Wie das Web 2.0 unsere Kommunikation verändert

Transcrição

Wie das Web 2.0 unsere Kommunikation verändert
studio!
[02/juni 10] fh-wien.ac.at
e
v
r
n
l
e
a
t
t
z
o
t
T
das magazin für management und kommunikation
Bachelor
Wie der Titel
akzeptiert wird
Seite 16
Wie das Web 2.0
unsere Kommunikation
verändert
Absolventen
Wie sie Karriere machen,
was sie verdienen
Seite 18
editorial
Liebe Leserin,
lieber Leser!
inhalt
4 start!
Welche Preise Studierende bei renommierten Businesswettbewerben gewonnen
haben.
I
n Österreich sind heute über zwei Millionen Menschen auf Facebook vertreten.
Vermutlich haben Sie ebenfalls ein Profil. Haben Sie außerdem auch ein XingProfil? Verwenden Sie Twitter? Wenn Sie jetzt dreimal mit „Ja“ geantwortet haben,
dann haben Sie mir etwas voraus.
Ich bin vermutlich auch nicht gerade der Prototyp eines so genannten „Digital Native“. Umso wichtiger ist es für mich, genauso wie jedem anderen, der im
Wirtschaftsleben steht, diese Sprache zu lernen und Web 2.0 als Mehrwegkommunikation mit den unterschiedlichen Zielgruppen zu verstehen. Unsere Hochschule
reagiert auf diese Trends – unter anderem mit einer Stiftungsprofessur für Strategische Kommunikation und Neue Medien. Besetzt wurde die neue Professur mit
dem deutschen Kommunikationsforscher Stefan Wehmeier. In unserer Coverstory
ab Seite 6 gibt er einige seiner Erkenntnisse zu Web 2.0 preis.
5 start!
Wie ein neues Buch
integrierte Kommunikation endlich praxisnah
erklärt.
Mag. (FH)
Michael Heritsch,MSc
Geschäftsführer
Als bestes Beispiel für die konsequente Umsetzung strategischer Kommunikation mithilfe von Web 2.0 gilt sicher immer noch die Wahlkampagne von Barack
Obama – Scott Thomas, der Erfinder dieser Web-Kampagne, ließ uns einen Blick
hinter die Kulissen werfen. Ein Interview mit ihm lesen Sie ab Seite 10.
Weitere interessante Beiträge im Heft sind die Ergebnisse unserer Absolventenstudie (Seite 18), Highlights aus einer Podiumsdiskussion von Personalexperten und
Studierenden (ab Seite 16) und erstaunliche Erkenntnisse zum Thema furchtinduzierende Werbung (Seite 13).
Ihr
Michael Heritsch
Impressum
studio! ist eine Kooperation zwischen den FHWien-Studiengängen der WKW
und der Industriemagazin Verlag GmbH
Diese Ausgabe von studio! erscheint mit freundlicher Unterstützung der Raiffeisen
Landesbank Niederösterreich-Wien.
Für den Inhalt verantwortlich:
FHW Fachhochschul-Studiengänge Betriebs- und Forschungseinrichtungen der Wiener Wirtschaft GmbH
(FHW GmbH), Währinger Gürtel 97, 1180 Wien, E-Mail: [email protected], Tel.: 01/476 77-5731
Herstellung: Industriemagazin Verlag GmbH, Lindengasse 56, 1070 Wien
Chefredaktion: Mag. Isabella Tömpe
Textchef: Martin Schwarz
Mitarbeiter dieser Ausgabe: Stefan Hayden, Mag. Nicole Kranzl, Mag. Agnes Schwarz
Layout & Herstellung: Industriemagazin Verlag GmbH, Ines Weiland
Druck: Kärntner Druckerei
02/juni 2010 · d a s m a g a z i n d e r F H W i e n - S t u d i e n g ä n g e d e r W K W studio!
6 coverstory
Wie Web 2.0 unsere
Kommunikation verändert. Plus: Interview
mit Scott Thomas,
Design Director der
Barack Obama Presidential Campaign.
13 perspektive
Was Werbung, die mit
Furchtappellen arbeitet,
in uns auslöst.
14 a
bsolventen
Wie Absolventen des
Instituts für Unternehmensführung in der
Rückschau ihr Studium
beurteilen.
……
16 bachelors
Bildungsexperten über
den Bachelor und warum Qualifikation nicht
auf einen Titel reduziert
werden darf.
18 studie
Wie sich die Karrieren von Absolventen
entwickeln, was sie
verdienen.
19 frangle
Wie Touriismusabsolventen das karitative
Potenzial von Fernreisen entdecken.
20 lektor
Warum Lektor Robert
Pichler ab Herbst zwischen Währing und
Utah pendelt.
21 lektüre
Frank Schirrmachers
kritische Abrechnung
mit dem Web.
22 u
p to date
Events und Termine
[3]
studio!
start!
Von Dialysereisen und
Marketingpreisen
Schöne Halbjahresbilanz: Seit Beginn 2010 räumen Studierende und Absolventen der FHWien-Studiengänge der WKW mit zukunftsträchtigen
Ideen in verschiedenen Disziplinen namhafte Preise ab.
Berthold Werkmann / Fotolia.de
auch für drei weitere Arbeiten: Zwei Absolventen des
Instituts für Unternehmensführung und des Instituts für
Immobilienwirtschaft sowie eine Forschungsarbeit des
Kompetenzzentrums Entrepreneurship wurden mit dem
Best Paper Award der Stadt Wien honoriert.
Gewinner in vielen
Disziplinen: Studierende der FHWienStudiengänge der
WKW räumten in den
vergangenen Monaten
zuhauf Businesspreise
ein.
[4]
S
o mancher Reiseveranstalter wird sich Christoph
Dungls beim Tourissimus 2010 mit dem zweiten Platz
ausgezeichnete Nischentourismus-Idee vielleicht zweimal
durch den Kopf gehen lassen. Dungl nämlich, Absolvent
des Master-Studiengangs Tourismus-Management, erforschte im Rahmen seiner Diplomarbeit, dass unter Österreichs 3.700 Dialysepatienten ein reges Interesse für
Reisen besteht, die auf ihre speziellen Bedürfnisse abgestimmt wären. Das von Dungl erforschte Marktpotenzial
des Produkts Dialysereise war umfassend: Die Dialysereise würde die Zielgruppe etwa besonders ansprechen,
wenn sie die Behandlungssicherheit vor Ort garantierte
und sich um die Kostenerstattung beim Krankenversicherungsträger kümmerte. Dass die FHWien-Studiengänge
der WKW ihrem Forschungsauftrag nachkommt, gilt
Kreative Köpfe in Medien, Marketing und Werbung
Mit einer innovativen Printanzeige für den 24-StundenFrauennotruf der Stadt Wien konnten sich auch Dominic
Hofer und Axel Spendlingwimmer unter 146 eingereichten
Arbeiten durchsetzen. Die Studierenden des Instituts für
Kommunikationsmanagement waren beim heurigen Wettbewerb für junge kreative Werbung „Young Lions Competition“ die Zweitplatzierten in der Königskategorie Printwerbung. Kreativ und bereits zum zweiten Mal konnten auch
drei Studierende des Bachelor-Studiengangs Marketing &
Sales – Michael Gruber, Julian Lehr und Claudia Willach –
punkten: Mit einer überzeugenden Marketingpräsentation für ein Kosmetikprodukt der Marke Diesel gewannen sie wieder die Österreich-Entscheidung des L’OréalBrandstorm-Wettbewerbs und werden damit beim Finale
in Paris teilnehmen. Am Institut für Marketing- & Salesmanagement konnten Studierende auch beim MobileMonday an der FHWien ihr Können in der Praxis messen:
Unter sechs mobilen Marketingkonzepten, wie Kunden
per Smartphone erreicht werden könnten, wurde hier das
Team „Pampers“ mit der „iParent“-Applikation von Profis
aus den Unternehmen Henkel, Egger, SevenOne Media,
Citroën sowie dm Drogeriemarkt zum Sieger gekürt. Das
Konzept setzt auf den Nutzwert von Smartphone-Anwendungen: So bekommen etwa werdende Väter Tipps zum
Umgang mit den Hormonschwankungen von Schwangeren.
Dass man die Einwohner für die eigene Stadt begeistern kann, bewies das Team KOMM-on! des Instituts für
Kommunkationsmanagement beim europäischen Studierendenwettbewerb Ad Venture. Mit einer Stadtkampagne für Wien, die neugierig macht, konnten Karin Pils,
Nina Szabo, Christopher Rubak und Lisa Vockenhuber
der Ad-Venture-Jury unter 87 Teams den neunten Platz

abgewinnen. d a s m a g a z i n d e r F H W i e n - S t u d i e n g ä n g e d e r W K W · 02/juni 2010
start!
Perspektivische
Gespräche
Wie unterschiedlich Theorie und Praxis im Kommunikationsmanagement
verstanden und umgesetzt werden können, besprechen 27 internationale
Fachexperten in einem Fachbuch des Instituts für Kommunikationsmanagement an den FHWien-Studiengängen der WKW.
D
ass knapp drei Wochen nach Erstausgabe bereits die
zweite Auflage des Buches „Kommunikationsmanagement – 27 Perspektiven aus Wissenschaft und Praxis“
in Druck ist, überrascht selbst die Herausgeber. Der Erfolg
des Fachbuchs mag mitunter daran liegen, dass der Interview-Sammelband so unterschiedliche Meinungen und
Ansätze zum Thema Kommunikationsmanagement bespricht, wie unterschiedlich auch die beruflichen Tätigkeitsfelder sind, in denen Personen mit dem Thema konfrontiert
werden. Institutsleiterin Sieglinde Martin und Peter Dietrich, Bereichsleiter für strategisches Kommunkationsmanagement, veranschaulichen in ihrem Werk die Komplexität des Fachbereichs anhand ausgewählter Interviews mit
27 internationalen Experten aus Wissenschaft und Praxis.
Ob und wie Kommunikation überhaupt zu managen ist,
versuchen unter anderen Karl Pall von Google Österreich,
Change Communicator Wolfgang M. Rosam oder Ansgar
Zerfaß von der Universität Leipzig aus eigenen Erfahrungen
und Überzeugungen zu besprechen.
nikationsmanagement geht weit über die Vernetzung
von klassischen Kommunikationskanälen wie Marketing,
Werbung und Öffentlichkeitsarbeit hinaus. Der übergreifende Managementanspruch erschließt sich auch nicht
zuletzt aus der Multidisziplinarität des Aufgabenbereichs.
Dietrich und Martin versuchen erstmals, mit dieser
leicht verständlichen Lektüre in Interviewform die Thematik sehr breit und nachvollziehbar auszuleuchten und
anhand der Expertengespräche die theoretischen Ansät
ze auf ihre Praktizierbarkeit zu prüfen. Kommunikationsmanagement
27 Perspektiven aus
Wissenschaft und Praxis
LIT-Verlag, 2010
200 Seiten, broschiert
ISBN 978-3643501271
Breiteres Verständnis
Vor allem das Verständnis von integriertem Kommu-
studio!
MBA-Programm
im Rankinghoch
So jung und schon so
beliebt: Auf den achten
von 34 Plätzen wurde
der International MBA
in Management &
Communications von
385 Führungskräften
gewählt, die das Österreichische Industriemagazin zu Image und Bildungswert heimischer
MBA-Programme
befragt hat. Besonders
gut gefallen hat den
Managern, die teilweise
selbst das Programm
absolviert haben,
dass wirtschaftliches
Fachwissen mit Instrumenten der Unternehmenskommunikation
kombiniert würde und
die Studierenden gleichzeitig mit Führungskompetenzen ausgestattet
werden.
19,90
Euro
IHR WEG ZUR FÜHRUNGSKOMPETENZ
www.fh-wien.ac.at/mba
■ International anerkannter Abschluss Master of Business Administration (MBA)
INT
■ 3-semestrige kompakte Weiterbildung
MB
ERN
ATI
O
NA
A
IN
M
CO ANA
MM GEM
UN
ICA ENT &
TIO
NS
■ Integration von wirtschaftlichem Fachwissen und Unternehmenskommunikation
L
■ Auslandsmodul an einer Partnerhochschule (USA)
■ Berufsbegleitend (Freitag Nachmittag & Samstag)
■ Beginn im Oktober 2010 / Kosten: € 2.670,- /Semester
■ Unterrichtssprachen: Deutsch, Englisch
Bewerbung noch bis Anfang September möglich!
185x75_MBA_Studio!.indd 1
02/juni 2010 · d a s m a g a z i n d e r F H W i e n - S t u d i e n g ä n g e d e r W K W 14.06.10 12:22
[5]
studio!
coverstory
Nicht
gesellschaftsfähig?
Fahrrad gekauft. Kaffee getrunken. Wetter kritisiert.
Es gibt kaum etwas, worüber sich Menschen nicht
unterhalten auf Social-Media-Plattformen. Doch Unternehmen haben noch immer kein probates Mittel
gefunden, per Facebook & Co Interesse für sich, die
eigenen Produkte, die eigene Botschaft zu generieren.
Vielleicht, weil Tugenden der klassischen PR hier
nicht funktionieren.
D
ie Vorwürfe sind scharf, die Reaktion erstaunlich
lasch. Da wird der Social-Media-Plattform Facebook
attestiert, mit der Privatsphäre der Nutzer wenigstens
schleißig umzugehen, gar Nutzerdaten zu verkaufen –
doch der Proteststurm der Nutzer bläst Facebook-Gründer Marc Zuckerberg höchstens lau ins Gesicht: Ende
Mai zelebrierte eine Gruppe empörter User den „Quit
Facebook“-Day und forderte die User auf, das Netzwerk
zu verlassen. Aber es geschah fast nichts. Gerade einmal
34.000 der rund 450 Millionen User haben sich abgemeldet. Anders berechnet: Um gerade einmal 0,0076
Prozent ist die Facebook-Community geschrumpft.
Immun gegen Bedenken
Erstaunlich ist die offensichtliche Immunität der Plattform gegenüber allemal. Stefan Wehmeier, Stiftungsprofessor am Institut für Kommunikationsmanagement
der FHWien-Studiengänge der WKW, kann sich das nur
so erklären: „Erst wenn die Nutzer realisieren würden,
dass der Nutzen solcher Seiten in keinem Verhältnis zu
den Gefahren steht, würde Facebook zur Community
von Datenleichen.“ Aber: so weit ist es noch lange nicht,
die Mentalität des „Sich-Entäußerns“, wie Wehmeier das
millionenfache Mitteilungsbedürfnis nennt, ist tief in das
Selbstverständnis der Menschen eingesickert.
Unternehmen als Fremdkörper
Die vermutete Grundmentalität der User, selbst Themen
anzustoßen, zu diskutieren, ungefiltert und daher authentisch, ist auch eine Verlockung für Unternehmen:
[6]
d a s m a g a z i n d e r F H W i e n - S t u d i e n g ä n g e d e r W K W · 02/juni 2010
coverstory
studio!
Sie können in den Plattformen ihren Kunden und Mitarbeitern auf Augenhöhe begegnen, ziemlich nah dran
sein an den Befindlichkeiten der Kunden. Doch damit die
Facebook-Seiten von Unternehmen, ihre Twitter-Feeds
und XING-Auftritte auch wirklich ankommen bei einer
unkontrolliert kritischen Community, dürfte noch einiges
an Einfühlsamkeit gegenüber den Mechanismen der Neuen Medien nötig sein: „Ich habe im letzten Jahr rund 300
meiner Studenten befragt, ob sie auf Facebook auf irgendeine Art mit Unternehmen in Kontakt sind. Keine einzige
Hand hab ich bekommen“, erzählt Stefan Wehmeier von
einer freilich nicht repräsentativen Privatumfrage. Warum
Unternehmen auf Facebook noch immer ein wenig als
Fremdkörper identifiziert werden, mag auch damit zu tun
haben, dass gerade in solchen basisdemokratisch organisierten Foren-Strukturen die Spielregeln der klassischen
Unternehmenskommunikation nicht mehr gelten: PR als
vertriebsunterstützende Maßnahme geht gar nicht, Kontrolle über den Nachrichtenstrom auch nicht.
Sich treiben lassen
Wer einmal in den reißenden Fluss der Nachrichten und
Meinungen eintaucht, muss sich notgedrungen treiben
lassen, Steuerung ist kaum mehr möglich. „Man muss
versuchen, diejenigen Menschen, die Interesse signalisieren, abzuholen, sie einzubinden. Das ist ein selbst
organisierendes System. Mit einer Facebook-Seite stellt
man den Menschen nur ein Tool zur Verfügung, die User
müssen aber auch daraus etwas machen“, sagt Web
2.0-Experte Wehmeier. 02/juni 2010 · d a s m a g a z i n d e r F H W i e n - S t u d i e n g ä n g e d e r W K W [7]
studio!
coverstory
„Gemeinsame Sache mit
den Usern machen“
Stefan Wehmeier, Web-2.0-Experte und Stiftungsprofessor am Institut für
Kommunikationsmanagement, über die schwierige Beziehung zwischen
PR-Abteilungen und Facebook und die Sinnlosigkeit, die ObamaKampagne wiederholen zu wollen.
Interview: Martin Schwarz
Herr Wehmeier, warum sollte es sich ein Unternehmen antun, auch über Facebook und andere
Social-Media-Plattformen zu kommunizieren?
Schließlich widersprechen solche Plattformen
schon in ihrem Wesen total dem Bestreben von
PR-Abteilungen, möglichst den gesamten Kommunikationsstrom zu kontrollieren – und genau
das geht ja auf Facebook & Co nicht.
Stefan Wehmeier: Das ist der Punkt. Zuerst einmal sehen alle die Vorteile darin. Man kann über Facebook das
Unternehmen bis zu einem gewissen Grad emotionalisieren, Freunde finden. Aber PR-Abteilungen verstehen
das manchmal auch falsch, sehen Facebook als zusätzlichen Kanal zur Distribution ihrer Meldungen, davon
sind diese Netzwerke voll. Aber das ist ganz bestimmt
nicht der Sinn der Veranstaltung. Viele Unternehmen
empfinden auch einfach den Druck, mitmachen zu
müssen, um nicht als unmodern zu erscheinen. Was der
Wettbewerb macht, so die Devise, das imitieren wir. Wir
gehen dorthin, wo der Trendstrom uns hintreibt, ohne
zu wissen, ob das gut für uns ist.
Also gibt es auch erhebliche Risiken für Unternehmen, wenn sie sich auf solchen Plattformen ihre
Repräsentanzen aufbauen?
Stefan Wehmeier: Nun, indem man Kontrolle abgibt,
an die User, an die Kunden, folgt man ja einem weiteren Buzzword: der Transparenz. Man hofft als Unternehmen, dadurch Legitimation zurückzuerhalten, indem
man nicht nur zeigt, wie modern man ist, sondern auch
Offenheit und eben Transparenz demonstriert.
Gleichzeitig läuft man damit aber auch Gefahr,
natürlich negative Kritik zu bekommen, die man
schlecht vertuschen oder steuern kann. Wie
sollten Unternehmen darauf reagieren, wenn sie
[8]
von der eigenen Kundschaft auf der eigenen Facebook-Seite verrissen werden?
Stefan Wehmeier: Wenn viele Menschen unzufrieden
sind, muss man wohl zuerst einmal das Unternehmen
oder die Produkte hinterfragen statt die Kommunikation. Das kann auch im Bereich des Issues Management
ein interessanter und sinnstiftender Prozess sein, weil ich
auf solchen Plattformen frühzeitig einen Indikator dafür habe, welche Themen für mich gefährlich werden
können. Denn wenn es nicht auf der eigenen FacebookSeite geschieht, dann geschieht es vielleicht in einem
Blog und dann in den klassischen Medien. Kurzfristig
kann man bei Kritik in Social-Media-Plattformen natürlich nichts machen, langfristig aber schon.
Gibt es einen Punkt, an dem man als Unternehmen
die eigene Facebook-Seite eigentlich abdrehen
müsste? Ungünstige Debatten brauchen schließlich ein Medium.
Stefan Wehmeier: Heute wäre das einfach nicht mehr
zeitgemäß. Wenn ich eine Plattform schließe, geht die
Diskussion eben woanders weiter. Heute sind die Möglichkeiten für Kunden so ausgeprägt, dass so ein Containment chancenlos ist.
Auf Facebook gibt es eine „Boycott-BP“-Gruppe,
die schon rund 500.000 Mitglieder hat. Was kann
ein Konzern wie BP tun, um den Imageschaden zu
begrenzen?
Stefan Wehmeier: Im Augenblick vermutlich nichts
mehr. BP hat ja schon länger ein massives Problem, das
schon begonnen hat, als sie sich von „British Petroleum“ in „Beyond Petroleum“ umbenannt haben. Dabei
wussten sie, dass sie dieses Versprechen nicht einhalten würden können. Das erwartet ja auch niemand,
wir alle brauchen in irgendeiner Form das Öl. Warum
d a s m a g a z i n d e r F H W i e n - S t u d i e n g ä n g e d e r W K W · 02/juni 2010
coverstory
also geben sich die ohne Not ein derart unerfüllbares
grünes Image?
die ein Anliegen teilen, sonst kann man noch so lang
schreien und trommeln.
Sollte BP jetzt mit einer eigenen Facebook-Seite
gegensteuern?
Stefan Wehmeier: Ich glaube, das wäre gerade jetzt
nicht ratsam. Sie versuchen es halt mit den Mitteln der
klassischen PR, kommunizieren zumindest scheinbar offen auf der eigenen Website.
Heißt integrierte Kommunikation auch, zuzulassen, dass man nicht immer die Kontrolle hat, tolerant ist?
Stefan Wehmeier: Ja und ich glaube, genau das sollte
man stärker betonen. Häufig wird Integrierte Kommunikation derart missverstanden, dass immer alles extrem
einheitlich sein muss. Solange alles toll läuft, mag das ja
auch berechtigt sein. Aber wenn Probleme auftauchen,
platzt diese Konsistenzblase dann umso schneller. Da
wird dann sichtbar, wo die Schwachstellen sind.
Die gelungene Obama-Kampagne hat das Thema
Social Media erst so richtig getrieben. Jetzt versuchen alle, es dem leuchtenden Beispiel gleichzutun. Kann das funktionieren?
Stefan Wehmeier: Nein, das ist Unsinn. Wir hatten es
da ja auch mit einem ganz anderen Thema, mit einer
Bewegung, mit Emotionen, mit dem Wunsch nach politischer Veränderung zu tun. So etwas kann ein Unternehmen unter normalen Umständen gar nicht initiieren.
Da muss man schon Möglichkeiten, Botschaften finden,
um das eigene Anliegen vom eigenen Unternehmen zu
entkoppeln, gemeinsame Sache mit den Usern zu machen. Man braucht eine kritische Masse an Menschen,
studio!
Noch eine unvermeidbare Frage: Haben Sie einen
Facebook-Account?
Stefan Wehmeier: Ich wusste, dass das kommt. Nein,
habe ich nicht. Noch nicht. Ich muss erst noch einen Weg
finden, mich darin für Forschungszwecke bewegen zu
können, ohne mich selbst zu sehr zu entäußern.
Danke für das Gespräch.
Stiftungsprofessor Stefan Wehmeier: „Häufig
wird Integrierte Kommunikation derart missverstanden, dass immer
alles extrem einheitlich
sein muss.“
02/juni 2010 · d a s m a g a z i n d e r F H W i e n - S t u d i e n g ä n g e d e r W K W [9]
studio!
coverstory
„Micro Financing wird
der nächste große Hype“
Scott Thomas, Design Director der Barack Obama Presidential Campaign,
im studio!-Gespräch über die Tricks der Obama-Kampagne, die kulturellen
Unterschiede bei der Nutzung von Social Media zwischen den USA und
Europa und einen Sonntag des Jahres 2007, der sein Leben verändert hat.
Interview: Stefan Hayden*
„Schon das Wording
muss darauf abgestimmt sein, Partizipation des Publikums zu
forcieren.“
[10]
d a s m a g a z i n d e r F H W i e n - S t u d i e n g ä n g e d e r W K W · 02/juni 2010
coverstory
studio!
Scott, die Online-Wahlkampagne, die Sie für Barack Obama entwickelt haben, hat viele Nachahmer gefunden: Unternehmen, Institutionen, Politiker, sie alle wollen so kommunizieren, wie es der
nunmehrige Präsident über diverse Online-Tools
getan hat. Was ist es, was Online-Kampagnen
wirklich erfolgreich machen kann?
Scott Thomas: Wenn die Kampagne authentisch ist,
wenn sie wahr ist. Man muss es so meinen. Ich glaube,
dass die Menschen, die in dieser Kampagne involviert
waren, und natürlich Barack Obama selbst die politische
Richtung der USA wirklich verändern wollten. Freilich
nutzen andere Menschen die gleichen technologischen
Tools, aber sie haben nicht die gleiche Leidenschaft, nicht
so viel Herz. Und das hat unsere Kampagne von anderen
eben unterschieden.
Auch wenn die Obama-Kampagne nicht imitiert
werden kann, so wird es aber neben der Leidenschaft, die nötig sein mag, auch andere Zutaten
für einen solchen Erfolg geben. Worauf also muss
man unbedingt achten?
Scott Thomas: Man muss viele Dinge beachten. Das
Erste ist sicherlich, auf die Worte zu achten, die sich durch
eine solche Kampagne ziehen. Schon das Wording muss
darauf abgestimmt sein, Partizipation des Publikums zu
forcieren. Statt in der Obama-Kampagne das Wort „Er“
zu benutzen, wurde „Wir“ benutzt. Man muss auch sicherstellen, dass die Sprache und das gesamte Design
auf die Person und nicht auf die Kampagne zugeschnitten sind. Das war sehr wichtig für unsere Kampagne. Wir
wollten, dass die Amerikaner auf einem Niveau und in einer Weise an dieser Kampagne partizipieren können, wie
es das noch nie gegeben hat. Online hat das ermöglicht,
vom Fundraising bis zur Organisation. Jeder konnte einfach zuhause sitzen und über das Web ganz simpel zum
Wahlhelfer werden. Diese Partizipationsmöglichkeiten
waren sehr erfolgreich.
Glauben Sie, dass es einen kulturellen Unterschied
gibt zwischen Europa und den USA, was den Umgang mit Social Media betrifft?
Scott Thomas: Vielleicht gibt es den. Ich lebe in den USA
und ich habe meistens mit Amerikanern zu tun, deshalb ist
es natürlich schwierig für mich, das zu beurteilen. Ich glaube aber, dass Amerikaner ein bisschen aktiver sind bei der
Nutzung von Social-Media-Tools. Ich kann nicht sagen,
warum das so ist. Zumindest in den USA hat Facebook
einen großen Schub ausgelöst, es gibt viele Menschen,
die eigentlich mit Facebook aufwachsen, die sich daher
wirklich instinktiv mit anderen Menschen vernetzen.
Sie haben vor kurzem die Entwicklung des Designs
für die Obama-Kampagne in einem Buch Revue
02/juni 2010 · d a s m a g a z i n d e r F H W i e n - S t u d i e n g ä n g e d e r W K W [11]
studio!
interview
passieren lassen: „Designing Obama“ ist ein gedrucktes Prachtwerk über eine Kampagne, die vor
allem wegen ihrer Online-Tugenden Erfolg hatte.
Finanziert haben Sie die Herausgabe des Buches
über die Fundraising-Plattform kickstarter.com.
Mehr als 82.000 US-Dollar haben Menschen online gesammelt, damit Sie Ihr Buch herausgeben
konnten. Wie können solche Fundraising-Projekte
künftig wohl die Gesellschaft beeinflussen?
Scott Thomas: Ich glaube, Micro Financing wird der
nächste große Hype im Online-Business. Wir werden
mehr davon sehen in den nächsten Jahren. Plattformen
wie kickstarter.com oder kiva.org geben jedem Einzelnen von uns die Chance, selbst mitzuentscheiden,
welche Initiativen, welche Projekte realisiert werden
sollen. Lange Zeit mussten Menschen, wenn sie etwas
Neues beginnen, eine Idee verwirklichen wollten, sich
erst mit komplexen Strukturen zur Finanzierung befassen, mit großen Organisationen. Nun reicht die Vernetzung mit anderen Menschen über das Web. Wenn
die Menschen mögen, was du tust, werden sie dich
auch finanziell unterstützen. Das ist schon die Welt,
die wir erträumt haben, eine Welt, in der man Zugang
zu allen möglichen Ressourcen bloß mit einigen Klicks
hat. Und wenn man gute Ideen hat, werden die auch
zu realisieren sein.
Warum hat sich eigentlich ein Online-Guru wie Sie
dafür entschieden, ein gedrucktes Buch herauszubringen, noch dazu eines, das sehr teuer produziert wurde? Gab es online keine Alternative?
Scott Thomas: Das Gedruckte hat seine Berechtigung
darin, dass es Vertrauenswürdigkeit und auch Bedeutung vermittelt. Darauf sind wir alle trainiert.
Sie arbeiten gerade an Jumo.com. Was ist das?
Scott Thomas: Es gibt viele Organisationen auf der
Welt, die so ziemlich die gleichen Dinge tun. Jumo.com
wird so etwas wie das Facebook für diese Organisationen und Menschen, die sich für eine bessere Welt einsetzen. Jumo.com wird allen diesen Initiativen, von der
einzelnen Person, die Haiti helfen möchte, bis zur großen
Hilfsorganisation, eine Plattform geben. Hier werden sie
miteinander kommunizieren können und gemeinsam an
Projekten arbeiten. Die Vernetzung wird etwa im Kampf
gegen die Armut auf der Welt hoffentlich auch eine höhere Effizienz und Schlagkraft bringen.
Wann wird Jumo.com starten?
Scott Thomas: Das kann ich nicht sagen, es ist noch
in einem sehr frühen Stadium. Aber es wird äußerst
erfolgreich werden.
Nochmal zu Ihren Obama-Erfahrungen. Wie
kommt man eigentlich an einen Job wie jenen
des Design Directors einer Präsidentschaftskampagne?
Scott Thomas: Ich habe 2007 für eine Online-Agentur gearbeitet. An einem Sonntag habe ich dann ein
E-Mail erhalten von einem der Kampagnenchefs, dass
man nach einem Designer suchen würde. Ich glaube,
ich hab den Job gekriegt, weil ich früher als alle anderen auf das E-Mail geantwortet habe. In der darauf
folgenden Woche habe ich schon für die Kampagne
zu arbeiten begonnen.
Danke für das Gespräch.
* Stefan Hayden studiert Journalismus an den FHWienStudiengängen der WKW
Scott Thomas
Scott Thomas war Design Director der Wahlkampagne von US-Präsident Barack Obama.
Er lebt in Barack Obamas Heimatstadt Chicago und arbeitet derzeit für verschiedene
Projekte, unter anderem auch für die Klimaschutziniative des ehemaligen amerikanischen Vizepräsidenten Al Gore. Scott Thomas war Ende April Keynote Speaker der
Creative-Printing-Konferenz in Wien. Ein kurzes Videointerview mit dem Stardesigner
sehen Sie auch unter
www.creative-printing.info
[12]
d a s m a g a z i n d e r F H W i e n - S t u d i e n g ä n g e d e r W K W · 02/juni 2010
perspektiven
studio!
Werbung zum
Fürchten
Ob Werbespots, die mit Furchtappellen arbeiten, einen
pädagogischen Einfluss auf das Verhalten der
Rezipienten haben, untersuchte das Institut
für Marketing- & Salesmanagement an
den FHWien-Studiengängen der WKW.
Schriftenr_Pittner et al.indd 1-2
02/juni 2010 · d a s m a g a z i n d e r F H W i e n - S t u d i e n g ä n g e d e r W K W Auch in Österreich präsent: Kampagne des Verkehrsministeriums gegen Alkohol am Steuer
Institut für
Marketing- &
SaleSManageMent
Forschungsbericht
44pt
Eine experimentelle Studie zur Sinnhaftigkeit
von
32pt
furchtinduzierender Werbung als verkehrspsychologisches Instrument zur Einstellungs- und
Verhaltensänderung
22pt
16pt
Martin Pittner
Sabine Rothmair
Natalie Zoebl
11pt
beigestellt
Furchtappelle in der Werbung – Don’t drink and drive!
Furchtappelle
in der Werbung
don’t drink and drive!
Pittner / Rothmair / Zoebl
er Werbespot mit der Spanierin Jaund Furcht besteht und dies in Relation
queline Saburido für eine „Don`tmit der allgemeinen Ängstlichkeit und
drink-and-drive“-Kampagne
bleibt
dem Selbstwert der Befragten gestellt.
lange im Gedächtnis haften. Einst eine
attraktive junge Frau, hat ein Unfall JaAngst erzieht nicht
queline Saburidos Gesicht vollkommen
Die Auswertung der Fragebögen ergab
entstellt. In wenigen Sekunden erzählt
insgesamt, dass Werbung mit Schocksie von ihrem Schicksal. Und die Bilder,
appell zwar als deutlich abschreckender
die bleiben im Kopf des Zusehers. Nach
empfunden wird, sich jedoch nicht sigdem Kalkül der Werber hoffentlich so
nifikant auf die Verhaltensabsichten
lange, bis die nächste Entscheidung
der Probanden auswirkt. „Es konnte
ansteht, nach einigen Drinks mit dem
allerdings ermittelt werden, dass es im
Sicherheit im Straßenverkehr stellt ein aktuelles verkehrspsychologisches Thema dar. Um
für dieses Thema zu sensibilisieren, werden eine
seitens des InteraktiKuratoriums für
Auto zu fahren oder lieber doch nicht.Verkehrsteilnehmer
Extremgruppenvergleich
Verkehrssicherheit (KfV) und des zuständigen Bundesministeriums „Awareness“-Kampagnen
durchgeführt.
Eine
spezielle
Form
sind
„Don’t
drink
and
drive“-Werbespots,
die
den Rezipienten
Mit starken Bildern der so genannten
on zwischen Selbstwert der Rezipienten
den Zusammenhang und die Konsequenzen von Alkoholkonsum und aktiver Teilnahme am
Straßenverkehr
vor
Augen
führen
sollen.
Als
stilistisches
Mittel
werden
hierfür
hauptsächlich
Awareness-Kampagnen soll die Bevölund Höhe des Furchtappells gab“,
so
Furchtappelle eingesetzt. Ist diese Form der Persuasion von Verkehrsteilnehmern in der heutigen Zeit
der
Reizüberflutung
notwendig
und
zielführend
ODER
eher
unangebracht
und
überholt?
44pt
kerung für das Thema Sicherheit im
Pittner. Bei jenen Probanden, die einen
Straßenverkehr sensibilisiert werden.
niedrigeren Selbstwert hatten, führten
Ob diese spezielle Form von furchtschockierende Spots zu stärker verantinduzierender Werbung auch einen
wortungsbewusstem Fahrverhalten als
nachhaltigen Einfluss auf das Fahrversolche mit niedrigem Angstappell.
32pt
halten der Zuseher hat, wollte Martin
Pittner, Bereichsleiter für Marketing
Warum die klare Botschaft eines hounter Einsatz innovativer Medien und
hen Furchtappells das Verhalten
der Re22pt
PR am Institut für Marketing- & Saleszipienten nicht wesentlich beeinflusst,
management genauer wissen. Gemeinkönnte laut Pittner unter anderem an der
16pt
sam mit Sabine Rothmair und Natalie
multimedialen Informationsüberlastung
Zoebl von der Universität Wien gründeliegen. Auch eine emotionale AbwehrISBN 978-3-7089-0479-5
te Pittner eine Forschungsgruppe, die
reaktion wäre denkbar. „Man könnte
11pt
untersuchte, ob das stilistische Mittel
in der Verkehrssicherheitswerbung
auch
des Furchtappells in der Werbung eine
mit anderen Persuationstechniken arstärkere Wirkung erzielt als Spots ohne
beiten. Statt Prävention durch Angst
fh-wien.ac.at
8pt
Schockelement. Den vorwiegend stukönnte auch Prävention durch
Aufzeigen
dentischen Probanden wurde entweder
von positiven sozialen Konsequenzen bei
ein Spot mit hohem Furchtappell, einer
Unterlassen eines Risikoverhaltens von
mit niedrigem Furchtappell oder gar
Werbern gewählt werden“, empfiehlt er.
kein Video gezeigt. Mittels Online-FraDie Glaubwürdigkeit der gewählten Botgebogen wurde dann ermittelt, ob ein
schaften in der Zielgruppe vorausgesetzt.

Zusammenhang zwischen Appellstärke
BMVIT
D
8pt
26.03.10 09:29
Fruchtbare Furcht: Ein Forscherteam untersuchte die tatsächliche Wirksamkeit
schockierender Werbung.
[13]
studio!
absolventen
Prisma der Erinnerung
Sie alle haben Unternehmensführung an den FHWien-Studiengängen der
WKW studiert. In der Rückschau aber hat das Studium für jeden einzelnen
andere berufliche Tugenden entfesselt. Vier Kurzbiographien.
Studium abgeschlossen, Karriere am Anfang: Für die Absolventen zählen im Rückblick ganz unterschiedliche Kompetenzen, die sie während ihres Studiums verinnerlicht haben.
Gerhard Reitermaier: „Mehr Praxisnähe“
Gerhard Reitermaier hat sein 2007 abgeschlossenes Studium der Unternehmensführung berufsbegleitend absolviert: Bei Trans Austria, einem Tochterunternehmen der
OMV, war er während des Studiums und noch ein Jahr
nach dem Abschluss im technischen Bereich tätig, bevor
er sich der Österreichischen Studentenförderungsstiftung zuwandte. Dort arbeitete er zunächst ein Jahr lang
als Einkäufer, stieg aber dann rasch zum Leiter Einkauf
& Controlling auf. Seit 2009 zeichnet er nun schon für
dieses Aufgabengebiet verantwortlich. Sein Fazit über das
[14]
Studium: „Sehr gut ist eindeutig die Praxisnähe der Ausbildung. Es wäre nicht schlecht, wenn man diesen Punkt
sogar noch weiter ausbauen würde. Je mehr Praktika, je
mehr Projekte in direkter Zusammenarbeit mit Firmen,
desto besser.“ Auch der Betrieb, in dem Reitermaier tätig
ist, bietet Studenten laufend Projekte an. „Das bringt Vorteile für beide Seiten“, ist sich der Absolvent sicher. „Ich
wäre heute nicht da, wo ich bin, wenn ich nicht studiert
hätte“, so Reitermaier. „Auch anderen Absolventen, die
ich persönlich kenne, gelingt ein durchaus guter Start im
Berufsleben und oft auch ein rascher Aufstieg.“
d a s m a g a z i n d e r F H W i e n - S t u d i e n g ä n g e d e r W K W · 02/juni 2010
absolventen
Rainer Bazala: „Mehr als bloßes Fachwissen“
Rainer Bazala ist einer der wenigen, die sich dazu entschlossen haben, ohne Matura das Studium der Unternehmensführung zu beginnen. „Das erworbene
fachliche Wissen, aber auch die Netzwerke, die ich mir
bilden konnte, haben mir aber gezeigt, dass dieser Weg
der richtige für mich war“, so Bazala, „Persönlichkeitsbildung und die Erweiterung sozialer Kompetenzen
haben für mich während des Studiums aber auch eine
große Rolle gespielt.“ Bazalas Lebenslauf zeigt einige
unterschiedliche Wendungen: Vom Elektronikerlehrling
zum Elektronikermeister, vom Franchisenehmner der
Mobilkom Austria zum selbständigen Finanzdienstbe-
rater. Für ihn selbst ist berufliche Flexibilität nur durch
lebenslanges Lernen möglich, auch wenn das meist
ein leeres Schlagwort bleibt. Bazala selbst hat unter
anderem Seminare zu Konfliktmanagement, Mitarbeitermotivation, Verkauf und Verhandlungsführung und
Präsentationstechnik absolviert und sich für das Masterstudium beworben. Außerdem beginnt er gerade eine
Ausbildung zum staatlich geprüften Finanzdienstleister.
Allen Studierenden rät er, sich neben der Weiterbildung
vor allem auf den Bereich der Finanzierung zu konzentrieren, um den Umgang mit Banken und Behörden zu
vereinfachen. „Besonders in der Unternehmensführung
ist dieses Wissen unbezahlbar“, so Bazala.
Johannes Cech: „Gute Vorbereitung“
Johannes Cech war bereits während des Studiums der
Unternehmensführung bei einer Consultinggruppe
tätig. Dort war er für Förderungen, Finanzierung und
Internationalisierungsprojekte österreichischer Firmen
zuständig. Später zeichnete er für den Marktaufbau des
Unternehmens Towers Perrin in Österreich verantwortlich, nachdem er selbst ein halbes Jahr in der Frankfurter Niederlassung tätig gewesen war. Seit knapp einem
Jahr ist Cech nun bei delta vista tätig. Bei dem Unternehmen, das Lösungen für Bonitätsprüfungen anbie-
tet, ist Cech für die Großkundenbetreuung zuständig.
„Das Studium der Unternehmensführung ist eine gute
Vorbereitung auf das Berufsleben, und das vor allem
dann, wenn man noch nicht genau weiß, auf welchen
Bereich man sich spezialisieren möchte“, so Cechs Fazit. Er selbst hegt momentan keine Weiterbildungspläne, da er sein – zumindest vorläufiges – Ziel erreicht
hat: „Mein Anliegen war es, ins Berufsleben einzusteigen und dort auch wirklich Fuß zu fassen. Dieses Ziel
habe ich mir selbst dank des Studiums verwirklichen
können.“
Oliver Sieber: „Weiterbildungsangebote nutzen“
Oliver Sieber studierte von 2003 bis 2007 Unternehmensführung an den FHWien-Studiengängen der
WKW. „Der Schwerpunkt meines Studiums lag neben
Rechnungswesen und Marketing vor allem auf strategischer Unternehmensführung“, so der Absolvent. Er
arbeitete unter anderem in technischen Berufen und im
Verkaufsinnendienst, bevor er sich vor drei Jahren der
Wirtschaftsprüfung zuwandte. Von 2007 bis 2009 war
Sieber als Revisionsassistent bei der Hübner&Hübner
Wirtschaftsprüfung tätig, seit einem Jahr arbeitet er nun
als Berufsanwärter im Bereich der Steuerberatung und
Wirtschaftsprüfung bei BF Consulting. Er kann insgesamt bereits auf eine über 17-jährige Erfahrung im Berufsleben zurückblicken. Dennoch setzt Sieber auf Weiterbildung und breite Themenfächerung: „Das Studium
war für mich der Schlüssel zu weiterführender Ausbildung.“ Er absolvierte nicht nur Diplombilanzbuchhalterkurse, sondern ist auch akkreditierter Umweltprüfer. Diese vielseitige Orientierung spiegelt sich auch in Siebers
Fazit zum Studium der Unternehmensführung wider:
„Aus meiner Sicht ist eine ganzheitliche und vernetzte
Denkweise von enormer Bedeutung für die Qualifikation

im Bereich der Unternehmensführung.“ studio!
A lumni&Co
Mit dem Abschluss des Studiums beginnt ein neuer Lebensabschnitt. Nun gilt es, das
Erlernte in die Berufswelt zu übersetzen, sich neuen Prüfungssituationen zu stellen.
Der Austausch mit ehemaligen Studienkollegen und die konsequente Vernetzung kann
auch im Berufsleben wertvolle Impulse liefern. Dazu bietet Alumni&Co zahlreiche Veranstaltungen, bei denen Networking an erster Stelle steht.
www.fh-wien.ac.at/alumni/
02/juni 2010 · d a s m a g a z i n d e r F H W i e n - S t u d i e n g ä n g e d e r W K W [15]
studio!
aktuell
Der Tanz um
einen Titel
Die Presse / Clemens Fabry
Der Bachelor gehört schon lange zur Realität im europäischen Hochschulsystem. Im heimischen Arbeitsmarkt angelangt ist die Titelschöpfung
aber trotzdem noch nicht. Bildungsexperten warnen davor, Qualifikation
auf Diplomtitel zu reduzieren.
M
ehr als 11.000 Studierende an österreichischen
Hochschulen wurden 2009 mit einem Bachelordiplom in den Arbeitsmarkt entlassen. Ob der Bachelor
als Titel in der Bildungslandschaft schon angekommen
ist, lässt sich kaum mit Bestimmheit sagen – ein Blick in
die Foren diverser Karriere-Plattformen vermittelt aber
eine gewisse Unsicherheit unter den Juniabsolventen:
Ein User fragt da, ob sein Bachelorabschluss ausreicht,
wenn er in der Wirtschaft Fuß fassen will. Ein anderer
antwortet, dass man mit dem Bachelor in Ingenieurwissenschaften oder Wirtschaftswissenschaften gut
beraten sei, bei naturwissenschaftlichen Studien würde
es mit Bachelor allein allerdings schlecht aussehen. Die
Verwirrung ob der Tragfähigkeit des Bachelorstudiums
für die Herausforderungen des beruflichen Alltags hat
auch die Personalabteilungen von Unternehmen und
Personalberater erfasst.
Die Wirtschaftskammer hat nun etwa mit der Herausgabe einer Broschüre reagiert: „Bachelor welcome“
heißt das Werk und zeigt mit Beispielen aus der Praxis,
wozu Bachelors als Arbeitnehmer fähig sind.
[16]
Keiner fragt nach dem Abschluss
Dass der Bachelor durch die stärkere Praxisbezogenheit der Lehrpläne Absolventen hervorbringt, die ausreichend berufsqualifiziert sind, ist aber nicht nur Unternehmern wenig bekannt: „Viele Studierende wollen
gleich den Master anschließen. Sie glauben, erst dann
seien sie Magister und der Bachelor wäre demnach untergeordnet. Und im öffentlichen Dienst wäre der Bachelor noch nicht wirklich als akademischer Abschluss
anerkannt“ erzählt Karin Schönhofer, Vorsitzende der
ÖH-Studierendenvertretung, bei einer Podiumsdiskussion der FHWien-Studiengänge der WKW in Kooperation
mit der Tageszeitung „Die Presse“. Schönhofer denkt,
dass noch viel Kommunikationsarbeit geleistet werden
muss, um die Zweifel über die Qualifizierung der Jungabsolventen auf beiden Seiten auszumerzen.
Welche Karrieremöglichkeiten sich für Erstabsolventen eröffnen, hängt aber vor allem von ihrer Persönlichkeit und Einsatzbereitschaft ab. „Wer bereit ist,
wirklich mit anzupacken und auch in einer kleineren
Unit international zu arbeiten, hat gute Chancen“,
d a s m a g a z i n d e r F H W i e n - S t u d i e n g ä n g e d e r W K W · 02/juni 2010
aktuell
meint Jacques André Mertzanopoulos, Geschäftsführer
des Personalberatungsunternehmens Arthur Hunt. Im
Rechnungswesen, Controlling und dem Vertrieb würden
sich für ambitionierte Personen gute Chancen ergeben.
Bisher hätte auch keiner der internationalen Kunden bei
Hunt nach dem Titel oder der Art des Abschlusses eines
Jobanwärters gefragt.
Praktikum als Karriereschub
Wenn jemand nach dem Bachelor gleich den Master
anschließt, nur um seine Berufschancen zu erhöhen,
bedeutet das im Regelfall auch keinen Freibrief, um in
eine höhere Position zu gelangen. „Bei einem Trainee-
studio!
Welt endet nicht in Wien“, fasst der Headhunter zusammen. Wichtig sei es aber auch, sich niemals auf seinem
Abschluss auszuruhen und sich ständig weiterzubilden.
„Zu alt für Karriere ist man dann, wenn man seit drei
Jahren kein Fachbuch mehr gelesen hat.“
Dass vor allem junge Fachhochschul-Absolventen
mit dem neuen Titel schnell ihren Platz am Arbeitsmarkt finden werden, davon ist auch Michael Heritsch, Geschäftsführer der FHWien-Studiengänge
der WKW, überzeugt. Heritsch hofft, dass sich der
Arbeitsmarkt schnell an die neuen Titel gewöhnen
wird: „Eine ähnliche Umstellung machten die Fach-
Diskutierten über den
Bachelortitel: BankAustria-Personalchefin Martina Ernst,
FHWien-Geschäftsführer Michael Heritsch,
ÖH-Vertreterin Karin
Schönhofer, Arthur
Hunt-Geschäftsführer
Jacques André Mertzanopoulos
programm im Risiko- und Vertriebsbereich machen wir
zwischen Bachelor und Master keinen Unterschied. Jeder muss es durchlaufen“, klärt Martina Ernst, Personalchefin bei der Bank Austria, auf. Auch bei der Bezahlung der Trainees gibt es für Masterabsolventen keinen
Vorteil. Dass der Bachelor für jede Tätigkeit im Unternehmen ausreichen wird, kann Ernst aber nicht bestätigen. „Wenn jemand Marktrisikospezialist werden will,
wird er sich früher oder später spezialisieren müssen.“
Um im Unternehmen Fuß zu fassen, sei es aber nützlich,
zuerst ein Praktikum zu absolvieren. „Von dort rekrutieren wir 25 bis 20 Prozent unserer Trainees“, so der
Geheimtipp der Personalfachfrau.
Weiterbildung ohne Titel
Mit welchen Erwartungen der zukünftigen Arbeitgeber die neuen Jungakademiker rechnen müssen, weiß
Personalexperte Mertzanopoulos genau. „In erster Linie
braucht man wirklich gute Englischkenntnisse und die
Fähigkeit, sich Dinge zuzutrauen. Weiters wird eine gewisse Bereitschaft zur Mobilität vorausgesetzt, denn die
hochschulen schon in den 90ern durch, als der FHMagister auf den Markt kam. Heute haben diese
Absolventen oft bessere Jobchancen als jene mit UniDiplom. Auch der Bachelor und der Master werden
sich etablieren“, so Heritsch.
Obwohl die neuen Bachelors eine kompakte und sehr
berufsnahe Ausbildung erhalten, hält es Heritsch für illusorisch, mit dem Erstabschluss gleich in eine Führungsposition zu gelangen. Es ist aber auch nicht unbedingt
von Vorteil, sich nur auf sein Studium zu konzentrieren.
„Den Master sollte man dann ins Auge fassen, wenn
man sein theoretisches Wissen vertiefen möchte. Natürlich kann man auch durchstudieren, ist dann aber zwölf
Semester für den Arbeitsmarkt nicht verfügbar.“
In den meisten Unternehmen werden sich jedenfalls
jene Bachelorabsolventen durchsetzen, die neben ihrem
fachbezogenen Wissen auch Eigeninitiative und Fingerspitzengefühl besitzen und sich somit auf dem internati
onalen Businessparkett bewegen können. 02/juni 2010 · d a s m a g a z i n d e r F H W i e n - S t u d i e n g ä n g e d e r W K W [17]
studio!
aktuell
Ergebnisreicher
Datendrang
Die Absolventen der FHWien-Studiengänge der WKW steigen gut alimentiert ins Berufsleben ein und sind eher aus Karriereorientierung auch mal
arbeitslos. Das ergab nun eine aufwändige Studie des Instituts für
Höhere Studien.
der Beschäftigung, Arbeitslosigkeit, Art und Branchen
der Dienstgeber sowie Einkommensentwicklung. Um
an zusätzliche Informationen zu gelangen, wurden
außerdem mittels Umfragen Aspekte wie subjektive
Einschätzungen oder Fragen zu Motivation und Zufriedenheit beleuchtet, die nicht aus den Administrativdaten ermittelt werden konnten.
Genau analysiert: Das
IHS hat die Karrieren
der Absolventen in
eine detailreiche
Statistik gegossen.
M
anches kann man nicht kalkulieren. „Es war ein
mutiger Schritt, das IHS mit dieser Studie zu
beauftragen“, sagt Dominik Walch. „Schließlich hätte
auch etwas dabei herauskommen können, was man
nicht so gerne hören will“, meint der Forscher des
Institus für Höhere Studien (IHS).
Das einigermaßen risikoreiche Unterfangen war
die Anfertigung einer Studie über die Karrieren der
Absolventen der FHWien-Studiengänge der WKW.
Nicht wie sonst üblich wurde auf eine bloße Umfrage
unter den Absolventen vertraut, sondern die vielleicht
manchmal geschönte Eigensicht der Karriere in der
Umfrage durch Sozialversicherungs- und AMS-Daten
ersetzt. Sowohl Sozialversicherung als auch Arbeitsmarktservice stellten die Daten anonymisiert zur Verfügung.
Breite Datenbasis
Bis auf wenige Ausnahmen wurde solch Datenmaterial für derartige Studien noch nicht verwendet. Erhoben wurden Daten zu Arbeitsmarkteintritt und Suchdauer, langfristige Arbeitsmarktintegration, Stabilität
[18]
Tool zur Qualitätssicherung
„Das Besondere an dieser Studie ist, dass sie keine
theoretische Abhandlung ist, die bald wieder in einer Schublade verschwindet“, so Walch. „Es ist ein
Tool zur Qualitätssicherung, die Hochschule arbeitet
mit diesen Ergebnissen weiter.“ Neben einer Unzahl
neuer Erkenntnisse bestätigte die Studie auch bereits
im Vorfeld Vermutetes. „Vieles deutete darauf hin,
dass sich die Hochschule in ihrer Ausrichtung auf
dem richtigen Weg befindet. Seriöse Qualitätssicherung braucht aber wissenschaftliche Absicherung und
empirische Bestätigung und das ist mit dieser Studie
gelungen.“
Hohe Einstiegsgehälter
Die Absolventen steigen schnell in den Arbeitsmarkt
ein und werden dort in der Regel auch rasch und stabil
integriert. Die Einstiegsgehälter liegen durchschnittlich bei über 30.000 Euro brutto pro Jahr – einem
für Berufseinsteiger sehr guten Wert – und steigen
parallel zur Entwicklung der einzelnen Karrieren am
Arbeitsmarkt weiter an.
„Wenn Absolventen nach Abschluss des Studiums
von Arbeitslosigkeit betroffen waren, so war diese in
fast allen Fällen nur von kurzer Dauer oder eine so
genannte Sucharbeitslosigkeit“, so Walch. „In den
meisten Fällen verfügten die Betroffenen nach dieser
Neuorientierung über mehr Gehalt als vorher. Das bedeutet, dass die Arbeitslosigkeit in dieser Personengruppe eher ein Zeichen der Mobilität und Karriere
orientierung ist als ein beruflicher Rückschlag.“
d a s m a g a z i n d e r F H W i e n - S t u d i e n g ä n g e d e r W K W · 02/juni 2010
aktuell
studio!
Unvergessliche
Reiseerlebnisse
Gemeinsam mit ihrem Lebensgefährten realisierte Evelyn Priesch ein
Charity-Tourismusprojekt, das hilfsbereiten Reisenden hilft, anderen zu
helfen. Damit was bleibt, wenn der Urlaub vorbei ist.
W
er schon mal in einem Land der Dritten Welt
Urlaub gemacht hat, hatte vielleicht schon mal
diesen Gedanken: Nicht nur als Urlauber von den facettenreichen Eindrücken von Natur und Kultur des
Landes zu profitieren, sondern den Menschen, die
dort leben, auch etwas für ihre Gastfreundlichkeit
zurückzugeben. Genau diesen Gedanken hatten
Evelyn Priesch, Absolventin des Studiengangs Tourismusmanagement, und ihr Freund Werner Savernik
auch und beschlossen, ihm Gestalt zu verleihen. Aus
eigener Initiative riefen Sie im November 2009 das
Projekt „FRANGLE.org – Reisen & Helfen“ ins Leben
– die Gründung einer Reiseaustausch- und Charityplattform, die Reiseinteressierten Auskünfte darüber
erteilt, wem und wie sie während ihrer Auslandstrips
helfen können. „Oft sind es schon ganz einfache Dinge wie Bleistifte, Zahnpasta, Häkelnadeln oder einfach nur Plastiksäcke, mit denen man die Menschen
vor Ort unterstützen kann“, sagt Priesch. Auf der
Frangle-Webseite werden private Hilfsorganisationen
und Projekte vorgestellt und angegeben, welche Dinge vor Ort am dringendsten benötigt werden. Dass
die Mitbringsel wirklich zu jenen gelangen, die sie
auch benötigen, können die Frangles – so bezeichnen sich die hilfsfreudigen Touristen – selbst erleben und ihre Eindrücke an die Frangle-Community
weitergeben. „Zwei Frangles haben gerade unser
Kinderheim-Hilfsprojekt „Yayasan Sunbeams Home“
in Kuala Lumpur besucht und geschrieben, wie sehr
sich die Kinder über Essen, Buntstifte, Papier, Kakao,
Sonnenkappen und Kugelschreiber gefreut haben“,
sagt Priesch.
Privatinitiative mit großem Weitblick
Das Traveller-Hilfsprojekt managen Priesch und Savernik gemeinsam mit neun ehrenamtlichen Mitarbeitern
und ganz neben ihren beruflichen Verpflichtungen. Die
Tourismusmanagement-Absolventin leitet hauptberuflich das Marketing bei PKF hotelexperts in Wien und
der Wirtschafts- und Marketingprofi Saverik hat unter
anderem seine Kommunikationsagentur in Graz zu
führen. Seit die Website im April 2010 freigeschaltet
wurde, sind bereits über 39 Länder und mehr als 80
Organisationen integriert – und die Community wächst
mit jedem Tag.
Auch Evelyn Priesch hat schon einige Reisen mit Zusatzgepäck gemacht: „Mein bisher größtes Hilfsprojekt war der
Aufenthalt bei der Organisation Peru Luz de Esperanza in
den Anden Perus. Zwei Peruaner haben dort die Initiative
ergriffen, vier Schulen für Kinder aus ärmlichen Verhältnissen aus dem Umland zu organisieren und gemeinsam
mit Volontären aus aller Welt zu betreuen“, erzählt sie.
Neben vielen mitgebrachten Schulsachen unterrichtete
Priesch während ihres Aufenthalts Englisch, reparierte
ein Schuldach, lehrte den Kindern Polka tanzen. „Oft ist
es auch schon die Wertschätzung, die man Menschen in
ärmlicheren Gebieten entgegenbringt, die so viel bewirken kann. Und wenn dann jeder noch ein klein wenig
mitbringt, dann ist das ein wertvoller Schritt nach vor
ne.“
02/juni 2010 · d a s m a g a z i n d e r F H W i e n - S t u d i e n g ä n g e d e r W K W Reisen mit gutem Gewissen: Frangle-Gründer Evelyn Priesch,
Werner Savernimk
[19]
studio!
lektor
Zwischen Währing
und Utah
Der Leiter des Instituts für Financial Management, Robert Pichler, wird ab
September zwischen österreichischen Hochschulen und dem fernen Utah
pendeln. Die amerikanische Variation des Studierens hat er während
seiner bisherigen Lehrverpflichtungen in den USA schon kennengelernt – und identifiziert klare Unterschiede zu Österreich.
Der Student als Kunde
„In den USA“, sagt Pichler, „wird der Student viel mehr
als Kunde wahrgenommen als hierzulande.“ Was daraus folgt, ist „automatisch ein höherer Servicegrad“.
Der muss aber bei den hohen Studienkosten in den USA
wohl auch sein. Zumindest im universitären Bereich sind
die Unterschiede auch im Betreuungsverhältnis zwischen
Studierenden und Lehrenden manifest: „Die Anzahl der
Studenten, die ein Professor zu betreuen hat, ist in Österreich, vor allem an Universitäten, um ein Vielfaches
höher als in den USA. Dadurch wird der Servicegrad
natürlich stark beeinträchtigt. Obwohl man dazusagen
muss, dass die Situation an den Fachhochschulen im Vergleich zu den Universitäten viel besser ist.“
D
er Mann, der selbst in den USA ein Studium
absolviert hat, ist ein Pendler zwischen den Bildungswelten: An den FHWien-Studiengängen der
WKW leitet er die Studiengänge für Financial Management und in den USA ist er ebenfalls an Hochschulen
tätig. Bald werden seine USA-Reisen regelmäßiger: Ab
September wird Pichler an der Southern Utah University, einer Partnerschule der FHWien-Studiengänge der
WKW, als Gastprofessor unterrichten. Er erhält dafür
das „Eccles Foundation Visiting Scholarship“ als Gastprofessor der Universität. Als Pendler hat Pichler auch
intensiv die Unterschiede im Verständnis universitärer
Ausbildung erlebt, sowohl als Studierender als auch
als Lehrender.
[20]
Akademische Redlichkeit
Unterschiede gibt es aber nicht nur im Betrieb, sondern
auch bei den Studierenden selbst. „Das Vorwissen der europäischen Studenten, besonders jener aus dem deutschsprachigen Raum, wird in den USA hoch geschätzt“, so
Pichler. „Es sind besonders formalwissenschaftliche und
analytische Vorkenntnisse, die die Österreicher den Amerikanern voraus haben.“ Dafür können die Amerikaner in
einem anderen Bereich eindeutig besser punkten als die
heimischen Studenten. „Die Wichtigkeit akademischer
Redlichkeit ist bei amerikanischen Studierenden ausgeprägter als hierzulande“, berichtet Pichler von seinen
Beobachtungen. „Amerikaner gehen keine Kompromisse
bei der Erbringung von Prüfungsleistungen ein und halten
sich konsequenter an die Regeln des guten, korrekten Zitierens.“ Als weiteren Unterschied hat Pichler das Engagement während der Lehrveranstaltungen beobachtet. „In
Österreich ist man als Vortragender oft mit einer passiven
Zuhörerschaft konfrontiert, während die amerikanischen
Studierenden sich aktiver in Lehrveranstaltungen einbringen.“ Das liegt jedoch oft daran, dass bei Studierenden
aus Österreich eigene Fragen und Beiträge wohl durchdacht sind, während Amerikaner vermehrt dem Prinzip

des „thinking out loud“ folgen.
d a s m a g a z i n d e r F H W i e n - S t u d i e n g ä n g e d e r W K W · 02/juni 2010
lektüre
studio!
Frank Schirrmacher
Payback
Warum wir im Informationszeitalter gezwungen
sind zu tun, was wir nicht tun wollen, und wie wir
die Kontrolle über unser Denken zurückgewinnen
Blessing Verlag, 2009
ISBN 978-3-89667-336-7
18,50 Euro
Reset fürs Hirn
Welchen Einfluss das Informationszeitalter samt all seinen digitalen Auswüchsen auf unseren freien Willen und auf die Struktur unseres Denkens
hat, beschreibt FAZ-Herausgeber Frank Schirrmacher in seinem neuesten
Buch „Payback“.
S
chon der Untertitel lässt vermuten, dass Schirrmacher, geprägt als Mann des gedruckten Wortes,
den immer schneller wachsenden Möglichkeiten der
digitalen Kommunikation nicht nur Positives abgewinnen kann: Mit „Warum wir im Informationszeitalter gezwungen sind zu tun, was wir nicht tun wollen, und wie
wir die Kontrolle über unser Denken zurückgewinnen“
gibt er einen Vorgeschmack auf eine spannende Lektüre, die polarisiert. Anhand eigener Erfahrungen sowie
Quellen aus der Hirnforschung versucht er zu belegen,
dass das Internet nicht nur unser Denken und Handeln
beeinflusst, sondern schrittweise unsere neurologische
Gehirnstruktur verändert. Denn unsere Hirnsynapsen
seien nur begrenzt multitaskingfähig und bei ständiger
Überreizung würden sich einige Fähigkeiten – wie etwa
Konzentration über einen längeren Zeitraum hindurch –
zurückbilden.
Der Weg in die digitale Selbstbestimmung
So manchem Digital Native, für den iPhone, Twitter und
ähnliche Erzeugnisse des Virtualienmarktes zum Alltag
gehören, wird sich wohl vor dem Vorwurf verwahren,
mit jedem Klick ein bisschen mehr zu verblöden. Im
Laufe der Lektüre kristallisiert sich aber heraus, dass
der Autor nicht Partei gegen den Kulturwandel ergreift,
sondern schlicht die Tatsache aufzeigt, dass die neuen
Medien unseren Denkapparat verändern, ob wir das nun
wollen oder nicht.
Im ersten Teil bezieht sich Schirrmacher auf den Taylorismus, Marxismus und Darwinismus, die im digitalen
Zeitalter nicht als Ideologie, sondern als Lebenspraxis zusammenfinden: in Gestalt des Multitaskings, kostenloser
Information und zuletzt des Wettlaufs um die entscheidende Information. Er zeigt die Gefahr auf, nicht mehr
zwischen Wichtigem und Unwichtigem unterscheiden
zu können, und skizziert im zweiten Teil, wie man den
Algorithmenansturm intelligent selektieren kann. Mit
einer gehörigen Portion schwarzen Humor hält Schirrmacher dem Leser einen Spiegel vor, in dem dieser seine
eigenen multimedialen Handlungen reflektieren kann.
Denn Payback ist kein Buch über statusmeldende Facebook-Addicts oder Ebay-Dauershopper, sondern eigentlich eine humoristisch-kulturelle Abhandlung in journalistischer Erzählform über einen existenziellen Wandel,

den wohl niemand wegklicken kann. 02/juni 2010 · d a s m a g a z i n d e r F H W i e n - S t u d i e n g ä n g e d e r W K W [21]
studio!
up to date
26. November,
15.00 Uhr
Karrieresprung.10: Was berufstätige
Studierende an der Hochschule erwartet.
Ort: FHWien-Studiengänge der WKW,
Währinger Gürtel 97, 1180 Wien
PersonalentwicklerMesse
Die Institute Personal- und
Wissensmanagement
sowie Unternehmensführung der FHWien-Studiengänge der WKW nehmen
an der Professional Learning, Fachmesse für Personalentwicklung, teil.
E
s ist ein Tag des offenen Gesprächs, der Diskussion – und nicht bloß einer der offenen Tür. Vier
Stunden lang, von 15 bis 19 Uhr, haben all jene, die
mit einem berufsbegleitenden Studium liebäugeln, die
Möglichkeit, diesen Ausbildungsweg richtig kennen zu
lernen. In Gesprächen mit Studienberatern, aber auch
anderen Studierenden, können Interessierte einen authentischen Eindruck von den Chancen, aber auch den
Herausforderungen eines berufsbegleitenden Studiums
gewinnen. Auch über den ebenfalls berufsbegleitenden International MBA in Management & Communications können sich die Besucher an diesem 26. Novem
ber eingehend informieren.
Anmeldung unter
www.fh-wien.ac.at/karrieresprung
Mehr Informationen
unter
www.professionallearning.at
22. – 23. September
2010
9.00 – 17.30 Uhr
Messe Wien
Halle A
www.professionallearning.at
Karrieresprung.10: Authentischer Eindruck vom berufsbegleitenden Studieren
[22]
d a s m a g a z i n d e r F H W i e n - S t u d i e n g ä n g e d e r W K W · 02/juni 2010
„Meine Studenten
wählen immer
den richtigen
Eingang.“
Reinhard Mücke
Generaldirektor der Österreichischen Hotel- und Tourismusbank
und Lektor am Institut für Tourismus-Management
flug
dte
i-Stä
IS*
T
A
GR
ik
FlyN
Wenn’s um mein Studium geht,
ist nur eine Bank meine Bank.
Damit der Kopf für andere Dinge frei bleibt: das Raiffeisen
Studierendenkonto inklusive Maestro-/Bankomatkarte,
Raiffeisen Online-Banking und den vielen Vorteilen des
Raiffeisen Club. Nähere Infos beim BankBerater in Wien
und NÖ und auf www.studierendenkonto.at
* Als Kontoeröffnungsgeschenk gibt es jetzt einen FlyNiki-Gutschein im Wert von EUR 58,–. Weitere Informationen auf www.raiffeisenclub.at/NIKI

Documentos relacionados