Karfreitag 07.pub
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Karfreitag 07.pub
Die sieben letzten Worte Jesu 1. Vater, vergib ihnen denn sie wissen nicht, was sie tun. (Lk 23, 34) Vater vergib … Ein gewaltiges Wort, diese Aussage von Jesus am Kreuz. Er, der leidet, geschlagen wurde, gegeisselt wurde, verspottet und ausgelacht wurde, spricht von der Vergebung. Jesus hätte allen Grund gehabt, seine Peiniger anzuklagen. Doch dieses Wort am Kreuz ist kein Wort der Anklage. Jesus bittet nicht um Vergeltung, sondern um Vergebung. Hier stellt Jesus seine eigenen Worte unter Beweis: „tut Gutes denen, die euch verfolgen“. … ihnen ... Wer sind sie, für die Jesus um Vergebung bittet? Wer hat dafür gesorgt, dass Jesus so erbärmlich am Kreuz leiden muss? Am Kreuzestod Jesu war sicher die religiöse Elite der Juden verantwortlich. Aber auch die Römer, allen voran Pilatus, hatten ihren Teil dazu beigetragen. Und auch König Herodes trägt Mitschuld. Doch sind das alle? Edmund Schlink schreibt: „Diejenigen, die Christus nach wir vor kreuzigen sind wir. Wir kreuzigen Christus, wenn wir nicht hungern mit den Hungernden. Wir kreuzigen Christus, wenn wir nicht trauern mit den Trauernden. Wir kreuzigen Christus, wenn wir den Verzweifelten in seiner Verzweiflung lassen. Wir kreuzigen Christus mit unserer Angst, wo wir glauben sollten“. … denn sie wissen nicht, was sie tun. Sind wir uns bewusst, dass auch wir Jesus gekreuzigt haben? Sind wir uns bewusst, dass jedes Mal, wenn wir sündigen, wir Jesus Schmerzen bereiten? Wie gut ist es zu wissen, dass Jesus selbst dann für uns bittet, wenn wir uns an ihm versündigen. Gott sei Dank dürfen wir die Vergebung in Anspruch nehmen! „Meine Kinder, dies schreibe ich euch, damit ihr nicht sündigt. Und wenn jemand sündigt, so haben wir einen Fürsprecher bei dem Vater, Jesus Christus, der gerecht ist“ (1. Joh 2,1) 2. Wahrlich ich sage dir: heute wirst du mit mir im Paradiese sein. (Lk 23,43) Wahrlich ich sage dir ... Mit Jesus wurden zwei weitere Männer gekreuzigt. Einer der beiden ist voller Hass und Wut, die sich am Kreuz gegen Jesus richtet: „Bist du nicht der Christus? Rette dich selbst und uns...“. Jesus schweigt auf diese ketzerische Frage. Doch der zweite Mann am Kreuz kann dazu nicht schweigen: „der andere aber antwortete und wies ihn zurecht. Wir empfangen mit Recht, was unsere Taten wert sind. Dieser aber hat nichts Unrechtes getan“. Der „Schächer“ am Kreuz hat erkannt, wer dieser Jesus von Nazareth ist: der Sohn Gottes, der nichts Unrechtes getan hat. Und als Sohn Gottes bittet er ihn: „Jesus, denk an mich, wenn du in dein Reich kommst“. Am Kreuz, Minuten vor dem eigenen Tod erkennt der Schächer, dass Jesus ein König ist. Kein König von einem irdischen Reich, aber der König vom ewigen Gottesreich. … heute wirst du mit mir im Paradies sein ... Und Jesus? Was hat er zu sagen? Für den Lästerer hat Jesus kein Wort bereit. Aber dem, der ihm vertraut, verheißt er das Paradies: „Heute noch wirst du bei mir im Paradies sein“. In letzter Minute erlebt der Schächer am Kreuz das Wunderbarste, das ein Mensch erleben kann: er erhält die Einladung an den Tisch des Herrn. Hier erkennen wir etwas davon, was Gnade ist: ein unverdientes Geschenk, das Gott uns anbietet. „Sie sind allesamt Sünder und ermangeln des Ruhmes, den sie bei Gott haben sollten, und werden ohne Verdienst gerecht aus seiner Gnade durch die Erlösung, die durch Christus Jesus geschehen ist“. (Rö 3, 23-34) . 3. Frau, siehe das ist dein Sohn. Siehe, das ist deine Mutter. ( Joh 19,26) Frau … Sohn ... In den letzten Stunden waren nur noch wenige bei Jesus. Die meisten seiner Freunde hatten die Flucht ergriffen, bei ihm waren nur noch die nächsten Angehörigen: seine Mutter, seine Tante, der Lieblingsjünger Johannes und Maria von Magdala. Und an zwei von ihnen wendet sich Jesus noch einmal. Er blickt seine Mutter Maria und den Jünger Johannes an und sagt etwas, das zunächst fremd in unserem Ohren klingt. „Frau, siehe, hier ist dein Sohn“. Und zu Johannes sagt er: „Siehe, dies ist deine Mutter“. Siehe das ist dein Sohn - Siehe, das ist deine Mutter Jesus wusste: bald würde er die Welt verlassen. Doch er wollte nicht, dass „seine“ Leute einsam sind. Deshalb stiftet Jesus am Kreuz Gemeinschaft: Er macht aus den am Kreuz stehenden Menschen eine Familie. Hier spüren wir etwas von der Fürsorge Jesu. Es ist ihm wichtig, dass wir als seine Nachfolger nicht alleine durchs Leben gehen müssen; Jesus will, dass seine Nachfolger eine Familie sind. Oskar Schnetter sagt, dass diese Szene „der Anfang der Gemeinschaft der Heiligen“ ist. Man kann auch sagen: es ist der Anfang der Gemeinde, der Familie der Gläubigen. Jesus stiftet Gemeinschaft. Er will, dass wir als seine Nachfolger eine Familie bilden - Brüder und Schwestern sind. “Denn Gott ist treu, durch den ihr berufen seid zur Gemeinschaft seines Sohnes Jesus Christus, unseres Herrn.” (1 Kor 1,9) 4. Mich dürstet. ( Joh 19,28) Mich dürstet Jesus, der Sterbende am Kreuz, hat Durst. Dieses Wort zeigt uns, dass am Kreuz von Golgatha nicht ein Übermensch den Heldentod gestorben ist, sondern dass der Sohn Gottes als wahrer Mensch gelitten hat. Hilflos und bedürftig wird Jesus zum Bettler, der um einen Schluck Wasser bittet. „Mich dürstet“ zeigt uns aber auch, dass Jesus weiss wie es ist, durstig zu sein. Er kennt das Verlangen eines Durstenden nach Wasser und er kennt auch den geistlichen Durst wie ihn der Psalmist beschreibt: „Wie der Hirsch lechzt nach frischem Wasser, so schreit meine Seele, Gott, zu dir. Meine Seele dürstet nach Gott, nach dem lebendigen Gott“. (Psalm 42) Der Psalmist spricht hier von einem Verlangen, das alle Menschen in sich tragen: Der Mensch dürstet nach dem Göttlichen. Wir Menschen tragen ganz tief in uns eine Sehnsucht nach dem Transzendenten, nach dem Göttlichen. Der Mensch dürstet nach Gott. Und es ist nur einer, der diesen Durst stillen kann. Johannes, der dieses Wort überliefert hat beschreibt uns, was nach dem Tod Jesu passiert ist: „Als sie aber zu Jesus kamen und sahen, daß er schon gestorben war, brachen sie ihm die Beine nicht; sondern einer der Soldaten stieß mit dem Speer in seine Seite, und sogleich kam Blut und Wasser heraus“. Aus Jesu Leib fliesst Wasser. Er, der Durstende wird nach seinem Tod zur lebendigen Quelle für uns. „Wer von dem Wasser trinkt, das ich ihm geben werde, wird nie mehr Durst haben; vielmehr wird das Wasser, das ich ihm gebe, in ihm zur sprudelnden Quelle werden, deren Wasser ewiges Leben schenkt.“ (Joh 4, 14) 5. Mein Gott, mein Gott warum hast du mich verlassen? (Mt 27,46; Mk 15,34) Mein Gott ... „Eli, Eli, lama asabtani“? Es klingt schon fast unglaublich, was Jesus da am Kreuz sagt. Wie kann Christus – als Sohn Gottes - von Gott verlassen werden? Und das in diesem Moment, in dem er den göttlichen Auftrag im äußersten Gehorsam zu Ende bringt? Jesus hat immer wieder betont, dass er und der Vater ganz eng verbunden sind, ja eins sind: „Ich und der Vater sind eins“ (Joh 10,30). Doch für einen Moment kam es zum Bruch. … warum … Warum? Warum Gott? Schon Hiob hat die Frage nach dem Warum gestellt. Auch wir heute stellen diese Frage immer wieder. Manchmal gibt uns Gott Antwort - manchmal auch nicht. Im Falle von Jesus finden wir die Antwort in Jesaja 53: „Fürwahr, er trug unsre Krankheit und lud auf sich unsre Schmerzen. Wir aber hielten ihn für den, der geplagt und von Gott geschlagen und gemartert wäre. Aber er ist um unsrer Missetat willen verwundet und um unsrer Sünde willen zerschlagen. Die Strafe liegt auf ihm, auf daß wir Frieden hätten, und durch seine Wunden sind wir geheilt“. … hast du mich verlassen ... Jesus musste den Fluch der Gottverlassenheit auf sich nehmen, damit wir Frieden haben können. Am Kreuz hat Jesus im wahrsten Sinne des Wortes die Hölle durchgemacht: von Gott verlassen werden. Deshalb dürfen wir, die wir an ihn glauben, zum Vater kommen. „Christus hat unsere Sünden auf sich genommen und sie selbst zum Kreuz hinaufgetragen. Das bedeutet, daß wir frei sind von der Sünde und jetzt leben können, wie es Gott gefällt. Durch seine Wunden hat Christus uns geheilt“. (1.Petr 2,24) 6. Es ist vollbracht! ( Joh 19,30) … ist vollbracht ... Einer der wichtigsten, wenn nicht der wichtigste Satz in der Bibel: „Es ist vollbracht“. Dieser Aufschrei ist weit mehr als der Erlösungsschrei eines Sterbenden der sich danach sehnt, von seinen Qualen erlöst zu werden. „Es ist vollbracht“ bedeutet mehr. Es ... Mit diesem Wort erinnert uns Jesus daran, dass Gottes Heilsplan zur Rettung der Menschheit mit seinem Sterben vollendet ist. Nachdem Jesus im wahrsten Sinne des Wortes die Hölle - die Gottesverlassenheit - durchgemacht hat wusste er, dass es nun vorbei war. Das Erlösungswerk war und ist vollendet. Hebr 9,12: „… durch sein eigenes Blut ein für allemal … eine ewige Erlösung erworben“. Matthäus und Markus berichten, dass im Moment, als Jesus gestorben ist, im Tempel der Vorhang zerrissen ist, der das Allerheiligste abtrennte. Es war kein Mensch, der diesen Vorhang zerrissen hat - es war Gott selbst. Dieses Ereignis hat eine ganz tiefe Bedeutung. Hier zeigt uns Gott: der Weg zu mir ist frei. Der Vorhang, der uns Menschen von Gott trennte, ist weg. Jesus hat die Brücke zwischen Gott und Mensch wieder hergestellt. Durch sein Sterben dürfen wir Menschen direkten Zugang zu Gott haben und ins Allerheiligste, in seine Gegenwart, treten. „Es ist vollbracht.“ Es steht nichts mehr trennendes zwischen uns Menschen und Gott; wir Menschen sind versöhnt mit Gott. „Durch seinen Tod hat euch Christus mit Gott versöhnt“. (Kol 1,22) 7. Vater, in deine Hände befehle ich meinen Geist! (Lk 23,46) Vater in deine Hände ... Beim Evangelisten Lukas sind dies die letzten Worte, die Jesus gesagt hat. Jesus war die letzten Stunden seines Lebens völlig hilflos seinen Peinigern aufgeliefert. Die Machthaber dieser Welt hatten für einen Augenblick Kontrolle über den Sohn Gottes. Doch jetzt hat dieses Ausgeliefertsein ein Ende. Jesus ist von Gott gekommen. Und zu Gott kehrt er jetzt zurück. „Vater, in deine Hände befehle ich meinen Geist“. Dieser Satz drückt eine tiefe Geborgenheit aus. Jesus lässt sich im Moment des Sterbens einfach in die Hände Gottes fallen. Von einigen grossen Männern der Geschichte sind ebenfalls ihre letzten Worte aufgezeichnet: Goethte soll gesagt haben: „mehr Licht“. Heinrich der 8. hat auf dem Sterbebett gesagt: ,,So, nun ist alles dahin - Reich, Leib und Seele!" Der Philosph Jean-Paul Sartre sagte:: ,,Ich bin gescheitert". David Hume, der bekannte Atheist, schrie: ,,Ich bin in den Flammen“ und Thomas Hobbes, ein englischer Philosoph sagte: „Ich bin daran, einen Sprung ins Finstere zu tun!" „Vater, in deine Hände befehle ich meinen Geist“. Für Jesus war das Sterben kein Sprung ins Ungewisse. Er wusste, er kehrt heim. Heim zum Vater, der ihn mit liebenden Armen empfängt. Und weil Jesus bereit war, seine himmlische Heimat zu verlassen um auf Erden das Erlösungswerk zu vollbringen dürfen auch wir einmal sagen: „Vater, in deine Hände befehle ich meinen Geist“. “Seht, welch eine Liebe hat uns der Vater erwiesen, daß wir Gottes Kinder heißen sollen - und wir sind es auch!” (1Joh 3,1)