomantische Beratungen,
Arbeiten zu sehen
Vorträge und Seminare sowie weitere hierzu passende Tätigkeiten hinzu.
auch im Rahmen der
Er beschäftigt sich seit vielen Jahren auch mit der Kabbala, die einen
einige seiner
Nahunterrichte zum
F e r n l e h rg a n g
Einblick in die tiefere Bedeutung und energetische Auswirkung unserer
Sprache ermöglicht. Einige Wörter werden im Text beispielhaft erläutert.
Der vorliegende Artikel möchte Absolventen vom Fernlehrgang Baubiologie ermutigen und dabei Begeisterung wecken für eine Integration
der Lehrinhalte in das alltägliche Leben, vor allem in die berufliche
Praxis.
Durch das menschliche Verhalten in den letzten Jahrzehnten auf der Erde
befindet sich die globale ökologische Situation in einer wachsenden kritischen Situation. Man spricht von Geburtswehen der Menschheit in ein
neues Zeitalter.
Ökologie und Baubiologie werden sicherlich fundamentale Bestandteile
dieser neuen Zeitqualität sein, damit wir Menschen bei den allgemeinen
gesundheitlichen Belastungen der modernen, technischen Welt einigermaßen wohlbehalten überleben können.
IBN
71
25
Kap. 7
Der Baubiologe in der Praxis
Die individuelle Entwicklung des Autors, wie sie in diesem Artikel vorgestellt wird, soll dabei nicht in den Vordergrund treten, sondern es sollen
mehr die allgemeinen biologischen Prinzipien sichtbar gemacht werden,
wie sie in Einzelschicksalen wirken, besonders wenn Resonanz mit dem
aktuellen Zeitgeist besteht.
Diese Erkenntnisse können berufsbegleitend eine Bereicherung sein oder
wie im vorliegenden Beispiel eine Firmengründung ermöglichen und zur
beruflichen Selbständigkeit führen.
Die betriebliche Tätigkeit begann 1980 nach Studiumsabschluss als Fortsetzung der Diplomarbeit im “Fachbereich Baubiologie”. Beginn der
Firma also damals am Punkt Null, ohne Eigenkapital und Fremdfinanzierung. Ganzheitliches Denken und Handeln bilden dafür eine wesentliche Hilfestellung, weil die weltliche Realität auch als Korrespondenz
des inneren Bewusstseins erkannt wird. Damit sind für die betriebliche
Entwicklung nicht nur wirtschaftliche Aspekte von grundlegender Bedeutung, sondern auch geistige und ethische Werte üben einen wichtigen
Einfluss im planetaren Informationsfeld aus.
In der Zwischenzeit hat sich über natürliche Entwicklung ein sehr breites
berufliches Spektrum entwickelt:
•
Gewerbebetrieb für baubiologische Oberflächenprodukte,
Fa. Steinmeyer Naturfarben
•
Schreiner und Holzingenieur: Massivholzmöbel aus einheimischen
Hölzern mit biologischen Oberflächen und künstlerischem, modernem Design, Konstruktionen in altbewährter Steckbauweise mit
Prana: Eine Art
formschlüssigen Verbindungen
L e b e n s e n e rg i e , d i e
d e n M e n s c h e n d u rc h -
•
Baubiologische Beratungen und Vorträge
•
Ausbildung und Tätigkeit in Bereichen wie Geomantie und
strömt und von ihm
a b g e s t r a h l t w e rd e n
kann, z.B. zum
Zweck der Heilung
Radiästhesie, Pranaheilkunde, Astrologie und Kabbala
Dazu entsprechende Seminartätigkeiten und Hausuntersuchungen
72
IBN
Der Baubiologe in der Praxis
Kap. 7
25
Wenn in der heutigen Zeit Baubiologie und Ökologie auch wieder nur
dazu dienen soll, einen neuen Markt zu “erobern”, oder sich zu Lasten
der Allgemeinheit und der Biosphäre zu bereichern, mangelt es meiner
Meinung nach am grundsätzlichem Verständnis der biologischen, geistigen und kosmischen Gesetzmäßigkeiten.
Dieser kollektive Irrtum und Egoismus ist eine der Ursachen für die
Zerstörung der Lebensgrundlagen auf unserer Erde. Ständig wird im
Großen wie im Kleinen immer noch Krieg geführt, worüber die weit
verbreiteten kollektiven Formulierungen wie “Das kriegen wir schon!”,
oder bei Bezahlungen “Was kriegen Sie dafür?” berichten. Die deutsche
Sprache ist da sehr deutlich und bringt viel unbewusste Komponenten
an die Oberfläche. Probleme werden meist nicht gelöst, sondern zuerst
verursacht und dann bekämpft: Arbeitslosigkeit, Inflation, Krankheiten,
sogenannte Schädliche, Konkurrenten, andere Konfessionen, Terrorismus.
Ökologie ist etwas anderes als dieses kollektive, egoistische Verhalten.
Grundprinzipien des Lebens sind damit gemeint, deshalb wertvoll und
von elementarer Bedeutung für die Menschheit, ihr Überleben und vor
allem auch für eine qualitative Höherentwicklung.
Die Natur als Biosphäre genügt als intelligentes Vorbild, weil sie wie bei
L i t e r a t u re m p f e h l u n g e n :
E . T. 1 0 1 - D i e k o s m i s c h e
einem Organismus eine Vielzahl individueller Zellen in eine funktionale,
Bedienungsanleitung zur
höhere Ganzheit vereint. Aus Zellen werden Organe, dann Organismen
2 0 0 1 Ve r l a g , 1 9 9 5 ( n u r
und daraus Kulturen. Eine Vernetzung der unterschiedlichen Qualitäten
zu einer organischen, komplexeren Einheit, ein Miteinander, ohne die
Nachbarzellen zu betrügen, zu schädigen oder an die Wand zu drücken.
Auf natürliche Weise eröffnen sich durch diese Erkenntnisse und Wahr-
p l a n e t a re n E v o l u t i o n ,
noch antiquarisch
erhältlich)
Ein Buch aus indianischer Sichtweise:
“Ansichten eines Wilden
über die zivilisierten
nehmungen neue Wege für kreatives Arbeiten und Leben, für respekt-
Menschen”.
vollen Umgang mit den Materialien, Pflanzen, Tieren und Menschen.
Xokonoschtletl,
Autor und Bezug:
Am Pfaffenstiegl 1
84363 Bad Birnbach
Aus den Erfahrungen der letzten Jahrzehnte in dieser Kultur als Baubiologe, Pranaheiler, Geomant, Schreiner, Gärtner, Holzingenieur,
Ya n k u i k a n a h u a k @ t online.de
Kabbalist und ökologisch orientiertem Erdenbürger mit einer einfachen
IBN
73
25
Kap. 7
Der Baubiologe in der Praxis
Lebensweise wird mir immer deutlicher bewusst: Der egoistische, ausbeutende, profitgierige Menschentyp verurteilt sich immer selbst zum
Leiden, weil er das Gesetz von Ursache und Wirkung destruktiv realisiert. Was der Mensch sät, das wird er ernten.
Trotz modernster Medizin und einer noch nie da gewesenen Ärzteschwemme sind über 60 % der Menschen in den Industrieländern
krank. Viele Menschen können nur durch aufwändige medizinische
Maßnahmen überleben. Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Krebs sind
inzwischen zur häufigsten Todesursache geworden.
Positiv angewendet entfaltet sich dieses sog. karmische Gesetz von
Ursache und Wirkung als goldene Regel. Leben, Natur und Arbeit
bekommen eine andere Orientierung, besonders durch das wachsende
Energiebewusstsein. Dies nicht nur im technisch, physikalischen Sinne,
sondern auch aus der Wahrnehmung des Energiekörpers von uns Menschen, der gesamten Biosphäre, des Sonnensystems und des Universums.
Als Bewusstsein und Charakter sind wir unsterblich, denn diese Energieformen sind unzerstörbar, nur transformierbar. Dadurch verändert sich
die Einstellung über Arbeit und Wirtschaftlichkeit und den Sinn unseres
Lebens insgesamt.
Der wirtschaftliche Aspekt von Arbeit und Geld steht hierzu nicht im
Widerspruch. Dies wäre nur dann der Fall, wenn es ausschließlich um
Wirtschaftlichkeit ginge und Arbeit keine sinnvolle Tätigkeit mehr wäre
bzw. dabei keine innere geistige Entwicklung mehr stattfände. Dann
beginnt das Lebendige wegen Einseitigkeit und Energiemangel krank
zu werden.
Das Wort “Arbeit” setzt sich aus zwei Worten zusammen und leitet
sich ab von den Silben “Ar” bzw. “Aur”, weiterentwickelt “Aurum” bzw.
“Aura”, was eine Bezeichnung für den bioenergetischen Körper als lebendige, pulsierende Matrix ist. Eine ältere, äquivalente Beschreibung wäre
“das Licht der Seele”.
74
IBN
Der Baubiologe in der Praxis
Kap. 7
25
Die zweite Komponente ist “beit”, abgewandelt von “Arbeth”. “Beth” hat
eine hebräische Wurzel und taucht bei dem Wort “AlphaBeth” wieder auf.
“Beth” versinnbolisiert den weiblichen Aspekt des Geistes, die Schöpfung, die mit der Zahl 2 als Ausdruck Weiblichen, Empfangenden und
der Dualität beginnt. “Beth” ist Grundlage von “BioS” und korrespondiert wieder mit BewuSstSein.
Diese Wortableitungen lassen aus bio-energetischer Sicht folgende Interpretation zu: Das Potenzial des menschlichen Wesens als Ganzheit von
Geist, Seele und Körper im Sinne von Denken, Fühlen und Handeln
schöpferisch zur Entfaltung zu bringen und damit Wachstum in Form
von Weisheit und Wohlstand (wörtlich gemeint) zu erlangen.
Elend entsteht, wenn El endet, d.h. die ganzheitliche Realität des Seins
verlassen beendet wird. (El = das Sein).
Sprache ist auch Ausdruck von innerer, transpersonaler Intelligenz.
Diese Prinzipien sind von allgemeingültiger Natur.
Ökologie und Baubiologie formulieren ein ganzheitliches Spektrum an
elementaren Grundlagen für eine qualitative und sinnvolle menschliche
Entwicklung.
Die betriebliche Entwicklung
Als Weiterentwicklung meiner Diplomarbeit inspirierte mich Prof. Dr.
Schneider zur Produktion natürlicher Holzimprägniermittel und Beizen
aus Rindenkonzentraten. Das Herstellverfahren nach alter keltischer
Rezeptur war für die Betriebsgründung ideal. Rinde als Rohstoff ist ein
Abfallprodukt der Holzverarbeitung und ohne Kosten erhältlich. In alten
Waschkesseln wurden wässrige Kompostierungen angesetzt, die Produktion lief an. Durch biologisch-dynamische Experimente und Studien von
Mondphasen-Einflüssen konnten sensible Farbtöne entwickelt werden.
Während der Schreinerausbildung war es immer frustrierend, ein schönes Möbel am Schluss der Fertigung mit Kunststoffen (Lacksysteme) zu
IBN
75
Kap. 7
25
Der Baubiologe in der Praxis
überziehen. Neben den gesundheitsschädlichen Dämpfen und der elektrostatischen Aufladung solcher Oberflächen erscheint das Holz auch
noch künstlich und leblos. Um die natürliche Schönheit von Holz zu
erhalten oder gar aufzuwerten, entwickelte ich in Zusammenarbeit mit
dem Institut für Baubiologie weitere hochwertige Oberflächenprogramme
für alle Anwendungsbereiche, z.B. Naturharzöle, Bienenwachspräparate,
Holzlasuren und Imprägnierungen. Meine Erfahrungen als gelernter
Möbelschreiner waren dabei sehr hilfreich.
Der Aufbau meiner Firma war wegen der manuellen Herstellung sehr
arbeitsintensiv, jedoch ohne Kredite und Fremdfinanzierung möglich
(geringe Fixkosten, einfache Lebensweise, Gartenbau). Das "Minimalenergieprinzip" der Natur war Vorbild und Orientierung für die
Betriebsstruktur.
Aufgrund grundsätzlicher Überlegungen (Einfachheit, Klarheit, Ästhetik ... ), aber auch wegen eingeschränkter Räumlichkeiten und geringer
s. Lehrheft
"Möblierung"
finanzieller Mittel entdeckte ich die alten Holzsteck-Verbindungen
wieder, die viele Vorteile bieten, wie z.B.:
Kap. 2.3
•
alles zerlegbar, dadurch geringer Platzbedarf in der Werkstatt
und beim Transport
•
manuell durchführbar ohne großen und teuren Maschinenfuhrpark
•
gestalterisch leicht plastizierbar
•
rationelle Oberflächentechnik mit Naturprodukten
•
hohe Qualität und Haltbarkeit
•
Montage- und Reparaturfreundlich
•
baubiologisch wertvoll
Der künstlerische Aspekt der Arbeit gewann immer mehr an Bedeutung.
Durch die ganzheitliche Orientierung der Baubiologie wurde mein Bevgl. Lehrhefte
"Raum-Form-Maß",
" Wo h n p s y c h o l o g i e "
u n d " F re i f l ä c h e n "
u.a.
76
wusstsein für die schöpferischen Aspekte in der Natur sensibilisiert. Die
materielle und funktionale Ausrichtung der modernen Produktionsmethoden wirkte immer armseliger und uninteressanter.
IBN
Der Baubiologe in der Praxis
Kap. 7
25
Das in unserem Jahrhundert geprägte Wort "Kunst" hat einen Beigeschmack von künstlich, synthetisch. Es umschreibt genau die Tendenz
der Zeit. Moderne Kunst wirkt oft wie ein Schrei aus den Tiefen der
Seele, eine Anhäufung von Sinnlosigkeit und Ausdruck einer lebensfeindlichen, profitorientierten Gesellschaft.
Schöpferisches Handeln und schöpferische Lebenskraft entspringt aus
einer anderen Dimension: Neues kreieren, Erfüllung in der Seele finden.
Das Leben und die Natur lassen in ihrer Vielseitigkeit nur Einmaligkeiten entstehen. Darin liegt ein einfaches und tiefes Geheimnis.
Zur Realisierung von schöpferischen Handlungen bedarf es lebendiger
Ideen und Themen, die sich individuell entwickeln können, wie ein Same
einen Baum unter den richtigen Bedingungen hervorströmen lässt; ein
Wunder der Biosphäre (= natürliche Materialisation!).
Die Vorbilder sind in der Natur überall vorhanden. Durch Technisierung
geht der Kontakt und die Wahrnehmung dazu aber immer mehr verloren. In einer Leistungsgesellschaft mit künstlicher Umwelt existiert dafür
keine Zeit, weil Zeit als Kostenfaktor definiert wird. Kommerzielles Denken verwandelt die Erzeugnisse der Natur in Waren, während synthetische Produkte, wie ein Loblied für den aus Blindheit geborenen menschlichen Hochmut, hochgejubelt werden.
Erst der tiefere, energetische Kontakt mit dem Organismus "Biosphäre"
erfüllt das menschliche Bewusstsein mit Achtung und Ehrfurcht vor den
schöpferischen Aspekten der Natur und ihrer intelligenten Vollkommenheit. Daraus resultiert eine verantwortungsbewusste und respektvolle
Einstellung gegenüber natürlichen Materialien und deren Wachstumsprozessen.
"Material"
= Mater - Mutter
= Schöpfung
= l e b e n s g e b ä re n d e s
Weil individuelle Realität ein Spiegelbild des Bewusstseins ist, verändert
Prinzip
sich mit einer so ausgerichteten Wahrnehmung auch die gesamte betriebliche Struktur und Entwicklung. Alles ergibt sich aus einer höheren,
ganzheitlichen Ordnung, ähnlich wie ein Organismus seine Zellen steuert. Die Zielsetzung ist dann nicht mehr wirtschaftliches Wachstum,
sonder biologische, schöpferische Entfaltung; nicht Quantität, sondern
Qualität. Durch sinnvolle Tätigkeiten entsteht innerer Reichtum,
IBN
77
25
Kap. 7
Der Baubiologe in der Praxis
Zufriedenheit und Freude. Außerdem erübrigen sich aufwändige und
kostspielige Werbemaßnahmen, weil die beste Werbung ein begeisterter,
zufriedener Kunde und die daraus entstehende Mundpropaganda ist.
Immer mehr konnte ich die Erfahrung machen, wie eine höhere Intelligenz (Ganzheit) Kontakte, Materialquellen, zeitliches Timing usw. entstehen lässt und reguliert. Bereits in den ersten Jahren meiner Selbständigkeit entstanden auf diese Weise interessante Kontakte mit Bauherren,
Architekten, Handwerksbetrieben und beruflichen Bildungsstätten.
Durch Beratungen und Vorträge konnte ich bei vielen Begeisterung für
Massivholzbauweisen mit klassischen Holzsteckverbindungen und natürliche Oberflächenbehandlung wecken. Sie kamen später häufig als
gute Kundschaft zu mir oder bereicherten anderweitig meinen privaten
wie beruflichen Werdegang.
Haben Menschen gleiche Interessen, entfaltet sich das Prinzip der morgestaltbildenden
phogenetischen Vernetzung. Die sich daraus ergebende Kommunikation
in Form von Inspiration, Kritik und Regulation ist für eine betriebliche
Entwicklung von großer Bedeutung.
= mitten drin sein
Den Schlüssel dazu formuliert das Wort "Interesse". Durch Interesse
ziehen wir die entsprechenden Informationen, Kontakte und die erfor-
U m k re i s o d e r
W i r k u n g s b e re i c h
derlichen Möglichkeiten "magnetisch" in unseren persönlichen Orbis.
Interesse, Begeisterung und Konzentration sind geistige Werkzeuge zur
Integration neuer Inhalte in das individuelle Schicksal. Für eine problemlose Verwirklichung ist eine positive karmische Bilanz Voraussetzung.
Die Firma ist langsam, dafür stetig und natürlich gewachsen, ohne
"Kunstdünger". Die eigene Persönlichkeit konnte sich entsprechend
mit entwickeln, gleichzeitig konnte Raum für andere interessante
Lebensbereiche bewahrt werden.
Langsam gewachsenes Holz ist qualitativ hochwertiger als schnellgewachsenes. Immer wieder erschien dieses Bild als Leitfaden für die betriebliche
Zielsetzung. Ein chinesisches Sprichwort lautet: "Nur Unkraut wächst
schnell."
78
IBN
Der Baubiologe in der Praxis
Kap. 7
25
Den Tagesablauf zeitlich so zu organisieren, dass noch Raum für betriebsexterne Aktivitäten und Weiterentwicklung bleibt, ist bis heute ein wichtiges Bedürfnis geblieben. Deshalb läuft der Betrieb außer zu Stoßzeiten
nur halbtags. So war es immer möglich, teils auch nötig, andere Tätigkeiten in den betrieblichen Alltag einfließen zu lassen, wie das Schreinerhandwerk, biologischer Gartenbau, Geomantie, Astrologie, Pranaheilkunde und die Schule der Kabbala. Für manche dieser Fachbereiche führe
ich inzwischen regelmäßig Seminare durch.
So kommt es zu einer Symbiose im schöpferischen Gesamtprozess, wobei
jeder Teilaspekt als Ergänzung und Bereicherung erfahren wird.
Nach 6 - 7 Jahren Betriebstätigkeit kam dann die große Versuchung,
eine Situation, die viele Unternehmen anstreben: die Expansion in den
großen Markt über Zwischenhandel, Baumärkte und andere Großunternehmen. Durch die Baubiologie eröffnete sich ein neuer Markt, der
noch dazu eine Überteuerung durch das Zertifikat "bio" erwarten ließ.
Die Wirtschaft hatte Beute gerochen. Kurz vorher noch hart bekämpft,
auf einmal war alles "bio". Es kamen viele Anfragen aus dem Großhandel, dabei gab es Angebote und Versprechungen, den Umsatz zu vervielfachen.
Der Verstand sagte ja und ließ Bilder von der großen Fabrikhalle, laufenden Lkw's und vielen Beschäftigten in einer halbindustriellen Produktion
entstehen; eine Vision vom großen Geschäft.
Doch das Herz erschrak und bekam Erstickungsanfälle. Ist das noch
biologisch und ökologisch? Bis dahin war alles noch Handarbeit und
das Herz dabei. Wenn das Herz nicht mehr dabei ist und Maschinen
die Produktion übernehmen, dann kann das Produkt in diesem Sinn
nicht mehr biologisch sein. Und was bleibt noch übrig von der Krea-
"Herz" ist im
Hebräischen dasselbe
Wo r t w i e " L e b e n " :
= "Chleb"
tivität?
Zudem frage ich mich, ob es stimmig ist, Angestellte zu beschäftigen,
die nur eine Teilfunktion an einem Produkt ausüben und immer nur
dasselbe machen? Damit die Erde nicht mehr geschändet wird, bedarf
es freier, kreativer Menschen, weil jeder Mensch eine einmalige Zelle
IBN
79
25
Kap. 7
Der Baubiologe in der Praxis
im Organismus Biosphäre ist. Dieses große Lebewesen bleibt nur gesund, wenn seine Zellen im Interesse der Ganzheit frei agieren können.
von unten nehmen
In einem Unternehmen ist dies so nicht möglich.
Obwohl die Wälder weiter sterben und die Menschen immer kränker
werden, produziert die Menschheit mehr denn je die Illusion, man könnte nur von Geldscheinen (= Scheinwelt) leben.
Zum Glück ist damals mein Herz erschrocken. Ich und meine Familie
freuen uns, dass wir bis heute als Hand-Werks-Betrieb mit Direktvertrieb
und -versand lebendig (= biologisch) geblieben sind. Wir arbeiten weiterhin manuell (mit Herz) und genießen jeden Tag diesen schöpferischen
Freiraum mit seiner unendlichen Fülle.
Zu einer gesunden Entwicklung gehören auch Hindernisse und Rückschläge. Jeder Anfang beginnt mit kleinen Schritten und die Verletzlichkeit ist in diesem Stadium größer als im späteren Verlauf. Aus vielen
Ebenen der Gesellschaft kamen Angriffe und Widerstände gegen die
junge Baubiologie, besonders bei öffentlichen Vorträgen, aber auch versteckt über die Verfilzung von Großindustrie und Obrigkeiten an Schulen und anderen öffentlichen Institutionen. Mit der richtigen Einstellung, Geduld und Offenheit für Kritik führte dies jedoch im nachhinein
betrachtet durch Lernbereitschaft, Kooperation, humanes, konsequentes
E n e rg i e
Handeln und Gelassenheit zu einer Steigerung der inneren Kraft.
= aus dem griechis c h e n " e n e rg a i a "
= d a s i m Ve r b o rg e nen noch Ruhende,
Wichtig ist auch ein tiefes Vertrauen in die Intelligenz des Lebens, vor
allem wenn man sich mit dem Wort "biologisch" schmückt. Das betrifft
das Ungeoffenbarte
vor allem solche Menschen, die alles, was noch im Verborgenen der
Zukunft ruht, schon vorher feststellen oder absichern wollen.
Wie ein Same einer Pflanze drängt das individuelle und kollektive
Schicksal gemäß seiner inneren Programmierung zur Entfaltung.
Als Menschen sind wir in der Lage, diese Programmierung frei-willig
(= freie Welle) durch Interesse in beliebige Richtungen zu lenken.
Wenn die Inhalte ökologischer Natur sind und viele Menschen sich
ihrer biologischen Grundlage erinnern, gibt es auch für unsere Kultur
wieder einen wachsenden Hoffnungsschimmer am Horizont.
80
IBN
Der Baubiologe in der Praxis
Kap. 8
25
8. Der baubiologische
Ingenieur
Dr. Dipl.-Ing. Hans Löfflad, Ingenieurbüro für Bauökologie,
Köln, www.ifb-loefflad.de
Glücklich leben und naturgemäß leben ist eins.
Lucius Annaeus Seneca
( 4 v. C h r. - 6 5 n . C h r. ) ,
röm. Philosoph u.
Baubiologie, Bauökologie und Holz sind mit meinem Lebensweg fest
Dichter
verbunden und somit zur Berufung geworden. Natürlich hat es einige
Zeit gedauert, bis ich die innere Stimme hörte und, geprägt vom eigenen
Erleben, zu gestalten begann. Ich komme aus einer Familie, die seit
Generationen mit Holz handelt und es bearbeitet.
Von Prof. Anton Schneider hörte ich zum ersten Mal vom gesunden
Bauen und Wohnen und konnte während meines Studiums an der Fachhochschule Rosenheim in Vorlesungen und praktischen Übungen z.B.
beim Bodenlegen im IBN erste Erfahrungen sammeln. Das schuf eine
gute Grundlage für meine Diplomarbeit mit dem Thema „Soda- und
Holzaschenlauge als alternative Holzschutzmittel“.
Mit viel Idealismus und ganzem Einsatz ging es hinaus in die Berufswelt,
in der es für mich zunächst nicht möglich war, meine baubiologischen
Ansätze umzusetzen, da es kaum eine Lobby dafür gab.
Wir könnten viel, wenn wir zusammenstünden.
Friedrich von Schiller
(1759-1805),
dt. Dichter
Wie das Leben so spielt, führte mich mein Beruf als Holzingenieur nach
Süd-Ost-Asien, wo die Holzindustrie boomte. Ich entwickelte dort u. a.
zusammen mit einem Neuseeländer einen speziellen Ofen, um für die
vielen Holzreste, welche dort offen verbrannt wurden, innerhalb von 1
bis 2 Tagen hochwertige Holzkohle herzustellen. Obwohl der traditionelle Prozess der Holzkohlenherstellung 3 bis 4 Wochen dauerte und die
IBN
81
25
Kap. 8
Der Baubiologe in der Praxis
Umwelt erheblich belastete, wurde dieser Holzkohle-Produktionsofen
kaum verkauft. Leider wollte sich zur damaligen Zeit in Süd-Ost-Asien
kaum jemand mit Abfällen beschäftigen.
Nach 9 Jahren in Süd-Ost-Asien hatte meine Tätigkeit nicht mehr viel
mit Ökologie zu tun. Ich fühlte mich dort auf weiter Flur allein, mir
fehlten Gespräche und Aktionen mit Gleichgesinnten. In dieser Sinnkrise
wurde mir klar, wie wichtig es ist, in Netzwerken, Organisation oder
Verbänden mitzuarbeiten bzw. sie mit zu gestalten, um beispielsweise
ökologisch sinnvolle Erneuerungen durchzusetzen. So kehrte ich nach
Deutschland zurück und brachte mein Wissen auf den neusten Stand,
unter anderem durch den „Fernlehrgang Baubiologie“ des IBN.
Will Durant (1885-1981),
amerik. Kunsthistoriker
u. Philosoph
Vielleicht wird der Mensch, wenn er seine Umwelt erneuert hat,
endlich umkehren und anfangen, sich selbst zu erneuern.
Wieder in Deutschland, machte ich einen wichtigen Schritt hin zu mir
Köln,
w w w. k a t a l y s e . d e
selbst und bewarb mich bei der „Katalyse – Institut für angewandte Umweltforschung“. Dort habe ich in den letzten Jahren meiner Tätigkeit den
Bereich Bauökologie erfolgreich geleitet.
Es war mir immer ein Anliegen, die Kräfte für die Bauökologie zu bündeln und Multiplikatoren zu begeistern. Über viele Kontakte ist es gelungen, den Fachhandel, die Forschungsinstitute und Umweltverbände an
einen Tisch zu bringen, den Dialog zwischen den einzelnen Interessensgruppen ins Rollen zu bringen und so u. a. mitzuhelfen, den Grundstein
für einige baubiologisch/ökologisch orientierte Institutionen zu legen
(Arbeitskreis ökologischer Holzbau AKÖH, Arbeitsgemeinschaft kontrolliert deklarierter Rohstoffe e. V. Arge kdR, ECOHB, Natureplus, Ökobau Rheinland, Zentrum für Kooperatives Lernen und Bauen u. a.).
Durch die internationalen Kontakte bin ich als einziger Vertreter der
82
IBN
Der Baubiologe in der Praxis
Kap. 8
25
Umweltverbände in der „EU Kommission für Bauschuttnormen“ aktiv
gewesen und habe mich dort für die nachhaltige Konzepte eingesetzt.
Die Mitgründung der ECOHB hatte für mich besondere Bedeutung,
denn nur durch die weltweite Vernetzung von Baubiologen und anderen
Fachleuten kann man den allgegenwärtigen Umweltproblemen etwas
wirklich Konstruktives entgegensetzen.
E u ro p e a n + G l o b a l
Network of
O rg a n i z a t i o n s f o r
E n v i ro n m e n t a l l y Conscious and
Healthy Building
Im Jahr 1994 gründete ich mein eigenes „Ingenieurbüro für Bauökologie“
in Köln. Damit ist der Anspruch verbunden, mich ausschließlich mit
gesunden Materialien, bauphysikalisch sinnvollen Konstruktionen und
ökologische Gebäuden zu beschäftigen.
Der Mensch ist nicht das Produkt seiner Umwelt –
die Umwelt ist das Produkt des Menschen.
Benjamin Disraeli
(1804-1881),
brit. Politiker u.
S c h r i f t s t e l l e r,
Daraus entwickelte sich meine Doktorarbeit „Das globalrecyclingfähige
Haus“ oder wie ein Freund sie scherzhaft bezeichnet: „Der zeitweise
bewohnbare Komposthaufen“. Damit sollten Grundlagen für Gebäude
geschaffen werden, die mit möglichst vielen naturbelassenen Materialien
erstellt werden können. Idealerweise sind das Passivhäuser mit Holzpfahl-Gründung, Decken, Wänden und Dach aus leimfreien gedübelten
Holzkonstruktionen, einer Dämmung aus nachwachsenden Rohstoffen
sowie Innenwände aus Lehm.
Da solche Gebäude nicht erhältlich waren, haben meine Frau Petra und
ich eine Firma gegründet, die solche Gebäude erstellt. In dieser für das
ganze Baugewerbe schwierigen Zeit haben wir nach zwei Jahren Arbeit
immerhin sieben solcher Passivhäuser verkauft und einige Preise dafür
erhalten (Umweltpreis von Weleda, Umweltpreis vom BUND, Preis für
Nachwachsende Rohstoffe von der Landwirtschaftkammer NRW).
IBN
83
25
Kap. 8
Der Baubiologe in der Praxis
Was ist mein Erfolgsrezept?
Es ist wichtig, dass ich innerlich überzeugt bin von dem, was ich mache.
„Innen und Außen“, so würde meine nächste Firma heißen.
Das, was innen ist, nach außen bringen – das Äußere dadurch gestalten
und dies natürlich im Austausch mit Gleichgesinnten und auch konventionellen Menschen. Nur im Austausch, durch Öffnung und Kontakte
schaffen wir Veränderungen, in der Ausgrenzung dagegen das Gegenteil
hiervon.
Auch wenn bereits viel erreicht wurde, gibt u. a. in der Bauökologie und
Baubiologie noch immer viele Aufgaben und Ziele, wie z. B. die Integration baubiologischen Wissens in etablierte Institutionen, eine bessere
Schulung aller am Bau beteiligten Handwerker, einer besseren Information und Beratung von Baufamilien, der Entwicklung nachhaltiger und
giftfreier Produkte oder in der Qualitätssicherung durch fachlich fundierte Fortbildungen/Schulungen und nicht zuletzt durch die Zertifizierung
von Gütesiegeln.
Dies alles erfordert einen hohen persönlichen Einsatz. Eine wichtige
persönliche Aufgabe ist mir eine auf breiter Basis stehende Entwicklung
von Alternativen, die den heutigen Ansprüchen des modernen Lebens
gewachsen sind und gleichzeitig sicherstellen, dass unser “Organismus
Erde” noch im Gleichgewicht bleibt bzw. dorthin zurück finden kann.
So denke ich, dass wir alle, trotz vieler Schwierigkeiten und Rückschläge,
das Anliegen des gesunden Bauens und Wohnens weiter voranbringen
und es davor bewahren, nur ein kurzlebiger Trend zu sein.
Wenn Bauökologie und Baubiologie zur Grundlage im Bauen und
Wohnen werden, haben wir einen wesentlichen Anteil daran erbracht,
das globale Gleichgewicht zu stabilisieren.
Dieses Ziel ist der Mühe wert!
J o h a n n Wo l f g a n g
von Goethe
(1749-1832)
84
Drei Dinge sind an einem Gebäude zu beachten: dass es am rechten Fleck
stehe, dass es wohl gegründet ist, dass es vollkommen ausgeführt sei.
IBN
Der Baubiologe in der Praxis
Kap. 9
25
9. Der baubiologische
Architekt
Winfried Schneider, Architekt und Mitarbeiter des IBN
Vo r s t e l l u n g d e s
Autors siehe Rubrik
" A u t o re n " a m A n f a n g
Was soll baubiologisches Bauen nicht sein?
d e s F e r n l e h rg a n g s
Noch immer gibt es viele Vorurteile gegenüber der Baubiologie. Deshalb
habe ich mir Gedanken gemacht, was baubiologisches Bauen nicht sein
soll. Baubiologisches Bauen
abrufbar unter
w w w. b a u b i o l o g i e . d e ,
Rubrik “Über das
Institut”
•
ist nicht Blick zurück in eine scheinbar heile Vergangenheit,
sondern Vorsorge um eine lebenswerte Zukunft,
•
ist nicht Improvisation und Urigkeit, sondern qualitäts- und verantwortungsbewusste Innovation nach ästhetischen Gesichtspunkten,
•
ist kein Formalismus, sondern orientiert sich am Vorbild Natur mit
ihren vielfältigen Formen und Farben (kein Blatt ist wie das andere),
•
beschränkt sich nicht auf individuelle Einzelvorteile der Bewohner,
sondern nimmt Rücksicht auf Mitmenschen (z.B. Nachbarn), Tiere
und Pflanzen,
•
bedeutet nicht nur, einzelne Bauteile weniger giftig zu machen,
sondern im ganzheitlichen Sinne für eine gesunde Wohnumwelt
zu sorgen,
•
ist nichts, was man einfach zum normalen Bauen noch hinzufügen
kann, sondern erfordert für jede Bauaufgabe von Anfang an ein
Gesamtkonzept,
•
ist kein zusätzlicher Luxus für einige Wenige, sondern soll das
zukünftige Bauen auf der ganzen Welt bestimmen,
•
ist nicht zu teuer, sondern beinhaltet Kosten, welche beim konventionellen Bauen auf die Allgemeinheit (Kranken- und Rentenversicherung, Steuern u.a.) und die Natur (Umweltzerstörung) abgewälzt
werden.
IBN
85
25
Kap. 9
Der Baubiologe in der Praxis
Sind die komplexen Ansprüche der Baubiologie unerfüllbar?
Nach dem Studium des Fernlehrgangs Baubiologie mag sich vielleicht
mancher überfordert fühlen. Um dieses Gefühl – das auch mir nicht
fremd ist – zu relativieren, möchte ich hierzu kurz Stellung nehmen:
1. Kompliziert ist nicht die Baubiologie an sich, sondern der Zustand
unserer Zivilisation, für deren Probleme die Baubiologie Lösungen
sucht. Bei nach baubiologischen Kriterien geplanten und gebauten
Gebäuden und Siedlungen entstehen die meisten Probleme erst gar
nicht.
2. Man darf nicht enttäuscht sein, wenn man nicht alles Gelernte bzw.
Erstrebenswerte sofort umsetzen kann. Meine Mottos lauten deshalb:
"Steter Tropfen höhlt den Stein" und "Fundamental denken – praktisch
handeln". Kompromissbereitschaft ist wichtig, aber sicherlich nicht
beliebig dehnbar.
3. Die Baubiologie alleine ist trotz ihres ganzheitlichen Ansatzes kein
Allheilmittel für alle gesellschaftlichen Fehlentwicklungen. Zur
Findung globaler Lösungen ist die interdisziplinäre Zusammenarbeit
mit Vertretern u.a. aus Medizin, Justiz, Wirtschaft (auch Land- und
Forstwirtschaft) und Politik sowie Wissenschaftlern zahlreicher
Fachgebiete entscheidend.
4. Niemand ist heute noch in der Lage, das gesamte baubiologische
Wissen zu beherrschen. Wichtig ist deshalb neben einer gewissen
Spezialisierung ein fachübergreifendes breites Grundlagenwissen
(Fernlehrgang Baubiologie) als Basis für eine funktionierende
Kooperation.
86
IBN
Der Baubiologe in der Praxis
Wunsch des
Bauherrn
Vorschlag des
Architekten
Kap. 9
Vorschlag des von der BaubeStatikers
hörde genehmigt
ausgeführt von
der Baufirma
25
nach der
Sanierung
Abb. 4 Hier haben alle aneinander vorbeigeredet. Durch interdisziplinäre
und kooperative Zusammenarbeit hätte das Ergebnis besser
ausfallen können.
Mein beruflicher Weg
Da mein Vater das IBN aufgebaut hat, war ich praktisch von Anfang an
in die Institutstätigkeit eingebunden, anfangs noch als Schüler mit einfachen Hilfsarbeiten z.B. bei der Entwicklung von Naturfarben oder
neuen Baustoffen, später zunehmend mit Grundlagen- und Öffentlichkeitsarbeit sowie Beratungstätigkeiten.
Nach Schulabschluss erlernte ich zunächst den Beruf des Schreiners.
Damals sah ich jedoch u.a. aus finanziellen Gründen wenig Chancen,
in diesem Beruf meine Ideen und Wünsche (kreative Vollholzmöbel
und Innenausbauarbeiten, Selbständigkeit) in absehbarer Zeit umsetzen
zu können. So studierte ich nach der Lehrzeit Architektur. Gleich nach
dem Studium bekam ich einen ersten Planungsauftrag, dann den nächsten usw. Somit konnte ich von Anfang an selbständig arbeiten, was mir
sehr wichtig war. Bald arbeiteten auch meine Frau (ebenfalls Architektin)
sowie zeitweise auch freie Mitarbeiter und Angestellte mit.
Parallel zur Architektentätigkeit war ich immer – mal mehr, mal weniger – auch im IBN tätig. Diese doppelgleisige Arbeitsweise hatte für
mich immer positive und negative Aspekte. Positiv wirkte sich aus, dass
sich die praktische Architektenarbeit und die mehr theoretisch-wissenschaftliche Institutsarbeit gegenseitig hervorragend ergänzten, beide
Bereiche konnten wechselseitig voneinander profitieren. Positiv wirkte
IBN
87
25
Kap. 9
Der Baubiologe in der Praxis
sich die Doppelgleisigkeit auch existenzsichernd aus, so dass ich von
Anfang an in der Lage war, nur Aufträge von Bauherren anzunehmen,
die bereit waren, konsequent nach baubiologischen Kriterien zu bauen.
Negativ wirkte sich die Doppelgleisigkeit insofern aus, dass ich sie nicht
selten auch als substanzzehrende Doppelbelastung empfand. Insgesamt
überwogen aber immer die Vorteile.
Die laufende Überarbeitung des Fernlehrgangs nimmt einen erheblichen
Teil meiner Institutsarbeit ein. Dabei ist mir neben vielen in diesem
Lehrheft bereits angesprochenen Aspekten auch folgendes wichtig:
•
Die Gegner der Baubiologie schlafen nicht, sondern sind oft in der
Lage, Baubiologen mit gut ausgearbeiteten Argumenten fachlich in
die Enge zu treiben. Nur mit aktuellem und fundiertem Wissen
(Bauphysik, Baubiol. Messtechnik, Baurecht …) ist es möglich, in
solchen Situationen zu bestehen.
•
In der Werbung wird zunehmend vieles als baubiologisch/ökologisch
dargestellt. Durch ungerechtfertigte Verwendung dieser werbewirksamen Begriffe wird der gute Ruf der Baubiologie missbraucht. Baubiologen sollten deshalb auf der Hut sein, dass die Baubiologie nicht
"verwässert" wird. Ein aktuelles Grundlagenwerk ist hierzu notwendig.
•
Viele meinen, Baubiologie erschöpfe sich z.B. in Baustoff- und Energiesparfragen. Baubiologie ist aber weit mehr, wie der Fernlehrgang
klarstellen soll.
mehr hierzu s.
"Ausblick" am Ende
dieses Beitrags
•
Probleme aufzeigen ist wichtig, Problemlösungen aufzeigen dagegen
noch wichtiger.
•
Der Lehrgang soll motivieren, an einem gesünderen, umweltbewussteren, menschenwürdigeren, kreativeren und besser gestalteten Wohnund Arbeitsumfeld mitzuwirken.
Was ist mir bei meiner Arbeit als Architekt besonders wichtig?
• Partnerschaftliches Architekten-Bauherren-Verhältnis
In gemeinsamer Arbeit und ohne Zeitdruck soll ein Konzept gefunden
werden, das den Anforderungen, Wünschen und Möglichkeiten der
88
IBN
Der Baubiologe in der Praxis
Kap. 9
25
Bauherren in Gegenwart und Zukunft wirklich entspricht. Das Ergebnis
sollen Gebäude sein, die ihre Bewohner bzw. Nutzer in ihrer ganzen
Persönlichkeit wiederspiegeln. Lebensbedürfnisse der Allgemeinheit
(z.B. Nachbarn) dürfen dabei jedoch nicht vernachlässigt werden.
Oft ist das Bauen Auslöser für das Aufbrechen bislang ungelöster zwischenmenschlicher Probleme, die in Gesprächen in offenen Streit ausbrechen können. Auslöser können ganz banale Planungsfragen sein, z.B. wie
groß soll die Küche sein, wird ein eigenes Arbeits- oder Haushaltszimmer
benötigt, erhält das Kinderzimmer Fenster oder Fenstertüren, welcher
Fußboden kommt infrage ...?
Wichtig ist, dass der Architekt dann ausgleichend auf oft unterschiedliche
Ansprüche der verschiedenen Familienmitglieder bzw. Bauherren reagiert.
Keiner der Beteiligten darf "untergebuttert" werden. Die Bauherren sollten ganz gezielt dazu angeregt werden, möglichst vor Fertigstellung der
Planung alle Probleme zu lösen. Meist kann der Architekt planerische
Alternativen anbieten, die allen Wünschen gerecht werden. In schwierigen Fällen kann es am besten sein, die Planung auf Eis zu legen, bis ein
gemeinsam tragbarer Nenner gefunden ist.
Voraussetzung für ein Gelingen all dieser Prozesse ist ein besonderes partnerschaftliches Vertrauensverhältnis zwischen Bauherren und Architekt,
ähnlich wie zwischen Patient und Arzt.
• Stärkung des Selbstbewusstseins der Bauherren
Etwa 10.000 Entscheidungen sind im Rahmen eines Einfamilienhauses
zu treffen – von Finanzierungs- und Versicherungsfragen, der Wahl des
Grundstücks, des Architekten, der Handwerker, Bauart, Baustoffe bis zur
Wahl der Wandfarbe, Armaturen, Türdrücker, Lichtschalter, Leuchten,
der Bepflanzung im Garten oder dem Möbeltransport-Unternehmen.
Viele Bauherren fühlen sich in dieser Situation überfordert und verunsichert und neigen dann unter Zeitdruck zu Fehlentscheidungen,
IBN
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Kap. 9
25
Der Baubiologe in der Praxis
zumal sie einem Cocktail an unterschiedlichsten Meinungen und
Ratschlägen von Freunden, Verwandten, Handwerkern, Behörden usw.
ausgesetzt sind.
Hier ist es die Aufgabe des Architekten, die Bauherren regelrecht zu
und Einfühlungsvermögen entgegenzuwirken und das Selbstbewusstsein
der Bauherren zu stärken.
P ro b l e m e . D e r Ä r z t e b u n d s i e h t M i l l i o n e n B r i t e n d a v o n b e t ro f f e n .
Z a h l u n g s v e r z u g s t e i g t d e r A l k o h o l - u n d Ta b a k k o n s u m , P a r t n e r s c h a f t e n z e r b re -
Zusätzlich ist es aber auch wichtig, Verunsicherungen durch Kompetenz
c h e n , A u t o u n f ä l l e p a s s i e re n d e u t l i c h h ä u f i g e r, h i n z u k o m m e n p s y c h i s c h e
d a s s E i g e n h e i m b e s i t z e r ü b e rd u rc h s c h n i t t l i c h o f t a n S t re s s u n d A n g s t z u s t ä n d e n
l e i d e n . G r u n d i s t d i e S o rg e u m d i e R ü c k z a h l u n g d e r S c h u l d e n . Vo r a l l e m b e i
B a u d a r l e h e n s o l l t e n e i n e n Wa r n h i n w e i s t r a g e n “ H y p o t h e k e n g e f ä h rd e n I h re
G e s u n d h e i t ” , m e i n t e 2 0 0 4 d e r b r i t i s c h e Ä r z t e b u n d B M A . E i n e S t u d i e e rg a b ,
schützen und ihre Aufmerksamkeit auf das Wesentliche zu lenken.
Vor allem auch im Rahmen meiner Beratungstätigkeit im IBN waren
viele Bauherren bereits für den einfachen Tipp dankbar, auf ihre "innere
Stimme” zu hören. Wenn z.B. unsympathisch erscheinende Baustoffe,
Architekten, Unternehmer oder Handwerker konsequent vermieden werden, wird meist aus einem gesunden Menschenverstand heraus automatisch die richtige Entscheidung gefällt.
• Bezahlbares Bauen
Unter bezahlbar verstehe ich nicht eine Billigbauweise auf Kosten der
Umwelt, der Wohnqualität oder der Unternehmer und Handwerker,
sondern gerechte Baupreise, die es entsprechend dem Geldbeutel des
Bauherren erlauben, gesund und energiesparend zu bauen und allen
Beteiligten gerechte Löhne und Preise zu zahlen (gutes Preis-Leistungs-Verhältnis). Bauherren ist wenig geholfen, wenn sie zwar ein
baubiologisches Haus haben, unter den Baudarlehen aber ein Leben
lang zu leiden haben – oft am meisten die Kinder.
Anstatt bei der Planung, an Baustoffen oder bei Handwerkern zu
sparen, ist es besser, die Gebäudegröße u.a. durch “intelligente”
Grundrissplanung zu optimieren, Ausbaulösungen anzustreben und
Eigenleistung einzubringen. Zudem darf nicht vergessen werden, dass
sich die Mehrkosten für eine baubiologische und ökologische Bauweise u.a. durch niedrigere Energiekosten, geringeren Wasserverbrauch
und vor allem durch ein gesundes Raumklima und damit hohe
Lebensqualität und Gesundheit amortisieren.
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IBN
Der Baubiologe in der Praxis
Kap. 9
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• Gemeinschaftliches Bauen
Durch "Ökosiedlungen" und Nachbarschaftshilfe lässt sich das
Wohnumfeld, die Lebensqualität und die ökologische Wertigkeit
noch erheblich verbessern, z.B. durch fußgängerfreundliche und
kindergerechte Verkehrskonzepte, gemeinsame dezentrale Energieund Abwasserentsorgung, gemeinsame Kinder- bzw. Altenbetreuung,
Bau gemeinschaftlich genutzter Räume und Einrichtungen (z.B.
Werkstatt, Café, Spielraum für Kinder, Sauna, Abstellräume). Dadurch
können die Wohnhäuser kleiner und somit preiswerter gebaut werden.
Zu achten ist auch und besonders auf die Schaffung von Arbeitsplätzen vor Ort und damit Stärkung des Selbstversorgerprinzips (z.B.
Gärtnerei, Land- und Forstwirtschaft, Bäckerei, Molkerei, erwerbsmäßige Alten- und Kinderbetreuung) sowie auf Lebensraum ohne
Hindernisse (Zäune, Straßen) für Wildtiere.
• Teamgeist auf der Baustelle
Der Bau eines Hauses ist ein Schöpfungsakt, der allen Beteiligten
Freude und Befriedigung verschaffen sollte. Menschlichkeit und
Vertrauen während der Bauphase können Anregung und Inspiration
für alle sein und so zu einer konstruktiven, intelligenten Zusammenarbeit führen. Nicht nur ein sensibler Umgang mit dem Bauplatz
und den Baustoffen, sondern auch ein gutes Arbeitsklima auf der
Baustelle gehören zu einer ökologisch ausgerichteten Baukultur.
Wichtig ist auch, dass die nötige Zeit da ist – "gut Ding will Weile
haben". Der Trend zu immer mehr Schnelligkeit bedeutet für alle
Beteiligten Stress und nimmt die Freude an der Arbeit, zudem steigt
die Gefahr von Ausführungsfehlern. Kreativität, Baukunst, Kultur im
positiven Sinne kann nicht unter Zeitdruck entstehen. Jeder Handwerker wie auch die Bauherren verbinden mit einer angenehmen
Atmosphäre auf der Baustelle angenehme Erinnerungen an die Bauzeit
für ihr ganzes Leben. Persönlich bin ich fest davon überzeugt, dass
dies im feinstofflichen Sinne auch die “Schwingung” eines Gebäudes
langfristig positiv beeinflusst.
IBN
91
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Kap. 9
Der Baubiologe in der Praxis
Hierzu möchte ich von einem Ofenbauer im Allgäu berichten, der
auf Baustellen oft zusammen mit den Bauherren zu allererst einen
überdachten Lehmofen ins Freie (Bauzeit 1 bis 2 Tage) baut, den alle
Beteiligten (Handwerker, Bauherren, Planer …) zum Aufwärmen
(auch ihres Essens) verwenden können oder der bei Festen zum
Backen z.B. von Pizzas (“Liebe geht durch den Magen”) verwendet
werden kann. Schnell ist nach seinen Erfahrungen der Ofen ein willkommener Treffpunkt, um in angenehmer Atmosphäre unter allen
Beteiligten Besprechungen durchzuführen. Das Klima auf dem Bau
verbessert sich dadurch enorm. Nach Fertigstellung des Gebäudes
kann der Ofen je nach Zustand erhalten bleiben oder auch wieder
abgerissen werden.
• Förderung des Handwerks
Handwerkliche Arbeiten strahlen im Gegensatz zu industriellen
anonymen Fertigprodukten (z.B. Fenster, Türen, Treppen, Kachelofenbausätze) oder maschinell hergestellten Putzen und Oberflächen
eine individuelle Ausdruckskraft, einen gewissen Charme aus.
Hinzu kommt, dass handwerkliche Arbeitsplätze in aller Regel
humaner sind, als Industriearbeitsplätze.
• Einfaches Bauen
Verwendung möglichst weniger natürlicher Materialien und Ausführung einfacher, nachvollziehbarer Details.
• Kreatives und innovatives Bauen
Der Architekt sollte alle Beteiligten zur Umsetzung spontaner und
kreativer Ideen ermuntern. Der Maurer kann kleine eckig oder organisch geformte Nischen in die Wände formen oder schöne Natursteine
einmauern, der Fliesenleger kann zwischen den Standardfliesen bunte
oder vom Töpfer individuell hergestellte Fliesen verstreuen, der Putzer
kann plastische Ornamente und Formen in den Putz integrieren usw.
s. Lehrheft
" B a u re c h t - N o r m u n g
- Güteprüfung" u.a.
92
Wichtig ist, sich nicht durch die erdrückende Bürokratie und Verordnungswut unterkriegen zu lassen. Es ist nicht richtig, das Land mit
unzähligen Minimalkonsens-Lösungen zu überziehen. Erst Baurechte,
IBN
Der Baubiologe in der Praxis
Kap. 9
25
die dem Einzelnen mehr Rechte und Freiheiten geben, werden die
Kreativität und Intelligenz jedes Einzelnen besser zur Entfaltung bringen und so ideale Voraussetzungen für eine innovative, ökologisch
ausgerichtete Baukultur schaffen. Ich schlage vor, das Baugenehmigungsverfahren umzudrehen, d.h. der Architekt bzw. Bauherr entwickelt zunächst unabhängig von den meisten Vorgaben seine Ideen;
als Vorgaben würden z.B. genügen: baubiologisch, ökologisch, sozial
ausgewogen, nachbarschaftliche Interessen wahrend. Je nach lokalen
Besonderheiten könnten weitere zunächst grob ausformulierte Vorgaben ergänzt werden.
• Energiesparendes und gesundes Bauen
Energie sparen bzw. regenerative Energiequellen nutzen ja, aber nicht
auf Kosten der Gesundheit und Lebensqualität.
vgl. Lehrheft
" E n e rg i e s p a r k o n z e p t e "
• Sensibler und sanfter Umgang mit dem Baugrundstück
Möglichst weitgehende Erhaltung der vorhandenen Topografie und
vgl. Lehrheft
der Pflanzen. Schaffung von Lebensraum für Wildtiere und Insekten
" F re i f l ä c h e n "
sowie geeigneter Flächen für Gartenbau (Permakultur) usw.
Leistungsbild des baubiologischen Architekten
Der Planungs- und Bauablauf für baubiologisch konsequente Gebäude
und Siedlungen ist i.d.R. wesentlich komplexer als für konventionelle
Bauvorhaben. Die Mehrleistungen erfordern nicht selten den doppelten
s. Lehrheft
"Baukonstruktion"
Kap. 2
Zeitaufwand, als Honorar können aber bestenfalls ca. 25 % mehr verlangt werden. Diese Situation erfordert meist ein hohes Maß an Idealismus.
Um dennoch bestehen zu können, kann an anderer Stelle Zeit eingespart
werden, z.B. durch das Aufbauen von Kooperationen bzw. es können
ergänzend Leistungen angeboten, die nicht zum normalen Leistungsbild
des Architekten gehören, z.B. baubiologische Beratungen und Messtech-
s. folgenden
Abschnitt: "Aufbau
von Kooperationen"
nik, anleitende Tätigkeiten bzw. Mitarbeit im Rahmen von Eigenleistungen, Mithilfe bei der Beschaffung von Baumaterial (Produkt- und Lieferantenauswahl, Mengenermittlung).
IBN
93
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Der Baubiologe in der Praxis
Kap. 9
Wichtig ist immer, dass das Honorar angemessen und transparent nachvollziehbar bleibt. Das Verhältnis von Nehmen und Geben soll stimmen.
Die Vergabe von Planungsaufträgen für größere Bauvorhaben, wie Kindergärten, Schulen, Krankenhäuser, Geschäftshäuser, Banken u.a., wird
häufig über Architektenwettbewerbe entschieden. Baubiologisch verantwortungsbewusste Architekten können sich daran meist nicht beteiligen,
da baubiologische und ökologische Aspekte in der späteren Realisierungsphase nicht durchsetzbar sind. Zur Änderung dieses Missstandes ist auf
allen Ebenen dringender Handlungsbedarf erforderlich.
Ermutigen möchte ich an dieser Stelle all diejenigen Architekten, die
erschrecken, wenn es u.a. um die zahlreichen Probleme rund um das
Leistungsbild, das Baurecht, die Bauabwicklung oder die Architektenhaftung geht und sich und ihre Ideale in diesem Umfeld nicht mehr
wiederfinden können, vielleicht gar an ihrem eigentlich so schönen
und sinnvollen Beruf zweifeln. Zeigen Sie anderen, was wirklich wichtig
ist, zeigen Sie, dass vieles mit Behutsamkeit, Einfühlungsvermögen und
Vertrauen auch geht! Lassen Sie nicht zu, dass Ihre Persönlichkeit, Ihre
Ideale untergehen. Hierzu folgendes Gedicht:
Beinahe ist das Wort "Behutsamkeit"
zu einem Fremdwort geworden.
Wir reden von Gewalt und Power,
von Durchsetzen und Selbstbehauptung.
Leistung bestimmt, Härte verspricht Erfolg.
Aber ich möchte für die Behutsamkeit leben,
für die zarte Annäherung,
für die vorsichtige Beschäftigung mit der Welt,
für die Begegnung, in der das Ahnen
noch einen Platz hat.
Durch unsere Behutsamkeit öffnet sich das Leben
und zeigt seine zarten Seiten.
Durch unsere Vorsicht entsteht,
was sonst keine Chance hätte.
Durch unsere Verhaltenheit
traut sich das Langsame vor.
Durch unsere Verletzbarkeit
verletzen wir weniger.
Durch unsere Zartheit
werden wir mit Zartheit beschenkt.
Es ist ein Schritt des Vertrauens,
in diesen Einstellungen die Kraft zu sehen,
die die Welt bewegt.
Manchmal ist es gut, nur zu beobachten,
wie tief Leben Leben traut.
Ulrich Schaffer
Kanadischer Schriftsteller
( B ü c h e r u . a . i m K re u z - u n d H e rd e r- Ve r l a g , S t u t t g a r t )
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Der Baubiologe in der Praxis
Kap. 9
25
Aufbau beruflicher Kooperationen
Der Architekt ist auch Koordinator aller am Bau beteiligten Fachleute.
Diese wichtige und verantwortungsvolle Aufgabe darf jedoch nicht für
Chefallüren missbraucht werden, sondern steht gleichberechtigt neben
allen anderen Aufgaben.
Bauherr
Handwerker
Baubehörden
Baubiologische
Messtechniker
Baugesetzgeber
Abb. 5
Architekt als
Koordinator
Architekt als
Koordinator
Geomanten,
Feng-Shui-Berater
Baubiologische
Institute und
Beratungsstellen
Fachingenieure
Statiker, Haustechnik
Baustoffhersteller
In Zukunft wird es noch wichtiger als bereits heute sein, funktionierende
Kooperationen mit gleichgesinnten Menschen aufzubauen; Handwerker-,
Architekten-, Baubiologen-, Bauherren-Kooperationen oder auch Kooperationen über alle Berufssparten und -qualifikationen hinweg. Wichtig
ist hierbei vor allem Teamgeist und gegenseitiges Vertrauen. Etwa 1/3
der Arbeitszeit (z.B. bei der Erstellung von Leistungsbeschreibungen
und Verträgen, bei der Bauüberwachung oder Prüfung der Rechnungen)
könnte man m.E. auf diese Weise als Architekt einsparen. So gesehen
lohnt sich Engagement in dieser Richtung nicht nur ideell und aus fachlichen Gründen, sondern auch finanziell.
Nicht mehr aus dem Kopf gehen mir in diesem Zusammenhang die
Worte eines älteren Handwerkers:
"Früher galt ein Handschlag noch etwas".
IBN
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Kap. 9
Der Baubiologe in der Praxis
Jede Kooperation bietet u.a. fachlichen und menschlichen Austausch,
Geborgenheit, Möglichkeiten zur Weiterbildung und Existenzsicherung.
Aufträge, die man selbst z.B. aus Zeitgründen nicht durchführen kann,
können geeignete Kollegen übernehmen. Gemeinsam ist man stärker.
Ausblick
Viele Baubiologen sind geneigt, die Baubiologie einseitig auf die Anwendung der Baubiologischen Messtechnik und/oder die Verwendung bestimmter Baustoffe und Energiesparen zu reduzieren. Dies sind sicherlich
wesentliche Aufgabenstellungen. Leider werden dabei aber viele wichtige,
v g l . 2 5 G r u n d re g e l n
der Baubiologie,
Kap. 2, Übersicht
weiterführende Themen ignoriert. Baubiologie im ganzheitlichen Sinne
bedeutet viel mehr, nämlich das Streben nach Lebens- und Arbeitsqualität, Gesundheit, Einfachheit, gelebte sinnlich-emotionale Kreativität,
Geborgenheit in der gebauten Umwelt, soziales Verhalten, also ein Miteinander statt ein Gegeneinander, Innovation, Frieden schließen mit
der Natur ... Lassen Sie sich von diesen Idealen anstecken, überlegen Sie,
in welchen Bereichen Sie etwas beitragen und wie Sie in absehbarer Zeit
ihr Leben entsprechend umorientieren können! Der Weg mag manchmal
steinig sein, das Ziel jedoch ist einfach und erstrebenswert.
Alle Kräfte sollten daran gesetzt werden, um Widerstände aufzubrechen,
damit Architekten und Handwerker innovativ schöpferische Kräfte ausleben können, kreativ an einer neuen ökologischen Baukultur arbeiten
und so interessante, individuelle, innovative und gesunde Behausungen
schaffen können. Damit dies möglich ist, bedarf es interdisziplinärer
Kooperationen bzw. Teamwork. Nur gemeinsam können die gesteckten
Ziele und Erwartungen auch umgesetzt werden.
Möge der Fernlehrgang Baubiologie ein Baustein sein, um unseren wunderbaren Planeten zu bewahren und allen Menschen ein friedliches Leben
im Einklang mit der Natur zu ermöglichen. Helfen Sie mit!
96
IBN
Der Baubiologe in der Praxis
Kap. 10
25
10. Weiterbildung
"Baubiologische
Messtechnik IBN"
D
as IBN bietet seit 1992 insbesondere für Absolventen des Fernlehrgang Baubiologie Fortbildungs-Seminare "Baubiologische
Messtechnik SBM” an.
Die Seminare vermitteln Kenntnisse über die baubiologischen Untersuchungen elektrischer, magnetischer, elektromagnetischer, radioaktiver,
geologischer, chemischer, raumklimatischer, mikrobiologischer und sonstiger riskanter Strahlen, Felder, Wellen, Gifte, Gase, Schadstoffe, Störungen und Umwelteinflüsse in Häusern, an Schlaf- und Arbeitsplätzen,
auf Grundstücken und von Baustoffen sowie Einrichtungen. Der im
Fernlehrgang bereits vorgestellte "Standard der baubiologischen Messtechnik (SBM)" dient als Grundlage.
s. Lehrheft
“Strahlung”,
Anhang
Die Fortbildung "Baubiologische Messtechnik" beinhaltet den Besuch
von Basis- und Aufbauseminaren. Sie wird ergänzt durch ein Fachliteraturstudium, Erfahrung in der Praxis und einer schriftlichen sowie praktischen Prüfung.
Voraussetzungen für die Teilnahme an der Messtechnik-Abschlussprüfung:
•
Erfolgreicher Abschluss des "Fernlehrgang Baubiologie IBN"
•
Teilnahme am 8-tägigen Basis-Seminar "Baubiologische Messtechnik"
•
Besuch der angebotenen zwei jeweils 8-tägigen Aufbau-Seminare
"Strahlung" und "Luft"
•
Sicherheit und Erfahrung im Umgang mit den verschiedenen
Messgeräten
•
Breitgefächertes Literaturstudium
Weitere ausführliche Informationen sind beim IBN erhältlich.
Seminartermine werden laufend in "Wohnung + Gesundheit"
sowie auf den IBN-Internetseiten veröffentlicht.
IBN
w w w. b a u b i o l o g i e . d e
97
25
Kap. 11
Der Baubiologe in der Praxis
11. Gründung einer
" Beratungsstelle für
Baubiologie IBN"
Die Beratungsstellen haben unterschiedliche Arbeitsschwerpunkte
s. Kap. 10
(z.T. auch "baubiologische Messtechnik IBN"), bieten Hilfe bei allen
baubiologischen Fragen an und vermitteln auf Wunsch weitere
Sachverständige. Die Beratungsstellen arbeiten eigenverantwortlich.
Kurzauskünfte werden in der Regel kostenlos erteilt. Das Beratungsstellenverzeichnis wird u.a. in "Wohnung + Gesundheit" und auf den
w w w. b a u b i o l o g i e . d e
komplette und
Internetseiten des IBN veröffentlicht.
Anforderungen an die Beratungsstellen für Baubiologie IBN
aktuelle Unterlagen
bitte im IBN
a n f o rd e r n !
1. Teilnahme am "Fernlehrgang Baubiologie IBN" mit
Prüfungsabschluss.
2. Teilnahme an den vom IBN angebotenen Jahrestreffen für
Beratungsstellen-Inhaber.
3. Veröffentlichung der Beratungsstelle im Verzeichnis von
"Wohnung + Gesundheit".
4. Ausbildung, Tätigkeit und/oder praktische Erfahrung in der Baubranche, z.B. als Architekt, Bauingenieur, Bauhandwerker. Bei
Nachweis können auch Qualifikationen ohne spezielle Berufsausbildung anerkannt werden.
5. Nachweis über den Besitz geeigneter Messgeräte, falls Haus- und
Grundstücksuntersuchungen, Schadstoffanalytik bzw. Messtechnik
SBM angeboten werden.
6. Führung eines baubiologisch eingerichteten, personell regelmäßig
(zumindest halbtags) besetzten und telefonisch erreichbaren Büros
98
IBN
Der Baubiologe in der Praxis
Kap. 11
25
mit Informationsmaterial, baubiologischer Literatur und nach
Möglichkeit Baustoff-Ausstellung (z.B. Regal mit den wichtigsten
Baustoffmustern).
7. Die "Baubiologischen Beratungsstellen IBN" verpflichten sich, bei
allen baubiologischen Anfragen zu beraten oder zu vermitteln.
8. Abstimmung über die Honorar-Regelung mit dem IBN. Mündliche,
telefonische und schriftliche baubiologische Kurzberatungen (unter
10 Minuten) sollten kostenlos erfolgen. Bei längeren Beratungen
empfiehlt das IBN 35,- bis 60,- Euro Stundenhonorar.
Stand 2005
9. Die Eintragung als "Baubiologische Beratungsstelle IBN" verpflichtet
zum Bezug und Durcharbeiten der Aktualisierungs- und Ergänzungslieferungen des "Fernlehrgang Baubiologie".
auch als CD-ROM
erhältlich
10. Gründliches Lesen von "Wohnung + Gesundheit", um immer auf
dem aktuellen Stand der baubiologischen Kenntnisse zu sein.
Möglichst auch Mitarbeit sowie Mithilfe zur stärkeren Verbreitung
dieser Fachzeitschrift, die als Forum der Baubiologen zu betrachten
ist.
11. Regionale Öffentlichkeits- und Zusammenarbeit (örtliche Presse,
VHS, Seminare, Behörden, Ärzte, Heilpraktiker, andere Baubiologen,
Ökologen und Umweltschützer).
12. Verpflichtung, möglichst unbedenkliche, baubiologisch geprüfte
Naturbaustoffe zu verwenden bzw. zu empfehlen sowie die “25
Grundregeln der Baubiologie” des IBN zu berücksichtigen.
s. Kap. 2,
Übersicht
13. Zusammenarbeit mit dem IBN und mit der Redaktion der Fachzeitschrift "Wohnung + Gesundheit" (z.B. Artikel in W+G), um gemeinsam den vielfältigen, verantwortungsvollen Aufgaben der Baubiologie
gerecht zu werden.
14. Gemeinsame Aktionen zum Aufbau regionaler baubiologisch-ökologischer Zentren als Demonstration der baubiologischen Bewegung
(z.B. im Rahmen von Ökodörfern).
IBN
99
25
Kap. 11
Der Baubiologe in der Praxis
15. Förderung, Mitarbeit und Nutzung der gemeinsamen "Stiftung
Baubiologie–Architektur–Umweltmedizin" BAU, die zunehmend
Motor der baubiologischen Entwicklung sein soll.
Im "Beratungsstellen-Verzeichnis IBN" können unter Weitere Dienstleistungen bis zu 10 zusätzliche Tätigkeiten/Angebote (vereinheitlichte
Bezeichnungen) genannt werden.
Das IBN entscheidet, ob in Ausnahmefällen eine Eintragung auch bei
Nichterfüllung einzelner Voraussetzungen möglich ist.
100
IBN
Der Baubiologe in der Praxis
Fragebogen
Anhang
25
Fragebogen
"Baubiologische Hausuntersuchungen"
Um genügend Erfahrungs- und Beweismaterial zu sammeln, ist es nötig,
umfangreiche Erhebungen durchzuführen. Für Haus- bzw. Wohnungsuntersuchungen wurde ein Fragebogen entworfen, der sich seit vielen
Jahren bewährt hat. Unter besonderer Beachtung der Wohnverhältnisse,
der Baustoffe und der Wohnungseinrichtung sowie der Messergebnisse
soll das Protokoll gemeinsam mit den Bewohnern erstellt werden, wobei
auch deren gesundheitliche Beschwerden erfasst werden. Der Auftraggeber erhält eine Kopie des Protokolls und einen Bericht mit Empfehlungen; außerdem ein vorgedrucktes Ergebnisbericht-Formular, das er
nach durchgeführter Sanierung (ca. 2 - 3 Monate) an die Untersuchungsstelle schicken soll. Darin soll der Kunde die durchgeführten Sanierungen
auflisten und Änderungen des Gesundheitszustandes dokumentieren.
Darauf wird besonderer Wert gelegt, um Erfahrungen zu sammeln und
um allmählich statistisch auswertbares Material zu gewinnen. Eine Reihe
von Merkblättern zur Information der Auftraggeber ergänzen die messtechnische Untersuchung.
Der Fragebogen gehört nicht zuletzt in die Hand von Ärzten und
Heilpraktikern, die ihn bei der Anamnese mit ihrem Patienten ausfüllen
sollten, um gemeinsam mit einem Baubiologen geeignete Therapie- und
Sanierungsmöglichkeiten zu eruieren. Jeder, der damit arbeitet, wird
wichtiges Erfahrungsgut als Bereicherung der Diagnose und Therapie
sammeln können.
Der Fragebogen ist sicherlich nicht ganz ausgereift; Verbesserungsvorschläge werden dankbar entgegengenommen.
Auch demjenigen, der nicht mit diesem Fragebogen arbeiten wird, bieten
sich gute Anregungen zur Sanierung und Prüfung unter Beachtung zahlreicher Krankheiten und Beschwerden einerseits sowie Baumaterialien,
Installationen, Einrichtungen usw. andererseits. Zu empfehlen ist auch,
die Fragebögen kranken Menschen, die nicht wissen, woher bestimmte
Beschwerden kommen, zur Selbstprüfung vorzulegen; so mancher Hinweis bei der Suche nach Krankheitsursachen wird sich damit finden lassen.
IBN
101
25
Kap.
Anhang
Der Baubiologe in der Praxis
IBN Institut für Baubiologie + Oekologie
Holzham 25, D-83115 Neubeuern
Tel. +49 (0) 8035/2039, Fax +49 (0) 8035/8164
E-mail: [email protected]
Internet: http://www.baubiologie.de
Baubiologische HAUSUNTERSUCHUNG
Fragebogen
Dieser Fragebogen soll Ihnen helfen, zu überprüfen, ob vorhandene langandauernde Gesundheitsstörungen, die bisher nicht ursächlich geklärt werden konnten, möglicherweise auf baubiologische/elektrobiologische Einflussfaktoren in Ihrer Wohnung/Ihrem Haus zurückzuführen sind. Bitte
unterstreichen bzw. ergänzen Sie Zutreffendes oder kreuzen Sie Entsprechendes an. Bei mehreren
Mitgliedern der Familie bzw. Wohngemeinschaften, die evtl. wohngeschädigt sind, verwenden Sie
bitte von Blatt 4 Kopien.
Name/Vorname
Adresse
Tel.-Nr.
Beruf
_______________________________ geb. am _________________________
__________________________________________________________________
_______________________________
_______________________________
1. Standort-Beschreibung (Falls zutreffend: Art, Stärke, Entfernung vom Haus?):
Hochspannungsleitung _________________________________________________________
Trafostation __________________________________________________________________
Dachständer oder Erdverkabelung _________________________________________________
Bahnlinie ____________________________________________________________________
UKW- /Fernseh-/ Radar-/Post-/Mobilfunksender _____________________________________
Fabrik/Deponie ________________________________________________________________
Straße (Hauptverkehrs-/Wohn-/Nebenstraße) _______________________________________________
Reines Wohngebiet/Gewerbe- und Wohngebiet ______________________________________
Einwohnerzahl/Bebauungsdichte __________________________________________________
Orientierung der Schlaf- und Wohnräume (Himmelsrichtung )______________________________
_____________________________________________________________________________
2. Angaben zum Haus/zur Wohnung
1-, 2-, Mehrfamilienhaus/Stockwerke: ______________________________________________
Schlafplatz/in welchem Stockwerk?________________________________________________
Baujahr _____________ Seit wann wohnen Sie in diesem Haus ? ____________________
Renovierung (wann? was?) _________________________________________________________
_____________________________________________________________________________
3.
m
m
m
102
Angaben zum Gebäudetyp
Ziegelbauweise mit Betondecken
m Holzmassivbauweise (z.B. Blockbau)
Betonbauweise (auch Außenwände)
m Holzleichtbauweise (z.B. Holzrahmenbau)
Sonstiges: ________________________________________________________________
IBN
Der Baubiologe in der Praxis
Kap.
Anhang
4.
m
m
m
m
m
Art und Dicke der Wärmedämmung, Stelle der Verwendung
Glas-/Steinwolle (mit/ohne Alukaschierung) __________________________________________
Polystyrol
_______________________________________________________
PU-Hartschaum
_______________________________________________________
Kork
_______________________________________________________
Sonstiges
_______________________________________________________
5.
m
m
m
m
Dacheindeckung
Tonziegel
_______________________________________________________
Betondachpfannen
_______________________________________________________
Metalleindeckung (Metallart angeben!) _____________________________________________
Sonstiges
_______________________________________________________
6.
m
m
m
m
m
Außenverkleidung/Außenanstrich
Vollwärmeschutz (z. B. Styropor) _________________________________________________
Asbestzement
_______________________________________________________
Kunstharzputz
_______________________________________________________
Bio-Putz
_______________________________________________________
Sonstiges
_______________________________________________________
7.
m
m
m
m
m
m
m
m
m
Innenanstriche / Wandbeläge / Verkleidungen (Stelle der Verwendung/Untergrund?)
Kalkanstriche
_______________________________________________________
Naturfarben
_______________________________________________________
Dispersionsanstrich _______________________________________________________
Tapeten (Rauhfaser, Vinyl, Textil etc.?) ________________________________________________
Fliesen
_______________________________________________________
Stein
_______________________________________________________
Holz (natur, funiert)
_______________________________________________________
Spanplattenpaneel
_______________________________________________________
Sonstiges
_______________________________________________________
8.
m
m
m
m
m
m
Fußböden (Stelle der Verwendung)
PVC-Beläge
_______________________________________________________
Linoleum
_______________________________________________________
Synth.Teppiche (lose verlegt oder verklebt?) ___________________________________________
Parkett/ Dielen (Oberflächenbehandlung – geklebt, genagelt?) ________________________________
Fliesen
_______________________________________________________
Sonstiges
_______________________________________________________
9.
m
m
m
m
m
m
m
Heizung
Zentralheizung (Öl, Gas, Holz) ____________________________________________________
Fußleistenheizung
_______________________________________________________
Fußbodenheizung (elektrisch oder mit Wasser) __________________________________________
Nachtspeicherheizung _______________________________________________________
Kachelofen
_______________________________________________________
Lüftungsanlage (mit/ohne Wärmerückgewinnung)________________________________________
Sonstiges
_______________________________________________________
25
10. Beleuchtung (mit Raumangaben)
m Leuchtstofflampen _______________________________________________________
m Energiesparlampen _______________________________________________________
m Niedervolt-Halogenglühlampen _______________________________________________
m Glühlampen
_______________________________________________________
m Sonstiges
_______________________________________________________
IBN
103
25
Kap.
Anhang
Der Baubiologe in der Praxis
11. Elektroinstallation / Elektrogeräte in den Schlaf- und Arbeitsbereichen
m
m
m
m
m
m
m
m
m
(Entfernung zum Körper?)
Radiowecker
Stereoanlage
EDV-Anlage
Fernseher/Video
Schnurloses Telefon
Handy
Elektroherd
Mikrowelle
Sonstiges
_______________________________________________________
_______________________________________________________
_______________________________________________________
_______________________________________________________
_______________________________________________________
_______________________________________________________
_______________________________________________________
_______________________________________________________
_______________________________________________________
12. Art der Betten (Matratze, Bettwäsche, Bettdecke etc.)
m Federkernmatratze
_______________________________________________________
m Schaumstoffmatratze _______________________________________________________
m Latexmatratze
_______________________________________________________
m Lattenrost (Metall-/Holzrahmen?) __________________________________________________
m Metallrost
_______________________________________________________
m Bettgestell (Holz, Spanplatte, Metall) ________________________________________________
m Sonstiges
_______________________________________________________
13. Möbel (z. B. aus Spanplatten furniert oder beschichtet, Holz, Kunststoff etc.? / Alter? / Raumangabe)
____________________________________________________________________________
____________________________________________________________________________
____________________________________________________________________________
Stechender, reizender Geruch in Schränken?
____________________________________________________________________________
14. Pflanzen (Raumangabe)
____________________________________________________________________________
____________________________________________________________________________
15. Haustiere (welche? / Raumangabe)
____________________________________________________________________________
____________________________________________________________________________
16. Bau- und Raumluftfeuchte (Mauerfeuchte, Schimmelpilze, Sonstiges?)
____________________________________________________________________________
____________________________________________________________________________
17. Wurden Messungen und Sanierungsarbeiten durchgeführt
(Zeitraum / welcher Art / Sanierungsmaßnahmen?)
____________________________________________________________________________
____________________________________________________________________________
18. Wer bzw. was hat Sie dazu bewogen, eine Hausuntersuchung
durchführen zu lassen?
____________________________________________________________________________
____________________________________________________________________________
19. Sonstige Bemerkungen (evtl. Rückseite verwenden)
____________________________________________________________________________
____________________________________________________________________________
____________________________________________________________________________
104
IBN
Kap.
Anhang
Der Baubiologe in der Praxis
Bestehende Beschwerden
m
Schlaflosigkeit
Müdigkeit (chron.?)
m
Unwohlsein
m
Konzentrationsmangel
m
Herzschmerzen
m
Kopfschmerzen/Migräne
m
Nervosität
m
Unruhegefühl
m
Depressionen
m
Agressionen
m
Reizbarkeit
m
Augen- u. Schleimhautreizungen m
Sehstörungen
m
Muskelverspannungen
m
Atemnot
m
Bronchitis
m
Rheuma, Gicht
m
Schwindel
m
Hautausschlag
m
Hautjucken
m
Haarausfall
m
Taubheitsgefühl
m
Verdauungsstörungen
m
Durstgefühle
m
Metallempfindlichkeit
m
m
Entzündungen
Organschmerzen
m
Infektionsanfälligkeit
m
Krebs
m
Lymphknotenschwellungen
m
m
Ohrengeräusche
Wetterfühligkeit
m
Allergie
m
_________________________
34 Sonstige _________________ m
_________________________
1
2
3
4
5
6
7
8
9
10
11
12
13
14
15
16
17
18
19
20
21
22
23
24
25
26
27
28
29
30
31
32
33
25
Unterschiede im Befinden
(+/o/-/x)
Bei Tag ______________________________
Bei Nacht _____________________________
Zu Hause _____________________________
Am Arbeitsplatz _______________________
Beim Kaufhausbesuch __________________
Beim Fernsehen _______________________
Beim Autofahren _______________________
Bei oder vor Gewitter ___________________
Im Sommer/Winter _____________________
Bei Leuchtstofflicht _____________________
Bei Hauspflegearbeiten __________________
In der Küche __________________________
Bei Lärm ____________________________
Im Urlaub ____________________________
Im Umgang mit ________________________
_____________________________________
_____________________________________
_____________________________________
_____________________________________
+ zunehmende Beschwerden
o ohne Einfluss
- geringe Beschwerden
x keine Beschwerden
Zusatzfragen
Haben Sie bei Haustieren oder Pflanzen
negative Veränderungen festgestellt?
_____________________________________
_____________________________________
_____________________________________
_____________________________________
Stellen Sie an anderen Orten (z.B. im Urlaub,
im Hotel) eine Verbesserung des Gesundheitszustandes fest?
_____________________________________
_____________________________________
_____________________________________
_____________________________________
Diagnose des Arztes oder Heilpraktikers: __________________________________________
_______________________________________________________________________________
_______________________________________________________________________________
Behandelnder Arzt/Heilpraktiker: _________________________________________________
_______________________________________________________________________________
Welche Zahnfüllungen (auch Kronen, Spangen etc.) haben Sie ?:
(Amalgam, Gold, Silber, Stahl, Kunststoff, Porzellan etc.) ____________________________________________
seit wann ?______________________________________________________________________
IBN
__________________________________
_____________________________________
Unterschrift des Wohnungsinhabers
Unterschrift des Baubiologen
______________
______________
Datum
Datum
105
25
Kap.
Anhang
Der Baubiologe in der Praxis
B a u b i o l o g i s c h e r Ge b ä u d e c h e c k de s I B N
Sie besitzen, mieten oder planen ein Haus/eine Wohnung
oder Sie wollen eine Immobilie kaufen. Dann nutzen Sie
die Gelegenheit, dies sachgerecht vom Institut für Baubiologie + Oekologie Neubeuern (IBN) oder einer der Baubiologischen Beratungsstellen IBN prüfen zu lassen. Selbst
in einem nach ganzheitlichen baubiologischen Kriterien
erstellten Gebäude können diverse Mängel auftreten. Wer
auf Gesundheitsvors orge und mängelfreie, optimale Bauweise bedacht ist, sollte möglichst schon in der Phase der
Bauplanung die Prüfung anhand des baubiologischen
Checks nutzen. Ein gesundes und ökologisches Haus rentiert sich allemal.
Häufiger geschieht es, dass die Energiekosten nicht den
erhofften Werten entsprechen oder die Räumlichkeiten
durch Verwendung ungeeigneter Baumaterialien nicht
zum wohngesunden Leben beitragen. Vielfach sind es nur
Kleinigkeiten, die zum unerwünschten Ergebnis führen,
doch scheint es oftmals zu mühselig, eine/n Baubiologin/
en zu beauftragen, die/der berät und die Fehler aufzeigt.
Handelt es sich um schwerwiegende Fehler, beispielsweise wie sie bei der Raumteilung oder der Raumhöhe, der
Dämmung der Außenwände, dem Beheizen oder dem
Schallschutz auftreten können, dann kann dies vielfach zu
einem späteren Zeitpunkt nicht mehr oder nur noch mit
hohem Aufwand korrigiert werden.
Das Checkliste wird von Fachleuten des IBN oder einer
Beratungsstelle IBN ausgewertet und mit Empfehlungen
versehen.
Die Bewertung dient zur Orientierung und enthält ggfs.
wertvolle Sanierungsvorschläge. Eine fachlich fundierte
Begutachtung vor Ort kann sie jedoch nicht ersetzen.
Soweit sinnvoll, kann sie deshalb auch Ratschläge über
empfehlenswerte ergänzende Untersuchungen vor Ort
Absender
Name: .....................................................................................
Straße: ....................................................................................
PLZ/Ort: .................................................................................
Telefon/Telefax: .....................................................................
Telefax: ..................................................................................
E-Mail: ...................................................................................
Beigefügte Anlagen
Grundriss/Schnitt
Fotos
Lageplan
Baubeschreibung
Detailzeichnungen/Skizzen
Sonstiges: ..........................................................................
Wünschen Sie die Anlagen zurück?
1. Allgemeine Angaben
1. Baujahr .................
2. Renovierung, wann, was? ...............................................
.........................................................................................
3. Seit wann wohnen Sie in diesem Haus? .........................
4. Ich/wir bewohnen
das ganze Haus
eine Wohnung
5. Wohnfläche gesamt ................... m2
6. Welche Stockwerke werden bewohnt? ..........................
106
Stand 5/2004
enthalten – z. B. Elektrosmog- oder Radioaktivitätsmessungen, Analyse von Schadstoffen und/oder Pilzbelastungen. In diesem Fall werden auch Adressen hierfür geeigneter Fachleute genannt.
Sollten Sie Ihr Haus/Ihre Wohnung jetzt oder in Zukunft
verkaufen wollen, kann die ausgewertete Checkliste als
aussagekräftige Verkaufshilfe genutzt werden.
Die Gebühren für diese Leistung betragen 60 Euro je
Stunde, jedoch maximal 200 Euro (jeweils + MWSt). Dieser Preis gilt für eine Wohneinheit, z. B. für eine Miet- oder
Einliegerwohnung, eine Doppelhaushälfte, ein Reihenoder Einfamilienhaus. Für die Bewertung anderer
Gebäude oder mehrerer Wohneinheiten wenden Sie sich
bitte vor dem Ausfüllen der Checkliste an das IBN!
10 % der Einnahmen gehen als Spende an die Stiftung
BAU (Baubiologie - Architektur - Umweltmedizin).
Diese Stiftung dient gemeinnützigen , zukunftsweisend en
Zwecken u. a. in Wissenschaft und Forschung, Bildung,
Gesundheit, Bau- und Siedlungskultur . Gerne erhalten Sie
dazu vom IBN nähere Informationen.
Legen Sie der ausgefüllten Checkliste Ihre Anlagen bei
und schicken Sie alles an das IBN, Holzham 25, 83115
Neubeuern oder eine der Baubiologischen Beratungsstellen IBN. Hilfreich ist es, wenn Sie einen Grundrissplan mit Ansichten und/oder Fotos vom gebauten oder
geplanten Objekt beifügen. Nach 2 - 3 Wochen erhalten
Sie Ihre Checkliste mit einer Bewertung und einer Zahlungsbestätigung zurück.
Wir versichern Ihnen, dass Ihre ausgefüllte Checklisten
nicht an Dritte gegeben wird.
Die Checkliste kann auch auf den IBN-Internetseiten, Rubrik "Dienstleistungen", als PDF heruntergeladen werden.
7. Anzahl abgeschlossener Räume ......................................
8. Ist das Haus/die Wohnung ständig bewohnt?
ja
nein
9. Anzahl der ständigen Bewohner ..................
10. Ich/wir sind
Besitzer
Mieter
2. Baukörper
1.
Einzelhaus
Doppelhaus
Reihenhaus
Mehrfamilienhaus
.................................
2.
Massivbau Massivholzbau
Holzleichtbau
Fertighaus
.....................................................
3. Garage
im Haus
am Haus
4. Anzahl der Stockwerke ...................
5. Dachneigungswinkel ...................
6. Dachüberstand, Giebel .......... cm, Traufe .......... cm
7. Besteht ein Kellerzugang
aus dem Wohnbereich?
ja
nein
aus dem Treppenhaus?
ja
nein
8. Ist ein Wintergartenanbau vorhanden?
ja
nein
11. Besteht ein separater Speicherraum?
ja
nein
IBN
Der Baubiologe in der Praxis
25
Anmerkung: Bei den folgenden Kurzbeschreibungen der
Bauteile bitte immer Materialdicken angeben! Alternativ
aussagekräftige Skizzen/Detailzeichnungen beilegen!
4. Bodenbelag, Art der Verarbeitung
im Mörtelbett / mit Dünnbettkleber
geklebt
genagelt
geschraubt
3. Keller
1. Ist ein Keller vorhanden?
ja
nein
teilunterkellert
Tiefgarage
2. Kurzbeschreibung der Kelleraußenwände
..........................................................................................
..........................................................................................
..........................................................................................
3. Kurzbeschreibung des Kellerboden-Aufbaus
..........................................................................................
..........................................................................................
..........................................................................................
4. Ist der Keller
trocken
feucht
nass
5. Werden einzelne Kellerräume als Wohnräume
genutzt?
ja, welche ................................. nein
6. Gibt es um den Keller eine Drainage?
ja
nein
7. Zwischendecken
1. Sichtbare Deckenbalken
ja
nein
2. Kurzbeschreibung Zwischendecken
..........................................................................................
..........................................................................................
..........................................................................................
3. Oberflächenbehandlung
..........................................................................................
4. Art der Teppiche/Teppichböden
..........................................................................................
5. Bodenbelag, Art der Verarbeitung:
im Mörtelbett / mit Dünnbettkleber
freiliegend
geklebt
genagelt
geschraubt
4. Außenwände
1. Kurzbeschreibung Außenwände
(bei Verwendung von Holz bitte Holzart, Vollholz,
verleimtes Holz, Abstand zum Erdreich angeben!)
..........................................................................................
..........................................................................................
..........................................................................................
2. Wind- und Luftdichtung:
Baupappen
Dampfbremsen
Dampfsperren
Holzweichfaser
....................................................
3. Oberflächenbehandlung innen/außen
..........................................................................................
..........................................................................................
4. Ist die Fassade begrünt?
ja, mit ....................... nein
5. Innenwände
1. Mauerwände
Betonwände
Leichtbauwände
Vollholz
2. Wie sind die Innenwände verputzt/verkleidet?
Kalkputz
Kalkzementputz
Gipsputz
Gipskartonplatten
Lehm
Holzschalung
Sonstiges .....................................................................
Tapeten, Art: ...............................................................
3. Dämmmaterial ................................................................
4. Oberflächenbehandlung ..................................................
.........................................................................................
6. Erdgeschossböden
1. Kurzbeschreibung Fußbodenaufbau
..........................................................................................
..........................................................................................
..........................................................................................
2. Oberflächenbehandlung
..........................................................................................
3. Art der Teppiche/Teppichböden
..........................................................................................
IBN
Kap.
Anhang
freiliegend
8. Dachkonstruktion
1. Sichtbare Sparren
ja
nein
2. Kurzbeschreibung Dachaufbau
..........................................................................................
..........................................................................................
..........................................................................................
3. Oberflächenbehandlung
..........................................................................................
4. Dacheindeckung
Betonstein
Bitumenschindeln
Ziegel
Holzschindeln
Ried/Schilf
Steinplatten
Gründach
Blech/Kupfer/Aluminium/Zink
Eternit/Asbestzement, Einbaujahr ............................
9. Fenster und Türen
1. Rahmenmaterial:
Holz
Kunststoff
Aluminium
2. U-Wert der Scheiben ...........................................
3. Fensterfläche gesamt .......................................qm
Fensterfläche: Süden ..........qm, Norden ..........qm
Westen ...........qm Osten...........qm
4. Welche zusätzliche Fensterausstattung ist vorhanden?
Fensterläden
Rolläden
Jalousien
5. Türmaterial ...................................................................
........................................................................................
6. Oberflächenbehandlung/Holzschutzmittel
Fenster innen ...................................................................
Fenster außen ..................................................................
Türen .............................................................................
7. Sind Türdurchgänge
mit Schwelle oder
ohne Schwelle ausgeführt?
10. Heizung / Warmwasser
1. Welcher Energieträger wird eingesetzt?
Erdöl
Strom
Holz
Erdgas
Flüssiggas
Kohle
2. Heizsystem:
Zentralheizung
Etagenheizung
Einzelöfen
..........................................
107
25
Kap.
Anhang
3. Anlagenkapazität in kWh: ...........................
4. Art der Heizung:
Gas-/Ölkessel
Brennwertkessel
Holzvergaser
Pelletsheizung
Kraft-/Wärmekopplung
Wärmepumpe
Grund-/Kachelofen
offener Kamin
Elektrische Nachtspeicheröfen
Elektrische Zentralheizung
Lüftungsanlage mit integrierter Zuluftheizung
.........................................................................
5. Wie wird die Wärme verteilt?
Fußbodenheizung
Radiatoren
Wandheizung
Plattenheizkörper
Hypokaustenheizung
Fußleisten
6. Energieverbrauch pro Jahr
............ Liter ............ cbm ............kg
............ kWh ............ Ster Holz
7. Liegen Jahres-Heizkosten vor?
nein
ja ....................Euro
8. Werden Sonnenkollektoren eingesetzt?
nein
ja ....................Fläche
nur für Brauchwasser
mit Heizungsanbindung
11. Lüftung
1. Art der Lüftung
manuell
Lüftungsanlage
2. Kurzbeschreibung der Lüftungsanlage
....................................................................................
3. Gibt es Zuglufterscheinungen?
ja
nein
Wenn ja, wo? ...................
12. Elektroinstallation
1. Alter der Elektroinstallation: .....................Jahre
2. Sind Netzfreischalter vorhanden?
zentral
pro Raum ................................
3. Ist eine Fotovoltaik-Anlage vorhanden?
nein
ja, Fläche ........................ qm
4. Wo befindet sich der Wechselrichter der
Fotovoltaik-Anlage? .......................................................
5. Sind schnurlose Telefone (DECT-Standard) im Einsatz?
ja
nein
6. Wird eine Niedervoltbeleuchtung eingesetzt?
ja
nein
Wenn ja, in welchen Räumen?
...............................................................................
7. Gibt es eine Leuchtstoffröhren-Beleuchtung?
nein
ja, im Wohnbereich
8. Sind Fernseher und/oder Computer vorhanden?
nein
ja, im Wohnbereich
9. Elektroherd
ja
nein
10. Hausanschluss über Dachständer
ja
nein
13. Sanitärinstallation
1. Welche Art Trinkwasserrohre werden verwendet?
...............................................................................
108
Der Baubiologe in der Praxis
2. Gibt es einen Trinkwasserfilter?
ja
nein
Wenn ja, Art des Filters?
...............................................................................
3. Wird das Regenwasser genutzt?
ja
nein
Wenn ja, Art der Nutzung?
...............................................................................
Waschmaschine
Toilettenspülung
Gartenbewässerung
Brauchwasser
4. Wie hoch ist Ihr jährlicher Wasserverbrauch?
........................ cbm
5. Abwasser
über Kanalisation
Klärgrube
Pflanzenkläranlage
......................................
14.
1.
2.
3.
Umgebung / Nachbarn
Gebäudestandort (PLZ/Ort) ..................................
Einwohnerzahl .......................
Umgebung:
reines Wohngebiet
Gewerbe- und
Wohngebiet
eher städtisch
eher ländlich
4. In unmittelbarer Nähe sind/ist ein
Industrieanlagen
stark befahrene Straßen
Müllverbrennungsanlage, Deponie
Flughafen
lärmende Nachbarn
Mobilsender, Entfernung .......... m
UKW-, Fernseh-, Radarsender, Entfernung .......... m
Trafo, Entfernung..... m
Stromleitung, Entfernung ..... m, ........ kV
Bahntrasse, elektrisch, Entfernung ...... m
sonstige, Sie störende Einrichtung: ............................
15. Sonstiges
1. Wie empfinden Sie die Akustik im Haus?
gut
befriedigend
schlecht
2. Durch Nachbarlärm im Haus fühle ich mich
nicht
mittel
stark gestört
3. Wie empfinden Sie den Geruch im Haus?
angenehm
neutral
schlecht
4. Entfernung Kompostplatz zum Haus: ........ m
5. Gibt es im Haus Schimmelbefall?
ja
nein
Wenn ja, wo? ........................................................
6. Sind Sie oder Mitbewohner allergisch veranlagt?
ja
nein
7. Nutzen Sie regelmäßig ein Handy?
ja
nein
8. Haben Sie Haustiere?
ja, welche ................................
nein
9. Haben Sie Zimmerpflanzen?
sehr viele
durchschnittlich viele
eher wenig
10. Wird in Ihren Wohnräumen geraucht?
ja, regelmäßig
ja, hin und wieder
nein
11. Vorhandene Gesundheitsprobleme, deren Ursache
das Wohnumfeld sein könnte/Sonstiges:
..........................................................................................
..........................................................................................
..........................................................................................
IBN

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