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Dienstag, 1. Juni 2004
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SZ.S20.02
18:17:55 Uhr
keine Farbseparation
Mac19
Kultur
Kultur
Siegener Zeitung
Mittwoch, 2. Juni 2004
Über 100 Musiker
forderten Organisatoren
Großer Auftritt: Das Budapester Zigeuner-Orchester berauschte zum Abschluss von KulturPur das Publikum im großen Zelttheater mit
Foto: dima
virtuosen Streicherklängen.
Bittersüß und extra-scharf
Festival KulturPur endete mit fulminantem Auftritt des Budapester Zigeuner-Orchesters
zel Grund. Etwas ganz Großes, ein dickes Ding zum Abschied bescherten die
KulturPur-Programmmacher dem Publikum am Montagabend im großen Zelttheater: Mit dem Budapester Zigeuner-Orchester (auch: 100 Gypsy Violins) war ein
über 100 Mitglieder starkes Ensemble auf
den Giller gereist, um rund 1300 Zuhörer
in den absoluten Streicherrausch zu versetzen. Die Besetzung ist ebenso unglaublich wie elitär: 50 Violinen, etwa je zehn
Violas und Cellos, sieben Bässe, dazu
neun Klarinetten und sechs Zymbals, gespielt von den Ersten und Besten aus verschiedenen Musikerdynastien und der
ungarischen Zigeuner-Orchester, den Primassen. Das schnarrte, hämmerte, seufzte und zwitscherte mit einer Virtuosität
und Dynamik, so dass das Publikum
schon nach wenigen Stücken vollkommen
verzückt war und seiner Begeisterung mit
Händen und Füßen Ausdruck verlieh.
Auf dem schmalen Grat zwischen Eund U-Musik ist wohl kaum genug Platz
für über 100 Musiker, und trotzdem: Dieser Grat verlief exakt über den Giller. Das
Programm war geschickt zusammengestellt aus traditionellen ungarischen
Weisen, Walzerseligkeit, Czardas und –
mit Verlaub gesagt – Gassenhauern aus
Offenbachs „Orpheus in der Unterwelt“,
den Ouvertüren zu Bizets „Carmen“ oder
Rossinis „Wilhelm Tell“ im ersten Teil. Hier
trugen die Musiker (darunter einige wenige Frauen) bunte folkloristische Kittel,
nach der Pause traten sie in klassischschwarzen Anzügen auf und spielten Liszt
und Brahms und natürlich Strauß – immer an der Donau entlang, von Wien nach
Budapest und zurück.
Unfassbar weich klang das Orchester,
wechselte zwischen Stilen und Rhythmen
wie zwischen Gulasch extra-scharf und
bittersüßer Schokolade. Wenn es etwas
wie „die Volksseele“ gibt, konnte man sie
an diesem unvergesslichen Abend hören,
zumal alle ohne Noten, sondern direkt
aus dem Herzen musizierten.
Herausragende Violinisten übernahmen wechselweise den Solo-Part, ließen
in atemberaubender Geschwindigkeit
ihre Finger über die Stege flitzen, spielten
sich fast um Kopf und Kragen, ließen ihre
Instrumente zwitschern wie die Vöglein
und seufzen, wie um sich vom größten
Herzschmerz zu befreien, und trieben
ihre Mitmusiker zu rasanten Höchstleistungen an. Fulminant auch der trotz seiner Leibesfülle hoch-temperamentvolle
Zymbal-Solist Oskar Ökrös, der die Schlegel über die Saiten des selten gehörten
Instruments fliegen ließ, dass einem
wahrlich das Sehen verging – nicht aber
das Hören.
Das Orchester, 1985 gegründet, nachdem sich zahlreiche der besten ZigeunerMusiker bei der Beerdigung des berühmten Dirigenten und Primas Sandor Joroka
getroffen und zusammen gespielt hatten,
zeigte sich als eine Art ungarischer „Buena Vista Social Club“ alter Meister, verstärkt durch einige jüngere Ensemblemitglieder, die die Tradition der Zigeunermusik fortführen werden, allesamt am Konservatorium umfassend ausgebildet. Das
Budapest Gypsy Orchestra machte zum
Abschluss aus KulturPur Puszta pur, von
den Zuhörern mit Standing Ovations bedacht: ein musikalisches Faszinosum,
sonst nur in den großen Konzertsälen der
Welt zu hören, das dem Zeltfestival auf
dem Giller die Krone aufsetzte.
sz Grund. Die über 100 ZigeunerMusiker saßen am Montagabend
nach ihrem Auftritt erst einmal auf
dem Giller fest. Die vier Busfahrer
durften nach 900 zurückgelegten Kilometern nicht direkt nach dem Konzert wieder starten, sondern mussten
eine Ruhepause einhalten – die
Fahrtenschreiber seien voll, hieß es.
Das Budapest Gypsy Orchestra war
bereits mit eineinhalb Stunden Verspätung bei KulturPur angekommen,
und so verschob sich auch das zugesagte Catering auf die Pause und die
Zeit nach dem Auftritt.
Dann wurde auch noch eine Musikerin krank und musste im Gillerbergheim verarztet werden. Sie
konnte die verspätete Rückreise
aber auf eigene Gefahr antreten.
Organisationsleiter Georg Klein
und sein Team vollbrachten am späten Abend noch eine logistische
Meisterleistung: Die Musiker hätten
die Räumlichkeiten des Hotels
„Ginsberger Heide“ bezogen, erklärte Klein gestern, und seien mit Freigetränken bewirtet worden.
Um 1 Uhr ging es dann in die Busse, wo hoffentlich eine Mütze voll
Schlaf auf die Musiker wartete. Am
frühen Morgen konnte dann – mit einiger Verzögerung – die Rückreise
beginnen.
Opel-Freunde knüpften
Kontakt mit Künstlern
sz Siegen/Grund. Stefan Gwildis und
Christian von Richthofen haben bei KulturPur zwar ordentlich auf einem Opel
Kadett E herumgeschlagen (die SZ berichtete), aber damit die Opel-Freunde Siegerland keineswegs verärgert. „Wir waren
richtig begeistert“, sagte Vorsitzender
Kay Graf im Gespräch mit der SZ. Nach
der Show „Auto, Auto“ hätten die OpelFreunde Kontakte zu den beiden Künstlern geknüpft, Sweatshirts und Adressen
ausgetauscht und über ein mögliches Engagement von Gwildis/von Richthofen im
nächsten Jahr gesprochen. Kay Graf sagte
dazu: „Wir sind daran, die Künstler zum
zehnjährigen Bestehen des Opel-Freunde
Siegerland e. V. einzuladen.“
Künstlergespräch
in der IHK-Galerie
sz Siegen. Noch bis zum 27. August
präsentiert die IHK-Galerie Siegen in Zusammenarbeit mit der Galerie Am Alten
Garten Eiserfeld „Mutierte Technik“ von
Günter Hähner. Am Sonntag, 6. Juni, steht
der Künstler in seiner Ausstellung ab 15
Uhr Rede und Antwort zu seinen Werken.
Kultur-Kalender
Mittwoch, 3. Juni
Mittwochs in Siegen 2004 - Cover Crew
(Pop), 18 Uhr, Marktplatz/Rathaus, Siegen-Oberstadt.
Neuer Chor in Kreuztal
MC Eichen-Bockenbach: Angebot für Mädchen und Frauen
sz Eichen. Mädchen und Frauen erhalten jetzt eine tolle Möglichkeit zu erleben,
wie schön Singen im Chor sein kann. Initiator ist der Männerchor Eichen-Bockenbach. Der Chorleiter Michael Blume will
mit dem neuen Chor auch musikalisch
neue Wege gehen. Deshalb werden neue
moderne Stücke im Vordergrund stehen.
Popmusik, Spirituals und internationale
Folklore werden den größten Teil des Programms bestimmen. Eingeladen zum
ersten Treffen am Samstag, 5. Juni, um
10.30 Uhr im alten Feuerwehrhaus in Eichen (Haltestelle Eichen Ort) sind alle
Mädchen und Frauen, die gerne singen.
Wer an diesem Termin verhindert ist,
kann selbstverständlich später noch dazukommen. Der Probentag wird bei der
ersten Zusammenkunft festgelegt. Für
weitere Fragen steht Chorleiter Michael
Blume gerne zur Verfügung (Tel. 0 27 32/
80 47 9; E-Mail [email protected]).
Michael Blume will in Eichen neue musikalische Wege gehen. Die Gründung eines
Mädchen- und Frauenchors steht an.
Dylan meets Tschaikowsky
„rock stories Vol. 2“ begeisterte bei zwei Aufführungen / Prominenz im Saal
der Universität
Siegen gab am
Freitagabend ein unterhaltsames Konzert
in der Kreuztaler Stadthalle. Unter dem
Motto „Sounds & Words 2004“ präsentierten die 13 Bläser und die dreiköpfige
Rhythmusgruppe eine abwechslungsreiche Auswahl an Werken der Big-BandLiteratur. Um die Zuhörer mit der facettenreichen Welt des Big-Band-Sounds ver-
Die Big Band
trauter zu machen, erläuterte Ensembleleiter Hans Christian Dörrscheidt anschaulich die Besonderheiten der einzelnen Stücke. Passend zum 100. Geburtsjahr
des legendären Count Basie legte die UniBig-Band ein besonderes Augenmerk auf
dessen Repertoire, aber auch mit Arrangements anderer populärer Künstler wie
Henry Mancini erfreuten die spielfreudigen Musiker ihr Publikum.
Klangschöne Perle
sbh Betzdorf/Altenkirchen. Der Querschnitt durch die Rockmusik vergangener
Jahrzehnte begeisterte quer durch die
Generationen das Publikum in fast ausverkauften Hallen in Güllesheim und –
am Montagabend – in Betzdorf. Der Kreisjugendchor Altenkirchen, eine Kooperation der Kreismusikschule und der Chorjugend im Sängerkreis, erzählte rund
60-stimmig seine „rock stories“. Unterstützt wurden die zwölf bis 27 Jahre jungen neuen und erfahrenen Sänger/-innen
durch ca. 40 weitere Musiker/-innen des
Kammerorchesters Musica Viva des Peter-Altmeier-Gymnasiums
Montabaur,
Akteure der Kreismusikschule Altenkirchen und eine All-Star-Coverrockband
(Crossfire, Street Life, Sweeper) sowie von
einigen Vokalisten. Die erste gemeinsame
Probe der „Kooperation, die lebt“, so
Bernd Alhäuser über das Projekt, fand
erst am Samstag statt. Mit ihm an der Leitung beteiligt waren Michael Ullrich, Karl
Wolff, Dominik Weitershagen und Tobias
Simon.
Beigeordneter Ottmar Haardt, stellvertretend für Projekt-Schirmherr Landrat
Dr. Alfred Beth, freute sich in seiner Begrüßungsrede besonders über die Ehrengäste, darunter Sabine Bätzing (MdB) und
Betzdorfs Bürgermeister Michael Lieber.
Klaus Schumacher von der Musikschule
führte humorig durch die „rock stories“.
„Let me entertain you“ rockte denn auch
gleich der Solist Patric den Song von Robbie Williams. Der klasse gelungene Start
in die Rockgeschichte wurde von Marco
Orthen (Crossfire) mit der Metallica-Ballade „Nothing else matters“ fortgesetzt.
Der nach rauchigem Whisky anmutende
Gesang setzte passende Kontrapunkte zu
den harmonischen Streicherklängen von
Musica Viva. James Hetfield hätte daran
seine Freude gehabt. Schöne Erinnerungen weckte Solistin Karin Brzezinksi mit
„Every breath you take“, Patric interpretierte ein sehr gefühlvolles „Loves devine“
von Seal.
Sommer-Sonne-gute-Laune
wurde
anschließend vom Kreisjugendchor mit
„Get around“ (Beach Boys) freigesetzt.
Und wo man schon mal gefühlsmäßig am
Strand war, setzten die jungen Musikerinnen und Musiker mit dem alten Song
„California Dreaming“ (The Mamas & the
Papas) die Zeitreise fort. Sehr gelungen
inszeniert sang der Chor Pink Floyds
„High Hopes“. Stimmgewaltig und überzeugend waren auch die Titel mit Milena
Lenz als Solistin. Sie begeisterte mit „Novemberrain“ von Guns ’n’ Roses und „I
believe in you“ von Amanda Marshal.
Beim Rhythmus von „Could you be loved“
nach Toto, gesungen von Yasmin Ghori,
erwies sich die Bestuhlung im Saal als
hinderlich fürs Mitswingen. Von den
Stühlen holten Katharina Hennig und
Marco Orthen dann das Publikum mit
Bob Dylans „Knocking on heaven’s door“.
Hervorragend arrangiert und klassisch
eingeleitet mit Tschaikowsky, zu dem die
Band und der Chor einstimmte bis am
Ende der ganze Saal an „heaven’s door“
klopfte.
Auch a cappella machte der Chor eine
gute Figur im „Caravan of Love“. Bei „rock
stories“ dürfen natürlich die Beatles nicht
fehlen. Nach einem Arrangement von Fan
Franz Sohlbach, der mit sichtlicher Freude dabei den Taktstock schwang, erklang
die Liebeserklärung an „Michelle“. Zugaben waren nach dem klasse gelungenen
dreistündigem Rockgeschichtsunterricht
unvermeidlich. Mit „Show must go on“,
was Freddy Mercury sang, kurz bevor sein
letzter Vorhang fiel, wollten sich die Akteure schon verabschieden. Doch weil es
so wunderschön und selten war – denn
wann trifft Dylan schon auf Tschaikowsky
– erklang zum Schluss noch einmal „Knocking on heaven’s door“ aus schätzungsweise 600 Kehlen.
„Veni creator Spiritus“ / Pfingstkonzert in Abteikirche
sz Marienstatt. Der gregorianische
Hymnus „Veni creator Spiritus“ inspirierte
die Musik alter Meister sowie zeitgenössischer Künstler, die durch Kompositionen
wie auch im spontanen Erfinden musikalischen Spiels hervortraten. In dieser Tradition zeigten sich auch „Quatuor des
Temps“, Ruhrstadt, die am Pfingstmontag
mit Stimme (Suzanne Thorp), Klarinette
(Markus Zaja), Bassklarinette (Regina
Pastuszyk) und Kontrabass (Eberhard
Maldfeld) ihre Musik in der Abteikirche
Marienstatt überaus kunstvoll in Szene
setzten.
Die vier gänzlich unterschiedlichen
Persönlichkeiten luden die zahlreich erschienene Zuhörerschaft zu einer musikalischen Zeitreise ein, auf der immer
wieder das Motiv „Veni creator Spiritus“
anklang, zuletzt in eigenen, originellen
Einfällen. Der Pfingsthymnus schlechthin
erklang in allen sieben Strophen. Das musikante Spiel verklingt im „luftleeren
Raum“, wenn nicht ein aufmerksames
Publikum mitschaffend tätig wird und im
eigenen Seelenraum die Harmonien und
Klänge mitvollzieht. Die Zuhörer in der
Abteikirche fühlten sich im Bann des
akustischen Kunstwerkes; dieser löste
sich erst im euphorischen Beifall am Ende
des Konzertes. In der Kette der Marienstatter Konzerte ward wieder eine Perle eingeflochten, deren Schönheit nachwirken wird.
Das nächste Abteikonzert am Sonntag,
20. Juni, 17 Uhr, gestaltet der Marienstatter Kammerchor unter der Leitung von
Hellmuth Geldsetzer. Es erklingen Werke
verschiedener Epochen; an der Orgel musiziert Veronika Buhrmann.
Dank gelungener Kooperation konnten die „rock stories“ über die Bühne gehen. Sänger/-innen und Musiker/-innen begeisterten.

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