Alpen im Wandel

Transcrição

Alpen im Wandel
Permafrost
Permafrost ist Material aus Locker- oder Festgestein, das über mindestens ein
Jahr Temperaturen < 0 C° aufweist. In Lockergestein kommt es in Form von
Strukturböden, Solifluktionsloben, Blockgletschern oder Thermokarst vor, in
Festgestein als Spaltenfrost. Je nach Bedeckungsgrad kann Permafrost eingeteilt
werden in: kontinuierlich (> 80% des Gebietes sind von Permafrost bedeckt),
diskontinuierlich (30 – 80%), sporadisch (< 30%). In den Alpen kann Permafrost
oberhalb von 2500 m vorkommen.
Die Verbreitung ist hauptsächlich von Topographie und Klima abhängig. Anhand
von Faustregeln (Haeberli 1975) lässt sich die Verbreitung besser eingrenzen.
Damit ist Permafrost wahrscheinlicher: An nordexponierten Hängen, an
Hangfußlagen und Mulden, die besser geschützt sind, bei spätem Schneefall im
Jahr, oberhalb der Waldgrenze und in vegetationslosem Gebiet.
Bild_1
- Permafrost von Philipp Gaugler, Jürgen Förth und Carolin Petnehazi
S
N
Blockgletscher
„Aktive Blockgletscher (Bild_5) sind loben- oder zungenförmige Körper aus ganzjährig
gefrorenem unkonsolidiertem Material. Als Folge des in ihnen enthaltenen Eises
bewegen sie sich hang- oder talabwärts“ (Barsch 1996: 4). Kennzeichen: steile,
vegetationsfreie Hangstirn (30-45°), Fließgeschwindigkeit von 0,1-1 m/Jahr.
Auftauen des Permafrosts oder nachlassende Schuttlieferung führt zu inaktiven
Blockgletschern ( flachere Hangstirn mit Vegetation, Schutthalde am Fuß, mächtigere
Auftauschicht).
Entstehung/Vorkommen: Unterhalb von Schutthalden oder Moränen
Bild_4
Bild_5
Bild_2
Permafrostdegradation
Durch die Klimaerwärmung kommt es in Bereichen mit Permafrost zu Degradationserscheinungen. Darunter versteht man die sowohl die Abnahme der Mächtigkeit der
von Permafrost durchdrungenen Bereiche des Untergrunds, sowie die Tiefe bis in
welche der Permafrost im Sommer auftaut. Die sommerliche Auftauschicht gibt
hierbei ein direktes Klimasignal wieder, welches die Witterungsbedingungen des
jeweiligen Sommers widerspiegelt, wohingegen die Abnahme der allgemeinen
Permafrost-mächtigkeit erst bei längerfristigen Klimaerwärmungen messbar wird.
Solifluktion
Solifluktion ist ein viskoses Bodenfließen, an dem Frostwechsel, Eiswachstum und
Permafrost einzeln oder in Kombination beteiligt sind. Voraussetzung für diesen gravitativen Massenversatz ist feuchtes Feinmaterial (siehe Bild_2). Ein hoher Skelettanteil
erschwert jedoch die Solifluktion. Permafrost ist nicht notwendig, verstärkt die
Erosionsleistung aber durch seine wasserstauende Wirkung. Kann sich aufgrund
günstiger Exposition (Sonne, Wind, Hangneigung)keine oder nur eine geringmächtiger
Schneebedeckung ausbilden, wird die Solifluktion zusätzlich begünstigt.
Bei der Solifluktion wird zwischen gebundener und ungebundener unterschieden. Die
ungebundene verursacht eine größere Massenbewegung als die gebundenen
Solifluktion, deren Erosionsleistung durch eine Rasendecke reduziert wird (vgl. Bild_1).
Literatur:
Barsch, D. (1996): Rockglaciers. Springer Verlag, Berlin.
Busche, D., Kempf, J.; Stengel, J. (2005): Landschaftsformen der Erde – Bildatlas der Geomorphologie. WBG, Darmstadt.
Fischer L., Kääb A., Huggel C., Noetzli J. (2006): Geology, glacier retreat and permafrost degradation as controlling factors of slope instabilities
in high-mountain rock wall: the Monte Rosa east face. In: Natural Hazards Earth System Sciences, 6: 761–772.
Haeberli, W. (1975): Untersuchungen zur Verbreitung von Permafrost zwischen Flüelapass und Piz Grialetsch (Graubünden). Juris, Zürich.
Keller, F. (2006): Permafrost. Klimarisiken aktiv begegnen. Zwei Beispiele aus der Schweiz.
Internet: impressum.lebensministerium.at/filemanager/download/19525/ zuletzt am 11.01.10.
Krainer, K. (2007): Permafrost und Naturgefahren in Österreich. In: Online-Fachzeitschrift des Bundesministeriums für Land- und Forstwirtschaft,
Umwelt und Wasserwirtschaft Jahrgang 2007. Internet: www.laendlicher-raum.at/filemanager/download/19380/ zuletzt am 11.01.10.
Nötzli, J. & Gruber, S. (2005): Alpiner Permafrost - ein Überblick. In: Lintzmeyer, K. (Hrsg.), Jahrbuch des Vereins zum Schutz der Bergwelt,
Selbstverlag, München: 111-121.
PERMOS Autorenteam (2005): Permafrost der Schweizer Alpen 2002/03 und 2003/04. In: Wissenschaft und Bergwelt. Internet:
www.permos.ch/downloads/alpen2005.pdf zuletzt am 11.01.10.
Zepp, H. (2008): Geomorphologie – eine Einführung. Schöningh, Paderborn.
Klimawandel führt zu vertikaler
In den Alpen ist die Degradation des Permafrostes deshalb ein Problem, weil dies zu
einer Destabilisierung von Hängen führt und weil sich, wie am Grubengletscher,
äußerst instabile Seen bilden können. Die Destabilisierung der Hänge hat eine
Zunahme an Hangrutschungen, Murgängen, Felsstürzen und Steinschlag zur Folge.
Verschiebung der Höhenstufen und
damit auch der Permafrostgrenze
Bild_1: Solifluktionsloben am Furkapass
Mit deutlich erkennbaren Gesteinsdecke.
Quelle: Christian Wörner 2009
Bild_2: Profil einer Solifluktionszunge am Furkapass
Das Lobeninnere besteht zum Größtenteil aus Feinmaterial.
Quelle: Carolin Petnehazi 2007
Bild_3: Schematisch Darstellung von Spaltenfrost
Quelle: Krainer 2007: 13
Bild_4: Der Anriß und die Ablagerung eines Felssturzes
auf dem Glacier des Manzettes der Dent Blanche im Sommer 2003.
In der Anrisszone ist Permafrosteis sichtbar.
Quelle: PERMOS Autorenteam 2005: 29
Bild_5: Val da l´Acqua Blockgletscher
Ein typischer aktiver Blockgletscher mit steiler Front und im unteren Teil
senkrecht zur Fließrichtung verlaufender Rillen.
Quelle: Joachim Eberle 2001
Felssturz und Steinschlag
Bei Permafrost im Festgestein handelt es sich um Spaltenfrost (siehe Bild_3) der im
Sommer nur an der Oberfläche auftaut und in tieferen Bereichen erhalten bleibt. Dieser
Spaltenfrost stabilisiert das zerklüftete Gestein.
Bild_ 3
Schmilzt dieser Spaltenfrost kommt es zu einer
Auflockerung des Gesteinskörpers, sowie einem Herabsetzen der inneren Reibungskräfte durch das Kluftwasser,
was in steilen Wänden und Abhängen zu Felsstürzen und
Steinschlag führen kann. In heißen Sommern taut der
Spaltenfrost bis in tiefere Bereiche auf, als in normalen
Sommern, folglich ist eine höhere Gefahr von Felsstürzen
und Steinschlägen zu erwarten, was sich deutlich am
Hitzesommer 2003 zeigte. Bild_4 belegt dies.