Hermsdorf - Sicherheitsdienst statt Polizei | MDR.DE

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Mittwoch, 28. November 2007
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exakt vom 27.11.2007
Hermsdorf - Sicherheitsdienst statt Polizei
Manuskript des Beitrages
von Anett Wundrak
Die Polizei von Hermsdorf macht dicht, wenn es dunkel wird. Die
Lösung: Ein privater Sicherheitsdienst patrouilliert nun durch
den Ort - im Auftrag der Kommune.
Hermsdorf 20:00 Uhr. Alkoholdunst liegt über dem Busbahnhof.
O-Töne: Frank Altermann und
Stefan Ritter, Flash Security
"Hallo, schönen guten Abend, alles in
Ordnung mit Ihnen?"
"Ja."
"Warten Sie auf den Bus?"
"Die Scherben und der Unrat hier, das
ist nicht okay."
Zwei muskelbepackte Herren mit
Ein privater Sicherheitsdienst
fettem Aufdruck "Security" auf dem
sorgt jetzt für Ordnung in
Rücken, die sich hier um die Ordnung
Hermsdorf
sorgen. Ein ungewöhnliches Bild. Vier
Stunden früher: Wir waren verabredet
mit Gerd Pillau, dem Bürgermeister von Hermsdorf. Und der ist gerade
auf der Suche nach der Polizei. Gerade mal zwei Beamte - einer für die
Stadt zuständig, der andere für die Verwaltungsgemeinschaft - gibt es
hier noch. Zu erreichen nur wochentags, nur bis 16:00 Uhr. Dann ist
Feierabend. Der Bürgermeister versucht es trotzdem - telefonisch.
O-Ton: Gerd Pillau, Bürgermeister Hermsdorf
"Grüß Dich! Sag mal, wo steckt denn Ihr. Bist Du noch im Dienst? Ich
habe gedacht, dass Ihr noch in der Nähe seid. Da muss ich sehen, wie
ich klar komme! Gut okay. Tschüß!"
Gerade wenn es dunkel wird, gäbe es eigentlich viel zu tun für die
offiziellen Ordnungshüter. Pöbeleien und Randale haben zugenommen.
Vor allem ältere Leute würden sich abends nicht mehr richtig auf die
Straße trauen - aus Angst vor alkoholisierten Jugendlichen. Der
Bürgermeister hat deshalb Anfang des Monats einen Vertrag mit einem
privaten Sicherheitsdienst geschlossen. - Ein Pilotprojekt.
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O-Ton: Gerd Pillau, Bürgermeister Hermsdorf
"Wir probieren es mal, dass wir vielleicht dadurch diese Gruppen ein
bisschen in den Griff bekommen, und auch die Sicherheit für unsere
älteren Bürger erhöhen."
O-Ton: Frank Altermann, Flash Security
"Gut, packen wir's!"
Täglich von 17:00 Uhr bis 01:00 Uhr nachts sind sie seitdem die
Ordnungsmacht der Stadt. Frank Altermann und Stefan Ritter.
Hoheitliche Rechte wie die Polizei haben sie nicht. Aber ...
O-Ton: Frank Altermann, Flash Security
"Nothilfe dürfen wir anwenden. Wir können Sachbeschädigung
abwenden, wenn wir jemanden auf frischer Tat erwischen. Den dürfen
wir dann vorläufig festhalten."
"Wenn wir noch mal hintergehen in die Straße, wo wir gestern das
Pärchen erwischt hatten, die dann weg gerannt sind. Da gucken wir
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noch mal, was da heute ist. Scheibe ist auch repariert, siehst Du?"
Schichtbeginn. Die Männer mit dem breiten Kreuz fallen auf. Eine ältere
Dame ist erfreut über den ungewöhnlichen Polizeiersatz.
O-Töne: Stefan Ritter und Frank
Altermann, Flash Security
"Das hören wir gerne, wir versuchen
unser Bestes!"
"Hauptsächlich sind wir präventiv im
Einsatz, das heißt also dadurch, dass
wir gesehen werden, dass wir für
Ordnung sorgen, wissen die: 'Aha,
hier ist jemand, hier kann ich meinen
Unfug nicht treiben.'"
"Jungs, Guten Abend? Busse fahren,
glaube ich, nicht mehr um die Zeit!"
Der Sicherheitsdienst wird von
einer Zentrale koordiniert
Frank Altermann und Stefan Ritter
sind eingewiesen, was sie dürfen und was sie nicht dürfen. Sie mussten
eine Sachkundeprüfung bei der Industrie- und Handelskammer ablegen.
Schließlich üben sie hier im Auftrag der Stadtverwaltung das Hausrecht
aus, können Platzverweise erteilen.
O-Ton: Stefan Ritter, Flash Security
"Nehmt Eure Sachen noch mit."
Dass sich den beiden irgendeiner ernstlich widersetzen würde, ist wohl
eher unwahrscheinlich. Trotzdem betonen sie gerne ihre prinzipielle
Friedfertigkeit.
O-Ton: Frank Altermann, Flash Security
"Es kommt in den seltensten Fällen zu körperlicher Gewalt. Und das ist
auch gut für uns. Wir sind auch verwundbar, wollen gesund nach Hause,
haben Familie. Man kann das alles mit Worten, mit überlegten Worten,
entschärfen."
Weil sich die nächste Tag und Nacht besetzte Polizeiinspektion im 15
Kilometer entfernten Stadtroda befindet, haben die beiden
Security-Männer quasi die Hoheit über die gesamte Stadt. Genauso wie
normale Polizisten sind sie aufgeschaltet bei einer Zentrale. In ihrem
Fall sitzt die in Berlin. Hier koordiniert und beobachtet man eigentlich
die Einsätze für private Auftrageber, z.B. in Diskotheken, bei
Großveranstaltungen. Bundesweit. Per Internet. Eine ganze Stadt zu
überwachen - das ist auch für die Sicherheitsleute neu. Hermsdorf ist
der erste öffentliche Auftraggeber. Natürlich wären dem Bürgermeister
vom Land finanzierte Polizisten lieber.
O-Ton: Gerd Pillau, Bürgermeister Hermsdorf
"Aber wir kennen das ja von der ganzen Finanzierung der Sicherheit im
Freistaat oder in der Bundesrepublik, dass überall auf die Kosten
gesehen wird. Damit müssen wir leben, dass also nicht rund um die Uhr
Polizeipräsenz da ist."
Die knapp 8.000 Euro pro Monat für den privaten Sicherheitsdienst teilt
sich die Stadt mit den großen Vermietern. Der Genossenschaft und der
Wohnungsbau- und Verwaltungsgesellschaft - mit allein 1.800
Wohnungen. Erstaunlich, aber wahr: Wer Ärger mit dem Nachbarn hat,
sich sonst irgendwie belästigt fühlt, der soll neben der "110" schon mal
an die Hotline des neuen Sicherheitsdienstes gewöhnt werden.
O-Ton: Frank Altermann, Privater Sicherheitsdienst
"Jungs, alles okay?!"
Mittlerweile ist es kurz vor Mitternacht. Wieder gibt es Ärger am
Busbahnhof. Und langsam haben auch die beiden Muskelmänner die
Nase voll vom Katz- und Mausspiel.
O-Töne: Stefan Ritter und Frank Altermann, Flash Security
"Da ihr ja offensichtlich alle zusammengehört, spreche ich Euch alle an.
Verlasst jetzt das Gelände. Morgen, weiß ich nicht, wenn wir Euch
wieder sehen, machen wir es wahrscheinlich wieder."
"Ganz ordentlich und sachlich bleiben! Wir können auch die Personalien
aufnehmen und eine Anzeige machen! Das ist auch eine Möglichkeit. Ich
denke mal, Ihr dreht Euch um und geht nach Hause."
Erst einmal auf Probe bis Ende des Jahres ziehen die Security-Männer
ihre nächtlichen Runden durch Hermsdorf. Dann wird man weiter sehen.
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O-Ton: Stefan Ritter, Privater Sicherheitsdienst
"Kommt, macht jetzt!"
zuletzt aktualisiert: 28. November 2007 | 15:17
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