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Fachartikel
Forschung: Alternativen für die Bordnetzmontage
Leichtere Autos schonen Umwelt und Portemonnaie
Kosten- und Gewichtsreduktion durch automatisierte Verlegung von Flachleitern
Im Automobilbau stehen die Weichen auf Veränderung. Politik und Verbraucher fordern im Kampf gegen den Klimawandel Autos, die wenig Kraftstoff verbrauchen und damit deutlich weniger CO2 ausstoßen. Neben der Forschung nach
überzeugenden Antriebsalternativen zum herkömmlichen Verbrennungsmotor, steht die Suche nach Einsparpotentialen
im Fokus. Ein Ansatz ist die Minderung des Gewichts der Fahrzeuge.
Heutzutage beruht der Großteil der beliebtesten Ausstattungsmerkmale eines Neuwagens auf Funktionen, die mittels Elektronik realisiert werden. Doch die dazu notwendigen Bordnetzsysteme treiben Gewicht und Kosten der Fahrzeuge in die Höhe.
Gewicht, da die konventionellen Kabelbäume an Masse und Volumen immer mehr zugenommen haben. Kosten, da bei der
Konfektionierung und Montage eine Automatisierung auf Basis bestehender Technologien praktisch nicht möglich ist.
Ausgehend von der Überlegung, dass die Verlegung flexibler Flachleiterkabel anstelle des herkömmlichen Kabelbaums Kosten und Gewicht der Fahrzeuge reduzieren könnte, begannen Wissenschaftler des Lehrstuhls für Fertigungsautomatisierung
und Produktionssystematik (FAPS) der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg ihre Forschungsarbeiten: Sie untersuchten die automatisierte Handhabung und Montage von flexiblen Flachleiterkabeln und entwickelten einen entsprechenden Anlagenprototyp.
Die FAPS Forschungsanlage macht es möglich, mehradrige Flachleiterkabel auf dreidimensionalen, flächigen Modulen (einer
Fahrzeugtür beispielsweise) Roboter geführt zu verlegen und mittels der Verfahren Schmelzkleberauftrag oder Laserstrahlschweißen zu fügen. Im Mittelpunkt der Forschung stand die Verbindung der Kabel mit Funktionselementen, da die Stränge
nach der Verlegung ja nur noch von einer Seite zugänglich sind. Eine neue Kontaktierungstechnologie musste entwickelt
werden. Sie sollte automatisierbar sein und den zusätzlichen Prozessschritt des Abisolierens überflüssig machen. Die mittlerweile zum Patent angemeldete Federklammer-Direktkontaktierung ist der Erfolg dieser Entwicklungsarbeit.
Bei diesem Konzept wird das zu kontaktierende Flachleiterkabel zunächst über einen kleinen „Kontaktberg“ verlegt. Während
der linearen Zustellbewegung des zu kontaktierenden Funktionselements durchtrennen die Schneiden der beiden Kontaktbeine einer Federklammer die Isolationsschicht des Flachleiterkabels, gleiten auf dem Kupferleiter ab und schieben sich
dabei unter die Isolation. Nun muss bis zur endgültigen Verschraubung des Funktionselements (z.B. einem Lautsprecher) mit
dem Funktionsträger (Türmodul) eine Niederhaltekraft aufgebracht werden, die der Federkraft der Federklammern entgegenwirkt. Nach der Verschraubung ist dann die gewünschte kraftschlüssige und redundante elektrische Verbindung zwischen
Flachleiterkabel und Funktionselement erreicht.
Die Umsetzbarkeit der Federklammer-Direktkontaktierung wird am FAPS Lehrstuhl in verschiedenen Montagezellen demonstriert und evaluiert. So werden dort unter anderem die automatisierte Flachleiterverlegung, die Flachleiterkontaktierung sowie
die vollständige automatisierte Montage von PKW-Modulen, die Flachleiterkomponenten enthalten, untersucht.
In einer der Fertigungszellen wenden zwei Roboter die Federklammer-Direktkontaktierung exemplarisch an, um Flachleiter
und elektrische Systeme – in diesem Fall einen Lautsprecher – in einer Fahrzeugtür zu montieren. Zwei Linearroboter des
Typs Reis Robotics RL16 sind so angeordnet, dass zwischen ihnen ein gemeinsamer Arbeitsraum entsteht. Um die durch
Linearroboter gegebenen Freiheitsgrade zu erweitern, ist das Werkstück auf einem Hexapod angebracht, der zusätzliche
Positionsveränderungen ermöglicht. Der zelleninterne Materialfluss wird über ein Doppelbandgurtsystem abgewickelt.
Den Robotern stehen über die in der Montagezelle enthaltenen Greiferbahnhöfe verschiedenste Werkzeuge zur Verfügung.
Für die elektrische Kontaktierung des Lautsprechers mit dem in der Fahrzeugtür verlegten Flachleiterkabel sind ein komplexes Schraubsystem mit Schraubenzuführung sowie ein spezieller Kontaktierungsgreifer im Einsatz.
Während der Greifer von den Wissenschaftlern des Lehrstuhls für diese Aufgabe eigens entwickelt wurde, setzte das Team
um Dipl.-Inf. Markus Michl bei Schraubwerkzeug, Schraubenzuführung und Schraubsteuerungstechnik auf die Kompetenz
des Schraub- und Automatisierungsspezialisten DEPRAG SCHULZ GMBH u. CO. aus Bayern. Die Hauptkomponente des
Schraubsystems besteht aus einem DEPRAG Schrauber des Typs MINIMAT®-E 320E27-0042 mit einem für den AnwendungsDP-DE-PI-2010-03
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fall geeigneten Drehmomentbereich von 0,7 bis 4,2 Nm. Projektleiter Dipl.-Inf. Markus Michl: “Aufgrund seiner minimalen
Baugröße und des geringen Gewichts erweist sich dieses Gerät als bestens geeignet für ein Schraubwerkzeug am Endeffektor des Roboters“.
Um dem MINIMAT®-E EC-Schrauber die vier für den Lautsprecher benötigten Schrauben M4 x 12 mm automatisch zuzuführen, benutzt die FAPS für ihre Anlage ein Schraubenzuführsystem, das bei der DEPRAG in Standardausführung erhältlich
ist. Basierend auf der Vibrationswendelfördertechnik zeichnet sich das Schraubenzuführsystem durch eine hohe und zuverlässige Förderleistung aus. Es besteht aus einem Schwingförderer, einem Einfachwendelfördertopf und einer Vereinzelung.
Die Schrauben werden automatisch vor jedem Schraubvorgang über einen Zuführschlauch zugeschossen. Die Schraube
wird über das Mundstück und die Schnabelhülse ideal geführt und zum Verschrauben lagegenau bereitgestellt. Der Roboter
positioniert das Paket Schrauber, Mundstück und Schnabelhülse an der Schraubstelle in Schraubposition. Mit Hilfe einer
Lineareinheit fährt der Schrauber nach unten – seine Klinge taucht durch Mundstück und Schnabelhülse hindurch – auf den
Schraubenkopf. Nach dem Startsignal durch die übergeordnete Steuerung wird nun die über den Zuführschlauch eingeschossene Schraube eingedreht.
Die Schrauben werden in einem zweistufigen Prozess befestigt: Zuerst wird die Schraube mit einer langsamen Drehzahl
eingefädelt und im Anschluss daran auf vorgegebenes Drehmoment (minimal 1,2 Nm / maximal 1,8 Nm) angezogen. Beim
erreichten Drehmoment schaltet der Schrauber automatisch ab. Die Schraube sitzt sicher – immer mit dem gleichen Drehmoment – mit einer maximalen Standardabweichung von 3% im Bauteil. Innerhalb 1,3 Sekunden ist die Schraube eingedreht.
Dieser Einschraubprozess wird von der DEPRAG Schraubsteuerung AST10 überwacht, die in den steuerungstechnischen
Aufbau der Montagezelle integriert ist.
Bernd März, Leiter des DEPRAG Entwicklungszentrums Mechatronik, beschreibt die vielfältigen Einsatzmöglichkeiten der
AST10: „Unsere AST10 Ablaufsteuerung findet sowohl in vollautomatisierten Montageanlagen als auch an Handarbeitsplätzen ihren Einsatz.“ Sie dient dort als Schraubsteuerung für bürstenlose EC-Motoren, zur standortunabhängigen Bedienung
und Überwachung von Schraubprozessen, zur zentralen Datenerfassung und Datenbereitstellung, zum Datenabgleich mit
externen Datenbanken und zum weltweiten Zugriff auf Prozessdaten. Die Vorteile liegen in der hohen Präzision, der durchdachten Softwareergonomie, der http-Schnittstelle und dem integrierten Webserver.
Dipl.-Inf. Markus Michl entschied sich für die DEPRAG AST10 als Schraubsteuerung „weil uns die einfache Integration in unser
Steuersystem überzeugt hat“. Zentrale Steuerungskomponente der prototypischen FAPS Montageanlage ist ein PC, der über
verschiedene Schnittstellen an die einzelnen Gerätesteuerungen – wie auch die AST10 – gekoppelt ist und diese bedarfsgerecht ansteuern kann. Über Ethernet ist eine Verbindung des Steuerrechners mit den beiden Maschinensteuerungen der
Industrieroboter gewährleistet, denen über Datenpakete im XML-Format Fahranweisungen von extern vorgegeben werden
können.
Ebenso besteht eine Ethernet-basierte Kommunikationsverbindung zum Hexapod. Über USB Schnittstellen sind ferner zwei
IO-Warrior (Microcontroller zur Prozessüberwachung) angeschlossen, die SPS-typische Aufgaben, wie das Setzen und Lesen
von digitalen Ein- bzw. Ausgängen, erlauben. Über die IO-Warrior sind Aktoren (Magnetventile zur Druckluftsteuerung) und
Sensoren (Kontrolle des Schraubenzuschusses, Erkennung der Zustellposition der Lineareinheit) zur Koordinierung der Arbeit
des Vibrationswendelförderers sowie der Zuführkomponenten mit dem Steuerrechner verbunden.
Die DEPRAG Schraubensteuerung AST10 ist über ihren PLC-Port mit dem IO-Warrior vernetzt. Über diese Kommunikationsschnittstelle wird der Schraubsteuerung die Auswahl des Schraubprogramms mitgeteilt, die Startfreigabe zur Verschraubung
gegeben sowie Rückmeldungen seitens der Schraubsteuerung (System IO/NIO, Verschraubung IO/NIO) empfangen. Darüber
hinaus bestehen Serielle und Ethernet-Verbindungen zur Schraubsteuerung, um im Rahmen der Prozessüberwachung detaillierte Informationen über den Verlauf des Schraubvorgangs zu erhalten.
Über die serielle Verbindung werden Datenstrings übermittelt, die z.B. Informationen über Endanzugsmomente der Schrauben oder Fehlercodes enthalten. Der Inhalt dieser Datenstrings kann vorab über das webbasierte Konfigurationsinterface der
AST10 Steuerung konfiguriert werden. Über einen http-Request kann zur Prozessanalyse und Dokumentation eine detaillierte
Datenaufzeichnung des Schraubvorgangs abgerufen werden. Somit stehen beispielsweise Drehmoment, Drehwinkelverlauf
und Nummer der Schraubphase im Takt von wenigen Millisekunden zur Analyse im Fehlerfall und damit zur Prozesskontrolle
zur Verfügung.
Mit diesen datentechnischen Verknüpfungen sind für Dipl.-Inf. Markus Michl optimale Voraussetzungen für eine bedienerfreundliche zentrale Koordinierung der gesamten Montagezelle geschaffen. Um diese für den Nutzer so einfach wie möglich
zu machen, werden elementare Funktionen wie Roboter- oder Hexapodbewegungen, die Zuführung von Schrauben oder die
Ausführung von Schraubprogrammen in einer Ablaufsteuerung zusammengefasst, die in der objektorientierten Scriptsprache
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Python implementiert ist.
Dadurch wird der Bediener enorm entlastet: Die zeitaufwändige und fehleranfällige Arbeit der Erstellung von Ablaufprogrammen entfällt. Seine Aufgabe ist es lediglich, in einem vorgegebenen Datenformat Arbeitsanweisungen an die Geräte zu
spezifizieren. Das gewählte Datenschema enthält immer fünf Elemente nach dem Schema „Auftragsname/Vorbedingung/
Maschinenname/Befehl/Parameter“.
Und so läuft die vollautomatische Türmodulmontage nun ab: Das Türmodul mit den bereits aufgebrachten Flachleiterkabeln
sowie der zu montierende Lautsprecher werden über das interne Transfersystem zugeführt. Das Türblech ist als Basiskomponente auf einer Palette fixiert, die auf den Hexapod gespannt wird. Anschließend nimmt der Roboter, der mit dem Kontaktierungsgreifer ausgestattet ist, den Lautsprecher auf und setzt diesen an die vorgegebene Montageposition. Dabei wird
bereits die Kontaktierung zwischen Flachleiterkabel und Lautsprecher hergestellt. Hauptschwierigkeit: Der Roboter muss
diese Position solange beibehalten, bis der Lautsprecher dauerhaft durch Verbindungselemente fixiert, also verschraubt ist.
Das ist die Aufgabe des zweiten Roboters, der das Schraubwerkzeug handhabt. Dieser fährt jeweils eine Verbindungsstelle
an, woraufhin die Schraube zugeführt wird. Damit wird der Schraubvorgang ausgelöst und die Schraube auf Drehmoment
eingedreht. Dieser Vorgang wird für alle Verbindungsstellen wiederholt. Danach kehren die beiden Roboter in die Ausgangsposition zurück, das montierte Türmodul wird wieder aus der Zelle ausgeschleust.
Dipl.-Inf. Markus Michl hebt das Potential der Forschungsanlage hervor: „Aufgrund der entwickelten flexiblen SoftwareFrameworks ist auch die Erprobung weitaus komplexerer Abläufe mit mehreren auf dem Türmodul zu kontaktierenden Komponenten mit minimalem Aufwand umsetzbar.“ Auch die Fertigung anderer Moduleinheiten sowie der Einsatz modifizierter
Kontaktierun gstechnologien könne ohne weiteres realisiert werden. Vor einer breiten Verwendung dieser neuen Technologie
im Automobilbau müssen allerdings noch weitere abschließende Untersuchungen folgen. In Langzeituntersuchungen wollen
die Wissenschaftler unter anderem die Zuverlässigkeit dieser und anderer alternativer Verkabelungs- und Kontaktierungsarten analysieren.
Lehrstuhl für Fertigungsautomatisierung und Produktionssystematik
Der Lehrstuhl für Fertigungsautomatisierung und Produktionssystematik (FAPS) ist Teil der Friedrich-Alexander-Universität
Erlangen-Nürnberg, die Zentrum der wissenschaftlichen Forschung und Ausbildung in der Metropolregion Nürnberg ist. Etwa
24.000 Studenten in elf Fakultäten finden dort heute ein breit gefächertes Angebot an Studieneinrichtungen. Unter Leitung
von Prof. Jörg Franke sind etwa 20 wissenschaftliche Mitarbeiter am FAPS-Lehrstuhl damit beschäftigt, unterschiedliche
Themen zur Prozess- und Anlagengestaltung in den Bereichen Handhabungs- und Montagetechnik, Elektronikproduktion
sowie Planung und Simulation zu erforschen. Zahlreiche Forschungs- und Kooperationsprojekte (BMBF, BFS, DFG, AiF,
EU) wurden erfolgreich abgeschlossen. Darüber hinaus ist der Lehrstuhl an einem Sonderforschungsbereich der Deutschen
Forschungsgemeinschaft beteiligt.
Dipl.-Inf. Markus Michl, geb. 1980, ist seit 2006 wissenschaftlicher Mitarbeiter und beschäftigt sich schwerpunktmäßig mit
der Entwicklung von Überwachungs- und Diagnosesystemen für Produktionsanlagen.
Dipl.-Ing. Christian Ziegler, geb. 1979, ist ebenfalls seit 2006 als Wissenschaftler am Lehrstuhl beschäftigt und im Bereich der
Handhabungs- und Montagetechnik tätig.
Die DEPRAG SCHULZ GMBH u. CO. hat sich als Fullserviceanbieter im Bereich Schraubwerkzeuge, Druckluftmotoren,
Druckluftwerkzeuge und Automation einen Namen gemacht. Sie ist mit rund 600 Mitarbeitern in über 50 Ländern vertreten.
Schraub- und Messwerttechnik mit hoher Präzision und Flexibilität gehören zu den Kernkompetenzen des Maschinen- und
Anlagenbauers mit Firmensitz im bayerischen Amberg. Innovative Schraub- und Zuführtechnik gehören ebenfalls zum Portfolio des Automatisierungsspezialisten. Somit stammen die wesentlichen Elemente einer Anlage aus einer Fertigung. Für den
Kunden ergeben sich daraus bei Planung und Realisierung seiner Konstruktion entscheidende Vorteile: Er erhält die zentralen
Komponenten seiner Anlage aus einer Hand und vermeidet komplizierte Schnittstellen zwischen Anlagenbauer und Komponentenherstellern.
Pressekontakt:
Frau Dagmar Dübbelde
Tel.:
+49 9621 371-343
+49 9621 371-199
Fax:
e-mail: [email protected]
Firmenanschrift:
DEPRAG SCHULZ GMBH u. CO.
Kurfürstenring 12-18
92224 Amberg
e-mail: [email protected]
Internet: www.deprag.com
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