Manipulierte Dokumente. SonntagsZeitung, 28.10.2007

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Manipulierte Dokumente. SonntagsZeitung, 28.10.2007
Wirtschaft 69
28. Oktober 2007
Fifa: Manipulierte Dokumente
195-Millionen-Dollar-Deal mit Visa: Verdacht auf Urkundenfälschung
Von Jean François Tanda
Der britische TV-Sender BBC hat
diese Woche schwere Vorwürfe gegen den Weltfussballverband Fifa
erhoben. Der Verdacht: Urkunden­
fälschung. Im Rahmen eines Prozesses am Southern-District-Gericht in New York, von Mastercard
2006 angestrengt, hatte die Fifa
­gefälschtes Beweismaterial eingereicht: Das Dokument war rückdatiert, die Unterschrift des Geschäftspartners nachgezeichnet.
Es handelt sich dabei um das
195 Millionen Dollar teure Sponsoring-Agreement 2007 bis 2014,
das die Fifa am 6. April 2006 in
Zürich mit dem Kreditkartenunternehmen Visa unterzeichnet hat.
Die Fifa hatte diesen Vertrag in
Verletzung des Erstzugriffsrechts
und hinter dem Rücken ihres langjährigen Geschäftspartners, VisaKonkurrent Mastercard, ausgehandelt. Die Fifa musste Mastercard dafür mit 90 Millionen Dollar entschädigen.
Die Zürcher Staatsanwaltschaft
eröffnete eine Voruntersuchung
Für den Prozess faxte die Fifa eine rückdatierte Version des VisaAgreements nach New York, auf
der die Unterschrift von Christopher Rodrigues, CEO von Visa International, nachgezeichnet ist.
Damit wollte man beweisen, dass
man den Vertrag schon unterschrieben hatte, bevor Mastercard
am 4. April 2006 eine Warnung an
den Fifa-Hauptsitz faxte.
Der britische TV-Sender BBC
hat das Corpus delicti diese Woche
gezeigt. Auch Rechtsanwalt Marco Balmelli prüfte die Fälschung,
ebenso jene Fassung des Agreements, die Visa dem Gericht zukommen liess. «Die Unterschriften
von Rodrigues auf den beiden Versionen stimmen nicht überein»,
sagt Balmelli, Stiftungsrat des
Basel Institute on Governance.
Wegen dieser mutmasslichen
Urkundenfälschung eröffnete die
Zürcher Staatsanwaltschaft, Abteilung «Besondere Untersuchungen», eine Voruntersuchung.
Sie hatte Mastercard Mitte Februar angeschrieben, um zu erfahren,
ob das Kreditkartenunternehmen
Strafanzeige einreichen wolle.
Doch damals, kurz nach der FifaSchlappe vor Gericht in New York,
war offen, ob Mastercard nicht
doch Sponsor bleiben werde.
Am Hauptsitz in den USA reagierte man allerdings nicht auf das
Schreiben aus Zürich, worauf die
hiesige Staatsanwaltschaft entschied, kein formelles Verfahren
zu eröffnen. «Weil Mastercard
kein Inte­resse zeigte, besteht dazu kein Anlass», sagt Staatsanwalt
Urs Hubmann. Rechtsanwalt Bal­
melli sieht das anders: «Urkun-
Sepp Blatter (l.), Jérôme Valcke: 90-Millionen-Dollar-Desaster foto: key
Fifa-Sponsoring-Vertrag mit Visa International: Oben das Original
(6. April), unten die rückdatierte Fälschung
Fax für den Prozess in New York: Visa-Original (l.) und die Fifa-Version
mit nachgezeichneter Unterschrift von Visa-Chef Rodrigues
denfälschung ist von Amtes wegen zu verfolgen.» Mastercard
schweigt: «Wir sprechen nicht
über Details unserer juristischen
Strategie», sagt Sprecher Chris
Monteiro.
Chef der Sponsoring-Verhandlungen war Jérôme Valcke, damals
Chef der Fifa Marketing AG. Er
sagt: «Sollte Ihre Frage darauf
hinzielen, dass ich Datum und
Unterschrift gefälscht habe, ist
meine Antwort: Nein!» Nach dem
Sponsoring-Desaster wurde Valcke zunächst entlassen, dann aber
wieder eingestellt: Heute ist er die
Nummer 2 in der Fifa hinter Ve­r­
einspräsident Joseph «Sepp» Blatter. Dieser hat für die morgige
Vorstandssitzung die «Inaktivierung» der Marketing AG traktandiert, über die rechtlich alle Sponsoring-Verträge laufen. Fifa-Sprecher Andreas Herren sah sich ausser Stande, den Sinn dieses Traktandums zu benennen.
Valckes Vorgänger war Urs Linsi, auch er involviert in den Sponsoring-Flop. Im Juni hatte sich
Linsi für eine «neue Herausforderung» entschieden, was die Fifa
mit acht Jahressalären belohnte,
also mit rund acht Millionen
Franken. Noch vor drei Wochen
hatte Blatter gesagt: «Ich werde
die Sache im Exekutivkomitee zur
Sprache bringen.» Doch traktandiert ist die Causa Linsi nicht.
BÜRohr
Sein «Waterloo» beim
­Re­cycling erlebte SunriseChef Christoph Brand. Übereifrige Mitarbeiter drohten
am Montag wegen eines Inserates von Ferrorecycling mit
Klage. Das Inserat nimmt die
Sunrise-Werbekampagne mit
Schnurtelefon und Blech­
dosen auf die Schippe. Am
Freitag musste sich Brand für
die Drohung entschuldigen –
natürlich telefonisch. Selbstverständlich verstehe man
bei Sunrise Humor.
Von Christoph Blocher sagte
Novartislenker Daniel
­Vasella in einem Interview
vor fünf Jahren, dass ihm
«dieses Phänomen ein Stück
weit Angst» mache. Nach
dessen Wahl in den Bundesrat hoffte er, Blocher würde
sich mässigen. Daraus wurde
nichts. Mit aggressiven, als
fremdenfeindlich zu taxieren­
den Tönen ist die SVP auf dem
Durchmarsch. Blocher
­müsste mehr Angst machen
als je. Doch Blocher hat sich
als grosser Freund der
Pharmabranche erwiesen:
Er hat einen strikten Patentschutz durchgeboxt und so
den Parallelimport von günstigen Arzneien verhindert.
Nun tritt Vasella harmonisch
mit Blocher an Podiums­
diskussionen auf.
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