Kunst im öffentlichen Raum 2013, Preisträger
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Kunst im öffentlichen Raum 2013, Preisträger
Cortex. Verein zur Förderung visueller Forschung, „Warteräume, Eine visuelle Recherche in den Flüchtlingsunterkünften Tirols“ Flüchtlingsunterkünfte sind öffentliche Einrichtungen, die sich dem Blick der Mehrheitsgesellschaft entziehen. Auf die Probleme von AsylwerberInnen hinzuweisen ist grundsätzlich wichtig. Bei dem Projekt „Warteräume“ steht eine fotografische Architekturrecherche am Ausgangspunkt für eine subtile und respektvolle Beschäftigung mit den Menschen, die in diesen Gebäuden wohnen. Sie werden aber nicht nur hochqualitativ in ihrem aktuellen Umfeld abgebildet, sondern kommen in den Videointerviews auch zu Wort und berichten über ihre Lebenssituation. Tirol lebt von „den Fremden“. Offenbar werden nicht selten unmodern gewordene Beherbergungsbetriebe, die den Touristen nicht mehr zuzumuten sind, zu Flüchtlingsunterkünften umfunktioniert. AusländerIn ist nicht gleich AusländerIn. Auffallend ist auch, dass die Ausstattung der Räume ungeachtet der oft jahrelangen Aufenthaltsdauer ihrer BenutzerInnen absolut provisorisch ist. Der Kreis des Projekts schließt sich auf sowohl inhaltliche als auch visuelle Weise stimmig, indem die geplante Wanderausstellung in Containern – den Symbolen für Transit und Provisorien schlechthin – stattfinden wird. Andrea Lüth, „Stella für alle“ Andrea Lüth schreibt in ihrer Projektbeschreibung unter anderem: „Keine Alltagspolitik, kein Vorwurf, keine Moral, kein Witz, keine Kritik, kein Sarkasmus. Dafür Malerei, Poesie, Sehnsucht, Zauber, Kindheit, Ruhe, Rätsel, Aura.“ „Stella für alle“ ist ein Plädoyer für Kunst. Einer Bautafel oder einem Wahlwerbungsplakat gleich soll ein Foto mitten auf dem Marktplatz in Innsbruck aufgestellt werden. Es zeigt zwei Kinder, die sich ein großformatiges Gemälde von Frank Stella ansehen. Die Künstlerin, die das kleinere der beiden Kinder ist, erinnert sich noch heute an den Besuch des Museums in Dänemark im Zuge eines Familienurlaubs. Selbst wenn man nicht weiß, dass es sich um ein prägendes Erlebnis für zumindest eines der Kinder handelte, wird das Bild anregend wirken. Eventuell überlegt sich der eine seine Rolle als Betrachter der Betrachter oder die andere denkt über die Bedeutung von Museumsbesuchen mit Kindern oder die Nutzung öffentlicher Plätze nach. Der Marktplatz – etliche Jahre lang gab es Überlegungen hier ein Haus der Moderne zu errichten – ist ein prominenter Unort ohne Profil, der immer wieder für temporäre Veranstaltungen genutzt wird und den besten Ausblick auf die gotischen Häuserfassaden auf der anderen Innseite bietet. Beide, Gemälde und Fassaden, werden geprägt von kräftigen Farben. „Stella für alle“ interagiert auf mehreren Ebenen und ist kunsttheoretisch betrachtet ein gelungenes Beispiel für einen subtilen Umgang mit Appropriation. Das Foto aus dem Familienalbum, das ein wichtiges Werk der Kunstgeschichte des 20. Jahrhunderts zeigt, wird zum Billboard auf einem zentral gelegenen Platz mit unbestimmter Nutzung. Bei den RezipientInnen kommen vielleicht Fragen nach der eigenen Erinnerung ins Spiel, da man dem Foto ansieht, dass es ein Vierteljahrhundert alt ist. Wie war das, als man selbst als Kind ein Museum besuchte? Spannend, langweilig oder Abenteuer im Kopf? Alfredo Barsuglia, „HOTEL publik“ Schlafen ist eine intime Angelegenheit, die mit dem Projekt „HOTEL publik“ in die Öffentlichkeit gebracht wird. Ein kleines Häuschen, dessen Interieur aus einem Einzelbett und einem Ofen besteht, wird im Zentrum von Innsbruck zur kostenlosen Übernachtungsmöglichkeit für Menschen ohne Unterkunft, aber auch für jene, die erfahren möchten, wie es sich öffentlich schläft. Das „HOTEL publik“ soll von November bis Februar gratis benutzbar sein und wird von einem Verein für Obdachlose entgeltlich gewartet. Mit dieser Schlafkoje, die lediglich die minimalen Bedürfnisse nach Trockenheit und Wärme abdeckt und wie ein Modellhaus aussieht, auf die Problematik der Wohnungslosigkeit aufmerksam zu machen, ist eine Intention des Projekts. Auf der anderen Seite geht es darum vorzuführen, wie gläsern der Mensch im Allgemeinen geworden ist: durch Überwachung, aber auch durch freiwilliges nach Außenkehren des Privaten, wie etliche Dokusoaps im Fernsehen bestätigen. Die Hotelgäste bestimmen somit die Aussage des Projekts. Überlegungen zu den Themen Raumnutzung und Interieur, Innen und Außen, spielen im Gesamtwerk von Alfredo Barsuglia eine wichtige Rolle und „HOTEL publik“ scheint eine logische Konsequenz zu sein und den Schritt vom Ausstellungs- in den öffentlichen Raum zu wagen. Philipp Preuss, „BLOSSOM STILL“ Ein blühender Kirschbaum ist Ende April/Anfang Mai keine Seltenheit. Menschen, die an der Wiese zwischen Hofburg, Volkskunstmuseum und Landestheater öfters vorbeikommen, werden sich trotzdem wundern, wo das mehrere Meter hohe Exemplar so plötzlich herkommt. Die naturgetreue Nachbildung des blühenden Kirschbaumes soll ein ganzes Jahr an diesem Ort verbleiben und wird spätestens im Herbst auch für Ortsunkundige zur Irritation, die sich im Winter, wenn alles schneebedeckt ist, ins Mystisch-Theatralische steigert. Genau ein Jahr nach seiner Aufstellung wird der Baum gefällt und erst zu diesem Zeitpunkt wird sein Geheimnis ein Kunstprojekt zu sein gelüftet. Wenngleich weniger gefeiert als anderswo, sind auch in Tirol blühende Obstbäume ein Zeichen für den Frühling. Die wenigen Tage, die ein Baum in Blüte steht, einem Videostill gleich quasi „einzufrieren“ und auf ein ganzes Jahr auszudehnen, ist eine poetische Metapher für das Verhältnis von Natur und Künstlichkeit, das gerade in einer Tourismusregion permanent zur Debatte steht.