Anbauversuche mit pilzwiderstandsfähigen Tafeltraubensorten

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Anbauversuche mit pilzwiderstandsfähigen Tafeltraubensorten
Aus dem Bioanbau
4/2006
Anbauversuche mit pilzwiderstandsfähigen Tafeltraubensorten
Josef TERLETH, Barbara RAIFER, Versuchszentrum Laimburg
Der Markt für Tafeltrauben in Südtirol dürfte eher bescheiden
sein, zumal aus dem Süden Italiens und aus vielen anderen
klimatisch geeigneten Anbaugebieten der Welt ein breites
Angebot zu vergleichsweise niedrigen Preisen importiert wird.
I
n Frage kommt die Eigenproduktion von Tafeltrauben für
selbst vermarktende Betriebe, die in
den Sommer- und Herbstmonaten
verschiedene Obstarten oder andere
Produkte zum Kauf anbieten. Wenig
oder gar nicht behandelte Tafeltrauben können in diesem Falle eine interessante Ergänzung darstellen.
Die weltweite Tafeltraubenproduktion baut derzeit noch weitgehend
auf konventionelle Sorten auf, welche intensive Peronospora-, Oidiumsowie Botrytisbehandlungen verlangen. Die Belastung der Trauben mit
Rückständen der eingesetzten Pestizide ist nicht selten problematisch.
Es war daher nahe liegend, für den
Frischkonsum Traubensorten mit erhöhter Widerstandskraft gegenüber
Pilzkrankheiten zu züchten. Inzwischen sind einige Dutzend solcher
Sorten auf dem Markt.
Auf Anfrage einer Gruppe biologisch
wirtschaftender Betriebe wurden in
Südtirol 13 interessant erscheinende
Birstaler Muskat.
Züchtungen in drei Lagen in Prüfung
genommen.
Die Anlagen
Eine Anlage wurde in einer typischen
Talsohle bei Salurn erstellt, eine weitere in einer zur Talsohle auslaufenden Hanglage bei Frangart und die
dritte in einer Hanglage bei Kaltern
auf etwa 500 m Meereshöhe. Die
Talsohle weist einen sehr starken
Peronosporabefallsdruck auf. Selbst
in den ausgeprägten Oidiumjahren
2004/05 war in Salurn bei einigen
Sorten ein beachtliches Auftreten
von Rebperonospora zu verzeichnen.
Als Erziehungsform wurde in allen
drei Anlagen das für die Weintraubenerzeugung übliche Spalier gewählt. Dies vor allem im Hinblick auf
den notwendigen Vogelschutz, da
ein gutes Einnetzen der Traubenzone
bei Pergl nur schwer möglich ist. In
der Tafeltraubenproduktion werden
allgemein eher der Pergl ähnliche
Formen mit großer Stockausdehnung
Lidi.
und einer größeren Wuchsintensität
bevorzugt, bei denen die Trauben
einzeln nach unten hängen und eher
große Erträge erzielt werden. Nachteilig bei diesen Systemen ist die
langsamere Austrocknung nach Niederschlägen, die höhere Luftfeuchtigkeit im Inneren, die starke Beschattung der Trauben und das lang
anhaltende vegetative Wachstum bei
den großen Stockabständen.
Die Anlagen waren 2005 im dritten
Standjahr. Eine Anlage war sehr gut,
zwei etwas schwächer entwickelt. In
der Anlage in Kaltern wurden 2005
insgesamt sechs Spritzungen ausgebracht und zwar zu Beginn eine
Schwefelbehandlung, drei weitere
mit Heliosoufre S und zwei mit AQ
10 WG, in den Anlagen in Frangart
und Salurn wurden keine Pflanzenschutzmaßnahmen
durchgeführt.
Erste Ergebnisse sind in der Tabelle
dargestellt. Es zeigte sich, dass die
Resistenz mehrerer Sorten dem in
Südtirol herrschenden Befallsdruck
nicht standhält. Außer mit den Sorten Nero, Muskat bleu und Birstaler Muskat dürfte es in den meisten
Lagen und Jahren ohne Pflanzenschutzbehandlungen nicht gelingen,
eine marktfähige Qualität zu erzeugen. Etwas enttäuschend war auch
Königliche Esther.
123
Tabelle: Resistenzverhalten und Sorteneigenschaften der Versuchssorten.
der Geschmack mehrerer Sorten.
Neutraler Geschmack kann akzeptiert werden, wenn ein gutes ZuckerSäuregleichgewicht vorliegt und die
Sorten ein Minimum an „Tafeltraubencharakter” aufweisen, so z.B. eine
gewisse Trauben- und Beerengröße
und knackiges Fruchtfleisch. Wenn
neutrales Aroma aber mit geringem
Zucker und niedriger Säure zusammenkommen, dann wirken die Trauben im Verzehr fade. Dies schien bei
mehreren Sorten der Fall zu sein. Da
die Anlagen aber noch sehr jung und
nicht vollständig entwickelt sind, soll
diesbezüglich noch kein Urteil abgegeben werden. Nachfolgend werden
einige Sorten, welche eine gute Eignung erkennen ließen, kurz besprochen.
Birstaler Muskat: Diese Sorte wurde 1986 vom Schweizer Privatzüchter Valentin BLATTNER gezüchtet
und entstammt einer Kreuzung von
Seyval blanc x Bacchus. Die Sorte
weist mittlere Wuchsstärke und gute
Fruchtbarkeit auf. Die Trauben sind
groß, locker bis sehr locker gepackt.
Die Beerengröße ist für eine Tafeltraube eher klein. Es gilt frühzeitig
Ertragskorrekturen durchzuführen
und auf ein ausreichendes Wachstum
zu achten. Bei starkem Befallsdruck
kann sowohl leichter Peronosporawie auch Oidiumbefall auftreten.
Buffalo ist eine Züchtung der Forschungsanstalt Geneva (New York
State) aus dem Jahre 1952 und hat in
den USA und in Kanada eine größere
Verbreitung gefunden und zwar für
den Frischkonsum, zur Verarbeitung
zu Marmeladen oder Saft wie auch
zur Weinbereitung. Die Peronosporaresistenz der Sorte scheint etwas geringer als die Oidiumresistenz zu sein.
Weiters soll Buffalo eine sehr hohe
Frostfestigkeit aufweisen. Ein gut erkennbares Foxaroma ist vorhanden,
es ist aber bei weitem nicht so aufdringlich wie bei der Erdbeertraube
und dürfte von vielen Konsumenten
akzeptiert werden.
Königliche Esther ist eine blaue
Neuzüchtung aus Ungarn. Vorteile
der Sorte sind die frühe Reife, die
gute Ausfärbung, der ausgeprägte
Tafeltraubencharakter durch mittel124
Sorte
Beerenfarbe
Peronosporaresistenz
Oidiumresistenz
Reifezeit*
Angela
weiß
mittel
gering
spät
Birstaler
Muskat
weiß
mittel - gut
gut
mittel
Buffalo
blau
mittel
gut
mittel
Excelsior
weiß
mittel
mittel
mittel
Fanny
weiß
gering
mittel
mittel
Königliche
Esther
blau
mittel - gut
mittel - gut
früh
Lilla
weiß
gering
mittel
mittel
Muskat bleu
blau
gut
gut
früh
Nero
blau
gut
gut
früh
Ontario
blau
mittel - gut
mittel - gut
mittel
Palatina
weiß
gering
gering
mittel
Pölöskei
Muskat
weiß
mittel
mittel
spät
Romolus
weiß
mittel
mittel
mittel - früh
Sorteneigenschaften
Große Traube, ovale Beeren,
neutraler Geschmack
Große, lockere Traube,
dicke Beerenschale, leichtes
Muskataroma
Große Trauben und Beeren,
zikadenanfällig, leichter, nicht
unangenehmer Foxton
Große Traube, kleine Beeren,
neutral und säurebetont
Große Traube und eher große
Beeren, dicke Schale und
störend große Samen, neutraler
Geschmack
Große Traube, mittelgroße Beeren,
knackiges Fruchtfleisch, neutraler
Geschmack, zikadenanfällig
Große Traube mit großen ovalen
Beeren, neutraler Geschmack
Mittelgroße Trauben und Beeren,
schwaches Wachstum, dezentes
Muskataroma
Mittelgroße Trauben und Beeren,
knackiges Fruchtfleisch, neutraler
Geschmack, zikadenanfällig
Trauben und Beeren groß,
deutlicher Foxton, zikadenanfällig
Große Traube, mittelgroße Beere,
dicke Schale, Muskataroma
Traube mittelgroß, Beeren klein,
leichtes Muskataroma
Große Traube, kleine Beeren,
neutraler Geschmack
* früh = Ende August/Anfang September, mittel = Mitte September, spät = Ende September.
große Trauben und Beeren sowie die
fleischig-knackige Frucht. Nachteilig
ist die etwas schwächere Resistenz
gegenüber Peronospora und Oidium.
Muskat bleu wurde ebenfalls in
der Schweiz gezüchtet und ist eine
Kreuzung von Seyval blanc 18.315 x
Müller Thurgau. Diese Sorte besitzt
einen ausgesprochenen Tafeltraubencharakter, große, ovale Beeren,
knackiges Fruchtfleisch und eine
angenehme Muskatnote. Nachteilig
sind das eher schwache Wachstum
und das, je nach Standort, zum Teil
niedrige Ertragspotenzial. Die Sorte
braucht gute, fruchtbare Böden und
geschützte Lagen, um ausreichenden
Fruchtansatz zu erreichen. Für die
Vermarktung interessant ist die sehr
frühe Reife der Sorte. Muskat bleu ist
wenig anfällig, leichter Peronospora- wie auch Oidiumbefall kann aber
auftreten.
Nero ist eine ungarische Züchtung
aus Kecskemet. Die Sorte ist sehr
frühreif und robust. Peronospora und
Oidiumresistenz sind gut. Die Trauben
und Beeren sind mittelgroß, die Beeren oval und knackig. Wie der Name
andeutet, wird eine gute Blaufärbung
erzielt. Insgesamt eine interessante
Sorte für den Hausgarten und die
Vermarktung von Tafeltrauben.
Neben den hier besprochenen ist eine
Vielzahl weiterer Sorten am Markt erhältlich. Wirklich interessant dürften
letztendlich die wenigsten sein. Nicht
im Versuch, aber erwähnenswert erscheint die Sorte Lidi. Sie weist eine
ziemlich frühe Reife, eine rosa Beerenfarbe, ein knackiges Fruchtfleisch
sowie gute Robustheit auf.
Der Anbau von Tafeltrauben bleibt,
auch wenn keine oder nur wenig
Pflanzenschutzbehandlungen durchgeführt werden müssen, aufwändig. Im Unterschied zu Weintrauben
kommt es bei Tafeltrauben auch auf
das Aussehen an. Ein wesentlicher
Punkt dabei ist die Beerengröße.
Diese kann durch das „Kämmen” von
Hand der Trauben zu Fruchtansatz
verbessert werden. Weniger, dafür
aber größere Beeren pro Traube ist
das Ziel dieser Maßnahme. Auch bei
den meisten der hier besprochenen
Sorten wären größere Beeren vorteilhaft. Frühes Traubenhalbieren könnte
hierzu eine sinnvolle Maßnahme sein.
Auf ein ausgewogenes Verhältnis
zwischen Blattfläche und Fruchtansatz ist weiters zu achten. Trauben
von überlasteten Stöcken schmecken
fade und uninteressant. Ein Einnetzen der Trauben zum Schutz vor Vogelfraß ist unerlässlich!

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