Der Citroën XM bot sechs Zylinder, das beste Fahrwerk und einen

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Der Citroën XM bot sechs Zylinder, das beste Fahrwerk und einen
RÜCKBLICK | Citroën XM
Platz für ein Lazarett: Heuliez karossierte Ambulanzen auf Basis des fast fünf Meter langen Kombis.
Der Break war Lademeister seiner Klasse.
GENIE UND WAHNSINN
Der Citroën XM bot sechs Zylinder, das beste Fahrwerk und einen Schuss Nonchalance. Doch
der deutsche Markt schien damit überfordert, hierzulande blieb er ein Exot.
Text: Alex Mannschatz
Autojournalisten spekulierten noch
im November 1988 darauf, dass der
Nachfolger des Citroën CX bestimmt DX
heißt. AX, BX gab es ja bereits. Denkste.
Als die Franzosen wenig später ihr Spitzenmodell enthüllten, hieß es XM. Eine
Reminiszenz an den legendären SM, jenem Zögling aus der Ehe mit Maserati.
Endlich wieder ein Citroën mit sechs Zylindern! Fahrwerkstechnisch hatte man
alle Register gezogen und bereitete die
Stammkundschaft mit dicken Werbewälzern auf ungeahnte Fahrerlebnisse vor.
Zur Erklärung des neuen hydraktiven
Fahrwerks bemühte Citroën gar den
Physiker Blaise Pascal. Der war zwar
schon 1662 verblichen, allerdings nicht
ohne der Welt sein hydrostatisches Paradoxon zu hinterlassen: »Ruhende Flüssigkeiten übertragen vollständig und in
all ihren Punkten die Druckveränderungen, denen sie ausgesetzt werden.« Aha.
So bot der auf Hydrauliköl gedämpfte XM tatsächlich ein Fahrverhalten, das
66 FIRMENAUTO Februar/März 2016
einem permanenten Schwebezustand
gleichkam. Komfortabel, aber nicht mehr
im Schiffschaukelmodus wie bei seinen
Vorgängern. Rechnergestützt ließ sich die
Abstimmung zwischen »automatisch«
und »sportlich« (straff) variieren, angesteuert durch einen Schiebeschalter auf
der Mittelkonsole. Dazu kam ein exzellenter Sitzkomfort. Fahren wie im Fernsehsessel: Das Flaggschiff aus Rennes
wurde folgerichtig zum Auto des Jahres
1990 gewählt.
Tolles Fahrwerk, aber Probleme mit der
Elektrik
Gerade noch rechtzeitig, denn kurz darauf begannen die Problemchen. So sehr
man Wert auf bahnbrechende Fahrwerkstechnik und Optik gelegt hatte, den
Kleinteilezukauf überließ man offenbar
einer Gruppe von Ferienpraktikanten.
Manche Steckverbindungen im elektrischen System kollabierten bereits nach
kurzer Zeit und sorgten für angeregte
Kommunikation zwischen Auto und Besitzer. Ständig blinkte es irgendwo. Mal
gingen Warnlämpchen für die Airbags
an, mal verabschiedete sich die Computeranzeige von der Hälfte ihrer Pixel oder
die Sitzheizung quittierte ihren Dienst.
Schwamm drüber, denn endlich bot
Citroën oberklassenadäquate Motoren,
darunter besagten knapp 200 PS starken
Sechszylinder-Benziner sowie einen
knalleng eingebauten 2.5 TD mit elektronischer Einspritzung.
Aufsehen erregte vor allem der ab 1991
gebaute und fast fünf Meter lange Kombi mit automatischem Niveauausgleich.
Bis zu 1.960 Liter Fassungsvermögen prädestinierten ihn für sehr spezielle Gewerbe. Die Firma Rappold in Wülfrath etwa
baute ihn als Leichenwagen. Apropos:
Das große Sterben des XM hat längst begonnen, hierzulande wurde er ohnehin
nur 42.694-mal verkauft. Etwa 2.000 davon sind derzeit noch zugelassen. Eigentlich viel zu wenig.

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