Neurofibromatose Typ 1 und Typ 2

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Neurofibromatose Typ 1 und Typ 2
Fortbildung | „Artikel des Monats“
Neurofibromatose Typ 1 und Typ 2
Gerhard Kurlemann, Barbara Fiedler | Klinik für Kinder und Jugendmedizin, Allgemeine Pädiatrie, Bereich Neuropädiatrie, Universitätsklinikum Münster
Neurofibromatose Typ 1
Die Neurofibromatose Typ 1 (NF1, Morbus
von Recklinghausen) tritt geschlechterun­
abhängig ohne Rassenbevorzugung mit ei­
ner Prävalenz von 1:2500 – 3000 auf. NF1
ist eine autosomal dominante Erkrankung
mit 100 %iger Penetranz, aber sehr variab­
ler Expressivität, insbesondere auch inner­
halb einer Familie. In über 50 % der Fälle
handelt es sich um Spontanmutationen.
NF1 ist eine Erkrankung, die zur Tumor­
entstehung prädisponiert. Das NF1-Gen
liegt auf Chromosom 17q11.2. Es handelt
sich um ein Tumor-Suppressor-Gen. Das
Genprodukt Neurofibromin ist ein zyto­
plasmatisches Protein, das vorwiegend in
Neuronen, Schwann-Zellen, Oligodend­
rozyten und Leukozyten exprimiert wird.
Neurofibromin fungiert als ein Guano­
sintriphosphatase (GTPase) aktivieren­
des Protein (GAP), welches Ras-Onkoge­
ne negativ reguliert über eine Degradie­
rung von GTP. In malignen Tumorzellli­
nien von Patienten mit NF1 sind die RasProteine vermehrt in aktiviertem, an GTP
gebundenem Zustand, während die RasProteine in Wildtyp-Zelllinien vorwiegend
an GDP gebunden und damit inaktiv sind.
Somit zählt die NF1 zu den sogenannten
Rasopathien, einer Gruppe von Erkran­
kungen, denen Störungen im Ras/MAPK(mitogen activated protein kinase) Signal­
weg zugrunde liegen. Ras ist eine Abkür­
zung für rat sarcoma, da in diesen Tumo­
ren die ersten Mitglieder dieser Proteinfa­
milie identifiziert wurden.
NF1 ist mit 90 % die häufigste Form
der Neurofibromatose im Kindesalter. Die
­Diagnose wird klinisch über die charak­
teristischen Hautmerkmale gestellt, nur in
Ausnahmesituationen ist eine molekular­
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genetische Untersuchung zur Diagnose­
stellung notwendig.
Große Deletionen im NF1-Gen können
einen schweren Phänotyp verursachen, ha­
ben eine frühere Manifestation von Neu­
rofibromen und weisen in der Regel eine
stärkere mentale Retardierung auf. Außer­
dem scheinen große Deletionen häufiger
zum Entstehen maligner Nervenscheiden­
tumoren auf dem Boden eines plexiformen
Neurofibroms zu prädisponieren.
Hautbefunde bei NF1
Die NF1 ist nach Vorschlag der Konsen­
sus-Konferenz über Befunde der Haut
(Café-au-lait-Flecken, Freckling, AugenLisch-Knötchen), Befunde des peripheren
oder zentralen Nervensystems (Neurofib­
rome, Optikusgliom), weitere Befunde an
den Knochen (sphenoorbitale Dysplasie,
Verdünnung der langen Röhrenknochen)
sowie über die Familienanamnese (Ver­
wandter 1. Grades mit NF1) zu diagnosti­
zieren. Mindestens 2 diagnostische Krite­
rien sollten erfüllt sein, um die Diagnose
NF1 klinisch zu stellen (Tab. 1).
Tab. 1: Diagnosekriterien Neurofibromatose Typ 1
1. Mindestens 5 Café-au-lait-Flecken größer als 5 mm
2. 1 plexiformes Neurofibrom oder 2 oder
mehr kutane/subkutane Neurofibrome
3. Axilläres oder inguinales Freckling
4. Keilbeinflügeldysplasie oder Dysplasie
langer Röhrenknochen
5. Ein- oder beidseitiges Optikusgliom
6. Zwei oder mehr Iris-Lisch-Knötchen
7. Positive Familienanamnese
Führendes kutanes Merkmal sind Café-au-lait-Flecken (CLF) (siehe Bildtafel 1);
gewöhnlich sind sie bereits bei der Geburt
vorhanden, Anzahl und Farbintensität
kann aber während des ersten Lebensjah­
res zunehmen, um dann konstant zu blei­
ben. 10 % der Normalbevölkerung weisen
1 – 5 CLF als alleiniges Symptom auf, ohne
an NF1 erkrankt zu sein.
Ihre Farbe ist homogen milchkaffee­
braun; sie sind glatt begrenzt, flach und
von unterschiedlicher Größe, die zwischen
mehreren Millimetern und einigen Zen­
timetern schwanken kann. In der Regel
lassen sich mehr als 6 CLF nachweisen:
schwerpunktmäßig am Rumpf, gefolgt
von den Extremitäten; Kopfhaut, Hand­
innenflächen und Fußsohlen sind immer
CLF-frei. Ist die Hyperpigmentierung seg­
mental ausgedehnt, finden sich nur wenige
CLF im Bereich der übrigen Haut. Unter
einer inhomogen gefärbten Hyperpigmen­
tierung, kombiniert mit einem Tierfell­
nävus, ist häufig ein plexiformes Neuro­
fibrom zusätzlich vorhanden.
Das Freckling besteht aus kleinfle­
ckigen, clusterförmig auftretenden lin­
senkorngroßen Hyperpigmentierungen
von der Intensität der Sommersprossen
(siehe Bildtafel 2). Es entsteht im Lau­
fe der Kindheit beginnend mit wenigen
kleinen linsengroßen CLF, die immer an
Zahl und Farbintensität zunehmen und
ist mit Abschluss der Pubertät bei nahezu
100 % aller Patienten mit NF1 nachweis­
bar. Freckling ist somit ein wichtiges di­
agnostisches Merkmal. Hauptlokalisati­
on des Frecklings sind die Axilla und die
Inguinalregion; bei Frauen ist häufig auch
die Submammillarregion betroffen. Das
verzögerte Auftreten und die Lokalisati­
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Bildtafel 1: Café-au-lait-Flecken unterschiedlicher Größe und Lokalisation bei Neurofibromatose Typ 1.
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Bildtafel 2: Axilläres, inguinales und submamilläres Freckling bei Neurofibromatose Typ 1.
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on des Frecklings wird mit physikalischen
Eigenschaften wie Wärme, Reibung oder
Schweißproduktion erklärt. Neben den
CLF sind unterschiedlich große Hypopigmentierungen ohne Lokalisationsschwerpunkt bei Kindern mit NF1 nicht selten, sie
sprechen nicht gegen die Diagnose NF1.
Neurofibrome sind gutartige Tumoren
(siehe Bildtafel 3), die in jedem peripheren
Nerv entstehen können; sie können sich in
jedem Lebensalter entwickeln, sind aber
im Kindesalter eher selten. In ihrer Größe
sind sie variabel, häufiger am Stamm als
an den Extremitäten lokalisiert. Ihre Bestandteile sind Schwann-Zellen und Fibroblasten, aber auch Mastzellen, Perineuralund Endothelzellen.
Unterschieden werden kutane, subkutane und plexiforme Neurofibrome. Die kutanen Neurofibrome liegen innerhalb der
Haut, initial bläulich schimmernd, sie sind
weich und zentral eindrückbar („Klingelknopf-Fibrome“). Die subkutanen Neurofibrome sind dagegen hart und rund sowie
gelegentlich schmerzhaft. Eine weitere Variante sind gestielte Fibrome. Sie können
alle Abschnitte des Nervensystems befallen und je nach Lokalisation neurologische
Defizite verursachen.
Die plexiformen, diffus infiltrierend
wachsenden Neurofibrome können gelegentlich zu elefantiasisähnlicher Entstellung und Hypertrophie ganzer Extremitäten führen. Häufiger sind die plexiformen Neurofibrome periorbital lokalisiert
und führen zu kosmetischen Problemen
im Gesichtsbereich. Eine Akzeleration des
Wachstums der Fibrome in der Schwangerschaft oder unter Verhütung mit der
Antibabypille sprechen für eine hormonelle Beeinflussung der Neurofibromentstehung; dieser Umstand könnte auch das
Hervortreten der Neurofibrome im Jugendalter erklären (Pubertät). Eine operative Entfernung kutaner/subkutaner Neurofibrome ist nur bei lokaler Kompression erforderlich; die plexiformen NF sind
wegen ihrer schlechten Abgrenzbarkeit
bei diffuser Infiltration nur sehr schlecht
­chirurgisch beherrschbar.
Charakteristisch für die NF1 ist das
Auftreten von Lisch-Knötchen in der
Iris (siehe Bildtafel 4). Lisch-Knötchen
sind kuppelförmig gewölbte gelbliche bis
braune melanozytäre Hamartome auf der
Iris, die mit zunehmendem Alter der Kinder nachweisbar sind; typischerweise erscheinen sie ab dem Alter von 5 bis 6 Jahren, bei Erwachsenen mit NF1 sind sie zu
100 % vorhanden. Das erlaubt den diagnostischen Blick ins Auge bei der Frage der
Merkmalsträgerschaft der Eltern!
Lisch-Knötchen sind nie das einzige
Merkmal einer NF1, immer treten sie zusammen mit anderen NF1-Charakteristika auf. Sie führen nie zu ophthalmologischen Komplikationen. Am sichersten
können sie mit der Spaltlampe nachgewiesen werden.
Andere seltene ophthalmologische Veränderungen bei NF1 sind ein kongenitales
Glaukom und der pulsierende Exophthalmus als Folge einer sphenoorbitalen Dysplasie. Dabei fehlt das knöcherne Orbitadach, sodass die Pulsationen des ZNS auf
den Bulbus übertragen werden.
Wegweisend für die Diagnose NF1 kann
der Nachweis eines Optikusglioms (Optic
pathway glioma (OPG) mit einer Häufigkeit von etwa 15 % sein (siehe Bildtafel 5).
OPG bei NF1 sind histologisch meist niedriggradige pilozytische Astrozytome. Sie
sind häufig prächiasmatisch lokalisiert,
können beide Nn. optici, das Chiasma opticum und den Tractus opticus betreffen,
und präsentieren sich als diffuse Auftreibung des Sehnerven bzw. des Chiasmas.
Für die Diagnostik und Verlaufskontrolle der Optikusgliome ist die Magnetresonanztomographie (MRT) Methode der
Wahl. Anders als pilozytische Astrozytome zeigen OPG bei NF1 in vielen Fällen kein oder nur minimales Kontrastmittel-Enhancement. Während einige dieser
Tumoren sehr aggressiv wachsen können,
sieht man manchmal sogar einen spontanen Rückgang der Tumore, daher bedürfen sie nur der klinischen Kontrolle durch
regelmäßige ophthalmologische Befunderhebung und bildgebende Verlaufskontrollen in größeren Abständen. Bei intraorbitaler Lokalisation ist eine Protrusio bulbi
das Erstsymptom. Erst bei gesicherter Visusverschlechterung oder progredient in-
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filtrierendem Wachstum in das Chiasma
opticum ist therapeutisches Handeln indiziert. Nach Abschluss der Pubertät ist
ein Neuauftreten eines Optikusglioms extrem selten, daher können die regelmäßigen
bildgebenden und ophthalmologischen
Kontrollen nach Abschluss der Pubertät
beendet werden, wenn sich bis zu diesem
Zeitpunkt kein Optikusgliom nachweisen
ließ. Bei jedem Optikusgliom im Kindesalter muss wegen des unterschiedlichen
therapeutischen Vorgehens differenzialTab. 2: Altersabhängiges Auftreten der
einzelnen Merkmale bei Neurofibromatose Typ 1
Merkmal
Alter bei Auftreten
Café-au-lait-Flecken
Geburt
Dysplasie langer
Röhrenknochen
Geburt
Plexiformes Neurofibrom
Geburt
Freckling axillär/
inguinal
Vorschul-, Schulalter
Neurofibrome
Schulalter – Adoleszenz
Lisch-Knötchen
Vorschulalter – Abschluss Pubertät
Optikusgliom
Vorschulalter
„Myelinisierungsflecken“ – UBOs
Vorschulalter
diagnostisch eine NF1 ausgeschlossen werden, 70 % der Kinder mit OPG haben eine NF1. Alle Kinder und Jugendlichen in
Deutschland, die an einem Optikusgliom
erkrankt sind, sollen in das aktuelle „SIOP-LGG“ 2004 Interim Register“ einbezogen werden.
Seit Einführung der MRT lassen sich
bei Kindern mit NF1 gehäuft Signalintensitäten im Bereich der Basalganglien, des
Hirnstamms und des Kleinhirns nachweisen, die der Diagnostik in der kranialen
CT entgehen. Diese Veränderungen sind
typischerweise multipel und haben ein hohes Signal in T2-gewichteten MRT-Aufnahmen (Bildtafel 5), sie zeigen kein Kontrastmittel-Enhancement. Typischerweise können sie ab dem 3. Lebensjahr nachgewiesen werden, ab dem 3. Dezennium
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Bildtafel 3: Neurofibrome unterschiedlicher Ausdehnung und Lokalisation bei Neurofibromatose Typ 1.
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Bildtafel 4: Lisch-Knötchen (Irishamartome) bei Neurofibromatose Typ 1.
werden sie nicht mehr beobachtet. Dieses
Phänomen des „Kommens und Gehens“
sowie histologische Untersuchungen stützen die Annahme, dass es sich bei diesen
Signalveränderungen nicht um „hamartomatöse“ Läsionen handelt, wie man lange
glaubte, sondern um Regionen mit Vakuo-
lisierung des Myelins (UBOs: unidentified
bright objects), also keine Tumore.
Tabelle 2 gibt zusammenfassend eine
Übersicht zum Auftreten einzelnen Merkmale der NF1.
Neuropsychologische Defizite in Form
von Lernstörungen, Aufmerksamkeitsstö-
rungen, Hyperaktivität und Sprachstörungen treten bei 30 – 60 % der Kinder mit NF1
auf – ohne spezifisches Störungsmuster.
Eine Intelligenzminderung ist in knapp 3 %
der Fälle zu verzeichnen. 50 % der Kinder
mit NF 1 weisen einen Makrozephalus auf,
dessen Genese unklar ist, ein Zusammen-
Bildtafel 5: Bilder A und B: Axiale T2-gewichtete cran. MRT mit Nachweis mehrerer fleckförmiger T2Sig­nalanhebungen im Bereich der Basalganglien bzw. des Kleinhirns. Bilder C und D: Sagittale (C) und
koronare (D) T1-gewichtete MRT nach Gadolinium zeigt Auftreibung und Kontrastmittelaufnahme des
N. opticus rechts. Bilder E und F: Röntgen-Ganzbein-Standaufnahme bzw. klinisches Bild eines Kindes
mit Neurofibromatose Typ 1 und Pseudarthrose der rechten Tibia.
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Bildtafel 6: Koronare (A) und
axiale (B) MRT
eines malignen
Nervenscheidentumors am
linken Oberschenkel bei
Neurofibromatose Typ 1.
hang mit den bekannten kognitiven Defiziten besteht nicht.
Ausdruck einer mesodermalen Mitbeteiligung bei NF1 sind folgende, unterschiedlich häufig diagnostizierte Skelettveränderungen wie
◾◾ Keilbeinflügeldysplasie oft mit einseitig
pulsierendem Exophthalmus einhergehend, Kyphoskoliosen,
◾◾ Verdünnung der langen Röhrenknochen
in Kombination mit Pseudarthrosebildungen und
◾◾ häufig ein Makrozephalus (40 – 50 % der
NF1-Kinder).
Besondere Beachtung verdient die Neigung
zur malignen Entartung bei NF1-Patienten
in Form von Leukämien, Wilms-Tumoren
und Phäochromozytomen. Wie in malignen peripheren Nervenscheidentumoren
und Gliomen kann der somatische Verlust
des zweiten NF1-Allels nachgewiesen werden, was insgesamt die TumorsuppressorFunktion des Neurofibromins unterstützt.
Maligne periphere Nervenscheidentumoren entstehen auf dem Boden eines
plexiformen Neurofibroms (10 %) (siehe
Bildtafel 6); Erstsymptom einer Malignisierung ist in der Regel eine Schmerzhaftigkeit des plexiformen Fibroms. In diesen
Fällen ist eine zügige weiterführende Diagnostik mit PET, Biopsie und je nach Befund der Versuch einer Totalexstirpation
angezeigt, da die Prognose quoad vitam
ausgesprochen ungünstig ist.
Seltene viszerale Manifestation ad einer NF1 kann sich in Bauchschmerzen,
Obstipation, blutigen Stühlen oder nephrogen bedingtem Hypertonus äußern. In
1 % der Fälle lassen sich Nierenarterien­
stenosen nachweisen, daher regelmäßige
Blutdruckmessung! Zerebrale Aneurysmen und arteriovenöse Malformationen,
Moya-Moya-Syndrom und andere Gefäßdysplasien können gehäuft in Assoziation
mit NF1 auftreten.
Bei Verhütungswunsch junger Mädchen mit NF1 muss auf die Möglichkeit
der Beschleunigung des Fibromwachstums
bei hormoneller Kontrazeption hingewiesen werden.
Kinder mit NF1 bedürfen einer regelmäßigen neuropädiatrischen Verlaufskontrolle in speziellen Ambulanzen, um Komplikationen rechtzeitig zu erkennen und
eine Therapie einleiten zu können.
Neurofibromatose Typ 2
Die Neurofibromatose Typ 2 (NF2) ist im
Kindesalter sehr selten. Auch sie ist eine
Bildtafel 7: Neurofibromatose Typ
2. Bilder A und B:
koronare MRT mit
Nachweis bilateraler Akustikusneurinome und eines
Meningioms. Bild
C: subkapsuläre Katarakt.
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autosomal dominante Erkrankung mit einer Inzidenz von 1:40.000. Das NF2-Gen
ist auf dem Chromosom 22 lokalisiert, das
Genprodukt Merlin oder Schwannomin
scheint eine Funktion bei der Verknüpfung
von Bestandteilen der Zellmembran mit
dem Zytoskelett zu haben. In zahlreichen
Tumoren konnte ein Verlust des 2. NF2Allels nachgewiesen werden, was für eine
Tumor-Suppressor-Funktion auch beim
NF2-Gen spricht.
Tumoren des VIII. Hirnnerven sind
ein häufiger Befund bei NF2, dabei handelt es sich um ein- und beidseitige Vestibularis-Schwannome. Tinnitus, Schwindel oder Gleichgewichtsstörungen sind das
klinische Leitsymptom. Sie können in jedem Lebensalter auftreten mit Manifestationsgipfel im 2. Lebensjahrzehnt. Häufig treten Schwann-Zell-Tumoren anderer Hirnnerven, Spinalwurzeln oder peripherer Nerven auf. Methode der Wahl
in der Diagnostik ist die zerebrale MRT,
wobei die Schwann-­Zell-Tumoren charakteristischerweise Kontrastmittel aufnehmen. Meningiome und spinale Raumforderungen finden sich bei NF2 häufig, können auch einmal sehr selten Erstsymptom
im Kindesalter sein (siehe Bildtafel 7).
Die posteriore subkapsuläre Katarakt
ist ein Frühsymptom der NF2 und geht den
Vestibularis-Schwannomen um Jahre voraus, sodass ihr zur Früherkennung der
NF2 eine besondere Bedeutung zukommt.
Auch scheinen kongenitale Katarakte mit
NF2 häufiger assoziiert zu sein.
Die bei der NF1 so charakteristischen
Hautbefunde lassen einen bei NF2 im
Stich: Café-au-lait-Flecken sind selten,
das Freckling fehlt ebenso wie die LischKnötchen immer bei NF2. Im Gegensatz
zur NF1 treten Neurofibrome bei NF2 fast
immer isoliert auf.
Therapeutische Konsequenzen haben der Nachweis von Meningiomen bei
NF2 mit dem Risiko epileptischer Anfälle
und der Notwendigkeit operativer Maßnahmen. Bei Nachweis von Vestibularis-­
Schwannomen stellt sich die Frage nach
der Möglichkeit gehörerhaltender Operationsverfahren durch frühzeitige operative Verfahren in einem spezialisierten
Zentrum. Nach Verlust des Gehörs stehen
spezifische Betreuungskonzepte zur Verfügung. Tinnitus, Schwindel und Hörstörung sind wichtige Frühsymptome, über
die der Patient früh und wiederholt aufgeklärt werden muss!
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Korrespondenzadresse
Prof. Dr. Gerhard Kurlemann
Universitätsklinikum Münster
Klinik für Kinder und Jugendmedizin
Allgemeine Pädiatrie, Bereich Neuropädiatrie
Albert Schweitzer Campus 1
Gebäude A1
48129 Münster
Tel.: 02 51/8 34 77 62
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Überempfindlichkeit gegenüber dem wirksamen Bestandteil oder einem der sonstigen Bestandteile. Brausetabletten zusätzlich: Bei Zucker-Unverträglichkeit Einnahme nur nach Rücksprache mit dem Arzt. Tropfen zusätzlich:
Kinder < 1 Jahr. Nicht für Personen, denen die Einnahme auch minimaler Alkoholmengen vom Arzt untersagt wurde. Nebenwirkungen: Sehr selten allergische Reaktionen (Atemnot, Schwellungen, Hautrötungen, Juckreiz).
Gelegentlich bei empfindlichen Personen Magen-Darm-Beschwerden (Übelkeit, Erbrechen, Durchfall). Pastillen zusätzlich: Bei den ersten Anzeichen einer Überempfindlichkeitsreaktion nicht nochmals einnehmen. Warnhinweise:
Prospan® Husten-Brausetabletten enthalten Lactose und Natriumverbindungen. Prospan® Hustentropfen enthalten 47 Vol.-% Alkohol! Stand der Information: Juli 2013. Engelhard Arzneimittel GmbH & Co. KG, Herzbergstr. 3,
61138 Niederdorfelden.
Kinderärztliche Praxis 84, xxx – xxx (2013) Nr. 6 www.kipra-online.de
www.prospan.de
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