Professionalisierung in der Pflege - Institut für Public Health und
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Professionalisierung in der Pflege - Institut für Public Health und
NEWSLETTER DES IPP BREMEN | 5. JAHRGANG AUSGABE 0 7 WINT ER 2 0 0 9 Institut für Public Health und Pflegeforschung Universität Bremen Fachbereich 11 07 IM FOKUS Professionalisierung in der Pflege IN H ALT Schwerpunktthema | Seite 02 Personalia | Seite 14 Projekte | Seite 08 Publikationen | Seite 16 Qualifikationsarbeiten | Seite 11 Veranstaltungen | Seite 18 Promotionskolleg | Seite 12 Aktuelles | Seite 20 Studium | Seite 13 Impressum | Seite 20 Editorial Professionalisierung muss am Kern des sionalisierung. Beide regen eine Neuverteilung werden, um bei der Versorgung einige spezifisch Pflegerischen ansetzen! der Aufgaben in der Gesundheitsversorgung und pflegerische Schwerpunkte zu verwirklichen. insbesondere eine Kompetenzerweiterung und Zweifellos hat die Professionalisierung der Pfle- stärkere Eigenständigkeit der Pflege an. Das Pfle- Wir sehen in dem Konzept der ANP allerdings einen ge in der Bundesrepublik in den letzten 15 Jahren ge-Weiterentwicklungsgesetz sieht erstmals im notwendigen, aber eben nicht hinreichenden Schritt erhebliche Fortschritte gemacht. Sichtbare Zeichen Rahmen von Modellvorhaben eine Ausübung der zur Professionalisierung der Pflege. Nurse Prac- dafür sind die Einrichtung von mittlerweile ca. 50 Heilkunde durch Pflegefachkräfte vor. Dabei wird titioner (NP) und Clinical Nurse Specialists (CNS) pflegewissenschaftlichen Studiengängen an Fach- auf die international etablierten Berufsbilder der übernehmen große Teile ärztlichen heilkundlichen hochschulen und Universitäten, die Gründung Advanced Nursing Practice (ANP) (z. B. Nurse Prac- Handelns und agieren hoch spezialisiert in verschie- von pflegewissenschaftlichen Forschungsinstituten, titioner) Bezug genommen, deren Aufgaben eher denen Settings des Gesundheitswesens, aber »the Forschungsverbünden und Doktorandenkollegs in Bereichen der medizinischen Versorgung liegen role of nurse practitioner has returned the professio- sowie strukturelle und inhaltliche Reformen der (z. B. Anamnese, Diagnostik, Therapie, einschließlich nal nurse to the bedside but, arguably, not always as Pflegeausbildung. Trotz dieser wichtigen Wei- der Verordnung von Medikamenten, und Über- a nurse« (Sandelowski, 2000, S. 191), d. h. sie ent- chenstellungen lässt sich jedoch konstatieren, weisung) (Sachs, 2007). Diese Entwicklung wird fernen sich von spezifisch pflegerischen Aufgaben. dass die Professionalisierung noch nicht oder von Vertretern der Berufsverbände und von Pfle- nur in bescheidenem Maße in der beruflichen gewissenschaftlern zum Teil euphorisch begrüßt. Der Kern der Pflege, oder schlicht, das typisch ›Pfle- Praxis angekommen ist. Die Pflege gilt nach Wie mit hoher Evidenz belegt sei, könnten Pfle- gerische‹ zeichnet sich nämlich durch eine ganz wie vor als ärztlicher Assistenzberuf mit nur gefachkräfte erweiterte Aufgaben mit mindestens spezifische Zugangsweise zum Betroffenen aus. geringen autonomen Handlungsspielräumen und ebenso hoher Qualität wie Ärzte durchführen, eine Das Ansetzen an der Leiblichkeit (und nicht nur am vorwissenschaftlich begründeten Entscheidungen. Überlegenheit zeichne sich gar bei Compliance, Körper) und eine die Existenz umfassende, heilende, In dieser historischen Situation geben das Gutach- Patientenzufriedenheit, Beratungsleistung, Wie- Anteil nehmende und fürsorgende Hilfe und Unter- ten des Sachverständigenrats zur Begutachtung dereinweisungsraten und Verweildauer ab. (DBfK, stützung in krisenhaften, oftmals sehr verletzlichen der Entwicklung im Gesundheitswesen (SVR, 2007) 2007, S. 8). Diese Entwicklung kann die Professio- Situationen sind die pflegerische Domäne und und das Pflege-Weiterentwicklungsgesetz der nalisierung der Pflege insofern befördern, als die grenzen sie ab von den anderen Professionen (Frie- Pflege Impulse für eine praxiswirksame Profes- gewonnenen Handlungsfreiräume auch genutzt sacher, 2008). Damit steht aber ›pflegekundliches‹ IPP-INFO AUSGABE 07 und nicht (ärztliches) heilkundliches Handeln im schaffen, die als Zielgröße eine angemessene – und auf anregende Diskussionen. Zentrum der Pflege. Hier gilt es professionstheore- das heißt menschenwürdige – Pflege überhaupt erst Ihre Ingrid Darmann-Finck und Heiner Friesacher tisch und professionspraktisch anzusetzen. ermöglichen und die Pflege aus dem Status einer »verhinderten Profession« befreien (Wettreck, 2001, (Literatur bei den VerfasserInnen) Dazu wäre es sinnvoll, die grundlagentheore- S. 13 ff.). Zu den grundlegenden Forderungen gehören tische Arbeit zur Professionalisierung der Pflege genügender Stellenschlüssel und eine der Verantwor- Prof. Dr. Ingrid Darmann-Finck und des pflegerischen Handelns voran zu treiben, tung entsprechende Bezahlung. Eine gesetzliche Universität Bremen, Direktoriumsmitglied im Institut für ohne damit klinisch-pragmatische Fragestellungen Verankerung der Autonomie der Pflege, vor allem Public Health und Pflegeforschung, Abt. Qualifikations- abschwächen zu wollen. Zu diesem eher theo- in ihren originären Bereichen, wäre eine weitere und Curriculumforschung, Mail: [email protected], rieorientierten Aufgabenbereich gehört z. B. eine selbstverständliche Forderung. Das hieße konkret die www.public-health.uni-bremen.de angemessene Konzeption pflegerischen Handelns Schaffung eines ›arztfreien Raumes‹ im Krankenhaus. auch und gerade unter den Bedingungen von Ökono- Prof. Dr. Heiner Friesacher misierungstendenzen, Formalisierungszwängen und Wir nehmen einige zentrale Punkte der Diskussion Universität Bremen, Institut für Public Health und technizistischen Imperativen (vgl. Hülsken-Giesler, um die Professionalisierung der Pflege in diesem Pflegeforschung, Abt. Interdisziplinäre Alterns- und Pflege- 2008; Friesacher, 2008; Bauer, 2007; Kühn, 2007). IPP-Info auf. Wir haben Ihnen eine vielfältige und forschung, Mail: [email protected], Des Weiteren wären entsprechende Strukturen zu kritische Auswahl an Texten ›serviert‹ und hoffen www.public-health.uni-bremen.de SC H WER PU NK T T H EMA Ausbildung bringt Qualität Akademisierung in den Pflegeberufen hochwertige Aufgaben im Rahmen einer Advanced Nursing Practice. So sind z. B. in den USA bereits über 100.000 sogenannte »Nurse Practitioners« im Einsatz (Pflegekräfte, die über eine Zusatzausbildung einen Masterabschluss erworben haben). Die Erweiterung des Kompetenz- und Aufga- In seinem jüngsten Gutachten fordert der Sachver- infektionen, Pneumonien und Thrombosen sowie benspektrums der Pflege wird vor allem als ständigenrat zur Begutachtung der Entwicklung im niedrigeren Mortalitätsraten. Studien aus den USA innovatives Potential für den expandierenden Gesundheitswesen (SVR, 2007), dass in die Pra- zeigen, dass 10% mehr PflegeexpertInnen mit Dienstleistungs- und Beratungssektor im Gesund- xis, Ausbildung und Forschung der Pflege deutlich Bachelor-Abschlüssen das Risiko innerhalb von 30 heitswesen gesehen und als hochrelevant für die mehr investiert werden muss, um die Versorgungs- Tagen im Hospital zu versterben, um rund 5% sen- weitere Professionalisierung und Attraktivität der qualität zu optimieren. In diesem Zusammenhang ken. Durch die Übernahme des Schnittstellen- und Pflegeberufe eingeschätzt. wird immer wieder die Akademisierung der Pfle- Casemanagements sowie der Entlassungsplanung Unstrittig ist in Deutschland deshalb die Notwen- geberufe diskutiert. Auf die Notwendigkeit einer sinkt zudem die Verweildauer, Wiederaufnahmen digkeit einer Reform der Pflegeausbildung. Das Kompetenzerweiterung für Pflegeberufe und deren werden verhindert und der »Drehtüreffekt« redu- Pflege-Weiterentwicklungsgesetz (PfWG) sieht die Vermittlung durch Hochschulen hat zuletzt die ziert. Erweiterung von Kompetenzen Pflegender im Sinne Bundesregierung im so genannten Pflege-Wei- Zahlreiche Untersuchungen aus dem Ausland der Ausübung heilkundlicher Tätigkeiten sowie die terentwicklungsgesetz (PfWG) hingewiesen. In (USA, UK, Niederlande, Skandinavien) ergeben Möglichkeit der Erstausbildung im Hochschulbe- mehr als 20 europäischen Ländern ist dies bereits zudem, dass PflegeexpertInnen die erweiterten reich, die auch die Gesamtverantwortung für die möglich. Auch in Deutschland gibt es über 50 Stu- Aufgaben in bestimmten Versorgungsbereichen Ausbildung übernehmen kann, vor. Beides soll in diengänge; patientennahe Handlungsfelder sind (z. B. Grundversorgung, Geriatrie, Rehabilitation Modellversuchen erprobt werden, weil die Über- bisher aber kaum Gegenstand dieser Ausbil- und Diagnostik) mit mindestens gleicher Qualität nahme neuer Aufgabenfelder oder eine geänderte dungsgänge. Gerade hier wird der Bedarf an wie ihre ärztlichen Kollegen durchführen können. Verantwortung (Haftung) Anpassungen im Bereich spezialisierten ExpertInnen in Zukunft steigen. Überlegenheit zeichnete sich insgesamt bei Com- der jeweiligen Primärqualifikationen der einzel- Dafür gibt es gute Gründe. pliance, Patientenzufriedenheit und einzelnen nen Berufe oder entsprechende Weiterbildungen Qualitätsindikatoren (Wiedereinweisungsraten und voraussetzen. Daher müssen Aufgabenneuver- Evaluierte Studien zeigen, dass die wissenschaft- Verweildauern) ab. Erweiterte Pflegeinterventionen teilungen und Ausbildungsreform etwa i. S. einer liche Qualifikation von Pflegenden und deren haben allerdings nicht immer das Potenzial, Kosten Hochschulausbildung ineinander greifen. Die Pfle- Handeln auf evidenzbasierter Grundlage einen zu senken, weil Pflegende im Rahmen pflegerischer gekräfte, die im internationalen Kontext erweiterte bedeutsamen Einfluss auf die Versorgungsqualität Interventionen mehr Folgeleistungen initiierten. Kompetenzen erhalten (z. B. Nurse Practitioners), in Krankenhäusern und weiteren Einrichtungen des Eine Neuordnung der Aufgabenverteilung in der sind akademisch ausgebildete Pflegekräfte – hier Gesundheits- und Pflegewesens und damit einen Regelversorgung muss also gut abgewogen wer- besteht für Deutschland Nachholbedarf, um damit konkreten Nutzen für die Patienten haben: Sie den. zu Regelungen in anderen europäischen Ländern untermauern bspw. den signifikanten Zusammen- Im angloamerikanischen und skandinavischen Aus- aufzuschließen. hang zwischen der Anzahl von PflegeexpertInnen land übernehmen schon heute PflegeexpertInnen Beschäftigungs- und bildungspolitisch gesehen und einer verringerten Häufigkeit von Harnwegs- weite Teile der Versorgung und erweiterte qualitativ sind dabei folgende Aspekte relevant: SEIT E 2 | 3 Es besteht ein deutlicher Bedarf an neuen Studi- Prognosen gehen davon aus, dass sich die derzei- notwendig sein. Hier ist in Zukunft allerdings mehr enplätzen; die Nachfrage wird das Angebot in den tige Ausbildung von Pflegefachkräften im größeren Durchlässigkeit zwischen den verschiedenen Quali- nächsten Jahren übersteigen. Maße auf die Hochschulebene verlagern wird. Der fikationsstufen notwendig. Es wird ein besonders attraktiver Markt bei Bedarf an akademischen Pflegekräften am gesam- BA-Angeboten für Fachkräfte mit einschlägiger ten Pflegepersonal liegt bei ca. 10% (100.000 Ausbildung und ggf. Berufserfahrung entstehen. – 125.000 Fachkräfte). Die Quote der Studienanfänger kann durch den (Literatur beim Verfasser) Prof. Dr. Stefan Görres zweiten Bildungsweg und die Aufnahme besonders Allerdings dürfen die erreichten Standards in der Universität Bremen, Geschäftsführender Direktor des qualifizierter Fachkräfte zum Fachhochschulstudi- Pflegeausbildung dadurch nicht ersetzt werden. Instituts für Public Health und Pflegeforschung, um erhöht werden (Durchlässigkeit). Die berufsfachliche Ausbildung wird auch weiterhin Abt. Interdisziplinäre Alterns- und Pflegeforschung, Mail: [email protected], www.iap.uni-bremen.de Professionalisierung in Zeiten von Evidenzbasierter Praxis sierung von Lehrern, Managern und Forschern in der Pflege nicht aus, sondern die Professionalisierung muss an der Basis in den Handlungsfeldern praktisch Pflegender (›am Bett‹) ansetzen. Professionstheoretisch sollte sich die Pflege dabei weniger in merkmalszuschreibenden Ansätzen als in interaktionistischen und strukturlogischen Konzepten, in Ausgangslage eigentlich so ›semi‹ an traditionellen Frauenberufen denen der Blick auf den ›Arbeitsgegenstand‹ (Pfle- Ist Pflege eine Profession? Vor wenigen Jahrzehnten ist (vgl. Rabe-Kleberg, 1996, S. 276 ff.). ge – Patient bzw. Bewohner – Beziehung) gerichtet hat man diese Frage noch mit dem Hinweis auf die In den letzten Jahren scheint sich aber ein Wan- wird, verorten (vgl. Friesacher, 2008b; Hülsken- Hausarbeitsnähe und Diffusität pflegerischer Arbeit del zu vollziehen. Mit der Akademisierung der Giesler, 2008; Cassier-Woidasky, 2007). verneint (vgl. Ostner & Beck-Gernsheim, 1979). Die Pflegeberufe, der mühsamen Entwicklung einer Professionalisierung lässt sich nicht losgelöst von Chancen zur Professionalisierung wurden auch zu wissenschaftlichen Infrastruktur und veränderter Macht und Herrschaft thematisieren. Die Pflege Beginn der 90er Jahre des letzten Jahrhunderts gesetzlicher Vorgaben mit der Folge neuer und zeigt dabei ein äußerst ambivalentes Verhältnis noch als relativ schlecht beurteilt, fehlte der Pfle- erweiterter Aufgabenbereiche für die Pflege sind zur Macht. Einerseits fehlt ihr die Macht, um z. B. ge doch eine eigenständige Wissensbasis und Innovationsschübe in Gang gesetzt worden, die die professionell begründete Patienten- oder Bewohner- die Autonomie in der Berufsausübung (Schaeffer, Diskussion um die Professionalisierung der Pflege interessen durchzusetzen, was ihr den derzeitigen 1994). Ihr wurde das Etikett »Semi-Profession« neu beleben. Status als ›verhinderte Profession‹ (Wettreck, 2001, verliehen, ohne dass wirklich klar wurde, was Für eine Professionalisierung reicht eine Akademi- S. 13 ff.) einbringt, andererseits ist die Pflege ein IPP-INFO AUSGABE 07 durchaus machtvoller Teil des Gesundheitssystems, Holter, 1995; Pieringer & Ebner, 1999). So gelten als und Ökonomie. Evidenzbasierung verkommt hier die »Disziplinarmacht«, »Therapiemacht«, »Allo- Wissensquellen der Evidenzbasierung experimentell zu einer ökonomistischen Variante (Sandelowski, kationsmacht« und »Deutungsmacht« (Wettreck oder durch Beobachtung gewonnene Daten. Doch 2000; vgl. Buppert, 2008). 2001, S. 38 ff.) oder, nach Darmann (2000, bes. S. wofür sprechen die Daten? Das klassische Dogma 73 ff.) «zwingende Macht« und »verweigernde des Empirismus geht von einer Zweistelligkeit, d.h. Ausblick Macht«, gegenüber dem Patienten besitzt und auch einer einfachen Rechtfertigung aus, die besagt, Evidenzbasierung wird von vielen Pflegewissen- durchsetzen kann (vgl. Friesacher, 2004; Holmes & dass die Daten für oder gegen eine bestimmte schaftlern und -praktikern als der unbestritten Gastaldo, 2002). Theorie sprechen. In moderner empiristischer richtige Weg zur Professionalisierung der Pflege Auffassung wird Rechtfertigung als dreistellige angesehen. In jüngsten Publikationen in Fachzeit- Zur Bedeutung von Evidenzbasierter Praxis im Angelegenheit diskutiert, die Daten, Theorien und schriften mit dem Schwerpunkt »Evidenzbasierung« Professionsdiskurs weiteres Hintergrundwissen beinhaltet. Wird dieses (IPP-Info Nr. 6; Dr. Med. Mabuse Nr. 175, beide 2008) Das Konzept der Evidenzbasierten Praxis (EBP) wird normale Hintergrundwissen verlassen, ergeben sucht man nach kritischen Einwänden vergebens. seit etwa 10 Jahren in Deutschland in der Pflege sich auch neue Schlussfolgerungen aus denselben Die EBP schließt sich nahtlos an weitere »kluge diskutiert. In Anlehnung an den Ansatz der Evidenz- Daten (Bartelborth, 2004). Je komplexer Situati- Konzepte« an, die die Patienten- bzw. Bewoh- basierung in der Medizin (EBM) wird damit die Idee onen und die darin zur Anwendung kommenden nerversorgung und die Professionalisierung der verfolgt, pflegerisches Handeln auf eine wissen- Interventionen sind, desto problematischer ist eine Pflege voranbringen sollen wie der Pflegeprozess, schaftliche Grundlage zu stellen. Konkret heißt das, am Zweckrationalismus ausgerichtete Vorgehens- Diagnose- und Klassifikationssysteme, Klinische die beste externe Evidenz, also die Erfahrungen weise. Hermeneutisch-interpretative Sichtweisen, Behandlungspfade und Qualitätsmanagement- Dritter (wissenschaftliche Studienergebnisse) mit die in die Methoden-Diskussion um Evidenzbasie- programme (vgl. Kersting, 2008). Das mit diesen der internen Evidenz (persönliche Erfahrungen in rung neuerdings auch eingebracht werden, sind Instrumenten immer auch andere Ziele wie Kosten- der Begegnung mit zu Pflegenden) zu verbinden deshalb eine wichtige Ergänzung (vgl. Behrens, einsparungen, Menschenführung, Implementierung um so, unter weiterer Berücksichtigung von Rah- 2008; Behrens & Langer, 2006; Greenhalgh, 2003). quasi industrieller Arbeitsabläufe verbunden sind, menbedingungen und Ressourcen, zu den für den Trotz dieser Erweiterung der Perspektive werden haben kritische Analysen aufgezeigt (Hülsken-Gies- individuellen Patienten/Bewohner besten Behand- aber unter den gegebenen Rahmenbedingungen ler, 2008; Friesacher, 2007; Habermann & Uys, 2005; lungsergebnissen zu gelangen (vgl. Behrens, 2008; (Ökonomisierung, Maschinisierung) vor allem Hellige & Stemmer, 2005; Bröckling, 2003; 2000). Behrens & Langer, 2006; Meyer, 2008). Diese an quantifizierbare, scheinbar objektive Daten als Die Pflegewissenschaften sollten neben einer sich begrüßenswerte Idee muss allerdings vor »Gold-Standard« angesehen. Pflegerisches Han- fundierten inhaltlichen Auseinandersetzung mit dem Hintergrund der gesamten Entwicklung im deln soll sich in Klassifikationssystemen und diesen Konzepten auch die derzeitigen Rahmenbe- Gesundheitswesen gesehen und kann nicht, quasi Auflistungen von EDV-kompatiblen Diagnose-, dingungen hinterfragen. Ohne eine kritische, und im idealen Pflegeraum eines Arbeitsbündnisses, Interventions- und Evaluationsbegriffen abbilden das heißt gesellschaftskritische, Komponente kann betrachtet werden. Was für die Medizin zuzutreffen lassen (vgl. NANDA-International, 2008). Diese Pflegewissenschaft nur affirmativ sein. Ein lediglich scheint, dass eine an sich plausible Idee zu einem maschinenlogischen Wissensformen dominieren technisches und praktisches Erkenntnisinteresse, technokratischen Schema mutiert, welches tief in den derzeitigen Professionsdiskurs, andere Wis- wie bisher von Vertretern der Evidenzbasierung das ärztliche Selbstverständnis und die Identität sensformen wie die nicht sichtbaren und schlecht vertreten, reicht für eine Professionalisierung der der Profession einwirkt (Vogd, 2002, S. 295), könnte messbaren Anteile pflegerischer Arbeit werden als Pflege nicht aus. auch der Pflege drohen (vgl. Schröter, 2005). Das ›nichtprofessionalisierte‹ Wissenstypen abgewer- soll im Folgenden weiter begründet werden. tet, wie auch der Diskurs um Evidenzbasierung in (Literatur beim Verfasser) Pflege und Medizin belegt (Holmes et al., 2006; Mit der Forderung nach Evidenzbasierung pflege- Mannebach, 2001; Brockmann & Borgers, 2001). Prof. Dr. Heiner Friesacher rischen Handelns ist eine Wissenschaftsbasierung Das Berufsbild der Nurse Practitioner, in vielen Universität Bremen, Institut für Public Health und verbunden, die die notwendige Legitimation der Ländern realisiertes Beispiel für eine scheinbar Pflegeforschung, Abt. Interdisziplinäre Alterns- und Pflege begründen soll. Wenn Evidenzbasierung professionalisierte und evidenzbasierte Pflege- Pflegeforschung, Mail: [email protected], aber in Zukunft »ein neues Identifikationsmerkmal praxis, zeigt eine starke Hinwendung zur Medizin www.public-health.uni-bremen.de für die Fachberufe im Gesundheitswesen« sein soll (Schmacke, 2008, S. 1), muss auch ein kritischer Diskurs erlaubt sein. Hinter dem Konzept der EBP steht nicht einfach nur eine Methode, die im Auffinden, Bewerten und Auswirkungen des DRG-Fallpauschalensystems auf die Arbeit von Pflegekräften Umsetzen von wissenschaftlicher Literatur besteht. EBP transportiert ein Wissenschaftsverständnis mit epistemologischen und ontologischen Voran- Ab 2004 wurde in fast allen deutschen Kranken- Krankenhäuser zu evaluieren, beginnt die offizielle nahmen, welches wissenschaftstheoretisch in der häusern etappenweise das neue Vergütungssystem Evaluation frühestens Ende 2008 und wird sich Tradition empirisch-analytischer Wissenschaftsauf- der »Diagnosis related groups (DRG)« eingeführt. wahrscheinlich bis 2012 hinziehen. fassungen steht und seit vielen Jahren in der Pflege Ende 2009 ist die Einführungsphase beendet. Ein vom Zentrum für Sozialpolitik (ZeS) der Univer- und auch Medizin durchaus kontrovers diskutiert Trotz der gesetzlichen Verpflichtung, die Auswir- sität Bremen und dem Wissenschaftszentrum Berlin wird (vgl. Friesacher, 2008b; Remmers, 2000; Kim & kungen dieser größten strukturellen Reform der (WZB) in Kooperation mit der Hans Böckler Stiftung SEIT E 4 | 5 und der Gmünder ErsatzKasse seit 2003 durchge- sagen, dies sei tatsächliche Praxis. Die Ergebnisse der im Herbst 2008 mit identischen führtes Forschungsprojekt (»Wandel von Medizin Über 86% der Pflegekräfte wünschen, dass wirt- Fragen durchgeführten dritten Befragungswelle und Pflege im DRG-System [WAMP]«) liefert aber schaftliche Fragen bei der Behandlung nachrangig werden zeigen, welche der genannten Trends sich bereits jetzt eine Reihe wichtiger Einblicke in die berücksichtigt werden. Die tatsächliche Praxis sieht stabilisieren oder doch noch in eine andere Rich- Wirklichkeit. anders aus: Nur ca. 55% sagen, dass sich die Ver- tung drehen. Mit Ergebnissen ist im Sommer 2009 Diese liefern u. a. die Wahrnehmungen und Erfah- sorgung nicht primär nach den Kosten richtet. Auch zu rechnen. rungen von Pflegekräften, die in zwei bundesweiten bezüglich der sozialen und emotionalen Zuwen- Befragungen (2003 und 2006) erhoben wurden. dung haben die Pflegekräfte weitaus höhere Ziele Ausführlich finden sich die bisherigen Ergebnisse als tatsächlich in der Praxis umgesetzt werden im folgenden Buch: Zu den wichtigsten Ergebnissen zählen: kann. So sagen nur knapp über 50%, die Patienten Der Informationsfluss zwischen den Professi- erhielten ausreichend Zuwendung. Dafür bleibt den onen hat sich von 2003 auf 2006 verschlechtert. Pflegekräften sehr oft einfach keine Zeit. Die Zeit Der Anteil der Pflegekräfte, die patientenbezogene wird aber nicht nur für die Zuwendung knapp; auch Informationen eher zufällig erhalten, steigt deutlich die Aktivierung der Patienten wird zunehmend von 15% auf gut knapp 22% an. Die Kooperation vernachlässigt. Der Anteil der Pflegekräfte, die die mit den Ärzten hat sich im Vergleich zu 2003 eher Patienten immer in ihrer Selbständigkeit unterstüt- verbessert als verschlechtert. Nur die Kooperation zen, ist von knapp 58% auf 42% zurückgegangen. zwischen Pflegekräften und Verwaltung wird 2006 Auch werden die Pflegeabläufe deutlich seltener an schlechter bewertet. die Patientenwünsche angepasst und eine würde- Zu den häufig im Zusammenhang mit DRG volle Behandlung verliert an Selbstverständlichkeit. geäußerten Klagen gehört, dass durch administra- Das bei Liegezeitverkürzung notwendige gute tive Tätigkeiten weniger Zeit für die eigentlichen Entlassungsmanagement existiert noch nicht. Es medizinischen und pflegerischen Arbeiten im wird sogar 2006 noch schlechter als 2003 beur- Krankenhaus zur Verfügung steht. Die effektiv ver- teilt. Weniger als die Hälfte der Pflegekräfte gab fügbare Arbeitszeit pro Belegtag ist im Zeitraum an, dass es ein gut funktionierendes Entlassungs-, von 2002 bis 2005 gestiegen. Da aber die Patienten Überleitungs- oder Kooperationsmanagement mit kürzer liegen, fallen die häufigeren Aufnahme- und externen Ärzten und Diensten gibt. Sie sind sich Entlassprozeduren mehr ins Gewicht. Zudem sind dabei mit Ärzten und Patienten einig. die Patienten vermehrt nur noch an den pflege- Bei der Frage, ob und wie intensiv examinierte Bernard Braun, Petra Buhr, Rolf Müller (2008). intensiven Tagen im Krankenhaus. Der Patient Pflegekräfte mit der Anmeldung von Patienten zu Pflegearbeit im Krankenhaus. Ergebnisse einer braucht also im Durchschnitt pro Belegtag mehr Untersuchungen, Patiententransporten innerhalb wiederholten Pflegekräftebefragung und einer Pflege als früher. Dass administrative Tätigkeiten des Krankenhauses, Reinigen der Bettpfannen, Längsschnittanalyse von Routinedaten. St. Augus- zu Lasten patientennaher Tätigkeiten zugenommen Baden der Patienten, Neubeziehen der Betten sowie tin: GEK-Schriftenreihe zur Gesundheitsanalyse haben, spiegelt sich allerdings in unseren Daten Essens- und Getränkeausgabe beschäftigt sind, fal- Band 60. nicht wider. len mehrere Dinge auf: Erstens werden diese nicht An der Bewertung der positiven Faktoren der zum Kernbereich der pflegerischen Tätigkeit gehö- Dr. Bernard Braun pflegerischen Tätigkeit hat sich zwischen 2003 und rigen Arbeiten mit einer einzigen Ausnahme stets Universität Bremen, Zentrum für Sozialpolitik (ZeS), 2006 wenig verändert; dennoch fühlten sich 2006 zu mehr als 50% von examinierten Pflegekräften Abt. Gesundheitsökonomie, Gesundheitspolitik im Vergleich zu 2003 weniger Pflegekräfte gut erledigt. Zweitens verändert sich die Arbeitsteilung und Versorgungsforschung, genug für ihren Beruf ausgebildet (2003 = 80%, zwischen examinierten, also hochqualifizierten Mail: [email protected], www.zes.uni-bremen.de 2006 = 60%). Der Grund dafür ist unter ande- Pflegekräften und überwiegend an- und unge- rem in den gestiegenen Anforderungen und dem lernten Hilfskräften in dem erfragten Zeitraum Dr. Rolf Müller erhöhten Zeitdruck zu sehen. Neben Zeitdruck, den nicht (z. B. bei der Anmeldung zu Untersuchungen, Universität Bremen, Zentrum für Sozialpolitik (ZeS), 2006 über zwei Drittel der befragten Pflegekräfte Baden der Patienten) oder nur sehr gering. Wenn Abt. Gesundheitsökonomie, Gesundheitspolitik immer oder überwiegend empfanden, wurden auch es Veränderungen gab, erfolgten sie eher gegen- und Versorgungsforschung, Unterbrechungen, administrative Tätigkeiten und läufig: Während die Beteiligung von examinierten Mail: [email protected], die Angst um den Arbeitsplatz 2006 vermehrt als Pflegekräften bei den internen Krankentransporten www.zes.uni-bremen.de Belastungen wahrgenommen. um rund fünf Prozentpunkte sank, war ein höherer Durch die Einführung der DRG und die andau- Anteil von ihnen 2006 beim Reinigen der Bettpfan- ernden Kosten-Nutzen-Diskussionen werden das nen involviert. In den meisten Bereichen, in denen Ausmaß und die Notwendigkeit einiger Aspekte es überhaupt Veränderungen gab, verlagerten sich der pflegerischen Tätigkeit in Frage gestellt. Profes- die Tätigkeiten noch nicht einmal auf die immerhin sionelle und ethische Ansprüche und die Realität noch pflegerisch qualifizierten Krankenpflegehelfer, der Pflegetätigkeit klaffen häufig auseinander. Fast sondern dann gleich auf andere Mitarbeiter (z. B. 100% der Pflegekräfte meinen beispielsweise, der aus dem hauswirtschaftlichen Bereich). Patient solle mitentscheiden; doch weniger als 30% IPP-INFO AUSGABE 07 Vom Nahsinn zum Fernsinn Zur Neuordnung von Aufgaben, Kompetenzen und Verantwortlichkeiten einer professionalisierten Pflege fessionalisierten Pflege aus den lebenspraktischen Bezügen der Pflegebedürftigen sowie bislang diskutierte Ansätze einer möglichen Kompensation – Privatisierung oder Übertragung dieser Leistungen auf Assistenzpersonen – gehen einerseits zu Lasten der Erkrankten, schlagen jedoch andererseits auf die berufspolitischen Motive der Pflege zurück insofern diese sich ihrer Originalität Unter dem euphemistischen Stichwort einer sierbaren, wissenschaftlichen Regelwissens mit den beraubt und damit ein Alleinstellungsmerkmal im ›Neuordnung von Aufgaben, Kompetenzen und situativen und kontextgebundenen Besonderheiten zunehmend umkämpften Markt der Gesundheits- Verantwortlichkeiten‹ wird seit einigen Monaten des Einzelfalls unter Berücksichtigung der körper- versorgung aufgibt. eine Entwicklung öffentlichkeitswirksam voran- und leibbasierten bzw. der körper- und leibnahen getrieben, die aus Sicht der beruflichen Pflege auf Besonderheiten der Pflegearbeit zu suchen (vgl. Die hier angedeutete Argumentation (vgl. dazu den ersten Blick den ersehnten Prozess einer Pro- Friesacher, 2008; Hülsken-Giesler, 2008; Uzarewicz ausführlich Hülsken-Giesler 2008) spricht sich nicht fessionalisierung voranbringen könnte: Es geht um & Uzarewicz, 2005; Schnell, 2002; Remmers, 2000). in erster Linie gegen eine Professionalisierung der die Identifikation und Auslagerung so genannter Die Überführung einer körper- und kontextnah Pflege im Sinne der derzeit diskutierten Auswei- ›pflegefremder Tätigkeiten‹ und die Ausweitung agierenden beruflichen Pflege in eine professio- tung der Aufgaben- und Tätigkeitsbereiche aus, sie der Verantwortlichkeiten für pflegespezifische aber nelle Dienstleistung fokussiert darauf, dass eine betont vielmehr, dass neben diesen Aspekten vor- auch pflegeübergreifende Versorgungsprozesse professionalisierte Pflege in die Lage versetzt rangig das Proprium der Pflege im Mittelpunkt der sowie um die Erweiterung des pflegerischen Hand- wird, sich den Arbeitsgegenstand in emotions- Professionalisierungsbemühungen stehen muss. lungskanons durch Übernahme ehedem ärztlicher los-distanzierender Wahrnehmung zu erschließen Wie notwendig die Umsetzung dieser Forderung Standardleistungen in Diagnostik und Therapie und vor diesem Hintergrund rational begründe- ist, bezeugen Erkenntnisse einer Pflegeforschung, (vgl. Stemmer & Böhme, 2008). Diese Entwicklung te Problemlösungsstrategien zu entwickeln bzw. die die Binnenebene des pflegerischen Handelns kann aus mancherlei Perspektive diskutiert und zu nutzen. Helmuth Plessner (1970) differenziert erschließen (vgl. Bräutigam et al., 2005; Schwerdt, kommentiert werden. So lassen sich ökonomische, in Bezug auf die sinnliche Aneignungsweise von 2005; Koch-Straube, 2002). rechtliche, berufspolitische, fachwissenschaftliche Welt zwischen ›Nahsinn‹ und ›Fernsinn‹. Die oder strukturell-institutionelle Argumente gut Nahsinne (Geruch, Geschmack, Tastempfinden (Literatur bei dem Verfasser sowie online im Inter- begründet für oder wider diese Initiativen ins Feld und Temperaturempfinden) erlauben dem Men- net unter www.public-health.uni-bremen.de) führen. Mit dem vorliegenden Beitrag soll jedoch, in schen die »distanzlose Vergegenwärtigung fremder gebotener Kürze, ein explizit grundlagentheoretisch Zustände« (Berr, 1985, S. 24), die Voraussetzung Dr. Manfred Hülsken-Giesler begründeter Blick auf die Debatte geworfen wer- einer direkten emotionalen Betroffenheit ist und Universität Osnabrück, den. Dieser gewährt Interpretationen, die auf den in diesem Sinne als systematischer Bestandteil FB Humanwissenschaften/FG Pflegewissenschaft, ersten Blick erstaunen mögen, schließlich jedoch eines lebensweltorientierten Fallbezugs gelten Mail: [email protected], nach den Langzeitfolgen des derzeitigen Gesche- muss. Der primäre Bezug auf die ›Fernsinne‹ (visu- www.pflegewissenschaft.uni-osnabrueck.de hens zu fragen erlauben. Schließlich ist davon elle Wahrnehmung, auch ›Gesichtssinn‹ sowie auszugehen, dass der anvisierte berufsstrukturelle das Gehör) führt dagegen zu einer distanzierten Wandel nicht nur in einem gewandelten »Ver- Wahrnehmung, die im Bereich der beruflichen ständnis vom Verhältnis der Gesundheitsberufe Pflege ihre Referenz in Ansätzen etwa der wis- zueinander und einer differenzierten Betrachtung senschaftsorientierten Evidenzbasierung oder der der sich erweiternden Handlungsfelder« (Bartho- computergestützten Klassifikationssysteme findet. lomeyczik & Sieger, 2008, S. 195) mündet, sondern Ein Rückzug der beruflichen Pflege aus einer ›nah- darüber hinaus tief greifende Transformationen sinnorientierten‹ Beziehungsgestaltung zwischen des Berufsbildes sowie des entsprechenden Selbst- Hilfesuchenden und Helfern droht die Dialektik von verständnisses einer beruflichen Pflege nach sich einfühlender Emotionalität und distanzierender zieht (vgl. ausführlich dazu Hülsken-Giesler, 2008). Reflexion zu gefährden und letztlich eine Verö- Die anvisierte und berufspolitisch zu begrüßende dung lebensweltnaher Unterstützungsleistungen in Erweiterung des Kompetenz- bzw. Entscheidungs- institutionalisierten Zusammenhängen der Gesund- spielraums der Pflege in hier angestrebter Couleur heitsversorgung zu hinterlassen. Bollinger et al. (vgl. Stemmer & Böhme, 2008) geht, so ist abzuse- (2006, S. 89) interpretieren diesen Vorgang folgend: hen, mit einer unvermeidlichen Entfremdung der »Das, was der Pflege unbestritten von anderen beruflichen Pflege von ihrem eigentlichen Kern Berufsgruppen zuerkannt wird, die Pflege von einher. Dieses Proprium einer beruflichen Pflege als Menschen, wird fahrlässig aufgegeben zugunsten personenbezogene Dienstleistung ist, so lehrt uns einer als möglicherweise angenehmer empfun- eine im Chor der Gesundheitswissenschaften erst denen white collar-Tätigkeit. Professionalisierung randständig zu vernehmende Pflegewissenschaft in meint hier nichts anderes als die klassische Flucht Deutschland, in der Verschränkung eines universali- aus ungeliebten Tätigkeiten.« Die Flucht einer pro- SEIT E 6 | 7 (2) Standpunkt Satzungsvergleich anderer relevanter Fachgesellschaften. Er zeigt vorläufig, dass organisationsstrukturelle Entscheidungen im Wesentlichen In welche Richtung bewegt sich die pflegewissenschaftliche Fachgesellschaft? vom wissenschaftlichen Selbstverständnis, also von den unter (1) diskutierten Fragen, aber auch von den jeweiligen Organisationszielen abhängig sind. Dabei eröffnet sich eine Vielfalt komplizierter Optionen zwischen der Skylla einer ausnahmslos über Ziele und Aufgaben einer wissenschaftlichen Fachge- als auch der Voraussetzungen, unter denen diese den Zielkanon: wissenschaftliche Forschung, The- sellschaft variieren im Allgemeinen in Abhängigkeit Anforderungen erfüllt werden sollen. oriebildung und Nachwuchsförderung normierten Mitgliedschaft (bspw. Deutsche Gesellschaft für von der Definition ihres Gegenstandes. Das können zum Einen ausschließlich wissenschaftliche Im Folgenden werden einige Vorschläge für eine Psychologie e. V. und Deutsche Gesellschaft für Forschung und Theoriebildung sein, zum Anderen sinnvolle Strukturierung der Debatte gemacht. Dabei Erziehungswissenschaft: Promotion, ersatzwei- aber auch praktische Aufgaben ihrer Adressaten in erscheinen mir zwei systematische Herangehenswei- se zahlreiche Publikationen) und der Charybdis umschreibbaren beruflichen (auch außeruniversi- sen unverzichtbar: einer auch nichtakademische Vertreter beruflicher tären) Arbeitskontexten. In der Regel hängen von (1) Klärung einer Typologie und Charakteristik der Handlungsfelder im Sinne wechselseitiger theore- der Lösung dieser Frage konkrete Entscheidungen Pflegewissenschaft als (a) Handlungswissenschaft tischer und praktischer Erfahrungstransfers bewusst zur Organisationsstruktur einer wissenschaftlichen sowie als (b) multidisziplinär-integratives Konstrukt. einschließenden Mitgliedschaft (bspw. Deutsche Fachgesellschaft ab. Teilt man das handlungswissenschaftliche Selbstver- Gesellschaft für Soziale Arbeit, Deutsche Gesellschaft ständnis der Pflegewissenschaft (a), so wären damit für Hebammenwissenschaft). Die letztgenannte Im Falle der jungen Disziplin Pflegewissenschaft wer- Diskussionen um die Mitgliedschaft auch nicht- Option wird insofern kritisch zu prüfen sein, den diese Fragen höchst kontrovers diskutiert. Sie akademischer Berufsangehöriger sehr ernsthaft und da eine pflegewissenschaftliche Fachgesellschaft konzentrieren sich gegenwärtig auf Fragen sowohl sorgfältig zu führen. Akzeptiert man das Konstrukt im Falle überwiegender Anwendungsorientie- des Status als auch der disziplinären Herkunft einer Pflegewissenschaft als »transdisziplinäres« (J. rung und/oder berufspolitischer Zielsetzung ohne von Mitgliedern einer Fachgesellschaft für Pflege- Mittelstraß), verschiedene Bezugswissenschaften genuin wissenschaftliche Orientierung im Konzert wissenschaft: Sollen es ausnahmslos akademisch unter originär pflegewissenschaftlichen Frage- fachgesellschaftlicher Vereinigungen eine wirklich qualifizierte Pflegewissenschaftler sein, ggf. sogar stellungen zusammenführendes Integral (b), so vernehmbare Stimme nicht wird entfalten können. mit der Einschränkung: Promotion? Wäre auch eine stellen sich ebenso ernsthaft zu prüfende Fragen Mitgliedschaft von Personen anderer (Bezugs-)Diszi- einer Öffnung der Fachgesellschaft auch gegenüber Prof. Dr. Hartmut Remmers plinen oder auch anderer Berufsgruppen denkbar? In Angehörigen benachbarter Wissenschaften (bspw. Universität Osnabrück, Fachbereich Humanwissenschaften, Zukunft bedarf es dringend eines Klärungsprozesses Soziologie, Psychologie, Gerontologie, Medizin) oder Fachgebiet Pflegewissenschaft, sowohl hinsichtlich der Anforderungen an eine wis- auch Berufsgruppen, zumal mit Blick auf ein multi- Mail: [email protected], senschaftliche Fachgesellschaft Pflegewissenschaft professionell strukturiertes Berufsfeld. www.pflegewissenschaft.uni-osnabrueck.de Gut zu wissen: Änderungen der Ausbildung durch das Pflege-Weiterentwicklungsgesetz (PfWG) Mit dem neuen gesetzlichen Rahmen werden Ausbildungsangebote mit Modellcharakter für Kranken- und Weiterführender Link: Altenpflege geschaffen, die die Vermittlung von Kompetenzen zur Ausübung heilkundlicher Tätigkeiten www.bmg.bund.de beinhalten. Die Pflegenden sollen nach bestandener Prüfung zur Ausübung der unterrichteten heilkundlichen Tätigkeiten befähigt sein. Der entsprechende Nachweis, um welche Tätigkeiten es sich handelt, muss Eva Reischuck von der Ausbildungsstätte ausgehändigt werden. Die Gestaltung der Lehrpläne unterliegt den einzelnen Studierende BA Pflegewissenschaft, Bundesländern. Universität Bremen Die Ausbildung kann an Hochschulen (Universitäten, Fachhochschulen) erfolgen, die auch die Gesamtverantwortung für die Ausbildung tragen können. Die Lehrinhalte sind durch das Bundesministerium für Gesundheit im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend zu genehmigen. Insgesamt sind hier verschiedene Optionen der Kooperation zwischen Hochschulen und den Kranken- bzw. Altenpflegeschulen denkbar. Auch nach Ablauf der Modellvorhaben kann die Befähigung zur Ausübung heilkundlicher Tätigkeiten nicht zurückgenommen werden, da es sich um grundlegende Kompetenzen handelt, die generell und dauerhaft die Ausübung der erlernten heilkundlichen Tätigkeit ermöglichen. IPP-INFO AUSGABE 07 PR OJ EK T E Bericht zur Situation und den Perspektiven der Pflege in Bremen und Bremerhaven Die demografische Entwicklung, der Wandel des in Expertenworkshops vorzustellen und deren und Weiterbildung, Hochschulbildung) wird eine Krankheitsspektrums sowie die Verlagerung von Diskussionsergebnisse zusammenzufassen. Die umfassende Darstellung des Leistungsspektrums der stationären Akutversorgung hin zur überwie- Durchführung des Projekts erfolgt in Zusammen- der Pflege im Land Bremen möglich. Dabei werden gend ambulanten Langzeitversorgung werden zu arbeit mit Krankenkassen, Wohlfahrtsverbänden, u. a. Strukturdaten, wie Anzahl, Alter, Beschäfti- einer quantitativen und qualitativen Zunahme des Krankenhäusern, der Bremer Heimstiftung, den gungsdauer und Qualifikation der beschäftigten Pflegebedarfs führen und Umstrukturierungen im Krankenpflegeschulen und der Arbeitnehmerkam- Pflegenden, Entlohnung und Interessensvertretung Bereich der pflegerischen Versorgung nach sich mer. sowie die pflegerischen Angebote der Pflegeeinrichtungen, Maßnahmen zur Qualitätssicherung, ziehen. Auch wenn es in der Bundesrepublik vielfältige institutionalisierte Kooperationen mit anderen Daten zur Pflege gibt, so sind diese doch wenig Einrichtungen und das durchgeführte Schnittstel- verknüpft und lückenhaft, so dass von einem lenmanagement erhoben. »inhomogenen Datenberg« gesprochen werden kann (Weidner & Dörpinghaus, 2003). Um Fehl- Die durch die Befragung gewonnenen Informa- versorgungen rechtzeitig begegnen zu können, tionen werden in der zweiten Phase im Rahmen wird daher für die Bundesrepublik analog zur eines Expertenworkshops mit Pflegenden aus Gesundheitsberichtserstattung eine regelmäßige allen Bereichen und anderen Experten analysiert, Pflegeberichterstattung gefordert. Das im Land bewertet und es werden Schlussfolgerungen für die Bremen angestrebte Projekt ist als erster Schritt Weiterentwicklung der Pflege gezogen. in diese Richtung zu verstehen. Erhoben werden Die Befragung der Einrichtungen hat in den Mona- zunächst ausschließlich Daten zur Angebotsseite ten Juli bis September und der Expertenworkshop (Personaldaten, Beschäftigungszahlen, Ausbil- im November 2008 stattgefunden. Anfang des Jah- dungsdaten u. ä.), aber noch keine Daten zum res 2009 wird der Bericht vorliegen. Pflegebedarf. Die Pflege hat einen hohen Stellenwert. Dies Kontakt: Antje Kehrbach wird auch politisch bekräftigt, wie beispielsweise Die Durchführung des Projekts erfolgt in zwei Referentin bei der Senatorin für Arbeit, Frauen, anhand des Pflege-Weiterentwicklungsgesetzes Phasen. In der ersten Phase ist die Beschreibung Gesundheit, Jugend und Soziales, Bremen, Referat 33 in der und des Gutachtens des Sachverständigenrats zur der aktuellen Situation der professionellen Pflege Abteilung 3 Gesundheit, www.soziales.bremen.de Begutachtung der Entwicklung im Gesundheitswe- intendiert. Mit einem standardisierten Fragebo- sen (SVR, 2007) erkennbar wird. Die Sicherstellung gen an alle Einrichtungen, in denen professionell Prof. Dr. Ingrid Darmann-Finck einer bedarfs- und bedürfnisangemessenen Pflege Pflegende tätig sind (ambulante Pflegedienste, Universität Bremen, Institut für Public Health und der Menschen bei sinkenden finanziellen Ressour- stationäre Altenpflege, Krankenhauspflege, Tages- Pflegeforschung, Abt. Qualifikations- und Curriculumfor- cen steht dabei im Mittelpunkt. Ein Ansatzpunkt pflege, Hospizpflege, Behinderteneinrichtungen), schung, Mail: [email protected], besteht in der Forderung nach einer veränderten sowie einem weiteren Fragebogen an pflegerische www.public-health.uni-bremen.de Zusammenarbeit der Berufe und Institutionen der Ausbildungsinstitutionen (Erstausbildung, Fort- Gesundheitsversorgung mit dem Ziel, die bestehenden Vernetzungs- und Schnittstellenprobleme vor allem zwischen der stationären und ambulanten Versorgung zu lösen. Um verlässliche aktuelle Informationen über die gegenwärtige Situation der Pflege zu gewinnen und daraus von bildungs- und gesundheitspolitischer Seite Konsequenzen ziehen zu können, Neues Instrument zur Begutachtung von Pflegebedürftigkeit entwickelt und evaluiert: Der Bericht liegt vor wurde das Institut für Public Health und Pflegeforschung (Prof. Dr. Ingrid Darmann-Finck; Prof. Dr. Petra Kolip) von der Bremer Senatorin für Arbeit, Das Institut für Public Health und Pflegeforschung VdaK (Verband der Angestellten Krankenkassen) Frauen, Gesundheit, Jugend und Soziales (Referat IPP, Abteilung 3 (Prof. Dr. Stefan Görres, Karl Reif und dem Bundesministerium für Gesundheit (BMG) Pflege, Antje Kehrbach) damit beauftragt, Basis- und Ingo Langner) hat zusammen mit dem Medi- die Evaluation eines neuen Instruments zur Begut- daten pflegerischer Versorgung zu erheben und zinischen Dienst des Spitzenverbandes Bund der achtung von Pflegebedürftigkeit durchgeführt. Das auszuwerten sowie die gefundenen Ergebnisse Krankenkassen e. V. (MDS), Essen, im Auftrag des Instrument hat sich bewährt. SEIT E 8 | 9 Zum Hintergrund: Der Begriff der Pflegebe- In der zweiten Hauptphase (März bis Oktober 2008) Validität als »sehr gut« zu bewerten ist. Bezüg- dürftigkeit nach dem SGB XI und das darauf wurde das neue Begutachtungsinstrument vom lich der Erfassung kognitiver Beeinträchtigungen basierende Begutachtungsverfahren werden bereits Institut für Public Health und Pflegewissenschaft erfüllt das neue Instrument die Erwartungen voll. seit längerem kritisch diskutiert. Die Definition der (IPP), Universität Bremen, und dem Medizinischen Gerade diese bisher nur schwer zu begutachtende Pflegebedürftigkeit im SGB XI wird als zu eng, Dienst des Spitzenverbandes Bund der Kran- Personengruppe wird durch das neue Instrument lediglich verrichtungsbezogen und einseitig auf kenkassen e. V. (MDS) in der Praxis erprobt und sehr gut erfasst. Dennoch werden körperlich ein- körperliche Belange ausgerichtet kritisiert. Die wissenschaftlich evaluiert. Ziel der zweiten Haupt- geschränkte Personen in der Begutachtung nicht wachsende Zahl Pflegebedürftiger mit gerontopsy- phase war es, die Güte des neuen Instruments benachteiligt. Damit wird einer wesentlichen Inten- chiatrischen Erkrankungen, heißt es, würde nicht nach wissenschaftlichen Kriterien zu bewerten. tion des neuen Instruments Rechnung getragen. adäquat berücksichtigt. Inzwischen existiert ein Um wissenschaftlichen Gütekriterien zu genügen, Für ein neu entwickeltes Instrument sind dies her- breiter Konsens in der Einschätzung, dass eine Neu- muss ein Instrument reliabel und valide sein. Bei vorragende Ergebnisse, die dennoch offen bleiben fassung des Begriffs der Pflegebedürftigkeit und der Reliabilität wird beurteilt, ob die Bewertung für Weiterentwicklungen, die sich aus den Erfah- eine Angleichung des Begutachtungsverfahrens der Pflegebedürftigkeit durch das neue Instrument rungen im Alltagseinsatz ergeben. erforderlich sind. unabhängig vom Anwender erfolgt bzw. wie gut sich Bewertungen mit dem gleichen Instrument bei Insgesamt kommen die Projektnehmer zu dem Vor diesem Hintergrund haben 2006 die Spit- gleichen Ausgangsbedingungen wiederholen las- Ergebnis, dass das neue Begutachtungsinstrument zenverbände der Pflegekassen auf Anregung des sen (Grad der Zuverlässigkeit einer Messung). Zur zielführend, geeignet und praktikabel ist und die Bundesministeriums für Gesundheit ein Modellpro- Beurteilung der Validität wird u. a. überprüft, wie Anforderungen an die wissenschaftlichen Gütekri- jekt zur Weiterentwicklung der Pflegeversicherung besonders relevante Gruppen der Antragsteller im terien erfüllt. unter dem Titel »Maßnahmen zur Schaffung eines neuen Instrument berücksichtigt werden, zum Bei- neuen Pflegebedürftigkeitsbegriffs und eines spiel Personen mit kognitiven Beeinträchtigungen Der Abschlussbericht der zweiten Hauptphase neuen bundesweit einheitlichen und reliablen oder besonderen Bedarfskonstellationen. wurde im Oktober 2008 dem Beirat vorgelegt und inzwischen im Rahmen einer Pressekonferenz im Begutachtungsinstruments zur Feststellung der Pflegebedürftigkeit nach dem SGB XI« eingerich- Diese Fragestellungen wurden in einer umfang- BMG vorgestellt, an der u. a. auch Prof. Dr. Stefan tet. In diesem Zusammenhang wurde ein Beirat reichen repräsentativen Studie bearbeitet. An der Görres teilgenommen hat. Der Bericht kann auf den einberufen, der Empfehlungen zur Revision des Erprobung des neuen Verfahrens wirkten 49 Gut- Internetseiten des MDS heruntergeladen werden Pflegebedürftigkeitsbegriffs erarbeiten soll. achterinnen und Gutachter aus acht Medizinischen (http://www.mds-ev.org/3115.htm). Diensten der Krankenversicherung (MDK) von Mai Die Beratungen zur Umsetzung dauern derzeit In der ersten Hauptphase des Projekts (August bis Juli 2008 mit. Diese Gutachter erprobten das noch an. 2007 bis Februar 2008) entwickelten das Institut neue Verfahren bei 1.717 Antragstellern, die sie in für Pflegewissenschaft an der Universität Bielefeld diesem Zeitraum zu begutachten hatten. Das neue Prof. Dr. Stefan Görres (IPW) und der Medizinische Dienst der Kranken- Instrument wurde parallel zum aktuellen Verfahren Karl Reif versicherung (MDK) Westfalen-Lippe ein neues durch Gutachter der MDK eingesetzt. Somit erfolgte Universität Bremen, Institut für Public Health und Begutachtungsinstrument. Dabei wurden Erkennt- die Testung unter realistischen Bedingungen. Pflegeforschung, Abt. Interdisziplinäre Alterns- und nisse aus der Pflegeforschung aufgenommen und Pflegeforschung, Mail: [email protected], in ein praktisch einsetzbares Instrument umgesetzt. Hinsichtlich der Gütekriterien kann festgestellt Derzeit werden Pflegebedürftige nach §§ 14,15 werden, dass die Reliabilität als »gut« und die www.iap.uni-bremen.de SGB XI anhand der Häufigkeit der Hilfe im Rahmen der Grundpflege (Körperpflege, Ernährung, Mobilität) und des dafür benötigten Zeitaufwandes in eine von drei Pflegestufen eingeteilt. Das neue Begutachtungsinstrument geht dagegen von einem umfassenderen Verständnis der Pflegebedürftigkeit aus und bewertet den Grad an Selbständigkeit und ADHS bei Kindern und Jugendlichen Befragungsergebnisse und Auswertungen von Daten der Gmünder ErsatzKasse GEK somit auch den Grad an Abhängigkeit von personeller Hilfe in den Bereichen Mobilität, kognitive und kommunikative Fähigkeiten, Verhaltensweisen Kaum eine gesundheitliche Störung im Kindes- und nahmen bis zur medikamentösen Therapie reicht, und psychische Problemlagen, Selbstversorgung, Jugendalter wird so kontrovers diskutiert wie das die i. d. R. erst das letzte Element der therapeu- Umgang mit krankheits-/therapiebedingten Aufmerksamkeitsdefizitsyndrom (ADHS). Seriöse tischen Kette sein sollte. Ein exponentieller Anstieg Anforderungen und Belastungen, Gestaltung des Schätzungen gehen davon aus, dass zwischen der Verordnungsmengen ADHS-typischer Präparate Alltagslebens und soziale Kontakte, außerhäusliche 300.000 und 700.000 Kinder und Jugendliche lässt jedoch vermuten, dass multimodale Behand- Aktivitäten sowie Haushaltsführung. Auf dieser davon betroffen sind, viermal mehr Jungen als lungen in der Praxis nur selten realisiert werden. Grundlage werden Pflegebedürftige in eine von Mädchen. Die leitliniengerechte Behandlung sieht Vor diesem Hintergrund führte das Institut für fünf Bedarfsgraden eingruppiert. Der Bericht der eine sorgfältige Diagnostik sowie ein multimodales Public Health und Pflegeforschung (IPP, Prof. Dr. ersten Hauptphase wurde im Februar 2008 dem Behandlungskonzept vor, das von der Beratung und Petra Kolip) in Kooperation mit dem Zentrum Beirat vorgelegt. Aufklärung über verhaltenstherapeutische Maß- für Sozialpolitik (ZeS, Prof. Dr. Gerd Glaeske) die IPP-INFO AUSGABE 07 GEK-ADHS-Studie durch. Der im Oktober 2008 ver- Fragen der Erziehung oder des eigenen Umgangs Befragte gibt jedoch an, dass mit dem Arzt ein öffentlichte GEK-Report umfasst Ergebnisse einer mit der Erkrankung beraten. Eine Verhaltensthe- Gespräch zu diesem Thema geführt wurde, selbst Eltern- und Behördenbefragung sowie Verord- rapie, die als Methode der Wahl bei nicht massiv mit den Eltern von 17-Jährigen wurde nur in 21% nungsanalysen. Dieser Artikel präsentiert primär die beeinträchtigten Kindern gilt, wurde nur bei 27% der Fälle die Thematik besprochen. Ergebnisse der Elternbefragung, weitere Informati- der Kinder durchgeführt, weitere 28% erhielten Insgesamt deuten diese Befragungsergebnisse auf onen finden sie im Gesamtreport (s. u.). eine andere Form der Psychotherapie. eine Lücke zwischen Behandlungsideal und Ver- Im zweiten Halbjahr 2007 erhielten 5.018 GEK- Problembereich Medikamentenverordnung: sorgungswirklichkeit hin. Anzustreben ist neben versicherte Eltern mit einem Kind zwischen 6 und 63,5% der befragten Eltern gaben an, dass bei der einer Förderung differenzierter Diagnostik sowie 18 Jahren, die im Vorjahr mindestens ein Rezept medikamentösen Behandlung Nebenwirkungen Behandlungseinstellung und -kontrolle die Durch- für ein AD(H)S-typisches Medikament in der Apo- aufgetreten seien, bei mehr als der Hälfte der Fälle führung multimodaler Modellprojekte v. a. rund um theke eingelöst hatten, einen Fragebogen des IPPs. sogar dauerhaft. Ein Drittel dieser Befragten stufte die Phase des Schuleintritts und eine Erarbeitung Insgesamt schickten 2.298 Eltern (45%) den Frage- die Nebenwirkungen als stark oder sehr stark bela- regionalspezifischer Behandlungswegweiser für bogen zurück. stend ein. Die systematische Dosiseinstellung zu betroffene Familien. Aus der Fülle der Ergebnisse seien hier nur die Beginn der medikamentösen Behandlung sowie die Die GEK will sich zukünftig stärker für eine engere wichtigsten hervorgehoben: Verlaufskontrolle werden sehr unzureichend umge- Zusammenarbeit zwischen Ärzten, Eltern, Schul- Problembereich Schule: ADHS ist vor allem setzt: Nur gut ein Fünftel der Kinder wird zu Beginn behörden und Krankenkassen einsetzen und hat im Kindergarten- und Schulkontext ein Problem: der Behandlung wie empfohlen wöchentlich einem deshalb Verhandlungen mit der Kassenärztlichen Über 90% der Eltern gaben an, dass die Kinder hier Arzt vorgestellt. Im weiteren Behandlungsverlauf Bundesvereinigung aufgenommen. deutliche oder sogar massive Probleme aufgrund gaben nur 17,3% die empfohlene Frequenz monat- der Erkrankung haben. Die mit dem Schulbeginn licher Arztbesuche an. Informationen: Birte Gebhardt MPH deutlich steigende Zahl der ADHS-Diagnosen ist ein Problembereich Übergang in das Erwachse- Universität Bremen, Institut für Public Health und zusätzlicher Hinweis darauf, dass die (häufig schon nenalter: Die Auswertungen zeigen, dass bislang Pflegeforschung, Abt. Prävention und Gesundheits- vorher bestehende) Symptomatik für viele Kinder nur wenige kurz vor der Volljährigkeit stehenden förderung, Mail: [email protected], erst im Setting Schule Krankheitswert erhält. Jugendliche systematisch auf diese Lebenspha- www.praevention.uni-bremen.de, Problembereich Behandlung: Multimodale se, in der Medikamente nicht mehr vorgesehen www.praevention.uni-bremen.de/doc/GEK-ADHS- Behandlungsschemata werden insgesamt nur sel- bzw. zugelassen sind, vorbereitet werden. 53% Report-2008.pdf ten realisiert. In Leitlinien empfohlene Alternativen der Eltern mit Kindern zwischen 14 und 17 Jah- zur medikamentösen Behandlung – insbesondere ren gehen in der Befragung davon aus, dass auch Verhaltenstherapie und Elterntraining – werden zu jenseits des 18. Geburtstags eine Medikamen- wenig umgesetzt: Nur 74% der Eltern wurden zu teneinnahme notwendig sein wird. Nur jeder 10. PUB LI KATI ON Birte Gebhardt, Emily Finne, Oda von Rahden, Petra Kolip unter Mitarbeit von Gerd Glaeske und Edda Würdemann (2008). ADHS bei Kindern und Jugendlichen. Befragungsergebnisse und Auswertungen von Daten der Gmünder ErsatzKasse GEK. Die Studie berichtet über die Versorgungslage bei ADHS aus der Perspektive der Eltern betroffener Kinder, die schriftlich zu ihren Erfahrungen befragt wurden. Hinzu kommen Ergebnisse von Interviews, einer Behördenbefragung und Verordnungsdaten für ADHS-Medikamente. Der Bericht liefert Hinweise auf Ansatzpunkte zur Verbesserung der Versorgung betroffener Familien und zeigt, dass die empfohlenen multimodalen Behandlungsschemata zu selten realisiert werden. Besonders problematisch stellt sich der Umgang mit ADHS in Schulen dar. Es gibt zudem deutliche regionale Unterschiede in den Verordnungszahlen, die auf eine uneinheitliche Handhabung der Diagnose und Therapie schließen lassen. St. Augustin: Asgard. SEIT E 1 0 | 1 1 QU AL IF IK AT IO N SA R B EIT EN Diplomarbeit im Studiengang Lehramt Pflegewissenschaft an der Universität Bremen Wissenschaftlich fundierte Pflegeausbildung zwischen Anspruch und Wirklichkeit am Beispiel des Themas »Beratung in der Pflege« – eine qualitative Studie In dem zum 01.01.2004 in Kraft getretenen neuen Methode aufwand bei seiner Recherche wissenschaftlicher Krankenpflegegesetz ist, neben diversen ande- Es wurden ExpertInneninterviews mit fünf Pfle- Literatur zum Thema »(Pflege-)Beratung«. Gleich- ren Neuerungen, erstmalig in Deutschland der gelehrenden unterschiedlicher norddeutscher zeitig löst dieser Anspruch, da er ihm nur bedingt Anspruch einer (pflege-)wissenschaftlichen Fundie- Krankenpflegeschulen geführt. Die Auswahl gerecht werden kann, Angst, Unsicherheit und rung an die theoretische Krankenpflegeausbildung der Schulen folgte dem Prinzip des Theoretical Stress aus. Die selbstkritische Infragestellung der gesetzlich verankert worden. Dieser Anspruch stellt Sampling. Die Interviews wurden per Tonband auf- eigenen Professionalität, wirkt sich auf ihn stark die Pflegelehrenden vor eine enorme Herausfor- gezeichnet, transkribiert und inhaltsanalytisch nach belastend aus. derung, da in Westdeutschland nur 22,3% von Mayring (2003) ausgewertet. Anschließend erfolgte ihnen (Blum et al., 2006) hochschulisch qualifi- eine empirisch begründete Typenbildung. Inwiefern Zusammenfassend ist zu betonen, dass unter den ziert sind. Erschwerend kommt hinzu, dass bisher die Lehrenden im Hinblick auf die von ihnen vermit- vier Typen kein Konsens im Hinblick auf eine ein- nur vereinzelt pflegepädagogische Unterrichts- telten Unterrichtsinhalte einem wissenschaftlichen heitliche Deutung des gesetzlichen Anspruchs materialien sowie Lehr- bzw. Fachbücher auf Anspruch entsprachen, wurde anhand des in besteht. Lediglich der Typus 4 hat eine angemes- wissenschaftlichem Niveau publiziert worden sind. der Diplomarbeit dargelegten theoretisch-kon- sene Vorstellung von pflegewissenschaftlicher Bei der curricularen und v. a. auch der unterrichts- zeptionellen Standes der (Pflege-)Beratung sowie Fundierung des vermittelten Wissens, auch wenn er praktischen Umsetzung dieser neuen inhaltlichen ausgewählter Befunde zur Beratungsforschung selbst diesem Anspruch nicht gerecht wird. Die Stu- Anforderungen kommt den Lehrenden gegenwärtig beurteilt. die ergab Entwicklungsbedarfe bei Pflegelehrenden eine entscheidende Schlüsselposition zu. Sie ver- hinsichtlich eines Bewusstseins für die unterschied- fügen insbesondere auf der unterrichtspraktischen Ergebnisse lichen Qualitäten von Wissen sowie hinsichtlich Ebene über wesentliche Einflussmöglichkeiten auf Aus der Datenanalyse gingen vier Typen von Beschaffung, Beurteilung und Vermittlung wissen- die Ausbildungsreform bzw. die damit verbundenen Lehrenden hervor. Diese repräsentieren charak- schaftlicher Inhalte. Diese Entwicklungsbedarfe Professionalisierungsbestrebungen der Pflege, d. teristische Formen des Umgangs mit dem neuen wirken sich gegenwärtig hinderlich auf den Profes- h., sie tragen dazu bei, diese voranzutreiben oder Anspruch. Hierbei handelt es sich erstens um »Die sionalisierungsprozess der Pflegeausbildung aus. zu blockieren. an pflegeberuflichem Wissen orientierte, traditionelle Pflegelehrende« (= Typus 1), zweitens Für eine umfassende Darstellung der Ergebnisse Forschungsfragen »Die traditionelle Pflegelehrende mit breiterer sowie der Schlussfolgerungen für die Pflegelehrer- Vor dem skizzierten Hintergrund stellt sich die Wissensbasis ohne (pflege-)wissenschaftliche Fun- bzw. die Pflegeausbildung sei an dieser Stelle auf Frage, wie der Anspruch auf eine wissenschaft- dierung« (= Typus 2), drittens »Die (pflege-) eine sich in Vorbereitung befindende Veröffentli- liche Absicherung des im Unterricht vermittelten wissenschaftliche Fundierung nur vordergründig chung verwiesen. Wissens von den Pflegelehrenden gegenwärtig gewährleistende Pflegelehrende« (= Typus 3) und Literatur online im Internet unter www.public- umgesetzt wird bzw. werden kann. viertens »Die um (pflege-)wissenschaftliche Fun- health.uni-bremen.de Welche individuellen Lösungen entwickeln Leh- dierung bemühte, verunsicherte Pflegelehrende« rende, die durch den Anspruch herausgefordert (= Typus 4). Exemplarisch können an dieser Stelle Gerlinde Glissmann lediglich einige markante Charakteristika einzel- Dipl. Berufspäd. Pflegewissenschaft, ner Typen hervorgehoben werden. Der Typus 1, Mail: [email protected] sind? Wie erarbeiten sie sich neue Themen – sowohl methodisch als auch inhaltsbezogen? dem zwei weitergebildete Lehrende angehören, Was vermitteln sie wie davon im Unterricht? vermittelt in seinen Unterrichten ausschließlich Welche Faktoren erweisen sich aus ihrer Sicht als pflegeberufliches Wissen, stellt dieses nur sehr förderlich bzw. als hinderlich bei der Erarbeitung bedingt in Frage und ist überzeugt, dem Anspruch und didaktischen Umsetzung neuer Inhalte? gerecht zu werden. Der Typus 3, dem eine Pflege- Diesen Fragen wurde im Rahmen einer von Prof. pädagogin (FH) zugeordnet ist, beruft sich neben Dr. Ingrid Darmann-Finck und Dr. Julia Lademannn pflegeberuflichem auch teilweise auf pflegewis- betreuten Diplomarbeit in Form einer explorativ- senschaftliches Wissen. Letzteres vermittelt er nur qualitativen Studie exemplarisch an dem neuen auszugsweise, wenig kritisch und z. T. verfälscht. Ausbildungsinhalt »Pflegeberatung« nachgegan- Der Typus 4, ein universitär ausgebildeter, fach- gen. fremder Lehrer, ist der einzige, der den Anspruch wissenschaftlicher Fundierung im umfassenden Sinne deutet. Daraus resultiert ein immenser Zeit- IPP-INFO AUSGABE 07 PR OMOT IO N SK OL L EG NU T Z E RI N N E N O RI E N T I E RT E G E S U N D H E I T S S I CHE RUN G Nutzerorientierung Ein Fremdwort in der Gesundheitssicherung? Das an der Universität Bremen von der Hans- deln vor und wirkt so auf unsere Lebenswelten und Böckler-Stiftung geförderte Promotionskolleg trägt den gesamten Lebenslauf ein. Vorgaben des Sozi- den Titel »NutzerInnenorientierte Gesundheits- alstaates sind verbunden mit der Erwartung eines sicherung«. Doch wofür steht eigentlich dieser hohen Maßes an Eigenverantwortung. Die idealen Titel? Bereits an den vielfältigen Themen der Dok- NutzerInnen gesundheitsbezogener Leistungen torandInnen zeigt sich die große Bandbreite der bewegen sich selbstständig und informiert im Thematik. In den Dissertationsprojekten wer- System. Sie entscheiden in Zusammenarbeit mit den Fragestellungen zu Versorgungsformen, den jeweiligen Professionellen über Vorgehenswei- Kati Mozygemba, Sarah Mümken, Ulla Krause, Frauengesundheit, Arbeit und Gesundheit und zur sen zur Sicherung ihrer Gesundheit. Matthias Zündel, Marion Rehm, Nicole Höfling-Engels, Pflegeausbildung bearbeitet (Nähere Informati- Daniel Lüdecke & Bahar Qurban (Hrsg.). (2009). onen zu den PromovendInnen, ihren Arbeiten und Doch können und wollen die NutzerInnen dieses Veranstaltungen auf der Kolleg-Homepage unter: Idealbild überhaupt erfüllen? Inwieweit ist es www.promotionskolleg-fb11.uni-bremen.de). möglich, als Beschäftigte das Recht auf eine gerecht, einen geeigneten Rahmen zur Gesund- Ziel von Gesundheitssicherung ist nicht nur die Ver- gesundheitsgerechte Arbeitsgestaltung einzufor- heitsförderung und Prävention zu bieten? meidung und Behandlung von Krankheit, sondern dern oder als PatientIn mit der Ärztin/dem Arzt Diese Fragen standen im Mittelpunkt zweier Fach- auch die Förderung und der Schutz von Gesund- über die Behandlung zu diskutieren? Wünschen tage des Promotionskollegs. Die erste Tagung im heit. Die Gesundheitspolitik gibt gesetzliche und sich ExpertInnen wirklich informierte NutzerInnen? Dezember 2006 beschäftigte sich mit dem Thema strukturelle Rahmenbedingungen für unser Han- Inwiefern werden die Sozialsysteme dem Anspruch »Perspektiven der Nutzerorientierung – Welchen Bern: Hans Huber Nutzen haben die NutzerInnen?« und die zweite Tagung stand unter dem Titel »Gesundheitssicherung neu denken?! Das Spannungsfeld zwischen Subjekt und strukturellen Rahmenbedingungen« (November 2007). Auf Basis spannender Tagungsbeiträge und interessanter Diskussionen ist nun das Buch »Nutzerorientierung – Ein Fremdwort in der Gesundheitssicherung?« entstanden. Einer theoretischen Auseinandersetzung mit dem Begriff der nutzerInnenorientierten Gesundheitssicherung folgen Beiträge zu praktischen Ansätzen aus den Bereichen Versorgungsstrukturen, arbeitnehmerInnengerechte sowie frauengerechte Gesundheitssicherung und verhelfen zu ersten Antworten auf die Fragen: Was ist NutzerInnenorientierung und wer sind eigentlich die NutzerInnen? Was ist Gesundheitssicherung und welche Rolle spielen die NutzerInnen in diesem Kontext? Die Kollegiatinnen und Kollegiaten des Promotionskollegs Das Promotionskolleg wird gefördert durch die Hans-Böckler-Stiftung und hat im Januar 2006 seine Arbeit aufgenommen. Das Kolleg ist ein Kooperationsprojekt des Instituts für Public Health und Pflegeforschung (IPP) am Fachbereich 11 der Universität Bremen, des Zentrums für Sozialpolitik (ZeS) der Universität Bremen, des Instituts für Psychologie der Arbeit, Arbeitslosigkeit und Gesundheit (IPG) am Fachbereich 11 der Universität Bremen, des Instituts für Biografie- und Lebensweltforschung am Fachbereich 11 der Universität Bremen, der Fachhochschule Oldenburg Ostfriesland Wilhelmshaven (Fachbereich Sozialwesen) sowie der Technischen Universität Dresden (Fakultät Erziehungswissenschaften). Das Promotionskolleg ist an der Universität Bremen angesiedelt, Sprecherin ist Prof. Dr. Petra Kolip (IPP). Das IPP-Info berichtet regelmäßig über die Promotionsarbeiten und die weiteren Aktivitäten des Kollegs. Weitere Informationen unter: www.promotionskolleg-fb11.uni-bremen.de SEIT E 1 2 | 1 3 ST U D IU M Neues Studienangebot an der Universität Bremen Master of Arts Berufspädagogik Pflegewissenschaft einer Intervention der Bremer Senatorin für Bildung und Wissenschaft der Abschluss Master of Arts (anstelle eines Master of Education) vergeben. Hintergrund dieser Entscheidung ist der seit längerem bestehende »Bewerberstau« im Bremischen Vorbereitungsdienst. Für die Absolventen, die eine Tätigkeit im staatlichen berufsbildenden Schulwesen anstreben, bedeutet dies, dass bei jeder Im Wintersemester 2008/2009 ist der Studiengang fessionalisierungsbereich) werden fortgeführt. Das Bewerbung in einem anderen Bundesland ein Aner- Master of Arts Berufspädagogik Pflegewissenschaft zugrundeliegende Konzept orientiert sich an den kennungsverfahren vorgeschaltet werden muss. mit 11 Studierenden an den Start gegangen. Das derzeitigen Strukturen der Lehrerbildung für den Aufgrund dessen sind vertragliche Vereinbarungen Studium bereitet auf die lehrende Tätigkeit an berufsbildenden Bereich. Damit wird die Intenti- mit verschiedenen Bundesländern geplant, in denen berufsbildenden Schulen, an Schulen des Gesund- on verfolgt, die Sonderstellung der Pflegebildung, eine Anerkennung des Abschlusses als Zugangsvo- heitswesens (in erster Linie Erstausbildung von die u. a. darin begründet ist, dass die Pflegebil- raussetzung für den Eintritt in das Referendariat im Gesundheits- und (Kinder-) Krankenpflegerinnen dung über Berufsgesetze geregelt ist, zumindest Vorwege geregelt wird. Mit dem Land Niedersach- und -pflegern und Altenpflegerinnen und -pflegern) teilweise aufzubrechen und die geltenden Qualitäts- sen wurde ein solcher Vertrag bereits geschlossen. und in der außerschulischen Aus- und Weiterbildung standards der Lehrerbildung auch auf die berufliche Auch wenn für die derzeitigen Studierenden damit vor. Sofern eine Tätigkeit an berufsbildenden Schu- Fachrichtung Pflege anzuwenden. Die von der Kul- eine pragmatische Lösung gefunden wurde, hält len angestrebt wird, stellt der Masterabschluss die tusministerkonferenz für den Schultyp 5 Berufliche der Studiengang Pflegewissenschaft vor dem Hin- Voraussetzung für den Eintritt in das ein- bis einein- Schulen im Sommer 2007 erlassenen Strukturvor- tergrund der Gleichstellung der Pflegelehrerbildung halbjährige Referendariat dar. Der Studiengang ist gaben sehen insgesamt eine Regelstudienzeit von mit der Ausbildung von Lehrern für das staatliche insofern polyvalent, als er auch für außerschulische 10 Semester einschließlich schulpraktischer Studien berufsbildende Schulwesen an der Forderung nach Bildungsbereiche qualifiziert, die genuin berufspä- vor, die mit 300 Leistungspunkten (ECTS) bewertet Verleihung des für Lehramtsstudiengänge regu- dagogische Kompetenz erfordern. wird. Voraussetzung für die Zulassung zum Studium lären Abschluss »Master of Education« fest. Das 4-semestrige Studium setzt auf das Studium ist neben der Hochschulzugangsberechtigung eine des Bachelor of Arts Pflegewissenschaft mit dem auf die berufliche Fachrichtung bezogene Tätig- Kontakt: Prof. Dr. Ingrid Darmann-Finck Schwerpunkt Lehre auf, die dort integrativ studier- keit im Umfang von mindestens 12 Monaten. Im Universität Bremen, Studiengang Pflegewissenschaft, ten Fächer Pflegewissenschaft, allgemeinbildendes Unterschied zu regulären Lehramtsstudiengängen Mail: [email protected] Unterrichtsfach und Erziehungswissenschaft (Pro- wird mit dem vorliegenden Studiengang aufgrund »Palliative Care«: Schwerstkranke Menschen professionell begleiten Neustart des Weiterbildenden Studiums ab März 2009 Die Zusammenarbeit unterschiedlicher Berufsgrup- Weiterbildende Studium »Palliative Care« vermit- Informationsbroschüre pen gehört auf Palliativstationen, in Hospizen und telt eine Vielzahl von Kompetenzen, um in diesem und Anmeldung: in der ambulanten Versorgung schwerstkranker Spannungsfeld zu bestehen. Marlis Glomba, und sterbender Menschen zum Berufsalltag. Nicht Im März 2009 startet bereits der vierte Durchgang Universität Bremen, selten entstehen aber gerade in dieser Zusammen- der 18 Monate dauernden Weiterbildung. Das Ange- Zentrum für arbeit Probleme. Die Universität Bremen hat es bot beginnt mit einer Grundlagenwoche, die als Weiterbildung, sich mit dem Weiterbildenden Studium »Palliative Bildungsurlaub anerkannt werden kann. An zwölf Mail: mglomba@ Care« zum Ziel gesetzt, die beteiligten Professionen Wochenenden werden unterschiedliche Schwer- uni-bremen.de, bereits in der Qualifizierungsphase zusammen zu punktthemen betrachtet. Das Spektrum reicht von www.weiterbildung. bringen. Das berufsbegleitende Angebot bietet die der Begleitung schwerstkranker Menschen über die uni-bremen.de Möglichkeit, unterschiedliche professionelle Per- Situation der Angehörigen, die Herausforderung spektiven zu verstehen und an diesen zu lernen. der interprofessionellen Zusammenarbeit bis hin Im Fokus steht das gemeinsame Ziel, Lebens- zur gesellschaftlichen Situation schwerstkranker qualität für schwerstkranke Menschen und ihre Menschen. Abgerundet wird das Studium durch Angehörigen zu ermöglichen. Vor dem Hintergrund eine fünftägige Hospitation im ersten Jahr und eine immer knapper werdender finanzieller und perso- Projektwoche am Ende des Studiums. neller Mittel befinden sich die Beteiligten dabei in einem Spagat, in dem sie nicht selten die Grenzen Claudia Kedenburg ihrer persönlichen Belastbarkeit erreichen. Das Universität Bremen, Zentrum für Weiterbildung IPP-INFO AUSGABE 07 PER SO N A L IA Prof. Dr. Heiner Friesacher scheinungen in diesem Heft). Von 2006 bis Frühjahr misierung und Macht, Klassifikations- und 2008 war er Gastdozent bzw. Gastprofessor für Diagnosesysteme sowie Qualität in der Pflege. Pflegewissenschaft und Ethik an der Alice-SalomonFachhochschule in Berlin (ASFH). Seit April 2008 Kontakt: Prof. Dr. Heiner Friesacher Nach Ausbildung zum Krankenpfleger und ver- hat Heiner Friesacher die Vertretungsprofessur für Universität Bremen, Institut für Public Health und Pflegefor- schiedenen Weiterbildungen (Fachkrankenpfleger Pflegewissenschaft mit dem Schwerpunkt »Theore- schung, Abt. Interdisziplinäre Alterns- und Pflegeforschung, für Intensivpflege, Lehrer für Pflegeberufe, Pflege- tische Grundlagen und klinische Pflegeforschung« Mail: [email protected] dienstleitung) nahm Heiner Friesacher das Studium am Institut für Public Health und Pflegeforschung der Pflegewissenschaft, der Sozialwissenschaft und der Universität Bremen inne. Weitere Arbeitsfelder der Erziehungs- und Gesellschaftswissenschaften von Heiner Friesacher sind seit 2004 Konzeptent- an der Universität Bremen auf (Abschluss Dipl. wicklung und wissenschaftliche Begleitung zweier Berufspäd. Pflegewissenschaft und 1. Staatsexa- auf Schwerstdementenpflege spezialisierter Ein- men Lehramt Sek. II berufliche Fachrichtung Pflege). richtungen in Bremen. Er ist Gründungsherausgeber Anschließend erfolgte freiberufliche Dozenten- und und Schriftleiter der Zeitschrift »intensiv« und des Lehrtätigkeit, u. a. an den Universitäten in Bremen dreibändigen »Handbuch der Intensivpflege«. und Osnabrück sowie an Fachhochschulen in Hamburg, Osnabrück und Bremen. Gefördert durch ein Die Arbeitsschwerpunkte von Heiner Friesacher Promotionsstipendium der Friedrich-Ebert-Stiftung in Forschung und Lehre sind: Wissenschafts- und promovierte Heiner Friesacher 2007 zu »Theorie handlungstheoretische Grundlagen pflegerischen und Praxis pflegerischen Handelns« (siehe Neuer- Handelns, Sozialphilosophie und Ethik, Ökono- Prof. Dr. Silke Gräser Menschen in den Neuen Bundesländern, Eva- tember 2008 ist Silke Gräser Vorstandsmitglied der luation der Patientenberatungsstelle Bremen, DGPH (Deutsche Gesellschaft für Public Health). Evaluation von Gesundheitsförderungsprogrammen für Musikstudierende an der Hochschule für Ihr aktuelles Forschungsprojekt befasst sich mit der Musik Hannover, Betriebliche Gesundheitsförde- Identifikation von Barrieren und Ressourcen in der rung an der Universität Oldenburg). An dem Projekt HIV/AIDS Präventionsarbeit für Afrikanische Migran- ›Gesundheitsfördernde Hochschulen‹ arbeitet sie tInnen; seit Oktober 2008 leitet sie zusammen mit seit 15 Jahren mit, zuletzt als Ansprechpartnerin einem Kollegen an der Universität Oldenburg ein für Internationales. An der Universität Oldenburg durch das BMBF gefördertes Forschungsprojekt am Institut für Psychologie promovierte sie in der im Bereich der Präventionsforschung zu diesem Gesundheitspsychologie zur Salutogenese im Kon- Thema. Ihre Schwerpunkte in Forschung und text einer settingorientierten Gesundheitsförderung Lehre sind Gesundheitsförderung und Prävention, an Hochschulen. Im Anschluss arbeitete sie für über Gesundheitspsychologie, Gesundheitskommunika- zwei Jahre als Assistant Professor für Gesundheits- tion, Evaluation, Betriebliche Gesundheitsförderung förderung und Prävention an der University of und -management und Internationale Gesundheit. Southern Denmark im Department for Health Promotion Research in Dänemark. Danach war sie als Kontakt: Prof. Dr. Silke Gräser Silke Gräser ist seit Oktober 2007 Lektorin in den Beraterin und Expertin für Gesundheitsförderung, Universität Bremen, Institut für Public Health und Pflege- gesundheits- und pflegewissenschaftlichen Stu- Prävention, Gesundheitskommunikation und Eva- forschung, Abt. Prävention und Gesundheitsförderung, diengängen im Fachbereich 11 an der Universität luation in EU-Projekten der Technical Assistance in Mail: [email protected] Bremen. Im Juli 2008 wurde sie Mitglied im IPP, Serbien, Moldawien und Russland tätig. Seit Sep- Abteilung Prävention und Gesundheitsförderung. Zum Februar 2009 hat sie die Vertretungsprofessur Prävention und Gesundheitsförderung im IPP übernommen. Nach dem Studium der Klinischen und Gesundheitspsychologie arbeitete sie zunächst als Petra Kolip in den Beirat des Ludwig Boltzmann Instituts für Gesundheitsförderungsforschung berufen Fernsehjournalistin und dann 1994 als Geschäftsführerin des Oldenburger ›Gesundheitsplenums‹. Als wissenschaftliche Mitarbeiterin war sie am Prof. Dr. Petra Kolip, Mitglied des Direktoriums des von öffentlichen Einrichtungen auf die Gesund- Institut für Psychologie der Universität Oldenburg Instituts für Public Health und Pflegeforschung, heit von Mitarbeitern und Klienten. Im Zentrum in der Klinischen und Gesundheitspsychologie wurde in den wissenschaftlichen Beirat des neu des Interesses stehen Schulen, Krankenhäuser und beschäftigt und hat dort an unterschiedlichen For- gegründeten Ludwig Boltzmann-Instituts für Pflegeeinrichtungen. Der wissenschaftliche Bei- schungsprojekten mitgewirkt (Analyse der Gesundheitsförderungsforschung in Wien berufen. rat fungiert als unabhängiges Gremium, das mit Versorgungs- und Ernährungssituation von älteren Das Forschungsinstitut untersucht den Einfluss einer kritischen Außensicht den Institutsleiter Pro- SEIT E 1 4 | 1 5 fessor Wolfgang Dür und seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bei ihrer wissenschaftlichen Tätigkeit begleitet. Er hat die Aufgabe, die Qualität des Forschungsprogramms und die Entwicklungsmöglichkeiten der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter Petra Kolip in die Kommission Gesundheitsberichterstattung und Gesundheitsmonitoring am Robert Koch-Institut berufen sicherzustellen. Der Beirat ist international zusammen gesetzt und besteht aus fünf Personen, die für vier Jahre aufgrund ihres wissenschaftlichen Petra Kolip, Professorin im Fachbereich Human- und 17 Kommissionsmitglieder, die aus den Bereichen Renommees berufen wurden. Professorin Petra Gesundheitswissenschaften der Universität Bremen, der Gesundheitswissenschaften, der Gesundheits- Kolip ist ausgewiesene Expertin für den Bereich wurde in die Kommission Gesundheitsberichter- berichterstattung sowie des Gesundheitssystems der Evidenzbasierung in Prävention und Gesund- stattung und Gesundheitsmonitoring am Robert stammen und für vier Jahre vom Präsidenten des heitsförderung und hat zahlreiche Projekte zur Koch-Institut (RKI) berufen. Das Robert Koch-Insti- RKI Professor Jörg Hacker berufen wurden. Profes- Gesundheitsförderung bei Kindern und Jugend- tut ist im Auftrag der Bundesregierung u. a. dafür sorin Petra Kolip hat für das Robert Koch-Institut lichen sowie unter geschlechtersensibler Perspektive zuständig, regelmäßig den Gesundheitszustand bereits ein Schwerpunktheft zur Gesundheit von durchgeführt. Sie leitet die Abteilung Prävention der Bevölkerung zu erfassen und wissenschaftliche Frauen und Männern im mittleren Lebensalter und Gesundheitsförderung des Instituts für Public Erkenntnisse zu erarbeiten, die die Grundlage für erarbeitet und gilt als ausgewiesene Expertin für Health und Pflegeforschung und soll insbesondere gesundheitspolitische Entscheidungen bilden. Es geschlechtersensible Gesundheitsberichterstattung. die Programmlinie »Gesundheitsförderung in der erstellt Gesundheitsberichte, die Auskunft geben Sie leitet in der Universität Bremen die Abteilung Schule« beraten. über die Gesundheit und das Gesundheitsverhal- Prävention und Gesundheitsförderung des Instituts ten, über die Inanspruchnahme der Versorgung und für Public Health und Pflegeforschung und ist Mit- Informationen: Prof. Dr. Petra Kolip über die Kosten und Finanzierung des Gesundheits- glied des Direktoriums des Instituts. Universität Bremen, Institut für Public Health und systems. Die Kommission wurde neu eingerichtet, Pflegeforschung, Abt. Prävention und um das Robert Koch-Institut in Fragen der Gesund- Informationen: Prof. Dr. Petra Kolip Gesundheitsförderung, Mail: [email protected], heitsberichterstattung fachlich zu beraten. Sie Universität Bremen, Institut für Public Health und [email protected] unterbreitet Vorschläge für die Themenhefte des Pflegeforschung, Abt. Prävention und RKI und berät in Fragen der Weiterentwicklung Gesundheitsförderung, Mail: [email protected], der Gesundheitsberichterstattung und des Monito- [email protected], ring. Am 4. Dezember 2008 tagten erstmalig die Robert Koch-Institut unter: www.rki.de Stefan Görres in »Schiedsstelle Qualitätssicherung Pflege« berufen der Pflegeberufe auf Bundesebene, die maßgeblichen Organisationen für die Wahrnehmung der Interessen und der Selbsthilfe der pflegebedürftigen und behinderten Menschen sowie unabhängige Sachverständige. Die angestrebten Vereinbarungen Bremer Pflegekompetenz ist gefragt, gerade auch gebnisse bezüglich der in Pflegeeinrichtungen sind für alle Pflegekassen und deren Verbände in Konfliktsituationen: Der Hochschullehrer Pro- erbrachten Leistungen und deren Qualität. sowie für die zugelassenen Pflegeeinrichtungen unmittelbar verbindlich. fessor Stefan Görres ist jetzt als unparteiisches Mitglied in die »Schiedsstelle Qualitätssicherung Zum Hintergrund: Der Spitzenverband Bund der Pflege« berufen worden. Der bundesweit renom- Pflegekassen, die Bundesarbeitsgemeinschaft der Aber: Angesichts der zahlreich involvierten Ein- mierte Pflegeexperte, Geschäftsführender Direktor überörtlichen Träger der Sozialhilfe, die Bundes- richtungen und Vertretungen sind Konflikte um des Instituts für Public Health und Pflegeforschung vereinigung der kommunalen Spitzenverbände Vereinbarungen zwischen den Partnern abseh- (IPP) im Fachbereich Human- und Gesundheitswis- und die Vereinigungen der Träger der Pflegeein- bar. Und genau hier setzt die »Schiedsstelle senschaften der Bremer Universität, gehört damit richtungen auf Bundesebene wollen bis zum 31. Qualitätssicherung Pflege« an. Kommen näm- zu dem Personenkreis, der über die Schiedsstelle März 2009 Maßstäbe und Grundsätze für die Qua- lich Vereinbarungen ganz oder teilweise nicht etwaige Konflikte zwischen den Vertragsparteien lität und die Qualitätssicherung in der ambulanten zustande, kann jede Vertragspartei oder das Bun- ziel- und ergebnisorientiert zu beenden hat und und stationären Pflege erarbeiten und das Qua- desministerium für Gesundheit die »Schiedsstelle sachgerechten Lösungen zuführen soll. litätsmanagement für eine stetige Sicherung Qualitätssicherung Pflege« anrufen. Diese ent- Der Schiedsstelle obliegt die Konfliktlösung zu und Weiterentwicklung der Pflegequalität in den scheidet über die Konfliktfälle. den Inhalten von Vereinbarungen über die Einrichtungen sichern. Dies soll in gemeinsam erar- Maßstäbe und Grundsätze zur Sicherung und Wei- beiteten Kontrakten festgeschrieben werden. An Informationen: Prof. Dr. Stefan Görres terentwicklung der Pflegequalität diesen Vereinbarungen wirken auch alle aktiv im Universität Bremen, Geschäftsführender Direktor des der Frage, ob zu einem Thema ein Expertenstan- Pflegesektor tätigen wichtigen Institutionen und Instituts für Public Health und Pflegeforschung, dard erarbeitet bzw. überarbeitet werden soll und Vertretungen mit: der Medizinische Dienst des Spit- Abt. Interdisziplinäre Alterns- und Pflegeforschung, ob ein Expertenstandard als beschlossen gilt zenverbandes Bund der Krankenkassen, der Verband Mail: [email protected], der privaten Krankenversicherung e. V., die Verbände www.iap.uni-bremen.de den Kriterien der Veröffentlichung der Prüfer- IPP-INFO AUSGABE 07 PU B L IK AT IO N EN Ingrid Darmann-Finck & Angela Boonen (Hrsg.). (2008). Problemorientiertes Lernen auf dem Prüfstand. Erfahrungen und Ergebnisse aus Modellprojekten. Ingrid Darmann-Finck & Angela Boonen (Hrsg.). (2008). Die Veränderungen im Gesundheitswesen stellen erprobt wurde, publiziert. Die beiden Herausgebe- neue Anforderungen, auf die auch Aus-, Fort- und rinnen waren an diesen Projekten als Projektleitung Weiterbildungseinrichtungen für Pflegende reagie- bzw. als Leiterin der wissenschaftlichen Evaluation ren müssen. Um professionell pflegen zu können, beteiligt. Der Titel des Buches »POL auf dem Prüf- benötigen Pflegende neben dem aktuell verfüg- stand« signalisiert, dass es in den Projekten nicht baren Fachwissen die Fähigkeiten, sich selbständig darum ging, die zuvor angenommenen positiven neues Wissen zu erschließen, Pflegesituationen Wirkungen lediglich zu bestätigen, sondern sie zu multiperspektivisch zu deuten und ihr Handeln zu überprüfen. Resümierend gelangen die Heraus- reflektieren. geberinnen zu der Erkenntnis, dass das POL keine Problemorientiertes Lernen auf dem Prüfstand. Allheilmethode für Professionalisierungsdefizite Erfahrungen und Ergebnisse aus Modellprojekten. Ein Weg, um Pflegende mit diesen Kompetenzen zu der Pflegenden sein kann, jedoch eine sinnvolle Hannover: Schlütersche versehen, ist das Konzept des Problemorientierten Ergänzung des Methodenrepertoires in der Pflege- Lernens (POL). Dabei erarbeiten sich die Lernenden bildung darstellt. anhand von komplexen Fallsituationen und mit einer vorgegebenen methodischen Struktur selbst Die Herausgeberinnen: Ingrid Darmann-Finck ist gesteuert das zum Verständnis und zur Lösung des Professorin für Pflegewissenschaft an der Uni- Falls notwendige Wissen. Die Lehrenden überneh- versität Bremen. Angela Boonen ist Leiterin der men die Rolle von Tutoren oder Lernbegleitern. Fachweiterbildung Anästhesie- und Intensivpflege Theoretisch ist der Einsatz des POL als Lehr-/ am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf. Lernform in der Pflegeaus- und Weiterbildung gut begründbar. Ob die intendierten Effekte aber Prof. Dr. Ingrid Darmann-Finck auch tatsächlich eintreten und welche praktischen Universität Bremen, Institut für Public Health und Schwierigkeiten mit der Umsetzung des Konzepts Pflegeforschung, Abt. Qualitfikations- und verbunden sind, lässt sich dagegen nur empirisch Curriculumforschung, Mail: [email protected], feststellen. In diesem Buch werden daher Ergeb- www.public-health.uni-bremen.de nisse aus zwei Modellprojekten, in denen das POL Karlheinz Keppler & Heino Stöver (Hrsg.). (2009). Gefängnismedizin. Gesundheitsversorgung in Haft. Stuttgart: Thieme Karlheinz Keppler & Heino Stöver (Hrsg.). (2009). Gefängnismedizin. Gesundheitsversorgung in Haft. Karlheinz Keppler und Heino Stöver beleuchten in Die Herausgeber verbinden mit diesem Buch dem von ihnen herausgegebenen Buch die prak- die Hoffnung, die Rolle der in Haft praktizie- tische Umsetzung und Strukturierung der »Gesund- renden MedizinerInnen sowie ihr professionelles heitsfürsorge in Haft«, wobei Standards und Qualität Selbstbewusstsein zu stärken und gleichzeitig das der medizinischen und psychosozialen Versorgung öffentliche Bewusstsein zu schärfen für die Bedeu- innerhalb der GKV auch für die medizinische Versor- tung einer adäquaten Gesundheitsversorgung von gung der Menschen in Haft den normativen Rahmen Inhaftierten mit Blick auf ihre Resozialisierung. darstellen. Der Anspruch dieses Buches ist es, die jeweils gefängnisspezifischen Aspekte der einzel- Prof. Dr. Heino Stöver nen Gesundheits-/Versorgungsprobleme heraus zu Fachhochschule Frankfurt/Main, arbeiten. Beispiele ›Guter Praxis‹ werden vorgestellt, Soziale Arbeit und Gesundheit (FB 4), die aufgrund der unterschiedlichen strukturellen www.fh-frankfurt.de/de/fachbereiche/fb4.html Heiner Friesacher (2008). Theorie und Praxis Gegebenheiten der Praxisbeispiele nicht auf alle pflegerischen Handelns. Begründung und Entwurf Einrichtungen übertragbar sind, gleichwohl aber als einer kritischen Theorie der Pflegewissenschaft. Erfahrungsschatz verstanden werden können, der Reihe Pflegewissenschaft und Pflegebildung, als Richtschnur patientengerechter gesundheitlicher Band. 2. Göttingen: V&R unipress Versorgung in der Haft dienen kann. SEIT E 1 6 | 1 7 Neue pflegewissenschaftliche Publikationsreihe »Pflegewissenschaft und Pflegebildung«, herausgegeben von Hartmut Remmers der Publikationsreihe. Band 2 der Publikationsreihe (Autor: Heiner Friesacher) wird in nachfolgendem Beitrag vorgestellt. Weitere Bände sind in Vorbereitung bzw. schon erschienen (z. B. Manfred Hülsken-Giesler (2008). Der Zugang zum Anderen. Zur theoretischen Rekonstruktion von Professionalisierungsstrategien pflegerischen Handelns im Die Pflegewissenschaft ist in Deutschland eine lungs- und Verwertungsdruck entlastet ist. Ein Spannungsfeld von Mimesis und Maschinenlogik. noch junge Disziplin. Ihre Konsolidierung voll- Anliegen der Publikationsreihe ist es daher, ein Reihe Pflegewissenschaft und Pflegebildung, Band zieht sich gegenwärtig auf dem Weg klinischer Forum für die grundlagentheoretische Forschung 3, Göttingen: V&R unipress.). und versorgungsbezogener, zum Teil betont und Weiterentwicklung in Pflegewissenschaft und anwendungsorientierter Pflegeforschung. Pflegebildung zu schaffen, das die systematische Dr. Manfred Hülsken-Giesler Wie andere Wissenschaften wird aber auch die Verarbeitung vielfach weit verstreuter empirischer Universität Osnabrück, Pflegewissenschaft für sich einen empirischen Befunde erlaubt. Dazu bedarf es zukünftig einer FB Humanwissenschaften/FG Pflegewissenschaft, Beobachtungs- und theoretischen Denkfreiraum fächerübergreifenden Kommunikation mit anderen Mail: [email protected], reklamieren müssen, der von externem Hand- Wissenschaften. Diesen Dialog zu stärken ist Ziel www.pflegewissenschaft.uni-osnabrueck.de Heiner Friesacher (2008). Theorie und Praxis pflegerischen Handelns. Begründung und Entwurf einer kritischen Theorie der Pflegewissenschaft. In einem sich wandelnden Gesundheitssystem die tatsächlich bestehenden Machtverhältnisse, hält dann die Konzeption eines kritischen Begriffs wird die Pflege mit neuen Herausforderungen Ökonomisierungstendenzen und organisatorischen pflegerischen Handelns. Angeknüpft wird dabei an konfrontiert. Die Zunahme hochbetagter und Zwänge weitgehend aus. Dieses wird, nach einer die neuere Kritische Theorie der Frankfurter Schu- pflegebedürftiger Menschen, Handlungsfelder grundlegenden Auseinandersetzung mit dem le, insbesondere an die Kommunikationstheorie außerhalb der etablierten Institutionen und neue Wissenschaftsbegriff und verschiedenen wissen- von Habermas, in der die Idee der Verständigung Aufgaben wie Prävention und Beratung stel- schaftstheoretischen Hauptströmungen, anhand und Interaktion im Zentrum stehen, und an die len Anforderungen an die Pflege, denen mit der Theorien von Orem und Benner & Wrubel exem- Theorie und Ethik der Anerkennung von Honneth. dem traditionell krankheits- und medizinorientiert plarisch aufgezeigt. Dieser sozialphilosophische Ansatz erweist sich als geprägten Pflegeverständnis nicht angemessen besonders geeignet für die Pflegewissenschaft, da begegnet werden kann. Gleichzeitig bildet die Die Kritik der bestehenden Verhältnisse, besonders damit soziale Pathologien wie Missachtung und scheinbar unumstößliche These der Kostenexplo- die Ökonomisierung im Bereich des Gesundheits- Entfremdung aufgezeigt werden können und eine sion im Gesundheitswesen den Hintergrund für systems, wird in Anlehnung an die Machtanalytik normative Folie entwickelt werden kann, die den einen primär ökonomisch orientierten Bezugs- von Michel Foucault geleistet. Dabei wird deutlich, Maßstab eines »gelingenden Lebens« und »Ermög- rahmen, der pflegerisches Handeln nur noch als dass Konzepte des Qualitätsmanagements und lichungsbedingungen von Selbstverwirklichung« instrumentelle Dienstleistung in Zweck-Mittel- Instrumente der Mitarbeiterführung sich als Stra- liefert. Abgerundet wird die Konzeption durch eine Relationen ermöglicht. tegien der Menschenführung erweisen und die zu kritische Leibphänomenologie, in der der Doppelbe- Pflegenden ebenso wie die Pflegenden im Sinne griff des Leibkörpers eine tragende Rolle spielt. Mit Diesen Tendenzen gilt es mit der Konzeption neoliberaler Subjektbildung formen. Wie sich das diesem Doppelbegriff kann das, was objektiv gege- eines kritischen, normativ gehaltvollen Begriffs in verschiedenen Feldern der Pflege auswirkt, zeigt ben ist (Körper), zugleich aus der Perspektive der pflegerischen Handelns zu begegnen. Das vor- die Rekonstruktion pflegerischen Handelns in der Selbsterfahrung (Leib) thematisiert werden. liegende Buch ist der Versuch, dieses Vorhaben Intensivpflege und der häuslichen Pflege. zu realisieren. Die Studie ist das Ergebnis einer In weiteren Schritten werden die impliziten Die Arbeit schließt mit einem Ausblick auf eine knapp sechsjährigen grundlagentheoretischen Wissensformen der Pflege wie Ahnungen und andere Wissenschaftsentwicklung, dabei wird Forschungsarbeit. Dabei kann der Autor sowohl Intuitionen ›sichtbar‹ gemacht und eine Konzep- eine stärkere Beteiligung der Gesellschaft im All- auf eigene praktische Erfahrungen im Bereich ver- tion der Pflegewissenschaft als Handlungs- und gemeinen und der Betroffenen im Besonderen schiedener Handlungsfelder der Pflege verweisen Praxiswissenschaft vorgelegt. Dabei wird die Logik eingefordert. als auch über einen fundierten Theoriebezug in pflegerischen Handelns in Anlehnung an herme- verschiedenen Wissenschaftsdisziplinen. neutische und professionstheoretische Ansätze Prof. Dr. Heiner Friesacher dargelegt. Deutlich wird dabei ein Rest an Unsicher- Universität Bremen, Institut für Public Health und Ausgegangen wird zunächst von der These der ein- heit und Nicht-Wissen als konstitutive Elemente Pflegeforschung, Abt. Interdisziplinäre Alterns- und Pflege- seitigen und verengten Konzeption pflegerischen pflegerischen Handelns. forschung, Mail: [email protected], Handelns in Theorien der Pflege. Diese blenden Das folgende und abschließende Kernkapitel ent- www.public-health.uni-bremen.de IPP-INFO AUSGABE 07 V ER AN STALT U N G EN Evaluation – auch oder gerade ein Thema für PraktikerInnen? Nutzung der Sportmeile befragt werden sollen. Hierfür wurden ein grober Zeitplan sowie ein erster Fragebogenentwurf entwickelt. Mit dem neu hinzugekommenen Projekt »Gesundheitsinformationen für sozial Benachteiligte« (Unabhängige Patientenberatung, Bremen) wurde die Eignung von Bericht von einer Praxistagung: Gesundheits- Im Block »Kindergarten/Primarschule« stellten sich Fokusgruppen für die Erprobung neu entwickelter förderung evaluieren: Ernährung – Bewegung die Projekte »Motoriktest für 4-6-Jährige« und Informationsmaterialien diskutiert und es wurden – soziale Benachteiligung. »Pausenbrotcheck« (Heidegret Bosche, Bremer bestehende Materialien überarbeitet. Ein weiterer Institut für Präventionsforschung und Sozialme- Beratungstermin wurde mit der Kita »Zu den zwölf Am 6. Oktober und am 10. November 2008 ver- dizin BIPS) sowie »Essen-bewegen-wohlfühlen« Aposteln« für Ende November geplant. anstalteten das IPP und die Landesvereinigung für (Heike Pich, IPP) vor. Gesundheit Bremen eine zweiteilige Praxistagung Der Block »Weiterführende Schule/Junge Erwachse- Insgesamt wurde während der Tagung und in den zum Thema »Evaluation von Projekten der Gesund- ne« umfasste die Vorstellung von Fragebögen, die Gesprächen deutlich, dass bei den PraktikerInnen heitsförderung und Prävention«. in den drei Projekten »Erwachsen werden« (Uwe ein hoher Beratungs- und Informationsbedarf im Der erste Tagungstermin fand am 6. Oktober im Bittlingmayer & Diana Sahrai, Universität Bielefeld), Bereich der Evaluation von Gesundheitsförderungs- Haus der Wissenschaft (Bremen) statt und brachte »Frühstücken in der Delmestraße« (Birte Gebhardt, projekten besteht. Die ProjektteilnehmerInnen 50 Verantwortliche verschiedener Ebenen zusam- IPP) und »Kompetenzerwerb« (Christiane Deneke, betonten vor allem, dass sie durch die Gruppen- men: So traten u. a. PraktikerInnen aus Kindergärten InGe/HAW Hamburg) entwickelt wurden. arbeit die Skepsis vor einem Evaluationsvorhaben und Schulen mit VertreterInnen von Krankenkassen, Am Nachmittag hatten die Teilnehmenden Gelegen- abbauen und viele neue Ideen gewinnen konnten. Landesvereinigungen für Gesundheit und Wissen- heit, in kleineren Workshop-Gruppen am Beispiel »Diese Tagung hat mir die Angst vor einem Eva- schaftsinstituten in einen konstruktiven Dialog über der Praxisprojekte »Sportakademie« (Sportgarten, luationsvorhaben genommen« konstatierte eine die Chancen und Herausforderungen von Evaluati- Bremen), »Gröpelinger Sportmeile« (Gesundheits- Mitarbeiterin der Kita »Zu den zwölf Aposteln«. on. Die Veranstaltung umfasste einen Vortragsteil, treffpunkt West, Bremen) und »Kitas fit für die Darüber hinaus zeigte sich ein Weiterentwick- der die Ergebnisse des Verbundprojekts »Evaluati- Zukunft« (Kita »Zu den zwölf Aposteln«, Hamburg) lungsbedarf der neuen Internetseite zu einem onstools« präsentierte (vgl. hierzu unseren Bericht Evaluation »auszuprobieren«. VertreterInnen der Austauschforum für die Praxis. Als Ideen für eine im IPP Info 04) und einen Workshopteil, in dem Projekte stellten kurz ihren Evaluationsbedarf vor Erweiterung nannten die Teilnehmenden unter PraktikerInnen Evaluation selbst »ausprobieren« und erarbeiteten dann gemeinsam mit den Teilneh- anderem die Bereitstellung möglichst vieler Evalua- konnten. menden entlang eines Evaluationsprozess-Modells tionsinstrumente anderer Projekte zum Download, eine enger eingegrenzte Zielsetzung, zugehörige die Präsentation von Erfahrungsberichten und die Indikatoren und mögliche Erhebungsinstrumente. Aufnahme eines »Falls des Monats«, zu dem die Zum Einstieg der Tagung gab Prof. Dr. Petra Kolip NutzerInnen dann online Ideen sammeln und sich (IPP Bremen) einen Überblick über Grundlagen der austauschen könnten. Evaluation von Gesundheitsförderungsmaßnahmen Der zweite Termin am 10. November bot den Teil- sowie die Struktur und Gesamtzielsetzung des nehmenden einige Wochen später noch einmal die Verbundprojekts. Zusätzlich stellte sie die im Rah- Gelegenheit, mit konkreten Evaluationsfragen zu Ausführliche Informationen und Materialien zur men des Projekts konzipierte Internetseite www. ihrem eigenen Projekt wiederzukommen. Da sich Veranstaltung sowie den Verbundprojekten finden evaluationstools.de vor, auf der PraktikerInnen hierfür nur wenige Projekte anmeldeten, konn- Sie unter www.evaluationstools.de. Informationen rund um das Thema Evaluation ten diese in Form von Einzelgesprächen intensiv sowie die neu erarbeiteten Evaluationsinstrumente beraten werden. Mit dem Projekt »Gröpelinger Birte Gebhardt MPH zum Download finden können. Sportmeile« wurde in diesem Rahmen ein Eva- Universität Bremen, Institut für Public Health und Pflege- Anschließend präsentierten die sechs Verbundpro- luationsprojekt skizziert, bei dem (Sport)Lehrer forschung, Abt. Prävention und Gesundheitsförderung, jekte in zwei parallelen Blöcken die Ergebnisse der umliegenden Schulen zum Bekanntheitsgrad Mail: [email protected], ihrer Projekte und die entwickelten Instrumente. und zu den Gründen für die Nutzung oder Nicht- www.praevention.uni-bremen.de Absolventinnen und Absolventen des Bachelorstudiengangs Public Health feierlich verabschiedet Zum Wintersemester 2004/2005 wurde am Fachbe- management und Prävention/Gesundheitsförderung netzen und auszutauschen. Der überwiegende Teil reich 11 Human- und Gesundheitswissenschaften fand großes Interesse: Mittlerweile haben sich hat ein Masterstudium aufgenommen, aber einige der BA-Studiengang Public Health als deutsch- knapp 1.000 Studierende eingeschrieben. AbsolventInnen sind auch in der Praxis tätig. Sie landweit einmaliges Studienangebot eingerichtet. Am 24.10.2008 wurde der zweite Jahrgang ver- entwickeln Weiterbildungskonzepte für Bildungs- Das Studienangebot mit den beiden thematischen abschiedet. Etwa 200 AbsolventInnen nahmen an träger, sind in Forschungsprojekten engagiert oder Schwerpunkten Gesundheitsplanung/Gesundheits- dieser Feier teil, um sich mit Ehemaligen zu ver- erstellen wissenschaftlich fundierte Gesundheits- SEIT E 1 8 | 1 9 informationen. »Bremen hat sich damit zu einem »Die Gmünder ErsatzKasse honoriert damit Kontakt: Prof. Dr. Gerd Glaeske attraktiven Public-Health-Standort entwickelt«, Arbeiten, die ein aktuelles Thema aufgreifen, von Universität Bremen, Zentrum für Sozialpolitik (ZeS), so die Studiengangsverantwortliche Prof. Dr. Petra gesundheitswissenschaftlicher und patienteno- Mail: [email protected] Kolip. »Der Studiengang hat universitätsweit die rientierter Relevanz sind und wissenschaftlichen höchsten Absolventenquoten und die ehema- Ansprüchen genügen«, so das Jurymitglied Prof. Dr. Prof. Dr. Petra Kolip ligen Studierenden haben gute Chancen auf dem Gerd Glaeske, Professor im Studiengang und Mit- Universität Bremen, Institut für Public Health und Pflegefor- Arbeitsmarkt, aber auch bei Bewerbungen für veranstalter des AbsolventInnentags. schung, Abt. Prävention und Gesundheitsförderung einen Masterstudiengang.« Im Rahmen der Abschlussfeier wurden die fünf Ebenfalls ausgezeichnet wurde die Promotion von besten Abschlussarbeiten mit dem GEK-Hansepreis Dr. Falk Hoffmann mit dem Titel »(Arzneimittel) ausgezeichnet. Die Preisträgerinnen: Routinedaten – als Datenbasis für die Versorgungs- Silke Böttcher: Präventive Maßnahmen des Mammakarzinoms forschung und Pharmakoepidemiologie«. Diese Methoden-orientierte Arbeit stellt eine exzellente Konstanze Pöhls: Die Versorgung von Patien- Referenz für alle dar, die mit Krankenkassendaten tinnen mit Armlymphödem nach Brustkrebs mit Analysen im Rahmen der Versorgungsforschung Heil- und Hilfsmitteln durchführen wollen. Und da dieser Forschungs- Ann-Kristin Werner: Förderung des Generatio- schwerpunkt auch in den Masterstudiengang nendialogs als Ansatz für Gesundheitsförderung Public Health/Pflegewissenschaften eingegangen und Prävention im Alter ist – übrigens bundesweit nur an der Bremer Uni- Sandra Wilde: Rauchen in der Schwangerschaft – versität –, wird diese Dissertation auch in der Lehre Geben die regionalen Unterschiede in der Verteilung genutzt. soziodemografischer Merkmale rauchender Mütter Insgesamt hat der »Tag der Absolventinnen und Hinweise für risikogruppenspezifische Prävention? Absolventen« gezeigt, dass dieser Bachelor-Studi- Christine Wohlrab: HIV-positive AfrikanerInnen engang ausgesprochen positiv angenommen und in Bremen – Leben mit dem Virus und Zugang zum mit zum Teil hervorragenden wissenschaftlichen Gesundheitssystem: Ergebnisse qualitativer Inter- Ergebnissen abgeschlossen wird – eine ermuti- views mit an HIV/Aids-erkrankten AfrikanerInnen. gende Bestätigung für die Universität Bremen. VE R ANS TALT UNGS R E I HE Unterstützung pflegender Angehöriger: Ergebnisse aus Wissenschaft und Beratung Die noch bis März 2009 laufende Veranstaltungsreihe bietet Vorträge und Diskussionen, die sich mit der Situation, den Belastungen und Unterstützungsmöglichkeiten für Menschen beschäftigen, die eine/n Angehörige/n zu Hause pflegen. Die Beiträge erfolgen von lokalen Akteuren, u. a. durch das Institut für Public Health und Pflegeforschung (IPP) der Uni Bremen. Veranstalterinnen der Reihe sind die Frauenbeauftragte der Universität Bremen in Kooperation mit der Hochschule Bremen und Bremer Beratungseinrichtungen. Informationen: www.zentrale-frauenbeauftragte.uni-bremen.de www.familie.uni-bremen.de Ankündigung: Interaktionistische Pflegedidaktik – Pflegeunterricht bildungstheoretisch fundieren Fachtagung der Abteilung Qualifikations- und Pflege und Gesundheit erprobt, weiterentwickelt, Die Fachtagung richtet sich vor allem an Lehre- Curriculumforschung des IPP am 13. und 14. praktisch umgesetzt und curricular eingebunden. rInnen der beruflichen Fachrichtungen Pflege und März 2009 in der Universität Bremen. Das Modell und die Ergebnisse der schulbeglei- Gesundheit sowie an Studierende. Neben Leh- tenden Lehrplanarbeit sowie der bisher erfolgten renden für alle Pflegeberufe ist dabei besonders Die in den letzten Jahren diskutierten und reali- Begleitforschung sollen auf dieser Tagung der auch an Hebammen und therapeutische Gesund- sierten Strukturreformen der Ausbildungen in den Fachöffentlichkeit vorgestellt werden. heitsberufe (Logopädie, Physio- und Ergotherapie) Pflege- und Gesundheitsfachberufen können nur In Vorträgen und Workshops werden das Modell gedacht. dann wirklich im Sinne weiterer Professionalisie- der Interaktionistischen Pflegedidaktik, das rung wirksam werden, wenn sie mit einer Reform Prinzip der Entwicklung bildungshaltiger Lernsi- Anmeldung und Informationen: Sabine Muths oder der Ziele und einer sinnvollen Auswahl und tuationen (»Lerninseln«) und, darauf aufbauend, Birte Luther: [email protected] oder luther@ Anordnung der Ausbildungsinhalte einher gehen. Möglichkeiten für einen gelingenden Praxis-Theorie- uni-bremen.de. Fachdidaktische Modelle geben hier Kriterien an, Praxis-Transfer, die Gestaltung didaktisch fundierter, anhand derer Bildungsziele und -inhalte identifi- schulinterner Curricula und die Entwicklung von Sabine Muths ziert, legitimiert, evaluiert und pflegedidaktische fallorientierten Prüfungsaufgaben mit den Teilneh- Universität Bremen, Institut für Public Health und Pflegefor- Entscheidungen vorbereitet werden können. In den merInnen diskutiert. Mit einem »Marktplatz der schung, Abt. Qualifikations- und Curriculumforschung, letzten fünf Jahren wurde die »Interaktionistische Möglichkeiten« und weiteren Workshops werden www.public-health.uni-bremen.de Pflegedidaktik« von Prof. Dr. Darmann-Finck und auch konkrete Realisierungen des Modells in der ihren Mitarbeiter/innen mit LehrerInnen verschie- Praxis verschiedener Bildungseinrichtungen durch dener Bildungseinrichtungen der Fachrichtungen die Projektpartner selbst präsentiert. IPP-INFO AUSGABE 07 A K T U EL L ES Austausch mit chinesischen Krankenhausmanagern Bremer Gesundheitsbericht zu »Depression« erschienen Unter dem Titel »Depressionen. Regionale Daten haben. In der Studie wurden niedergelassene psy- und Informationen zu einer Volkskrankheit« hat die chologische PsychotherapeutInnen aus Bremen Vier Fachleute aus chinesischen Krankenhäusern Bremer Senatorin für Arbeit, Frauen, Gesundheit, zu ihren Erfahrungen und Einschätzungen im Hin- absolvierten im Herbst 2008 ein zweimonatiges Jugend und Soziales (SfAFGJS) einen Gesundheits- blick auf die ambulante Versorgung von depressiv Praktikum in den vier kommunalen Klinika der bericht veröffentlicht. Nach einer Einführung in erkrankten Patientinnen und Patienten befragt. Der Bremer Gesundheit Nord gGmbH (Klinikum Bre- das Krankheitsbild der Depression gibt die Auto- Bericht schließt mit Handlungsempfehlungen für men-Mitte gGmbH, Klinikum Bremen-Ost gGmbH, rin Janine Pfuhl einen Überblick über Diagnostik die Bereiche Prävention und Gesundheitsförderung Klinikum Bremen-Nord gGmbH und Klinikum und Behandlungsmöglichkeiten der Erkrankung. sowie Empfehlungen zur Verbesserung der Versor- Links der Weser gGmbH), das im Rahmen des Auf die Darstellung epidemiologischer Daten zur gungssituation und der koordinierten Versorgung International Leadership Trainings der Internatio- Prävalenz und Behandlungsprävalenz von Depres- für depressiv erkrankte Menschen in Bremen. nalen Fachhochschule Wirtschaft in Berlin mit dem sion im Bundesland Bremen folgt eine umfassende Schwerpunkt Krankenhausmanagement stattfand. Beschreibung der Bremer Vorsorgungsstrukturen Informationen: Janine Pfuhl MPH Die in den Managementbereichen Verwaltung, für psychisch erkrankte Menschen. In einem Exkurs SfAFGJS Bremen, Referat 35, Personalabteilung, Controlling und Direktorium wird das Ergebnis einer Interviewbefragung prä- Mail: [email protected], chinesischer Krankenhäuser tätigen Gäste waren sentiert, die Barbara Baumgärtner und Oda von Download unter: www.soziales.bremen.de/sixcms/ auf Vermittlung der Gesundheit Nord gGmbH am Rahden vom Institut für Public Health und Pfle- detail.php?gsid=bremen69.c.4571.de 1. Oktober zu Gast im IPP. Sie informierten sich geforschung der Universität Bremen unter der über Gesundheits- und Pflegeforschung an der Leitung von Prof. Dr. Petra Kolip durchgeführt Heike Mertesacker MPH, Universität Bremen, IPP Universität Bremen sowie über am Fachbereich Human- und Gesundheitswissenschaften angebotene Studiengänge. Dr. Klaus Giersiepen (Bremer Institut für Präventionsforschung und Sozialmedi- BMBF-Forschungsprojekt untersucht HIV/AIDS Prävention für Afrikanische MigrantInnen zin BIPS), Maren Stamer und Dr. Veronika Müller (Arbeits- und Koordinierungsstelle Gesundheits- Ziel eines des durch das BMBF (Bundesministerium Ein Schwerpunkt der Begleitforschung liegt auf der versorgungsforschung AKG), Dr. Sylke Meyerhuber für Bildung und Forschung) geförderten Projektes Identifikation von Barrieren und Ressourcen, die die (Studiengang Leadership and Organisational Deve- ist die Entwicklung von Präventionsstrategien, Inanspruchnahme von HIV/AIDS Prävention, Versor- lopment) sowie Prof. Dr. Stefan Görres und Heike die Zugangswege der HIV/AIDS Prävention und gung und Betreuung beeinflussen können. Die Mertesacker (Institut für Public Health und Pfle- Versorgung für Afrikanische Migrantinnen und angeschlossene Evaluation soll Aussagen über die geforschung) berichteten über Forschungsprojekte Migranten verbessern. Unter Leitung von Prof. Dr. Wirksamkeit der kultursensiblen Interventionsmaß- und Lehre in den jeweiligen Instituten. Nach einem Silke Gräser, Institut für Public Health und Pflege- nahmen treffen, um Ansatzpunkte und wesentliche gemeinsamen Mittagessen folgten die chinesischen forschung (IPP) der Universität Bremen und PD Dr. Mechanismen zu erforschen, die auf die Versor- Gäste einer Einladung ins Zentrum für Sozialpolitik Norbert Krischke, Institut für Psychologie der Uni- gungspraxis übertragen werden können. der Universität Bremen und informierten sich über versität Oldenburg wird eine Evaluationsstudie zum die dortigen Forschungsaktivitäten. ›Afrika-Projekt‹ des Gesundheitsamtes Bremen Kontakt: Prof. Dr. Silke Gräser durchgeführt. Dieses gemeindebasierte HIV/AIDS Universität Bremen, Institut für Public Health und Heike Mertesacker MPH Projekt basiert auf einer aufsuchenden Präven- Pflegeforschung, Mail: [email protected] Universität Bremen, Institut für Public Health und tionsarbeit, die für Migrantinnen und Migranten in Pflegeforschung, Geschäftsstelle ihren Gemeinden und Gemeinschaften, z. B. auch in PD Dr. Norbert Krischke Call-Shops, Diskotheken und Frisörläden Informa- Universität Oldenburg, Abt. Gesundheits- und Klinische tionen bereit stellt. Psychologie, Mail: [email protected] Herausgeber: Prof. Dr. Stefan Görres (Geschäftsführend), Sekretariat: Anke Stück, Mail: [email protected] Auflage: 2.500 Prof. Dr. Ingrid Darmann-Finck, Prof. Dr. Petra Kolip; Beiträge: Dr. Bernard Braun, Prof. Dr. Ingrid Darmann-Finck, Prof. Gestaltung: Patel Grafik Design, Bremen Direktorium des Instituts für Public Health und Pflegeforschung, Dr. Heiner Friesacher, Birte Gebhardt MPH, Gerlinde Glissmann, Druck: Druckerei Merlin, Bremen Universität Bremen Prof. Dr. Stefan Görres, Prof. Dr. Silke Gräser, Dr. Manfred Hülsken- Bildnachweis: Titelbild, Seite 03: www.flickr.com, Kontakt: Heike Mertesacker MPH, Wiss. Koordination, Giesler, Claudia Kedenburg, Prof. Dr. Petra Kolip, Dr. Rolf Müller, Seite 08, 14, 19: IPP Bremen Geschäftsstelle Institut für Public Health und Pflegeforschung, Sabine Muths, Karl Reif, Helen Reimer, Eva Reischuck, Prof. Dr. Erscheinungsweise: 2x jährlich Fachbereich 11, Universität Bremen, Grazer Straße 4, 28359 Hartmut Remmers, Prof. Dr. Heino Stöver. Namentlich gekennzeichnete Artikel geben die Meinung der Bremen, Tel: 0421 / 218-3059, Fax: 0421 / 218-8150, Literatur: Die Literaturangaben zum IPP-Info No 7 stehen neben Autorin/des Autors wieder, nicht unbedingt die der Redaktion. Mail: [email protected], www.public-health.uni-bremen.de der Online-Ausgabe des Infos zum download bereit unter: Redaktion: Prof. Dr. Ingrid Darmann-Finck, Prof. Dr. Heiner www.public-health.uni-bremen.de ISSN 1864-452X Friesacher, Prof. Dr. Stefan Görres, Heike Mertesacker MPH Redaktionsschluss der vorliegenden Ausgabe: 31.10.2008 IPP-Info, Ausgabe 07, 5. Jahrgang IMPR ESSU M