Druckausgabe

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Katharina Gericke
Lenz. Fragmente
RBB/DLR 2011, 53 Minuten
Regie: Jörg Jannings
Komposition: Jakob Diehl
"Ich kann mir noch immer nicht vorstellen, dass da am Ende
was bei rauskommt." Diesen Satz bekommt, wer mit Jörg
Jannings arbeitet, des Öfteren zu hören. Dabei blickt der
Regisseur auf einen der reichsten Erfahrungsschätze der
deutschen Hörspielgeschichte zurück. Seit 1961 macht er
Hörspiele. Einer der nicht aufhören will, nicht aufhören kann.
Zum Glück! "Es gehört zu meinem Leben und auch ein
bisschen zum Überleben", sagt er. "Ich male auch und mache
Collagen, aber das ist nicht das Eigentliche." Die Schauspieler
lieben ihn - eine gegenseitige Liebe, wie er betont. Dabei
macht er es den Schauspielern nicht besonders leicht, im
Gegenteil, wer mit Jörg Jannings ins Studio geht, wird nicht nur
stimmlich, sondern auch körperlich gefordert. In Lenz.
Fragmente beispielsweise tobt Goethe auf Glasscherben bis er
am Boden liegt, Lenz verwandelt sich in säuselnden Wind,
indem er in ein Mikrofon spricht, das an einem langen Kabel
über ihm in der Luft kreist. Später wird der Komponist Jakob
Diehl diese Aufnahmen über Kopfhörer hören, um dazu nach
alter Theatermanier mit einer Windmaschine die passenden
Windböen zu erzeugen. Geräusche werden hier, soweit es
geht, selbst gemacht, die Musik entsteht in Interaktion mit den
Sprachaufnahmen. Für Jannings ist die enge Zusammenarbeit
mit dem Komponisten unerlässlich: "Die Musik ist so etwas wie
die Landschaft, in der ich mich mit den Schauspielern bewege.
Und die Landschaft, die muss stimmen."
Jannings nahm selbst Schauspielunterricht, bevor er über
Umwege beim Film zum Radio kam. Den Hang zur
Schauspielerei hat er von seinem Onkel, dem Schauspieler
Emil Jannings, in dessen Haus er nach dem Krieg aufwuchs
und hörte, wie der Onkel Rollen einstudierte. Damals sprang
der Funke über: "Ich versuche, die eigene Persönlichkeit der
Schauspieler herauszukitzeln, um das zu finden, was für die
Rolle wichtig ist." Dazu versetzt er sich mit den Schauspielern
zusammen in den Text hinein, macht Leseproben, rezitiert
selbst. Als Jakob Diehl ihn nach einer besonders
überzeugenden Lenz-Interpretation fragt, warum er nicht
selbst den Lenz spiele, antwortet Jannings: "Dafür bin ich zu
alt, Lenz ist die Jugend." Die Jugend hat ihn auch zu diesem
Hörspiel inspiriert. Das Manuskript erreichte ihn, als die
Revolution in Ägypten aufloderte. Die Sprache des Sturm und
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Drang, Lenz, der ihm so viel näher liege als Goethe - er hätte
dieses Stück einfach machen müssen: als Hommage an den
Riss, den Bruch, an die alleingelassene Jugend. Annika
Erichsen
Lenz: Matthias Walter
Goethe: Maximilian von Pufendorf
Cleophe: Jennipher Antoni
Veronika: Linda Olsansky
Charlotte: Corinna Kirchhoff
Vater / Chasbulatov: Jürgen Holtz
Mutter / Baldrian: Carmen-Maja Antoni
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