PDF - Brasa Reisen AG

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Tages-Anzeiger – Donnerstag, 10. Juli 2014
Kultur & Gesellschaft
Die Gefühle wogen zu
Elton Johns Pharaonen-Pop
«Aida» als Freiluft-Musical: Die Thunerseespiele setzen auf Liebesleid und Berge.
Glitschiger Untergrund
Das Ensemble der Thunerseespiele ist
nicht zu beneiden. Immer glitschiger
macht das nasse Wetter den Untergrund, auf dem die Darsteller in ihren
bunten Kostümen (Heike Seidler) über
die weite leere Bühne singen und tanzen. Sie tuns ohne Zaudern. Neben Patricia Meeden als Aida sind die Chöre ein
Highlight des Abends. Auch Tänze bringen Leben in die zu Beginn flaue Szenerie. Schön, wie die Sklaven in Reihen
über die Diagonale schreiten. Dramatisch wirds, wenn ein Lichtstrahl sie
modelliert, wenn Schatten fallen und
­
man Zündschnüre aus Körpern sieht.
Malerisch die Krieger, die mit ihren
Speeren die Dunkelheit aufspiessen. Die
Dienerinnen sind nette, glamouröse
Gir­lies mit Glitzerfächern und Silberperücken – Musicalpersonal eben. Wegen
Artur K. Vogel
Sophie Berner (in Blau) gibt als Amneris die zickige Shopping-Queen. Foto: PD
des Pharaos (an der Premiere: Thomas
Wissmann) müsste man eigentlich nochmals nach Thun: Er wird in vier Vorstellungen von Endo Anaconda gespielt. Als
Amneris gibt Sophie Berner die launige
Shopping-Queen. Sie kreischt und zickt,
bevor sie im zweiten Teil etwas gar
plötzlich zur Vernunft kommt. Die Balance zu finden zwischen dem Quäntchen zu viel und zu wenig ist auf einer
Seebühne dieser Dimension eine Kunst
für sich.
Das gilt auch für die Musik: Dirigent
Iwan Wassilewski grundiert das Tun aus
dem Orchestergraben routiniert und anpassungsfähig, treibt an, koloriert, illustriert, kommentiert oder spielt Pause: In
innigen Momenten setzt Elton John auf
a cappella. Stimmungswechsel sind das
A und O in diesem Pharaonen-Pop, der
sich nach der Halbzeit merklich steigert.
Der Gang durch die Stilschubladen hat
dem britischen Musiker übrigens einen
Grammy eingebracht.
Es gibt weniger Ohrwürmer als erwartet. Oboe und Englischhorn untermalen die Ornamentalismen, Harfe,
Streicher und Elektroklavier bringen
Leidenschaftliche Irrungen
im Innenhof des Klosters
Heiss und hastig, laut und
launig: Die Klosterspiele
Wettingen inszenieren
Shakespeares «Viel Lärm
um nichts» als freches
Freilichtspektakel.
Melanie Kollbrunner
Der Innenhof des Klosters Wettingen ist
in sinnliches Rot getaucht. Rot sind die
Zuschauerränge, die Bühne, die dazwischen liegt, die Kleider der Schauspielerinnen, die Tüllmaschen im Haar. Nur
die mit Efeu bewachsene Klosterwand
durfte unverkleidet bleiben (Bühne:
Anna Rún Tryggvadóttir, Kostüme: Susanne Boner). Ein Hauch zarter Romantik also zwischen den leuchtenden und
leidenschaftlichen Irrungen rund um
die Liebe, die Hauptingredienz in «Viel
Lärm um nichts» von Shakespeare, dessen Geburtstag sich zum 450. Mal jährt.
Eine internationale Ad-hoc-Truppe
hat sich des Stücks um Wahrheit und
Täuschung, Freundschaft und Verrat
­angenommen. Die Klosterspiele Wettingen, die alle drei Jahre als Freilichtspiele
stattfinden, haben bei der anspruchsvollen Komödie gut daran getan, sich diesmal für ein professionelles Team zu entscheiden. Mit dem Isländer Thorleifur
Örn Arnarsson konnte zudem ein gefragter Regisseur gewonnen werden.
Leonato (Christian Beppo Peters),
Gouverneur von Messina, empfängt die
drei Herren Don Pedro (André Meyer),
Claudio (Robert Rožic) und Benedikt
(Martin Vischer) auf ihrem Rückweg von
einem siegreichen Krieg. Ein Maskenball
Der lateinische
Manche mögens beim Reisen luxuriös: Auch in M durch. Sie steht für komfortable Unterkünfte und
Marianne Mühlemann
Thun
«Aida» unter freiem Himmel ist ein Renner zwischen Verona und dem Pfäffikersee. Am Thunersee heisst der Komponist allerdings nicht Verdi, sondern
­Elton John. Tim Rice ist der Texter, gesungen wird Deutsch, geredet auch – viel
sogar und zuweilen ziemlich banal. Eine
«Aida» für den Musical-, nicht für den
Opernfan (Regie: Katja Wolff ).
Immerhin, Personal und Geschichte
sind authentisch mit der Oper. Kurz gefasst: Das Stück erzählt von der verbotenen Liebe zwischen dem ägyptischen
Heerführer Radames ( Jörn-Felix Alt)
und seiner Gefangenen, der nubischen
Prinzessin Aida. Die Dritte im Dreieck
der Gefühle ist die Pharaonentochter
Amneris, das Ende natürlich tragisch.
In der Oper stirbt und triumphiert die
Liebe nach drei Stunden, im Musical
bereits nach zwei, mit angedeutetem
­
Happy End. Überhaupt geht im Musical
alles etwas schneller, schmerzloser und
glatter, szenisch und musikalisch. Dem
in die weissen Regenhäute des Haupt­
sponsors gehüllten Premierenpublikum
kommt das auch aus meteorologischer
Sicht nicht ungelegen.
Reisen
wird gegeben, und Claudio baggert bei
Leonatos Tochter Hero (Nadia Migdal).
Zäher gestaltet sich das Anbandeln zwischen Benedikt und Beatrice; Letztere
wird herausragend von Sarah Viktoria
Frick gespielt.
Wortakrobatik und Klamauk
Viel Raum hat der Regisseur der sprachlichen Eleganz beigemessen. Und so
überstehen Wortakrobatik und die Doppelbödigkeit der Dialoge, die das Stück
auszeichnen, den Transport ins Jahr
2014 unbeschadet. Virtuos tänzelt Arnarssons Inszenierung auf dem shakespearschen Grat zwischen Komödie und
Tragödie. Und im Sinne des Volksstücks,
als das der Text angelegt ist, findet auch
Klamauk seinen Platz. Ein Dutzend Kinder in cremefarbenen Kleidchen singt
«Ewige Liäbi»; auch Conchita Wurst und
die WM werden in den Handlungsfaden
eingewoben – eine Gratwanderung entlang der Gürtellinie.
Heiss und hastig geht es zu und her,
laut und launig. Und es wird viel gebrüllt: gegen die Liebe, gegen das Leben, auch gegen die schwierigen akustischen Bedingungen. Während die Zuschauer Klavierklänge vom einen Ende
der Bühne im Ohr haben, gelingt es ihnen kaum, den Sätzen der Schauspieler
am anderen Ende zu folgen. Dennoch
passen sich Tempo und Lautstärke der
Inszenierung und dem turbulenten
Stück meist gut an. Und so bleibt der
Eindruck eines vergnüglichen, gelungenen Sommerspektakels, ein Erfolg trotz
Regen am Premierenabend und verschobener aktueller Vorstellungen.
www.klosterspiele.ch
Balladen zum Schmachten. Da etwas
Reggae, dort etwas Gospel. Die Sänger
halten wacker mit. Dazwischen tut die
Elektrogitarre das, was sie am besten
kann: rockig quengeln, schmieren und
heulen.
Farbige Sehnsuchtsfabrik
Der stille Gewinner dieser 12. Produktion der Thunerseespiele ist das Bühnenbild von Karel Spanhak. Einmalig ist
die darin eingebaute Sicht auf die Naturkulisse, flankiert von brennenden Feuerschalen. Und mittendrin der neuneinhalb Meter hohe, begeh- und von innen
beleuchtbare Pharaonenkopf. Stimmig
auch die Pyramide, die während des
Abends in die Höhe wächst. Stein für
Stein, den Sklaven sei Dank. Sie bietet
­einen sicheren Rahmen für den Wellengang der Gefühle, eine Sehnsuchtsfabrik
aus Pink, Gold, Lila, Blau und kräftigem
Türkisgrün. Und umso farbiger leuchtet
die Palette, je finsterer die Nacht sich
über die Seebühne legt.
Weitere Vorstellungen Mi, Do, Fr und Sa
bis 28. August. www.thunerseespiele.ch
Nachrichten
Literatur
Sabine Graf wird erste
Literaturhaus-Intendantin
Die Germanistin Sabine Graf wird erste
Intendantin des geplanten Literaturhauses Zentralschweiz in Stans. Das Haus
wird Ende November eröffnet und soll
zu einem Treffpunkt für Leser, Autorinnen, Buchhändler und Übersetzerinnen
werden. Derzeit ist die promovierte Germanistin stellvertretende Leiterin der
Abteilung Literatur und Gesellschaft bei
Pro Helvetia in Zürich. (SDA)
Comedy
Monty-Python-Dernière wird
auch in der Schweiz gezeigt
Die letzte Show von Monty-Python in
der Londoner O2-Arena wird auch in die
Schweiz übertragen. Pathé-Film wird
das Spektakel am 20. Juli um 20 Uhr live
in seinen Kinos in Dietlikon, Bern, Basel,
Lausanne und Genf in englischer Originalfassung mit Untertiteln zeigen. (TA)
Literatur
Open-Air-Festival in Zürich
mit Gerhard Polt und Güzin Kar
Zum zweiten Mal findet im Alten Botanischen Garten in Zürich eine Woche lang
ein Open-Air-Literaturfestival statt. Es
wird vom Kaufleuten und dem Literaturhaus ausgerichtet. Lesen und auftreten
werden Marlene Streeruwitz (14. 7.), Gerhard Polt (15. 7.), Hüsnü und TA-Kolumnistin Güzin Kar (16. 7.), Ben Moore
(17. 7.), Teju Cole, derzeitiger Gastautor
des Literaturhauses (18. 7.), Peter Wawerzinek (19. 7.) und Tino Hanekamp mit
Michael Stauffer (20. 7.). Dazu gibts ein
Beiprogramm. Bei schlechtem Wetter
finden die Veranstaltungen im Kaufleuten statt (www.literaturhaus.ch und
www.kaufleuten.ch). (TA)
Den ersten Höhepunkt haben wir schon
nach der Einreise aus Paraguay nach Argentinien erlebt: Die Iguazú-Fälle an der
Grenze zu Brasilien sind ein gigantisches
Naturspektakel, das die Touristenmassen anzieht. Im Vergleich dazu kommt einem der Rheinfall wie Katzenpipi vor.
Doch Patagonien ganz im Süden hat
noch weitere magische Destinationen.
El Calafate ist der Hauptort des Departements Lago Argentino in der Provinz
Santa Cruz, die mit Feuerland und zwei
weiteren Provinzen Patagonien bildet.
Das Städtchen sieht aus wie die Kulisse
eines Goldgräberfilms, mit Spielcasino,
Fast-Food-Restaurants und Pensionen an
der Hauptstrasse; an den Bergflanken
kleben ein paar Hotels. Doch sobald man
die letzten Häuser hinter sich hat, überkommt einen die transzendente Leere.
Argentiniens Unermesslichkeit haben
wir bereits erfahren: Dreieinhalb Stunden hat der Flug aus Buenos Aires gedauert, und das ist bei weitem nicht die
längste Strecke, die man in diesem Land
zurücklegen kann: Von der Grenze zu
Bolivien im Norden bis hinunter nach
Ushuaïa sind es 3700 km. Flöge man dieselbe Strecke ab Zürich, wäre man in Damaskus oder an Norwegens Nordkap.
Landschaft im Farbenmeer
Argentinien ist 70-mal grösser als die
Schweiz, hat aber nur 5-mal mehr Einwohner – und Patagonien ist über weite
Strecken menschenleer. Abends, von der
Eolo-Lodge bei Calafate aus betrachtet,
im Farbenmeer eines orgiastischen Sonnenuntergangs, hat man diese epische
Landschaft vor Augen: Berge und unendliche Talsenken mit Weiden, Sümpfen,
Seen. Reitet man tagsüber durch die patagonische Pampa, begegnet man nur
Pferden, Rindern und Wildhasen, denen
der Hund chancenlos hinterherrennt.
Von der Eolo-Lodge aus lassen sich einige der Naturwunder Patagoniens erkunden, etwa der Perito-Moreno-Gletscher, 30 km lang und bis zu 700 m dick.
Er ist einer von mehr als 50 Gletschern
in Argentinien und Chile, die von der
Grossen Südlichen Eisplatte gespeist
werden, der drittgrössten zusammenhängenden Eisschicht nach Grönland
und der Antarktis. Zwischen Berge und
den Lago Argentino gebettet, in den er
gelegentlich mit Getöse hochhausgrosse
Eisbrocken entlädt, ist der Perito Moreno von majestätischer Schönheit und
zudem leicht zugänglich. Eine mehrstündige Gletscherwanderung unter
kundiger Führung mit Steigeisen an den
Schuhen ist unbedingt zu empfehlen.
Wem es dagegen genügt, die 5 Kilometer breite und 60 Meter hohe Abbruchkante des Gletschers zu betrachten, für den ist an der Spitze der
Península Magallanes ein verschlungener Fussweg mit Metalltreppen und Aussichtsplattformen errichtet worden. Von
hier aus scheint der Gletscher, der einmal in reinstem Weiss, einmal in allen
Schattierungen von Hell- bis Mittelblau
schimmert, zum Greifen nah.
Eine Idee für betuchte Franzosen
Mental weiter von Europa entfernt als
hier kann man kaum sein. Und doch folgt
die Eolo-Lodge einem urfranzösischen
Konzept: Sie gehört zur Vereinigung «Relais & Châteaux» (R&C). Rodrigo Braun,
Direktor und Mitbesitzer der Lodge, ein
athletischer früherer Bergführer, ist Südamerikadelegierter von R&C. Um das
Konzept zu erklären, muss er 60 Jahre
zurückblenden: Anfang der 50er-Jahre
setzte in Europa die Massenmotorisierung ein; bald schlängelten sich zum
Ferien­
beginn Zehntausende Deutsche,
Deutschschweizer und Holländer über
den Gotthard Richtung Rimini; die Franzosen strebten auf der Route Nationale 7
en masse Richtung Provence und Côte
d’Azur. Die Betuchteren wollten auf die
übliche Grande Cuisine nicht verzichten,
Gigantisches Naturspektakel: Die Iguazú-Wasserfä weshalb Nelly und Marcel Tilloy, Besitzer
des Hotels «Cardinale» in Baix in der
Ardèche, 1954 sieben weitere Gastgeber
«mit einem perfekten Empfang, elegant
eingerichtet im Sinne der neuen Zeit, mit
gutem Restaurant» von der Idee überzeugten, gemeinsam Werbung zu
­machen. Die Vereinigung nannte man
«Relais de Campagne»; für den Weg
­z wischen den Etablissements von Paris
in den Süden erfand man den Namen «La
Route du Bonheur», den «Weg der Glückseligkeit». Durch eine Fusion entstand
1975 «Relais & Châteaux», wie man sie
heute kennt.
Tilloys Idee hat eingeschlagen: R&C
umfasst heute 520 Häuser in 64 Ländern. Und statt einer «Route du Bonheur» gibt es 60, womit wir wieder in
Amerika wären. Die Eolo-Lodge – im
Estancia-Stil, mit 17 eleganten Zimmern
– ist nur eines von fast drei Dutzend Häusern in Mittel- und Südamerika und der
Karibik, die zu R&C gehören, davon 7 in
Argentinien und 2 in Uruguay, wohin
Patagoniens blaues Wunder: Der
Gletscher Perito Moreno. Foto: Artur K. Vogel
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Tages-Anzeiger – Donnerstag, 10. Juli 2014 Standing Ovations
für «Revelations»
Weg der Glückseligkeit
ittel- und Südamerika setzt sich die 60 Jahre alte, urfranzösische Idee der «Route du Bonheur»
gutes Essen.
Argentinien und Uruguay
Reisetipps
Beste Reisezeit: Argentinien und Uruguay
befinden sich auf der südlichen Halbkugel.
Beste Reisezeit ist Oktober bis April. Von Mai
bis September sind viele Betriebe vor allem
im Süden (Patagonien) geschlossen.
Anreise: Es gibt keine Direktflüge Schweiz–
Buenos Aires. Entweder fliegt man mit Swiss
nach São Paulo und mit einer lokalen Airline
weiter oder mit Lufthansa über Frankfurt.
Relais & Châteaux: Die in der Reportage
beschriebenen Hotels können im Reisebüro
oder direkt über Relais & Châteaux gebucht
werden: www.relaischateaux.com
Die Buchung einer ganzen «Route du
­bonheur» inklusive Transporte zwischen den
Hotels ist (noch) nicht möglich; dafür wendet
man sich an ein Reisebüro, zum Beispiel den
Lateinamerika-Spezialisten Brasa-Reisen:
www.brasa.ch
Die Alvin-Ailey-Company
hat ihre Kraft, Eleganz und
Ausstrahlung bewahrt.
Marlies Strech
Das letzte Mal war das afroamerikanische Alvin Ailey Dance Theater vor drei
Jahren in der Schweiz. Schon damals
schloss es sein mehrteiliges Programm
mit «Revelations» aus dem Jahr 1960 ab:
Diesem magischen Südstaatengemälde
in zehn Szenen, getanzt zu traditionellen Spirituals und Gospelsongs, einem
frühen Meisterwerk von Alvin Ailey
(1931–1989). Es beendete am Dienstagabend auch die jüngste Ailey-Premiere
im Zürcher Theater 11. Das Publikum,
darunter viele Junge, jubelte den wunderbaren Tänzern und Tänzerinnen zu,
erhob sich zu Standing Ovations.
Doch auch die drei anderen Stücke,
alle nach dem Tod von Alvin Ailey entstanden, ernteten viel Zwischen- und
Schlussapplaus. Von Alan Battle, dem
heutigen künstlerischen Leiter, stammt
das spektakuläre sechsminütige Solo
«In/Side» (2008). Zu Nina Simones Interpretation des Songs «Wild is the Wind»
drückt ein verlassener Liebender seinen
Schmerz, seine Wut, seinen verletzten
Stolz aus. Samuel Lee Roberts sieht nicht
nur blendend aus und tanzt mit vollem
physischem Einsatz, sondern lässt auch
ein bisschen Selbstironie durchscheinen. Mitreissend.
Aktivferien in Lateinamerika Offen für Zeitgenössisches
Programme für 20- bis 39-Jährige Grundlegende Technik der Company
Wem Luxusferien zu teuer sind – oder wer
sich zu jung dafür fühlt – hat aufregende
Alternativen: Baumeler Reisen aus Luzern
zum Beispiel, Spezialist für Aktivferien, richtet
sich mit einem neuen Angebot explizit an
20- bis 39-Jährige. In Kooperation mit Anbietern aus Australien und den Niederlanden hat
Baumeler dafür Yomads mit vorerst 17 Programmen in acht Destinationen gegründet.
In Lateinamerika angeboten wird etwa eine
zweiwöchige Tour mit Urwald, Nationalparks,
Vulkanen und Stränden in Costa Rica oder
ein Trekking nach Machu Picchu in Peru. Die
Reisegruppen sind international, die
­Programme individuell kombinierbar.
­Yomads-Geschäftsführer Michael Mettler
betont, dass bei aller Abenteuerlust die
Sicherheit nicht zu kurz komme: «Wir gehen
kein sinnloses Risiko ein und befolgen hohe
Qualitätsstandards. Zudem halten wir uns an
die Empfehlungen des EDA.» Zur Vertriebsstrategie gehört die Nutzung der Social-­
Media-Kanäle: www.yomads.com
lle im Norden Argentiniens an der Grenze zu Brasilien. Foto: Lee Torrens (iStock)
wir, von der argentinischen «Route du
Bonheur» abweichend, einen Abstecher
in die Narbona-Wine-Lodge bei Carmelo
gemacht haben.
Der Flugplatz von Carmelo dürfte einer der letzten «Aeropuertos Internacionales» – so nennt er sich – mit Graspiste
sein. Das Ankunftsgebäude könnte aus
den 30ern stammen. Nach einem halbstündigen Flug in einem von der jungen
Pilotin Flavia gesteuerten Privatflugzeug
aus der 14-Millionen-Metropole Buenos
Aires über den Rio de la Plata fühlt man
sich um Jahrzehnte zurückversetzt.
Im dunklen, holzgetäferten Empfangsschuppen des «Internationalen
Flughafens» werden unsere Pässe von
Beamten abgestempelt, deren Job das
exakte Gegenteil von stressig sein
dürfte. Jerónimo Cantón, der Sohn des
Eigentümers der Narbona-Lodge, und
der Geschäftsführer Ignacio Barchi warten auf unsere kleine Gruppe. Ignacio
hat, dies nebenbei, am Tag nach unserer
Abreise Jerónimos Schwester geheiratet.
Die Felsküsten in Amerikas Süden sind die
Heimat der Magellan-Pinguine. Foto: iStock
Die beiden fahren uns in einem schätzungsweise 30 Jahre alten Jaguar zur
Lodge, einem 1909 gegründeten Landgut, das seit 1990 der Familie Cantón gehört. Diese hat die alten Gebäude mit
den riesigen, altmodischen Gäste­
zimmern sorgfältig renoviert, passende
Neubauten hinzugefügt und mit Antiquitäten einerseits, allem modernen Luxus
andererseits – einem Pool beispielsweise – ausgestattet. Für die Qualität der
Narbona-Weine sorgt Valeria Chiola,
eine junge Önologin, die in Uruguay und
im italienischen Piacenza studiert hat.
Champagner auf dem Fluss
Das ausgedehnte Weingut erkunden wir
zuerst reitend. Später wird uns Jerónimos Vater Pacha, der auch das nahe gelegene Luxus-Resort Four Seasons besitzt,
mit einem Helikopter durch die Gegend
fliegen. Und abends tuckern wir auf dem
mit Holz beplankten Deck eines gros­sen
Bootes gemächlich über den Rio de la
Plata, der hier mindestens so breit ist wie
Charme und Luxus bieten die Zimmer der
Narbona-Wine-Lodge in Carmelo. Foto: PD
der Bodensee, hinein in den Sonnenuntergang, den wir mit rosa Champagner
begiessen. Pacha liebt alles, was einen
Motor hat und sich vorwärts­bewegt, wie
er uns lachend verrät. In einem kleinen
«Museo» hortet er eine Kollektion älterer
Karossen; antike Last­wagen stehen auch
auf dem Narbona-­Weingut herum.
Die abgelegenste Ländlichkeit wechselt ab auf diesem «Weg der Glückseligkeit» mit grossstädtischen Destinationen,
allen voran Buenos Aires, das in seinen
besseren Quartieren an ein Amalgam von
Paris, Rom und Barcelona gemahnt. Hier
finden wir noch ein R&C-Haus, das mitten im urbanen Gewusel den ruralen Namen «Algodón» trägt – «Baumwolle».
Weil der Eigentümer, der das Stadtpalais
im Quartier Recoleta in ein überaus gediegenes Hotel verwandelt hat, ein Fan
des New Yorker Cotton Club in Harlem
ist. Noch nie habe ich in einer so grossen
Suite übernachtet, ihr Herzstück ist ein
raumfüllendes Glasregal, von oben bis
unten mit Weinflaschen belegt.
Abends werden wir dann definitiv an
die Wurzeln von «Relais & Châteaux» erinnert, im Restaurant von Jean-Paul
Bondoux, einem jovialen Burgunder.
Bondoux eröffnete vor 30 Jahren sein
erstes Lokal im uruguayischen Badeort
Punta del Este und präsentiert eine
durch und durch französische Küche
mit Ente als Höhepunkt.
Beste Grilladen Argentiniens
Richtig ländlich wird es auf der letzten
Etappe unserer Reise, auf der Estancia El
Colibrí im Norden, anderthalb Stunden
von Argentiniens zweitgrösster Stadt,
Córdoba, entfernt und beim Städtchen
Jesús María gelegen. Stéphanie und Raoul Fenestraz, die auch Hotels in französischen Wintersportorten und im nordargentinischen Salta besitzen, haben hier
auf mehr als 500 Hektaren das perfekte
Refugium für Stadtmüde mit dem nötigen Ferienbudget geschaffen. Das Haus
im spanisch-maurischen Stil mit seinen
neun Suiten ist das Zentrum; hier gibt es
abends die besten Grilladen ganz Argentiniens, was in einem rind­
fleisch­
ver­
rückten Land einiges heissen will.
Raoul Fenestraz züchtet Polo-Pferde,
von denen er rund 100 besitzt. Eine der
Hauptbeschäftigungen auf El Colibrí ist
folglich das Reiten. Begleitet von zwei
Gauchos, den Brüdern Mauro und Maxi,
kann man hier für eine beinahe beliebige
Zeit durch die Landschaft preschen,
ohne das Gut zu verlassen. Sogar wilde
Ritte durch ein Flüsschen, welches die
Estancia durchfliesst, sind möglich. Von
hier möchte man nie mehr wegfahren,
weder auf einem «Weg der Glückseligkeit» noch auf irgendeiner andern Route.
Die Reportage wurde ermöglicht durch
«Relais & Châteaux» und lokale Partner.
war stets amerikanischer Modern Dance
à la Lester Horton oder Martha Graham,
von Ailey übernommen und weiterentwickelt. Die heutigen Choreografen gehen ebenfalls von diesem Stil aus, halten
aber Augen und Herz offen für andere,
zeitgenössische Einflüsse und Experimente. Den Ailey-Groove behalten sie
trotzdem bei. Und von dieser Haltung
zeugen auch die beiden weiteren Stücke
des Zürcher Programms. «Grace» (1999)
von Ronald K. Brown zeigt mit archaischen, kraftvollen Tanzbewegungen die
hindernisreiche Reise von zwölf Männern und Frauen ins Gelobte Land, getrieben von Duke-Ellington-Jazz und Afropop. Eine sinnlich-spirituelle Hoffnungsgestalt (Linda Celeste Sims) führt
die Gruppe auf Umwegen ans Ziel.
In «Home» (2011) spielt Choreograf
Rennie Harris mit Hip-Hop-Elementen,
Rap und Streetdance. Zu einem Gospel-House-Soundtrack und Atemgeräuschen lässt er eine Gruppe junger Menschen in Alltagsklamotten tanzen. Ein
schlaksiger Chef (Matthew Rushing) gibt
zwar den Ton an, doch wendet er sich
mehrmals schmerzerfüllt von den anderen ab. Der Mann leidet – man kann in
ihm den kranken Alvin Ailey sehen, der
58-jährig an Aids starb.
Theater 11, Zürich, bis 13. Juli.
Das Gedicht
Hoch hinauf
Unter dem weiten Himmel
Sturmgetöse und die
Klageschreie der Affen.
Vögel kreisen über
weissglitzernden Sandbänken
an den endlosen Wogen
des Grossen Stroms.
Ringsum das Rascheln
fallenden Laubs.
Ganz auf mich gestellt
erklimme ich den Turm:
zermürbt vom Herbstschmerz
zehntausend beschwerlicher Meilen,
gepeinigt von hundert
Jahren voller Gebrechen –
mit Reif überzogen
bereits das Schläfenhaar
vor Kummer und Gram.
Es ist zum Verzweifeln.
Und dann soll ich
auch noch
das Trinken aufgeben!
Du Fu (entstanden 766). Aus dem
Chinesischen von Thomas O. Höllmann.
Aus: «Windgeflüster», C. H. Beck 2013.

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