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Der Süden 21.6 – 5.7.2000 © Mario Lange– email: [email protected] 60599 Frankfurt, Wiener Str. 42, 069-65 71 52 Seite 1 Einleitung Madagaskar – die Insel auf der Pfeffer & Vanille wachsen. Beides nur im Norden angebaut, lag außerhalb unserer Route, unser Ziel war Madagaskar – die Insel der Lemuren. Biologen beschreiben diesen „Minikontinent“ in Superlativen. Es ist das Land mit der höchsten Rate an endemischer Flora und Fauna. 90% der ursprünglichen Säugetiere, 64% der Vogelarten, 81% seiner Blütenpflanzen, 98% seiner Palmen, 99% seiner Reptilien und fast 100% seiner Froscharten gibt es nur auf Madagaskar – auch 2900 der 3000 (!) madagassischen Schmetterlingsarten! Außerdem gehört diese „Arche Noah“ zu den artenreichsten Orten der Welt. Madagaskar nimmt nur ein Fünfzigstel der Landoberfläche Afrikas ein, beherbergt aber mit 10.000 bis 12.000 Blütenpflanzen fast ein Viertel der Artenvielfalt des gesamten afrikanischen Kontinents. Hier kommen mehr Orchideen vor als in ganz Afrika zusammen. Den ersten Europäern muss sich dort ein gespenstisches Bild geboten haben: Aus dem Dunkel des madagassischen Urwalds starrten sie rötlich glänzende Augen an, verfolgten jede ihrer Bewegungen. Die glühenden Blicke und klagenden Heulrufe erinnerten sie an den Glauben der alten Römer, wonach die Geister der Verstorbenen nachts das Licht suchten und unter Seufzern zu den Lebenden zurückkehrten, um sie zu quälen. „Lemuren“ nannten die Römer diese Totengeister – und diesen Namen gaben die Forscher im 18. Jh. jenen meist dämmerungs- oder nachtaktiven Lebewesen: Ratten- bis katzengroße „Halbaffen", die bei Tageslicht betrachtet, eher possierlichen Streicheltieren als Gespenstern ähneln. Selbst Goethe hatte ein falsches Bild. Sagt doch Mephisto in Faust II: „Herbei, herbei! Herein, herein! Ihr schlotternden Lemuren, aus Bändern, Sehen und Gebein geflickte Halbmaturen.“ Vor 30-40 Millionen Jahren war der Lemur das großartigste Geschöpf der Evolution. An Intelligenz übertraf ihn kein anderes Tier. Er lebte in Amerika, Asien, Afrika und Europa. Zur damaligen Zeit tauchte zum Verhängnis des Lemuren der erste echte Affe auf. Dieser besaß einiges, mit dem sich der Lemur nicht messen konnte: ein großes Hirn, eine gut entwickelte Körpersprache und eine unübertroffene Fingerfertigkeit. Die Affen und Halbaffen hatten denselben Stammvater, aber – zum Nachteil des Lemurs – auch fast die gleiche Lebensweise. Während Millionen von Jahren kämpften die zwei Gruppen um dieselbe Nahrung und dieselben Habitate. Aber gegen die Überlegenheit der echten Affen konnten die Halbaffen nichts ausrichten, wären beinahe ausgestorben. Wenn eine kleine Gruppe von Lemuren es sich nicht auf Madagaskar gemütlich gemacht hätte – isoliert von Umwelt und echten Affen. Das nur 400 Km von der afrikanischen Ostküste entfernte Madagaskar spaltete sich so frühzeitig (vor etwa 150.000 Jahren) vom benachbarten schwarzen Kontinent, dass die sich dort erst später entwickelnden größeren Säugetiere die 587.000 qkm große Insel nicht mehr besiedeln konnten. Die Lemuren waren nicht von Raub- oder Huftieren bedroht; auch höher entwickelte Affen konnten ihnen ihren Lebensraum nicht streitig machen. Die 33 heute noch existierenden Lemurenarten (inkl. Unterarten) leben nur auf Madagaskar, wenn gleich entfernte Artverwandte auch in anderen Gebieten der Erde heimisch sind (asiatische Koboldmakis und Loris, afrikanische Galagos und Pottos). Madagaskar ist leider eines der ärmsten Länder der Erde. Laut HPI (Human Poverty Index) der UN belegt es Platz 12, und laut UNICEF verfügen 72% der Einwohner über weniger als 1 US$ pro Tag. Folglich schert sich die Bevölkerung der ehemalig französischen Kolonie wenig um Artenschutzgesetze, wenn es um eine Mahlzeit geht, besonders in Notzeiten: Die größeren Lemuren werden weiterhin Opfer illegaler Jäger. Dämmerungs- oder nachtaktive Arten sind tagsüber meist so schläfrig, dass sie leichte Beute werden. „… Einst waren die Menschen unsterblich. Da begannen sie, die sterblichen Tiere und Pflanzen aus Spaß zu töten. Diese beschwerten sich beim Schöpfer. Zornig sprach er zu den Menschen: „Ab heute seid auch ihr sterbliche Wesen.“ (madags. Legende) Der Mensch betrat erst vor etwa 2000 Jahren die Insel, in dieser Zeit hat er 16 Lemurenarten ausgerottet. Seit er über Gewehre verfügt, haben die Waldgeister außerhalb der Reservate kaum eine Chance. Lemuren ist eine Headline, rasante Umwelt- und Waldzerstörung ist eine andere – negative – Schlagzeile in den westlichen Medien: Die „Rote Insel“ brennt unaufhörlich an allen Ecken. Ein Anblick, den kein ausländischer Gast unkommentiert lässt. Im Gegensatz zu den Regenwäldern Südamerikas oder Asiens sind hier allerdings nicht große Holzkonzerne die Schuldigen, hier ist es der einfache Bewohner der Insel. Auch unsere Inlandsflüge und Überlandreisen folgten Wegen, die von Rauchsäulen markiert waren. Buschbrände flackerten. Mindestens 200.000 ha Wald, so schätzt man, gehen jährlich in Flammen auf, mit ihnen eine Vielzahl von Lebewesen wie etwa medizinisch nutzbare Pflanzen, abgesehen von Arten, die noch nicht erforscht sind. Ursprünglich war die Insel vollständig mit Wald und Baumsavanne bedeckt. Zwei Gründe kennen die meisten: Brandrodung und der Bedarf an Holzkohle. Doch Madagassen haben auch eine spirituelle Beziehung zum Feuer, vertreibt es doch die „Lolo“ – die bösen Geister – die in Madagaskar höchst aktiv sind. Der Glaube der Madagassen an die Macht der Ahnen über die Lebenden steckt ebenfalls hinter dem Faible für Feuer. Sie gehe, so behauptet man auf dem Land, vom Schöpfergott Zanahary aus, der seine Kraft wiederum aus den Flammen beziehe. Je größer der Brand, desto mehr überirdische Macht setzt er frei. Die praktische Seite des kollektiven Kokelns: Auf verkohlter Erde sprießt das Weidegras für die Zebu-Rinder besser. Zebus – mindestens so viele wie Menschen – bedeuten Wohlstand und dienen primär nicht als Nahrung. Sie ermöglichen Heirat, viele Kinder, den wahren Segen auf Erden und eine ehrenvolle Bestattung. Die schnell wachsende Bevölkerung verzehrt immer mehr Reis. In die Reisfelder fließt der Regen schneller herab, wenn die Hügel der Insel kahl sind. Zum Kochen von mehr Reis benötigt man mehr Holzkohle. Ein plausibler Kreislauf, der ganz im Einklang mit den Überlieferungen der Razana, der verehrten Ahnen, steht und eingehalten werden muss. Madagaskar – besonders seine Tier- und Pflanzenwelt sind sehenswert. Aber zu lange sollten Interessierte nicht mehr zögern! Seite 2 Allgemeine Landesinformationen Stand 2000 Madagaskar qkm % qkm % 587.041 100% 356.970 100% Ackerfläche 25.830 4,4% 121.370 34% Waldfläche 145.000 25% 107.400 30% 5.500 0,9% 7.798 2,2% 13.657* 2,3% 13.257* 3,7% Fläche Wasserfläche Schutzgebiete NP, Spez. R, Strict R.* Reisetagebuch Deutschland 1. Mi. 21.6.00 Frankfurt – Paris – Tana (9.249 km) Pünktlich um 16:20 verlassen wir Frankfurt bei heißen 33°C. Den witzigen Zollbeamten, der beim Durchleuchten des Handgepäckes: „das Taschenmesser ist aber verboten“, von sich gibt, haben wir gut verdaut. NSG und NP* Bevölkerung 17 Mio. Analphabeten 20 % 82 Mio. 3% Wetterlegende S strahlender Sonnenschein, wolkenlos W einige Wölkchen, oft durchbrechende Sonne B bewölkt, Sonne fast nie sichtbar / evtl. Sprühregen R Regen, evtl. auch mit kurzen Unterbrechungen Beispiel: morgens B, mittags W, abends B Sonnenaufgang 6.30 Uhr, Sonnenuntergang 17.30 Uhr Wetter – Verlauf – km – Temp. nachts/mittags Tag Wetter 1. Mi Tagesverlauf km nachts – – S ab FFM (16:20) – Paris (20:45)– Tana tags 9.249 – 33°C 2. Do WBW Tana (Stadtrundfahrt, Zoo) 5 13°C 21°C 3. Fr WWW Tana – Andasibe = Périnet 142 13°C 28°C 12 12°C 25°C 5. So WWS Andasibe = Périnet – Tana 142 14°C 26°C 6. Mo WWW Tana – Ranomafana NP 323 12°C 28°C 4. Sa BWW Andasibe = Périnet 7. Di WWB Ranomafana NP 2 13°C 26°C 50 13°C 19°C 9. Do BWW Fianarantsoa – Ambalavao – Isalo 240 11°C 23°C 10. Fr WSS Isalo NP – Toliara (= Tuléar) 230 11°C 21°C 11. Sa SSB Toliara – Tolanaro (= Fort Dauphin) 387 16°C 28°C 12. So BWW Fort Dauphin – Nahampoana Res. 14 17°C 23°C 8. Mi RWB 13. Mo BWS Ranomafana NP – Fianarantsoa Fort Dauphin – Kaleta Reservat 14. Di BWW Fort Dauphin – Tana – Paris 160 17°C 25°C 9.456 17°C 26°C 480 –°C 19°C 15. Mi WW – Paris – Frankfurt (an 13:30) Information über besuchte Schutzgebiete Name Status Größe in ha Périnet SR Ø Regen Schutz in mm seit 810 1.750 1970 Besucher 1999 12.000 Isalo PN 81.540 360 1962 17.000 Ranomafana PN 41.601 1.500 1991 12.000 Nahampoana PR Kaleta 50 1.500 1997 PR 150 500? 300 1988 1.000? Information über Tierbestände Fläche qkm Erde % Säuger % 147.855.000 100% 4.050 100% Amphibien% Reptilien % Vögel % 4.500 100% 6.750 100% 5% 45 1% 88 1% 356.960 0,2% 98 2,4% 21 0,5% 14 0,2% 273 3,0% Madagas. 587.041 0,4% 123 3,0% 144 3,2% 252 3,7% 265 2,9% Europa 10.532.000 BRD 7% 205 9.000 100% 540 6% Keine Stunde Flug und der noble Airbus mit Ledersitzen setzt in Paris Charles de Gaulle auf. Futuristisch von innen gestaltet, aber absolut ohne Informationen oder Schilder präsentiert sich der in die Jahre gekommene Airport. Wir treffen auf Scherzbold Nr. 2, der uns mitteilt, dass unser Flug gestrichen wurde. Mit ernster Miene von einem Flughafenangestellten am Computer sitzend vorgetragen recht glaubwürdig – aber wie bemerkt nur ein Scherz. Wir sollen den Bus nehmen, der die gleiche Farbe wie sein Haar hat – rot. Das Terminal 2A – eine architektonische Glanzleistung der sechziger Jahre – trifft uns hart. Alles heruntergekommen, kaum ein Mensch anwesend. Wir wollen uns erst einmal stärken und geraten in die Mühlen der Gerechtigkeit als wir mit „Falschgeld“ und vollem Tablett an der Kasse stehen. „Non, ces mal,“ sagt die schwarze Kassiererin und schon sind fast 200 DM unserer Reisekasse in Form von alten Francescheinen in Rauch aufgelöst. Dank VISA, müssen wir aber nicht dürsten. Als wir in den Flieger steigen, sind wir mehr als überrascht, wo denn die ganzen Menschen vorher gesteckt haben – der A320 ist voll! 8.772 km trennen uns noch von Madagaskar der viertgrößten Insel der Erde nach Grönland, Neuguinea und Borneo. 2. Do. 22.6.00 Tana (Stadtrundfahrt, Zoo) Nach 10,5 Stunden Flug landen wir mit einer Stunde Zeitverschiebung (+1 Std.) planmäßig auf dem Ivato Flughafen, der außerhalb der Hauptstadt Madagaskars liegt. Das Wetter ist leicht bewölkt. Beim Verlassen des Flugzeuges wird uns klar, dass 15°C für tropisches Afrika recht kalt sind. Die Daunenjacken mancher Madagassen werfen die Frage auf, ob wir nicht vielleicht auch etwas Warmes hätten mitnehmen sollen. Nach Zollformalitäten – Videokamera und Schmuck anmelden – verlassen wir glücklich, weil – aller Unkenrufen und Geschichten von Mitreisenden zum Trotz – zusammen mit unseren Weggefährten, den zwei Delseys, die Sicherheitszone. Wo wir unseren Ohren kaum trauen, als uns eine freundliche Stimme mit „Grüß Gott“ empfängt. Lala, von Europe Voyages, empfängt uns mit perfektem Deutsch. Beim Geldwechseln bin ich umringt von Schwarzhändlern, die 10% mehr bieten als der aktuelle Kurs. Ich verzichte und wir sind trotzdem Millionäre, denn 1 DM sind ca. 3000 FMG. Vorbei an überall am Straßenrand blühendem Christusdorn stauen wir uns Richtung Antananrivo kurz Tana (etwa 2 Mio.E, ~1300m, Stadt der Tausend). Überall kleine Marktstände, in denen der Einheimische alles mögliche anbietet. Wir checken im Karibotel (27 Zimmer) ein, welches zentral an der Av.I’Independance liegt und verlassen es auch schon wieder direkt. Mit Lala besuchen wir kurz eine „Feinkost- Seite 3 Buchhandlung“ – hier sind die Preise mindestens 20% höher als bei uns – und einen Supermarkt. Danach stürzen wir uns ins Gewühl des nahen Marktes. Der berühmte Zonamarkt wurde leider 1996 aufgelöst, nachdem die Kriminalität überhand genommen hatte. Auch wir werden gewarnt, fühlen uns aber sehr sicher. Wir lernen viel über die Heilkraft der heimischen Flora und staunen über die Hilfsbereitschaft der freundlichen Madagassen. Überall werden wir eingeladen, etwas zu probieren. Ein Stand wird besonders frequentiert (ca. 40 Leute). Hier werden Reisportionen für 30 Pfennig angeboten. An den streunenden, verschmuddelten Straßenkinder, die alle Touristen ständig mit großer Penetranz und großer Anzahl verfolgen und um Geld betteln, stört sich keiner. bemerkt, weicht er nicht mehr von unserer Seite, und stellt uns jedes Tier persönlich vor. Plötzlich verschwindet er und kehrt mit einem großen, recht unterkühlten Chamäleon zurück. Nach seinem zweiten Verschwinden präsentiert er uns geradezu einen Winzling von Chamäleon. Angeblich laufen die Tiere hier frei herum! Der Name „Erdlöwe“ (Chamai «auf der Erde» und Leon «Löwe») ist etwas seltsam gewählt für ein Tier, das anscheinend die Langsamkeit erfunden hat. Und auch die Geselligkeit der Löwen ist den eigenbrödlerischen Leisetretern fern. Sei ihm wie ihm sei… Um im Geäst nicht aufzufallen, haben sie eine äußerst merkwürdige Gangart entwickelt: Sie bewegen sich Antananarivo wächst unaufhörlich: Etwa 2 Millionen Menschen drängen sich in den verschachtelten Mauern, bauen ihre Lehmhäuser immer weiter in die Hochebene hinaus. Über die Vororte quillt ständig auf klapprigen Pferde- und Zebukarren, auf Fahrrädern, in überfüllten Sammeltaxis und zu Fuß der Strom der Landbevölkerung in die Innenstadt. Mittags geht es weiter mit Viktor, unserem Fahrer und ohne Lala. Da er ein wenig Englisch versteht und wir etwas Französisch sprechen, lernen wir innerhalb kürzester Zeit mehr Französisch als in der Schule. Er fährt mit uns zum Rova – dem Königinnenpalast hoch über der Stadt – mit traumhaftem Blick auf einige der zwölf Stadthügel. Seit dem Brandanschlag 1995 leider nur eine traurige Ruine. Den Verlust des wichtigsten Kulturbesitzes und Wahrzeichens des Landes empfindet die Bevölkerung als nationale Schande. „Der Rova brennt!“ Den ungläubigen Aufschrei in der Nacht zum 6. November werden die Einwohner von Tana, so schnell nicht vergessen. Die historischen Bauwerke auf dem Schloßberg samt dem kostbaren Mobilar und den königlichen Gebeinen in ihren Gräbern, alles zerstob in loderndem, für den Brandstifter Kraft bringenden, Funkenregen. Überall holpern alte R4- und 2CV-Gefährte durch die Schlaglöcher, rauf und runter über die Hügel der Stadt. Das Angebot der Straßenhändler gibt einen guten Einblick in die eher bodenständigen Bedürfnisse der Bewohner: Rostige Schrauben, verbeulte Radkappen, nachfüllbare Feuerzeuge, Kinderspielzeug aus Holz und dem Blech von Konservendosen – es gibt nichts, was nicht zum Verkauf geeignet wäre. Bei leichtem Regen besuchen wir den 25 ha großen Zoo und Botanischen Garten von Tsimbazaza. Endlich sehen wir die ersten Lemuren. Ein zahnloser Tierpfleger lockt freundlich einige der selteneren Lemuren mit behende gezupften Grasbüscheln ans Licht. Das wunderliche Aye-Aye schläft. Über 100 Jahre alte Seychellen-Riesenschildkröten verdösen den Tag. Sie waren die einzigen Überlebenden eines Schiffsunterganges, und strandeten 1897 an den Küsten Madagaskars. Als der Pfleger unsere Begeisterung für die Tiere stets ruckartig ein Stück vorwärts und ein kleines gleich danach rückwärts. Das täuscht die Freßfeinde – sie halten das Chamäleon für ein vom Wind bewegtes Blatt. Die Fähigkeit zum Farbwechsel ist vielen bekannt, allerdings sind auch viele Irtümer im Umlauf. Es ist ein komplizierter physiologischer Vorgang, der nur selten in Sekundenschnelle abläuft. Außerdem sind nur wenige Arten überhaupt dazu fähig. Und schließlich dient dieser „Kleiderwechsel“ keineswegs der Anpassung an die Umgebung, sondern lässt sich als eine Art „Sprache“ begreifen, die man bei einiger Übung sogar übersetzen kann. Sich „schwarz ärgern“ zum Beispiel darf man wörtlich nehmen, allerdings können das nur ganz wenige Arten. Bei Stress zeigen die meisten eine aggressive, bunte Färbung, trächtige Weibchen „kleiden“ sich in eine Warntracht, mit der sie Männchen von weiteren Annäherungsversuchen abhalten. Aber nicht nur Stimmungen und Launen sind verantwortlich, sondern auch Tageszeit, Lichteinfall, Wetter und Temperatur. Beeindruckend sind natürlich auch die Augen, die gleichzeitig die ganze Umgebung im Blick haben. Wie schreibt doch Eugen Roth so treffend: Doch kann’s in allen Farben spielen und außerdem so trefflich schielen, daß ein Aug’ aufblickt nur zum Himmel, das andere im Weltgewimmel ganz dreist nach irdischen Freuden sucht. Der botanische Garten existiert fast kaum. Zwei selbsternannte Guides wollen an unseren Millionen partizipieren und gesellen sich zu uns. Sind das die, vor denen wir gewarnt wurden? Sind dies etwa Diebe? Vor lauter Vorsicht, würdigen wir die Mahafaly- Seite 4 Gräber, die hier ausgestellt werden, kaum. Im kleinen, angeschlossenen naturkundlichen Museum sehen wir Riesenlemur, Madagaskar-Strauß, Zwergflusspferd und Dinosaurier, die allesamt auf Madagaskar ausgestorben sind. Dann heißt es ab nach Hause ins Hotel, essen, ins kalte Zimmer, ins Bett fallen und schlafen. 3. Fr. 23.6.00 Tana – Marozevo – Andasibe (= Périnet) (Analamazaotra Reservat) 142 km Nach „üppigem Frühstück“, weil französisch, verlassen wir mit Michel das Verkehrsgewühl von Tana. Auch er überrascht uns mit seinem guten Deutsch und einem Peugeogt 504 – unsere Begleiter für die nächsten Tage. In zügiger Fahrt kurven wir über die Berge Richtung Osten. Jedes Dorf besitzt eigene Reisfelder. Holzkohle, in Säcken feilgeboten, sehen wir überall. Ein Sack kostet etwa 5-6.000 MGF, in Tana zahlt man den doppelten Preis. Am Straßenrand wächst ebenso Holzkohle allerdings noch in ursprünglicher Form – als Eukalyptusbaum – grausam. Es ist extrem kurvig, und die vor uns kriechenden uralten Lkws hüllen uns immer wieder in schwarze Abgaswolken. Wir passieren die Stromversorgung Tanas, und nach zwei Stunden Fahrt erreichen wir den Reptilien- und Schmetterlingspark „Madagascar Exotique“ von André Peyrieras in Marozevo (Mandraka). Richard, unser Guide, zeigt alles, was der Park zu bieten hat. Wir sehen allein 15 verschiedene Chamäleonarten, darunter auch Calumma nasuta, das kleinste echte Chamäleon der Welt. Auch diverse äußerst farbenfrohe Frösche (Mantella) können wir beobachten. Bedauernswert ist allerdings die Vogelwelt, in Form eines Ibis in einem kleinen Verschlag. Schmetterlinge zeichnen sich fast gänzlich durch Abwesenheit aus – falsche Jahreszeit. Nach zwei Stunden verlassen wir den schon seit 20 Jahren unterhaltenen Park, der leider auch Tiere verkauft. 60 Chamäleonarten sollen hier laut Richard vertreten sein. Das sind immerhin 3 Arten mehr als auf der Insel vorkommen!? Im weiteren antwortet er ehrlich, unschuldig und stolz auf meine Frage: „Sind die Tiere hier Nachzuchten?“, mit einem klaren „Nein, alles Wildfänge!“ Einige der hier anwesenden Tiere sind so selten, dass sie in der freien Natur zum Teil nur einmal gesichtet wurden. Mit gemischten Gefühlen fahren wir weiter. In den umliegenden Dörfern lesen wir überall „Hotel“, Michel klärt uns auf, dass dies nur „hier kann man essen“ bedeutet. Wir queren den Fluss Moramanga. In der gleichnamigen Stadt (150.000 E.) schlendern wir mutig durch die Straßen. Hier „an dem Ort, wo es viele Mangos gibt“, bleiben wir vollkommen unbehelligt. Kaum jemand nimmt Notiz von den merkwürdig „weiß“ aussehenden Fremden. Die angebliche Armut Madagaskars entdecken wir nicht. Keine Slums. Jeder im Hochland wohnt in einem Steinhaus, deren Steine vor Ort mit Reisspelzen geformt und dann gebrannt werden. Alle Häuser verfügen über Balkone, damit bei den hohen Niederschlägen in diesem Gebiet der Reis und die Kleidung trocknen können. Aber wir sind nicht die einzigen, die falsche Vorstellungen über Madagaskar hatten. Schon Marco Polo berichtete im 13. Jh. fälschlicherweise: „…hier leben mehr Elefanten als irgendwo auf der Welt, neben Löwen, Giraffen und dem Riesenvogel Rock, dessen Flügelspannweite 30 Schritte sind und der mühelos einen Elefanten in den Klauen wegträgt.“ Da er die Insel nie besuchte, wusste er es nicht besser. Die letzten 6 Km von Andasibe (2000E, gr. Platz zum Zelten) zur Vakona Lodge (12 Bungalows, 900m), die 1997 eröffnet wurde, ergeben einen guten Eindruck, vom normalen Straßenzustand in Madagaskar – es ist rote Staubpiste mit riesigen Schlaglöchern. Die Lodge wirkt recht nobel. Seit 1995 gibt es ein 200 ha großes Privatreservat, in dem auch Indris leben sollen. Wir zahlen 20.000 MGF für einen Guide, den wir erst einmal suchen müssen und wählen schließlich ein anderes Ziel – die Lemureninsel. Unser Guide, Tsima, setzt uns die riesige Strecke von mindestens 5m mit dem Boot über. Noch nicht aus dem wackeligen Boot entstiegen werden wir schon stürmisch von Igor begrüßt, einem putzigen Bambuslemuren (Hapalemur griseus griseus), der vor Freude an uns hochspringt, denn Besucher kann man aus seiner Sicht immer gleich mit Futter Seite 5 setzen. Tsima füttert Igor mit Bananen und besorgt noch Extra-Bananen, um die anderen 13 Lemuren, die hier auf der Insel leben, herbei zu locken. Das Lockmittel ist das richtige, aus allen Winkeln fegen Lemuren heran. 6 Schwarze Varis (Lemur variegatus variegatus), 3 Braune Lemuren (Eulemur fulvus fulvus) und noch 3 Artgenossen von Igor. Alle sind äußerst zahm. Vorsichtig lassen sie sich ihr weiches zartes Fell streicheln. Die zweitgrößte Lemurenart, die Varis, könnten glatt für Plüschtiere Modell gestanden haben mit ihrem wuscheligen, schwarzweißen Fell, aus denen bernsteinfarbene große Augen leuchten, die von weißen Backenhaaren eingerahmt sind. Auch sie sind gewandte Kletterer und Springer, was sie eindrucksvoll unter Beweis stellen. Streicheln oder Bananen mitbringen ist eine Sache, aber einen Lemuren, der auf einem herumturnt wieder loswerden eine andere. Dazu muss man ihn ja schließlich ergreifen. Igor scheint das anders zu sehen, dies unterstreicht er nachdrücklich dadurch, dass er Barbara leicht in den Finger beißt. Wir können uns kaum losreißen von den putzigen, flauschigen Gesellen. Natürlich ist uns klar, dass die Tiere besser in der freien Wildbahn leben würden, was den Genuss der tollen Verhaltensbeobachtungen etwas trübt. Kaum zurück in der Lodge, brechen wir schon zur Nachtexkursion mit unserem Guide Desere auf. Zunächst einmal sehen wir nichts außer der madagassischen Dunkelheit. Dann entdecken wir oder besser er im Schein der Taschenlampe einen seltenen Plattschwanzgecko (Uroplatus sitorae) und ein Kurzhornchamäleon (Calumma brevicornis). Wir hören eine Ente schnattern, Endlich zeigt sich ein Mausmaki (Microcebus rufus), der sich aber – geblendet durch den Lichtkegel – schnell ins Dickicht absetzt. Außer zwei rot-leuchtenden Punkten können wir nicht viel erkennen. Gegen 20:00 sind wir etwas enttäuscht zurück in der Vakona Lodge und erwärmen uns am Kaminfeuer, das für uns zur lebenserhaltenden Einrichtung wird. 4. Sa. 24.6.00 Andasibe (Analamazaotra Reservat) Pflichtgemäß rasselt unser Wecker um 5:45. Nebel aller Orten, als wir uns um 7:00 mit Desere am Eingang des Spezialreservates Périnet-Analamazaotra (seit 1970, 810 ha, 930-1000m) treffen – nicht gerade optimal, um Vögel zu suchen und sie zu finden. Immerhin sehen wir Blau-Seidenkuckuck, Rotstirn- Seidenkuckuck, Malegassen-Necktarvogel, Madagaskar Bussard, Madagaskardajal, Rotschnabelbülbül, Blauvanga. Desere zeigt uns Palisander, der 100 Jahre braucht, um kleine 10 cm in die Breite zu wachsen. Er klärt uns über die Zyklone auf, die von Januar bis März in Madagaskar zum Teil verheerende Schäden anrichten. Unglaublich, im April erreichte der Wasserstand hier die Höhe der Stromleitungen. Natürlich fragen wir ihn auch nach den Indris aus, sie leben fast nur noch hier im Perinet Reservat. Zirka 75 Familien mit je 4-6 Tieren, also etwa 400 Tiere zählt die Population gesamt. Wir streifen durchs Gesträuch und ändern unser Ziel von Vögel auf Indris. Berg auf, Berg ab kraxeln wir an vielen Orchideen und riesigen stacheligen PandanussPflanzen (= Vakona) vorbei. Hauptblütezeit der Orchideen ist September und Oktober. Nach zwei Stunden extrem anstrengendem Orientierungslauf im Regenwald sind wir fast am Ende unserer Kräfte. Desere geht allein auf die weitere Suche nach den großen Lemuren, nachdem auch das Anlocken per Tonband erfolglos war – und wir dachten schon wir hören die ersten Indris. Bevor er entschwindet, lässt er uns wissen, dass er in zehn Jahren erst dreimal keine Indris gefunden hat – das macht Mut. Aus den angegebenen fünf Minuten wird eine halbe Stunde. In der Zwischenzeit sehen wir einen Pollenvanga. Außer Atem aber glücklich kehrt Desere zu uns zurück. Keine 100 Meter von uns entfernt sitzt eine 5köpfige Familie von Indris in den Baumspitzen und schlägt anscheinend gerade erst die Augen auf. Es gibt nur zwei Indri-Familien in dem Teil, der für die Öffentlichkeit frei zugänglich ist. Will man eine der beiden Familien mit dem Tonband anlocken, so muss man darauf achten, die Rufe der anderen Familie vorzuspielen, sonst reagieren sie nicht. Da in der Ferne eine Gruppe ruft, antwortet unsere Familie natürlich umgehend lautstark auch ohne Tonbandattrappe. Die lauten Rufe der Indris hören zu können, gehört wohl mit zu den beeindruckendsten Erlebnissen in der Tierwelt. Ein klangvolles Bellen geht in jammerndes, unheimliches Geschrei über. Mit ihrem Geschrei markieren die Indris ihr Gebiet. Es läuft einem richtig kalt über den Rücken. Die kuscheligen Lemuren sehen eher aus wie Bären mit ihren großen, runden Ohren. Seite 6 Als sie ihre Schlafposition hoch in den Baumwipfel verlassen und sich abwärts bewegen folgen wir ihnen durch das Dickicht. Wir können unser Glück nicht fassen, entdecken wir doch ein Weibchen mit Jungtier, welches laut Desere erst am 23.5.2000 geboren wurde. Er erklärt: „Junge Indris bekommen alle zwei Jahre immer nur ein Jungtier, alte Indris nur alle drei Jahre.“ Unglaublich, sie sollen bis zu 45 Jahren fruchtbar sein und ein Alter bis zu 60 Jahren erreichen. Unsere Gruppe hat in zehn Jahren nur drei Jungtiere bekommen, also sind die Tiere schon älter. Die Indris klettern immer tiefer und erledigen erst einmal ihre Morgentoilette. Da heißt es: „Vorsicht was kommt von oben geflogen!“ Kaum haben sie sich erleichtert, fangen sie an gemütlich zu fressen. Ihre Nahrung besteht aus 30 bis 60 verschiedenen Blattarten, daher gibt es keine Indris in Gefangenschaft – wenn doch, überleben sie nie lange. Die im Vergleich zu anderen Lemuren riesigen Tiere (bis 90 cm) springen erstaunlicherweise genauso schnell und geschickt wie ihre Artgenossen durch das Geäst, allerdings mit einem Unterschied: Der Indri, als einziger Lemur keinen langen Schwanz besitzend, der beim Balancieren und Steuern hilft, springt immer von Baumstamm zu Baumstamm nicht von Ast zu Ast wie seine Lemurenkollegen. Mutter und Kind kommen immer näher – ohne Scheu. Leider ist das Baby nur selten zu sehen, wenn aus dem Fell der Mutter ein kleines schwarzes Teufelchen herauslugt. Jetzt ist unser kleines Teufelchen noch ganz schwarz, erst mit fünf Monaten bekommt es die typische schwarz-weiße Fellfärbung. Genüsslich an Blättern kauend sitzen die Tiere in Astgabeln unmittelbar vor uns. Überwältigt von den einmaligen Beobachtungen können wir uns nicht losreißen, obwohl wir äußerst wackelig im Berg stehen. Es hat irgendwie etwas Weihevolles, Ehrwürdiges! Die Lage der Indris – dieser Auslaufmodelle der Evolution – ist ernst. Der scheue schwarz-weiße Waldbewohner ist, obwohl am Tage auf Nahrungssuche an den Hängen vulkanischer Berge, mit Ausnahme der 2 Familien in Périnet in seinem ohnehin engen Verbreitungsgebiet kaum noch zu entdecken. Sein aufrechter Gang, sein Hundegesicht mit den seidig bewimperten, sanftmütigen Augen lassen den Indri in der Legende der Einheimischen als Bruder des Menschen erscheinen: „Ein Mann und eine Frau im Urwald hatten viele Nachkommen. Einige unter ihnen begannen eines Tages den Boden zu roden und Reis anzupflanzen; die anderen begnügten sich weiterhin mit Wurzeln und Blättern. Eines Tages aber gerieten die Angehörigen der ersten Gruppe in Streit und bekämpften sich. Das waren die Urahnen der Menschen. Die anderen aber suchten entsetzt Zuflucht in den Baumwipfeln, um weiterhin in Frieden leben zu können. Es waren die ersten Indris.“ Als nahe Verwandte sind sie natürlich „fady“ – tabu – und dürfen nicht gejagt werden, auch der einheimische Name „Babakota“ übersetzt Vatersohn zeugt von der Hochachtung für die Tiere. Indri, mit etwa 90 cm Körperlänge der größte heute noch lebende Lemur. Sie leben einzeln, paarweise oder in kleinen Gruppen bis zu fünf Tieren auf Bäumen. Heute kommen sie nur noch in einigen wenigen Gebieten im Nordosten von Madagaskar wie zum Beispiel im Marojejy-Reservat vor. Sie sind Tagtiere, aber wegen ihrer großen Scheu kann man sie eher hören als sehen. Ihre Rufe gelten als die lautesten Tierstimmen in Madagaskar. Bald nach Tagesanbruch werden die Indris munter. Gemächlich klettern sie dann auf die Äste und stimmen knapp nach Sonnenaufgang ihr Konzert an. Indris sind sehr ortstreu und halten innerhalb ihres Bezirkes immer dieselben Wege ein. Gegen Abend beginnen sie erneut zu singen. Indris sind reine Pflanzenfresser. Desere hat bei seiner Suche nach den Indris unterwegs Wollmakis entdeckt, die er uns noch zeigen möchte. Zu unserem und vor allem zu seinem eigenen Bedauern findet er leider die Stelle nicht wieder. Entschädigt werden wir durch Rotbrust-Seidenkuckuck, Pelzeln-Taucher, Schwarzschnabel-Zwergfischer, u.a. Gegen Mittag sind wir wieder zurück und essen etwas bei „der Stimme des Waldes“, dem chinesischen Hotel Feon’ ny Ala. Ermattet von den vielen Eindrücken, ruhen wir uns erst einmal aus, bevor Desere wieder mit uns in die Dunkelheit startet. Wir gehen in den Orchideengarten und sind wesentlich erfolgreicher als in der letzten Nacht. Drei Mausmakis, drei verschiedene Baumfrösche (u.a. Boophis viridis, B. jajar), Stabheuschrecke, Gottesanbeterin und vor allem vier von fünf möglichen Chamäleonarten, die hier vorkommen Zwergchamäleon, C. gastrotaenia, C. parsonii, F. willsii. Als Highlight der Nacht sehen wir in Seite 7 den Baumgipfeln zwei Wollmakis, die sich durch den Schein unserer Taschenlampe nicht stören lassen. Wieder im Hotel angekommen, versuchen wir erst einmal Michel chirurgisch zu helfen, der sich eine Gräte oder Schuppe eingebissen hat. Nach 30 Minuten beenden wir erfolglos unsere Zahnarztspiele. Im Restaurant trägt passend zu Barbaras Geburtstag der Schotte nicht nur seinen Kilt, sondern mit seinem Dudelsack auch noch ein Geburtstagsständchen zur allgemeinen Freude des Personals vor. Wir laben uns wieder am knisternden Kaminfeuer. 6. Mo. 26.6.00 Tana – Ranomafana NP (323 km) Zur Feier des Tages – 40. Unabhängigkeitstag – gibt es vor dem obligatorischen Baguette heute sogar Früchte zum Frühstück. Gegen 7:45 geht es los. Michel tankt erst einmal ganze 3 Liter Benzin (1L 1,80 DM)! Ganz Tana wirkt ausgestorben, außerhalb ändert 5. So. 25.6.00 Andasibe (= Périnet) – Tana (142 km) Wir können ausschlafen, oder besser wir könnten ausschlafen, denn der Urwuchs tummelt sich schon seit 8:00 vor unserer Tür, um auf die Koffer oder ähnliches zu warten – leider sehr lautstark und sehr zahlreich. Nach Frühstück und Kofferpacken besuchen wir noch einmal Igor und seine Freunde – obwohl wir eher von seinen Feinden sprechen sollten. Obwohl wir diesmal mit Bananen und Brot gut ausgerüstet sind, zeigt Igor sich sehr verschreckt, die Varis und Braunen Lemuren kommen erst gar nicht hervor. Igor wird ständig von seinen Artgenossen gejagt – armer Igor. Heute bevorzugt er Brot. Anscheinend ist er sehr froh auf uns Ruhe und Sicherheit zu finden. Liebend gern gewähren wir ihm beides. Er nimmt seinen Schwanz zwischen seine Pfoten und kuschelt sich in meinen Arm. Sein Fell ist weich wie Seide. Tsima erzählt, dass schon drei Bambuslemuren von Artgenossen tot gebissen wurden. Igor ist immerhin schon fünf Jahre geworden. Es bricht uns fast das Herz, das kleine Tier wieder abzusetzen, und seinem ungewissen Schicksal zu überlassen. Gegen 12:00 geht es zurück Richtung Tana. Unterwegs sehen wir viele herausgeputzte Leute, denn heute finden schon viele Feiern für den morgigen Unabhängigkeitstag Madagaskars statt. Leider fahren wir auch an zwei schweren Autounfällen vorbei. Michel meint zum Teil liege dies am Rum, der heute und morgen in Mengen genossen wird. Mit Mühe erreichen wir um 15:30 unter Hotel das schon bekannte Karibotel. An der Av. Independence haben sich schon Tausende von Menschen eingefunden. Unser Zimmer geht zur Straße hinaus, so dass wir in den ersten Reihe sitzen und dem bunten Treiben aus sicherer Entfernung zuschauen können. Auf einer großen Bühne geben einheimische Musikgruppen lautstark ihr bestes. Als die Musik gegen 20:00 plötzlich verstummt, freuen wir uns schon auf eine ruhige Nacht. Irritiert sind wir allerdings, dass der Madagasse äußerst ruhig aber dennoch sehr zügig den Platz in eine Richtung verlässt. Des Rätsels Lösung lässt nicht lange auf sich warten. Alle streben zum Feuerwerk, welches imposant aber auch recht kurz ist. Umgehend füllt sich der Platz vor unserem Fenster wieder, zwar geht die Musik nicht weiter, dafür erreicht die Knallerei mit Feuerwerkskörpern die gleiche Lautstärke. Dank Ohrstöpseln schlafen wir dennoch bald ein. sich das Bild recht schnell – es sieht aus wie immer kleine Märkte, kleine Lädchen, alles offen und voller Betrieb. Bei genauem Hinsehen aber ist alles noch voller und der Urwuchs hat sein bestes Gewand angelegt. Wir fahren am Präsidentenpalast vorbei. Hier wohnt seit 1997 wieder Didier Ratsiraka, der von 1975-1992 schon einmal Präsident war, bevor das Volk den Diktator „vertrieb“. Diese Eigentümlichkeit ist nur schwer zu verstehen. Eine Erklärung scheint aber im chaotischen Parteiensystem zu liegen – 1997 waren es 149 Parteien. Heute sind es bestimmt 10 mehr. Die Landschaft ist fast ganz kahl, überall starke Erosionsspuren, sonst nur graugrüne Kurzgrasflächen. Die Strecke ist kurvig und in jedem Dorf wird gefeiert. Über Ambatolampy (1800m, 20.000 E, Stadt der Felsen), geht es zügig weiter. In der Ferne erscheint das Ankaratra-Massiv (3000m). Außerhalb der kleinen Dörfer strebt alles – Ameisen gleich – den kleinen Dörfern entgegen. Hunderte von Menschen säumen die Straßenränder auf den Weg zu den Festivitäten. Hier im Hochland, dem Land der Merinas gibt es das alte Ritual der Famadihana. Von Juli bis September betten die Madagassen ihre Toten um. Diese im Hochland verbreitete Ahnenverehrung bildet mit den Tabus und der Brandrodung (Tavy) das Gerüst der Gesellschaft. Alle paar Jahre holen die Freunde und Verwandten des Toten die knochigen Überreste aus dem sorgfältig bemalten steinernen Grabhaus und ziehen in einem kostspieligen Festakt mit dem in neue Tücher gewickelten Leichnam an den Stätten seines Lebens vorbei. Zebus werden geschlachtet, und den Ahnen wird alles erzählt und gezeigt, was sich in den letzten Jahren ereignet hat. Rum fließt reichlich. Um 10:30 erreichen wir Antsirabe (180.000 E, 1500m, wo es viel Salz gibt). Michel tankt wieder ein paar Literchen, und wir wandern zu Fuß die Hauptstraße entlang. Kaum ausgestiegen sind wir umringt von Pousse-Pousse-Fahrern mit ihren Rickschas, die ihre Dienste anbieten. Für sie ist es unverständlich, dass Seite 8 die reichen Vazahas (Fremde) zu Fuß gehen wollen. Im altehrwürdigen Hôtel des Thermes nehmen wir einen Tee bzw. Kaffee – weiter geht es. Die Hügel werden noch kahler und folglich die Dörfer seltener. Gegen Mittag sind wir in Ambositra (wo es viele Rinder gibt), der bekannten Holzschnitzerstadt. „Leider“ haben alle Kunstlädchen zu, die uns Michel zeigen wollte – Glück gehabt. Australische Kiefern und Eukalyptus-Bäume durchsetzen die Landschaft. Ab und zu sind Agaven gepflanzt. Baumstrümpfe der letzten Brandrodungen sind deutlich zu erkennen. Rauchschwaden überall am Himmel. Für die letzten 25 Kilometer, die mit recht großen Schlaglöchern bestückt sind, brauchen wir geschlagene zwei Stunden. Michel schont sein Auto – verständlich, denn es ist seine Einkommensquelle. Auf der miserablen Strecke wird der Wald ursprünglicher und vor allem dichter. Eukalyptus-Bäume verschwinden. Gott sei Dank. Um 18:15 erreichen wir das Domaine Nature nahe des Örtchens Ranomafana (1000 E., heißes Wasser), unsere Unterkunft für die nächsten beiden Nächte. Die Dunkelheit gibt nur wenig Aufschluss über den wirklichen Zustand. Die Zimmer sind aus natürlichen Baumaterialien errichtet – schlicht aber zweckmäßig. Strom gibt es nur stundenweise. Über schmale Holzstege und -treppen sind die einzelnen Zimmer zu erreichen. Das Abendessen ist köstlich. Auch die hauseigene Katze zeigt guten Appetit und demonstriert stolz ihr Jagdkönnen, indem sie eine erlegte Ratte stolz quer durch das Restaurant schleppt. In der Nacht hören wir nur das Rauschen des nahen Namorona-Flusses. 7. Di. 27.6.00 Ranomafana NP Wir schlafen hervorragend, die Luft ist kühl, und am Morgen öffnen wir die Fensterläden und lassen die Sonne herein. Um 7:00 gibt es zum Frühstück köstliche Pfannkuchen. Gegen 7:50 wandern wir mit Stephan, einem professionellen Guide, hinein in den Ranomafana Nationalpark (seit 1991, 40.000 ha, 650-1417m). Zunächst klärt Stephan uns auf, dass, wie fast überall, der größte Teil des Reservates für die Öffentlichkeit unzugänglich ist. Nur ein kleiner Teil steht offen, also nichts wird es mit 12 Lemurenarten, er verspricht nur drei Arten. Die ersten Wege sind befestigt und einfach zu begehen. Fast jeder Baum hat eine Alu-Marke oder ein farbiges Bändel. Dies ist das Werk von über 40 Biologen aus aller Welt die zur Zeit in diesem Park forschen. Alleine 35 Farnarten finden sich in dem Park, darunter befinden sich allein drei Baumfarnarten (Cyathea). Wir queren den Namorona Fluss und schon zeigt sich der erste Lemur – ein in den Baumkronen schlafender Wollhalslemur (Avahi laniger). Berühmtheit erlangte Ranomafana wegen seiner Bambuslemuren, unter ihnen besonders der erst 1986 entdeckte goldene Bambuslemur (Hapalemur aureus). Das Futter – der Bambus – steht überall am Wegesrand. Stephan erzählt, dass der große Bambuslemur bis zu sieben Meter Stamm eines Bambus pro Tag isst. Der gleiche Bambus verkraftet dies, wächst er doch bis zu 15 cm pro Tag. Wir sehen viele Orchideen, leider wie immer ohne Blüte bis auf „eine“ eine Synorchis spec. eine von 100 hier blühenden Arten. Die Vertreter der 118 Vogelarten zeigen sich nicht sehr zahlreich, jedoch immer wieder vereinzelt wie der Rabenpapagei. Endlich ein weiterer Lemur – Nr. 2: Schwarzkopfmaki (E. fulvus fulvus). Eine Gruppe aus sechs Tieren bestehend springt über unsere Köpfe hinweg zu neuen Futtergründen. Ebenso finden wir noch einige Vogelarten: Rotbrust-Paradiesschnäpper (beide Morphen), Blau-Seidenkuckuck, Bülbül-Vanga, Kurzschnabel-Bülbül. Plötzlich entdeckt Stephan einen buschigen Schwanz in luftiger Höhe. Wir sollen ihm ins Dickicht folgen. Leichter gesagt als getan. Er entschwindet leichtfüßig; wir poltern schwerfällig hinterher. Endlich sehen auch wir sie – Rotbauchmakis (E. rubriventer), vier Stück an der Zahl. Auf Dauer bekommt man allerdings eine Genickstarre – immer hoch in die Baumwipfel zu schauen. Kaum zurück auf dem Weg, sehen wir noch eine Red Forest Rat (Nesomys rufus). Wir erreichen den Belle Vue, den Aussichtspunkt. Außer Wald und grünem Taggecko aber nichts Neues. Im April soll man von hier oben bis zu 400 Lemuren aus sieben verschiedenen Arten auf einmal sehen können, die sich an den reifen Guaven laben sollen. Sämtliche Bambuslemuren entziehen sich unseren Blicken – Pech gehabt. Ein Rotstirnmaki (E. fulvus rufus) und ein Rabenpapagei zeigen sich noch, dann geht es abwärts. Es geht nicht nur abwärts, es geht geradezu dramatisch abwärts, fast direkt nach unten. Unsere untrainierten Mus- Seite 9 keln versagen bald ihren Dienst. Nach schier endloser Kraxelei zeigt uns Stephan endlich wo unser Ziel ist. Das Dörfchen Ranomafana erscheint uns wie ein anderer, unerreichbarer Kontinent am Horizont gelegen. Der Wasserfall am Ende des Abstieges entschädigt uns nur wenig für die hinter uns liegenden Mühen. Vorbei an Lehmhütten, Wiesen und kleinen Anbaugebieten wanken wir durch die brennende Sonne. Wir sind heilfroh als wir nach 5,5 Stunden den Ort Ranomafana und den wartenden Michel erreichen. Auf unserer Einkaufsliste stehen Fleisch und Bananen für die Nachtexkursion. Plastiktüten fallen hier in die gleiche Kategorie wie Marsmännchen – unbekannt und nie gesehen, deshalb drückt man uns das rohe Fleisch einfach in die Hand. Erschöpft fahren wir ins Hotel essen und ruhen. Um 17:00 geht es schon weiter zur Nachtexkursion auf „Raubtierjagd“, leider ohne Barbara, der die Anstrengungen des Abstiegs noch in den Beinen stecken. Zwei, der hier im Park lebenden 35 Chamäleonarten entdecken wir im Vorübergehen (C. brevicornis, C. narsuta); acht Rotstirnmakis betten sich zur Nacht in den Baumkronen. Überall hört man einige der hier lebenden 158 Froscharten quaken. Für die 1,5 schweißtreibenden Kilometer zum Fütterungsplatz benötigen wir 20 Minuten. Es ist noch hell als wir ankommen. Zwei Fanalokas (Fossa fossana) schleichen schon hungrig aber dennoch vorsichtig umher. Dass wir die nachtaktiven, sehr scheuen Tiere so nah sehen können, verdanken wir einigen Biologen, die sie anfütterten, um sie besser erforschen zu können. Die Biologen sind schon lange wieder in Europa, aber die Katzen finden immer noch Gefallen daran, ihren Speiseplan mit Hilfe der Guides aufzubessern. Schnell ist das mitgebrachte Fleisch zerlegt und kleine Fleischbröckchen werden den kaum 2 kg schweren Katzentieren vorgeworfen. Gierig schlingen sie alles herunter. In der Zwischenzeit ist es stockfinster! Zwei Mausmakis (Microcebus rufus) haben mittlerweile die ausgelegten Bananen gerochen und hüpfen durch das Geäst näher. Sie sind äußerst schreckhaft, sobald sie ein Lichtstrahl trifft, machen sie sich schnell davon. Das bequem zu erreichende Futter treibt die quirligen Federgewichte aber immer wieder zurück. Diesen putzigen kleinen Waldkobolden könnte ich stundenlang zuschauen. Leider drängen die Guides zum Aufbruch. Unterwegs sehen wir noch schlafende Grauscheitelbülbüls, die dicht gedrängt auf einem Ast sitzen. Auf den letzten 200 Metern zum Auto setzt Regen ein. Mausmakis sind die kleinsten Lemuren und kleinsten Herrentiere. Sie werden ungefähr 13 cm lang und wiegen durchschnittlich 45g. Mausmakis sind auf Madagaskar fast überall, wo es Bäume gibt, zu Hause. Sie schlafen tagsüber in selbstgebauten Nestern oder in hohlen Bäumen. In der Nacht gehen sie auf Nahrungssuche. Sie ernähren sich vielseitig und fressen neben 40 verschiedenen Fruchtarten auch Insekten, Spinnen und kleine Wirbeltierarten wie zum Beispiel Baumfrösche oder Chamäleons. Trotz ihrer geringen Größe können sie 2-3m weit von Baum zu Baum springen. Auf dem Boden bewegen sich die Mausmakis manchmal durch froschähnliches Hüpfen fort. 8. Mi. 28.6.00 Ranomafana – Fianarantsoa (50 km) Der Regen von gestern Abend hat sich fortgesetzt. Glück gehabt, dass es bisher trocken war. Die Lage abseits der Touristenroute – letztes Jahr besuchten 800 Deutsche den Nationalpark – lässt sich das Domaine Nature teuer bezahlen. Wir hatten hier die teuersten Getränke der Reise! Wir besuchen das kleine Museum in Ranomafana und erfahren einiges über die ausgerotteten Tiere Madagaskars: Zum Beispiel über den 3m hohen Madagaskar- oder Elefantenfuß-Strauß (Aepyornis maximus), der mit 450 kg der schwerste Landvogel war, den die Evolution je hervorbrachte. Erst 1851 wurde durch einen Eifund der Beweis seiner Existenz geliefert. Ein Ei hat ca. 9 Liter Inhalt und wiegt 14 kg. Wahrlich genug für ein Omlett, das ein Dorf sättigt. Für eine gleichgroße Portion braucht man etwa 200 Hühnereier. Noch vor 400 Jahren konnte man dem Riesenvogel auf Madagaskar begegnen. Auch der gorillagroße Megaladapis, der mit 180 Kg der schwerste Lemur war, lebte noch im 17. Jh. Dem Zwergflußpferd blieb das Schicksal des Ausstrebens ebenso wenig erspart. Tafeln weisen darauf hin, dass über 90% des ursprünglichen Waldes verschwunden sind und, dass der Mensch es geschafft hat, in kürzester Zeit 16 Lemurenarten in das Reich der Toten zu befördern. Michel schaut sorgenvoll auf das regnerische Wetter und seinen Wagen. Folglich fährt er noch vorsichtiger. Nach 2,5 Stunden schlammiger Schlaglochpiste erreichen wir wieder die RN7. Am Wegesrand das gewohnte Bild – Reisfelder und Eukalyptusbäume. Gegen Mittag sind wir in unserem neuen Domizil dem Hotel Soafia in Fianarantsoa (400.000 E, 1200m, wo man gutes lernt). Sonne ist hier Fehlanzeige. Mit 15°C ist es bitter kalt, und dies zur Mittagszeit unweit des Äquators in Afrika. Wir entfliehen der Kälte in den Trubel der Stadt. Interessant sind u.a die vielen Videoläden, im Gegensatz zu unseren würde es hier wenig Sinn machen, Videos ausleihen zu wollen, hier schaut man sich das entsprechende Video im Laden vor Ort an. Auf dem Postamt erzeugen wir mit unserem Wunsch nach Briefmarken reichlich Verwirrung. Nach etwa 5 min Suche im Lager wird man aber fündig. Vorbei an all den kleinen Lädchen, lassen wir uns im hoteleigenen Salon de Thé nieder, wo wir warme Backwaren aus eigener Herstellung genießen. 9. Do. 29.6.00 Fianarantsoa – Ambalavao – Isalo NP (240 km) Um 7:30 verlassen wir Fianarantsoa. Grau in Grau. In zügiger Fahrt erreichen wir nach einer Stunde bei Nieselregen Ambalavao (15.000E, neues Dorf). Wir schauen bei der Herstellung des berühmten AntaimoroPapiers zu: Zuerst werden die Holzfasern des Maulbeerbaumes Seite 10 gekocht, dann zerklopfen zwei Frauen die Fasern mit Holzhämmern zu Brei. Dieser wird in ein Wasserbad gebracht, in dem ein Sieb liegt. Die Fasern setzen sich ab, und das Wasser wird abgelassen. Abschließend legen Frauen bunte Blütenblätter auf das feuchte Papier welche mit einer dünnen Schicht der Papierfasern fixiert werden. Gegen 9:00 geht es weiter. Die Landschaft wird savannenartiger und recht bergig, überall schaut der nackte Granit aus der Gras-narbe. Ich freue mich schon darauf, das Tor des Südens zu durchfahren, aber Michel enttäuscht mich, indem er auf zwei Bergspitzen am Horizont weist, die das Tor verkörpern. Unvermittelt stehen vereinzelt Steinsäulen in der Landschaft. Symbole für die Toten die nicht hier an diesem Ort begraben sind. Felsen sehen wir immer seltener, an ihre Stelle treten immer mehr Grasflächen – Weideland für die Zebus der Bara. Für diesen Volksstamm sind nur drei Dinge von Wichtigkeit: 1. Zebus, 2. Zebus, 3. Zebus. Diese Rinderrasse ist die weltweit am weitesten verbreitete. In Indien sind diese Buckelrinder heilig und der Name Zebu stammt von dem tibetanischen Wort cebu (Buckel) ab – äußerst passend. Wir passieren den Bischofshut, eine merkwürdige Felsformation, sehen die ersten Bara mit Speeren und überqueren die ersten ausgetrockneten Flussläufe. Gegen 11:00 erreichen wir Ihosy (700m) und speisen in Zama Hotel. Hinter Ihosy beginnt die Hochebene von Horombe, eine unendliche, unbewaldete, von Tausenden von Termitenhügeln übersäte Savanne – Weidelandschaft für die Zebus. Ctenium und Loudetia sind die bestimmenden Gräser. Eine Madagaskar-Weihe zieht einsam ihre Kreise. Die ersten Kilometer legen wir noch auf Asphaltstraße zurück, dann beginnt die 41 Kilometer lange, rote, staubige Lateritpiste. Zur Linken ziehen Zebuherden mit bewaffneten Begleitern vorbei, die Rinderdiebstahl verhindern sollen. Im Auto sind es bei geschlossenem Fenster 39°, draußen gerade mal 20°. Kurz vor Verlassen der Lateritpiste, taucht am Horizont das Isalo-Gebirge auf – unser Ziel für heute. Gegen 14:00 erreichen wir unser Hotel, das Relais de la Rheine, welches malerisch in die felsige Umgebung eingepasst wurde. Zum ersten Mal sind wir in einem Hotel, das ausgebucht ist – überall Touristen. Wir erkunden die felsige Umgebung und entdecken Grauköpfchen, Aloes und den hier endemischen Zwergbaobab (Pachypodium rosulatum) blühend. Das bizzare Massiv besteht aus erodiertem Sandstein, in den das Wasser über die Jahrtausende tiefe Canyons gegraben hat – phantastisch diese Zerklüftungen, Überhänge und Grotten. Bei unserer Rückkehr herrscht Verwirrung im Hotel. Wir möchten morgen einen Jeep mieten, um in die Affenschlucht zu fahren. Es ist die einzige Chance, bei einem eintägigen Aufenthalt Lemuren zu sehen. Das mit dem Jeep ist aber nicht ganz einfach, da auch Tony und Cherry, zwei Engländer, den gleichen Wagen buchen wollen. Wir einigen uns friedlich und teilen schon mal – in Vorbereitung auf den morgigen Tag – das äußerst köstliche 3-Gänge Menue zusammen mit dem netten Pärchen. 10. Fr. 30.6.00 Isalo NP – Toliara (= Tuléar) 230 km Um 8:00 startet unser englisch/deutsch gemischtes Doppel zusammen mit Guide, Fahrer und Jeep Richtung Canyon des Singes in den Isalo Nationalpark (81.540 ha, 800-1082m). 16 km übelste Piste sorgen dafür, dass unser reichhaltiges Frühstück ordentlich durchmischt wird – wenig Arbeit für unsere Mägen. Die Savannenlandschaft wird nur durch die Faqua-Palmen (Bismarkia nobilis) durchbrochen, die als fast einzige das häufige Abbrennen der Savanne überleben. Überfall wird Grasland abgebrannt. Die Milane sehen es gern und sammeln sich dort, es gibt Futter im Überfluss in Form von Insekten. Nach 40 Minuten erreichen wie das Ende der Fahrstrecke am Fuß des Berg- Seite 11 massivs. Wir wechseln die Antriebsart vom bequemen 4wheel- zum anstrengenderen 2-feetAntrieb. Bei den ersten Flussquerung stoßen wir auf einen kleinen „Shop“. Zigaretten, Bier, alles was man so zum täglichen Leben in der Wildnis braucht – alles Unikate fein säuberlich auf einer kleinen Stoffdecke ausgebreitet. Die „Ladeninhaber“, eine Gruppe kleiner Kinder, grüßt freundlich: „Salama Vazaha". An einem kleinen, verwunschen wirkenden Flusslauf, dem Menamaty, entlang, gelangen wir im Schutz schattenspendender Mangobäume und stachliger Pandanuss-Arten zum Fuß des Isalo Gebirgszuges. Plötzlich erspäht Silvan, unser Guide, einen geringelten Schwanz im Geäst. Tatsächlich, ein Trupp Kattas springt durch die Bäume. Wir pirschen uns bis auf 3m an sie heran. Natürlich ist es wieder einmal nicht einfach, sie zu beobachten. Zum einen stehen wir in einem abschüssigen Hang, zum anderen ist das Geäst so dicht, dass sie sich immer wieder unserem Blick entziehen. Unerwartet taucht noch ein Pärchen Rotstirnmakis (E. fulvus rufus) auf. Alles perfekt! Leider dauert unser Beobachtungsglück nur kurz an, eine Gruppe lärmender Franzosen bereitet ein schnelles Ende. Mit schnellen behenden Sprüngen fegen die Lemuren durch die Baumkronen. Wie wir später erfahren, sind heute „nur" 40 Leute mit uns zusammen am Bergfuß. Für ausgiebige ruhige Tierbeobachtungen schon viel zu viele. In der Hochsaison sind es pro Tag doppelt so viele Leute, dann hat dieses Naturerlebnis große Ähnlichkeit mit einem Besuch im Fußballstadion – unglaublich. Besonders nächstes Jahr, wenn hier am 21. Juni die Sonnenfinsternis zu beobachten ist, wird es voll werden. Silvan erzählt, wie selten es in der Natur ist, zwei Lemurenarten so dicht zusammen zu finden. Wir folgen den Tieren noch einmal und können Ihnen noch eine Weile zuschauen. Ohne die dritte hier vorkommende Lemurenart, den Larvensifaka, zu sehen, begeben wir uns in den Canyon des Singes (Affenschlucht). Nicht ganz einfach! Halsbrecherisch tasten wir uns an der Felswand in den Canyon vor. Ein falscher Schritt und man kann im physikalischen Selbstexperiment überprüfen, wie lange ein etwa 70 Kilogramm schwerer Körper benötigt, um im freien Fall 20 Meter zurückzulegen. Wir glauben den Gesetzen der Schwerkraft und lassen uns von den hohen Wänden des Canyons beeindrucken. Wie selten und gefährdet die Tier- und Pflanzenwelt Madagaskars ist, wird auch an diesem Ort deutlich. Das kleine bunt-gemusterte Fröschlein mit Namen Scaphiophryne gottlebei wurde bisher nur in dieser Schlucht in der Zeit von November bis April und nur nach starken Regenfällen gesichtet. Kein Wunder, dass es erst 1992 entdeckt wurde. Um 13:00 heißt es in Ranohira Abschied nehmen von unseren liebgewonnenen, weitgereisten Weltenbummlern Tony und Cherry. Michel wartet schon nervös mit scharrenden Hufen auf uns. Denn Tuléar ist noch 230 Km entfernt, und wir müssen unsere Flüge auf jeden Fall heute noch rückbestätigen. Unterwegs erleben wir, wie die örtliche Polizei mit Hilfe eines Beleuchtungstests ihr Gehalt aufbessern möchte – vergeblich, Michels betagter Peugeot 504 ist in Topform. Wir verlassen das Hochland, durch savannenartiges Flachland. Vorbei an Edelsteinminen erreichen wir das quirlige Sakaraha. Das Landschaftsbild ändert sich. In der Ferne sehen wir den ersten majestätischen Baobab. Er wirkt wie ein trauriges Relikt längst vergangener Zeiten, früher standen hier Hunderte, ja Tausende seiner Artgenossen. Vielleicht ist dieser Baum „fady", tabu für die einheimische Bevölkerung, und konnte so überleben. Es bereitet uns keine Schwierigkeit auf einen Blick zwei oder drei Rauchfahnen auszumachen – Brandrodungen für Holzkohle und Weideland. Im weiteren Verlauf der Route sind riesige Baumwollfelder angelegt. Die Bevölkerung scheint recht feindselig zu sein. Michel erzählt, nachts werfen sie Steine auf vorbeifahrende Autos. Er wirkt nervös, ob der meist mit Speeren bewaffneten Bevölkerung. Ich möchte gerne ein Mahafaldy-Grab ablichten, die hier besonders bunt und prächtig am Straßenrand liegen, aber Michel will nicht anhalten. In der Vergangenheit hat es wohl schon einige Zusammenstöße mit Einheimischen gegeben, weil Touristen keinen Respekt vor dem „fady-Gebot" zeigten. Es ist verboten, die Ahnen zu stören, dazu gehört das Fotografieren der Gräber und es recht das Anfassen oder sogar das Entwenden von Grabteilen wie zum Bei- Seite 12 spiel von Zebuschädeln, die häufig als Ehrerbietung auf den Gräbern liegen. Es wird buschiger. Die meisten Dörfer sind mit Opuntien eingezäunt oder besser mit den noch vorhandenen Resten. Alles wirkt erheblich ärmlicher, keine Steinhäuser sondern nur noch Lehmhütten, Holzkohle wird häufig nicht mehr im Sack, sondern stückweise verkauft. Ein riesiger Heuschreckenschwarm kreuzt die Straße und verdunkelt den Himmel. Am Horizont erscheint das Meer und das Wahrzeichen von Tuléar ein Tafelberg. Immer mehr – oft blattlose – Euphorbien finden sich in der Vegetation. Erste Didieraceen mit Dideria madagascariensis. Kurz vor 17:00 erreichen wir Tuléar, gerade noch rechtzeitig, um unsere Flüge rückzubestätigen. Der Name Toliara oder Tuléar (65.000E, 10m) soll darauf zurückgehen, dass Seefahrer nach dem Namen des Ortes fragten. Die Einheimischen antworten: „Toley eroa“ – da drüben kann man gut ankern. Wie in Antsirabe bestimmen auch hier die Pousse-Pousses das Straßenbild. Alles wirkt auf uns feindlicher, ärmer und staubiger. Im Hotel Plazza (31 Zimmer) genießen wir den Garten direkt am Meer, den Sonnenuntergang, und machen alles klar für den morgigen Ausflug ins nahe Arboretum. 11. Sa. 1.7.00 Toliara (= Tuléar) (Arboretum) – Taolanaro (= Fort Dauphin) Um 8:00 klingelt das Telefon, unser Fahrer steht vor der Tür! Bestellt war er jedoch für 10:00. Wir frühstücken dennoch in Ruhe im sonnigen Garten und wie geplant geht es um 10:00 mit einem Pickup ins nahe Arboretum, welches seit 1980 der Öffentlichkeit zugänglich ist. Unser Guide führt uns über einen Teil der 52 ha, die heute 900 Pflanzenarten des Südens Madagaskars beherbergen. Bis auf wenige Ausnahmen sind alle endemisch: 11 Arten Didieriaceen, 200 Arten Euphobiaceen, 6 Arten Pachypodien (Flaschenbäume) und viele weitere botanische Kostbarkeiten. Er zeigt und erklärt einige der seltenen Pflanzenarten. Da ist z.B. Cryptostegia madagascariensis, sehr hilfreich bei lästigen Schwiegermüttern – da hochgiftig oder Allaudia metageeri, bei der man die Lebensjahre an den Verdickungen gut ablesen kann. Er zeigt uns ein 350 Jahre altes Pachypodium geayi, eine von weltweit 17 existierenden PachypodiumArten, von denen 13 auf Madagaskar vorkommen. Auch ein 200 Jahre altes Exemplar eines Baobabs (Adansonia rubrostipa) ist sehenswert. Weltweit gibt es 9 Arten, hier auf der Roten Insel alleine 7, von denen 6 endemisch sind. Ab und zu sehen wir Nektarvögel, Vanga und einen Wiedehopf. Beeindruckend wie die Pflanzen ihre Strategie gegen die Trockenheit verwirklichen. Der Gründer des Gartens, der Schweizer Monsieur Pétignat, ist leider 76jährig am 4.3.2000 verstorben. Es bleibt zu hoffen, dass sein 19jähriger Sohn dieses Erbe in seinem Sinne fortführen kann. Wir werfen noch einen kleinen Blick in die „Ausstellung", wo ein Ei des Madagaskar-Straußes liegt und viele Versteinerungen zu finden sind. Kaum treten wir aus dem Arboretum heraus, begegnen wäre überraschenderweise wieder Tony und Cherry. Besonders putzig sind vier Welpen eines Tuléars, die verspielt herumtollen und am Tisch betteln. Sie stellen das optimale Biotop für diverse ungebetene Gäste wie Zecken und Flöhe dar. Unser Fahrer drängelt zum Aufbruch. Gegen 14:00 sind wir am Flughafen. Alles absolut handmade, ohne jegliche Technik. Die 737 startet gegen 15:30 Richtung Fort Dauphin (=Tolanaro (35.000E, 10m), wo wir nach 40 Minuten landen. Es ist stark bewölkt und nicht besonders warm. Ein Fahrer vom Kaleta Hotel ist schnell gefunden, da entdecken wir noch einen weiteren Menschen mit einem Schild auf dem unsere Namen stehen. Die Verwirrung nimmt ihren Lauf. Letzterer gewinnt das Rennen um unsere Gunst. Es ist Serge, der uns zu einer Stadtrundfahrt mitnimmt. Er zeigt uns jedes Gebäude, jede Straße, jeden Winkel und vor allem jedes noch so kleine Hotel dieser nicht gerade großen Stadt. Auffallend, es ist die erste Stadt, deren Straßen nicht asphaltiert sind. Fort Dauphin ist von drei Seiten vom Meer umgeben. Dass dies nicht ganz ungefährlich ist, gerade zur Zyklonzeit, davon zeugen vier Schiffwracks die im Hafen bzw. in der Bucht liegen. Serge klärt uns auch über das schlechte Wetter auf. Die ganze letzte Woche hat es ununterbrochen geregnet. An sich ist jetzt hier Trockenzeit, besonders im Winter. Der Regen wurde handgemacht mit Hilfe von Chemie. Wir nehmen unser Essen wie so oft als einzige Gäste im Restaurant des Kaleta Hotels (32 Zimmer) ein. Das Hotel gehört zu den altehrwürdigen am Ort. Das ehemalige Hotel de France wurde Ende der 80er Jahre renoviert und verfügt über Atmospähre und Charme. Seite 13 12. So. Taolanaro (= Fort Dauphin) – Nahampoana Reservat – Fort Dauphin) 14 km Der Himmel verspricht nichts Gutes. Wie erwartet stehen Serge und auch ein weiterer Fahrer vor dem Hotel. Verwirrung wie gestern. Heute entscheiden wir uns für den einheimischen Fahrer, denn er hat die Eintrittskarten, die er auch nicht gewillt ist, aus der Hand zu geben. Er spricht kein Englisch, freut sich aber wie ein Kind über ein paar Worte Madagassisch, die ich vor mich hin brabbele. Die Straßen zum Reservat sind für ein 4-wheel-Drive passend, nach 20 Minuten sind die 7 Km geschafft. Alphons, unser Guide, erwachtet uns schon am Eingang. Alles perfekt organisiert. Nahampoana ist eine ehemalige Gartenanlage, die von 1960-1997 der Regierung unterstand. Seit dem 6.9.97 ist es ein Privatreservat und wurde von einem Inder „gemietet“. Die 50 ha sind umgeben von einem kleinen Wassergraben, der „natürlich" bepflanzt wurde. Vier tagaktive Lemurenarten kommen hier vor: Etwa 60 Larvensifakas, 80 Kattas, 30 Braune Lemuren der Unterart E. fulvus collaris und 6 kleine Bambuslemuren. In dem parkähnlichen Anwesen wurde alles angelegt und über fast 100 Jahre gesammelt. Nur so ist es zu erklären, dass es hier noch neunzig Jahre alte Eukalyptusbäume gibt, die nicht als Holzkohle geendet sind. Alphonse beginnt unseren Gang bei 40 Strahlenschildkröten (Geochelone radiata), die in einen großen Gelände leben und recht aktiv sind. Er zeigt den Unterschied zwischen männlichen Tieren – nach innen eingewölbter Panzer – und weiblichen Tieren – flacher Panzer unter dem Bauch. Diese Größe von Schildkröten war gestern im Arboretum in Tuléar noch 160 Jahre alt, heute ist die gleiche Größe nur noch 30 Jahre alt? Sehr interessant, der rasante Fortschritt der Wissenschaft! Im botanischen Teil erwarten uns jede Menge Didieriaceen, Pachypodien, Baobabs und die seltenen Dreieckspalmen (Neodopsis carye). Lemuren sehen wir noch keine, aber sie machen sich schon lautstark bemerkbar, als ein Bussard an Himmel auftaucht. Alphonse ruft die Lemuren zu Tisch: „Schakof, Schakof, Schakof!" Sie verstehen anscheinend Madagassisch, der Ruf „Futter" zeigt umgehend Wirkung. Kaum erreichen wir eine kleine Baumgruppe, kommt schon der erste Katta angefegt. Beeindruckend ihr schwarz-weiß gebänderter, rund 50 Zentimeter langer Schwanz, mit dem sie sich beim Schlafen „zudecken". Ein Brauner Lemur folgt. Bald ist Barbara umringt von gierigen Lemuren, die alle Bananen haben wollen. Ein Brauner ist besonders gierig und reißt ihr direkt die ganze Banane aus der Hand. Die meisten essen aber recht manierlich. Als ich zum erstenmal von der Kameralise aufblicke, sind wir umringt: sechs Braune Lemuren und ca. 20 Kattas. Sie überprüfen zwar auch Rucksack und Fotota- sche, aber Gott sei Dank räumen sie sie nicht wie ihre Verwandten, die Affen, alles aus, sondern vertrauen ihren feuchten Nasen, dass nichts Essbares darin enthalten ist. Allein auf Alphonse hängen zirka vier bis fünf Tiere gleichzeitig und versuchen eine Banane zu ergattern. Ein drollig anzusehendes Gewusel von Fellknäueln. Besonders den Braunen Lemuren mit ihrem ewig melancholisch anmutenden Blick kann man kaum widerstehen, zumal sie hier auch die vorwitzigsten Tiere sind. Nicht ganz passend ist allerdings der saftig-grüne Rasen, auf dem sich das ganze Spektakel abspielt. Roter staubiger Lateritboden würde sich erheblich besser machen. Neugierig geworden zeigen sich auch die schönsten aller Lemuren – die hell cremefarben bepelzten Larvensifakas. Wenn sie durch die Bäume springen, geben sie einen Ton von sich, der sich ähnlich wie unser Niesen anhört: „schifak". Daher kommt auch ihr madagassischer Name „sifaka". Ihr weißes Fell strahlt in den Bäumen, neugierig schauen sie auf uns herab. Ihre hellen Augen sind stechend und fallen besonders auf, bei ihrem sonst rabenschwarzen Gesicht. Sie bleiben aber zunächst scheu, turnen akrobatisch mit Riesensätzen durch die Baumkronen und kommen nicht auf den Boden. Mehr Glück haben wir mit den angebotenen Bananen bei einer anderer SifakaGruppe. Vor allem zeigt sich, dass viele Reiseführer und Fachbücher unrecht haben, in denen zu lesen ist, dass Sifakas nur Blätter fressen und mit Bananen nicht zu locken sind. Wir sehen endlich das, was wohl alle Besucher Madagaskars sehen wollen den „Tanz der Sifakas", bzw., wie sie sich auf zwei Beinen springend auf dem Boden fortbewegen – ein beeindruckendes, unvergeßliches Spektakel. Weiter schlendern wir gemütlich durch einen Bambuswald, auf der Suche nach Bambuslemuren. Leider vergeblich, dafür begegnen wir noch einmal einer Sifaka-Familie. Wir stärken uns erst einmal mit Reis Cantonaise im Restaurant. Immer noch sind wir die einzigen Besu- Seite 14 cher am heutigen Tag, obwohl in der ganzen Stadt großflächig für das Reservat geworben wird. Alphonse erzählt, er war lange Zeit Guide in Berenty, ist aber hierher gewechselt, weil das Klima dort „schlecht" sei. Damit meint er, dass es dort so gut wie nie regnet. Die Folge: Reis ist dort doppelt so teuer wie hier und Wasser muss zusätzlich gekauft werden. Für uns klingt 1 DM für 100 Liter zwar nicht teuer, wenn man aber bedenkt, dass der Mindestlohn den viele pro Monat erhalten nur bei 50 DM liegt, sieht die Sache schon anders aus. Den von Alphons geplanten Trip zu einem Wasserfall „hinter den sieben Bergen" reden wir ihm aus. Wir wollen lieber weiter Lemuren beobachten. Belohnt wird unsere Beharrlichkeit mit einem Highlight. Alphons entdeckt ein zirka vier Tage altes Sifaka-Jungtier, welches seine Mutter allerdings ständig gut vor unserer großen Neugierde verbirgt. Aber ab und zu ergattern wir einige Blicke auf das kleine Etwas aus Fell – extrem putzig. Fast einen Monat werden sie auf dem Bauch getragen, dann nach zirka fünf Monate auf dem Rücken, erst danach sind sie selbständig. Erst als die Sifaka-Gruppe im Dickicht eines Mangobaumes entschwindet, brechen wir zu einer kleinen Bootstour um das Reservat auf. In dem fast zugewachsenen, verwunschen wirkenden Kanal stehen riesige Elefantenohren (Allocasia oder Collocasia), welche uns bei einem Regenschauer gute Dienste als Regenschirm leisten. Auf der 20 Minuten dauernden Tour entdecken wir einige Mangrovenreiher. Kaum ausgestiegen sehen wir einige schöne Exemplare der MadagaskarKannenpflanze (Nepenthes madagascariensis), kaum erwähnenswert, dass auch sie endemisch ist. Um 15:45 sind wir wieder im Hotel. Wir besuchen ein örtliches „Café" und bezahlen für vier Tee und zwei Stück Kuchen 3 DM. 13. Mo. 3.7.00 Fort Dauphin – Kaleta Reservat – Taolanaro (= Fort Dauphin) 160 km Heute hätten wir eigentlich „alpinistisch" gefordert werden sollen. Aber der 529m hohe Pic St. Louis bietet vielleicht eine gute Sicht über die Stadt, aber nur wenig Lemuren, also haben wir uns umentschieden. Mit Fahrer Tavy, Koch Remy, und Guide Lezin starten wir um 7:30 in den vorhangenen Morgen. Kaum aus Fort Dauphin heraus, halten wir an der Straße und besuchen eine riesige Ansammlung von Nepenthes-Pfanzen. Es scheint leider eine der letzten hier in dieser Gegend zu sein. Mit laufendem Motor halten wir an den Grab-Obelisken der Antanosy (die auf der Insel leben). Der höchste Obelisk steht für den ältesten Toten, der kleinste für den zuletzt Verstorbenen. Wie alles, was mit Tod zu tun hat, „fady", also verboten. Dass Vorsicht angebracht ist wird klar, als Lezin erzählt, vor vier Jahren wurden er und einige Touristen angegriffen, und mit Speeren blutig verletzt, als sie Gräbern zu nahe kamen, um sie zu fotografieren. Der Regen sorgt für die richtige düstere Stimmung zu diesem Thema. Wir erklimmen den 200 m hohen Mitsinjo-Paß, der Bergzug ist die Klimascheide zwischen Fort Dauphin und der Dornenwaldtrockenzone. Auf der Hangrückseite ändert sich tatsächlich das Wetter, es wird sonnig, auch die Vegetation ändert sich. Auffallend die Dreieckspalmen, die im Hang wachsen. Dies ist einer der letzten Standorte der Palmen weltweit. Sieht recht natürlich aus und gehört zum Andohahela Nationalpark. Ein kleines Stück weiter des Weges beginnt der Dornenwald. Überaus stachelige Didieriaceen ragen in den Himmel, umgeben von Euphorien, die meist blattlos sind oder deren Blätter stark verdickt sind. Das Dickicht macht seinen Namen Ehre, ohne gestochen zu werden kein Durchkommen auch nur für einen kleinen Meter. Ein surreales Bild. Nächster Stopp ist an einem etwa 600 Jahre alter Baobab (Adansonia za), der über zwei Meter Durchmesser aufweist. Eine kurze Weile begleitet uns noch der Dornenwald. Wir schauen genau hin und erkennen, dass der Streifen nur noch 30-50m breit ist, dahinter beginnt das Elend des Südens –Sisalplantagen! 30 bis 40.000 ha Trocken- und Galeriewald sind schon verschwunden, Tendenz steigend, denn diese einzigartige phantastische Pflanzenwelt steht nicht unter Schutz. Jeder kann sie nutzen. Fünf Großgrundbesitzer teilen sich das Sisal-Imperium: ein Schwede und vier Franzosen, einer der Franzosen ist Herr De Haulme, er ist u.a. der Besitzer des berühmten Seite 15 Berenty Reservates. Natürlich bringen die Plantagen Arbeit für viele Menschen, wenn man aber bedenkt, das der Tageslohn eines PlantagenArbeiters bei ca. 1,50 DM liegt … Als sich der hier lebende Volksstamm der Antandroy am Beginn des Jahrhunderts gegen die Franzosen zur Wehr setzte, entzogen sie ihnen in einem barbarischen Akt biologischer Kriegsführung einfach die Lebensgrundlage – den Anbau von Opuntien. Ein gezielt aus Mexiko importierter Schädling vernichtete binnen kürzester Zeit den gesamten Bestand des Feigenkaktus, dessen Erträge – Holz, Wasser und Früchte – für die Antandroy eine kurze Zeit des Wohlstandes bedeutete. Tausende Zebu-Rinder verdursteten, Zehntausende Bauern mussten das Land verlassen, um sich im Hochland oder im Norden Madagaskars eine neue Existenz aufzubauen. Wir sehen überall noch die Reste der Opuntien um die Dörfer herum. Da es im Dornenland praktisch keine Wälder und immer nur helle Mondnächte gibt, haben die Antandroy als einziger Volksstamm Madagaskars nicht die im ganzen Land notorische Nachtangst entwickelt, was ihnen ermöglicht, auf der gesamten Insel als Wachmänner, Nachtwächter oder Taxifahrer zu arbeiten. Wir überqueren auf einer 416 m langen fast ganzlich durchgerosteten Brücke ein riesiges Flussbett. Da die Geländer überall fehlen, laufen die Fußgänger auf der Fahrstrecke, die durch einige große Löcher den Blick auf den unter uns träge dahinfließenden Mandrare freigeben, der höchstens ein Fünftel des Bettes ausfüllt. Hinter der Brücke wieder bis zum Horizont Sisalplantagen, aus denen nur hier und da einzelne Affenbrotbäume wie Monumente längst vergangener Zeiten herausragen. Die letzten Kilometer legen wir auf staubiger Liste durch einige dieser Felder zurück. Gegen 11:30 erreichen wir das private Kaleta Reservat. 1988 wurde es mit 150 ha eröffnet. Es liegt direkt neben Berenty, sie teilen sich den gleichen Wald und die gleiche Tierwelt. Der einzige Unterschied ist, dass Berenty schon seit 30 Jahren besteht, und dort auch wissenschaftlich an Lemuren gearbeitet wird. 23 Katta-Gruppen und 10 Sifakagruppen sind hier im Kaleta Reservat heimisch. Am Eingang gesellen sich ein Parkwächter und ein Guide hinzu. Ein ungleiches Verhältnis: 2 Besucher gegen Fahrer, Koch, Guide, örtlicher Guide und Parkwächter. Es handelt sich bestimmt um eine Arbeitsbeschaffungsmaßnahme, die wir aber gerne in Kauf nehmen, da reichlich Bananen vorhanden sind. Die Lemuren hier sind des Madagassischen nicht mächtig, deshalb bewirkt der gestrige Lockruf „Futter, Futter", nichts. Hier sind es eher arteigene Lockrufe, die aber erst nach einer Weile Anziehungskraft zeigen. Jetzt geht plötzlich alles ganz schnell. Eine ca. 20 bis 30 köpfige Katta-Familie – Schwanz geringelt und in die Höhe gestreckt – hoppelt auf dem staubigen Weg auf uns zu. Kattas bewegen sich – im Gegensatz zu den meisten anderen Lemuren – relativ häufig auf dem Boden. Sie hopsen känguruartig auf allen Vieren durch die Gegend und halten ihren Schwanz wie eine Fahne in die Höhe. Dieser Schwanz ist einerseits ein weit sichtbares Signal, das den Gruppenzusammenhalt in der dichten Vegetation erleichtert und gleichzeitig Nachbarfamilien frühzeitig warnt, dass sie sich fremdem Hoheitsgebiet nähern. Er ist auch unerlässliches Balancierorgan bei den halsbrecherischen Sprüngen durchs Astgewirr. Am wichtigsten ist aber seine Funktion als Duftwedel. Die Kattamänner imprägnieren die Haare ihrer Schwänze mit streng riechenden Sekreten aus Armdrüsen, und sie liefern ihren Nebenbuhlern wahre Stinkgefechte chemische Kriegführung der sanften Art. In den Trockenwäldern und im Dornbusch des südlichen und südwestlichen Madagaskar lebt der Katta. Er ist etwa so groß wie eine Katze. Sein Fell ist braungrau und der Schwanz buschig und schwarzweiß geringelt. Der Lieblingsbaum der Kattas ist die Tamarinde. Neben dem Schlaf-, Ruhe- oder Schattenplatz liefert er ihnen auch ihre Hauptnahrung: die Früchte und Blätter der Tamarinde. Kattas leben in großen Gruppen von 10 bis 30 Tieren. Gemeinsam verbringen sie die Nacht schlafend auf Bäumen, nach Sonnenaufgang werden sie munter und beginnen mit der Nahrungssuche. Bei kühlem Wetter drängen sich die Kattas zu mehreren zusammen und halten sich Seite 16 gegenseitig warm. Innerhalb einer Kattagruppe bestehen für beide Geschlechter getrennte Rangordnungen. Die Weibchen sind den Männchen gegenüber dominant. Männliche Kattas tragen ihre Rivalitäten mit einem Stinkkampf aus. Dabei reiben sie stehend ihren Schwanz mit den Sekreten ihrer Unterarmdrüsen ein, in dem sie den Schwanz unter den Arm klemmen. Die Ohren sind dabei flach an den Kopf gepresst und der Blick starr. Danach wedeln sie sich mit hoch erhobenem Schwanz ihre Gerüche zu. Wer am besten oder längsten stinkt, hat gewonnen. Ab und zu unterbrechen die Kattas ihre Reise zu uns und damit zum Futter, lassen sich auf der Stelle hinplumpsen, das Gesicht der Sonne zugewandt, breitbeinig und strecken die Arme weit aus. Diese „Bethaltung" beeindruckte früher die Eingeborenen derart, dass sie die „heiligen Sonnenkinder" nicht jagten. Doch das ist lange her… Kaum hat uns die Familie erreicht, verbeissen sich sogleich vier bis fünf Tiere auf einmal gierig unter lautem Gequicke in eine Banane. Kratzspuren bleiben nicht aus. Verfolgt von der gesamten Familie setzen wir unseren Weg durch den Galeriewald fort. Genau bis zu Ihrer Reviergrenze folgt uns die Kattafamilie. In einem Waldstück, nicht weit entfernt, treffen wir auf die nächste hungrige Familie von Kattas. Fünf Braune Lemuren gesellen sich schnell hinzu, intensiv werden wir mit melancholischtraurigem Blick beäugt, wobei sie grunzende, tiefe Gurrlaute von sich geben. Sie haben deutlich Probleme, sich gegen die Kattas durchzusetzen. Plötzlich tanzen auch einige Sifakas heran, die hier wesentlich zutraulicher sind als in Nahampoana. Laut schmatzend verzehren sie die hingehaltenen Bananen. Vorsichtig lassen sie sich sogar streicheln. Hier sind sie eindeutig die dominanten Lemuren. Wir erreichen einen großen, staubigen, sandigen Platz, an dem Boa und Nilkrokodil betrachtet werden können, wir selber zeigen wenig Interesse, die Kattas um so mehr. Sie sitzen auf dem Rand der Schlangengrube und blicken neugierig hinein. Unser Interesse gilt einmal mehr den tanzenden Sifakas, die hier viel Raum für ihre majestätisch und gleichzeitig auch komisch anmutenden Sprünge haben. Arme hoch gereckt, zwei drei Sprünge nach links, halbe Drehung, zwei drei Sprünge nach rechts, halbe Drehung… Schneeweiß leuchtet das flauschige Fell in der grellen Mittagssonne… Die hier ansässige Kattagruppe ist nicht sehr scheu, teilweise hängen zwei oder drei Tiere auf unseren Rucksäcken und lassen sich auf den Schultern herumtragen oder sonnen sich von erhöhter Stelle aus. Die anhänglichste Sifaka-Familie ist die nächste auf die wir stoßen. Mit Bananen gelockt, springen sie sogar von Schulter zu Schulter mehrere Meter weit. Laut schmatzend hält einer auf meiner Schulter Mittag. Bevor wir es ihm gleichtun, entdecken wir noch Riesenseidenkuckuck und Spitzschopf-Seidenkuckuck in der Umgebung. Beide stammen aus der Familie der Couas, die mit 9 Arten nur auf Madagaskar vorkommt. Im Camp beim Mittagessen sind wir – kaum zu glauben – mal wieder alleine, d. h. nicht ganz, denn als wir als Dessert Papaya serviert bekommen, haben wir schnell Gesellschaft. Etliche „Ringelschwänze" sitzen schon in den Fensteröffnungen. Barbara teilt ihren Nachtisch mit ihnen. Einem von ihnen ist das Gefüttertwerden wohl zu mühsam oder zu langsam. Saß er bisher recht manierlich auf dem Stuhl, sitzt er mit einem Satz direkt auf dem Tisch und nimmt das Wort „Self Service" wörtlich. Nachdem Dessert lecken sie fein säuberlich jeden einzelnen ihrer Finger ab. Nach dem Mittagessen schlendern wir noch alleine durch das Reservat, aber außer drei Sifakas sehen und hören wir absolut nichts. Um 15:30 brechen wir zur Rückfahrt auf. Noch einmal halten wir im Dornenwald, um einige schöne Exemplare der Madagaskarpalme (Pachypodium geayi) zu bewundern. Vor Jahren bekam man diese Pflanze bei uns noch in Supermärkten als Topfpflanze, Dank CITES sollte zumindest die Ausfuhr von Wildpflanzen gestoppt sein. Fast erstickt durch die Abgase, die ins Auto gelangen und durchgerüttelt und geschüttelt durch die schlechten Straßenverhältnisse sind wir erst bei Dunkelheit nach 18:00 wieder am Hotel. Im schon bekannten Café nehmen wir noch einen Tee und bereiten unse- Seite 17 ren morgigen Abflug vor. Sorgen macht uns die Tatsache, dass Serge morgen mit uns etwas unternehmen will, wir aber nicht wissen was. Problematisch daran ist, dass wir mit den Sachen am Körper die nächsten 36 Stunden verbringen müssen. Sie sollen also weder nass werden noch total einsauen. – Wir lassen uns mal überraschen, und sind jetzt schon sicher, dass wir bald nach Madagaskar zurückkehren werden. 14. Di. 4.7.00 Taolanaro (= Fort Dauphin) (Lac Vinanibe) – Tana – Paris Punkt 8:00 ist Serge schon da, ich vertröste ihn, weil ich zunächst noch Geld wechseln muss. Die erste Bank akzeptiert keine DM, erst die zweite macht uns fast wieder zu Millionären. Serge fährt mit uns in die Pampa. Am Wegesrand wie immer Madagaskar-Spinte, Schildraben und Gabeldrongos. Am Lac Vinanibe, scheinen Vazahas (Weiße) selten vorbeizukommen, wir werden wie Zootiere bestaunt und kommen uns wie hohe Staatsmänner vor, ständig müssen wir die Hand heben, um die zahlreichen Grüße, die uns entgegengebracht werden zu erwidern – recht anstrengend so ein Leben als V.I.P. Der flache See ist nur durch ein kleines Strandstück vom Meer getrennt. Hier haben wir ihn gefunden, kilometerweiten, weißen unberührten Sandstrand, blauen Himmel und blaues Meer, dessen Brandung sich in weißen schäumenden Wellen bricht. Der Wind bläst recht kräftig um unsere Ohren. Ein gelungener Abschluss! Ein kleines Stück wandern wir um den See und schauen den Fischern bei ihrer zumindest heute brot- bzw. fischlosen Kunst zu. Endlos holen sie vom Ufer ihr Netz ein, aber kein Fisch hat sich verirrt. Der See scheint hoffnungslos überfischt. Serge bringt uns zurück. Ohne Erfolg versuchen, wir Geld bei einer Shoppingtour loszuwerden. Wir essen im Hotel und wollen danach in unser kleines Café, welches aber leider bis 15:00 geschlossen ist. Auf einer Bank über dem Hafen genießen wir Sonne und Blick. Unter uns am Strand und in der Hafenbucht sehen wir 4 Schiffwracks liegen, die hier zwischen 1993 und 1998 strandeten. Ein deutliches Zeichen, dass man die Naturkräfte nie unterschätzen sollte. Reumütig kehren wir ins Hotel zurück, denn nur hier können wir noch etwas zu trinken ergattern. Eine Kinderschar sammelt sich vor der Veranda und winkt uns ständig zu. Gegen 15:00 bringt uns Lezin mit einem großen Bus zum Flughafen. Da das Gepäck schon vorher eingecheckt wurde, langweilen wir uns bis zum Abflug gegen 16:30. Kurz vor unserem eigenen Abflug treffen wir noch einmal Tony und Cherry. Nebel und Regen verhindern während des Fluges nach Tana jegliche Sicht. Nach gut einer Stunde Flugzeit landet die 737 in Ivato, wo uns überraschenderweise Lala erwartet. Wir erzählen kurz von unseren Erlebnissen, bevor Sie uns verlässt. Mit unseren letzten madagassischen France (ca. 6 DM), beglücken wir eine Toilettenfrau, die ihr Glück gar nicht fassen kann. Kontrollen über Kontrollen – so etwa 5-6 an der Zahl – dann verlassen wir Madagaskar, seine freundlichen Bewohner und seine Lemuren pünktlich bei 15°. 15. Mi. 5.7.00 Tana – Paris – Frankfurt In Paris landen wir morgens um 7:00 eine Stunde zu früh bei gleichen Temperaturen. Dafür verlassen wir Paris mit einer Stunde Verspätung. Dies hat zur Folge, dass bei unserer Landung in Frankfurt Chaos im Flugzeug ausbricht. Die meisten Fluggäste wollen ihre Anschlussflüge nicht verpassen, deshalb glauben Sie schneller zu sein, wenn sie sich noch bevor das Flugzeug seine Parkposition erreicht hat, in den Gang stellen. Dies das erste Mal, dass ich Stewardessen erlebe, die uneinsichtige Fluggäste anschreien: „Sit down! It’s for your own safety!" Durch dieses hin und her, verspäten wir uns noch mehr und damit dürfte wohl für viele der Anschlussflug endgültig abgeflogen sein. Mora Mora scheint für diese Touristen unbekannt zu sein! Vielleicht sollten sie mal nach Madagaskar fliegen … Seite 18 Auflistung geschützter Gebiete Name Größe in ha seit National Park Höhe IUCN Status II Andohahela 76.020 1999 120-1956m Andringitra 31.160 1998 1000-2658m Isalo 81.540 1962 800-1082m Kirindy-Mitea 12.500 1999 18-40m 1.000 1989 0m Mananara Terrestrial 23.000 1990 0-570m Mantadia 10.000 1989 800-1260m 60.150 1998 100-2137m 210.209 1998 0-1000m Mananara Marine Marojejy -Marojezy Masoala Montagne d'Ambre 18.200 1958 1000-1445m Ranomafana 41.601 1991 650-1417m 152.000 1927 75-700m Tsingy de Bemaraha Vohibasia Zombitse 1998 21.500 1998 738.880 Special Reserve IUCN Status IV Ambalovaky 60.050 Ambohijanahary 24.750 1958 5.600 1982 Ambohitartely Analamazaotra/Perinet 1958 810 1970 Analamerana 34.700 1956 Ancranomena 6.420 1958 Anjanaharibe-Sud 32.100 1958 Ankarana 18.220 1956 Bemarivo 11.570 1956 Beza-Mahafaly 580 1978 Bora 4.780 1956 Cap Sainte Marie 1.750 1962 Foret d'Ambre 4.810 1958 Kalambatritra 28.250 1959 Katsijy 18.800 1956 Mangerivola 11.900 1958 Maningozo 7.900 1956 Manombo 5.020 1962 Manongarivo 35.250 1956 Marotandrano 42.200 1956 Nosy Mangabe Pic d'Ivohibe Tampoketsa Analamaitso 520 1965 3.450 1964 17.150 1958 930-1000m Ankarafantsika Betampona Lokobe Tsaratanana 50-410m 75-200m 155-1876m 0-330m 1927 75-390m 2.228 1927 275-550m 740 1927 0-550m 48.622 1927 700-2876m Tsimanampetsotsa 43.200 1927 10-150m Tsingy de Namoroka 21.742 1927 50-200m Zahamena 73.160 1927 800-1450m Sainte Luce Analabe 200 10.000 Berenty 265 1936 Amboasary-Sud (Kaleta) 150 1988 50 1997 200 1995 Nahampoana Vakona 10.865 Ib : Wilderness Area: streng geschütztes Gebiet, in erster Linie für den Naturschutz Definition:Large area of unmodified or slightly modified land, and/or sea, retaining its natural character and influence, without permanent or significant habitation, which is protected and managed so as to preserve its natural condition. II : National Park: geschütztes Gebiet, in erster Linie zum Ökosystemschutz und zur Erholung Definition:Natural area of land and/or sea, designated to (a) protect the ecological integrity of one or more ecosystems for present and future generations, (b) exclude exploitation or occupation inimical to the purposes of designation of the area and (c) provide a foundation for spiritual, scientific, educational, recreational and visitor opportunities, all of which must be environmentally and culturally compatible. Definition: Area containing one, or more, specific natural or natural/cultural feature which is of outstanding or unique value because of its inherent rarity, representative or aesthetic qualities or cultural significance. Definition:Area of land and/or sea subject to active intervention for management purposes so as to ensure the maintenance of habitats and/or to meet the requirements of specific species. 60.520 250.212 Definition: Area of land and/or sea possessing some outstanding or representative ecosystems, geological or physiological features and/or species, available primarily for scientific research and/or environmental monitoring. IV : Habitat/Species Management Area: geschütztes Gebiet, in erster Linie zum Schutz durch NaturManagment-Eingriffe IUCN Status Ia Privat Reserve Ia: Strict Nature Reserve: streng geschütztes Gebiet, Zugang nur für wissenschaftliche Forschung III : Natural Monument: geschütztes Gebiet, in erster Linie zum Schutz für charakteristisch auffallende Erscheinungsformen 376.580 Strict Nature Reserve Die IUCN hat 1994 in der „Guidelines for Protected Area Management Categorie“ sechs Kategorien von Schutzgebieten festgelegt: V : Protected Landscape/Seascape: geschütztes Gebiet, in erster Linie zum Schutz von Landschaft und zur Erholung Definition: Area of land, with coast and sea as appropriate, where the interaction of people and nature over time has produced an area of distinct character with significant aesthetic, ecological and/or cultural value, and often with high biological diversity. Safeguarding the integrity of this traditional interaction is vital to the protection, maintenance and evolution of such an area. VI : Managed Resource Protected Area: geschütztes Gebiet, mit vertretbarer Nutzung des natürlichen Ökosystems Definition: Area containing predominantly unmodified natural systems, managed to ensure long term protection and maintenance of biological diversity, while providing at the same time a sustainable flow of natural products and services to meet community needs. Seite 19 Bildverzeichnis Seite 3 Chamäleon (Zoo Tana) Seite 3 Chamäleon (Zoo Tana) Seite 4 Bambuslemur „Igor“ - Hapalemur griseus griseus (Vakona Lodge) Seite 4 Bambuslemur - Hapalemur griseus griseus (Vakona Lodge) Seite 5 Vari - Lemur variegatus variegatus (Vakona Lodge) Seite 5 Vari - Lemur variegatus variegatus (Vakona Lodge) Seite 6 Indri (Périnet) Seite 6 Frosch - Boophis viridis (Périnet) Seite 6 Goldfröschchen Seite 7 Chamäleon Seite 8 Chamäleon Seite 8 Fanaloka - Fossa fossana (Ranomafana NP) Seite 9 Papierherstellung (Ambalavao) Literatur Vögel • HARRISON, Peter (1983): Seabirds – an identification guide • HAYMANN, Marchant et al. (1986): Shorebirds – an identification guide to the waders of the world • LANGRAND, O., BRETAGNOLLE, V. 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