Typografische Animationen – Schrift in Bewegung: Analyse der

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Typografische Animationen – Schrift in Bewegung: Analyse der
Typografische Animationen –
Schrift in Bewegung:
Analyse der durch Kinetik
hervorgerufenen Veränderungen im
Vergleich zu statischer Typografie
Sabine Ehrenhauser
DIPLOMARBEIT
05/1/0305/004
eingereicht am
Fachhochschul-Masterstudiengang
Digitale Medien
in Hagenberg
im September 2007
c Copyright 2007 Sabine Ehrenhauser
Alle Rechte vorbehalten
ii
Erklärung
Hiermit erkläre ich an Eides statt, dass ich die vorliegende Arbeit selbstständig und ohne fremde Hilfe verfasst, andere als die angegebenen Quellen
und Hilfsmittel nicht benutzt und die aus anderen Quellen entnommenen
Stellen als solche gekennzeichnet habe.
Hagenberg, am 4. September 2007
Sabine Ehrenhauser
iii
Inhaltsverzeichnis
Erklärung
iii
Danksagung
vi
Kurzfassung
vii
Abstract
viii
1 Einleitung
1
2 Entwicklung der Bewegung von Schrift
2.1 Anfänge . . . . . . . . . . . . . . . . . .
2.2 Stummfilm . . . . . . . . . . . . . . . .
2.3 Tonfilm . . . . . . . . . . . . . . . . . .
2.4 Experimentalfilm . . . . . . . . . . . . .
2.5 Fernsehen . . . . . . . . . . . . . . . . .
2.6 Aktueller Stand . . . . . . . . . . . . . .
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3 Wahrnehmung und Bewegung
3.1 Bewegungsarten . . . . . . . . . . . . . .
3.1.1 Reale Bewegungen . . . . . . . .
3.1.2 Scheinbewegungen . . . . . . . .
3.2 Leistungen der Bewegungswahrnehmung
3.3 Figur-Grund-Beziehung . . . . . . . . .
3.3.1 Gestaltfaktoren . . . . . . . . . .
3.3.2 Hintergrund . . . . . . . . . . . .
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4 Kategorisierung
4.1 Zweck der typografischen Zeichen
4.1.1 Experiment . . . . . . . .
4.1.2 Narration . . . . . . . . .
4.2 Rolle der Typografie . . . . . . .
4.2.1 Visuelle Symbole . . . . .
4.2.2 Emotionaler Träger . . .
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INHALTSVERZEICHNIS
4.3
4.4
4.5
4.6
v
Ziel der Animation . . . . . . . . . . . . .
4.3.1 Unterhaltung . . . . . . . . . . . .
4.3.2 Information . . . . . . . . . . . . .
Rolle des Betrachters . . . . . . . . . . . .
4.4.1 Beobachter . . . . . . . . . . . . .
4.4.2 Leser . . . . . . . . . . . . . . . . .
4.4.3 Interakteur . . . . . . . . . . . . .
Gestaltung . . . . . . . . . . . . . . . . .
4.5.1 Reine Typografie-Animation . . .
4.5.2 Kombination von Bild und Schrift
Umsetzung . . . . . . . . . . . . . . . . .
4.6.1 Realfilm . . . . . . . . . . . . . . .
4.6.2 Analoger Trickfilm . . . . . . . . .
4.6.3 Computergenerierte Animation . .
4.6.4 Collage . . . . . . . . . . . . . . .
5 Veränderungen durch Bewegung
5.1 Warum Bewegung . . . . . . . . . . . . .
5.1.1 Aufmerksamkeit erregen . . . . . .
5.1.2 Zusätzliche Information vermitteln
5.1.3 Leseverhalten beeinflussen . . . . .
5.2 Gestaltungsregeln . . . . . . . . . . . . . .
5.2.1 Statische Typografie . . . . . . . .
5.2.2 Bewegte Schrift . . . . . . . . . . .
5.3 Lesbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . .
5.3.1 Lesearten . . . . . . . . . . . . . .
5.3.2 Schriftarten . . . . . . . . . . . . .
5.3.3 Auszeichnungen . . . . . . . . . . .
5.3.4 Bewegungsgeschwindigkeit . . . . .
5.3.5 Bildbereiche . . . . . . . . . . . . .
6 Einsatzgebiete
6.1 Film & Fernsehen . . . . .
6.2 Internet . . . . . . . . . .
6.3 Installationen . . . . . . .
6.4 Bildschirmpräsentationen
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63
67
69
71
7 Schlussbetrachtungen
72
A Inhalt der CD-ROM
75
Literaturverzeichnis
76
Danksagung
An dieser Stelle möchte ich die Gelegenheit nutzen und mich bei einigen Personen bedanken, die zum Gelingen dieser Arbeit einen wesentlichen Beitrag
geleistet haben.
Mein ausdrücklicher Dank gilt natürlich Mag. Roland Keil für die inspirierende und gewissenhafte Betreuung während des letzten Semesters,
meinem Freund Michi für’s Korrekturlesen, meiner Mutter und meinem Vater, die mich all die Jahre sowohl seelisch als auch finanziell unterstützt
haben, meinen Großeltern, die mir immer die Daumen drücken und stolz
auf mich sind aber leider viel zu selten von mir besucht werden, Traudi für
die exzellente Verköstigung an den Wochenenden und meinen Studienkollegen und Freunden für die zahlreichen interessanten Gespräche und positiven
Erlebnisse während der letzten fünf Jahre.
vi
Kurzfassung
Im Zentrum der vorliegenden Diplomarbeit stehen die Veränderungen, die
durch Bewegung typografischer Zeichen im Vergleich zu statischer Schrift
auftreten. Während die Rolle der Zeit im Printbereich vollständig der Kontrolle des Lesers unterliegt, wechselt sie im Bewegtbild in die Hände des
Designers. Damit geht zwar einerseits für den Betrachter der Verlust der
gewohnten Beständigkeit einher, andererseits wird so die Bewegung von Typografie ermöglicht. In weiterer Folge eröffnen sich für den Gestalter neue
Möglichkeiten, wie das Erregen von Aufmerksamkeit, das Vermitteln zusätzlicher Information und die Manipulation des Leseverhaltens. Unter Berücksichtigung der menschlichen Bewegungswahrnehmung werden diese neu
gewonnenen Optionen anhand von passenden Beispielen analysiert.
Durch die Integration der zeitlichen Komponente ändern sich die Ansprüche an die typografische Gestaltung. Die altbewährten Regeln bedürfen
einer Überarbeitung und so entsteht, basierend auf Richtlinien des Printbereichs, ein Regelwerk für die Gestaltung bewegter Typografie.
Um dem ständig wachsenden Angebot an typografischen Animationen
einen geordneten Rahmen zu verleihen wird ein Kategorisierungssystem erarbeitet, das auf der Analyse bereits existierender Arbeiten, sowohl bekannter als auch unbekannter Künstler, basiert. Bestehend aus sechs Klassifizierungen strebt diese Kategorisierung danach, die verschiedenen TypografieAnimationen einteilbar zu machen.
vii
Abstract
This diploma thesis focuses on the changes, caused by the animation of
typographical characters compared to statical lettering. While in printed
media the readers themselves are responsible for their time management,
it becomes the designer’s business in time-based media. On the one hand
this leads to the viewer’s loss of constancy, but on the other hand it allows
the animation of typography. Thus new opportunities are offered to the designer, for example attracting attention, transferring additional information,
and manipulating the reading behavior. Considering the human perception
of motion, these new design elements are analysed by using representative
examples.
By integrating the aspect of time, the demands on typographical design are changed. Thus the proven rules of type setting need to be revised,
resulting in a new rule set for animated typography.
Based on an in-depth analysis of existing case studies, a categorization
system is developed in order to enable the classification of the steadily increasing number of typographic animations.
viii
Kapitel 1
Einleitung
Durch Kombination der beiden Komponenten Typografie und Zeit entfaltet
sich ein bedeutendes Potential an Gestaltungsmöglichkeiten, deren Ausmaß
erst seit der Digitalisierung des Filmbereichs sichtbar wird. Die Gründe für
die Bewegung von Typografie sind so vielfältig wie ihre Einsatzmöglichkeiten.
Mit der Übergabe der zeitlichen Kontrolle vom Leser zum Gestalter erhält dieser die Befähigung, einerseits das Leseverhalten des Betrachters zu
manipulieren und andererseits typografische Elemente auf unterschiedliche
Arten in Szene zu setzen. Im Gegensatz zum Printbereich können Schriften
im Bewegtbild kinetische Eigenschaften aufweisen, Verhaltensweisen zeigen
und menschliche Züge annehmen. Das Ausmaß an transportierbarer Information steigt enorm, da sie nicht nur durch die Semantik und die Form
eines Wortes, sondern überdies durch die zahlreichen Bewegungsoptionen
vermittelt werden kann.
Mit dem Angebot an Software-Tools mit vorgefertigten Animationsvorlagen für die Bewegung von Schrift, steigt auch die Anzahl der typografischen
Animationen, die sich mittlerweile nicht mehr nur auf filmische Eröffnungssequenzen beschränken, sondern vermehrt in den Bereichen Werbung und
Broadcast zum Einsatz kommen.
Das Erforschen des enormen Potentials, das sich durch den Einsatz von
Typografie im zeitbasierten Medium entfaltet, stellt zusammen mit der Entwicklung einer Kategorisierung, die einen geordneten Rahmen für die zahlreichen typografischen Animationen bilden soll, die Motivation und das Zentrum der vorliegenden Diplomarbeit dar.
Sämtliche personenbezogene Bezeichnungen in dieser Arbeit sind geschlechtsneutral zu verstehen. Sie wurden allein aus Gründen der besseren
Lesbarkeit nur in maskuliner Form verwendet und drücken absolut keine
Präferenz aus.
1
KAPITEL 1. EINLEITUNG
2
Struktur der Arbeit
Nach einem Streifzug durch die historische Entwicklung der Bewegung von
Schrift in Kapitel 2, beginnend mit den Anfängen im Titeldesign für Stummfilme bis hin zum aktuellen Stand, gewährt Kapitel 3 einen Einblick in
die wahrnehmungspsychologischen Grundlagen, die für das Verständnis des
menschlichen Bewegungssehens unverzichtbar sind.
Basierend auf der Analyse bereits bestehender Schriftanimationen erfolgt in Kapitel 4 die Erarbeitung eines Klassifizierungssystems mit sechs
Kategorien, das sich darum bemüht, die zahlreich existierenden TypografieAnimationen einordbar zu machen. Die Einteilungskriterien umfassen dabei sowohl überwiegend funktionale, im Detail der Zweck der typografischen
Zeichen, die Rolle der Typografie, das Ziel der Animation und die Rolle des
Betrachters, als auch großteils formale Aspekte, wie die Gestaltung und die
Umsetzung.
Aufbauend auf den Erkenntnissen aus den vorangegangenen Abschnitten
werden in Kapitel 5 als Kern der vorliegenden Arbeit die Veränderungen beleuchtet, die durch Bewegung von typografischen Zeichen entstehen. Dazu
gehören sowohl die zusätzlichen Möglichkeiten, die sich für den Designer
ergeben und gleichzeitig die Gründe für den Einsatz bewegter Schrift darstellen, als auch die Beeinträchtigung der Lesbarkeit und die erforderliche
Adaption der Gestaltungsregeln aus dem Printbereich.
Das vorletzte Kapitel bietet mit einer Auswahl anschaulicher Beispiele
einen Querschnitt durch die unterschiedlichen Bereiche, in denen animierte
Typografie aktuell zum Einsatz kommt, bevor zu guter Letzt die im Laufe
der Arbeit gewonnenen Eindrücke und Gedanken zur Thematik in Kapitel 7
zusammengefasst werden.
Kapitel 2
Entwicklung der Bewegung
von Schrift
Da die Bewegung von Schrift stark mit der Bewegung von Bildern zusammenhängt, ist auch die Geschichte der bewegten Typografie eng verknüpft
mit der Geschichte des Films. Ohne die Erfindung des Films wäre keine
Aufzeichnung von bewegter Schrift denkbar. Schrift war immer schon ein
Teil der Filmgestaltung, sei es in Form von Titelkarten für Start-, End- und
Zwischentitel, als Inserts, als Untertitel, als abstrakter Zeichencode oder als
einzelnes Zeichen, als eigenständiges Thema, als Bild oder Kalligraphie oder
als Ornament. Das vorliegende Kapitel beschreibt den Einsatz von Typografie von den Anfängen im Stummfilm bis hin zur aktuellen Situation.
2.1
Anfänge
Thomas Alva Edison erfand 1874 den Phonographen, ein Gerät mit dem es
erstmals möglich war, Töne jeglicher Art aufzunehmen und wiederzugeben.
Basierend auf dem Prinzip dieses Apparates entwickelte er im Jahr 1891
das Kinetoscope. Dank des von George Eastman entwickelten Zelluloidfilms
konnten von nun an erste Filme gedreht werden. In der Black Maria, dem
ersten Filmstudio, produzierte Thomas Edison kurze Filmstreifen mit Mitarbeitern und Varietékünstlern [17].
Am ersten November 1895 führten die Brüder Skladanowsky im Berliner
Wintergarten die ersten Filme mit einem von ihnen gebauten Apparat, dem
Bioskop, vor. Damit konnten sie bereits kurze Filme sowohl vorwärts als auch
rückwärts abspielen und dadurch die Illusion einer sich aus Trümmern wieder aufbauenden Mauer schaffen. Auch die Gebrüder Lumière entwickelten
ein Gerät zum Aufnehmen und Vorführen von Filmen, den Kinematographen, mit dem sie wenig später (am 28. Dezember 1895) eine der ersten
öffentlichen Filmvorführungen im Pariser Grand Café veranstalteten. Dabei
projizierten sie elf kurze Filme von ca. einer Minute Länge, die in einer fixen
3
KAPITEL 2. ENTWICKLUNG DER BEWEGUNG VON SCHRIFT
4
Kameraeinstellung Aufnahmen aus der Realität zeigten. Der bekannteste
dieser Filme ist Die Ankunft des Zuges in La Ciotat 1 [1].
Diese ersten Gehversuche im Filmbereich sind die wenigen Beispiele, die
noch ohne den Einsatz von Schrift auskommen.
2.2
Stummfilm
In Anbetracht des amerikanischen Eigentumsrechts fügte Thomas Edison
bereits 1896 seinen Filmen eine Tafel mit Titel, Firmennamen und Copyrighthinweis hinzu und integriert damit erstmals Text in den Film [5]. Mit
zunehmender Filmlänge und Relevanz der narrativen Handlung erhielt die
Verwendung von Schrift als wesentlicher Bestandteil der Informationsvermittlung ihren fixen Platz im Medium Film. Gerade in der Stummfilmzeit
war die Verwendung von Schriftinserts als Titel oder Überleitung zwischen
zwei Szenen üblich. Zu dieser Zeit hatte Schrift im Film einen illustrierenden oder erklärenden Charakter und war aus Gründen der Narration aus
den Stummfilmen bald kaum noch wegzudenken.
1897 drehte Edison den knapp einminütigen Werbefilm Admiral Cigarette. In dieser Produktion wurden zum Transport der wesentlichen Informationen keine Zwischentitel verwendet, sondern Text innerhalb der Szene
selbst platziert. Beispielsweise steht der Markenname Admiral Cigarette in
großen Lettern hinter den Hauptfiguren an die Wand geschrieben und auch
eine Box im Vordergrund trägt den auffälligen Schriftzug. Um die Aussage der Protagonisten zu übermitteln verwendet Edison keine Titelkarten,
sondern lässt die Figuren ein Transparent entfalten auf dem steht: We all
”
smoke“ und mit dem Finger auf den an die Wand gemalten Markennamen
zeigen. Für die damalige Zeit, in der es durch fehlende Klebetechnik noch
nicht möglich war, Großaufnahmen von Gesichtern einzuschneiden oder die
Position der Kamera zu verändern, war der Einsatz des Schriftzuges direkt
im Bild ein gelungener Weg die Werbeaussage für das Produkt zu übermitteln [17].
In einer Szene des 1912 von Oskar Messter in Deutschland produzierten
Stummfilms Des Pfarrers Töchterlein wurde der Dialog zwischen zwei Personen auf besonders interessante Weise visualisiert. Die Szene zeigt ein Telefongespräch zwischen einer jungen Dame und ihrem Liebhaber. Während
sich die beiden am Gespräch beteiligten Personen in einer Amerikanischen
im Vordergrund befinden, ist im Hintergrund der Vater der Dame zu sehen,
der sich in einer Totalen auf die Kamera zu bewegt. Im oberen Bildteil verlaufen drei Telegraphendrähte zwischen der Frau und ihrem Liebhaber, die
die beiden äußeren Teile des Bildes verbinden (siehe Abb. 2.1). Im weiteren
Verlauf der Szene werden an den Telegraphendrähten nacheinander Buchstaben eingeblendet, die in ihrer Gesamtheit das Gespräch zwischen den bei1
im Original: L’Arrivée d’un train à la Ciotat
KAPITEL 2. ENTWICKLUNG DER BEWEGUNG VON SCHRIFT
5
Abbildung 2.1: Skizzenhafte Szene aus Des Pfarrers Töchterlein (1912),
Regisseur / Produzent: Oskar Messter.
den ergeben. Da die Frau im Dialog den Großteil des Sprechens übernimmt
und sich am linken Bildrand befindet, läuft die Schrift in Leserichtung von
links nach rechts über den Telegraphendraht zum Kopf des Mannes2 . Durch
die Aufteilung des Bildes wird auf interessante Weise vermittelt, dass sich
die Tochter über den Kopf ihres Vaters hinwegsetzt und verbotenerweise
eine Verabredung mit ihrem Freund trifft. Für die Umsetzung dieser Szene
wurde der Text mit Schreibmaschine geschrieben, die einzelnen Buchstaben
ausgeschnitten, nacheinander auf die Drähte gelegt und dann aufgenommen.
Oskar Messter hat mit dieser Visualisierung eines Dialoges einen eleganten
Weg gefunden, die damals üblichen Zwischentitel zu umgehen [17].
Neben Filmtitel, Credits und Dialogen wurden in Stummfilmen auch
Informationen über Zeit, Ort und Handlung mit Hilfe von Titelkarten vermittelt.
2.3
Tonfilm
Durch die Umstellung vom Stummfilm zum Tonfilm zwischen 1929 und 1932
kommt es zu einem tiefgreifenden technischen und ökonomischen Wandel.
Während in dieser Zeit die Zwischentitel weitgehend verschwinden, dezimiert
2
Sie sagt: Vater ist in die Sitzung des Vereins Vaterländische Goldsammlung gegangen,
”
wollen wir ins Kino gehen?“ Er antwortet: Einverstanden“
”
KAPITEL 2. ENTWICKLUNG DER BEWEGUNG VON SCHRIFT
6
sich auch die Zahl der Lettering Artists3 . Anders als in der Stummfilmzeit,
in der jedes größere Filmstudio über eigene Lettering Artists verfügte, wird
deren Tätigkeit – das Erstellen der Titelkarten – teilweise an externe Firmen ausgelagert [14]. Neue Formen der Verwendung von Sprache im Film
werden entwickelt und die Einführung von Erzählern und Dialogen drängt
das geschriebene Wort stark zurück. In dieser Zeit wird Schrift vorwiegend
realitätsnah als Informationsvermittler inszeniert, etwa in Form von Zeitungsüberschriften und Briefen.
Einer der kreativsten Filmschaffenden der 1920er und 1930er-Jahre in
Deutschland war Oskar Fischinger. Von den Experimenten mit abstrakten
Filmen der Filmkünstler Viking Eggeling, Hans Richter und Walter Ruttmann beeindruckt, produzierte er eine Reihe von Studien, die als Vorfilme
in Kinos liefen und großen Erfolg verzeichneten. Für den fast zweiminütigen
Werbefilm Kreise malte Oskar Fischinger 1933 jedes Einzelbild auf Papier,
bevor es dann unter der Trickkamera aufgenommen wurde. Er kombinierte
Musik mit animierten Kreisen und im Rhythmus blinkenden Wörtern, die
er gezielt einsetzt um die Aufmerksamkeit der Zuseher zu lenken. Aufgrund
seiner abstrakten Gestaltung hob sich dieser Film von der Vielzahl herkömmlicher Werbefilme ab und war ein sensationeller Erfolg. Er wurde insgesamt
mit 18 verschiedenen Schlussteilen produziert, sodass damit für unterschiedliche Produkte geworben werden konnte [17].
Ab Ende der 1950er-Jahre entwickelten namhafte Künstler wie Saul Bass,
Pablo Ferro und später Richard und Robert Greenberg die Titelsequenzen
von Spielfilmen zu einer eigenständigen künstlerischen Form.
Der Filmpionier Saul Bass schuf, teilweise in Zusammenarbeit mit seiner
Frau Elaine, eine Vielzahl an dynamischen Titelsequenzen. Er machte aus
den Filmtiteln vollständige, kleine Erzählungen, die sowohl die Stimmung
als auch den visuellen Charakter des Films mit Hilfe von Metaphern gestalteten. Durch das modernistische Prinzip der Reduktion erzeugte Bass in
seinen Sequenzen eine starke Konzentration auf Tempo, Rhythmus und Details. Er schuf Opener für mehrere Filme von Otto Preminger, unter ihnen
Carmen Jones (1954), The Man With The Golden Arm (1956) und Anatomy Of A Murder (1959). Unter der Regie von Alfred Hitchcock zauberte
Bass Titelsequenzen für dessen Klassiker Vertigo (1958), North by Northwest
(1959) und Psycho (1960). Im Opener von Vertigo kombiniert der Designer
Filmhandlung, Typografie und raffinierte optische Effekte, die sich mit den
Möglichkeiten moderner Computertechnologie messen können [3]. Ein sehr
spannendes Zeugnis für den Einsatz bewegter Typografie stellt die Eröffnungssequenz von North by Northwest dar, in der Bass den Titel und die
Credits über eine perspektivisch verzerrte Fassade eines Hochhauses gleiten
lässt. Die Schrift selbst wird dabei wie die Hausfassade verzerrt, sodass die
3
Berufsbezeichnung für die Künstler, die für die Gestaltung der typografischen Elemente im Film zuständig waren
KAPITEL 2. ENTWICKLUNG DER BEWEGUNG VON SCHRIFT
7
Abbildung 2.2: North by Northwest (1959), Regie: Alfred Hitchcock, Titeldesign: Saul Bass.
vertikale Bewegung zur Hauswand in der Perspektive wie umherfahrende
Aufzüge wirkt (siehe Abb. 2.2). Weniger bekannte, jedoch die Typografie
betreffend nicht minder interessante Werke sind die Titelsequenzen zu Alcoa
Premiere und zur Fernsehserie Playhouse 90. Während in der ersten der beiden zu Beginn der Titel gut lesbar ist und sich später herausstellt, dass die
Buchstaben die Oberseiten von aus der Vogelperspektive gesehenen Wolkenkratzern sind, arbeitet Bass in der zweiten mit einem Muster aus Lichtern,
aus dem sich in weiterer Folge der Titel Playhouse 90 zusammensetzt.
Der Designer Pablo Ferro produzierte in den 1960er-Jahren vorwiegend
Werbefilme. Er wurde bekannt durch seine kreative Art des Filmschnitts,
den so genannten Quick Cut, den 20 Jahre später der Musikkanal MTV als
Markenzeichen übernahm um damit den schnellen Lebensstil der Zielgruppe
auszudrücken. In seinen Werken setzte er verschiedene Techniken und Spezialeffekte ein. Er kratzte Buchstaben in die Filmoberfläche oder verwendete
ein Wort in einer Vielzahl verschiedener Schriften, geschnitten mit seiner
Quick-Cut-Technik wie in der Eröffnungssequenz für Channel 18, die 1962
entstand. Die bekannteste seiner Arbeiten ist die für den Film Dr. Strangelove or: How I learned to Stop Worrying and Love the Bomb (1963) von
Stanley Kubrick, für den er beauftragt wurde nicht nur die Titelsequenz zu
produzieren, sondern zudem noch einen dreiminütigen Trailer für das Kino,
eine einminütige Fernsehvorschau, drei Teaser für das amerikanische Fernsehen von je 20 Sekunden und zwei verschieden lange Varianten des Trailers
für die britischen Sender [3].
Ende der 1970er-Jahre wurden die Brüder Richard und Robert Greenberg als Design-Innovatoren der zweiten Generation bekannt, die in die metaphorischen Fußstapfen von Saul und Elaine Bass traten. Durch Kombination von neuen Technologien mit nicht-technischen Materialien schufen
die beiden Designer Umgebungen, in denen Typografie atmen, sich bewegen
und verwandeln konnte [3]. Zu den bekanntesten Werken zählen die Titelsequenz zu Alien (1979) vom Regisseur Ridley Scott und der Eröffnungstitel
für Altered States (1980) von Ken Russell.
Mitte der 1990er-Jahre schafft der Designer Kyle Cooper den fesselnden
Vorspann zu dem Psychothriller Sieben (1995). Die Schrift scheint als wäre
sie in das Filmmaterial eingekratzt und erinnert an die Arbeiten von Pablo
KAPITEL 2. ENTWICKLUNG DER BEWEGUNG VON SCHRIFT
8
Abbildung 2.3: Drei der Optischen Scheiben aus Anémic Cinéma (1926),
Künstler: Marcel Duchamp, Man Ray und Marc Allegret. Grafiken aus [23],
c
2001
Succession Marcel Duchamp, ARS, N.Y. / ADAGP, Paris.
Ferro. Mit seinen Werken leistete Cooper einen wesentlichen Beitrag zur
Weiterentwicklung der Titelsequenzen und der Verwendung von Schrift im
Bewegtbild.
2.4
Experimentalfilm
Bereits in den Avantgardefilmen der 1920er-Jahre entdeckten und entwickelten Künstler das bewegte Filmbild und die Schrift als eigenständige Ausdrucksform. Der Dada-Künstler Marcel Duchamp drehte zusammen mit
Man Ray und Marc Allegret 1926 den französischen Kurzfilm Anémic Cinéma, in dem sie mit visuellen Effekten experimentierten [17]. Auf sich drehenden Optischen Scheiben, ordneten die Künstler Wortspiele an, die sich mit
abstrakten Reliefs abwechselten (siehe Abb. 2.3). Trotz des fehlenden narrativen Inhalts ist dieser Film mit Aussage, Herausforderung und Aufgabe
für den Zuseher behaftet und stellt in seiner Gesamtheit ein Pionierwerk für
den Experimental-, Avantgarde- und Effektfilm dar4 .
Auch der Neuseeländer Len Lye und der in Schottland geborene Norman McLaren setzten in ihren Filmen immer wieder Schriftanimationen
ein. Beide wurden bekannt durch die ungewöhnliche Art Filme zu schaffen, indem sie das Filmmaterial direkt bearbeiteten und so handgemalte,
kamerafreie Filmanimationen schufen. Durch Bemalen, Zerkratzen, Einfärben und chemisches Behandeln des Zelluloids entstanden außergewöhnliche
Werke. Norman McLaren war zudem bekannt für die Anfang der 1940erJahre entwickelte Idee des direkten synthetischen Tons, der auf die Tonspur
gezeichnet wird. Bei vielen seiner Filme stehen Bild und Ton in unmittelbarer Beziehung. Das Bild generiert den Ton und umgekehrt, sodass der
Zuseher das Bild hört und den Ton sieht [7]. Neben Experimentalfilmen
produzierte McLaren auch Titelsequenzen und Nachspanne, wie beispielsweise 1959 für die Jubiläumssendung der Fernsehtalkshow The Wonderful
World of Jack Paar. In dieser Titelsequenz vereinen sich McLarens visuel4
http://www.mitternachtskino.de/anemic%20cinema.htm
KAPITEL 2. ENTWICKLUNG DER BEWEGUNG VON SCHRIFT
9
les Einfühlungsvermögen und sein humorvoller Umgang mit Typografie zu
einem erfrischenden Zeugnis der vordigitalen Schriftanimation [3].
In der Nachkriegszeit produzierten im deutschsprachigen Raum unter
anderem der Wiener Marc Adrian und der deutsche Künstler Diter Rot Experimentalfilme mit bewegter Schrift. Diter Rot war in der Fluxus-Bewegung
aktiv und nutzte Techniken des handmade-Films. Für seinen Film Flip ritzte
er Bild für Bild einen Buchstaben pro Kader ein. Da der Film jedoch mit
25 Kadern pro Sekunde abgespielt wird ist die Buchstabenfolge bei normaler Projektion für den Zuseher nicht lesbar. Eine ähnliche Idee setzte der
Amerikaner Paul Sharits 1966 in seinem knapp vierminütigen Film Word
Movie um. Der Künstler setzte in jedem Bildkader ein neues Wort, wobei er
einzelne Buchstaben, die in aufeinander folgenden Wörtern gleichermaßen
vorkamen, fixierte. Dennoch ist es für den Zuseher fast unmöglich, die Worte
zu entziffern. Zusätzlich erschwert wird die Lesbarkeit durch den Einsatz
unterschiedlich färbiger Hintergründe, was beim Abspielen zu einem starken
Flimmern führt [17].
Die in experimentalen Avantgardefilmen und Titelsequenzen verwendeten frühen filmischen Techniken wurden wenig später in den BroadcastBereich übernommen, während das Fernsehen ein neues Medium für Animationen darstellte.
2.5
Fernsehen
Gegen Ende der 1960er-Jahre war Farbfernsehen weitgehend verbreitet. Der
Amerikaner Harry Marks, der für den Fernsehsender ABC arbeitete, suchte
nach einer Möglichkeit das Senderlogo so zu präsentieren, dass es sich von
denen der anderen Sender abhebt. Dabei entwickelte er die Idee der bewegten Senderkennung. Ermöglicht wurde die Umsetzung dieser revolutionären
Idee durch die von Douglas Trumbull erfundene Slit Scan Camera, die eine
Erweiterung der Arbeit von John Whitney darstellte. Bei der gesamten Apparatur handelte es sich um einen Tisch, auf dem die gewünschte Illustration
beleuchtet wurde, und eine Kamera, die sich darüber an einer Schiene befestigt in Richtung des Tisches bewegte. Vor der Illustration beschränkte
eine lichtundurchlässige Blende mit einem dünnen vertikalen Schlitz das effektive Bildfeld der Kamera zu einem schmalen horizontalen Blickwinkel.
Obwohl diese Methode mühselig und kostenintensiv war, eröffnete sie dem
Broadcast-Bereich viele grafische Möglichkeiten [13]. Die Slit Scan Camera
wurde unter anderem 1968 im Film 2001: Odyssee im Weltraum unter der
Regie von Stanley Kubrick eingesetzt.
Pionierarbeit leistete auch der Bostoner Sender WGBH durch die gekonnte Verbindung von Fernsehen und typografischen Experimenten. Das
von Chris Pullman und Gene Mackles designte 3d-Logo des Senders, das seit
1976 in Gebrauch ist, wurde mit Hilfe rückwärtig beleuchteter Filmanimati-
KAPITEL 2. ENTWICKLUNG DER BEWEGUNG VON SCHRIFT
10
onstechnik erstellt. Dadurch wird das Brennen einer Zündschnur simuliert,
die das Senderlogo nach und nach einbrennt [13].
In den 1970er-Jahren führten die Entwicklungen von Mikroprozessoren, Apple Computer und Microsoft zu bedeutenden Fortschritten in der
Computergrafik-Industrie. Rasterbasierte Programme wie SuperPaint von
Silicon Beach Software ermöglichten die Einführung der Computergrafik ins
Fernsehen. Um das Digitalisieren und Verändern von Bildern zu gewährleisten entwickelte die Computer Image Corporation komplexe Systeme wie
Animac, Scanimate und Caesar. Mit dem Einsatz von Mikroprozessoren kamen digitale Videoprodukte auf den Markt. Die Einführung der digitalen
Technologie und teuren Workstations führte zu innovativeren und grafikintensiven Senderkennungen. Durch die Entwicklung schnellerer und günstigerer Systeme wurden Animationen bald auch für lokale und regionale Sender
leistbar [13].
Anfang der 1980er-Jahre stellte IBM der Geschäftswelt den ersten PC
vor, was einen Imagewechsel des Computers mit sich brachte. Die Menschen änderten ihre Einstellung und sahen den Computer von nun an nicht
mehr als ganze Räume füllendes Gerät, dessen Bedienung und Verwendung
einer Hand voll Spezialisten vorbehalten war. Firmen wie Industrial Light
and Magic und die Non-Profit-Organisation ACM SIGGRAPH traten ihren
Höhenflug an. Durch hochperformante Computer der Firma Silicon Graphics entstanden anspruchsvolle, hochentwickelte 3d-Imaging-Applikationen
und Apple brachte 1984 den ersten Macintosh Personal Computer auf den
Markt. Während sich viele Computergrafikstudios auf das Medium Film
beschränkten, gab es auch solche, die sich darauf konzentrierten, Senderkennungen zu schaffen, da die Anzahl der Sendekanäle ständig anstieg [13].
Eine dieser Firmen war Pacific Data Images in Sunnyvale, Californien, die
im Jahr 2000 zum Großteil von DreamWorks gekauft wurde und seither den
Namen PDI/DreamWorks trägt. Der international anerkannte Grafikdesigner und Art Director Martin Lambie-Nairn fertigte 1982 zum ersten Mal
in der Geschichte des britischen Fernsehens ein Senderlogo mit Hilfe reiner
Computeranimationstechnik an (siehe Abb. 2.4). Mit der 3d-Animation, in
der sich verschiedene Teile zu einer bunten Vier zusammensetzen, nutzte
Lambie-Nairn das Medium Fernsehen maximal aus und schuf ein wirkungsvolles Markenzeichen für den Sender Channel Four [3].
Der Musiksender MTV wurde Mitte der 1980er-Jahre zu einer Plattform, wo junge Designer die Möglichkeit bekamen, hauseigene Animationen
mit totaler künstlerischer Freiheit zu erstellen. Diese Generation der Designer brach mit dem konventionellen Fernsehen indem sie digitale Technologie mit den Ideen der experimentellen Animationsdesigner der 1960erJahre kombinierte, um die Anforderungen der Zielgruppe zu erfüllen. Im
Gegensatz zu NBC und CBS scheute MTV nicht davor mit Logo und
Bumper-Animationen zu experimentieren um neue grafische Techniken zu
erforschen [13].
KAPITEL 2. ENTWICKLUNG DER BEWEGUNG VON SCHRIFT
11
Abbildung 2.4: Channel Four Brand Identity (1982), Creative Director:
Martin Lambie-Nairn, Produzent: Sarah Davies, Computeranimation: Tony
c
Pritchett and Information International Inc., Einzelbilder 1982
LambieNairn.
Im Laufe der 1990er-Jahre wurden nach und nach ältere, teure Workstations durch PCs mit Desktop-Bearbeitungs- und Compositing-Applikationen
ersetzt. Dadurch erhielten Designer die Möglichkeit, innerhalb der Macintosh-Umgebung unter Verwendung von einfacheren Tools, Broadcast-Animationen zu erstellen. Durch den Einfluss der Digitaltechnologie auf den Broadcast-Bereich wurden wiederum neue Designmöglichkeiten für TV-Senderkennungen eröffnet [13].
2.6
Aktueller Stand
Schrift in Bewegung ist längst nicht mehr nur auf Titelsequenzen im Film
beschränkt. Während sich zwar auch dieser Bereich ständig weiterentwickelt,
steht im Filmvorspann eher die Integration der Schrift im Vordergrund.
Reine Textanimationen ohne die Verwendung von Bildmaterial sind eher
die Ausnahme.
Aktuell findet Typografie im Bewegtbild vermehrt Einsatz im BroadcastBereich. Viele Sender haben ihre Senderidentität mit starker Gewichtung auf
animierte Typografie umgestellt und lassen ihre Logos bei den Zusehern über
den Fernseher fliegen“. Auch bei TV-Serien wird inzwischen großer Wert auf
”
die Eröffnungssequenzen gelegt und dabei auf kreative Weise bewegte Schrift
eingesetzt. Seit 1997 wird sogar ein spezieller Primetime Emmy Award for
Main Title Design für die beste Titelsequenz eines TV-Programms vergeben.
Besonders im Bereich Werbung wird immer häufiger auf bewegte Schrift
gesetzt. Seit dem Internet-Boom Ende der 1990er-Jahre, hervorgerufen durch
die seit 1990 frei verfügbare WWW-Software und die Verbreitung des World
Wide Web innerhalb der nächsten Jahre, gewann nicht nur die Präsenz der
Firmen durch die eigene Homepage, sondern auch das Werben auf anderen Webseiten, z. B. mittels Werbebanner, an Bedeutung. Gerade für Werbezwecke spielt die Bewegung von Typografie eine wichtige Rolle, um die
Aufmerksamkeit der Zielgruppe zu erregen. Die Animation von Schrift in
Werbebannern hat sich bedeutend entwickelt, von einfachen Laufschriften
KAPITEL 2. ENTWICKLUNG DER BEWEGUNG VON SCHRIFT
12
oder panikartig flackernden Buchstaben zu durchaus anspruchsvollen Animationen, hinter denen im Optimalfall ein gut durchdachtes Konzept steckt.
Technisch gesehen verläuft die Umsetzung typografischer Animationen
heutzutage vollständig auf digitaler Ebene mit Hilfe von Desktop-Computern. Unterstützt werden Designer im digitalen Schaffensprozess von zahlreichen Tools, die über eine Vielzahl an vorgefertigten Effekten zur Animation
von Schrift verfügen. Da typografische Animationen in letzter Zeit verstärkt
im Bereich Motion Graphics eingesetzt werden, haben sich für Schriftanimationen spezialisierte Programme für Motion Design und Compositing am
Markt durchgesetzt. Dazu zählen After Effects von Adobe, Motion und Shake
von Apple, Digital Fusion von Eyeon und Combustion, Flint, Inferno und
Flame von Autodesk. Im 3d-Bereich werden häufig Softwaretools wie Maya
und 3ds Max von Autodesk, Cinema 4D von Maxon und XSI von Softimage
eingesetzt. Im Webbereich spielt für einfachere Textanimationen oder Werbebanner das vektorbasierte Softwaretool Flash von Adobe eine bedeutende
Rolle.
Kapitel 3
Wahrnehmung und
Bewegung
Bewegung ist im Alltag des Menschen allgegenwärtig. Die Wahrnehmung
von Bewegung ist keine bewusst erbrachte Leistung, sondern geht einher
mit den täglichen Abläufen, von denen viele erst durch sie ermöglicht werden. Auffällig wird die Leistung der Bewegungswahrnehmung, wenn Defizite auftreten, wie die seltene Bewegungsagnosie. Bei diesem schweren Fall
von Wahrnehmungsstörung können die Betroffenen beispielsweise das Steigen eines Flüssigkeitspegels nicht richtig sehen. Dadurch wird das Befüllen
eines Glases zu einer schwierigen Aufgabe, die nicht ohne Schütten bewältigt werden kann. An Bewegungsagnosie Leidende können nicht ohne Hilfe
eine Straße überqueren, weil sie ein herannahendes Fahrzeug oft erst wahrnehmen, wenn es sich unmittelbar vor ihnen befindet. Zudem erschwert das
fehlende Erkennen von Mimik und Gestik Unterhaltungen mit Mitmenschen.
Während diese Erkrankung den Alltag der Betroffenen erheblich erschwert,
würde eine Störung der Bewegungswahrnehmung im Tierreich über Tod und
Leben entscheiden. Raubtiere, die ihre Beute anhand ihrer Bewegung erkennen, können diese jagen und erlegen. Andererseits haben Beutetiere, die ihre
Feinde durch deren Bewegung ausmachen können, durch fliehen oder Sichtot-Stellen eine höhere Überlebenschance [8].
Neben der Bewegungsagnosie, die zur visuellen Agnosie gehört, gibt es
noch weitere Formen, die auditorische und die taktile Angosie. Der Begriff
Agnosie selbst wurde von Freud geprägt und bedeutet Unfähigkeit, sensorische Reize wahrzunehmen. In allen Fällen arbeiten die entsprechenden
Sinnesorgane völlig normal, die Bedeutung der sensorischen Signale ist jedoch verloren gegangen, sodass Objekte nicht mehr erkannt werden können.
Die Betroffenen sehen zwar den Gegenstand, sind aber nicht in der Lage, ihn
als solchen zu identifizieren. Agnosien treten auf, wenn Bereiche im Gehirn
geschädigt sind und dadurch Objektwissen nicht mehr mit der Objekterkennung verknüpft werden kann [11]. Der Neurologe Oliver Sacks beschreibt in
13
KAPITEL 3. WAHRNEHMUNG UND BEWEGUNG
14
seinem Buch Der Mann, der seine Frau mit einem Hut verwechselte [19] den
wohl bekanntesten Fall von visueller Agnosie.
In unserer Umwelt spielt Bewegung eine wichtige Rolle. Bewegung erregt
Aufmerksamkeit und übermittelt Informationen. Steht man beispielsweise
in einer Menge von Menschen und möchte eine weiter entfernte Person auf
sich aufmerksam machen, so schwenkt man die Arme und zieht dadurch die
Aufmerksamkeit auf sich. Durch die Bewegung in der Gesichtsfeldperipherie
wird gewöhnlich eine Augenbewegung ausgelöst, die den Beobachter zum
Fixieren des sich bewegenden Objektes bringt [8]. Dabei wird unterschieden
zwischen Bewegungen in der Gesichtsfeldperipherie, bei denen man zwar die
Bewegungsrichtung erkennen kann, nicht aber den Gegenstand, der zudem
unsichtbar wird sobald die Bewegung aufhört, und Bewegungen am äußeren
Rand der Netzhaut, bei denen Objekte nicht bemerkt werden, jedoch reflektorisch eine Blickbewegung auslösen, die den bewegten Gegenstand in den
Bereich des zentralen Sehens rückt. Beiden Bewegungen ist gleich, dass sie
den Blick und damit die Aufmerksamkeit des Beobachters auf das bewegte
Objekt lenken [11].
3.1
Bewegungsarten
In der Wahrnehmungspsychologie wird zwischen realen Bewegungen und
Scheinbewegungen unterschieden.
3.1.1
Reale Bewegungen
Die Mehrheit der im Alltag vorkommenden Bewegungen sind reale Bewegungen. Die folgenden Situationen liefern Beispiele dafür [8]:
• eine Person oder ein Tier kreuzt das Blickfeld
• mehrere Objekte bewegen sich in unterschiedliche Richtungen
• Eigenbewegung und stillstehende Objekte
• ein mit dem Auge fixiertes Objekt bewegt sich
Eine Person oder ein Tier kreuzt das Blickfeld
Person A sitzt auf einer Bank und blickt geradeaus. Ohne den Kopf zu
bewegen kreuzt ein Mensch oder ein Tier ihr Blickfeld (siehe Abb. 3.1(a)).
Wahrgenommen wird hier nicht nur das sich vorbeibewegende Lebewesen,
sondern zudem noch die Bewegung der Gliedmaßen und des Rumpfes relativ
zueinander.
KAPITEL 3. WAHRNEHMUNG UND BEWEGUNG
15
Mehrere Objekte bewegen sich in unterschiedliche Richtungen
Person B steht auf einer belebten Einkaufsstraße. In ihrem Blickfeld befinden
sich Fußgänger, Radfahrer und Autos, die sich in verschiedene Richtungen
bewegen (siehe Abb. 3.1(b)). Neben den einzelnen Objekten werden sowohl
die unterschiedlichen Richtungen als auch die Geschwindigkeiten, mit denen
sie sich bewegen wahrgenommen.
Eigenbewegung und stillstehende Objekte
Person C fährt auf einem Fahrrad durch die Landschaft und blickt geradeaus
(siehe Abb. 3.1(c)). Zwar sieht sie, wie sich die Objekte der Umwelt durch
ihr Blickfeld bewegen, wahrgenommen wird jedoch die eigene Fortbewegung.
Dem Radfahrer ist bewusst, dass er sich bewegt während die Objekte um
ihn herum stillstehen.
Ein mit dem Auge fixiertes Objekt bewegt sich
Person D blickt aus dem Fenster auf den Himmel und sieht in der Ferne ein
Flugzeug (siehe Abb. 3.1(d)). Fixiert sie dieses nun mit den Augen und bewegt den Kopf mit dem Flugzeug mit, so bleibt das Abbild auf der Retina1
annähernd stationär. Trotzdem nimmt die Person die Bewegung des Flugzeuges wahr. Gesehene Bewegung setzt also nicht zwingend eine Bewegung
im Netzhautabbild voraus.
3.1.2
Scheinbewegungen
Bei Scheinbewegungen handelt es sich im Grunde um Wahrnehmungstäuschungen. Während das menschliche Gehirn die oben beschriebene Scheinbewegung der Umwelt, die bei Eigenbewegung entsteht, als Bewegung des
eigenen Körpers und Stillstand der Umwelt begreift, gibt es Scheinbewegungen, die unser Gehirn nicht richtigstellen kann. Die wichtigsten dieser
Scheinbewegungen sind die stroboskopische Bewegung, der Bewegungsnacheffekt und die induzierte Bewegung [8].
Stroboskopische Bewegung
Die stroboskopische Bewegung ist die für die Filmwelt bedeutendste Scheinbewegung. 1875 entdeckte Siegmund Exner eine interessante Begebenheit:
erzeugt man in unmittelbarer zeitlicher Folge zwei dicht beieinander liegende
elektrische Funken, so sieht man eine Bewegung des Funken von der ersten
zur zweiten Position. Diese visuelle Wahrnehmung einer Bewegung, die eigentlich aus zwei Einzelbildern besteht, wurde Ende des 19. Jahrhunderts
in der Erfindung des Films praktisch umgesetzt. Dasselbe Prinzip findet
1
Netzhaut
KAPITEL 3. WAHRNEHMUNG UND BEWEGUNG
(a)
(b)
(c)
(d)
16
Abbildung 3.1: Beispielsituationen, in denen reale Bewegungen vorkommen, aus der Sicht des Betrachters: eine Person oder ein Tier kreuzt das
Blickfeld (a), mehrere Objekte bewegen sich in unterschiedliche Richtungen
(b), Eigenbewegung und stillstehende Objekte (c) und ein mit dem Auge
fixiertes Objekt bewegt sich (d).
man in Neonreklamen wieder. Dabei leuchtet eine Reihe von Lampen rasch
aufeinander folgend auf und erzeugt so eine stroboskopische Bewegung [8].
Wie Max Wertheimer [24] herausfand, ist die Wahrnehmung einer Scheinbewegung abhängig von dem zeitlichen Abstand zwischen der Darbietung
der beiden Lichtpunkte, dem Reizzwischenintervall (siehe Abb. 3.2). Bei
einem Intervall von weniger als 30 ms, scheinen die Lichter gleichzeitig aufzuleuchten. Erhöht man es auf bis zu 60 ms wird eine Teilbewegung zwischen ihnen wahrgenommen, die ab einem Reizzwischenintervall von mehr
als 60 ms auf den Betrachter als kontinuierliche Hin- und Herbewegung
wirkt. Bei Intervallen zwischen 200 und 300 ms wird schließlich keine Be-
KAPITEL 3. WAHRNEHMUNG UND BEWEGUNG
17
Abbildung 3.2: Die Wahrnehmung einer Scheinbewegung ist abhängig vom
Zeitintervall zwischen der Darbietung der beiden Lichtpunkte. Mit der Verlängerung des Zeitintervalls durchläuft die Wahrnehmung des Betrachters die
abgebildeten Stadien von oben nach unten (nach [8]).
wegung mehr wahrgenommen und die Lichtpunkte leuchten für den Beobachter einzeln nacheinander auf. Neben dem zeitlichen Abstand beeinflusst
auch der räumliche Abstand zwischen den beiden Lichtpunkten die Wahrnehmung einer Scheinbewegung. Wird die Entfernung größer, muss entweder
die Intensität der Lichtpunkte oder das Reizzwischenintervall erhöht werden
um denselben Effekt zu erzielen [10].
Bewegungsnacheffekt
Auch unter dem Begriff Wasserfall-Effekt 2 bekannt, handelt es sich bei dieser Scheinbewegung um ein interessantes Phänomen, das entsteht, wenn man
zuerst einen Wasserfall beobachtet (wahlweise auch einen Fluss von einer
darüber befindlichen Brücke aus) und dann auf eine ruhende Fläche blickt.
Für kurze Zeit scheint sich diese Fläche nun in die entgegengesetzte Richtung
des Wassers zu bewegen. Dieses Phänomen lässt sich durch jede kontinuierliche Bewegung, einschließlich Kontraktion oder Expansion, auslösen, wobei
der Nacheffekt stets in Gegenrichtung zum induzierenden Reiz erfolgt. Entscheidend ist, dass dieser Effekt nur auftritt, wenn die fließende Bewegung
über die Retina erfolgt während der Blick des Beobachters an derselben
Stelle bleibt. Folgt man der Bewegung mit dem Auge, ist der Bewegungsnacheffekt sehr viel schwächer oder bleibt ganz aus [11].
2
Der Wasserfall-Effekt wurde bereits von Aristoteles beschrieben, nachdem er einen
Wasserfall beobachtet hatte und sich das Flussufer daraufhin scheinbar bewegte. Dadurch
erhielt das Phänomen die Bezeichnung Wasserfall-Effekt.
KAPITEL 3. WAHRNEHMUNG UND BEWEGUNG
18
Induzierte Bewegung
Induzierte Bewegungen gehören zur Gruppe der Scheinbewegungen, weil dabei die Bewegung eines Objekts die Wahrnehmung einer Bewegung eines
anderen Objekts induziert. Dies kommt beispielsweise vor, wenn eine Person im Zug sitzt, während dieser noch im Bahnhof steht. Ein am Nebengleis
befindlicher Zug rollt langsam in den Bahnhof. Für die im anderen Waggon
sitzende Person hat es den Anschein, als bewege sich der eigene Zug fort,
obwohl dieser immer noch still im Bahnhof steht. Ein weiteres Beispiel für
induzierte Bewegungen sind vorbeilaufende Tauben, deren Kopf wirkt, als
bewege er sich vor und zurück, während er sich nur vorwärts bewegt und die
Rückwärtsbewegung durch das Nachziehen des restlichen Körpers als solche
erscheint. Generell neigt das menschliche Gehirn bei ausschließlich visuell
erfassten Bewegungen dazu, die größten Objekte als statisch und die kleineren Gegenstände als bewegt anzunehmen, deshalb scheint beispielsweise
der kleine Mond über den Himmel zu jagen, während tatsächlich die großen
Wolken an ihm vorbeiziehen [8].
3.2
Leistungen der Bewegungswahrnehmung
Nach E. Bruce Goldstein ist die Sinnesqualität der wahrgenommenen Bewegung, egal welcher Art, eine Erlebniskategorie mit Primärcharakter, vergleichbar mit der Farbwahrnehmung Rot oder der Temperaturwahrnehmung
Warm. Grund dafür ist die Tatsache, dass der Beobachter, wenn er seine
Aufmerksamkeit darauf richtet, konsistent zwischen visueller Ruhe und Bewegung unterscheiden kann. Bewegungswahrnehmung lässt sich ausschließlich durch Hinweise auf Situationen, in denen Bewegungen wahrgenommen
werden, mitteilen. Abbildung 3.3 zeigt die unterschiedlichen Leistungen der
Bewegungswahrnehmung des Menschen und ihre Klassifikation [8].
Visuelle Bewegung kann grundsätzlich in zwei Bereiche geteilt werden,
je nachdem ob es sich um eine Bewegung des gesamten Gesichtsfeldes oder
um eine lokale Bewegung innerhalb des Gesichtsfeldes handelt. Bewegungen
des gesamten Gesichtsfeldes treten bei allen Fortbewegungsarten und bei
Kopfbewegungen (z. B. Drehen des Kopfes um 90◦ nach rechts) auf. Lokale
Bewegungen innerhalb des Gesichtsfeldes können unterteilt werden in
• Bewegungen anderer Personen und von Tieren (bedeutend für das soziale Leben mit Kommunikation und Interaktion zwischen Personen),
• Bewegungen eigener Körpergliedmaßen inklusive Werkzeuggebrauch
(Kontrolle manipulativer Bewegungen) und
• Objektbewegungen und Bewegungen von Oberflächen (Wahrnehmung
von Bewegungsbahnen und Geschwindigkeiten starrer Körper, deren
Translations-, Rotations- und Pendelbewegung, aber auch ihrer Zusammenstöße) [8].
KAPITEL 3. WAHRNEHMUNG UND BEWEGUNG
19
Abbildung 3.3: Klassifikation der Leistungen der Bewegungswahrnehmung
des Menschen (nach [8]).
3.3
Figur-Grund-Beziehung
Um Objektbewegung wahrnehmen zu können ist es vorerst notwendig, das
Objekt selbst zu erkennen. Entscheidend für die Wahrnehmung von Objekten ist die Fähigkeit, einen Gegenstand von seinem Hintergrund klar differenzieren zu können. Zur Untersuchung der Trennung von Figur und Grund
wurden von Gestaltpsychologen Muster, wie das des dänischen Psychologen
Edgar Rubin 1915 eingeführte Bild der Vase (siehe Abb. 3.4), verwendet.
In dieser Kippfigur können entweder eine weiße Vase vor schwarzem Hintergrund oder zwei schwarze, einander zugewandte Gesichter vor weißem Hintergrund gesehen werden. Zu den Eigenschaften von Figur und Hintergrund
gehören [8]:
• Die Figur wird als vor dem Hintergrund stehend gesehen.
• Die Figur wirkt dinghafter und ist dadurch leichter im Gedächtnis zu
behalten als der Hintergrund.
• Die Konturen, die die Figur vom Hintergrund trennen, scheinen zur
Figur zu gehören.
• Der Hintergrund wird als formloses Material gesehen und erstreckt sich
hinter der Figur.
Während, wie bereits erwähnt, in der Rubin’schen Vase entweder die
Vase oder die beiden Gesichter gesehen werden können, ist es sehr schwie-
KAPITEL 3. WAHRNEHMUNG UND BEWEGUNG
(a)
20
(b)
Abbildung 3.4: Zwei Versionen der Rubin’schen Vase. Im linken Kippbild
(a) kann entweder eine Vase oder zwei Gesichter gesehen werden (nach [8]).
Das rechte Bild (b) zeigt eine dreidimensionale Version, die 1977 anlässlich
der Silberhochzeit von Queen Elisabeth II. und Philip, Herzog von Edinburgh, angefertigt wurde. Die erkennbaren Silhouetten bilden die Profile von
c
Braut und Bräutigam (Bild www.grand-illusions.com).
rig, oder gar unmöglich, die Vase und die Gesichter gleichzeitig wahrzunehmen. Grund dafür ist, dass der Hintergrund als formloses Material gesehen
wird. Sobald man die Vase als Form sieht, wird die schwarze Fläche zum
ungeformten Material und umgekehrt.
Auf Grund von Experimenten der Gestaltpsychologen konnte gezeigt
werden, dass bestimmte Eigenschaften von Formen dazu führen, dass diese
eher als Figur wahrgenommen werden. Demnach werden symmetrisch geformte Bereiche, konvexe3 Formen, kleinere Flächen, dunkle Bereiche, bedeutungshaltige Gegenstände und Formen mit vertikaler oder horizontaler Orientierung mit größerer Wahrscheinlichkeit als Figuren wahrgenommen [8].
Da in unserer Umwelt kaum Bilder vorkommen, bei denen der Hintergrund aus einer einfärbigen, glatten Fläche besteht, während der Vordergrund von einer einzelnen Figur dargestellt wird, ist es für das menschliche Wahrnehmungssystem unumgänglich aus elementaren Einheiten größere
Reizmuster zu bilden um die Umwelt korrekt wahrzunehmen.
3.3.1
Gestaltfaktoren
Gestaltfaktoren, auch Gestaltgesetze genannt, sind Faustregeln zur Auswertung, die das Wahrnehmungssystem als beste Vermutungen zur Gruppierung
von Einheiten anwendet. Die sechs wichtigsten Gestaltfaktoren nach Max
Wertheimer sind folgende (nach [25] und [26]):
3
nach außen gewölbte
KAPITEL 3. WAHRNEHMUNG UND BEWEGUNG
21
• Faktor der Nähe
• Faktor der Ähnlichkeit
• Faktor der Prägnanz oder der guten Gestalt
• Faktor der gestaltgerechten Linienfortsetzung
• Faktor des gemeinsamen Schicksals
• Faktor der Bedeutung oder Vertrautheit
Gestaltfaktoren können durch evolutionäre Anpassung, individuelles Lernen oder eine Kombination von beidem entstanden sein und reflektieren in
der Umwelt bestehende Regelmäßigkeiten. Zu den klassischen Gestaltfaktoren haben Stephen Palmer und Irvin Rock drei weitere, neuere Faktoren der
Wahrnehmungsorganisation hinzugefügt [8]:
• den Faktor der gemeinsamen Region,
• den Faktor der Verbundenheit und
• den Faktor der zeitlichen Synchronizität;
3.3.2
Hintergrund
Die Wahrnehmung einer Bewegung ist den Untersuchungen von Hermann
Aubert [2] zufolge abhängig vom Hintergrund des Reizmusters. Für diese
Untersuchungen wurden reale Bewegungen in Form von kontinuierlich bewegten Reizmustern in einem Feld dargeboten. Weist der Hintergrund keine
Musterung auf, so liegt die Schwelle für die Bewegungswahrnehmung bei einer Geschwindigkeit von ca. 1/6 bis 1/3 Sehwinkelgrad pro Sekunde. Fügt
man jedoch senkrechte Linien in den Hintergrund ein, so kann der Punkt
sogar bei einer Geschwindigkeit von 1/16 Sehwinkelgrad pro Sekunde als
bewegt wahrgenommen werden. Abbildung 3.5 zeigt einen Punkt, der sich
von A nach B bewegt, links im homogenen Feld und rechts auf gemustertem Hintergrund. Ohne Musterung des Feldes würde man eine Bewegung
des Punktes gerade eben wahrnehmen, wenn er für den Weg von A nach
B ca. 14 Sekunden bräuchte und aus einer Entfernung von 30 cm betrachtet würde. Wird der Hintergrund durch ein gemustertes Feld ausgetauscht,
so kann eine Bewegung des Punktes sogar bei einer Bewegungsdauer von
280 Sekunden von A nach B wahrgenommen werden. Die Bewegungswahrnehmung hängt somit nicht nur vom Reizmuster, sondern auch von dessen
Hintergrund ab [8].
Nach Richard L. Gregory [11] sind im Gegensatz zum menschlichen Sehapparat die Augen niederer Tiere nicht in der Lage, beim Fehlen von bewegten Objekten Signale zu produzieren. Objekte, die gut durch ihre Umgebung
KAPITEL 3. WAHRNEHMUNG UND BEWEGUNG
(a)
22
(b)
Abbildung 3.5: Bewegung wird leichter erkannt wenn sie vor gemustertem
Hintergrund erfolgt (b) als vor einem homogenen Feld (a) (nach [8]).
getarnt sind, kann auch das menschliche Auge oft nicht als Figur erfassen.
Erst die Bewegung des Objekts führt dazu, dass der Mensch die Figur vom
Hintergrund getrennt wahrnimmt.
Während einerseits die Beziehung zwischen Figur und Grund eine wichtige Rolle für die Bewegungswahrnehmung einnimmt, ist andererseits die
Wahrnehmung von Bewegung bedeutend für die Figur-Grund-Beziehung.
Kapitel 4
Kategorisierung
Um den zahlreichen bereits bestehenden typografischen Animationen einen
Rahmen zu verleihen und ihre Einteilung zu ermöglichen, beschäftigt sich
das vorliegende Kapitel mit einer Kategorisierung für bewegte Schrift (siehe
Abb. 4.1).
Abbildung 4.1: Die Grafik zeigt eine Übersicht des Klassifizierungssystems
mit den einzelnen Einteilungskriterien.
23
KAPITEL 4. KATEGORISIERUNG
24
Abbildung 4.2: Class Assignment (1996), Dozent: Jeff Bellantoni, Designer:
Evan White, Schule: Wanganui Polytechnic School of Art and Design.
4.1
Zweck der typografischen Zeichen
Typografische Animationen lassen sich nach dem Zweck der verwendeten
Buchstaben und Wörter in zwei Kategorien einteilen. Zum einen können die
Zeichen experimentell angeordnet und bewegt werden, zum anderen lässt
sich Schrift auch narrativ einsetzen.
4.1.1
Experiment
Wie bereits in den frühen Experimentalfilmen der 1920er-Jahre wird auch
heute noch mit bewegter Schrift experimentiert (vergleiche hierzu Abschnitt
2.4). Aus verschiedensten Beweggründen stellen Künstler Versuche mit der
Bewegung von Typografie an und lassen sich dabei oft von ihrer Intuition
leiten um mit den bestehenden Normen zu brechen. Ein ästhetisches Beispiel für experimentelle, typografische Animationen liefert ein 1996 an der
Wanganui Polytechnic School of Art and Design entstandenes Animationsprojekt, bei dem durch direktes Kratzen und Zeichnen auf das Filmmaterial
ein wunderbarer typografischer Tanz aus Buchstaben und Strukturmustern
entstanden ist (siehe Abb. 4.2).
4.1.2
Narration
Schrift kann ebenso eingesetzt werden, um narrative Handlungen zu transportieren. Dafür stehen dem Designer unterschiedliche Möglichkeiten zur
Verfügung. Häufig am Beginn eines Filmes eingesetzt kann ein Text dazu
dienen, den Betrachter in die Handlung einzuführen indem beispielsweise
ein Rolltext wichtige Informationen zur Vorgeschichte preisgibt, wie in Star
Wars von George Lucas. Vergleichbar mit statischer Typografie besteht hier
die Intention der Schrift darin, gelesen zu werden um Informationen zu
vermitteln. Mit dieser Strategie arbeiten auch Textanimationen, bei denen
Narration durch zeitlich versetztes Ein- und Ausblenden oder beliebiges Arrangieren einzelner Satzteile transportiert wird, die aneinandergereiht eine
Handlung visualisieren. In dem amerikanischen Kurzfilm The Wiles Of Our
Minds lässt der Designer Joyce Yu zusammengehörige Textzeilen nacheinander im Wasser treiben. Die Animation der Schrift passiert nicht nur durch
KAPITEL 4. KATEGORISIERUNG
25
die Bewegung der Textkörper in der Flüssigkeit, sondern zudem durch das
langsame Auflösen und Wegwaschen der Buchstaben. Durch das Verflüssigen der Wörter wird der Eindruck der typografisch erzählten Erinnerungen
verstärkt, die wie der Text mit zunehmender Zeit verschwimmen.
Eine weitere Möglichkeit bieten reine Schriftfilme, in denen den einzelnen
Buchstaben und Wörtern häufig bestimmte Charaktere zugeschrieben werden. Ganz gleich ob diese Schriftfiguren aufregende Abenteuer erleben oder
gelangweilt auf der Bildfläche liegen, sie können ganze Geschichten erzählen, ohne ein Wort zu sprechen. In der digitalen Animation Alphabet spielen
ein A und ein Z mit einem schwarzen Knäuel, bestehend aus den restlichen
Buchstaben des Alphabets. Die beiden passen einander den Buchstabenball
zu, während immer wieder einzelne Zeichen aus dem Knäuel fallen. Das Spiel
wird zunehmend aggressiver bis das Z den Ball direkt auf den Zuseher befördert, woraufhin dieser in alle noch übrigen Buchstaben zerfällt. Evan Cotter
zeigt damit anschaulich wie typografische Zeichen zu Charakteren werden
können, sowie die Möglichkeit eine Geschichte durch bewegte Typografie mit
nur wenigen Buchstaben zu erzählen.
4.2
Rolle der Typografie
Ein weiteres Einteilungskriterium für typografische Animationen stellt die
Rolle der bewegten Schrift im Gesamtwerk dar. Wörter können als visuelle
Symbole oder als Träger von Emotionen eingesetzt werden.
4.2.1
Visuelle Symbole
Entscheidet sich der Designer dafür, typografische Zeichen als visuelle Symbole einzusetzen, stehen ihm dazu mehrere Optionen offen. Eine davon ist
das Aneinanderreihen einzelner Buchstaben aufgrund ihrer formalen Eigenschaften, sodass sich daraus z. B. ein Tier oder ein Gegenstand bildet. Dabei
kann unterschieden werden, ob die einzelnen Bestandteile, also die Buchstaben, aus rein formalen Gründen gewählt wurden, z. B. ein O für ein Auge
oder ein B als Flügel eines Vogels, oder zusätzlich als Wortbestandteil eine
Bedeutung finden. Im zweiten Fall würde dies beispielsweise bedeuten, der
Designer reiht die Buchstaben V, O, G, E und L so aneinander, dass sie in
ihrer Gesamtheit das Bild eines Vogels ergeben. Durch die Einschränkung
der zur Verfügung stehenden Zeichen erfordert diese Methode ein erhöhtes
Maß an Kreativität, um dennoch ein als solches erkennbares Tier oder anderes Objekt zu bilden. Besonders kreativ zeigte sich der Brasilianer Roberto
de Vicq de Cumptich beim designen der verschiedenen Tiere, die zusammen in Bembo’s Zoo leben. Auf der Website1 kann der Besucher anhand des
1
http://www.bemboszoo.com/
KAPITEL 4. KATEGORISIERUNG
26
Abbildung 4.3: Bembo’s Zoo (2000), Designer: Roberto de Vicq de Cumptich.
Anfangsbuchstabens ein Tier auswählen, das sich dann in einer kleinen Animation aus den Buchstaben seines Namens zusammensetzt (siehe Abb. 4.3).
Da die verwendete Schriftart bei allen Tieren dieselbe ist, dient die Website
indirekt zur Bewerbung der Schrift Bembo sowie des gleichnamigen Kinderbuches.
Weiters können Buchstaben in Form von ganzen Wörtern als visuelle
Symbole verwendet werden. Durch die Wahl von angemessener Schrift und
Form lässt der Text auf das darzustellende Objekt schließen, wobei die Form
selten aufgrund der Buchstabenform entsteht, sondern meist durch Skalieren
und Verzerren der einzelnen Zeichen. Auch hier stehen dem Designer zwei
Möglichkeiten offen. Einerseits können beliebige Wörter verwendet werden
um ein Objekt darzustellen, z. B. das Wort Wasserflasche zu einem Fisch
geformt, wobei die Wörter oft dazu genutzt werden, zusätzliche Information
zu vermitteln. Andererseits besteht auch die Option, die Information doppelt zu visualisieren, z. B. die Buchstabenfolge Forelle wiederum in Form
eines Fisches. Letzteres gehört zum Bereich der semantischen Typografie.
Die Semantik wird auch als visuelle Rhetorik bezeichnet und ist als Bedeutungslehre ein Teilgebiet der Semiotik, der Lehre von den Zeichen [18].
Bei semantischer Typografie handelt es sich um Wörter, die aufgrund ihrer
Form, Farbe oder Struktur dieselbe Information übermitteln, die die Bedeutung des Wortes bereits transportiert.
4.2.2
Emotionaler Träger
Neben dem Einsatz der Buchstaben als visuelle Symbole können typografische Zeichen auch als emotionale Träger dienen. Allein durch die Wahl der
Schriftart werden dem Text bereits Charaktereigenschaften verliehen. Nach
Claudia Runk können Schriften Eigenschaften aufweisen und beim Leser eine
Wirkung hervorrufen. Eine Schriftart kann elegant oder plump, aufdringlich
und laut, bescheiden und leise, dezent, nüchtern, verspielt, dynamisch oder
träge sein und bietet die Möglichkeit, Emotionen auszudrücken oder beim
Leser hervorzurufen [18]. Nach Claudia Runk gibt es für Schriftgruppen,
-schnitte und deren Wirkung die folgenden Faustregeln.
KAPITEL 4. KATEGORISIERUNG
27
Abbildung 4.4: Say What Again (2007), Designer: Jarratt Moody.
Schriftgruppe / -schnitt
Wirkung
Renaissance-Antiqua
würdig, in sich ruhend
Barock-Antiqua
spannungsreich, aufbauend, variabel
klassizistische Antiqua
klar, edel, gediegen
serifenbetonte Antiqua
kraftvoll, konstruktiv, linienbetont
serifenlose Antiqua
sachlich, ruhig, konstruktiv
Schreibschriften
verspielt, dynamisch
Variationen in den Strichstärken
elegant
gebrochene Schriften
alt
fette Schriften
dominant, laut, schwer, träge
leichte Schriften
dezent, zurückhaltend
kursive Schriften
dynamisch
Neben den genannten Schriftgruppen bietet auch semantische Typografie eine Möglichkeit, Emotionen auszudrücken beziehungsweise beim Leser
hervorzurufen. Zudem können durch die Bewegung von Schrift Emotionen
vermittelt werden, einerseits auf der Ebene der semantischen Typografie,
z. B. durch über den Bildbereich fliegen lassen des Wortes Fliege, andererseits wie in Say What Again von Jarratt Moody durch den Einsatz von
geeigneten Schriftgrößen, einer geschickten Farbwahl und dem perfekten Timing. Das Werk ist die typografische Visualisierung eines Dialoges aus einer
Kultszene des Filmes Pulp Fiction. Die Konversation findet zwischen zwei
Männern statt, von denen einer im Auftrag seines Chefs den anderen verbal attackiert und ihm schließlich in dessen Knie schießt. Auf herausragende
Weise bringt Jarratt Moody es in dieser rein typografischen Animation fertig,
einen derart emotionsgeladenen Dialog durch bewegte Schrift zu visualisieren und die einzelnen Zeichen dabei auf ihre typografischen Charakteristika
zu beschränken (siehe Abb. 4.4).
KAPITEL 4. KATEGORISIERUNG
28
Abbildung 4.5: BBC2 Brand Identity (1993), Creative Director / Desic
gner: Martin Lambie-Nairn, Produzent: Celia Chapman, Einzelbilder 1993
Lambie-Nairn.
4.3
Ziel der Animation
Während es unzählige Gründe gibt, die einen Designer dazu veranlassen eine
typografische Animation zu kreieren, lässt sich bewegte Schrift ihrem Ziel
nach in genau zwei Kategorien unterteilen. Animierter Text kann entweder
zur Unterhaltung des Publikums dienen oder zur Informationsverbreitung
eingesetzt werden.
4.3.1
Unterhaltung
Ähnlich wie der Großteil der Blockbuster aus Hollywood werden auch einige
typografische Animationen rein zur Unterhaltung des Zusehers erstellt. Oft
werden dafür den Buchstaben Charaktereigenschaften zugeschrieben und
so typografische Figuren geschaffen, die Abenteuer bestehen oder eine Geschichte erzählen. In unterhaltenden Schriftanimationen spielt folglich Narration eine große Rolle. Für den Sender BBC2 designte Martin LambieNairn 1991 eine unterhaltsame animierte Senderkennung, in der eine mit
Rennreifen und Antenne ausgestattete motorisierte Ziffer 2 auf einer feurig
orange-gelben Landschaft umherdüst (siehe Abb. 4.5). Die gesamte Sequenz
ist als dreidimensionale Computeranimation umgesetzt. Die typografischen
Animationen in Brain Opera, einem Projekt, das am MIT Media Laboratory
unter der Leitung von Tod Machover geschaffen wurde, dienen ebenfalls der
Unterhaltung des Betrachters. Während der zweite Satz der Oper, der von
den Gedanken Marvin Minsky’s über Musik und Gehirn handelt, gesungen wird, tanzen die dazugehörigen Worte auf einer Leinwand hinter den
Musikern. Dadurch wird gewährleistet, dass der Besucher auch den allegro
gesungenen Text erfassen kann [3].
4.3.2
Information
Zur Informationsvermittlung wird bewegte Typografie häufig dann eingesetzt, wenn der für die schriftliche Information vorgesehene Bildraum beschränkt ist. Durch die Bewegung kann auf kleinem Raum ein größeres
Maß an Text dargeboten werden. Zu den Information vermittelnden typo-
KAPITEL 4. KATEGORISIERUNG
29
grafischen Animationen zählen horizontale Laufschriften, wie sie gerne als
Nachrichtenticker eingesetzt werden, aber auch vertikale Rolltexte. Letztere
finden vorrangig im Filmabspann Anwendung, wo in vorgegebener, relativ
kurzer Zeit auf eingeschränktem Raum alle vorgeschriebenen, an der Produktion beteiligten Personen genannt werden müssen. Auch animierte Wörter in
Titelsequenzen vermitteln Information, beispielsweise über die im Film mitwirkenden Schauspieler, den Produzenten, den Titel, und manchmal auch
längere Texte, die für das Verständnis des Filmes von Bedeutung sind und
den Zuseher in die Handlung einführen.
4.4
Rolle des Betrachters
Durch die zahlreichen Möglichkeiten für den Einsatz von bewegter Typografie entstehen verschiedene Anforderungen an den Betrachter. Typografische
Animationen lassen sich nach der Rolle des Betrachters in die folgenden drei
Kategorien einteilen.
4.4.1
Beobachter
Ähnlich wie der Zuseher beim herkömmlichen Film schlüpft der Betrachter
von Schriftfilmen, vor allem von solchen, die zu seiner Unterhaltung dienen, in die Rolle des vorwiegend stillen Beobachters. Von ihm wird keinerlei
Interaktion mit der bewegten Schrift erwartet und sowohl Ablauf als auch
Dauer der typografischen Animation sind festgelegt. Die Anforderungen an
den Betrachter liegen allein im Beobachten und Verfolgen der dargebotenen Handlung. Die in Abschnitt 4.1.2 beschriebene Animation Alphabet verlangt vom Zuseher weder Lesetätigkeit noch Interaktion. Hier fungiert der
Betrachter ausschließlich als Beobachter, denn es ist für die Narration völlig
unerheblich ob die Buchstaben als solche erkannt werden, oder lediglich als
zwei Figuren, die mit einem Ball spielen.
4.4.2
Leser
Wie im Printbereich zielt auch bewegter Text in den meisten Fällen darauf
ab, gelesen zu werden. Sobald alle Buchstaben eines Wortes mit geringem
räumlichen Abstand zueinander dargeboten werden, versucht der Betrachter
das Wort zu lesen. Selbst wenn die Reihenfolge der einzelnen Zeichen noch
nicht die richtige ist, kann er die Bedeutung bereits erfassen, sofern der erste und letzte Buchstabe ihren Platz korrekt eingenommen haben. Wann
immer bewegter Text zu Informationszwecken eingesetzt wird, fungiert der
Betrachter als Leser. Aber auch wenn Schrift zu Unterhaltungszwecken eingesetzt wird, kann der Zuseher in die Rolle des Lesers versetzt werden. In
der Animation Foosball visualisiert Tim Fife einen Monolog, indem er typografische Zeichen Wortweise in Szene setzt und über die Bildfläche bewegt.
KAPITEL 4. KATEGORISIERUNG
30
Obwohl die Sequenz zweifellos das Ziel der Unterhaltung verfolgt, indem
sie eine Geschichte erzählt, wird vom Betrachter erwartet, den dargestellten Text zu lesen. Bei reiner Beobachtung der typografischen Zeichen würde
er die Semantik der Wörter nicht erkennen und die Narration könnte nicht
transportiert werden.
4.4.3
Interakteur
Bewegte Schrift findet mittlerweile vermehrt Einsatz im Internet-Bereich.
Dort können typografische Animationen so konzipiert sein, dass der dargestellte Text in ruhendem Zustand die gewohnten Navigationselemente der
Website darstellt, sobald der Betrachter jedoch den Mauszeiger auf eines
dieser Elemente bewegt, werden die zuvor statischen Buchstaben animiert.
In die Rolle des Interakteurs schlüpft der Betrachter sobald die Animation
der Schrift abhängig von der Bewegung des Mauszeigers passiert. Der Interakteur bestimmt so den Fortgang der Animation, kann jedoch andererseits
auch von der Bewegung der Buchstaben geleitet werden, wenn diese z. B.
zu einem anderen Navigationselement hinfliegen“, oder ein solches durch
”
Bewegung auf sich aufmerksam macht.
Ein Beispiel, in dem der Betrachter in die Rolle des Interakteurs schlüpft,
stellt die Installation The Legible City von Jeffrey Shaw und Dirk Groeneveld
dar. Bei dieser Vorrichtung sitzt die betreffende Person auf einem Fahrrad,
vor dem sich eine große Projektionsfläche befindet. Auf dieser wird eine Stadt
dargestellt, die ausschließlich aus dreidimensionalen typografischen Zeichen
besteht (mehr dazu in Abschnitt 6.3). Der Radfahrer hat die Möglichkeit
sowohl die Geschwindigkeit, mit der er sich durch die Stadt bewegt, als auch
die Fahrtrichtung selbst zu steuern.
Allgemein gesprochen nimmt der Betrachter den Platz des Interakteurs
ein, sobald die typografische Animation, egal in welcher Form sie stattfindet,
abhängig vom Verhalten dieser Person geschieht.
4.5
Gestaltung
Die Gestaltung betreffend können Schiftanimationen grundsätzlich in zwei
Hauptkategorien eingeteilt werden, in reine Typografie-Animationen und in
Kombinationen aus Bild und Schrift.
4.5.1
Reine Typografie-Animation
Bei reinen Typografie-Animationen handelt es sich um Schriftfilme, in denen ausschließlich typografische Zeichen zum Einsatz kommen. Unter der
Regie von Antoine Bardou-Jacquet entstand beispielsweise das Musikvideo
zu Alex Gopher’s The Child. In dieser typografischen Animation, die von einer Entbindung handelt, bei der ein Paar im Taxi quer durch Manhattan zur
KAPITEL 4. KATEGORISIERUNG
31
Entbindungsstation jagt, ist eine ganze Stadt mitsamt der darin lebenden
Personen aus Buchstaben gestaltet.
Für die Umsetzung von Schrift im Film stehen nach Michael Schaudig
[20] vier idealtypische raumzeitliche Visualisierungsmodi zur Verfügung, die
durch die drei frei kombinierbaren Variablen Kontinuiertheit, Körperlichkeit
und Bewegtheit geprägt sind.
Schrift als Typogramm
Wird Schrift als Typogramm eingesetzt, sind ähnlich wie im Printbereich
die typografischen Zeichen durch ihre klare Kontur gekennzeichnet. Dabei
erscheint der Text im filmischen Bildraum auf einer zweidimensionalen Abbildungsfläche, und zwar als nicht-räumliche Schrifttafeln oder in Form von
Inserts. Die einfachste typografische Gestaltungsgrundlage hat Schrift im
Wechselspiel von Schwarz und Weiß, wie sie im klassischen Filmvorspann
mit weißen Buchstaben auf schwarzem Hintergrund zum Einsatz kommt.
Reine Schriftanimationen bestehen nur selten aus Typogrammen, da deren
statischer Charakter die Bewegungsmöglichkeiten auf Ein- und Ausblenden
beschränkt. Beispiele dazu finden sich vorwiegend im Filmbereich in Form
von Eröffnungssequenzen oder Zwischentiteln.
Schrift als Typokinetogramm
Im Unterschied zum Typogramm werden beim Typokinetogramm die typografischen Zeichen auf der zweidimensionalen Abbildungsfläche in Bewegung
präsentiert. Die Darstellung der Schrift kann dabei sowohl durch die Textpräsentation als Rolltitel, also eine vertikale Translation, oder als Kriechtitel
in Form von horizontaler Bewegung der Schrift über den Bildbereich, passieren, als auch durch den sukzessiven Aufbau der einzelnen Zeichen oder Zeichenkomplexe oder alle weiteren Animationen des flächigen Schriftbildes. Im
Typokinetogramm bezieht sich die Bewegung einerseits auf die Schrift selbst,
andererseits auf das Verhältnis einzelner Schriftelemente, also Buchstaben,
Wörter oder Sinneinheiten, zueinander [20]. Sprachliche Informationen werden dabei nicht nur als Schrift visualisiert, sondern zugleich inszeniert und
ermöglichen es dem Designer dadurch, ein erhöhtes Maß an Information zu
vermitteln. Als Werbefilm für sein 1961 in New York eröffnetes Studio Ferro,
Mogubgub & Schwartz schuf Pablo Ferro eine typografische Animation mit
rein analogen Mitteln, in der er Schrift ausschließlich als Typokinetogramm
eingesetzt hat. Im Werbefilm entsteht aus dem Wort Films“ nach und nach
”
die Buchstabenkombination FMS“, die Anfangsbuchstaben der drei Part”
ner, danach wird jeder von ihnen einzeln in Szene gesetzt um anschließend
wieder im Schriftzug FMS“ vereint zu werden. Im Finale bildet sich daraus
”
wiederum das Wort Films“, das bereits den Ausgangspunkt für die Anima”
tion darstellte (siehe Abb. 4.6).
KAPITEL 4. KATEGORISIERUNG
32
Abbildung 4.6: FMS: opening titles for sample reel (1961), Designer: Jon
Aron, Fred Mogubgub, Pablo Ferro.
Schrift als Ikonogramm
Anders als bei Typogrammen wird beim Ikonogramm ein dreidimensionaler Schriftraum anstelle einer zweidimensionalen Schriftfläche gezeigt. Die
typografischen Zeichen werden als Schriftkörper dargestellt und sind auf
diese Weise im filmischen Bildraum ikonisiert [20]. Wie beim Typogramm
beschränken sich die Bewegungsmöglichkeiten auch beim Ikonogramm auf
Ein- und Ausblenden des Textes. Der Einsatzbereich liegt hier ebenfalls in
den filmischen Titelsequenzen.
Schrift als Ikonokinetogramm
Als Ikonokinetogramm bewegen sich die typografischen Zeichen in einem
dreidimensionalen Schriftraum. Dabei wird die Typografie zum zentralen
raumzeitlichen Gestaltungselement und generiert eine ikonisierte Typosphäre, die vorwiegend in Form von Computeranimationen als simulierter Realitätseindruck umgesetzt wird [20]. Dieser Visualisierungsmodus von Schrift
wird in den letzten Jahren verstärkt im Broadcast-Bereich für animierte
Sendegrafiken, so genannte Flying Logos, eingesetzt. Die Design-Studentin
Franceca Bautista verwendet die Buchstaben in ihrem Projekt zum Thema
Typespace: Navigation Space“ als Ikonogramme, um die Wandelbarkeit
”
von Typografie im dreidimensionalen Raum zu zeigen. Je nach Position der
Schrift bzw. Kamera ändert sich die Bedeutung des dargestellten Textes.
4.5.2
Kombination von Bild und Schrift
Die genannten Visualisierungsmodi kommen nicht nur in reinen Schriftanimationen zum Einsatz, sondern gelten auch für die Kombination von Typografie und Bild. Dabei kann der filmische Bildraum entweder als interaktionsloser Hintergrund für die bewegte Schrift dienen, oder auf verschiedene
Arten mit dem Text in Verbindung stehen.
Bild als interaktionsloser Hintergrund
Findet das typografische Material in Form von Titelkarten Verwendung,
so werden dabei die Buchstaben meist vor einem monotonen, einfärbigen
KAPITEL 4. KATEGORISIERUNG
33
Hintergrund platziert. Auch bei Werbebannern und anderen informierenden
Schriftanimationen wird oft eine derartige Farbfläche eingesetzt, um den Fokus des Betrachters auf den Text zu fixieren und jegliche Ablenkung davon
zu vermeiden. Besonders im Filmbereich wird Typografie im Opener zudem
häufig als überlagerndes Element verwendet. Im Hintergrund befindet sich
dann anstelle der monotonen Farbfläche filmisches Bildmaterial, fallweise in
Bewegung oder auch als statisches Hintergrundbild. Zwischen dem Bildmaterial im Hintergrund und der im Vordergrund abgebildeten Schrift findet
bei Überlagerungen keinerlei erkennbare Interaktion statt [12]. Das typografische Material kann vom Bild losgelöst beliebig positioniert und bewegt
werden. In der Eröffnungssequenz zur TV-Serie Hysterical Blindness weist
das Bildmaterial im Hintergrund keine starken Kontraste auf. Unabhängig
von ihrer Position kommen dadurch die überlagernden Credits trotz der eher
gering gewählten Schriftgröße gut zur Geltung.
Bild als grafisches, mit Schrift interagierendes Element
Die einfachste Form von Interaktion zwischen Bild und Schrift manifestiert
sich in Zwischentiteln. Dabei wird das visuelle Filmmaterial von Titelkarten
unterbrochen und erst nach einer angemessenen Lesedauer wieder fortgesetzt. Weil dadurch der Zuseher immer wieder erheblich aus dem filmischen
Geschehen herausgerissen wird, finden Zwischentitel selbst im Filmbereich
nur noch selten Anwendung, und zwar wenn genau dieser Effekt gewünscht
ist.
In typografischen Animationen wird Schrift meist unter Berücksichtigung
des dahinter liegenden Bildmaterials positioniert. Dafür stehen verschiedene
Möglichkeiten zur Verfügung. Eine davon ist die Platzierung der Buchstaben, sodass sich diese an im Bild befindlichen Elementen orientieren. Oft
wird dabei das Bild- oder Filmmaterial so gewählt, dass sich das geschriebene Wort noch deutlich davon abhebt und dessen Lesbarkeit so wenig wie
möglich beeinträchtigt. Während sich die Schrift in Farbgebung, Positionierung und / oder Bewegung am Bild orientiert bleiben sowohl Bild als auch
Text zwei eigenständige Darstellungsebenen. In der von Saul Bass gestalteten Eröffnungssequenz zu Alfred Hitchcock’s North by Northwest ist die
Orientierung der Credits am Bildmaterial besonders stark. Die typografischen Elemente sind perspektivisch verzerrt und scheinen wie Aufzüge über
die im Hintergrund befindliche Fassade eines Hochhauses zu gleiten (siehe
Abb. 2.2, S. 7).
Besonders im Filmvorspann wird Schrift immer häufiger als integratives
Element eingesetzt. Die Interaktion zwischen Bild und Text geht dabei so
weit, dass dieser in die Bildebene tritt und eine klare Unterscheidung zwischen den beiden Ebenen, Bild im Hintergrund und Schrift im Vordergrund,
nicht weiter getroffen werden kann. Zwar wird die Schrift dadurch Teil der
Handlungsebene, sie ist jedoch als nachträglich hinzugefügtes, extradiege-
KAPITEL 4. KATEGORISIERUNG
34
Abbildung 4.7: links: Weeds – Kleine Deals unter Nachbarn (2005–2007),
Regie: diverse Regisseure (darunter Brian Dannelly und Craig Zisk) Titeldesign: unbenannt; rechts: Six Feet Under – Gestorben wird immer (2001–2005),
Regie: Alan Ball, Titeldesign: unbenannt.
tisches und damit weiterhin eigenständiges Element identifizierbar [12]. Im
Vorspann zur TV-Serie Weeds steht beispielsweise ein Teil der Credits auf
der Straße einer amerikanischen Vorstadtsiedlung. Wenig später überquert
eine Joggerin die besagte Straße und löscht im Vorbeilaufen die Schrift aus
dem Bild (siehe Abb. 4.7). Auch in der Titelsequenz der Serie Six Feet Under, die dafür 2002 einen Emmy erhielt, passieren derartige Interaktionen
zwischen Bild und Text. In einer Einstellung befindet sich ein Wasserglas
im Bild, dessen Pegel langsam sinkt. Der im Wasserglas platzierte Text orientiert sich an diesem Pegel durch eine vertikale Translation, die mit dem
Sinken einhergeht (siehe ebenfalls Abb. 4.7). Allein die Animation der typografischen Zeichen ermöglicht diese Interaktion zwischen Bild und Text.
Die höchste Steigerung dieser Interaktion stellt die Integration der Schrift
direkt in das Bild dar. Dabei wird der Text nicht im Nachhinein über die Bildebene gelegt und passend animiert, sondern ist im Realfilm bereits während
der Produktion Bestandteil des Bildes. In einer Szene der soeben erwähnten Eröffnungssequenz zu Six Feet Under geht der Designer so weit, dass
er den Namen des Produzenten in einen Grabstein gemeißelt zeigt. Die Bewegung der Schrift passiert großteils durch Bewegen der Gegenstände, auf
denen sie sich befindet, oder durch Kamerafahrten. Eine dritte Möglichkeit
besteht darin, die Buchstaben aus diversen Elementen zusammenzusetzen,
wie beispielsweise aus Menschen oder Blättern. Häufig wird intradiegetischer Schrifteinsatz auch in Form von Filmaufnahmen einer schreibenden
Hand umgesetzt. Die typografische Animation besteht dann im Erscheinen
der handschriftlichen Buchstaben. In rein computergenerierten Schriftanimationen kommt Text zum größten Teil intradiegetisch zum Einsatz. Da das
gesamte Bildmaterial keine Realfilmaufnahmen beinhaltet, sondern generiert
ist, lässt sich das typografische Material leicht in die Bildebene integrieren,
wodurch die beiden Ebenen zu einer verschmelzen und Interaktionen zwischen Schrift und Bild erleichtern. Die computeranimierte Senderkennung
des deutschen Privatsenders Sat1 kombiniert die typografischen Zeichen des
Sendernamens mit dem Ball als Markenzeichen in Form einer dreidimensionalen Lichtkugel (siehe Abb. 6.3(a), S. 67). In räumlichen Computeranima-
KAPITEL 4. KATEGORISIERUNG
35
Abbildung 4.8: The Pillow Book (1996), Kalligrafie: Brody Neuenschwander, Regisseur: Peter Greenaway.
tionen wird das typografische Material entweder dreidimensional modelliert
und entsprechend bewegt oder als Textur auf ein anderes Objekt gelegt. Im
zweiten Fall erfolgt die Bewegung der Schrift durch Positionsänderung des
zugehörigen Gegenstandes.
4.6
Umsetzung
Die Animation von Typografie lässt sich auf unterschiedliche Weise realisieren. Je nach Art ihrer Umsetzung sind diese in vier teils digitale teils
nicht-digitale Kategorien einteilbar.
4.6.1
Realfilm
Besonders naheliegend ist die Umsetzung von Schriftanimationen in Form
von Realfilmaufnahmen, wenn es sich um die Entstehung von handgeschriebenen Texten, z. B. Briefen oder Nachrichten, handelt. Dabei werden für gewöhnlich das Schreibgerät, die Hand, die es hält, und der Schriftträger oder
zumindest der Teilbereich, in dem aktuell das geschriebene Wort entsteht, in
Nahaufnahme gezeigt. Brody Neuenschwander schuf unter der Regie von Peter Greenaway in den beiden Filmen Prospero’s Books und The Pillow Book
besonders ästhetische typografische Animationen. In Prospero’s Books zeigt
er die textschaffende Hand des Protagonisten Prospero, der ein Schauspiel
schreibt, in dem er selbst spielt und lebt. Die handschriftlichen Texte sind
entweder deckender Bestandteil des Filmbildes oder halbtransparent über
eine dahinter liegende Filmszene platziert. In The Pillow Book übertrug der
Grafik-Designer typografische Zeichen direkt auf die Haut der Schauspieler.
Jede Bewegung der Darsteller verursachte dann eine Animation der Schrift
in Form von Drehungen und Dehnungen (siehe Abb. 4.8).
Häufig eingesetzt werden Realfilmaufnahmen in Verbindung mit bewegter Typografie in Titelsequenzen für Filme und Fersehserien. Hier kann
Schrift entweder direkt in der Szene platziert oder in der Postproduction
nachträglich integriert werden. Die Animation der Buchstaben erfolgt dann
beim intradiegetischen Schrifteinsatz wie bereits erwähnt wahlweise durch
Bewegung der entsprechenden Objekte oder indirekt durch Kameraschwenks
KAPITEL 4. KATEGORISIERUNG
36
und -fahrten. Wird das geschriebene Wort erst im Anschluss an das Bildmaterial erstellt und auf einer eigenen Ebene darüber positioniert und animiert,
so fällt die Bewegung der Schrift genau genommen in den Bereich der computergenerierten Animation.
4.6.2
Analoger Trickfilm
Typografische Animationen, die dieser Kategorie angehören, stammen entweder aus der Zeit vor der digitalen Revolution, oder der Designer beabsichtigt dadurch einen historischen Bezug herzustellen. Zudem dient der analoge Trickfilm fallweise dazu, einen spezifischen Stil umzusetzen, der mittels Computeranimation nicht zufriedenstellend erreicht werden kann. Bezeichnend für die Erstellung von analogen Trickfilmen ist die Bild für Bild
passierende Animation der einzelnen Objekte, die durch verschiedene StopMotion-Techniken realisiert werden kann. Dazu zählen neben den klassischen, handgezeichneten Trickfilmen sowohl Cutout- als auch Clay-Animationen. Bei Coutout-Animationen werden Wörter, Buchstaben oder Teile
davon z. B. aus Papier ausgeschnitten und nacheinander aufgelegt oder deren Positionen fortlaufend verändert, wodurch die Bewegung der Typografie
entsteht. Bei Clay-Animationen werden die typografischen Zeichen dreidimensional aus Clay-Masse modelliert und dann verformt oder im Raum umpositioniert. Allen Techniken gemeinsam ist jedoch, dass sie grundsätzlich
ohne den Einsatz digitaler Computertechnik auskommen. Computer werden
dabei lediglich zum Zusammenfügen der Einzelbilder und für Bildoptimierungen in der Postproduction verwendet. Beispiele für Textanimationen in
Form von analogen Trickfilmen sind vorwiegend in Titelsequenzen älterer
Filme zu finden, z. B. die Schriftspielereien von Norman McLaren in der Eröffnungssequenz von The Wonderful World Of Jack Paar, oder der berühmte
Opener zu The Pink Panther.
4.6.3
Computergenerierte Animation
In vollständig digitaler Form eröffnet die Computergrafik eine Vielzahl neuer
Möglichkeiten um Schrift zu bewegen. Nicht nur die Interaktion von Bildelementen und Text wird dadurch erleichtert, sondern generell jede nur erdenkliche Idee kann mit Hilfe geeigneter Computersoftware realisiert werden.
Die digitale Computeranimation ermöglicht sowohl die Umsetzung vieler
analoger Animationstechniken auf digitaler Ebene, wie z. B. Handzeichnungen mittels Zeichentablett, als auch die Kreation völlig neuer visueller Stile.
In der narrativen Animation On The Road lässt der Designer Jim Kenney zweidimensionale Satzteile über den Bildbereich fliegen“ und schafft
”
durch Manipulation von Schärfe und Deckkraft, sowie Verzerren und Skalieren der Schrift eine Art Tiefe in einer eigentlich flächigen Darbietung.
Im dreidimensionalen Raum nehmen typografische Zeichen durch die, im
KAPITEL 4. KATEGORISIERUNG
37
Abbildung 4.9: Class Assignment, Designerin: Franceca Bautista, Schule:
California College of Arts and Crafts.
Gegensatz zur 2d-Animation hinzukommende, Tiefeninformation eine neue
Gestalt an. Die dritte Dimension verändert die Bewegungsmöglichkeiten der
Buchstaben erheblich. Von der flächigen 2d-Animation, die auf horizontale
und vertikale Translation und Skalierung beschränkt ist, erweitert sie die Bewegungsoptionen auf alle im dreidimensionalen Raum denkbaren Positionsänderungen. Hinzu kommen die freie Bewegungsoption der Kamera, die neue
Blickwinkel und Animationsmöglichkeiten zulässt, sowie das Spiel mit Licht
und Schatten. Franceca Bautista, Design-Studentin am California College of
Arts and Crafts, setzt in ihrer Animation computergenierierte dreidimensionale Buchstaben-Charaktere ein, um die Geschichte eines Bösewichts namens
the shadow“ zu visualisieren. Durch den gezielten Einsatz von Lichtquellen,
”
durch die die Figuren markante Schatten auf den Boden werfen, entsteht
die gewünschte bedrohliche Stimmung (siehe Abb. 4.9). Auch die typografischen Animationen in Eröffnungssequenzen im Filmbereich werden meist
digital am Computer erstellt. In der Titelsequenz zum Kurzfilm Scout’s Honor lässt Lauren DeNapoli eine Gruppe Basketball spielende 3d-Buchstaben
über einen Parkettboden hüpfen. Durch die sich ständig ändernde Aneinanderreihung der Buchstaben werden die Credits gebildet. Die gesamte Szene
ist dreidimensional modelliert und stellt ein interessantes Beispiel für computergenerierte Typografie-Animation dar.
4.6.4
Collage
Collagen können sowohl digital als auch analog erstellt werden. Die Bewegung von Schrift erfolgt entweder durch zeitlich versetztes Erscheinen der
einzelnen Bestandteile, die im Gesamten die Collage bilden, oder induziert
durch die Bewegung der Kamera. Zudem besteht die Möglichkeit bei Realfilmaufnahmen den Text im Nachhinein über die Bildebene zu legen und so
eine Collage aus Bild und Schrift zu gestalten.
Kapitel 5
Veränderungen durch
Bewegung
Mit der Integration des Faktors Zeit in die Gestaltung von Typografie erschloss sich den Designern eine neue Welt voll ungeahnter Möglichkeiten.
Das vorliegende Kapitel beschäftigt sich mit den Veränderungen, die bewegte Schrift im Gegensatz zu statischer Typografie mit sich bringt.
5.1
Warum Bewegung
Die drei wichtigsten Beweggründe für die Bewegung typografischer Zeichen
liegen in der Erregung von Aufmerksamkeit, im Vermitteln zusätzlicher Informationen und in der Möglichkeit der Manipulation des Leseverhaltens.
5.1.1
Aufmerksamkeit erregen
Wie bereits in Kapitel 3 beschrieben erregt jede Bewegung in der Gesichtsfeldperipherie für gewöhnlich die Aufmerksamkeit des Betrachters. Die Erklärung dafür kann ein Relikt aus der Zeit sein, in der der Mensch noch in
Höhlen lebte und das rechtzeitige Erkennen von Bewegung nicht selten über
Leben und Tod entschied. Einerseits zeigte sich dies bei der Jagt, da der
Erfolg wesentlich war um die eigene Familie ernähren zu können. Dabei war
das rasche Ausmachen von potentieller Beute anhand deren Bewegungen
ebenso bedeutend, wie das eigene, möglichst bewegungslose Verharren, um
die Aufmerksamkeit des zu erlegenden Tieres nicht auf sich zu ziehen und es
nicht in die Flucht zu schlagen. Andererseits war die Fähigkeit, gefährliche
Lebewesen rechtzeitig zu erkennen, überlebenswichtig, da sich der Mensch
dadurch in Sicherheit bringen oder verstecken konnte. Während Bewegungswahrnehmung im Tierreich immer noch vorrangig dieser Funktion des Jagens
und Gejagt-werdens dient, hat sich die Bedeutung für den Menschen in viele
Bereiche des Alltags verlagert. Zum einen spielt diese auch heute noch eine
38
KAPITEL 5. VERÄNDERUNGEN DURCH BEWEGUNG
39
Rolle beim Erkennen von gefährlichen Objekten, wie z. B. herannahenden
Autos, zum anderen wird im Informationsdesign gezielt damit gearbeitet.
Aufmerksamkeitsgesetze
Um die Aufmerksamkeit des Menschen zu erregen existieren nach Thomas
Wirth, Professor für Digitale Medien an der Berufsakademie Mosbach, unter
anderem folgende Gesetze [27]:
• Intensitätsgesetz
• Farbgesetze
• Ausnahmegesetz
• Dissonanzgesetz
Da das Ziel vieler typografischer Animationen in der Verbreitung von
Information liegt und dazu der Blick des Betrachters erst einmal angezogen
werden muss, ist die Berücksichtigung dieser Gesetze für deren Gestaltung
von großer Bedeutung. Das Intensitätsgesetz besagt, dass der Mensch bei
gleichzeitiger Wahrnehmung eines intensiven und eines weniger intensiven
Reizes in der Regel auf den intensiveren reagiert. Beispiele dafür sind die Reaktion auf Objekte mit folgenden Attributen: hoher vor geringer Kontrast,
groß vor klein, komplex vor einfach und scharfe vor unscharfe Konturen.
Nach Thomas Wirth gilt das Gesetz auch für den sprachlichen Ausdruck,
also für die Beschreibung von Dingen, die eine Vorstellung beim Leser hervorruft. Die Intensität dieser Vorstellung entscheidet über die Reaktion des
Betrachters, je intensiver sie ausfällt, desto interessanter und attraktiver ist
das Wort oder der Ausdruck für die Aufmerksamkeit [27]. Weiters spielt die
Intensität der Bewegung eine Rolle, da z. B. mit höherer Geschwindigkeit
bewegte Objekte die Vigilanz eher erregen als langsame.
Auch Farbe zieht die Blicke auf sich, da den Farbgesetzen nach die Aufmerksamkeitswirkung von Farben höher ist als von Grauwerten. Ebenso verhält es sich bei reinen Farben und Mischtönen, bei hoher und geringer Sättigung, bei bunt und monochrom, sowie bei warmen und kalten Farben.
Die genannten Intensitäts- und Farbgesetze sind nur isoliert betrachtet
uneingeschränkt gültig. Werden mehr als ein Gestaltungsmittel eingesetzt,
wodurch mehrere Aufmerksamkeitsgesetze gleichzeitig wirken, so können
sich die Einzelwirkungen addieren oder subtrahieren, aufheben oder sogar
ins Gegenteil wenden. Sind z. B. fünf grau gefüllte Kreise zu sehen und wird
einer davon mit stark gesättigter Farbe versehen, sein Durchmesser vergrößert und bewegt er sich dazu noch auf und ab, addieren sich die Wirkungen
der einzelnen Hervorhebungsarten auf und er erregt ein größeres Maß an
Aufmerksamkeit als ein zweiter Kreis, auf den nur eines der Gesetze zutrifft
(siehe Abb. 5.1).
KAPITEL 5. VERÄNDERUNGEN DURCH BEWEGUNG
40
Abbildung 5.1: Addition der Aufmerksamkeitsgesetze: Der blaue Kreis erregt die Aufmerksamkeit des Betrachters am stärksten, da sich die Wirkungen
der Hervorhebungen aufaddieren. An zweiter Stelle steht der Kreis, der sich
durch seinen größeren Radius von den übrigen drei Kreisen abhebt.
Das Ausnahmegesetz beschreibt ein sehr mächtiges Prinzip, das viele der
zuvor genannten Gesetze außer Kraft setzen kann. Es besagt, dass Reize, die
anders sind als die anderen in ihrer Umgebung, über den höchsten Aufmerksamkeitswert verfügen. Demnach fällt in einer Menge von grauen Punkten,
wie bereits bei den Farbgesetzen besprochen, der blaue auf, aber auch umgekehrt ein grauer Punkt umgeben von blauen. Nach den Farbgesetzen müsste
der Betrachter auf die blauen Punkte reagieren, durch das Ausnahmegesetz
jedoch zieht der einzige graue Punkt die Aufmerksamkeit auf sich. Dasselbe gilt für Bewegungen. In einer bewegten Umgebung ist das Statische
auffällig, selbst wenn Bewegung grundsätzlich die höchste Priorität für die
menschliche Aufmerksamkeit besitzt. Beim Ausnahmegesetz handelt es sich
nicht um absolute Größen oder Wirkungsverhältnisse, sondern sozusagen
um Figur und Grund (siehe Abschnitt 3.3). Die menschliche Wahrnehmung
funktioniert dabei nach der Regel Das Seltenere ist das Wichtigere“ [27].
”
Ein ähnliches Prinzip vertritt das Dissonanzgesetz, das darauf beruht,
dass alles, was nicht der Erwartung des Menschen entspricht, dessen Aufmerksamkeit erregt. Dabei geht es mehr um Inhalte als um formale Reizmerkmale. Um Ressourcen zu sparen erwartet er, dass sich alles wie gewohnt
verhält. Treffen die Hypothesen nicht ein, reagiert er mit Verwunderung und
wird aufmerksam. Unerwartetes ist interessant und verfügt über einen hohen Aufmerksamkeitswert, es erzeugt eine Dissonanz und fordert das Gehirn
dadurch heraus. Dissonante Informationen werden nicht mühelos verstanden
und erfordern daher ein erhöhtes Maß an mentaler Anstrengung als das Alltägliche. Dadurch werden sie tiefer verarbeitet und besser erinnert [27]. Das
Dissonanzgesetz funktioniert sowohl auf Bildebene als auch auf Sprachebene.
Werbebanner
Ein besonders prägnantes Beispiel für den Einsatz von bewegter Typografie mit der Absicht, die Aufmerksamkeit des Betrachters zu erregen, bieten
Werbebanner im Internet. Bei ausschließlicher Betrachtung von Websites,
ohne Interaktion des Besuchers wie Klicken oder Scrollen, weisen diese mit
KAPITEL 5. VERÄNDERUNGEN DURCH BEWEGUNG
41
Ausnahme der Werbeflächen meist keine Bewegungen auf. Richtet der Betrachter seinen Blick auf eine beliebige Stelle der Website, so befindet sich
die gesamte Darstellungsfläche des Computerbildschirms in seiner Gesichtsfeldperipherie. Wie in Kapitel 3 beschrieben, löst eine Bewegung in diesem
Bereich eine Augenbewegung hin zum bewegten Objekt aus. Das bedeutet,
egal an welcher Stelle der Website der Werbebanner platziert ist, er zieht
in jedem Fall durch die Bewegung im sonst statischen Bereich den Blick
des Betrachters auf sich. Hier kommt sozusagen das im vorangegangenen
Abschnitt erwähnte Ausnahmegesetz zu tragen. Während der Großteil der
Werbebanner die Bewegung als Aufmerksamkeitsfaktor einsetzen, weisen sie
doch Unterschiede in der restlichen Gestaltung auf. Nicht selten meinen es
die Gestalter von derartigen Werbeflächen zu gut und kombinieren so viele
Hervorhebungsarten wie möglich, die zwar geradezu nach Aufmerksamkeit
schreien“, aber keinen Hauch von Ästhetik mehr besitzen.
”
Untertitel
Neben der Nutzung von bewegter Schrift zur Erregung von Aufmerksamkeit wird Typografie im Bewegtbild auch so eingesetzt, dass die Bewegung
lediglich im Ein- und Ausblenden der Buchstaben und Wörter besteht, wie
es z. B. bei einigen Titelsequenzen und generell bei Untertiteln der Fall ist.
Untertitel als Übersetzungsmittel können nach Henrik Gottlieb [9] definiert
werden als
Übertragung in eine andere Sprache von verbalen Nachrichten
”
im filmischen Medium in Form ein- oder mehrzeiligen Schrifttextes, die auf der Leinwand erscheinen, und zwar gleichzeitig mit
der originalen gesprochenen Nachricht.“
Demnach werden ein- oder mehrzeilige Texte für die Dauer des dazugehörigen, im Film dargestellten, Dialogs in das Filmbild integriert. Auch
Inserts wie Zeitungsschlagzeilen und Verkehrsschilder, die von der Kamera
erfasst werden, und Titel werden als Untertitel übersetzt. Untertitel ziehen
bereits durch das plötzliche Einblenden des Textes in den Bildbereich die
Aufmerksamkeit des Betrachters auf sich. Dies ist vermutlich auf die in Kapitel 3 näher beschriebene Reaktion des Sehapparats auf Bewegungen in
der Gesichtsfeldperipherie zurück zu führen. Üblicherweise sind Untertitel
statische Texte, deren einzige Bewegung im Ein- und Ausblenden besteht.
Aufgrund der zahlreichen Bewegungen im Filmbild selbst müsste der Blick
des Betrachters jedoch rasch wieder weg von der unbewegten Schrift auf das
Bildmaterial gelenkt werden. Allerdings werden in der synoptischen Wahrnehmung Schriftinformationen gegenüber den Bildinformationen favorisiert,
sodass die Semantik der geschriebenen Verbalisation die Bildsemantik überlagert und eine bedeutungsstrukturierende Funktion übernimmt. Besonders
KAPITEL 5. VERÄNDERUNGEN DURCH BEWEGUNG
42
im Film als dominant bildgestütztes Medium erregt Schrift als fremde Medientechnologie ein erhöhtes Maß an Aufmerksamkeit beim Betrachter [20].
Schrift zieht somit bereits in unbewegtem Zustand den Blick des Zusehers
auf sich.
Warum werden Untertitel im Film nicht in bewegter Form z. B. als Laufschriften dargestellt, wenn sie dadurch noch mehr Aufmerksamkeit erregen
könnten als in statischer Form? Ein Grund dafür kann sein, dass Untertitel
selbst als unbewegter Text bereits ausreichend Aufmerksamkeit auf sich ziehen. Dabei spielt vermutlich der Kontrast im Gesamtbild eine große Rolle.
Dieser entsteht bei Untertiteln nicht nur durch die Gestaltung als meist helle
Schrift mit dunkler Umrandung oder Schlagschatten, sondern überdies durch
die Unbewegtheit der typografischen Zeichen im Vergleich zum Bildmaterial.
Befände sich die Schrift zudem ständig in Bewegung, würde sie den Blick
des Betrachters nicht nur auf sich lenken, sondern fesseln. Infolge dessen
wäre das Verfolgen der filmischen Handlung durch Betrachten der Bildinformationen nicht mehr möglich, da sich der Großteil der Aufmerksamkeit
auf das geschriebene Wort konzentrieren würde. Außerdem besteht die Gefahr, dass ein Übermaß an Bewegung Unruhe vermittelt und dadurch das
ungestörte Betrachten des Filmes beeinträchtigt. Weiters könnten Untertitel
als Crawler nur einzeilig dargestellt werden und würden das Leseverhalten
stark beeinflussen (mehr dazu in Abschnitt 5.1.3). Ein weiterer Grund für
die unbewegte Form der Untertitel kann in der genauen zeitlichen Platzierung des Textes zum filmischen Dialog liegen. Wären diese als Laufschriften
umgesetzt, so müsste in vielen Fällen die Laufgeschwindigkeit, die für gewöhnlich gleichmäßig ist, ständig an den Textumfang angepasst werden. Da
zweizeilige Texte in Laufschriften nicht zielführend umgesetzt werden können, liegt in der Variation der Laufgeschwindigkeit die einzige Möglichkeit
ein sich ständig änderndes Maß an schriftlicher Information passend zum
Bildmaterial darzubieten.
5.1.2
Zusätzliche Information vermitteln
Das Vermitteln zusätzlicher Information durch bewegte Schrift kann auf
zwei Arten erfolgen, entweder durch zeitversetztes Darbieten unterschiedlicher Wörter im selben Darstellungsbereich, oder durch Inszenierung der
typografischen Zeichen.
Platz sparen
Im Printbereich hat der Leser gewisse Erwartungen an den Text [3]:
• beständige Abfolge von Wörtern
• feste Seitenfolge
• tragbar
KAPITEL 5. VERÄNDERUNGEN DURCH BEWEGUNG
43
• körperliche Existenz
• von Dauer
Im Bewegtbild wird keine dieser Erwartungen erfüllt. Aufgrund der unterschiedlichen Anforderungen in den beiden Bereichen, die bei typografischen Animationen in der Unterhaltungskategorie eher denen an einen Film
gleichen, stellt dies jedoch kein Problem dar. Da es sich bei gedrucktem Text
um eine zeitunabhängige Kommunikationsform handelt, bleibt die Rolle der
Zeit in den Händen des Lesers. Für die Designer von bewegter Typografie stellt der Faktor Zeit ein Gestaltungsmittel dar, das es ermöglicht im
begrenzten Darstellungsbereich ein ungleich höheres Maß an Schrift darzubieten als auf einem Blatt Papier mit denselben Abmessungen im Printbereich. Dies kann einerseits im Ein- und Ausblenden von typografischem
Material umgesetzt werden und andererseits durch Rolltexte. Bei der zweiten
Möglichkeit handelt es sich um Typokinetogramme (siehe Abschnitt 4.5.1),
die eingesetzt werden, wenn ein zusammenhängender Text als zu lang empfunden wird und dennoch in angemessener Schriftgröße gezeigt werden soll.
Unterschieden wird dabei im zweidimensionalen Raum zwischen horizontaler
und vertikaler Translation des typografischen Materials durch den Bildbereich. Die horizontal bewegten Texte werden auch Crawl-Texte, Crawler oder
Kriechtexte genannt, während vertikal translierte Schrift als Rolltext, Rolltitel oder Roller bezeichnet wird. Das wohl berühmteste Beispiel für einen
solchen Rolltitel bildet der Eröffnungstext von George Lucas in Star Wars,
der dem Publikum am Beginn die nötige Hintergrundinformation liefert.
Eine weitere Option, mehr schriftliche Information im Darstellungsbereich unterzubringen, bietet die Kamerabewegung. Durch Kameraschwenks
und -fahrten wird es sowohl im zweidimensionalen, besonders wirkungsvoll
jedoch im dreidimensionalen Raum möglich, ein großes Areal voll typografischer Information auf der beschränkten Darstellungsfläche darzubieten.
Informationsvisualisierung
Durch den zeitlichen Faktor und die Bewegungsmöglichkeiten lassen sich
typografische Zeichen beliebig in Szene setzen. Nicht nur verschiedene Stimmungen, sondern auch Charaktereigenschaften können so transportiert werden. Neben den Optionen für statische Typografie, die in Abschnitt 4.2.2
näher beschrieben sind, erschließen sich durch die Bewegung der einzelnen
Zeichen neue Optionen zur Vermittlung von Emotionen. So können Schrift
z. B. menschliche Züge verliehen und dadurch verschiedene Charaktere geschaffen werden.
Spielt Narration in der typografischen Animation eine Rolle, so können durch die Bewegung Informationen vermittelt werden, die sonst durch
reinen Text, also durch die Semantik des Textes, beschrieben werden müssten. Durch bewegte Typografie wird die Möglichkeit geschaffen, zwei grund-
KAPITEL 5. VERÄNDERUNGEN DURCH BEWEGUNG
44
Abbildung 5.2: The Child (1999), Regie: Antoine Bardou-Jacquet, Interpret: Alex Gopher.
legende Gestaltungselemente, und zwar Bild und Schrift, auf interessante
Weise zu kombinieren. Wie die bekannte Redensart Ein Bild sagt mehr als
”
1000 Worte.“ andeutet, können mit Hilfe eines Bildes Informationen dargestellt werden, deren textuelle Erklärung sehr viele Wörter umfassen würde.
Andererseits ruft ein und dasselbe Wort bei verschiedenen Betrachtern die
Vorstellung unterschiedlicher Bilder hervor. Wird das Wort zum formalen Inhalt des Bildes, entsteht die interessante Kombination. Während die Handlung und die grobe Struktur des Bildmaterials mitsamt der Stimmung und
den Emotionen durch den Designer vorgegeben sind, hat der lesende Betrachter die Möglichkeit, über die Details der Wahrnehmung selbst zu entscheiden. Die typografische Animation ist dabei, ähnlich wie die Verfilmung
eines Buches, die bildhafte Darstellung eines Textes mit der Besonderheit,
dass die gestalterischen Details der Fantasie des Betrachters überlassen sind.
In dem Musikvideo zu Alex Gopher’s The Child, in dem Regisseur Antoine
Bardou-Jacquet eine ganze Stadt ausschließlich aus Buchstaben erstellen
ließ, werden die beiden Hauptfiguren aus Wörtern gebildet, die deren Eigenschaften und Zustände beschreiben. So besteht die Frau aus den Wörtern
brown hair, pretty face, woman, pregnant, red dress und sneakers, wodurch
der der englischen Sprache mächtige Zuseher weiß, dass es sich um eine
braunhaarige, schwangere Frau mit hübschem Gesicht handelt, die ein rotes
Kleid und Turnschuhe trägt (siehe Abb. 5.2). Die wichtigste Information,
nämlich der Zustand schwanger ist durch fette Schrift hervorgehoben und
pulsiert. Zwar ist dies schon eine relativ genaue Beschreibung, dennoch bleiben viele Details dem Betrachter überlassen, wie z. B. der Haarschnitt, die
Farbe der Turnschuhe, die Körpergröße, die Augenfarbe und ob das Kleid
ärmellos ist oder einen tiefen Ausschnitt aufweist.
5.1.3
Leseverhalten beeinflussen
Bereits statische Typografie sorgt für Bewegung, indem der Blick beim Lesevorgang entlang der Schrift wandern muss, um das nächste Wort erfassen zu
können. Während die Leserichtung von der verwendeten Sprache abhängt,
ist allen Kulturen gemeinsam, dass das Auge durch das geschriebene Wort in
rhythmische Bewegung versetzt wird. Der Leserhythmus wird dabei großteils
KAPITEL 5. VERÄNDERUNGEN DURCH BEWEGUNG
45
von den verwendeten Satzzeichen geprägt. In Zeitschriften wird der Blick des
Lesers nicht nur durch die Leserichtung und den Rhythmus gelenkt, sondern
maßgeblich durch die Verwendung von größeren Schriften als Schlagzeilen
und den Einsatz von Auszeichnungen, die dem Querlesen dienen. Während
die Augenbewegung durch typografische Gestaltung gelenkt werden kann,
besteht im Printdesign keinerlei Möglichkeit, den zeitlichen Faktor zu beeinflussen. Das Tempo, mit dem der Leser ein Buch oder einen Artikel liest,
liegt allein im Ermessen der lesenden Person.
Im Unterschied zu den Printmedien bietet die bewegte Schrift die Chance,
die Lesegeschwindigkeit zu manipulieren. Im zeitbasierten Medium ist der
Betrachter so lange dem Text ausgesetzt, wie es der Designer vorbestimmt
hat. Mit Ausnahme des Schließens der Augen und des Beendens der Animation hat der Leser kaum eine Möglichkeit sich der Worte zu entziehen.
Da diese beiden Optionen in den Printmedien ähnlich gegeben sind (Augen
schließen, Buch / Zeitschrift zuschlagen und zur Seite legen) können sie im
Vergleich der beiden Medien vernachlässigt werden.
Titelkarten und Untertitel
Die einfachste Art, die Lesegeschwindigkeit zu steuern, findet sich bereits im
Stummfilm in Form der Titelkarten. Da sich die Wahrnehmung der Schrift
im Bewegtbild über die beiden Variablen Verweildauer und Lesesteuerung
bestimmt [20] und beim statischen Text der Titelkarten keine Veränderung
oder Animation der Schrift passiert, kann die Manipulation des Leseverhaltens lediglich über die Verweildauer erfolgen. Diese Variable ermöglicht es
dem Gestalter, den Lesevorgang auf die vorgegebene Zeit zu begrenzen.
Eine erweiterte Form der Titelkarten stellt der Einsatz von Untertiteln
zur Übersetzung z. B. filmischer Dialoge dar (siehe Abschnitt 5.1.1). Ähnlich wie bei Titelkarten können auch bei Untertiteln die Zuseher nicht über
ihren eigenen Leserhythmus entscheiden, sie müssen sich darauf verlassen,
dass der Untertiteler diese Arbeit für sie passend erledigt. Wichtig dabei ist,
dass das Publikum nicht nur in der Lage ist, die Untertitel zu lesen, sondern zudem den Film genießen kann. Um zu gewährleisten, dass die Zuseher
die Gesichtsausdrücke und Bewegungen auf der Leinwand erfassen können,
sollte die Zeit für das lesefreie Betrachten der Bilder in etwa der Lesezeit
entsprechen. Für diese gilt ein normierter Richtwert von zehn Buchstaben
pro Sekunde, bei dessen Einhaltung die meisten Zuseher in der Lage sind,
eine Balance zwischen dem Betrachten des Bildmaterials und dem Lesen
der Untertitel zu halten. Grundsätzlich ist das Ziel des Untertitelers die
gesprochenen Worte in literarischer Form darzustellen, und zwar synchron
mit dem filmischen Dialog. Dazu wird nicht selten der Textumfang auf die
wesentlichen Informationen reduziert. Um nicht gegen den Rhythmus des
Originals zu arbeiten und dadurch den Wahrnehmungsprozess zu verzögern
erfordert die Platzierung der Untertitel neben der Synchronizität mit den
KAPITEL 5. VERÄNDERUNGEN DURCH BEWEGUNG
46
hörbaren Signalen auch eine solche mit den sichtbaren Signalen des Films.
Oft werden Schnitte auch auf Kosten der Lesezeit respektiert, das bedeutet ein Untertitel wird ausgeblendet wenn der filmische Dialog durch einen
Schnitt beendet wird, selbst wenn die Verweildauer viel zu kurz war, um den
Text mit durchschnittlicher Lesegeschwindigkeit zu erfassen. In der Filmindustrie wird offensichtlich mehr Wert auf Ästhetik gelegt, als auf die Lesezeit
von Untertiteln [9].
Durch die Fähigkeit im Bewegtbild zu bestimmen, wann der Zuseher
welche Buchstaben zu Gesicht bekommt, ist dem Designer stets bekannt,
welche Information der Leser zu jedem Zeitpunkt der Animation bereits
erhalten hat. Im Gegensatz zu statischem Text ist der Wissensstand bei
jedem Zuseher gleich, solange die Geschwindigkeit so gewählt wird, dass
auch langsamere Leser die Informationen aufnehmen können. Während sich
schnelle Leser bei ruhendem Text in derselben Zeit ein größeres Maß an
Wissen aneignen können als solche mit durchschnittlicher Geschwindigkeit,
ist es ihnen bei bewegter Typografie nicht möglich schneller zu Lesen als
die Wörter dargeboten werden. Besonders bei Untertiteln spielt dies eine
wesentliche Rolle. Wird innerhalb eines Dialoges oder sogar innerhalb eines
einzelnen Satzes eine Sprechpause getätigt, die der dramatischen Dynamik
einer Sequenz dient, würden zu früh eingeblendete Satzteile diese Dynamik
zerstören. Der Zuseher würde die Sprechpause mit hoher Wahrscheinlichkeit
überlesen und die folgenden Informationen zu bald erhalten.
Laufschriften
Eine im Alltag häufig anzutreffende Anwendung dieses Vorteils sind Laufschriften. Zu den bekanntesten unter ihnen zählen die Informationsleisten im
Bereich Leuchtreklame und die Werbebanner im Internet. Bei dieser Form
der bewegten Typografie werden mehrere Wörter oder Sätze, meist mit Informationsgehalt, auf einer einzeiligen Werbefläche dargeboten. Da sich in
einer statischen Zeile nicht ausreichend Text platzieren lässt, wird die Schrift
horizontal mit gleich bleibender Geschwindigkeit bewegt. Im Europäischen
Raum erscheinen die Buchstaben am rechten Rand der Werbefläche und laufen dann nach links bis sie am gegenüberliegenden Rand wieder verschwinden. Würde sich die Schrift von links nach rechts, also in Leserichtung, bewegen, würden die Wörter vor dem Betrachter davonlaufen. Um dies zu vermeiden werden Laufschriften immer gegen die Leserichtung transliert. Der
Vorteil dieser Textanimation liegt nicht nur in der Beeinflussbarkeit der Lesegeschwindigkeit, sondern auch in der Platzersparnis. Auf der Anzeigetafel
oder dem Werbebanner kann durch die Laufschrift wesentlich mehr Information dargeboten werden, als bei der Verwendung von statischem Text.
Um zu gewährleisten, dass alle Betrachter die gesamte Information erhalten, wird bei Laufschriften nach Ende eines Durchgangs der gezeigte Text in
einer Endlosschleife wiederholt. Gekennzeichnet ist dieses Ende bei Leucht-
KAPITEL 5. VERÄNDERUNGEN DURCH BEWEGUNG
47
reklamen oft durch Leerraum und auffällige Zeichen wie z. B. Sterne oder
Punkte.
Im Broadcast-Bereich finden Laufschriften Anwendung als Crawler, auch
Kriechtitel genannt. Dabei wird Informationstext meist am unteren Rand
des Fernsehbildes eingeblendet, der sich horizontal, entgegen der Leserichtung, über den Bildschirm bewegt. Häufig eingesetzt werden Kriechtitel bei
Nachrichtensendern um während des laufenden Programmes aktuelle Nachrichten in das Bild zu integrieren. Handelt es sich bei dem eingeblendeten
Text um besonders wichtige Informationen, so werden diese Kriechtitel auf
mehreren Sendern gleichzeitig in die planmäßigen Sendungen eingebunden,
um so viele Menschen wie möglich zu erreichen. Weiters werden Laufschriften für Aktienkurse, Eigenwerbungen für nachfolgende Sendungen oder für
Hinweise auf Programmänderungen verwendet und nicht selten wird auch
der Abspann einer Sendung auf diese Weise umgesetzt. Im Grunde basiert
das Konzept der Kriechtitel auf der in Kapitel 3 beschriebenen Leistung des
Sehapparats, auf Bewegungen innerhalb der Gesichtsfeldperipherie mit einer
Augenbewegung hin zum bewegten Objekt zu reagieren. Mit dem Durchlaufen des Bildes zieht der Informationstext die Blicke der Zuseher auf sich
und erzielt dadurch den gewünschten Effekt, er wird gelesen. Aufgrund des
beim Lesen von statischem Text erlernten Verhaltens, den Blick in Leserichtung wandern zu lassen, um die Worte zu erfassen, müsste auch bei den als
Laufschrift verwendeten Sätzen eine derartige horizontale Augenbewegung
ausgelöst werden. Sofern die Laufgeschwindigkeit passend gewählt wird, simuliert die Translation der Buchstaben gegen die Leserichtung die erwartete
Augenbewegung und der Blick des Lesers bleibt annähernd statisch. Laufen
die Wörter zu langsam am Auge des Betrachters vorbei, so wird dieser versuchen, die Geschwindigkeit seinem Lesetempo anzupassen, indem er zusätzlich eine Augenbewegung in Leserichtung durchführt. Durch die horizontale
Beschränkung der Laufschrift wird genau bei solchen schnelleren Lesern die
Lesegeschwindigkeit gedämpft.
Schreibmaschinenstil
Eine weitere Möglichkeit, die Lesegeschwindigkeit des Betrachters durch bewegte Schrift zu beeinflussen, bietet die Animation des Textes im Schreibmaschinenstil. Dabei werden die Wörter buchstabenweise in unterschiedlichem Tempo dargeboten, sodass der Eindruck entsteht, sie würden von
Menschenhand getippt. Im Gegensatz zur Laufschrift wird hier jeder bereits geschriebene Buchstabe fixiert, während die Animation lediglich aus
dem Erscheinen neuer Zeichen besteht. Wie bereits in Kapitel 3 beschrieben
zieht die Bewegung eines Objektes den Blick des Beobachters auf sich, welcher ihm daraufhin folgt, solange die Bewegung ungestört fortgesetzt wird.
Bei der schreibmaschinartigen Animation konzentriert sich die Bewegung
auf das Textende und lenkt den Blick des Betrachters, wodurch eine ste-
KAPITEL 5. VERÄNDERUNGEN DURCH BEWEGUNG
48
tige Augenbewegung in Leserichtung passiert. Erschienen die Buchstaben
nicht in, sondern gegen die Leserichtung, so würde der Blick des Lesers zwar
ebenso der Bewegung folgen, nach jedem abgeschlossenen Wort jedoch kurz
anhalten, in Leserichtung wandern um eben dieses Wort zu lesen und dann
die Verfolgung der Bewegung wieder aufnehmen. Aufgrund der gewohnten
Leserichtung wäre der Betrachter versucht, nach Darbietung des vollständigen Satzes, diesen als Gesamtheit in die erlernte Richtung zu lesen. Für
den Betrachter würde dieser Vorgang einen dauernden sprunghaften Richtungswechsel der Augenbewegung bedeuten, was zum Textverständnis vor
allem ein erhöhtes Maß an Konzentration erfordert. Die Animation des Textes im Schreibmaschinenstil findet häufig Anwendung als Inserts in Serien
und Filmen, die Auskunft über den Ort und die Zeit geben, in der sich die
darauffolgende Szene abspielt. Oft wird dafür eine Schriftart gewählt, die
den Schreibmaschinenstil unterstützt und passende Assoziationen zulässt.
Dies sind vorwiegend dicktengleiche Schriften, auch Monospaced Fonts oder
Nichtproportionale Schriften genannt, bei denen jedes Zeichen die gleiche
Dickte bzw. die gleiche Schriftzeichenbreite aufweist, z. B. Courier, Letter
Gothic, Lucida Sans Typewriter und Orator.
Besonders wirkungsvoll um die Lesegeschwindigkeit zu beeinflussen ist
das Einblenden einzelner Wörter, die aneinander gereiht einen gesamten Satz
ergeben. Durch die Anwendung verschiedener Effekte auf ausgewählte Wörter können solche passend in Szene gesetzt werden. In diesem Animationsstil
kann der Vorteil der Laufschrift als platzsparende Informationsdarbietung
mit dem des Schreibmaschinenstils als Manipulationsmöglichkeit der Augenbewegung vereint werden. Die einfachste Anwendung ist die Adaption
des Schreibmaschinenstils, indem ein Satz horizontal in Leserichtung Wort
für Wort eingeblendet wird. Interessante Möglichkeiten ergeben sich, wenn
die Wörter nicht wie im Printbereich aneinander gereiht werden, sondern
deren Position unvorhersehbar variiert oder gleich bleibt. Dabei können sie
beispielsweise platzsparend auf annähernd derselben Stelle zeitlich versetzt
eingeblendet werden und so einen Satz bilden. Wie lange die einzelnen Worte
am Bildschirm verweilen, bevor sie vom folgenden abgelöst oder überdeckt
werden, bestimmt der Designer, der damit die Lesegeschwindigkeit steuert. Eine weitere Möglichkeit bietet die Verteilung der Buchstabengruppen
über verschiedene Bereiche des gesamten Bildes. Sobald die Verweildauer
des aktuellen Wortes erreicht ist, erscheint an einer beliebigen Stelle das im
Satz folgende. Unabhängig davon, ob die bereits eingeblendeten Satzteile
weiter bestehen bleiben oder nach ihrem Auftritt wieder verschwinden, erfasst das menschliche Gehirn zwei kurz nacheinander eingeblendete Worte
als zusammengehörig. Grund dafür kann das in Abschnitt 3.3.1 erwähnte
Gesetz der Nähe sein, das besagt, dass Elemente mit geringen Abständen
zueinander als zusammengehörig wahrgenommen werden. Zwar handelt es
sich bei diesem von Max Wertheimer um 1923 festgelegten Gestaltgesetz
um die räumliche Nähe, adaptiert man dieses jedoch auf den zeitlichen Be-
KAPITEL 5. VERÄNDERUNGEN DURCH BEWEGUNG
49
reich, kann man sagen, dass Elemente mit geringen zeitlichen Abständen
zueinander als zusammengehörig wahrgenommen werden. Eine weitere Erklärung für diese Wahrnehmung mag das im Printbereich erlernte Wissen
des Lesers sein, dass Worte meist Teil eines Satzes sind. Der Betrachter weiß
also, dass ein Wort selten alleine steht und versucht deshalb, in Kombination
mit den kurz zuvor oder danach eingeblendeten Wörtern, einen Satz zu bilden. Durch die unterschiedlichen Positionen der aufeinanderfolgenden Worte
kann die Augenbewegung des Lesers kreuz und quer über den Bildbereich
gesteuert werden.
5.2
Gestaltungsregeln
Für typografische Gestaltung in Printmedien existieren zahlreiche Regelwerke. Durch die Integration der Zeit als vierte Dimension1 in die Arbeit
mit Typografie, müssen einige dieser Richtlinien überdacht werden. Welche der Regeln aus dem Printbereich auch für Schrift im Bewegtbild zutreffen können und welche einer Überarbeitung bedürfen wird in diesem
Abschnitt erarbeitet. Dabei wird klar unterschieden zwischen dem Bereich
Screen-Design, der grundsätzlich statische Typografie am Bildschirm dargestellt betrifft, und Schrift im Bewegtbild. Abbildung 5.3 zeigt eine Übersicht
der Gestaltungsregeln für statische und bewegte Typografie.
5.2.1
Statische Typografie
Die im Folgenden aufgelisteten Gestaltungsgrundsätze betreffen den Bereich
Makrotypografie, also das Gesamtkonzept, und stellen großteils eine abgewandelte Form der schwarzen Liste von Claudia Runk [18] dar.
Vorbereitung
Vor der Gestaltung des Druckerzeugnisses mittels geeigneter Software ist
es hilfreich eine Handskizze auf Papier anzufertigen, in der der Designer
eine grobe Raumaufteilung vornimmt. Früher unerlässlich war die von Hand
gezeichnete Feinskizze, die heute kaum noch zum Einsatz kommt. Dabei
wurden bereits die richtigen Schriften, Textlängen, Zeilenabstände, Linien
und Bildmotive berücksichtigt und eingebaut.
Randbereiche
Im Printbereich beinhaltet das Seitenlayout nicht nur Texte, Bilder, Linien
und schmückende Elemente, sondern für gewöhnlich auch einen Rand unterschiedlicher Breite, der eben diese Seitenelemente umgibt. Grund dafür ist
1
als dritte Dimension können im Printbereich bei mehrseitigen Werken die Seiten gesehen werden
KAPITEL 5. VERÄNDERUNGEN DURCH BEWEGUNG
Abbildung 5.3: Übersicht der Gestaltungsregeln für statische und bewegte
Typografie.
50
KAPITEL 5. VERÄNDERUNGEN DURCH BEWEGUNG
51
einerseits der Beschnitt, der zwischen einem und fünf Millimetern liegt und
fallweise zum Anschneiden des Textes führen könnte wenn die Seite keinen
Rand aufweist. Andererseits ermöglicht ein wohl proportionierter Randbereich eine erhöhte Lesefreundlichkeit des Textes und sorgt für ein ästhetisches
Gesamtbild. Zur Berechnung der Randproportionen werden mathematische
Verhältnisse, wie z. B. der goldene Schnitt, verwendet [22].
Weiße Löcher und zu viel Weite
Ein Weißraum an der falschen Stelle dient nicht der Auflockerung, sondern
hinterlässt ein optisches Loch im Gesamtwerk. Vorsichtig eingesetzt werden
sollen Tabulatorsprünge, Einzüge, Spalten- und Zeilenabstände. Werden sie
zu groß gewählt, so wirken die Texte als fielen sie dadurch auseinander und
verlieren ihren Zusammenhalt.
Gliederungen
Bei der Gestaltung im Printbereich ist es von Bedeutung darauf zu achten,
die Seite nicht vollständig mit Elementen zu befüllen. Durch ein Übermaß an
verschiedenen Objekten kann das Gesamtbild schnell überladen wirken. Um
zur Geltung zu kommen benötigen Bilder sowie Texte Luft zum Atmen“.
”
Um Gedränge und Einheitsbrei zu vermeiden helfen deutliche Abstände zwischen den Texten. Diese gliedern das Druckerzeugnis und unterstützen den
Leser beim Bewahren des Überblicks. Auch durch setzen von Kontrasten,
z. B. durch verschiedene Schriftgrößen oder Zwischenüberschriften, kann das
Druckerzeugnis gegliedert werden.
Spaltenabstand
Zu geringer Spaltenabstand bewirkt, dass dieser übersehen wird und der
Blick des Lesers die Zeile horizontal weiterverfolgt, anstatt in die nächste
Zeile der aktuellen Spalte zu springen. Bei zu groß gewähltem Abstand wirken die Spalten nicht mehr zusammengehörig.
Schmückende Elemente
Werden zu viele Linien, Kästen und andere schmückende Elemente eingesetzt, so wird das Gesamtbild unübersichtlich und die Seite wirkt je nach Art
des Elements steif oder überladen. Auch mit dem Rotieren von Textblöcken
sollte sparsam umgegangen werden.
Gleichmäßige Abstände
Bei wiederkehrenden Elementen soll auf gleichmäßige Abstände geachtet
werden, beispielsweise zwischen Bild und Bildunterschrift oder zwischen den
Bildern oder Textblöcken untereinander.
KAPITEL 5. VERÄNDERUNGEN DURCH BEWEGUNG
52
Linien und Achsen
Durch den Einsatz von Linien und Achsen erhält das Auge des Betrachters die Möglichkeit, sich zu orientieren. Fehlen diese, so entsteht rasch eine
unübersichtliche Mischung aus Text und anderen Elementen.
Unterschiedliche Schriftgrößen und Schriftarten
Werden in einem Druckwerk zu viele verschiedene Schriftgrößen eingesetzt,
wirkt dies unruhig und unübersichtlich. Die empfohlene Anzahl liegt bei zwei
bist drei Schriftgrößen. Ähnlich verhält es sich mit dem Einsatz von unterschiedlichen Schriftarten. Meist reichen ein oder zwei verschiedene Schriftarten völlig aus, mehr als drei sollten auch hiervon nicht verwendet werden.
Schriftmischung
Beim Mischen von verschiedenen Schriftarten spielt der Schriftcharakter eine
wichtige Rolle. Die zu mischenden Schriften sollten einerseits nicht zu ähnlich
sein, andererseits jedoch einen ähnlichen Charakter aufweisen. Der sicherste
Weg ist die Mischung innerhalb einer Schriftfamilie, wobei hier ebenfalls
darauf zu achten ist, dass sich die Schnitte nicht zu sehr ähneln. Außerdem
sind Schriften mischbar, wenn sie eine gleiche oder ähnliche Struktur z. B.
in ihrer Strichstärke aufweisen. Auf das Mischen von Schriften mit großen
Unterschieden in den Mittellängen sollte verzichtet werden.
Auszeichnungen
Optische Auszeichnungen, dazu zählen halbfette und fette Schriften, Sperrungen und Unterstreichungen sowie farbiger Text, sollen nur äußerst sparsam und sehr gezielt eingesetzt werden. Besonders das Sperren von Text soll
grundsätzlich vermieden werden, da es den Lesefluss erheblich stört. Für die
optische Hervorhebung wichtiger Textpassagen empfehlen sich ästhetische
Auszeichnungen, zu denen der kursive Schnitt, Kapitälchen und Versalien
gehören. Versaltext ist jedoch ebenfalls schwer lesbar und sollte daher nur
im Ausnahmefall verwendet werden. Um eine bessere Lesbarkeit zu erreichen hilft es, den Text leicht zu sperren. In keinem Fall in Versalbuchstaben
gesetzt werden sollten Schreibschriften oder gebrochene Schriften.
Laufweiten
Ein optimaler Abstand zwischen den Buchstaben fördert die Lesbarkeit.
Wird dieser Zeichenabstand zu klein gewählt, lässt dies die beiden Zeichen
optisch miteinander verschmelzen. Zu große Abstände hingegen zerreißen die
Wörter und hindern den Leser beim Erkennen der Sakkaden. Zudem geht
dabei der Grauwert verloren. Als optimaler Wert gilt für serifenlose Schriften
die Stärke eines Grundstrichs und für Serifenschriften der Buchstabeninnenraum des n“.
”
KAPITEL 5. VERÄNDERUNGEN DURCH BEWEGUNG
53
Zeilen
Bei der Wahl der Zeilenlänge ist es wichtig, diese nicht zu groß zu wählen,
denn bei zu langen Zeilen verliert sich das Auge des Lesers beim Sprung
in die nächste Zeile schnell und rutscht in die falsche. Neben den Laufweiten, also den horizontalen Abständen zwischen den Zeichen, sind auch die
vertikalen Leerräume, also die Zeilenabstände, bedeutend. Durch einen zu
großen Zeilenabstand fällt der Textblock auseinander. Als optimaler Wert in
einer Grundschriftgröße gilt 120 Prozent. Einzeln stehende Zeilen am Spaltenanfang oder -ende bzw. am Seitenanfang oder -ende sind zu vermeiden.
Mindestens zwei bis drei Zeilen sollten immer zusammengehalten werden.
Trennungen
Die Anzahl der untereinander liegenden Trennungen sollte zwei oder drei
nicht überschreiten. Dies lässt sich entweder in den Programmen begrenzen
oder man verzichtet auf automatische Silbentrennung und führt die Trennung manuell durch.
Ausrichtungen
Die Ausrichtungsarten Mittelachse und rechtsbündig lassen sich aufgrund
der fehlenden linken Achse nur schwer lesen. Sie eignen sich eher für Texte,
die aus wenigen Zeilen bestehen, wie Einladungen, Gedichte und Zitate. Der
sparsame und gezielte Einsatz steht bei diesen Ausrichtungen im Vordergrund. Der Blocksatz hingegen eignet sich hervorragend für lange Texte,
speziell bei schmalen Spalten kann ein Flattersatz jedoch sehr viel schöner
wirken. In einem Druckwerk sollten insgesamt maximal zwei Ausrichtungsarten miteinander gemischt werden.
Verzerren
Das Verzerren von Schriften soll grundsätzlich unterlassen werden. Gezielt
eingesetzt sollten Schriften auch in Ausnahmefällen nur bis maximal 20 Prozent verzerrt werden.
Linienstärken
Da die Standardstärke von einem Punkt für die meisten Einsätze von Linien zu dick ist, ist es ratsam die Linienstärke an die Schriftart sowie die
Schriftgröße anzupassen.
Spielereien
Auch wenn die meisten Programme eine Vielzahl an Effekten für Schriftgestaltung zu bieten haben, trägt das meiste davon leider nicht zur typogra-
KAPITEL 5. VERÄNDERUNGEN DURCH BEWEGUNG
54
fischen Aufwertung bei. Besonders bei kleinen Schriftgraden und AntiquaSchriften sollten Effekte wie Schatten, Outlines, Tranzparenzen oder Farbverläufe äußerst sparsam eingesetzt werden.
5.2.2
Bewegte Schrift
Typografie im Printbereich ist grundsätzlich räumlich begrenzt auf die Größe
der Seite. Zwar besteht in mehrseitigen Druckwerken die Option, auf der
folgenden Seite mit dem Text fortzufahren, innerhalb einer Seite müssen
dennoch die räumlichen Grenzen eingehalten werden. Durch Hinzuziehen
des zeitlichen Faktors wird dieser Raum für bewegte Schrift stark vergrößert.
Besonders die Regeln, die sich mit diesen räumlichen Grenzen beschäftigen,
müssen im Bewegtbild überdacht werden.
Vorbereitung
Um den Ablauf einer Typografie-Animation zu planen, empfehlen sich die im
Film üblichen Vorarbeiten, wie Exposée, Treatment, Drehbuch und Storyboard. Selbst wenn es sich um kurze Animationen handelt, ist zumindest die
Anfertigung eines Storyboards ratsam, um den zeitlichen Ablauf schriftlich
festzuhalten. Zudem können auf diesem Weg unter anderem Kameraeinstellungen und Bewegungen skizziert werden, was dem Designer hilft, ein genaues Konzept seiner Idee zu erstellen. Ein gutes Konzept nimmt zwar etwas
Zeit in Anspruch, unterstützt jedoch später bei einer raschen Umsetzung.
Randbereiche
Im Broadcast-Bereich nimmt das Fernsehbild je nach Ausgabegerät eine unterschiedlich große Fläche des gesamten Bildes ein, folglich werden fallweise
die Ränder abgeschnitten. Es ist ratsam diese Einschränkung des Darstellungsraumes bereits bei der Konzeption, auf jeden Fall jedoch beim Platzieren und Bewegen von Schrift, zu berücksichtigen. Den Darstellungsbereich
betreffend existieren zwei Beschränkungen, eine auf den Title-Safe-Bereich
und eine auf den Action-Safe-Bereich. Genauere Ausführungen dazu sind in
Abschnitt 5.3.5 zu finden.
Weiße Löcher und zu viel Weite
Das Problem, welches bei statischer Typografie durch zu groß gewählte Tabulatorsprünge, Einzüge, Spalten- und Zeilenabstände entsteht, ist im Bewegtbild vernachlässigbar, sofern der Text nicht auf einmal, sondern zeitlich
versetzt, Wort für Wort dargestellt wird. Werden die zeitlichen Abstände
eher gering gewählt, ist es dem Menschen möglich, die Wörter aufgrund
ihrer zeitlichen Nähe als zusammengehörig wahrzunehmen (vgl. hierzu Abschnitt 5.1.3).
KAPITEL 5. VERÄNDERUNGEN DURCH BEWEGUNG
55
Gliederungen
Wie im Printbereich ist es auch im Bereich bewegter Typografie wichtig, den
einzelnen Elementen genügend Freiraum zu geben, damit diese zur Geltung
kommen. Zusätzlich zu den Gliederungsmöglichkeiten im statischen Bereich,
wie deutliche Abstände oder Kontraste setzen, hat der Designer im Bewegtbild die Option, den Text in zeitliche Abschnitte zu unterteilen. Dadurch
wird es möglich, eine größere Menge an geschriebenen Worten auf derselben
Fläche unterzubringen ohne den Darstellungsbereich zu überladen.
Spaltenabstand
Spalten werden für statische Typografie wesentlich häufiger verwendet als
im Bewegtbild. Kommen sie dennoch zum Einsatz, sollte der Spaltenabstand wie im Printbereich zwar grundsätzlich passend gewählt werden, die
Gefahr des horizontalen Weiterlesens bei zu schmalen Abständen zwischen
den Spalten kann jedoch durch Bewegung kompensiert werden. Hierzu kann
das Leseverhalten z. B. durch buchstaben- oder wortweises Einblenden des
Textes, wie in Abschnitt 5.1.3 beschrieben, gesteuert werden. Das Problem
der verlorenen Zusammengehörigkeit bei zu großem Spaltenabstand lässt
sich durch zeitliche Nähe lösen.
Schmückende Elemente
Da bewegte Typografie häufig einen narrativen Zweck verfolgt, muss mit
schmückenden Elementen nicht grundsätzlich gespart werden. Ihr Einsatz
soll gut durchdacht und in die Animation passend sein.
Gleichmäßige Abstände
Bei bewegter Schrift ist es nicht notwendig auf gleichmäßige Abstände bei
wiederkehrenden Elementen zu achten, da sich deren Positionen, und damit
auch ihre Abstände zu einander, durch die Bewegung ständig ändern können.
Linien und Achsen
Linien und Achsen sind auch im Bewegtbild von enormer Bedeutung. Während sie im Printbereich eingesetzt werden, um dem Leser die Orientierung
innerhalb einer Seite zu erleichtern, helfen sie besonders bei dreidimensionalen Textanimationen, um dem Betrachter die Tiefe des Raumes näher zu
bringen und um sich im dreidimensionalen Raum orientieren zu können.
Unterschiedliche Schriftgrößen und Schriftarten
Die für statische Typografie empfohlene Grenze von zwei bis drei Schriftgrößen je Druckwerk ist für bewegte Schrift nicht von Bedeutung. Durch Skalie-
KAPITEL 5. VERÄNDERUNGEN DURCH BEWEGUNG
56
rung der Buchstaben oder Translation entlang der z-Achse bei dreidimensionalen Animationen ändert sich die Größe der einzelnen Buchstaben mit der
Bewegung. Während im Printbereich mehr als drei verwendete Schriftgrößen
unruhig wirken und deshalb vermieden werden sollen, ist diese entstehende
Unruhe“ in Form von Bewegung ein wichtiges Merkmal typografischer Ani”
mationen. Für manche Einsatzgebiete sollte die empfohlene Anzahl unterschiedlicher Schriftgrößen dennoch eingehalten werden, und zwar für solche,
bei denen Text vorrangig der Informationsvermittlung dient und weniger der
kreativen Entfaltung, wie z. B. Nachrichtenticker und Filmabspänne.
Mit dem Einsatz verschiedener Schriftarten verhält es sich ähnlich, auch
hiervon sollten nicht mehr als zwei bis drei verwendet werden wenn es sich
um Animationen handelt, bei denen Wörter aufgrund ihrer Bedeutung Informationen vermitteln. Steht jedoch die Gestaltung im Vordergrund, können
innerhalb einer Animation so viele Schriftarten eingesetzt werden, wie dem
Designer als passend erscheinen um die Emotionen und zusätzlichen Informationen durch den Schriftcharakter zu transportieren.
Schriftmischung
Auch für das Mischen verschiedener Schriftarten gelten weniger strenge Regeln als im Printbereich. Da die Schriftarten in Textanimationen meist so
eingesetzt werden, dass deren Eigenschaften bereits wichtige Informationen
übermitteln, kann für die Mischung von Schriften weder eine zahlenmäßige
Beschränkung gemacht werden, noch eine Eingrenzung der Schriftarten, die
innerhalb einer Animation miteinander gemischt werden dürfen. Zudem sind
nicht zwingend alle verwendeten Schriftarten gleichzeitig sichtbar, sondern
können zeitlich versetzt über die Dauer der gesamten Arbeit gezeigt werden.
Auszeichnungen
Ähnlich wie bei Schriftarten gilt auch für Auszeichnungen, dass sie beliebig
eingesetzt werden können, solange es sich nicht um reinen Informationstext
handelt. Da bei animierter Typografie meist weniger Text zur selben Zeit
dargestellt wird als im Printbereich, ist die Gefahr, den Leser durch Auszeichnungen in seinem Fluss zu stören, ungleich geringer. Sowohl optische
als auch ästhetische Auszeichnungen können verwendet werden, sofern ihr
Einsatz gut durchdacht ist. Durch die zeitliche Komponente erschließen sich
dem Designer eine Vielzahl neuer Möglichkeiten zur Hervorhebung von Textpassagen, wie z. B. Einblenden, Ausblenden, Blinken, Beleuchten, Pulsieren,
Skalieren, Translieren, uvm.
Laufweiten
Bei Animationen in denen Typografie rein formal zum Einsatz kommt, können die Abstände zwischen den Buchstaben beliebig gewählt werden. Häufig
KAPITEL 5. VERÄNDERUNGEN DURCH BEWEGUNG
57
werden dabei die Abstände verringert, sodass eine durchgehende Form entsteht. Steht bei der typografischen Animation jedoch die Lesbarkeit im Vordergrund, ist es sinnvoll einen optimalen Zeichenabstand anzustreben um
diese zu fördern.
Zeilen
In typografischen Animationen werden selten lange Texte auf einmal dargestellt, deshalb kommt es nicht oft zu Bildern mit vielen Zeilen. Im Gegensatz
zum Printbereich stellt hier die Zeilenlänge ein geringeres Problem dar, weil
selbst bei langen Zeilen nicht die Gefahr besteht, dass das Auge des Betrachters in die falsche Zeile springt, wenn der gesamte Text Wort für Wort
oder Zeile für Zeile eingeblendet wird. Ebenso kann der vertikale Abstand
zwischen den Zeilen größer gewählt werden, wenn durch die zeitliche Nähe
Zusammengehörigkeit wahrnehmbar ist. Anders als bei statischer Typografie
sind einzelne Textzeilen im Bewegtbild keine Seltenheit und werden gezielt
eingesetzt um Informationen zu übermitteln und Textpassagen besonders zu
betonen. Zudem erhalten sie dadurch den nötigen Freiraum um zur Geltung
zu kommen.
Trennungen
Da es sich bei bewegter Schrift meist um kürzere Texte handelt, können
Trennungen grundsätzlich vermieden werden, mit Ausnahme des gezielten
Einsatzes als Ausdrucksmittel. Bei längeren Texten gelten dieselben Regeln
wie bei statischer Typografie.
Ausrichtungen
Da typografische Animationen häufig nur aus wenigen Zeilen gleichzeitig
bestehen, können auch Ausrichtungsarten mit fehlender linker Achse, wie
Mittelachse und rechtsbündig, verwendet werden. Kommt es doch zu umfangreicheren Texten, eignen sich wie im Printbereich Blocksatz und Flattersatz
als Ausrichtungen. Im Bewegtbild kann sich die Ausrichtung des typografischen Materials durch dessen Bewegung permanent ändern, deshalb kann es
keine strikte Obergrenze für die Anzahl der Ausrichtungen, die miteinander
gemischt werden dürfen, geben.
Verzerren
Wird das Verzerren von Buchstaben oder Wörtern gezielt eingesetzt, so ist
nichts dagegen einzuwenden. Soll die Lesbarkeit des betroffenen Textes jedoch gewährleistet werden, empfiehlt es sich die Verzerrung geringer als 20
Prozent zu halten.
KAPITEL 5. VERÄNDERUNGEN DURCH BEWEGUNG
58
Linienstärken
Für bewegte Typografie werden, bedingt durch die geringere Auflösung des
Darstellungsmediums, meist größere Schriften verwendet als im Printbereich, deshalb stellt die Standardstärke von einem Punkt für Linien kein
Problem dar. Es empfiehlt sich dennoch auch im Bewegtbild die Linienstärke
an die Schriftart und Schriftgröße anzupassen.
Spielereien
Der Einsatz von vorgefertigten Effekten zur Schriftgestaltung, über die viele
Compositing-Programme bereits verfügen, ist im Bereich der bewegten Typografie weniger kritisch. Zwar gilt auch hier meist der Leitsatz Weniger
”
ist mehr.“, es liegt jedoch im Ermessen des Designers, die zu verwendenden
Effekte auszuwählen. Wichtig ist dabei, dass sie gezielt eingesetzt werden
und dadurch die gewünschte Information vermitteln und das Gesamtwerk
aufwerten.
5.3
Lesbarkeit
In den meisten Fällen, in denen bewegte Typografie eingesetzt wird, fungiert
der Betrachter wenigstens partiell als Leser. Selbst wenn es sich bei dem Text
nur um einzelne Wörter oder Buchstaben handelt, ist es für das Verständnis
der transportierten Botschaft unumgänglich, dass dieser vom Betrachter gelesen wird. Um im Bewegtbild die Lesbarkeit des typografischen Materials
nicht zu gefährden, sind einige Punkte zu beachten, wie z. B. wo die Zeichen
in welcher Schrift mit welcher Geschwindigkeit bewegt werden.
5.3.1
Lesearten
Bevor mit der Gestaltung typografischer Werke begonnen wird sollte klar
sein, welchen Zweck die Typografie in Hinsicht auf den Leser verfolgt. Nach
der Leseart, mit der der Text vom Betrachter erfasst wird, teilt Schriftsetzerin Claudia Runk Typografie im Printbereich in fünf Kategorien ein [18]:
1. Typografie für lineares Lesen
2. Typografie für informierendes Lesen
3. Typografie für konsultierendes Lesen
4. Typografie für differenzierendes Lesen
5. Typografie für inszenierendes Lesen
KAPITEL 5. VERÄNDERUNGEN DURCH BEWEGUNG
59
Typografie für lineares Lesen
Lineares Lesen kommt für gewöhnlich bei Werken in Prosa zum Einsatz. Bei
dieser Form des Lesens erschließt sich der Text satzweise. Von besonderer
Bedeutung ist in diesem Fall der Grauwert, durch den der Leser den Eindruck
eines ruhigen, gleichmäßigen und harmonischen Textes erhalten soll. Deshalb
ist es wichtig, für Hervorhebungen ästhetische Auszeichnungen einzusetzen.
Die Zeilenlänge in derartigen Texten beträgt 60 bis 70 Zeichen.
Typografie für informierendes Lesen
Auch als antizipierendes Lesen bezeichnet findet informierendes Lesen vorwiegend bei der Lektüre von Sachbüchern und Zeitungen statt. Für diese Leseart, zu der auch das Querlesen zählt, sind eine gute Gliederung, kurze Abschnitte und kurze Zeilen besonders geeignet. Auszeichnungen spielen beim
Querlesen eine große Rolle, da der Blick des Lesers dadurch Anhaltspunkte
zum Springen erhält. Da ein gleichmäßiger Grauwert in Druckerzeugnissen
dieser Art von geringer Relevanz ist, können auch optische Auszeichnungen
verwendet werden.
Typografie für konsultierendes Lesen
Konsultierendes Lesen kommt bei Nachschlagwerken oder Lexika zum Einsatz, wobei der Leser gezielt auf Informationssuche geht. Um ein Maximum
an Wissen auf die einzelnen Seiten zu packen, werden vorwiegend kleine
Schriftgrade und enge Zeilenabstände gewählt. In der Regel ist der Text
in Spalten unterteilt, wobei die Stichwörter deutlich hervorgehoben werden,
z. B. durch optische Auszeichnungen wie fette Schriften.
Typografie für differenzierendes Lesen
Beim differenzierenden Lesen, das bei Lehrbüchern und wissenschaftlichen
Werken eingesetzt wird, sind auch längere Zeilen mit einer Vielzahl an Auszeichnungen erlaubt. Von großer Bedeutung ist in solchen Texten eine klare
Struktur, die dem Leser den Überblick erleichtert.
Typografie für inszenierendes Lesen
Bei inszenierender Typografie steigert der Designer die Wirkung des Textes,
indem er den Inhalt interpretiert und dies in die Gestaltung miteinbringt.
Dabei wird Schrift zum Bild, jedoch immer noch mit dem Ziel, gelesen zu
werden. Hinsichtlich der Gestaltungsmöglichkeiten gibt es so gut wie keine
Grenzen, erlaubt ist, was gelingt.
Schlüpft der Beobachter einer typografischen Animation in die Rolle des
Lesers, so fällt seine Tätigkeit in den Bereich des inszenierenden Lesens.
Der Designer entscheidet, wie die Buchstaben und Wörter in Szene gesetzt
KAPITEL 5. VERÄNDERUNGEN DURCH BEWEGUNG
60
werden um dem Betrachter die gewünschte Botschaft zu übermitteln. Auch
wenn zur Gestaltung unzählige Möglichkeiten offen stehen ist für eine erfolgreiche Animation bedeutend, dass auf Schriften und Auszeichnungen, die die
Lesbarkeit des Textes gefährden, verzichtet wird.
5.3.2
Schriftarten
Die Wahl der eingesetzten Schrift kann genau wie die verwendeten Auszeichnungen die Lesbarkeit eines Textes stark beeinträchtigen. Durch die
wesentlich geringere Auflösung des Darstellungsmediums bei typografischen
Animationen im Vergleich zum Printbereich wird von Serifenschriften eher
abgeraten. Im Printdesign werden Serifen eingesetzt um das Auge des Lesers zu führen und weniger rasch ermüden zu lassen. Da im Bewegtbild, mit
Ausnahme der Rolltexte im filmischen Abspann, vorwiegend kürzere Texte,
oft sogar nur einzelne Worte oder Buchstaben, dargeboten werden, verlieren
Serifen hier an Bedeutung. Werden die typografischen Zeichen außerdem in
dunkler Schriftfarbe vor hellem Hintergrund platziert, kann es bei feinen
Serifen kleinerer Schriftgrade zu deren Überstrahlung kommen. Aufgrund
der geringen Auflösung bei der Darstellung der Buchstaben sollten kleine
Schriftgrade mit feinen Serifen besser nicht eingesetzt werden, da die dünnen Linien oft nicht sauber abgebildet werden können und dadurch unscharf
wirken, was wiederum die Lesbarkeit beeinträchtigt. Dies gilt ebenso für serifenlose Schriften, die Feinheiten aufweisen, wie viele kursive Schnitte und
Schreibschriften. Da sich das eben geschilderte Problem auf kleine Schriftgrößen beschränkt kann jede Schriftart im Bewegtbild eingesetzt werden, sofern dies in ausreichender Größe passiert. Wie im Printbereich bedarf es auch
bei bewegter Typografie bei größeren Schriften fallweise einer Anpassung der
Laufweite, damit die Buchstaben nicht ungewollt miteinander verschmelzen.
Wird ein erhöhtes Maß an Text gleichzeitig in Bewegung dargestellt,
sodass die Schrift kleiner gewählt werden muss, bieten sich dafür ähnlich wie
im Web-Bereich einfache, klare, offene Schriften mit eher großen X-Höhen,
gleichmäßiger Strichstärke und leicht erhöhter Laufweite an. Beispiele für
solche Schriften sind die Verdana, Arial, Monaco, Minon, Trebuchet MS,
Comic Sans MS, Georgia, Chicago, Geneva, New York und die Courier [18].
5.3.3
Auszeichnungen
Hervorhebende Effekte für zweidimensionale Typografie, wie das Umranden
oder mit Schlagschatten versehen der Zeichen, können die Lesbarkeit sowohl
im positiven als auch im negativen Sinn beeinträchtigen. Kleine Schriftgrößen laufen durch derartige Effekte wegen der bereits erwähnten geringeren
Auflösung des Darstellungsmediums Gefahr, unscharf zu wirken. Während
dies bereits bei Texten vorkommen kann, deren Bewegung lediglich im Einbzw. Ausblenden besteht, verstärkt sich die negative Beeinträchtigung der
KAPITEL 5. VERÄNDERUNGEN DURCH BEWEGUNG
61
Lesbarkeit wenn die typografischen Zeichen transliert oder rotiert werden.
Die Farben für Umrandungen und Schlagschatten werden häufig in starkem
Kontrast zur Schriftfarbe gewählt, um den Text vom Hintergrund abzuheben, z. B. gelbe Schrift mit schwarzem Schatten auf weißem Hintergrund
oder dunkelblaue Schrift mit hellgrauer Umrandung vor einer schwarzen
Fläche. Diese Vorgehensweise verbessert die Lesbarkeit und wird gerne für
Untertitel im Filmbereich eingesetzt. Wird der Text durch Translation in
Bewegung versetzt, entsteht aufgrund der Trägheit des menschlichen Auges
Bewegungsunschärfe, die den Kontrast zwischen Buchstabenfarbe und Kontur verringert und dadurch die Lesbarkeit erschwert. Mitunter kann dies
eine weitere Erklärung für den in Abschnitt 5.1.1 diskutierten statischen
Charakter von Untertiteln liefern. Bei einer Umsetzung in Form von Laufschriften könnte der geringere Kontrast auch hier die Lesbarkeit der Wörter
erschweren und das Verständnis der Texte gefährden.
Wird Schrift als Ikonokinetogramm eingesetzt, dienen durch Lichtquellen
verursachte Schatten typografischer Zeichen nicht als hervorhebender Effekt,
sondern vorwiegend zur Orientierung im dreidimensionalen Bildraum. Bei
der Platzierung von Buchstaben und Wörtern mit räumlicher Tiefe ist darauf
zu achten, dass der Text trotz perspektivischer Verzerrung lesbar bleibt.
5.3.4
Bewegungsgeschwindigkeit
Bedingt durch die Trägheit des menschlichen Sehapparats führt Bewegung
in Form von Translation oder Rotation zu Unschärfe, die relativ zur Bewegungsgeschwindigkeit zunimmt. Um die Lesbarkeit des animierten Textes
dennoch zu erhalten, ist es notwendig die Geschwindigkeit nicht zu hoch zu
wählen. Für vertikale Rolltitel im Filmabspann existiert ein Richtwert von
sieben bis zehn Sekunden [4], wonach zwischen dem Eintritt einer Zeile in
den Bildbereich, der für gewöhnlich am unteren Rand passiert, und dem
Austritt am gegenüberliegenden Bildrand eine Zeitspanne von sieben bis
zehn Sekunden liegen soll, um dem Betrachter ein stressfreies Erfassen der
Information zu ermöglichen und die Lesbarkeit nicht zu gefährden. Dies gilt
sowohl für digitale als auch analoge Rolltitel.
5.3.5
Bildbereiche
Durch die unterschiedlichen Ausgabegeräte im Broadcast-Bereich kann es
abhängig vom Gerät dazu kommen, dass Ränder des Bildes abgeschnitten
werden. Um sicherstellen zu können, dass der Informationsgehalt der Textteile dadurch nicht gefährdet wird, gibt es zwei beschränkte Bildbereiche, den
Title-Safe- und den Action-Safe-Bereich (siehe Abb. 5.4). Als title-safe wird
jener Bereich bezeichnet, der auf allen Ausgabegeräten garantiert dargestellt
wird. Darin wird Text platziert, der nicht angeschnitten werden darf und
dessen Lesbarkeit unbedingt gewährleistet sein soll. Dieser Bereich nimmt,
KAPITEL 5. VERÄNDERUNGEN DURCH BEWEGUNG
/
/
/
62
/
/
/
Abbildung 5.4: Bildbereiche: Title-Safe-Bereich (gelb), Action-Safe-Bereich
(blau), gesamter Bildbereich (grau).
abhängig von der verwendeten Software, in etwa 80 Prozent der Höhe und
Breite Gesamtbildes ein. Als action-safe wird ein Bereich mit einer Höhe
und Breite von ca. 90 Prozent der Maße des gesamten Bildes bezeichnet, der
zwar auf den meisten Geräten noch angezeigt wird, dessen vollständige Darstellung jedoch nicht garantiert werden kann. Hier werden bewegte Elemente
platziert, deren uneingeschränkte Lesbarkeit nicht zwingend erforderlich ist.
Kapitel 6
Einsatzgebiete
Das vorliegende Kapitel gibt einen kurzen Einblick in die Bereiche, in denen
bewegte Typografie zum Einsatz kommt.
6.1
Film & Fernsehen
Im Bereich Film und Fernsehen wird bewegte Schrift vorwiegend zur Informationsvermittlung verwendet. Die Einsatzgebiete reichen dabei von Eröffnungssequenzen, Untertiteln und Rolltexten im Film über Werbungen bis
hin zu Kriechtexten und On-Air-Design im Fernsehen.
Eröffnungssequenzen
In filmischen Titelsequenzen kann bewegte Schrift einerseits auf den Inhalt
des Filmes deuten, oder sich andererseits auf die Produktionsebene beziehen.
Zum ersten Fall zählen handlungsrelevante Einführungen, Zitate, Angaben
zu Zeit und Ort und etwaige Kommentare [15], wobei durch die Inszenierung der Schrift auch Stimmungen vermittelt werden können, die auf die
filmische Handlung anspielen. Die Credits stellen die produktionsorientierten Texte dar, die sich nicht nur an den Zuschauer, sondern auch an die
eigene Branche wenden, wobei deren Umfang von Film zu Film variiert.
In Amerika setzen sich Gewerkschaften für die Nennung von verschiedenen,
an einem Film mitwirkenden Personen ein, dazu zählen z. B. die Writers
Guild of America 1 (WGA) und die Directors Guild of America 2 (DGA).
Zu den Opening Credits zählen nach Florian Hausberger [12]: Vertriebsstudio, Produktionsstudio, Investoren / Sponsoren, Erwähnung eines populären Regisseurs oder Produzenten, populäre Hauptdarsteller, Filmtitel,
andere Hauptdarsteller und wichtige Nebendarsteller, Casting, etwaige Sonderfunktionen, Filmmusik, Kostüme, Schnitt, Produktionsdesign, Kamera,
1
2
http://www.wga.org/ bzw. http://www.wgaeast.org/
http://www.dga.org/
63
KAPITEL 6. EINSATZGEBIETE
64
ausführender Produzent, Produzenten, besondere Berater oder Originalautoren, Writing Credits und Regisseur.
Neben filmischen Titelsequenzen werden auch die Eröffnungssequenzen
für Serien und andere Sendungen im Broadcast-Bereich immer aufwändiger
gestaltet.
Untertitel
Bei Untertiteln besteht die Bewegung ausschließlich aus Ein- und Ausblenden der Schrift. Diese Einsatzmöglichkeit von typografischen Zeichen im Bewegtbild dient meist zur Übersetzung in eine andere Sprache und wird zusätzlich zum Originalton über das Filmbild eingeblendet. Oberste Priorität
hat dabei die Lesbarkeit (siehe Abschnitt 5.3), weshalb die Wahl der Schriftfarbe eine große Rolle spielt. Gleichgültig welche Farbe eingesetzt wird, sie
sollte auf jeden Fall einen hohen Kontrast zum Hintergrund aufweisen, damit der Betrachter den Text klar erkennen und gut lesen kann. Aus diesem
Grund wird für Untertitel häufig weiße Schrift verwendet, die entweder vor
einem schwarzen Querbalken eingeblendet wird, oder über schwarze Outlines3 verfügt. Letzteres hat den Vorteil, dass vom Filmbild nur so wenig als
möglich durch die Schrift verdeckt wird und sich diese sowohl von hellem als
auch von dunklem Hintergrund abgrenzt. Wird der Text über eine schwarze
Farbfläche gelegt, so wird zwar ein Teil des Bildes verdeckt, auf monotonen
Flächen ist die Lesbarkeit der Schrift durch den maximalen Kontrast zum
Hintergrund jedoch ungleich weniger gefährdet, als auf bunten, bewegten
Bildern.
Vergleichbar mit Untertiteln im Film ist auch die Darbietung des Textes
bei Karaoke-Programmen. Dabei werden meist mehrere Zeilen des Liedtextes gleichzeitig eingeblendet, während der Fortschritt der Musik dadurch
signalisiert wird, dass die Wörter ihre Farbe ändern sobald sie im Lied erwähnt werden sollen. Zusätzlich zum Ein- und Ausblenden der typografischen Zeichen besteht deren Animation in der Änderung der Schriftfarbe.
Beispielsweise wird der noch nicht gesungene Text weiß dargestellt, während
bereits in der Vergangenheit liegende Passagen gelb angezeigt werden. Die
Grenze zwischen gelben und weißen Wörtern markiert die aktuelle Position
im Liedtext.
Roller / Crawler
Als Roller, auch Rolltitel oder Rolltexte genannt, wird die vertikale Translation eines Textes durch den Darstellungsbereich bezeichnet. Für gewöhnlich
erfolgt die Bewegung von unten nach oben, das bedeutet die Schrift tritt
am unteren Rand in die Bildfläche ein, bewegt sich dann mit gleichmäßiger
Geschwindigkeit vertikal durch das Bild, bis sie dieses am oberen Bildrand
3
Umrandungen
KAPITEL 6. EINSATZGEBIETE
65
wieder verlässt. Anwendung findet diese Form von bewegter Typografie vorwiegend im Filmabspann. Dabei werden unter anderem die an der Entstehung des Filmes beteiligten Personen namentlich erwähnt, und zwar meist
in heller Schrift vor dunklem Hintergrund.
Crawler, auch Crawltitel oder Kriechtexte genannt, bezeichnen die horizontale Einblendung eines Textes in das Fernsehbild, genau gesagt als Laufschrift, die sich gegen die Leserichtung, also von rechts nach links, bewegt.
Bei TV-Serien und anderen Sendungen wird der Abspann häufig auf diese
Weise umgesetzt. Weitere Einsatzmöglichkeiten sind z. B.:
• die Integration von aktuellen Nachrichten oder Börsenkursen in das
laufende Programm (z. B. bei Nachrichtensendern),
• Hinweise auf Änderungen im Programm und
• Telefonnummern oder Preisinformationen bei Verkaufssendungen;
Ähnlich wie bei Untertiteln ist auch bei Roll- und Kriechtexten eine klare
Abgrenzung der Schrift vom Hintergrund wünschenswert. Durch die große
Menge an Information, die sich z. B. bei der Einblendung von Aktienkursen
in kurzer Zeit über den Darstellungsbereich bewegt, werden häufig Auszeichnungen eingesetzt, um dem Betrachter das selektive Lesen zu ermöglichen.
Bei beiden Anwendungen ist eine angemessene Geschwindigkeit wichtig,
um einerseits die Lesbarkeit des Textes nicht zu gefährden und andererseits
so viel Information wie möglich unterzubringen. Im Gegensatz zum Film
wird bei TV-Serien und anderen Sendungen der Abspann oft so schnell abgespielt, dass auch besonders flinke Leser keine Möglichkeit haben, den Text
zu erfassen. Da die Credits im Fernsehen ohnehin bei vielen Zusehern keine
große Beachtung finden wird hier oft an Sendezeit eingespart.
Werbung
Auch in Werbungen kommt bewegte Schrift zum Einsatz. Während sie in
den meisten Fällen auf einer eigenen Ebene über dem Bildmaterial liegt,
wo sie auf unterschiedliche Weise inszeniert wird und Informationen zum
beworbenen Produkt vermittelt, gibt es mittlerweile auch Werbungen, die als
reine Schriftanimationen umgesetzt sind. Diese typografischen Werbefilme
erregen die Aufmerksamkeit des Betrachters durch ihre Individualität im
Vergleich zu den herkömmlichen Werbespots.
So wirbt z. B. das Internet-Portal audible.de für seine Hörbücher und Audiomagazine, indem es zwei statische, zueinander gerichtete Kopfhörer zeigt,
aus denen Buchstaben in Richtung Bildmitte strömen. Gleichzeitig ertönt
die Stimme eines Erzählers, die mit den Worten Es war ein Kampf gegen
”
die Zeit...“ die Geschichte beginnt. Während der gesprochene Text anfangs
noch mit den dargestellten typografischen Zeichen übereinstimmt, bildet sich
KAPITEL 6. EINSATZGEBIETE
66
Abbildung 6.1: Lebendige Worte (2006), TV-Werbung des Internetportals
audible.de – hörbücher und audiomagazine zum download.
Abbildung 6.2: Superzins (2006), TV-Werbung der Bank Cortal Consors.
kurz darauf im Zentrum der Darstellungsfläche ein dichtes Buchstabengewirr. Wenig später entsteht daraus ein dreidimensionaler, ausschließlich aus
Buchstaben geformter Drache, der schließlich mit weit geöffnetem Maul auf
den Betrachter stürzt als würde er ihn verschlingen (siehe Abb. 6.1). In
diesem Werbespot wird durch die Animation der typografischen Zeichen gekonnt vermittelt, dass sich durch die Wahrnehmung der gesprochenen Worte
lebendige Bilder im Kopf des Zuhörers formen.
Auch die Bank Cortal Consors 4 bedient sich für die Bewerbung ihres
Sparproduktes Superzins einer rein typografischen Animation. In dem Werbespot bilden zahlreiche, golden leuchtende Zahlenreihen aus der Ferne betrachtet den Zinssatz, der beworben werden soll (siehe Abb. 6.2). Da dieser
eine deutlich höhere Zahl zeigt, als all die anderen dargestellten Glieder der
Zahlenketten, wird dem Zuseher der neue Zinssatz als besonders ertragreich
vermittelt.
On-Air-Design
Im On-Air-Design wird animierte Schrift vorwiegend für die unterschiedlichen Arten der Eigenwerbung eines Senders eingesetzt. Vor allem für Privatsender bieten Senderkennungen und Werbungen für das eigene Programm
die Möglichkeit, sich von der Masse abzuheben. Durch ansprechende Inszenierung des Logos, meist als Ikonokinetogramm, wird ebenso wie mit
auffallenden Programmvorschauen versucht, die Aufmerksamkeit des Betrachters zu erregen und ihn so als längerfristigen Zuschauer zu gewinnen
(Abb. 6.3(a)). Da viele Menschen relativ rasch durch die verfügbaren Kanäle
4
http://www.cortalconsors.de/
KAPITEL 6. EINSATZGEBIETE
(a)
67
(b)
(c)
Abbildung 6.3: Typografische Animationen im On-Air-Design: animierte
Senderkennung des deutschen Privatsenders Sat1 (a), Insert mit Hinweis auf
eine andere Sendung des deutschen Privatsenders Pro7 (b), Bauchbinde der
Nachrichtensendung RTL Aktuell im Programm des deutschen Privatsenders
RTL (c).
zappen, bleibt nur wenig Zeit um den Blick des Zusehers zu fesseln und dessen Interesse für das eigene Programm zu wecken.
Bewegte Typografie kommt auch in Inserts zum Einsatz. Dabei werden
beispielsweise Informationen zur laufenden Sendung, Telefonnummern für
Gewinnspiele, Hinweise auf Teletextseiten oder Werbung für andere Sendungen meist am oberen Bildrand horizontal eingeblendet (Abb. 6.3(b)). Da die
Gestaltung solcher Inserts häufig eher dezent ausfällt, um das Bildmaterial
nicht negativ zu beeinträchtigen, geht mit dem Erscheinen der Einblendung
oft ein akustisches Signal einher, das zusammen mit der bewegten Schrift
die Aufmerksamkeit des Betrachters erregen soll.
Vergleichbar mit filmischen Untertiteln ist auch bei Bauchbinden die Bewegung der typografischen Zeichen auf das Ein- und Ausblenden beschränkt.
Dieser Einsatz von Schrift im Bewegtbild wird vorrangig für Informationen
zu im Bild befindlichen Personen verwendet, z. B. bei Nachrichtenbeiträgen
oder in Talkshows (Abb. 6.3(c)). Bei Musiksendern fungieren Bauchbinden
zur Einblendung von Songtitel, Interpret und Album. Das Aussehen dient
nicht zur Identifikation des Fernsehsenders, sondern kann von Sendung zu
Sendung variieren und wird meist auf deren gesamtes Design, inklusive Eröffnungssequenz und anderer Einblendungen, abgestimmt. Allen Bauchbinden
gemeinsam ist jedoch ihre Position im unteren Drittel des Bildes.
6.2
Internet
Im Internet wird bewegte Schrift vorwiegend zu Werbezwecken eingesetzt.
Während dies meist in Form von Werbebannern geschieht, gibt es auch interaktive Websites, die dafür geschaffen wurden. Diese Applikationen müssen
aber nicht zwanghaft der Werbung dienen, sondern können auch einfache
Spielereien sein.
KAPITEL 6. EINSATZGEBIETE
68
Abbildung 6.4: Shift: Cover (2001), Interaktive Applikation für den Titel
des Onlinemagazins Shift, Designer: Yugo Nakamura.
Werbebanner
Bei dieser Werbeform werden typografische Zeichen eingesetzt, um Informationen zu vermitteln. Im Gegensatz zu statischer Werbung im Internet
erregen hier die in Szene gesetzten Buchstaben die Aufmerksamkeit des Betrachters durch ihre Bewegung und lenken dessen Blick auf die Werbefläche
(siehe Abschnitt 5.1.1). Werbebanner bestehen in der Regel aus einer oder
mehreren kurzen Sequenzen, die in einer Endlosschleife ablaufen. Dadurch
wird gewährleistet, dass der Betrachter die gesamte Werbung erfassen kann,
gleichgültig zu welcher Zeit sie seinen Blick auf sich zieht. Zur Gestaltung
lässt sich sagen, dass Werbebanner nur äußerst selten ausschließlich aus typografischen Elementen bestehen. Üblicherweise wird Bildmaterial mit informierendem Text kombiniert und beides durch Bewegung passend in Szene
gesetzt.
Interaktive Applikationen
Bei herkömmlichen Websites beschränkt sich die Interaktivität auf die Navigation zwischen den verschiedenen Seiten, die vorwiegend durch Links realisiert wird. Typografie kommt dabei meist nur in statischer Form vor, als
Menübezeichnungen oder Linktexte, die durch Klicken eventuell ihre Farbe
ändern. Einige Websites beinhalten jedoch interaktive Applikationen, die
überwiegend oder gänzlich aus bewegten typografischen Elementen bestehen. Dabei schlüpft der Besucher in die Rolle des Interakteurs (siehe Abschnitt 4.4.3) und bestimmt den Fortgang der Animation. Die Homepage des
Designers Yugo Nakamura5 hält für interessierte Besucher einige solcher interaktiver Animationen bereit. Eine davon ist Shift: Cover die für das Cover
des Onlinemagazins Shift gestaltet wurde. Bei dieser Applikation schweben
aus schwarzen Buchstaben gebildete Knäuel durch einen dreidimensional
wirkenden, weißen Raum. Durch Klicken auf eines dieser typografischen Nester bewegt es sich in den Vordergrund. Befindet es sich bereits ganz vorne,
zerfällt dieses und bildet eine von vielen provokanten Phrasen aus den Bereichen Design, Musik, Bildung oder Entdeckung (siehe Abb. 6.4).
5
http://www.yugop.com/
KAPITEL 6. EINSATZGEBIETE
69
Abbildung 6.5: Words at Play (2004), Interaktive Website, künstlerische
Leitung: Roberto de Vicq de Cumptich und Matteo Bologna, Design von
Website und Animation: Steve Holmes.
Eine weitere Arbeit desselben Designers ist die interaktive Animation
Rigid Body 01 bei der die drei Worte one“, two“ und three“ von schweren
”
”
”
weißen Buchstaben gebildet vor einem schwarzen Hintergrund stehen. Klickt
der Besucher auf eines der Worte und zieht es mit gedrückter Maustaste in
eine beliebige Richtung um es schließlich wieder loszulassen, so wird es quer
durch den Raum geschleudert. Wirft der Betrachter das Wort aus dem Darstellungsbereich kommt es bei einem horizontalen Austritt auf der gegenüberliegenden Seite wieder ins Bild, fliegt es über den oberen oder unteren
Rand hinaus, so bleibt es dort bis die Applikation durch Klicken auf den
Reset-Link zurückgesetzt wird. Die Animation der typografischen Zeichen
wird vom Interakteur gesteuert und umfasst Rotationen und Translationen
im zweidimensionalen Raum.
Als zweierlei Werbung fungiert die interaktive Website Words at Play
von den Designern Roberto de Vicq de Cumptich und Matteo Bologna. Von
Adobe gesponsert bewirbt sie einerseits das gleichnamige Buch und andererseits die 25 OpenType Schriften der Adobe Type Library, die für die typografischen Portraits von renommierten Schriftstellern eingesetzt werden.
Während die einzelnen Portraits in der gedruckten Version lediglich im finalen Zustand zu sehen sind, kann der Besucher der Website dabei zusehen, wie
sich aus den im Namen des Schriftstellers befindlichen Buchstaben nacheinander dessen Portrait zusammensetzt (siehe Abb. 6.5). Die typografischen
Zeichen werden dabei als visuelle Symbole eingesetzt (siehe Abschnitt 4.2.1,
S. 25). Bereits auf der ersten Seite der Homepage wird vom Betrachter Interaktion gefordert, indem er nur weiter kommt, wenn er die Buchstaben des
Schriftzugs Words at Play“ aneinander hängt, indem er das jeweilige Zeichen
”
mit dem Mauscursor aufnimmt. Nach erfolgreichem Absolvieren dieser Aufgabe kann der Besucher aus fünf Schriftstellern auswählen, deren Portraits
als typografische Animationen erscheinen.
6.3
Installationen
Typografische Animationen finden auch in interessanten Installationen Anwendung und begeistern die Zuseher, wie z. B. in The Legible City von Jeffrey
KAPITEL 6. EINSATZGEBIETE
70
Shaw und Dirk Groeneveld (siehe Abb. 6.6). Bei dieser Anlage, die aus den
Jahren 1988–1991 stammt, sitzt der Betrachter auf einem fest montierten
Fahrrad, mit dem Blick auf eine vor ihm befindliche Projektionsfläche gerichtet. Auf der drei mal vier Meter großen Darstellungsfläche wird eine
computergenerierte, dreidimensionale Stadt gezeigt, die zur Gänze aus typografischen Zeichen besteht. Durch Simulation der Bewegungen des gesamten
Gesichtsfeldes wird dem Besucher die eigene Fortbewegung vorgetäuscht, es
kommt zu einer induzierten Scheinbewegung (mehr dazu in den Abschnitten 3.2 und 3.1.2, ab S. 15). Insgesamt stehen dem Besucher drei Städte
zur Auswahl: New York City (Manhattan), Amsterdam und Karlsruhe. In
der Manhattan-Version ist der verwendete Text in acht fiktive Monologe unterschiedlicher Farbe unterteilt, die alle einen Bezug zum jeweiligen Ort der
virtuellen Radtour haben. In den beiden anderen Städten werden historische
Episoden typografisch dargestellt, während neben den vollständigen Sätzen
auch einzelne Wörter und Abkürzungen verwendet werden, die plötzlich erscheinen und wie Signale wahrgenommen werden [28]. Für die Navigation
innerhalb der Stadt ist der Radfahrer selbst zuständig. Während er die Geschwindigkeit mit den Tritten in die Pedale und die Fahrtrichtung mit der
Lenkstange steuert, kann er sich auf seiner Fahrt interessantes Wissen über
die jeweilige Stadt aneignen. Um nicht in der Buchstabenstadt verloren zu
gehen ist vor dem Fahrrad eine kleine Orientierungshilfe in Form eines Bildschirms angebracht, auf dem sich ein Stadtplan mit der Position des Radfahrers befindet [21]. Die typografischen Zeichen wirken in der Installation
einerseits formal als Bauteile der Stadt und andererseits durch die Semantik der Wörter, die historische Informationen vermitteln. Legible City wurde
zum ersten Mal auf der Ars Electronica Linz 1989 6 in Österreich und auf der
World Design Expo Artec’89 in Japan gezeigt. Als jüngste Weiterentwicklung zählt die interaktive Netzwerk-Installation The Distributed Legible City
(1998 / 1999), die von denselben Machern für mehrere Radfahrer gleichzeitig
geschaffen wurde.
Ein aktuelles Beispiel, bei dem der Betrachter lediglich als Beobachter
fungiert, ist die Installation Bitfall von Julius Popp (siehe Abb. 6.6). Dabei
handelt es sich um einen in der Höhe variierbaren Informationsvorhang mit
128 Düsen, die vor dem Auge des Betrachters aus Wassertropfen geformte
Wörter entstehen lassen. Nach statistischen Regeln selektiert ein Computerprogramm aktuelle Schlagwörter von Nachrichtenwebsites im Internet und
liefert so den darzustellenden Text für den transparenten Informationsvorhang. Die zu Boden fallenden Tropfen sammeln sich in einem Auffangbecken
und werden über eine Pumpe wieder nach oben zu den Ventilen geführt,
wodurch ein geschlossener Kreislauf entsteht. Julius Popp entwickelte den
flüchtigen Informationsvorhang als eine Metapher für die ständige Informationsflut, der der Mensch ausgesetzt ist und aus dem er seine sich konti6
http://www.aec.at/
KAPITEL 6. EINSATZGEBIETE
71
Abbildung 6.6: links: The Legible City (1988–1991), Installation von Jeffrey
Shaw, Typografie: Dirk Groeneveld, Bilder aus [21]; rechts: Bitfall (2002–
c
2004), Installation von Julius Popp, Bilder Julius
Popp.
nuierlich verändernde Realität ableitet. Bitfall verweist mit Ironie auf das
unaufhörliche Bestreben der Informationsgesellschaft, durch technologische
Errungenschaften ein allgemein gültiges Abbild von Realität zu schaffen [16].
Mit dieser Installation wird zudem die Vergänglichkeit bewegter Typografie
im Vergleich zur beständigen Schrift im Printbereich gezeigt.
6.4
Bildschirmpräsentationen
Eher ungern gesehen ist die Verwendung von animierten Buchstaben in Bildschirmpräsentationen. In der Präsentationssoftware Powerpoint 2002 der
Firma Microsoft existieren 183 Animationsvorlagen, zu denen Effekte für
das Ein- und Ausblenden und zum Hervorheben von typografischen Zeichen
ebenso zählen, wie vorgefertigte Animationspfade, die allesamt beliebig angepasst werden können. Da Bildschirmpräsentationen grundsätzlich zweitrangig nach der vortragenden Person sind, sollten die Textanimationen so
dezent gehalten werden, dass sie gut lesbar sind und den Blick des Zusehers
nur kurz auf sich ziehen. Die Aufmerksamkeit des Betrachters soll in erster
Linie dem Redner gelten und nicht den Präsentationsfolien. Zudem werden
Präsentationen mit auffällig herumhüpfenden Buchstaben oder aufwändigen
Ein- und Ausblendungen der Texte nicht unbedingt als professionell angesehen, sondern möglicherweise als Versuch, von einer weniger guten Rede
abzulenken.
Kapitel 7
Schlussbetrachtungen
Abschließend werden die Erkenntnisse zusammengefasst, die im Laufe der
Erstellung der vorliegenden Diplomarbeit gesammelt werden konnten. Im
Zentrum der Arbeit stand eine Analyse der Änderungen, die sich durch
Bewegung von typografischen Zeichen im Vergleich zu statischer Schrift ergeben. Sie umfasste sowohl die Suche nach Gründen für Bewegung als auch
ein Überdenken der bestehenden Regeln für die Erstellung von typografischen Druckerzeugnissen und Änderungen, die im Bereich der Lesbarkeit
auftreten.
Das als Rahmen für die Vielzahl an mannigfaltigen, bereits existierenden Typografie-Animationen entwickelte Klassifizierungssystem ermöglicht
eine Einteilung nach sechs Kategorien. Diese Einteilungskriterien umfassen
sowohl vorwiegend funktionale, die Bedeutung der Zeichen betreffende, als
auch eher formale Aspekte. Neben ihrem eigentlichen Zweck dient die Kategorisierung dazu, die Vielseitigkeit der typgografischen Animation aufzuzeigen. Da das Hauptaugenmerk der vorliegenden Arbeit auf den funktionalen,
durch Bewegung von Schrift entstehenden Veränderungen liegt, nehmen die
formalen Kriterien nur ein Drittel des gesamten Systems ein. Im Bedarfsfall
können diese jedoch beliebig erweitert werden, z. B. um einen die akustische
Ebene betreffenden Aspekt.
Die Antwort auf die Frage nach dem Beweggrund für die Animation typografischer Zeichen hängt ab von dem Bereich, in dem diese zum Einsatz
kommt. Werden Schriftanimationen für Werbezwecke gestaltet, so stellt die
Erregung der Aufmerksamkeit durch Bewegung den Hauptgrund dar. Da
eine Bewegung innerhalb der Gesichtsfeldperipherie eine Augenbewegung
hin zum entsprechenden Objekt auslöst, können animierte Werbetexte beliebig im Rahmen des Darstellungsbereiches platziert werden. Sowohl als
Inserts im Fernsehbild zur Bewerbung des eigenen Programmes eines Senders als auch in Form von Werbebannern auf Internetseiten, das Prinzip ist
dasselbe. Im Bereich Werbung gibt es neben den Inserts und Werbebannern
auch Werbespots, die die gesamte Bildfläche einnehmen. Auch hier wird
72
KAPITEL 7. SCHLUSSBETRACHTUNGEN
73
die Aufmerksamkeit des Betrachters durch die Bewegung der typografischen
Zeichen erregt, jedoch auf unterschiedliche Weise. Bei solchen bildschirmfüllenden Werbespots muss der Blick des Zusehers nicht erst auf sich gezogen
werden, seine Aufmerksamkeit soll dennoch erregt werden, um die Werbebotschaft übermitteln zu können. Dies erfolgt häufig durch reine Schriftanimationen, die nach dem Ausnahmegesetz arbeiten. Da Werbefilme, die
ausschließlich aus typografischen Zeichen bestehen, im gesamten Angebot
an Werbespots sehr selten anzutreffen sind, erwecken sie das Interesse des
Betrachters. Diese Wirkung besteht jedoch nur, solange rein typografische
Animationen in der Werbewelt eine Seltenheit darstellen. Nehmen derartige Spots zu, so gewöhnt sich der Zuseher daran und reagiert nicht mehr
mit erhöhter Aufmerksamkeit. Bildschirmfüllende Werbungen werden meist
dann als reine Schriftanimationen realisiert, wenn die transportierte Botschaft selbst mit großem Informationsfluss in Zusammenhang steht, wie z. B.
ein Spot für den Informationstext eines Fernsehsenders.
Wird Typografie in erster Linie zur Informationsvermittlung eingesetzt,
liegt der Grund für die Bewegung wohl im zusätzlichen Informationsgehalt,
den die Animation beinhalten kann. Ein alltägliches Beispiel dafür sind Abspänne im Film, bei denen durch vertikale Translation ein Vielfaches an
schriftlicher Information auf derselben Bildfläche dargestellt werden kann,
als es ohne Bewegung möglich wäre. Weitaus interessanter ist hingegen der
Einsatz von typografischen Zeichen, die durch ihre Bewegung zusätzlichen
Informationsgehalt vermitteln. In Folge der Integration des zeitlichen Faktors in die typografische Gestaltung kann Schrift durch Bewegung in Szene
gesetzt werden, sodass die einzelnen Zeichen Verhaltensweisen zeigen oder
kinetische Eigenschaften aufweisen können. In typografischen Animationen
wird die Semantik mit den Informationsparametern der Bewegung kombiniert, so entsteht aus dem Verständnissystem der statischen Schrift ein Informationssystem mit signifikant erhöhtem Informationsgehalt.
Während im Printbereich als zeitunabhängige Kommunikationsform die
Kontrolle der zeitlichen Komponente vollständig dem Leser unterliegt, wechselt sie im Bewegtbild in die Hände des Gestalters. Dies ermöglicht ihm nicht
nur die Animation der Zeichen, sondern in weiterer Folge auch die Manipulation des Leseverhaltens. Genauer gesagt wird bei bewegter Typografie vorherbestimmt, welche Informationen der Betrachter zu welchem Zeitpunkt
erhält. So kann der Informationsstand aller Zuseher, sowohl schneller als
auch langsamer Leser, auf gleichem Level gehalten werden. Ein Bereich, in
dem dies zum Einsatz kommt, ist die Verwendung von Schrift als Untertitel.
Bislang findet die Bewegung dabei zum Großteil durch Ein- und Ausblenden
des Textes statt. Weitere Animationsmöglichkeiten, wie farbliche Änderungen sobald das Wort im filmischen Dialog gesprochen wird, sind zwar denkbar, haben sich jedoch vermutlich durch die damit auftretende Unruhe im
Text und den auf diese Weise erschwerten Lesefluss noch nicht durchgesetzt.
Durch die zeitliche Komponente wurde nicht nur die Bewegung von
Schrift ermöglicht und zahlreiche neue Gestaltungsoptionen eröffnet, son-
KAPITEL 7. SCHLUSSBETRACHTUNGEN
74
dern zudem ein Überdenken der altbewährten Regeln für typografische Gestaltung notwendig. Basierend auf wichtigen Richtlinien zur Schriftgestaltung für Druckerzeugnisse entstand durch passende Adaption ein Regelwerk
für bewegte Typografie. Grobe Änderungen betrafen die Anzahl von Schriftarten, Schriftgrößen und Auszeichnungen, die innerhalb eines Werkes eingesetzt werden dürfen, sowie Richtlinien, die sich mit Leerräumen zwischen den
Elementen beschäftigen. Bedingt durch die zeitliche Kontrolle des Gestalters kann im Bewegtbild eine höhere Zahl an unterschiedlichen Schriftarten,
-größen und Auszeichnungen kombiniert werden. Im Gegensatz zum typografischen Druckerzeugnis besteht die Möglichkeit, den Text über die Zeitachse
verteilt zu präsentieren, wodurch z. B. die Kombination von Schriften, die
im Printbereich nicht gemischt werden sollten, kein Problem darstellt sofern
diese zeitlich versetzt gezeigt werden. Auch die Problematik, die durch zu
groß gewählte Abstände zwischen den Elementen entsteht, verliert im Bewegtbild an Bedeutung, da diese einzelnen Teile durch zeitliche Nähe als
zusammengehörig wahrgenommen werden. Die räumliche Entfernung kann
somit durch zeitliche Nähe überbrückt werden. Für gleichzeitig dargestellte
und längere Texte gelten allgemein gesprochen auch im Bewegtbild ähnliche Regeln wie für statische Typografie. Eine Verbesserung des Regelwerks
könnte die Ergänzung um filmspezifische Richtlinien zu Bereichen wie z. B.
Beleuchtung und Kameraführung darstellen. Um den Rahmen der Arbeit
nicht zu sprengen wurden diese Themen bewusst vernachlässigt.
Parallel zum Angebot an Software-Tools mit vorgefertigten Animationsvorlagen für die Bewegung von Schrift, steigt auch die Anzahl der typografischen Animationen. Mittlerweile beschränken sich diese längst nicht mehr
auf filmische Eröffnungssequenzen, sondern kommen vermehrt in den Bereichen Werbung und Broadcast zum Einsatz. Besonders im Fernsehen nimmt
die Bewegung von typografischen Zeichen immer stärker zu, wie unter anderem an den oft aufwändigen Animationen der Senderlogos sichtbar wird.
Weiters kommen typografische Animationen im Internetbereich, sowohl als
Werbebanner als auch in Form von interaktiven Websites, und in interessanten Installationen zu tragen. Doch nicht immer gewinnt Schrift durch
Bewegung an Bedeutung. Einen Bereich, in dem es ratsam ist, Typografie
so wenig wie möglich zu animieren, stellt die Bildschirmpräsentation dar.
Effektvolle Bewegungen der typografischen Zeichen lassen die gesamte Präsentation rasch hektisch und von niedriger Qualität wirken und lenken vom
Redner ab, dem eigentlich die Aufmerksamkeit des Betrachters gelten soll.
Während laut Aussage von Ralf Lobeck, Artdirector bei RTL Creation
in Köln, eine Zeit lang für Typografie im Bewegtbilddesign der Leitsatz
More is more zu gelten schien [6], ist bei aufmerksamer Betrachtung zeitgemäßer Werke eine Tendenz zu eher reduzierter und emotionaler Typografie
feststellbar. Ganz gleich in welcher Form animierte Typografie zum Einsatz
kommt, essentiell ist, dass sie die Botschaft nicht überschattet, sondern mit
ihr zusammenspielt.
Anhang A
Inhalt der CD-ROM
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Diplomarbeit
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Elektronische Quellen
Pfad:
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boehnke02.pdf
fdk07.pdf . . .
mccort02.pdf .
popp04.pdf . .
shaw07.pdf . .
thierry01.pdf .
zkm07.pdf . .
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Bilder und Grafiken
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