Der Übergang der Kinder von der vorschulischen Bildung zum

Transcrição

Der Übergang der Kinder von der vorschulischen Bildung zum
Der Übergang der Kinder von der vorschulischen Bildung zum Lernen in der Schule
Gliederung
1.
2.
3.
4.
5.
Vorbemerkungen
Frühkindliche Bildung im Blick der Wissenschaften
Bildung: elementar - vorschulische Bildung im Land Sachsen- Anhalt auf neuen Wegen
Der Übergang zur Schule - Herausforderung an alle Beteiligten
Der Erlass des Kultusministeriums „Aufnahme in die Schule“
Der Übergang der Kinder von der vorschulischen Bildung zum Lernen in der Schule
1. Vorbemerkungen
Die vorschulische Bildung lag in Deutschland und im Osten Deutschlands besonders nach
der Wiedervereinigung lange Zeit nicht im Focus der Wissenschaften. Erst in jüngster Zeit
richten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler ihren Blick merkbar auf die Bildungsprozesse, die ein Kind vom Anbeginn seines Lebens bis zum Eintritt in die Schule durchläuft
und auf die Bedingungen, die diese Prozesse begleiten und bestimmen. Kindheitsforschung,
Lernforschung, Hirnforschung, Zukunftsforschung etc. gehen den Fragen nach, wie Kinder
lernen, was sie warum lernen sollen oder sollten, welche Rolle Gleichaltrige und Erwachsenen dabei spielen, was sie zum erfolgreichen Lernen benötigen... Manche der gewonnenen
Erkenntnisse bestätigen allgemeine Erfahrungen, auf die Eltern, Erzieherinnen und Erzieher
sowie Lehrkräfte im Umgang mit Kindern seit langer Zeit zurückgreifen. Andere machen ein
Umdenken und neue Handlungsansätze notwendig. Neue Begriffe tauchen auf und bekannte
werden mit neuen Inhalten versehen. Defizite werden benannt und Vorschläge für eine Bildungsarbeit, die den „Schatz der frühen Kindheit (Elschenbroich 2001) fördernd aufgreift,
unterbreitet.
Besonders auf die Ergebnisse der PISA- Studie wurde vielerorts mit dem Ruf nach Bildungsplänen für die vorschulische Bildung reagiert. In einer Zeit der wachsenden Pluralisierung
unserer Gesellschaft wird von diesen Plänen erwartet, dass sie Orientierung geben und eine
verlässliche Grundlage für die Arbeit in Kindertagesstätten bilden. Die Jugendministerkonferenz und die Kultusministerkonferenz beschlossen Maßnahmen zur Qualifizierung der Elementarbeildung sowie zu besseren Verzahnung von vorschulischer und schulischer Bildung.
Vor diesem Hintergrund beauftragte die Landesregierung von Sachsen- Anhalt eine Projektgruppe der Martin- Luther- Universität, ein Bildungsprogramm als Grundlage für die Bildungsarbeit in Kindertageseinrichtungen zu erarbeiten und. Das Ministerium für Gesundheit
und Soziales stellte die Eckpunkte des Programms „Bildung: elementar“ im November 2003
der Öffentlichkeit vor. Damit wurde die Grundlage für eine vertiefende Diskussion über den
Bildungsauftrag, die Bildungsinhalte und die zukünftige Ausgestaltung der Kindertageseinrichtungen als Orte der Elementarbildung geschaffen.
Mit dem Bildungsprogramm wird auch ein Fundament bereitet, auf dem die Bildungsarbeit in
der Schule aufbauen kann. Soll diese Arbeit erfolgreich sein, muss Schule wissen, welche
Entwicklungen die Elementarpädagogik in jüngster Zeit genommen hat und was das Besondere an der vorschulischen Bildung ist, auf das es sich einzustellen gilt.
Der Übergang der Kinder vom Vorschulbereich zur Schule ist fast zehn Jahre lang durch den
Erlass „Aufnahme in die Grundschule und Zurückstellung vom Schulbesuch“ vom
10.11.1993, geringfügig geändert am 15.11.1994, geregelt worden. In diesem Zeitraum hat
sich für diesen Erlass vielfacher Änderungsbedarf ergeben, zuletzt durch die o.g. Entwicklungen im Bereich der vorschulischen Bildung. Das Kultusministerium reagierte darauf, indem es das Verfahren zur Schulaufnahme grundsätzlich neu regelte. Diese Neuregelung
wurde im Februar 2004 im Schulverwaltungsblatt des Landes Sachsen- Anhalt veröffentlicht
(RdErl. des MK vom 26.1.2004, SVBl. LSA S. 33). Das neue Verfahren soll erstmals für die
Aufnahme in die Schule zum Schuljahr 2006/07 angewendet werden. Das heißt, dass die
ersten durch den o.g. Erlass geregelten Maßnahmen zu Beginn des Jahres 2005 durchgeführt werden müssen. Die bis dahin zur Verfügung stehende Zeit soll zur Abstimmung, Qualifizierung und Erprobung genutzt werden.
Mit dem vorliegenden Text werden, ausgehend von der vorschulischen Bildung, die Bedingungen, unter denen der Übergang vom Elementar- zum Primarbereich erfolgt, dargestellt
und wesentliche Schwerpunkte des Erlasses erläutert.
2. Frühkindliche Bildung im Blick der Wissenschaften
Kleine Kinder sind wahre Lernwunder. Es ist allgemein bekannt, dass Menschen in der frühen Kindheit die größten Schritte in ihrer Entwicklung machen: Nie wieder in seinem Leben
lernt ein Mensch so schnell, so effektiv, so enorm viel und so sehr aus eigenem Antrieb heraus wie in seinen ersten Lebensjahren. Die moderne Kindheitsforschung hat dieses Wissen
mit oft verblüffenden Erkenntnissen darüber erweitert, wie aktiv und selbstbestimmt Kinder
mit Herausforderungen umgehen können und wie sie dabei außerordentlich komplexe Entwicklungsaufgaben bewältigen. Relativ neu sind die Befunde darüber, wie sehr ein Kind innerhalb seiner Familie oder als Mitglied einer Kindergruppe in einer Tagesstätte, eingebettet
in ein soziales Gefüge, als „Ko- Konstrukteur“ seiner eigenen geistigen, körperlichen und
seelischen Entwicklung wirkt. Kleine Kinder sind von Entwicklungsdrang und Lernlust beseelt. Neugierig wollen sie sich mit ihrer Umwelt auseinandersetzen. Das Kind selbst ist dabei der Motor seines Vorankommens, aus ihm selbst erwachsen in der Interaktion mit seiner
Umwelt die „Themen“ seiner Entwicklung nach einem eigenen, inneren Zeitplan. Es setzt
seine Erfahrungen in Kompetenzen um und bildet damit Voraussetzungen, sein künftiges
Leben in einer immer komplexer werdenden Welt zu meistern. So schafft es sich im Rahmen
eines grandiosen Lernprozesses ein Bild von der Welt, von sich selbst und seinen Wirkungsmöglichkeiten in dieser Welt.
Wie dieses Bild gesehen wird, ob heller oder dunkler getönt, hat viel damit zu tun, welche
Möglichkeiten jedes Mädchen und jeder Junge hat, Realitätssinn und Gestaltungskompetenz
zu entwickeln und verantwortlich einzusetzen (Streit 2001).
In welcher Weise kleine Kinder Lernanregungen verarbeiten, wird weitgehend von den inneren und äußeren Bedingungen des Lerngeschehens, insbesondere den sozialen Bedingungen, unter denen die Lernprozesse erfolgreich oder auch frustrierend stattfinden, bestimmt
(Faust- Siehl/ Speck- Hamdan 2001). Daher liegt bei allen Erwachsenen, die als Erziehende
darüber entscheiden, welchen Ausschnitt der Welt sich das Kind konstruktiv aneignen kann,
große Verantwortung im Hinblick auf die Förderung, aber auch auf die Verhinderung kindlicher Bildungsprozesse (Laewen/ Andres 2002). Den nachhaltigsten Einfluss auf die kindliche
Entwicklung haben die Eltern und die Familiensituation, in der das Kind aufwächst. Die Mädchen und Jungen bringen aus dem Elternhaus, wenn sie in den Kindergarten oder in die
Schule kommen, einen umfänglichen Erfahrungsschatz mit. Alle weiteren Lernprozesse
knüpfen an diesen Erfahrungsschatz an und er wirkt sich in jedem Fall im „Lernleben“ der
Heranwachsenden aus.
Erwachsene können die Lernprozesse von kleinen Kindern, wie die Forschung zur frühkindliches Bildung festgestellt hat, auf verschiedene Weise befördern: indem sie dem Kind eine
lernanregungsreiche Umgebung zur Verfügung stellen, indem sie das Kind bei seiner Auseinandersetzung mit seinen eigenen aktuellen Lernthemen unterstützen und indem sie dem
Kind neue Lernthemen anbieten (Laewen/ Andres 2002). Diese neue Definition des Begriffes
„Erziehung“ trägt der Erkenntnis Rechnung, „dass Bildung immer Aktivität des Kindes ist und
in diesem Sinne grundsätzlich als Selbstbildung angesehen werden muss.“ (Forum Bildung,
2001, S. 58)
Zu den grundlegenden Bedingungen, die ein kleines Kind zu einer ungestörten Entwicklung
benötigt, gehört die verlässliche Bindungsbeziehung zu den Erwachsenen seiner engsten
Umgebung (Laewen/ Andres 2002). Eine solche Beziehung ist die Plattform, von der ausgehend das Kind mit der ihm zunächst unbekannten Welt in Kontakt tritt und sie dabei mehr
und mehr kennen lernt (Oerter/ Montada 1987). Aus der Sicherheit heraus, in Situationen der
Not zuverlässig Beistand zu erhalten, ist es Kindern möglich, sich Unbekanntem zu nähern
und sich mit ihm konstruktiv auseinander zu setzen. Mangelt es dem Kind an emotionaler
Sicherheit, Unterstützung und Resonanz, wird es in seiner Entwicklung behindert (Andres
2002). Lernerfolge des kleinen Kindes haben viel damit zu tun, dass es eine sichere, verlässliche Bindungsbeziehung zu mindestens einer Person seines unmittelbaren sozialen Umfelds, also z.B. auch zu „seiner Erzieherin“ oder „seinem Lehrer“ hat. Darüber hinaus brauchen die Kleinen den Kontakt zu gleichaltrigen, aber auch zu älteren und jüngeren Kindern,
zu Jungen und zu Mädchen, um von und mit ihnen lernen zu können. Kinder haben eine
zentrale Bedeutung für den Sozialisationsprozess von Kindern. Erfahrungen, die sie in einer
Interaktion von Gleichberechtigten machen, werden tiefer und nachhaltiger in ihr Verhaltensrepertoire eingeordnet als wenn Erwachsene Verhaltensregeln vorgeben und ihre Einhaltung
kontrollieren (Oerter/ Montada 1987; Laewen/ Andres 2002). Innerhalb einer Kindergruppe
handeln Kinder z.B. Formen des Umgangs aus, die ihr Handeln nachhaltiger bestimmen als
Regeln, die Erwachsenen ihnen vorgegeben haben. Phänomene des Miteinander, wie
Freundschaft oder Gerechtigkeit können Kinder nur in der Interaktion von Gleichberechtigten
wirklich „erleben“ und damit begreifen.
Aus der Hirnforschung ist bekannt, dass die neuronale Entwicklung des kindlichen Gehirns
als ein in Phasen verlaufender Prozess erfolgt. Wesentliche Voraussetzungen für die Entwicklung kognitiver, sozialer, emotionaler und körperlicher Kompetenzen werden in zeitlich
begrenzten Entwicklungsphasen in den ersten Lebensjahren des Kindes, das heißt während
der Zeit vor dem Schuleintritt gelegt (Breuer- Weuffen 1997; Faust- Siehl/ Speck- Hamdan
2001; Elschenbroich 2001). Entwicklungs- und damit Lernfortschritte geschehen während
dieser Zeit oftmals geradezu „explosionsartig“. Forscherinnen und Forscher konnten feststellen, dass die Qualität und die Menge der Inputs, die das kindliche Gehirn in den besonders
sensiblen Phasen seiner Entwicklung aufnimmt, entscheiden, wie leistungsfähig die für das
Lernen benötigten neuronalen Hirnstrukturen geknüpft werden (Andres 2002). Frühkindliche
Erfahrungen strukturieren das Gehirn (FOCUS 1996). Auch fehlende, eingeschränkte, entmutigende oder frustrierende Lernerfahrungen des kleinen Kindes hinterlassen hier dauerhafte Spuren. Werden dem Kind während der sensiblen Phasen seiner Entwicklung Lernerfolge und damit die Ausbildung bestimmter neuronaler Strukturen verwehrt, sind die Versäumnisse später kaum oder nur schwer nachzuholen (Breuer- Weuffen 1997; Faust- Siehl/
Speck- Hamdan 2001; Andres 2002; Braun 2003).
Die Bedingungen, unter denen Kinder in Deutschland aufwachsen, sind spätestens seit den
achtziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts in zunehmendem Maße divergent. Auch die
Kindertagesstätte oder die Schule, die ein Kind besucht, ist ein Teil dieser pluralen gesellschaftlichen, in einem stetigen Veränderungsprozess befindlichen Wirklichkeit. Von Kind zu
Kind variieren Lebenslagen und Lebensbedingungen, sie können Erfahrungen mit Armut,
Migration und Behinderung umfassen, darüber hinaus bringen Geschlechtsrollenzuschreibungen in unterschiedlicher Weise Vor- und Nachteile für Mädchen und Jungen. Die unterschiedlichen familiären und öffentlichen Sozialisationsbedingungen und Sozialisationsziele
üben starken Einfluss auf die körperliche, geistige und seelische Entwicklung der Heranwachsenden aus. Sie unterscheiden sich hinsichtlich ihres Wissens und Könnens, ihrer Fähigkeiten und Fertigkeiten von Anfang an und im Laufe ihrer Entwicklung in zunehmendem
Maße von einander.
Rund zwei Prozent der Kinder eines Jahrgangs sind hochbegabt, also in der Lage, besonders effektiv zu lernen (Deutsche Gesellschaft für das hochbegabte Kind 2001).
Kleinen Kindern angemessene Bildung zu ermöglichen, hat (lebens-) lang positive Wirkung.
Der Kern solcher Bildung besteht darin, jedem Mädchen und jedem Jungen Bedingungen
zum Lernen bereit zu stellen, die am individuellen Entwicklungsstand anschließen, nicht auf
Rollenvorstellungen einengen, weder unter- noch überfordern und von ihnen als erfolgreich
erlebt werden. Das Bestreben von Eltern, Erzieherinnen oder Lehrkräften, den Kindern
größtmögliche Gelegenheiten zu bieten, den eigenen Lernprozess als erfolgreich zu erleben,
hat einen guten Grund: Aus Lernerfolgen erwächst, wie ebenfalls die Hirnforschung festgestellt hat, die Motivation zu nachfolgenden Bemühungen. Lernanstrengungen, die zum Erfolg
führen, lösen nämlich über die Ausschüttung des körpereigenen Stoffes Dopamin Glücksgefühle aus (Braun 2003), die zu weiterem Lernen anspornen. Wenn eine Aufgabe ohne Aufwand gelöst werden kann, wenn also nicht nach Wegen gesucht werden muss, ein Problem
zu bewältigen und daher dabei nicht wirklich etwas gelernt wird, ist die Dopaminproduktion
extrem gering. Als Folge davon schwächen sich Impulse, sich anzustrengen, um Ziele zu
erreichen, ab. Zum Lernen motiviert ist also ein Mensch, der „am eigenen Leib“ erlebt hat,
dass Bemühen zum Erfolg führt. Die Verkopplung von Mühe und Misserfolg hat dem gegenüber auf die Dauer fatale Folgen: Führen nämlich Anstrengungen wiederholt nicht zum Erfolg, unterbleibt die Ausschüttung von Dopamin. Dann stellt sich Lethargie ein, die selbst
nach späteren Erfolgserlebnissen nur schwer zu überwinden ist (Scheich 2003). So kann
eine eintönige, die Bildungsbewegungen der Heranwachsenden nicht herausfordernde Umwelt ebenso wie rigide, den jeweiligen Entwicklungsstand außer Acht lassende Leistungsforderungen zur Folge haben, dass die natürliche Wissbegier des Kindes und die angeborene
Lust am Lernen verkümmern oder gar ausgelöscht werden. Förderlich dagegen sind Lernarrangements, im Rahmen derer Kinder unterstützt werden, eigene Lernprozesse zu gestalten
und dabei die gegebenen Bedingungen kreativ und flexibel zu nutzen. Mädchen und Jungen,
die frühzeitig lernen, wie sich selbst bilden können, erhalten für die Gestaltung ihres künftigen Lebens notwendiges Rüstzeug.
Das Leben in der Gesellschaft der Zukunft wird hohe Anforderungen an die Veränderungsbereitschaft und die Belastbarkeit der Menschen stellen (Ffthenakis 2003). Die Zukunftsforschung geht davon aus, dass der heute manchmal geäußerte Wunsch nach mehr Einheitlichkeit in der Welt sich nicht erfüllen wird (Sachverständigenrat Bildung 2001). Die Zukunft
der heutigen Mädchen und Jungen wird vielmehr durch Diskontinuität, Abbrüche und Neuanfänge und damit zusammen hängende emotionale, soziale und materielle Belastungen gekennzeichnet sein. Der Wissenschaftszweig, der sich mit den Übergängen, die das Leben
bereithält, auseinandersetzt, die Transitionsforschung, hat festgestellt, dass es gut ist, wenn
Kinder lernen, dass auch Zeiten der Veränderung zum „normalen“ Leben gehören und dass
sie sie erfolgreich mitgestalten können. Dazu müssen sie die Gelegenheit erhalten, auch
kritische Lebensereignisse, Unwägbarkeiten, Brüche und Neustarts als Teil ihres Lebens zu
erfahren und dabei eigene Entwicklungen mit positivem Ausgang zu erleben. Eine solche
Gelegenheit bietet der Übergang vom Vorschulbereich in die Schule.
Der Wechsel von der vorschulischen Lernumgebung in die Bildungsinstitution Schule ist der
erste Prozess von Transition im Leben eines Kindes, den es bewusst erlebt. Er bedeutet für
sie, einen Entwicklungsschritt zu machen, der sie vor große Herausforderungen stellt (Ffthenakis 2003): Sie müssen ihr bekanntes Umfeld mit den gewohnten Normen und Bindungen
verlassen und in sehr kurzer Zeit lernen, viele neue Herausforderungen zu bewältigen. Vorhandene tragfähige Bindungen brechen beim Übergang in die Schule unter Umständen vollständig ab, während neue noch nicht aufgebaut sind. Unter diesen Bedingungen der Unsicherheit, die massiven Stress verursachen können, müssen die Kinder ihre körperlichen,
sozialen und geistigen Fähigkeiten einsetzen und weiter entwickeln (Oerter/ Montada 1987).
Der Start in die Schule wird von ihnen als erfolgreich erlebt, wenn es ihnen gelingt, sich
selbst als Schulkind und Teil einer Gruppe von Schülerinnen und Schülern zu begreifen, den
neuen Rollenanforderungen zu genügen und die mit der Ablösung aus dem einen und dem
Hineinfinden in den anderen Lebensbereich verbundenen Gefühle zu bewältigen. Die Transitionsforschung hat festgestellt, welchen großen Einfluss es auf die weitere Entwicklung eines
Menschen hat, sich bei der Bewältigung eines Übergangsprozesses als erfolgreich oder aber
als gescheitert zu erleben: Aus dem Erleben des Erfolges wächst Zuversicht im Hinblick auf
künftige Wechsel im Leben, das Selbstwertgefühl wird gestärkt, aus dem Bewusstsein heraus, über nutzbringende Kompetenzen zu verfügen, werden neue Herausforderungen aktiv
angegangen, der Schatz positiver Erfahrung bildet die Grundlage, nachfolgende Übergangsprozesse mitgestaltend meistern zu können. Dem gegenüber kann ein Misserfolgserlebnis
lebenslang wirkende nachteilige Folgen nach sich ziehen: Die Nichtbewältigung eines Wechsels im Leben macht es wahrscheinlich, dass auch nachfolgende Transitionsprozesse nicht
erfolgreich enden (Ffthenakis 2003).
Es kommt also darauf an, die Kinder dabei zu unterstützen, den Übergang vom Vorschulbereich zur Schule erfolgreich zu bewältigen. Das bedeutet zunächst, dass ihnen während ihrer
Vorschulzeit größtmögliche Gelegenheit zum Lernen gegeben wird. Weil zwischen dem
Selbstkonzept eines Mädchens oder eines Jungen und seinen Leistungserwartungen ein
signifikanter Zusammenhang besteht (Baumert/ Lehmann 1997), gehört dazu auch, sie dabei
zu unterstützen, ihre eigenen Kompetenzen realistisch selbst einschätzen zu können. Die
Schaffung und die Bewusstmachung von Lernvoraussetzungen im Vorschulbereich bewirkt,
dass Kinder in der Lage sind, den Herausforderungen der Schule mit einem positiven
Selbstkonzept im Hinblick auf ihre Leistungsfähigkeit zu begegnen.
Zu den Kompetenzen, die ihnen behilflich sind, ihr Leben befriedigend zu gestalten, gehören
darüber hinaus Selbstregulation und Empathie sowie die Fähigkeit, tragfähige soziale Bindungen zu gestalten und richtige Entscheidungen zu treffen (Ffthenakis 2003). Das Bewusstsein der eigenen Identität, die Kenntnis der eigenen Rolle in dem jeweiligen sozialen
Zusammenhang und ein stabiles Selbstwertgefühl helfen den Mädchen und Jungen, ihr Leben auch in Zeiten der Veränderung zu gestalten .
Der Schulanfang als einschneidendes Lebensereignis birgt im Hinblick auf Leistung und
Selbstkonzept Chancen und Risiken für die Entwicklung der Kinder. Das Kind erlebt es als
Bestätigung seines Selbstkonzepts, wenn in der Schule an den vorhandenen Lernvoraussetzungen angeknüpft wird. Damit wird eine Grundlage für weiteres erfolgreiches Lernen gelegt
(Ffthenakis 2003). Erfolgt dieses Anknüpfen nicht, kann es zu einem das Kind verunsichernden und frustrierenden Abbruch begonnener Bildungsprozesse kommen. Bei der Gestaltung
des Anfangsunterrichts in der Schule muss also die Vielfalt der Lernausgangslagen der
„Schulneulinge“ berücksichtigt werden. Anknüpfen an den vorhandenen Lernvoraussetzungen heißt, dass schulische Lernprozesse am individuellen Entwicklungsstand eines jeden
Kindes in unterschiedlichen Bereichen anschließen müssen. Die besondere Herausforderung für den Schulunterricht besteht dabei darin, die wachsende Heterogenität der Schülerinnen und Schüler produktiv aufzunehmen und nicht dem Versuch zu erliegen, sie um einer
gleichschrittigen Unterrichtsarbeit willen zu egalisieren (Faust- Siehl/ Speck- Hamdan 2001).
Schulen müssen die unterschiedliche individuelle Aneignungsweisen und Lernausgangslagen der Kinder positiv und produktiv aufgreifen, wenn sie den Anteil der Kinder, die ihren
Schulanfang erfolgreich gestalten, erhöhen wollen (Laewen/ Andres 2002). Dazu notwendige
Informationen über die unverwechselbaren Eigenheiten jedes Jungen und jedes Mädchens
sollten sie sich schon in der Phase des Übergangs von der vorschulischen zur schulischen
Bildung aneignen (Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend 2002).
Die Fülle der vorliegenden Erkenntnisse über das Lernen in der frühen Kindheit kann folgendermaßen zusammen gefasst werden: Eine den modernen Anforderungen gerecht werdende vorschulische Bildung fördert das kleine Kind um seiner selbst willen, in dem sie ihm die
Sicherheit verlässlicher Bindungen und eine lernanregungsreiche Umwelt bereit stellt, seine
Bildungsprozesse unterstützt und zur Auseinandersetzung mit neuen Themen herausfordert
(Ffthenakis 2003). Wem es am Herzen liegt, Kinder optimal zu fördern, stellt ihnen Bedingungen bereit, unter denen es Kompetenzen herausbilden kann, die gerade in seiner aktuellen Lebensphase zur Herausbildung drängen. Gleichzeitig werden so auch die Grundlagen
dafür gelegt, dass das Kind auf seinem weiteren Bildungsweg optimal vorankommt. Während
der Zeit bis zum Schuleintritt erwirbt das Kind nicht nur schrittweise die Voraussetzungen,
die es zur alltäglichen Lebensbewältigung benötigt (Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend 2001), sondern es entwickelt darüber hinaus die entscheidenden
Vorläuferfertigkeiten sowohl für die schulischen Lernprozesse als auch für sein weiteres lebenslanges Vorankommen (Faust- Siehl/ Speck- Hamdan 2001; Ffthenakis 2003).
3. Bildung: elementar- vorschulische Bildung im Land Sachsen- Anhalt auf neuen
Wegen
Der Landtag von Sachsen- Anhalt hat in seiner Sitzung am 07.02.2003 das Gesetz zur Förderung und Betreuung von Kindern in Tageseinrichtungen und Tagespflege (KiFöG) beschlossen. Dieses Gesetz enthält einen klar formulierten Bildungsauftrag: Es weist den Kindereinrichtungen die Aufgabe zu, die Gesamtentwicklung des Kindes altersgerecht zu unterstützen. Dazu sollen sie sich bei ihrer Arbeit an den Bedürfnissen der Kinder und ihrer Familien orientieren und darauf ausrichten, die körperliche, geistige und seelische Entwicklung
jedes Kindes anzuregen, seine Gemeinschaftsfähigkeit zu fördern und Benachteiligungen
auszugleichen. Vorschulische Bildung in Kindertagesstätten von Sachsen- Anhalt soll an der
natürlichen Neugier der Kinder ansetzen, Bildungsprozesse herausfordern, Themen der Kinder aufgreifen und erweitern. Mit der Gesetzesnovelle werden die Vorschuleinrichtungen
auch aufgefordert, die weiterführende Bildung der Heranwachsenden durch eine am Entwicklungsstand der Kinder orientierte Zusammenarbeit mit der Schule vorzubereiten und zu
unterstützen.
Innerhalb der Landesregierung von Sachsen- Anhalt fallen Angelegenheiten des KiFöG in
den Zuständigkeitsbereich des Ministeriums für Gesundheit und Soziales. Es hat im Einvernehmen mit dem Kultusministerium entschieden, ein Bildungsprogramm als Grundlage für
die Bildungsarbeit in Kindertageseinrichtungen zu entwickeln und zu erproben. In ihm werden, ausgehend von den jüngsten Erkenntnisse der Fachwissenschaften Bildungs- sowie
Erziehungsziele der Kindertagesstätten und Anforderungen, die sich aus verschiedenen
Lern-, Erfahrungs- und Bildungsbereichen ergeben, beschrieben.
Die Eckpunkte des Programms „Bildung: elementar“ wurden im November 2003 der Öffentlichkeit vorgestellt. Das Ministerium für Gesundheit und Soziales hat sie folgendermaßen
beschrieben:
„Das Bildungsprogramm für Kindertageseinrichtungen in Sachsen- Anhalt beinhaltet fünf
grundlegende Prinzipien. Sie sind:
1. Bildung in Kindertageseinrichtungen ist elementare Bildung, welche die Ganzheitlichkeit
der Persönlichkeitsentwicklung jedes Kindes zum Ziel hat. Für die Förderung und Unterstützung der Selbstbildungspotentiale der Kinder sind verlässliche Beziehungen, die Bereitstellung einer anregenden Umgebung, die Vielfältigkeit der Angebote und die Erschließung neuer Erfahrungen mit Menschen, Dingen und Phänomenen der Welt von
größter Bedeutung. Elementare Bildung fördert zuerst die Eignaktivität der Kinder und
unterstützt diese bei der Erweiterung ihrer Kompetenzen. Schlüsselkompetenzen sind
insbesondere personale-, soziale-, Sach- und lernmethodische Kompetenzen.
2. Bildung von Anfang an. Dieses Grundprinzip verdeutlicht, dass Bildung ein lebenslanger
Prozess ist, der nicht in Altersstufen verläuft oder an bestimmte Bildungssituationen gebunden ist, sondern mit der Geburt beginnt. Insofern richtet sich der Bildungsauftrag
auch an alle Tageseinrichtungen und Betreuungsformen, einschließlich Krippen.
3. Partizipation als Grundprinzip unseres Bildungsprogramms stellt darauf ab, dass die gesellschaftliche Teilhabe in einer modernen Wissensgesellschaft wesentlich mit gleichen
Bildungschancen für alle Kinder verbunden ist. Dem entsprechend haben Kindertageseinrichtungen den Auftrag und die Möglichkeiten, allen Kindern unabhängig von ihrer
sozialen Herkunft, gleichwertige Entwicklungschancen zu eröffnen und Benachteiligun-
gen zu vermeiden und abzubauen. Durch aktive Beteiligung im Alltag erfahren die Kinder
Wertschätzung und Anerkennung und lernen, für sich und andere Verantwortung zu übernehmen. Sie entwickeln so ein für die Gesellschaft wertvolles Demokratieverständnis.
Die Erzieherinnen und Eltern müssen dies wollen, fördern und herausfordern und sie
müssen dies vorleben.
4. Diversität und Integration sind Bildungsressourcen, die in der pädagogischen Arbeit, aber
auch in der Gesellschaft insgesamt eine höhere Wertschätzung verdienen und deshalb
ein Grundprinzip des Bildungsprogramms sind. Kinder mit unterschiedlichem sozialen
und kulturellen Hintergrund, mit Migrationserfahrung, Kinder aus einkommensschwachen
Familien, Kinder mit Behinderungen, aber auch besonders begabte Kinder haben unterschiedliche „besondere“ Bedürfnisse. Nicht Selektion, sondern Integration muss das pädagogische Handeln leiten. Spezielle Förderangebote sollen Erzieherinnen und Träger
mit anderen Fachkräften und Institutionen kooperativ entwickeln.
5. Kontextorientierung meint das Lernen außerhalb der Kindertageseinrichtung. Die pädagogische Arbeit in Kindertageseinrichtungen knüpft an die Lebenswelten, die Lebensgeschichten und Beziehungswelten der Kinder an. Sie erweitert diese durch Erfahrungen,
Erlebnisse und Beziehungen in ihrem sozialen Umfeld. Erzieherinnen sollen die Chancen
der Tagesbetreuung nutzen, um vielfältige Beziehungen der Kinder zu ihrem Umfeld herzustellen und Lernerfahrungen zu erweiten.“ (Ministerium für Gesundheit und Soziales
des Landes Sachsen- Anhalt 2003)
Die o.g. Prinzipien sollen für die Bildungsarbeit in Kindertageseinrichtungen grundsätzlich
handlungsleitend sein. Für folgenden fünf Bildungsbereiche wird die entsprechende Arbeit im
Programm „Bildung: elementar“ detailliert dargestellt:
-
Kommunikation, Sprache(n), und Schriftkultur,
(Inter)-kulturelle und soziale Grunderfahrungen,
Ästhetik und Kreativität,
Mathematische Grunderfahrungen,
Welterkundung und naturwissenschaftliche Grunderfahrungen,
Körper, Bewegung und Gesundheit.
Wenn Erzieherinnen und Erzieher bei ihrem pädagogischen Handeln ihrem Auftrag entsprechend an den spezifischen Eigenheiten und aktuellen Bedingungen jeden Kindes anknüpfen,
stellen sie die besten Voraussetzungen her, einerseits Benachteiligungen zu vermeiden und
andererseits auch Begabungen zu fördern (Arbeitsstab Forum Bildung 2001). Sie werden
damit erreichen, dass das jedem Kind innewohnende Bildungspotential entfaltet wird. Sie
werden gleichzeitig erreichen, dass Kinder zum Zeitpunkt ihres Übergangs in die Schule
ganz unterschiedliche Qualitäten der Ausbildung dieses Bildungspotentials aufweisen
(Faust- Siehl/ Speck- Hamdan 2001; Sachverständigenrat Bildung 2001). Die gewollte Qualifizierung der vorschulischen Bildung wird also nicht dahin führen, dass die Kinder beim Eintritt in die Schule gleiche Lernausgangslagen haben (Sachverständigenrat Bildung 2001).
Hieraus ergibt sich sowohl für Kindertagesstätten als auch für Schulen die Herausforderung,
den Übergang der Kinder vom vorschulischen zum schulischen Lernen gemeinsam zu organisieren. Vor diesem Hintergrund wird im Programm „Bildung: elementar“ die Bildung in Kindertageseinrichtungen auch als Teil des gesamten Bildungssystems beschrieben. Dieser
Abschnitt des Bildungsprogramms enthält u.a. Ausführungen zur Zusammenarbeit zwischen
Tageseinrichtungen und Grundschulen sowie zur Erziehungspartnerschaft mit den Eltern. Im
Hinblick auf den Übergang der Kinder von der Tagesstätte zur Schule wird hier z.B. darauf
hingewiesen, dass die Kinder nicht als „Lernanfänger“ in die Schule kommen und Kindertageseinrichtungen und Schulen deshalb gemeinsam Konzepte entwickeln müssen, nach denen sie die Kontinuität begonnener Bildungsprozesse gewährleisten und den Wechsel von
einer Bildungseinrichtung in die andere gestalten.
4. Der Übergang zur Schule - Herausforderung an alle Beteiligten
Schulanfängerinnen und Schulanfänger werden in Sachsen- Anhalt zumeist in Grundschulen, einige in Sonderschulen eingeschult. Beide Schulformen haben den gesetzlichen Auftrag, im Rahmen ihrer Möglichkeiten die individuellen Lernvoraussetzungen und Lernbedürfnisse der Schülerinnen und Schüler zu berücksichtigen. Das heißt, sie müssen darauf reagieren, dass die Lernanfängerinnen und Lernanfänger als unterschiedlich ausgeprägte Persönlichkeiten, die zum Beispiel andersartige kognitive, motorische, sprachliche und soziale
Kompetenzen und Bedürfnisse entwickelt haben, in die Schule kommen. Die Schulen erfüllen diesen Auftrag auf verschiedene Weise, beispielsweise in einer flexiblen Schuleingangsphase (Prengel/ Geiling/ Carle 2001). Mit der Einführung der flexiblen Schuleingangsphase
haben Schulen die Möglichkeit, den Anfangsunterricht auf die individuellen Lernvoraussetzungen der Schülerinnen und Schüler abzustimmen. Einige von ihnen haben eigene Programme aufgestellt, nach denen sie die Aufnahmen der Kinder in ihre Gemeinschaft organisieren und über differenzierte pädagogische Arbeit Lernangebote unterbreiten, die der Heterogenität ihrer Schülerinnen und Schüler Rechnung tragen. In vielen dieser Programme
spielt die bewusste Gestaltung des Übergangs der Kinder in die Schule schon jetzt eine
wichtige Rolle.
Ganz besonders wichtig für die Kinder ist, gerade in den Zeiten des Übergangs, die unterstützende, stabile Beziehung zu ihren Eltern. Das Elternhaus bildet das Bleibende, das mindestens relative Stabilität gewährleistet, wenn die Kinder den Wechsel von der vorschulischen Bildung zur Schule vollziehen. Die wichtigsten Bezugspersonen für das Kind sind im
Prozess des Übergangs also die Eltern. Sie sollten in dieser Rolle anerkannt und wenn nötig
gestärkt werden. Eltern sind generell als Experten für ihr Kind anzusehen. Kaum ein anderer
Mensch kennt das Kind besser als sie. Grundsätzlich liegt ihnen die Entwicklung ihres Kindes am Herzen. Unbedingt sie sollten gefragt werden, wenn es gilt, die Voraussetzungen
zum Lernen, über die die Schulanfängerinnen und Schulanfänger bei ihrer Einschulung verfügen, festzustellen (Geiling 2003). Eltern nehmen es dankbar an, wenn einfühlendes Interesse für die Familiensituation und die vorhandenen Erfahrungen ihres Kindes gezeigt wird.
Manchmal machen sie sich Sorgen wegen der bevorstehenden Einschulung. Diese Sorgen
aufzunehmen und sich, gemeinsam mit den Eltern, mit ihnen auseinander zu setzen, wirkt
sich letztlich stärkend auf das Kind und seine schulischen Erfolge aus. Eltern, die sich anerkannt fühlen, sind auch eher bereit, die Schule in ihren Belangen zu unterstützen. Elternarbeit im Zeitraum des Übergangs der Kinder in die Schule hat so am Ende positive Auswirkungen auf das Klima , das in der Schule herrscht.
Die institutionell bestehende Kluft zwischen der vorschulischen und der schulischen Bildung
hat sich in der Vergangenheit, wie nicht nur die Ergebnisse der PISA- Studie belegen, oft
nachteilig auf den Bildungsprozess der Heranwachsenden ausgewirkt. Mit dem Ziel, diese
Kluft zu überwinden, wurden im Rahmen der Novellierung des Kinderfördergesetzes die Aufgaben der Tageseinrichtungen auch mit Blick auf die Frühförderung von Kindern im Vorschulalter, die Vorbereitung auf den Schulbesuch und die Zusammenarbeit mit den Schulen
neu formuliert. Ausgehend davon wird der Übergang der Kinder in die Schule auch im Programm für die Kindertagesstätten „Bildung: elementar“ als ein bedeutungsvoller Prozess beschrieben, der an die Institutionen Kindergarten und Schule hohe Anforderungen stellt.
Die Grundschulen wurden schon mit dem Erlass des Kultusministeriums vom 21.07.1993
„Die Arbeit in der Grundschule“ beauftragt, mit vorschulischen Bildungseinrichtungen zusammen zu arbeiten, um für alle Schülerinnen und Schüler pädagogisch und didaktisch gesicherte Übergänge zu ermöglichen und einen kontinuierlichen Bildungsgang zu gewährleisten. Sie erhalten hierzu mit dem Erlass „Aufnahme in die Schule“ differenzierte Hinweise.
5. Der Erlass des Kultusministeriums „Aufnahme in die Schule“
Der Veröffentlichung des Erlasses „Aufnahme in die Schule“ im Schulverwaltungsblatt des
Landes Sachsen- Anhalt (RdErl. des MK vom 26.1.2004, SVBl. LSA S. 33) ist ein umfangreicher Erarbeitungs- und Abstimmungsprozess voraus gegangen: Zunächst wurden die Ein-
zelheiten der Schulaufnahme mit dem Ministerium für Gesundheit und Soziales, dem Kinderund Jugendärztlichen Dienst bei den Gesundheitsämtern, den kommunalen Spitzenverbänden, Dezernentinnen und Dezernenten der Staatlichen Schulämter, Schulleiterinnen und
Schulleitern, Lehrkräften, Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern sowie dem Landesbeauftragten für Datenschutz abgestimmt. Anschließend übergab das Kultusministerium den
Erlassentwurf gemäß Schulgesetz dem Landesschulbeirat zur Anhörung. Ein großer Teil der
von dort erteilten Stellungnahmen fand Eingang in die Endfassung des Erlasses. Andere, vor
allem solche, die auf Veränderungen hinzielen, die über die Regelung der Schulaufnahme
hinaus gehen, werden bei der weiteren Gestaltung des Anfangsunterrichts berücksichtigt.
Nach Beendigung der o.g. Abstimmungs- und Mitwirkungsverfahren umfasst der Erlass
„Aufnahme in die Schule“ folgende Schwerpunkte:
1. Grundsätzlich werden alle Kinder in die Schule aufgenommen. Die Eltern werden zu einer vorzeitigen Einschulung ihres Kindes ermutigt.
2. Die Aufnahme in die Schule wird vom Ereignis zum Prozess umgestaltet. Der Prozess
zur Schulaufnahme beginnt mehr als ein halbes Jahr früher als bisher.
3. Dem Prozess der Aufnahme in die Schule liegt ein Rahmenplan zu Grunde. Der genaue
Zeitplan wird zwischen Schule und Schulträger in Zusammenarbeit mit dem Kinder- und
Jugendärztlichen Dienst abgestimmt.
4. Die Schule arbeitet mit den Kindertagesstätten und den Eltern ihrer künftigen Schülerinnen und Schüler zusammen. Sie informiert sich dabei über die vorschulische Bildung und
die Lernausgangslage des einzelnen Kindes.
5. Der Kinder- und Jugendärztliche Dienst liefert der Schule mit Einverständnis der Eltern
genaue Informationen über die Gesundheit der Kinder. Die Schule nutzt diese Informationen, um sich auf die Besonderheiten ihrer künftigen Schülerinnen und Schüler einzustellen.
6. Bei Bedarf werden Fördermaßnahme für einzelne Kinder fast ein Jahr früher als bisher
begonnen. Förderangebote orientieren sich an den Bedürfnissen und den Kompetenzen
der Kinder.
Die einzelnen Schwerpunkte werden nachfolgend erläutert.
Zu 1.: Grundsätzlich werden alle Kinder in die Schule aufgenommen. Die Eltern werden zu
einer vorzeitigen Einschulung ihres Kindes ermutigt.
Die Kultusministerkonferenz hat bereits 1997 in ihren Empfehlungen zum Schulanfang festgestellt, dass Kinder in Deutschland im internationalen Vergleich ein hohes durchschnittliches Einschulungsalter haben. Zu oft wurde bisher bei der Entscheidung über Einschulung
oder Zurückstellung eher das Alter eines Kindes als der von ihm erreichte Entwicklungsstand
berücksichtigt: Je näher der Geburtsmonat und der Einschulungstermin zusammen liegen,
desto häufiger kommt es vor, dass ein Kind von der Einschulung zurück gestellt wird, selbst
wenn der erfolgreiche Schulbesuch nicht in Frage steht. Eltern begründen ihren Wunsch
nach Zurückstellung ihres Kindes oft damit, ihm auf diesem Wege noch eine Zeitspanne „unbeschwerter Kindheit“ gewähren zu wollen. Dahinter verbirgt sich häufig die Vorstellung,
dass Schule und Schulbesuch dem Kind per se Beschwernis bereiten. Sowohl die Schule als
auch die Eltern stehen vor der Aufgabe, sich mit dieser Auffassung auseinander zu setzen,
sie auf ihren Realitätsgehalt zu überprüfen und wo nötig zu ändern. Dabei ist von dem
Grundsatz auszugehen, dass der Anfangsunterricht in der Schule die vom Kind in der Vorschulzeit erworbenen Kompetenzen wertschätzend aufgreift.
Der Erlass „Aufnahme in die Schule“ geht gemäß Schulgesetz von Sachsen- Anhalt von dem
Regelfall aus, wonach ein Kind, das bis zum 30.06. eines Kalenderjahres das sechste Lebensjahr vollendet hat, mit Beginn des folgenden Schuljahres schulpflichtig wird. Darüber
hinaus wird dem Thema „vorzeitige Einschulung“ ein eigenständiger Punkt gewidmet und
damit auf die bestehende Möglichkeit explizit verwiesen. Die Aufnahme aller schulpflichtigen
Kinder in die Schule (und möglichst auch die vorzeitige Einschulung angemeldeter Kinder)
wird als Regelfall der Einschulungspraxis und ein Rücktritt vom Schulbesuch als besonderer
Ausnahmefall beschrieben. Um dies zu verdeutlichen, wurde auf die Verwendung des Begriffes „Zurückstellung“ verzichtet und eine ggf. notwendige entsprechende Einzelfallentscheidung als „Sonderverfahren“ differenziert geregelt. Eine Entscheidung gegen die Einschulung
eines an sich schulpflichtigen Kindes könnte künftig z.B. noch getroffen werden, wenn es im
Zeitraum der ersten Unterrichtswochen operiert werden muss und absehbar ist, dass sich
daran eine längere Rehabilitationszeit anschließt, das Kind also voraussichtlich am Anfangsunterricht über längere Zeit nicht teilnehmen können wird.
Da die Einschulung als Regelfall gesehen wird und für einen Rücktritt vom Schulbesuch nur
im Ausnahmefall entschieden werden soll, werden an Grundschulen künftig keine Vorklassen mehr gebildet. Sowohl Schulen als auch Eltern wird empfohlen, gemeinsam nach Möglichkeiten zur Optimierung des Schulanfangs, bei dem die Belange aller eingeschulten Kinder berücksichtigt werden, zu suchen. In diesem Zusammenhang sollten sie sich damit auseinandersetzen, wie dies z.B. durch das Bereithalten einer flexiblen Schuleingangsphase
möglich ist.
Zu 2.: Die Aufnahme in die Schule wird vom Ereignis zum Prozess umgestaltet. Der Prozess
der Schulaufnahme beginnt mehr als ein halbes Jahr früher als bisher.
Mit der Neuregelung des Erlasses wird das gesamte Prozedere der Aufnahme in die Schule
im Verhältnis zum vorherigen Verfahren um ca. ein halbes Jahr vorverlegt. Das heißt, dass
ca. anderthalb Jahre vor dem Schulanfang mit dem Verfahren zur Aufnahme in die Schule
begonnen wird. In diesen Zeitraum fallen die Abstimmungen mit dem Schulträger und dem
Kinder- und Jugendärztlichen Dienst, die Zusammenarbeit mit Eltern und Kindertagesstätten,
die Einschulungsuntersuchung und nachhaltige Kontakte des Kindes mit der Schule. Jedes
Kind soll dabei die Möglichkeit erhalten, den Übergang vom Vorschul- zum Schulkind als
seinen eigenen Entwicklungsprozess bewusst und aktiv mitzugestalten und als einen Lernprozess zu erleben.
Manche Kinder, bei denen im Rahmen der Einschulungsuntersuchung oder bei der Vorstellung in der Schule entsprechender Bedarf festgestellt wurde, erhalten in diesem Zeitraum
besondere Förderung.
Wenn es einen Kindergarten besucht, ist die Zeit gekommen, in der sich das Kind von seiner
Rolle als Kindergartenkind ablöst und sich auf das Lernen in der Schule einstellt. Unterstützt
von den Erwachsenen seiner Umgebung kann es sich der Erwartungen und Gefühle, die es
im Hinblick auf die Einschulung erlebt, bewusst werden und sich mit ihnen auseinander setzen.
Die meisten Kinder freuen sich auf die Schule. Tut ein Kind dies nicht, sollten die Erwachsenen seiner nächsten Umgebung mit ihm gemeinsam nach den Ursachen für die negative
Erwartungshaltung suchen und dem Kind helfen, die ungute Situation zu überwinden.
Die Schulen können im Rahmen des neuen Aufnahmeverfahrens die künftigen Mitglieder
ihrer Gemeinschaft frühzeitig kennen lernen. Sie haben damit mehr Möglichkeit als zuvor,
den Anfangsunterricht entsprechend zu planen.
Zu 3.: Dem Prozess der Aufnahme in die Schule liegt ein Rahmenplan zugrunde. Der genaue Zeitplan wird zwischen Schule und Schulträger in Zusammenarbeit mit dem Kinderund Jugendärztlichen Dienst abgestimmt.
Der Erlass „Aufnahme in die Schule“ legt in einem „Rahmenplan“ fest, bis zu welchem Zeitpunkt spätestens die jeweiligen Maßnahmen des Verfahrens durchzuführen sind. Das heißt,
es wird im Hinblick auf das Aufnahmeverfahren auf fixe Zeitvorgaben verzichtet. Statt dessen
sollen die Schulen gemeinsam mit dem Schulträger unter Einbeziehung des Kinder- und Jugendärztlichen Dienstes den genauen Zeitplan für den Prozess der Schulaufnahme aufstellen. Damit können die Schulen und die Schulträger autonomer als bisher den Übergang der
Kinder in die Schule entsprechend regionalen Bedingungen und Erfordernissen, wie sie sich
z.B. aus der Ferienregelung für das jeweilige Schuljahr ergeben, gestalten.
Zu 4.: Die Schule arbeitet mit den Kindertagesstätten und den Eltern ihrer zukünftigen Schülerinnen und Schüler zusammen. Sie informiert sich dabei über die vorschulische Bildung
und die Lernausgangslage des einzelnen Kindes.
Die Neuregelung des Erlasses „Aufnahme in die Schule“ zielt darauf ab, dass die Schulen
sich bei der Organisation des Schulaufnahmeverfahrens auch an den Grundsätzen, die für
die vorschulische Bildung maßgeblich sind, orientieren. Die Qualität des Anfangsunterrichts
wird aber nur zum Teil davon beeinflusst, inwieweit sich vorschulische Bildung in Kindertagesstätten nach formulierten Grundsätzen richtet. Wesentlich ist vielmehr, wie es der Schule
im Anfangsunterricht gelingt, an die Vielfalt der Grunderfahrungen der einzelnen Kinder (Forum Bildung 2001) anzuknüpfen. Dazu müssen Lehrerinnen und Lehrer sich ein Bild von den
Anknüpfungspunkten machen, von denen aus sie ihre Unterrichtsarbeit in den verschiedenen Lernbereichen gestalten wollen.
Ca. 90% der Vorschulkinder in Sachsen- Anhalt erwerben gegenwärtig einen großen Teil
ihrer Grunderfahrungen in einer Kindertagesstätte. In und von den Kindertagesstätten können die Schulen also eine Menge über ihre künftigen Schülerinnen und Schüler erfahren. Sie
schaffen sich demnach eine wichtige Grundlage für ihre Unterrichtsarbeit, wenn sie Kontakte
zu den Kindertagesstätten ihres Planungsbereichs knüpfen und zu beiderseitigem Nutzen
dauerhaft und intensiv mitgestalten.
Durch den frühzeitigen Beginn des Einschulungsverfahrens haben die Schulen auch mehr
Zeit als bisher, die künftigen Schülerinnen und Schüler (und ihre Familiensituation) kennen
zu lernen, die ihre vorschulische Bildung im Bereich des Elternhauses erworben haben. Der
Hauptzweck dieser Zusammenarbeit besteht ebenfalls darin, Informationen über die Lernausgangslage jedes einzelnen Kindes zu sammeln und sich so eine Grundlage für einen
bedarfsgerechten Anfangsunterricht zu schaffen.
Da der Übergang vom Elementarbereich in die Schule künftig durch Schulen, Kindertagesstätten und Eltern für die Kinder und mit ihnen gemeinsam organisiert und gestaltet werden
soll, werden die Schulen angeregt, Angelegenheiten des Übergangs und der diesbezüglichen Zusammenarbeit (auch mit den Erziehungsberechtigten) in ihrem Schulprogramm zu
verankern und mit den am Prozess Beteiligten fest zu vereinbaren. Im Mittelpunkt der gemeinsamen Arbeit sollte der Austausch über die pädagogischen Grundsätze der Bildungseinrichtungen, Abstimmungen zur gemeinsamen Gestaltung des Übergangs der Kinder von
der Tagesstätte in die Schule und die Information über die künftigen Schulneulinge stehen.
Ein Kooperationsprogramm „Übergang“ darf nicht „schullastig“ sein. Statt dessen sollten sich
die Vertreterinnen und Vertreter von Vorschuleinrichtungen und Schulen sowie die Eltern um
symmetrische Kommunikation bemühen. Als günstige Form für die gemeinschaftliche Verantwortungsübernahme hat sich in anderen Ländern die Bildung von dauerhaft arbeitenden
Teams mit der Generalie „Übergang“ erwiesen.
Zu 5. Der Kinder- und Jugendärztliche Dienst liefert der Schule mit Einverständnis der Eltern
Informationen über die Gesundheit der Kinder. Die Schule nutzt diese Informationen, um sich
auf die Besonderheiten des einzelnen Kindes einzustellen.
Die Schulen werden mit der Neuregelung des Einschulungsverfahrens in die Lage versetzt,
den Anfangsunterricht auch unter den Gesichtspunkten der Gesundheitsförderung zu planen
und durchzuführen. Entsprechend der Definition des Gesundheitsbegriffs, wie sie die Welt-
gesundheitsorganisation prägte, soll das körperliche, psychische und soziale Wohlbefinden
sowie selbstbestimmtes und eigenverantwortliches Handeln der Kinder befördert werden.
Sowohl das Gesundheitsdienstgesetz (§ 9 Abs. 2) als auch das Schulgesetz (§ 37 Abs. 2)
des Landes Sachsen- Anhalt schreiben vor, dass jedes Kind vor der Einschulung durch den
Kinder- und Jugendärztlichen Dienst bei den Gesundheitsämtern amtsärztlich zu untersuchen ist. In der Vergangenheit waren diese Untersuchungen vor allem dazu gedacht zu verhindern, dass kranke Kinder ansteckende Krankheiten übertragen oder um die „Schulfähigkeit“ eines Kindes festzustellen. Das heißt, die Einschulungsuntersuchung zielte auf die
„Auslese“ einzelner Kinder ab. In diesem unzeitgemäßen Sinn wird eine Einschulungsuntersuchung heute nicht mehr gebraucht. Statt dessen muss sie unter dem Gesichtspunkt „Einschulung ohne Auslese“ neuen Anforderungen genügen: Wenn die Schulen sich bei der Planung des Anfangsunterrichts mehr auf die Besonderheiten des einzelnen Kindes einstellen
wollen, benötigen sie auch Kenntnisse über die Gesundheit der Kinder, die sie weder aus
eigenen Erhebungen noch immer vollständig aus den Gesprächen mit den Eltern erhalten
können. Im Rahmen einer Umfrage haben Schulpraktikerinnen und -praktiker dem Kultusministerium mitgeteilt, dass es Ihnen hilfreich wäre, wenn ihnen vor der Einschulung Informationen zu Folgendem zur Verfügung stünden:
-
Besonderheiten/ Beeinträchtigungen der Sinnestätigkeit eines Kindes (insbesondere Sehen und Hören),
Auffälligkeiten im Bereich der Sprache (z.B. Stottern),
Auffälligkeiten im Bereich der Motorik (z.B. Linkshändigkeit),
chronische Erkrankungen,
Notwendigkeit dauerhafter Medikation,
Belastbarkeit, Steuerfähigkeit, soziale Besonderheiten (z.B. Gruppenfähigkeit) des Kindes ,
körperlicher Entwicklungsstand und damit einhergehende besondere Bedürfnisse des
Kindes.
Mit dem bis Ende 2003 gültigen Schulaufnahmeverfahren war es nicht möglich, dass die
Schule es genau und rechtzeitig erfuhr, wenn ein Kind aufgrund seines Gesundheitszustandes z.B. eine besondere Betreuung oder besondere Bedingungen innerhalb des Schulhauses benötigte. So waren Lehrerinnen und Lehrer oft gezwungen, sich sehr kurzfristig auf ein
Kind einzustellen, das auf Fördermaßnahmen angewiesen war. Dem soll auch dadurch abgeholfen werden, dass die Feststellung des Entwicklungsstandes eines Kindes in der Schule
künftig nach der amtsärztlichen Untersuchung durch den Kinder- und Jugendärztlichen
Dienst bei den Gesundheitsämtern erfolgt. Die Informationen über die amtsärztliche Untersuchung werden anschließend mit Hilfe eines Formblatts an die Schule weiter geleitet. Die
Schule kann sich dann bei ihrem Aufnahmeverfahren auch daran orientieren, was im Rahmen der ärztlichen Untersuchung festgestellt worden ist, d.h. sie kann sich vom Beginn dieses Verfahrens an auf die individuellen Besonderheiten jedes Kindes einstellen. Um dabei
sowohl den Schutz personengebundener Daten als auch die Informationsweitergabe zu gewährleisten, wurde das Formblatt, mit dem der Kinder- und Jugendärztliche Dienst über die
Untersuchung berichtet, mit dem Datenschutzbeauftragten des Landes Sachsen- Anhalt abgestimmt.
Zu 6. Bei Bedarf werden Fördermaßnahme für einzelne Kinder fast ein Jahr früher als bisher
begonnen. Förderangebote orientieren sich an den Bedürfnissen und den Kompetenzen der
Kinder.
Mit dem Einverständnis der Eltern werden der Schule ab jetzt wesentlich früher als bisher
genaue Informationen über den Gesundheitszustand des einzelnen Kindes übermittelt. Maßnahmen zur Förderung mancher Kinder können dadurch fast ein Jahr eher als in der Vergangenheit durchgeführt werden. Damit besteht einerseits die Möglichkeit, z.B. Entwicklungsverzögerungen oder fehlende Vorläuferfertigkeiten, wegen denen in der Vergangenheit
ein Kind vom Schulbesuch zurück gestellt worden ist, auszugleichen. Die Angebote zur Beseitigung von Entwicklungsnachteilen (z.B. in den Bereichen Sprachfertigkeiten, motorische
Fertigkeiten, Fähigkeit, sich in soziale Gruppen einzubringen) und/ oder zur Prävention von
Lernstörungen (z. B. Lese- Rechtschreib- Störung, Konzentrationsstörung) werden künftig
insbesondere durch Förderzentren, deren Errichtung zur Zeit erfolgt, vorgehalten.
Mit der Verordnung über die sonderpädagogische Förderung vom 09.09.2003 wurden die
Verfahren zur Feststellung des Bedarfs an sonderpädagogischer Förderung und zur Durchführung der Fördermaßnahmen im Rahmen von integrativer Beschulung oder in Sonderschulen differenziert geregelt. Auf diesem Hintergrund wird im Erlass auf diese Verordnung
verwiesen und auf weitere Regelungen verzichtet.
Die Neuregelung des Schulaufnahmeverfahrens macht es auch möglich, frühzeitig und längerfristig zu planen, welche Förderangebote einem Kind, das in seiner Entwicklung besonders weit vorangeschritten ist, unterbreitet werden.
Die Versetzungsverordnung regelt u.a. das Überspringen von Schuljahren. Sie enthält keinen expliziten Hinweis darauf, dass auch das erste Schuljahr übersprungen werden kann.
Mit dem Erlass wurde fest gelegt, dass im besonderen Fall auch eine Einschulung in den
zweiten Schuljahrgang möglich ist.
Wenn bei einem Kind eine Hochbegabung vermutet wird, ist den Eltern ein diesbezügliches
Beratungsgespräch anzubieten. Wurde festgestellt, dass ein Kind hoch begabt ist, können
besondere Fördermaßnahmen stattfinden.
Der Erlass sieht vor, dass in besonderen Fällen die von dem jeweiligen Kind im Zeitraum des
Einschulungsverfahrens erreichten Entwicklungsfortschritte in einem zweiten Verfahren erneut festgestellt und ggf. notwendige weitere Maßnahmen zur Förderung festgelegt werden
können.
Friedlinde Hasenkrug
Literatur
-
-
-
Andres, B. ( 2002): Und woran würde ich merken, dass...? Ausgewählte Qualitätsmerkmale der
Bildungsstätte Kindertageseinrichtung und ihre Begründung. In: Laewen, H.- J./ Andres, B. (Hrsg.)
(2002): Bildung und Erziehung in der frühen Kindheit- Bausteine zum Bildungsauftrag von Kindertageseinrichtungen. Neuwied, Kriftel, Berlin
Auernheimer, G.: Interkulturelle Kommunikation, vierdimensional betrachtet. www.unikoeln.de/ew-fak/Allg-paeda/int/pub/artikel.html. 2003
Auernheimer, G.: Interkulturelle Pädagogik- ein überflüssiges akademisches Steckenpferd?
www.uni-koeln.de/ew-fak/Allg-paeda/int/pub/artikel.html, 2003
Bericht der Beauftragten der Bundesregierung für Ausländerfragen über die Lage der Ausländer in
der Bundesrepublik Deutschland.
Arbeitsstab Forum Bildung in der Geschäftsstelle der Bund- Länder- Kommission für Bildungsplanung und Forschungsförderung (2001): Finden und Fördern von Begabungen, Bonn
Arbeitsstab Forum Bildung in der Geschäftsstelle der Bund- Länder- Kommission für Bildungsplanung und Forschungsförderung: Förderung von Chancengleichheit. Vorläufige Empfehlungen und
Expertenbericht
Aufnahme in die Schule und Zurückstellung vom Schulbesuch, RdErl. des MK vom 10.11.1993,
SVBl. LSA Nr. 14/ 1993
Aufnahme in die Schule und Zurückstellung vom Schulbesuch, RdErl. des MK vom 15.11.1994,
SVBl. LSA Nr. 13/ 1994
Baumert, J./ Lehmann, R. (1997): TIMMS- Mathematisch- naturwissenschaftlicher Unterricht im
internationalen Vergleich. Opladen
-
-
-
-
-
-
-
Beschulung von Kindern deutscher Spätaussiedlerinnen und Spätaussiedler sowie ausländischer
Bürgerinnen und Bürger, RdErl. des MK vom 26.7.2001, SVBl. LSA Nr. 11/ 2001
Bildungsdirektion des Kantons Zürich (Hrsg.) (2002): Kindergarten und Schule gemeinsam. Das
Pilotprojekt der Grundstufe der Gesamtschule Unterstrass. Zwischenbericht über das erste Projektjahr 2000- 2001, Zürich
Bos, W., Lankes, E.- M., Prenzel, M., Schwippert, K., Walther, G., Valtin, R. (Hrsg.) (2003): Erste
Ergebnisse aus IGLU. Schülerleistungen am Ende der vierten Jahrgangsstufe im internationale
Vergleich. Münster/ New York/ München/ Berlin
Braun, A. K. (2003): Frühe Erfahrungen und Lernprozesse steuern die Entwicklung des Gehirns.
http://www.uni-magdeburg.de/bio/pressespiegel.htm
Braun, K.- H./ Krüger, H.- H./ Olbertz, J.- H./ Hofmann, H.- G. (Hrsg.) (1998): Schule mit Zukunft.
Bildungspolitische Empfehlungen und Expertisen der Enquete- Kommission des Landtages von
Sachsen- Anhalt. Opladen
Breuer, H./ Weuffen, M. (1997): Lernschwierigkeiten am Schulanfang. Weinheim und Basel
Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (Hrsg.) (2002): Elfter Kinder- und
Jugendbericht, Bonn
Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (Hrsg.) (2001): Zukunftsfähigkeit
sichern! Für ein neues Verständnis von Bildung und Jugendhilfe. Eine Streitschrift des Bundesjugendkuratoriums. Bonn
Der Ausländerbeauftragte der Landesregierung Sachsen-Anhalt: Zuwanderung und Integration in
den neuen Bundesländern. Magdeburg
Die Arbeit in der Grundschule, RdErl. des MK vom 12.7.1993, SVBl. LSA Nr. 11/ 1993
Deutsche Gesellschaft für das hochbegabte Kind e. V. (Hrsg.) (2001): Im Labyrinth- Hochbegabte
Kinder in Schule und Gesellschaft. Münster, Hamburg, Berlin, London
Deutscher Bundestag (2001): Lebenslagen in Deutschland. Erster Armuts- und Reichtumsbericht.
Berlin
Deutsches Jugendinstitut (2002): Bildungs- und Lerngeschichten als Weg zur Konkretisierung und
Umsetzung des Bildungsauftrags vor Schulbeginn. München (n.v.)
Deutsches Jugendinstitut (2002): Der Elfte Kinder- und Jugendbericht. Aufwachsen in öffentlicher
Verantwortung. DJI Bulletin Nr. 58. http://cgi.dji.de
Deutsches PISA- Konsortium (Hrsg.) (2003): PISA 2000- Ein differenzierter Blick auf die Länder
der Bundesrepublik Deutschland. Opladen
Elschenbroich, D. (2001): Weltwissen der Siebenjährigen. Wie die Kinder die Welt entdecken
können. München
Entwicklung von Schulprogrammen an allgemein bildenden Schulen im Land Sachsen- Anhalt,
RdErl. des MK vom 14.05.2003, SVBl. LSA Nr. 8/ 2003
Erziehungsdirektion des Kantons Zürich in Zusammenarbeit mit dem Pestalozzianum Zürich
(Hrsg.) (1996): Kindergarten und Schule- getrennt oder gemeinsam? Verschiedene Wege in die
Zukunft. Zürich
Faust- Siehl, G./ Speck- Hamdan, A. (Hrsg.) (2001): Schulanfang ohne Umwege. Frankfurt am
Main
FOCUS 10/ 1996
Forum Bildung (Hrsg.) (2001): Empfehlungen des Forum Bildung. Bonn
Fthenakis, W. E. (2003): Konzeptionelle Neubestimmung von Bildungsqualität in Tageseinrichtungen für Kinder mit Blick auf den Übergang in die Grundschule. München (n.v.)
Gaitanides, S. (2001): Veränderte Aufgabenbestimmung der Migrationssozialarbeit und interkulturelle Öffnung der Regeldienste. www.tik-iaf.Berlin.de/HauptSeiten/TextSeiten/GaitanidesVeraenderte-A.html
Geiling, U. (2003): Notizen zum Erlassentwurf „Aufnahme in die Schule“. e- mail an die Verfasserin vom 17.07.2003. n.v.
Gesetz über den öffentlichen Gesundheitsdienst und die Berufsausübung im Gesundheitswesen
im Land Sachsen- Anhalt (Gesundheitsdienstgesetz- GDG LSA), GVBl LSA NR. 55/ 1997
Gesetz über die Gleichstellung von Menschen mit und ohne Behinderung im Land Sachsen- Anhalt (Behindertengleichstellungsgesetz- BGStG LSA), GVBl. LSA v. 20.11.2001, S. 457
Gesetz zur Förderung und Betreuung von Kindern in Tageseinrichtungen und in Tagespflege des
Landes Sachsen- Anhalt (Kinderförderungsgesetz- KiFöG), GVbl. LSA Nr. 6/ 2003
Goddar, J. (2004): Kultur = Sprache + Land + Fluss. In: Die Tageszeitung, Mittwoch, 21. Januar
2004
Heller/ Köpnik/ Krüger/ Preissing/ Urban (2002): Qualität im Situationsansatz. Konzeptionelle
Grundsätze, Qualitätskriterien und theoretische Dimension. Berlin
Hentig, Hartmut v. (1968): Systemzwang und Selbstbestimmung. Über die Bedingungen der Gesamtschule in der Industriegesellschaft. Stuttgart
-
-
-
-
-
-
-
Hessisches Kultusministerium: Deutsch- Frühförderung in Vorlaufkursen. Eine Handreichung für
Grundschulen. Wiesbaden
Hoffmann, J. (Hrsg.): Flex- Handbuch. Die Ausgestaltung der flexiblen Schuleingangsphase im
Land Brandenburg- pädagogische Standards, Leitfäden und Praxismaterialien. Brandenburg
International Federation of Social Workers (2000): Definition von Sozialarbeit. www.wiensozialarbeit.at/Definition-Sozialarbeit.htm
Klingberg, L./ Paul, H.- G./ Wenge, H./ Winke, G. (1966): Abriss der allgemeinen Didaktik. Berlin
Klocke, A., Hurrelmann, K. (Hrsg.) (1998): Kinder und Jugendliche in Armut. Opladen/ Wiesbaden
Kupffer, H. (1990): Pädagogik der Postmoderne. Weinheim und Basel
Laging, R., Schillack, G. (Hrsg.) (2000): Die Schule kommt in Bewegung. Konzepte, Untersuchungen und praktische Beispiele zur Bewegten Schule. Hohengehren
Laewen, H.-J./ Andres, B. (Hrsg.) (2002): Forscher, Künstler, Konstrukteure. Werkstattbuch zum
Bildungsauftrag von Kindertageseinrichtungen. Neuwied, Kriftel und Berlin
Meyer, D. (2001): Flüchtlingskinder in Sachsen- Anhalt. Außenseiterperspektiven. Magdeburg
Ministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Frauen des Landes Brandenburg (2000): Einschüler in Brandenburg: Soziale Lage und Gesundheit 1999. Potsdam
Ministerium für Arbeit, Frauen, Gesundheit und Soziales des Landes Sachsen- Anhalt (2002):
Arbeitsmarkt- und Sozialbericht des Landes Sachsen- Anhalt 2000/ 2001. Magdeburg
Ministerium für Arbeit, Frauen, Gesundheit und Soziales des Landes Sachsen- Anhalt (2003):
Bildung : elementar. Kurzfassung des ersten Entwurfs eines Bildungsprogramms für Kindertagesstätten in Sachsen- Anhalt. http://www.ms.sachsen-anhalt.de
Ministerium für Schule, Jugend und Kinder des Landes Nordrhein- Westfalen (2003): Erfolgreich
starten! Schulfähigkeitsprofil als Brücke zwischen Kindergarten und Grundschule.
http://www.bildungsportal.nrw.de
Nodes, W. (2000): Kommunikative statt interkulturelle Kompetenz? www.projekte-interkulturellnrw.de/kmain12.html, 30.12.2003
Oerter/ Montada (1987): Entwicklungspsychologie. München, Weinheim
Papousek, M. (2003): Chancen und Notwendigkeit früher Prävention. Zur kritischen Lebenssituation von Säuglingen und Kleinkindern in psychosozial belasteten Familien. www.liga-kind.de
(08.01.2004)
Piening, G., Rothermel, L. (Hrsg.) (2000): Zuwanderung in den neuen Bundesländern. Positionen
Probleme Perspektiven. Calbe
Prengel, A. (1993): Pädagogik der Vielfalt. Verschiedenheit und Gleichberechtigung in Interkultureller, Feministischer und Integrativer Pädagogik. Opladen
Prengel, A., Geiling, U., Carle, U. (2001): Schulen für Kinder. Flexible Eingangsphase und feste
Öffnungszeiten in der Grundschule. Bad Heilbrunn/ Obb
RAABE Fachverlag für Bildungsmanagement. Buchen, H., Horster, L., Rolff, H.-G. (Hrsg.) (1999):
Gesundheit und Schulentwicklung. Stuttgart, Berlin, Budapest, Sofia, Warschau, Wien
Reinhard, A. S., Hahn, C., Westen, M., Lerch, L., Banda- Stein, R. M. (Hrsg.): 22. Feministischer
Frauentherapiekongress Berlin 16. – 20. Juni 1999. Psychosoziale Arbeit im Spannungsfeld unterschiedlicher Kulturen und Lebensformen.
Verein Beiträge zur feministischen Theorie und Praxis e. V. (2003): Wenn Heimat global wird.
Köln
Rennig, L., Gräser, W. (2003): Gesunder Lebensraum Schule. Konzept zur gesundheitsfördernden Schulentwicklung an den Schulen des Staatlichen Schulamtes Halle. In: SchulVerwaltung Nr.
11/ 2003
Rommelspacher, B. (1998): Dominanzkultur. Texte zu Fremdheit und Macht. Berlin
Sachverständigenrat Bildung bei der Hans- Böckler- Stiftung (2001): Bildung in der frühen Kindheit. www.boeckler.de
Scheich, H. (1993): Was möchte das Gehirn lernen? Biologische Randbedingungen der Langzeitgedächtnisbildung. Referat anlässlich der Fachtagung „Neue Bildungskonzepte in Kindertageseinrichtungen“, 23./ 24.06.2003 Halle
Schulgesetz des Landes Sachsen- Anhalt in der Fassung vom 27. August 1996, zuletzt geändert
am 27. Februar 2003 (GVBl. LSA S 42)
Schulz von Thun, F. (1998): Miteinander Reden. Reinbek bei Hamburg
Senatsverwaltung für Gesundheit, Soziales und Verbraucherschutz (2003): Gesundheitsberichterstattung Berlin. Spezialbericht 2003. Zur gesundheitlichen Lage von Kindern in Berlin. Berlin
Statistisches Landesamt Sachsen- Anhalt (2003): Statistischer Bericht. Allgemein bildende Schulen. Schuljahr 2002/ 03. Schuljahresanfangsstatistik. Halle
Streit, M. (2001): Wohin mit dem Ego? Spiritualität und Psychotherapie. Berlin
Unterrichtsorganisation an den Grundschulen im Schuljahr 2003/ 3004, RdErl. des MK vom
17.6.2003, SVBl. LSA Nr. 9/ 2003
-
Verordnung über die sonderpädagogische Förderung vom 9. September 2001, GVBl. LSA Nr. 42/
2001
Versetzungsverordnung (VersetzVO) vom17.Juni 1999, GVBl. LSA Nr. 21/ 1999