Morsche Knochen fangen an zu leben
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Morsche Knochen fangen an zu leben
Morsche Knochen fangen an zu leben Auferstehung mit Ezechiel 37 Die aus Brasilien stammende Liturgie wurde zum ersten Mal 1988 bei einer Konferenz für Liturgie und Musikder lateinamerikanischen Kirchen in San José/Costa Rica gefeiert. Alle Stühle der Kapelle sind in der Mitte zu einem großen Stuhlhaufen aufgebaut worden. Während die am Gottesdienst Teilnehmenden hereinkommen, erhalten sie alle eine Nachbildung eines Dominosteines aus Papier, auf dem zwei Worte geschrieben sind. Einleitung Ich muss eine kleine Erklärung geben über die Art der Liturgie, die wir feiern werden. Das Dominospiel ist ein Spiel, das viel mit Liturgie zu tun hat. Viele Menschen denken, dass Liturgie wie ein Spiel ist, bei dem wir mit unserer Freiheit spielen. Als Lateinamerikaner und Zentralamerikaner finden wir uns heute wieder im Angesicht einer chaotischen Welt, einer Welt der Konfusion, der Unordnung. Man muss die Ordnung wiederherstellen in diesem lateinamerikanischen Universum. Und als Christinnen und Christen glauben wir, dass unser Glaube etwas beizutragen hat zum Aufbau, zur Erneuerung und zur Befreiung dieser Welt. Wir werden sehen, wie dies in der Bibel, in Liedern symbolisch ausgedrückt wird. Mit Hilfe einer liturgischen Handlung werden wir zu einer Utopie gelangen, der Utopie von der Verwirklichung von Gemeinschaft, der Utopie von der Versammlung aller Menschen, die guten Willens sind, um and er neuen Welt mitzubauen auf das Reich Gottes hin. Vorspiel Improvisation (Orgel und Blockflöte) mit dissonanten Tönen, die Chaos und Konfusion inszenieren. Biblische Lesung: Ez 37 Der/die Lesende geht um den Stuhlhaufen (i.e., die trockenen Knochen) herum. S1 Die Hand Jahwes kam über mich, und der Geist Jahwes führte mich hinaus und setzte mich in ein Tal, das voll mit Knochen war. Und er ließ mich um alle herumgehen, und siehe, es waren viele über der Oberfläche des Feldes – trockene Knochen in großer Zahl S2 Menschensohn, werden diese Knochen wieder lebendig? S1 Und ich sagte: Jahwe, du weißt es. Und er sagte mir daraufhin: S2 Weissage mir über diesen Knochen und sprich zu ihnen: Trockene Knochen, hört das Wort Jahwes. So sprach Jahwe zu diesen Knochen: Siehe, ich werde Atem in euch bringen und ihr werdet lebendig sein. Und ich werde Sehnen über euch spannen und Fleisch über euch wachsen lassen und euch mit Haut überziehen, und ich will euch Atem geben, und ihr werdet wieder lebendig werden. Und ihr werdet wissen, dass ich Jahwe bin. Lied Die Dynamik des Spiels wird erklärt: Die Person, die vorne sitzt, leist mit lauter Stimme eines der Worte ihres „Dominosteines“. Der Teilnehmende, der dieses Wort auf seinem Dominostein hat, nähert sich dem Stuhlhaufen, nimmt sich einen Stuhl und setzt sich neben die Person, die ihn gerufen hat. Daraufhin ruft er wiederum eine andere Person, die das gleiche tut. Allmählich entsteht so ein Kreis. Einige der Worte auf den Dominosteinen: Gott, Laudate, Glaube, Hoffnung, Leben, Liebe, Licht, Atem, Priesteramt, Brasilien, Wasser, suchen … S1 Ich weissagte, wie mir befohlen war, und es war ein Lärmen, als ich weissagte, und siehe, etwas regte sich. Und die Knochen rückten zusammen, Knochen zu Knochen. Und ich sah, und siehe, es waren Sehnen über ihnen, und es wuchs Fleisch, und Haut bedeckte sie; aber es war kein Atem in ihnen. Und Gott sprach zu mir: S2 Weissage zum Atem; weissage, Menschensohn, und sprich zum Atem: So hat Jahwe gesagt: Atem, komm aus den vier Winden und blase diese Getöten an. Und sie werden lebendig werden. Lied Fürbitten Nachdem Gebetsanliegen als freie Fürbitten zusammengetragen wurden, betet eine Person laut: S1 Und ich weissagte, wie mir befohlen wurde. Und Atem kam in sie. Und sie wurden lebendig und stellten sich auf ihre Füße, ein riesiges Heer. Und Gott sprach zu mir: S2 Menschensohn, all diese Knochen sind das Haus Israel. Siehe, jetzt sprechen sie: Unsere Knochen sind verdorrt, und unsere Hoffnung ist verloren, und wir sind gänzlich zerstört. Darum weissage und sprich zu ihnen: So sprach Gott: Siehe, ich will eure Gräber öffnen, mein Volk, und ich lasse euch aufsteigen aus euren Gräbern und bringe euch in das Land Israels. Und ihr sollt erfahren, dass ich euer Gott bin, wenn ich eure Gräber öffne und euch, mein Volk, aus euren Grabstätten heraushole. Und ich will meinen Atem in euch einhauchen, und ihr werdet leben. Und ich werde euch in euer Land setzen, und ihr sollt erfahren, dass ich, euer Gott, gesprochen habe und es tat. Lied L Wir rufen ein weiteres Mal: Gott, Schöpfer, indem du uns dein eigenes Leben eingeflößt hast, gabst du uns die Gabe des Lebens. Du hast uns auf diese Erde gestellt mit ihren Mineralien und ihren Gewässern, mit ihren Blumen und Früchten, mit ihren lebendigen Geschöpfen voller Anmut und Schönheit. Du hast uns die Bewahrung der Schöpfung anvertraut. Heute rufst du uns: Wo bist du? Was hast du gemacht? Stille L Wir verbergen uns beschämt, denn wir sind entblößt. Wir haben die Erde vergewaltigt und sie geplündert. Wir haben uns geweigert, ihre Ressourcen zu teilen. Wir haben versucht zu besitzen, was nicht unser, sondern dein ist. G Vergib uns, Schöpfer Gott, und versöhne uns mit deiner Schöpfung. L Gott der Liebe, du hast uns die Gabe der Völker gegeben, der Kulturen, Rassen und Farben, um unser Leben zu lieben, zu behüten und zu teilen. Du fragst uns heute: Wo ist dein Bruder und deine Schwester? Stille L Wir verbergen uns mit Scham und mit Angst. Die Armut, der Hunger, der Hass und der Krieg beherrschen die Erde. Die Flüchtlinge, die Unterdrückten und die Verstummten rufen zu dir. G Vergib uns, Gott der Liebe, und versöhne uns mit dir und mit unseren Nächsten. L Lehre uns, du Schöpfer Gott, du Gott der Liebe, dass die Erde und ihre ganze Fülle dein ist, die Welt und die in ihr leben. Rufe uns, dass wir die Gabe des Lebens bewahren. G Lobet, ihr Völker, lobet Gott. Biblische Lesung: 1Petr 2,4-10 Einladung Aufgrund der Gnade Gottes näher wir uns – mit all unseren Unterschieden – einer dem anderen an wie in dem Dominospiel, und aufgrund des Geistes Gottes verwandeln wir uns in sein Volk. Gott ruft uns, nicht nur uns hier in Lateinamerika, sondern in der ganzen Welt ruft er uns, sein Volk zu werden, eine „neue Zeit“ zu leben. Ich lade euch ein, gemeinsam zu singen, uns die Hände zu reichen, zu gehen, zu tanzen, wie ihr wollt, um dieses Volk Gottes auf dem Weg zu symbolisieren, das in Freude dahingeht, in Hoffnung, hin zur Schöpfung eines neuen Amerikas, einer neuen Welt. Lied: Gott ruft uns Menschen (TM 221) Schlusswort Es ist nicht mehr leicht zu glauben, dass alles einfach sein. Es gibt viele Kräfte, die Tod produzieren, sie fügen uns Schmerz, Traurigkeit und Trostlosigkeit zu. Es ist notwendig, unsere Einheit zu stärken. Die Kraft, die heute Leben aufkeimen lässt, wirkt in uns und gibt uns seine Gnade. Gott ist es, der uns auffordert, tätig zu sein, seine Liebe auszuteilen und unsere Kräfte zu vereinigen. Sinfonia, S. 772-780