Zusammenleben oder Heiraten? Eine bewusste

Transcrição

Zusammenleben oder Heiraten? Eine bewusste
Marcella Pirrone
Zusammenleben oder Heiraten?
Eine bewusste Entscheidung
Impressum:
November 2004
Herausgeber:
Gemeinde Bozen
Assessorat für Sozialpolitik und Chancengleichheit
Projekt:
Amt für Familie, Frau und Jugend – www.gemeinde.bozen.it
Autorin:
RA Dr. Marcella Pirrone, Rechtsberaterin »Donne contro la violenza – Frauen gegen Gewalt –
ONLUS« (Meran) und Familienberatungsstelle »AIED« (Bozen)
Übersetzung:
Dr. Sabine Ruedl
Grafik:
Socom & Pierre, Gabi Veit
Druck:
Tezzele Print GmbH
Auflage:
3.000 Stück
Die Publikation kann angefordert werden bei
Gemeinde Bozen
Amt für Familie, Frau und Jugend
Gumergasse 7, Zimmer 316, Bozen
Tel. 0471 997 467, Fax 0471 997 548
[email protected]
Zusammenleben oder Heiraten?
Eine bewusste Entscheidung
»Es gibt keine Daseins- oder Lebensweise,
die besser ist als alle anderen (...).
Die Familie von heute ist nicht mehr und
nicht weniger vollkommen als die von einst:
sie ist anders, weil die Umstände anders sind.«
Emile Durkheim – 1888
Die Worte des französischen Soziologen passen besonders gut in unsere Zeit, in der
eine ständige Weiterentwicklung des traditionellen Familienmodells beobachtet werden kann.
Neben der auf Ehe gegründeten Familienstruktur entscheiden sich immer mehr junge
Paare, in ihrem Alltagsleben Zuneigung und Interessen zu teilen, ohne sich durch die
Ehe aneinander zu binden. Oft hat auch die Tatsache, dass Kinder da sind keinen Einfluss auf die Entscheidung ob geheiratet wird oder nicht.
Das soziale Phänomen des Zusammenlebens tritt auch in unserer Stadt in einem bedeutenden Ausmaß auf und als Assessorat wurden wir häufig aufgefordert, uns mit
dem Thema des rechtlichen Schutzes in diesem Bereich auseinanderzusetzen. Der gesetzliche Rahmen der derzeit sowohl auf staatlicher als auch auf lokaler Ebene geltenden Bestimmungen ist sehr komplex und umfangreich und bietet trotz der zur Zeit im
Parlament laufenden Diskussionen zum Thema Pacs (Patti civili di solidarietà – nichteheliche Partnerschaften) keine eindeutige Interpretationsmöglichkeit.
Mit dieser Publikation möchten wir versuchen, den Paaren einen Überblick zu geben,
um sie bei der Entscheidung zwischen Ehe oder Lebensgemeinschaft zu unterstützen.
Es steht der öffentlichen Verwaltung nicht zu, sich in einen Entscheidungsporzess einzumischen, der zu einem dermaßen persönlichen Lebensbereich gehört, aber es ist
ihre Aufgabe, Mittel anzubieten, durch welche Informationen eingeholt werden können, um so besser eine verantwortungsbewußte und überlegte Entscheidung treffen
zu können.
Es schien uns daher für wichtig, diese Zusammenfassung von Bestimmungen zur Verfügung zu stellen, in der vor allem auf die Rechte und die Pflichte der eheähnlichen
Lebensgemeinschaft eingegangen wird und bedanken uns besonders bei der Autorin,
Rechtsanwältin Marcella Pirrone.
Die Stadträtin für Sozialpolitik und Chancengleichheit
Mimma Battisti Bonelli
3
Inhaltsverzeichnis
Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Hinweise auf die europäische Erfahrung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
6
7
8
I. Die Lebensgemeinschaft in der nationalen Gesetzgebung . . . . . . . . . . .
9
Kapitel 1 – Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
I.1.1. Definitionen von LebensgefährtInnen – Zusammenlebenden – in wilder
Ehe Lebenden – Lebensgemeinschaft – eheähnlicher Partnerschaft –
eheähnlicher Familie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
I.1.2. Nationale Gesetzesbestimmungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
I.1.3. Die lokale Gesetzgebung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
9
9
10
11
Kapitel 2 – Rechtliche Anerkennung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
I.2.1. Meldeamtliche Regelung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
I.2.2. Gemeinderegister für nicht verheiratete, zusammenlebende Paare . . . . . . .
I.2.3. Homosexuelle Paare . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
12
12
13
13
Kapitel 3 – Welche Regeln sind anwendbar? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
I.3.1. Die Selbstregelung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
I.3.2. Gleicher Schutz für beide? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
I.3.3. Vereinbarungen/Verträge in einer Lebensgemeinschaft . . . . . . . . . . . . . . .
14
14
14
15
Kapitel 4 – Persönliche Rechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
I.4.1. Besuchsrecht in sanitären Einrichtungen oder im Gefängnis . . . . . . . . . . . .
I.4.2. Die Sachwalterschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
16
16
17
Kapitel 5 – Finanzielle und vermögensrechtliche Aspekte . . . . . . . . . . . . . . . . . .
I.5.1. Die finanzielle Haushaltsführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
I.5.2. Unterhaltsleistung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
I.5.3. Getätigte Ankäufe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
I.5.4. Bankkonto/Investitionen/Schulden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
I.5.5. Versicherung/Schadensersatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
I.5.6. Gesundheitsfürsorge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
I.5.7. Arbeit und Familienunternehmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
I.5.8. Eigentumswohnung/Mietverhältnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
18
18
19
19
20
20
20
21
21
Kapitel 6 – Auflösung der Lebensgemeinschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
I.6.1. Kinder, Wohnung, Unterhalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
I.6.2. Vermögensrechtliche Folgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
23
23
23
Kapitel 7 – Erbrechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
24
Kapitel 8 – Hinterbliebenenrente/Fürsorgerechte/Versicherungen . . . . . . . . . . . .
25
Kapitel 9 – Die Kinder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
I.9.1. Gerichtliche und freiwillige Anerkennung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
I.9.2. Der Nachname . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
I.9.3. Pflichten der nicht verheirateten Eltern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
I.9.4. Sorgerecht und Anvertrauung der Kinder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
I.9.5. Erbrechte der Kinder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
26
26
26
27
27
27
4
Inhaltsverzeichnis
5
I.9.6. Mutterschaftsschutz und Vaterschaftsurlaub . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
I.9.7. Familienzulagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
I.9.8. Adoption . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
I.9.9. Künstliche Befruchtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
27
28
28
28
Kapitel 10 – Die Trennung der Eltern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
I.10.1. Verträge/Vereinbarungen bezüglich der Kinder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
I.10.2. Anvertrauung der Kinder und Besuchsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
I.10.3. Unterhaltsbeitrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
I.10.4. Zuweisung der Wohnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
29
29
29
29
30
Kapitel 11 – Strafrechtliche Normen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
I.11.1. Verletzung der Fürsorgepflichten gegenüber der Familie (Art. 570 StGB) .
I.11.2. Misshandlung in der Familie (Art. 572 StGB) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
I.11.3. Wegweisegesetz (Gesetz Nr. 154/2001) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
I.11.4. Die Möglichkeit, sich der Zeugenaussage zu enthalten (Art. 199 StPO) . .
31
31
31
31
31
II. Die Lebensgemeinschaft in der lokalen Gesetzgebung
der Region Trentino-Südtirol . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
32
Kapitel 1 – Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
II.1.1. Ergänzungsvorsorge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
II.1.2. Wohnbau . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
II.1.3. Sozialhilfe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
II.1.4. Unterhaltsvorschussstelle zum Schutz von minderjährigen Kindern . . . . . .
32
33
35
40
42
Kapitel 2 – Gesetzesdefinitionen bezüglich der Familie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
II.2.1. Gesetzesbestimmungen der Region . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
II.2.2. Gesetzesbestimmungen der Provinz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
II.2.2. A) Wohnbau . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
II.2.2. B) Sozialhilfe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
43
43
43
43
44
Kapitel 3 – AlleinerzieherInnen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
45
III. Auflistung der zitierten Gesetzesbestimmungen . . . . . . . . . . . . . . . . . .
46
IV. Örtliche Dienststellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
48
Zusammenleben oder Heiraten?
Vorwort
Diese Veröffentlichung wurde nicht für Fachleute oder JuristInnen verfasst, sondern
für jene, die sich aus privatem und/oder beruflichem Interesse mit diesem Thema
befassen. Das Hauptziel liegt darin, Grundinformationen zu liefern, welche für alle verständlich sind, und deshalb wird einerseits auf eine fachtechnisch-juristische Sprache
verzichtet und andererseits wird nicht auf die unzähligen Teilbereiche des Rechts eingegangen, da ansonsten der Inhalt zu komplex würde.
Auf jeden Fall muss man sich stets vor Augen halten, dass nur ExpertInnen eine klare
Lösung für individuelle Probleme finden können, indem sie jede Frage gründlich untersuchen, um sie dann fallspezifisch zu beantworten.
Die in dieser Veröffentlichung angeführten Rechtsnormen entsprechen
dem Stand vom 1. August 2004. Dank gilt der Juristin Dr. Sabine Ruedl für
die Übersetzung des gesamten italienischen Textes ins Deutsche.
6
Zusammenleben oder Heiraten?
Einführung
Man muss sich vor Augen halten, dass es in Italien keine spezifischen Normen
gibt, die sich ausdrücklich mit Lebensgemeinschaften befassen und diese gesetzlich regeln. Um auch für unverheiratete Paare eine rechtliche Regelung zu finden,
werden die Auslegungen der Rechtsprechung bezüglich verschiedenster Normen,
die sich nicht direkt mit Lebensgemeinschaften befassen, untersucht. Dadurch wird
aber die Möglichkeit, ein klares und einheitliches Bild von dieser Disziplin zu erhalten,
erschwert. Seit einigen Jahren werden jedoch einige Rechte der LebensgefährtInnen
durch Urteile der obersten Gerichtsbarkeiten (Verfassungsgerichtshof und Kassationsgerichtshof) festgehalten, da das weit verbreitete Phänomen der Lebensgemeinschaft
nicht mehr ignoriert werden kann.
Neben der durch Eheschließung gegründeten Familie wirft die Lebensgemeinschaft
auch in Italien immer neue juristische Fragen auf, mit welchen sich sowohl die italienischen Gesetzgeber (Rechtsnormen) als auch die Richter (Rechtsprechung) auseinandersetzen und für die zum Teil noch keine klaren Antworten gegeben werden können.
Es ist überaus wichtig, sowohl über die Folgen, die sich aus der Lebensgemeinschaft
als auch über die, die sich aus der Ehe ergeben, informiert zu werden, denn nur auf
diese Weise ist es möglich, eine bewusste Wahl zu treffen. Da es keine eindeutige und
allgemein gültige Antwort auf die Frage: »zusammenleben oder heiraten?« gibt, sollte
die Form der Partnerschaft den eigenen Wünschen und Bedürfnissen entsprechend
gewählt werden. Folglich kann auch diese Veröffentlichung keine klaren Antworten
liefern, aber ihr Ziel ist es, die rechtliche Regelung der wichtigsten Aspekte, von denen
zusammenlebende Paare betroffen sind, zu erklären (im Rahmen der im Vorwort
angeführten Grenzen), indem auf die wesentlichen Unterschiede zu verheirateten
Paaren hingewiesen wird.
Man muss wissen, dass Lebensgemeinschaft und Ehe vom italienischen Recht unterschiedlich behandelt werden, da damit zwei unterschiedliche Ziele verfolgt werden:
in der Ehe bietet das Gesetz den verheirateten Paaren ausdrücklich einen gewissen
Schutz (und eine Regelung durch festgelegte Normen), indem die Rechte und die
Pflichten, welche sich aus der Heirat ergeben, klar festgeschrieben sind (Art. 29 der
Verfassung, Art. 79 ff. und 143 ff. des Zivilgesetzbuches). Für zusammenlebende Paare
hingegen gibt es bedeutend weniger Rechtsnormen, wodurch der freien Entscheidungsmöglichkeit und der Autonomie dieser Paare bezüglich der Festlegung der
gegenseitigen Rechte und Pflichten Bedeutung zuerkannt und Freiraum gelassen wird.
Trotz allem erwachsen aus einer Lebensgemeinschaft auch soziale und moralische
Pflichten und obgleich sie grundsätzlich ohne rechtliche Bedeutung sind, können sich
die LebensgefährtInnen diese Pflichten mittels Vereinbarungen bindend auferlegen.
Demnach nehmen diese Vereinbarungen in den außerehelichen Beziehungen eine
äußerst wichtige Schutzfunktion ein.
Das Gesetz Nr. 151/1975 (Reform des Familienrechts) hat eine Gleichstellung zwischen
den Kindern eines verheirateten Paares (eheliche Kinder) und jenen eines zusammenlebenden Paares (nichteheliche Kinder) mit sich gebracht, d.h. dass sowohl die
Rechte/Pflichten der Kinder als auch der Eltern für diese identisch sind.
Aus soziologischer Sicht kann man sagen, dass heutzutage zusammenlebende Paare
zahlenmäßig immer mehr an Bedeutung gewinnen. Hiervon hat sowohl das Gesetz als
auch die Gesetzgebung Kenntnis genommen, indem einzelne Aspekte im Sinne des
7
Zusammenleben oder Heiraten?
Art. 2 der Verfassung, welcher die Anerkennung und Gewährleistung der »unverletzlichen Rechte des Menschen, sei es als Einzelperson, sei es innerhalb der gesellschaftlichen Gebilde« vorsieht, geregelt wurden.
Hinweise auf die europäische Erfahrung
(die technischen Daten wurden dem UDI – Donna e Giustizia –
Heft Nr. 3 April 2004, entnommen)
In Italien gibt es kein einheitliches Gesetz, welches die Lebensgemeinschaft regelt.
Andere europäische Staaten hingegen haben sich für eine gesetzliche Regelung dieses
Bereiches entschieden und haben somit die Berücksichtigung und rechtliche Anerkennung der Lebensgemeinschaft – und in einigen Staaten auch der homosexuellen Paare
– bewirkt.
Von großer Bedeutung sind die nordischen Länder Finnland, Norwegen, Dänemark
und Schweden (90% der in diesen Staaten lebenden Paare unter 35 haben sich für die
Lebensgemeinschaft entschieden), denn sie haben die Rechte und die Pflichten der
hetero- und homosexuellen Paare gesetzlich genau definiert. Auch Frankreich (46%
der dort lebenden Familien sind Lebensgemeinschaften) hat im Jahre 1999 eine spezifische Regelung für hetero- und homosexuelle Paare eingeführt (PACS, der zivile Solidaritätspakt). In Belgien und Holland sind verschiedene Formalitäten für die Reglementierung von hetero- und homosexuellen Lebensgemeinschaften vorgesehen (wie etwa
der notarielle Vertrag oder die Eintragung vor einem Standesbeamten). In Spanien
haben lediglich Katalonien und Aragonien eine spezifische Disziplin für (nur heterosexuelle) Lebensgemeinschaften eingeführt.
In anderen europäische Staaten hingegen, z.B. Deutschland, Österreich und Großbritannien, gibt es – ähnlich wie in Italien – keine spezifischen Rechtsnormen für eine
grundlegende Regelung der Lebensgemeinschaft. Die vorab beschriebene unterschiedliche Gesetzgebung in den einzelnen europäischen Staaten erschwert die einheitliche
Durchführung der Richtlinien der Europäischen Union der Jahre 1994 und 2000.
Die genannten Richtlinien sehen eine Vereinheitlichung der Rechtsnormen bezüglich
der Lebensgemeinschaft vor, wobei das Modell der nordeuropäischen Staaten als
Vorbild dienen soll, denn dieses stellt einen bedeutsamen kulturellen Schritt dar, da es
die Bedeutung jener persönlichen Beziehungen, die sich auf Gefühle und gegenseitige
Solidarität stützen, gestärkt hat.
8
I. Die Lebensgemeinschaft in der
nationalen Gesetzgebung
Kapitel 1
Einleitung
I.1.1. Definitionen von LebensgefährtInnen- Zusammenlebenden
– in wilder Ehe Lebenden – Lebensgemeinschaft – eheähnlicher
Partnerschaft – eheähnlicher Familie
All diese Begriffe sind im herkömmlichen Sprachgebrauch gleichbedeutend (folglich werden sie auch in dieser Veröffentlichung in gleichwertiger Weise verwendet)
und beziehen sich auf jene Personen, welche in einer emotionalen Beziehung
zusammenleben ohne jedoch verheiratet zu sein. Das Hauptmerkmal,
wodurch sich ein zusammenlebendes Paar von einem verheirateten unterscheidet, ist das Fehlen der Eheschließung, und zwar sowohl der zivilen als auch
religiösen.
Das Recht definiert nicht nur die Lebensgemeinschaft, sondern erkennt derselben auch
eine berechtigte Existenz zu, indem sie als gesellschaftliches Gebilde, in dem sich die
Persönlichkeit entfaltet (Art. 2 der Verfassung), anerkannt wird. Als von der italienischen Verfassung vorgesehenes gesellschaftliches Gebilde, erhält die Lebensgemeinschaft somit rechtliche Absicherung und Schutz.
Deshalb befasst sich die Gesetzgebung direkt oder indirekt mit der Lebensgemeinschaft, indem sie dieselbe definiert: in einigen Fällen (beispielsweise in der lokalen
Gesetzgebung bezüglich Dienstleistungen) werden weitere charakterisierende Elemente zur Bestimmung der zusammenlebenden Paare hinzugefügt. Einerseits führt dies
zur Untermauerung und Klärung der Rechtsdefinition in bezug auf die Lebensgemeinschaft, andererseits hingegen kann aber festgestellt werden, dass die nationale und
die lokale Gesetzgebung nicht immer eine einheitliche Definition der Lebensgemeinschaft liefert.
Beim Versuch, eine aus der Rechtsprechung des Kassationsgerichtshofes hervorgegangene Definition zusammenzufassen, ergibt sich Folgendes: »Die Lebensgemeinschaft beruht auf einer zwischenmenschlichen Beziehung, gekennzeichnet von
einer gefühlsmäßigen und familienähnlichen Stabilität. Diese Stabilität offenbart sich, wie bei jeder Familie, durch ein gemeinsames Leben, gemeinsame
Interessen und durch gegenseitigen moralischen und materiellen Beistand«.
Charakterisierende Merkmale sind demnach – neben dem objektiven Merkmal des
Zusammenlebens (dessen Form nicht genau festgeschrieben ist!) – eine
gefühlsmäßige Stabilität bzw. eine emotionale und sexuelle Lebensgemeinschaft
sowie ein gemeinsames Leben, gemeinsame Interessen und gegenseitiger
moralischer und materieller Beistand.
Offensichtlich sind diese Merkmale nicht immer leicht erkennbar: Es gibt jedoch einige
objektive Elemente, in Ergänzung zu dem unabdingbaren Merkmal des Zusammenlebens und unabhängig von den Absichten und Erklärungen der direkt Betroffenen,
9
Lebensgemeinschaft – nationale Gesetzgebung
welche das Bestehen einer Lebensgemeinschaft vermuten lassen, z.B. die gemeinsame
oder zumindest aufeinander abgestimmte Wirtschafts- und Vermögensführung,
die Verantwortung gegenüber dem Partner/der Partnerin, gemeinsame Interessen und
soziale Beziehungen, welche zusammen aufgebaut werden. Selbstverständlich ist die
Geburt eines Kindes für die Außenwelt ein eindeutiges Merkmal für das Bestehen
einer Lebensgemeinschaft.
I.1.2. Nationale Gesetzesbestimmungen
Die rechtliche Absicherung und der Schutz unterscheiden sich in vielen Aspekten von denen, die einem verheirateten Paar zukommen. Für Letztere gibt es
eine Reihe von Rechtsnormen, welche genau definierte und verbindliche Grundsätze –
sei es in persönlicher/moralischer, sei es in finanzieller/vermögensrechtlicher Hinsicht –
festlegen, welche nicht auf LebensgefährtInnen anwendbar – und demzufolge für
diese auch nicht bindend sind. Wären diese für Ehepaare vorgeschriebenen Rechtsnormen auch für LebensgefährtInnen bindend, hätte die Möglichkeit, sich gegen den
Bund der Ehe und den damit verbundenen Rechten und Pflichten zu entscheiden, gar
keinen Sinn mehr, denn es würde keinen Unterschied mehr zwischen Lebensgemeinschaft und Ehe geben. Diese starke Vereinheitlichung und Homologisierung würde
letztendlich die Anwendung eines einzigen gültigen Modells vorschreiben.
All dies ist von der italienischen Gesetzgebung nicht beabsichtigt. Die Tatsache, dass
für verheiratete Paare – im Vergleich zu Unverheirateten – ein besonderer Schutz
besteht (z.B. das Recht des Ehepartners/der Ehepartnerin auf Unterhaltszahlung bei
Ehetrennung, was bei LebensgefährtInnen zur Gänze fehlt), führt dazu, dass für einzelne Aspekte immer stärker eine Gleichstellung gefordert wird. Dieser Forderung
wurde rechtlich teilweise nachgekommen, wodurch die ursprüngliche klare Abgrenzung aufgelockert bzw. größere Aufmerksamkeit der offensichtlichen Benachteiligung
gewidmet wurde.
Das Ziel der »Gleichstellung« jener Rechtspositionen, welche ohne jegliche Begründung und zu Unrecht unterschiedlich geregelt waren, wurde mit der Reform des
Familienrechts im Jahre 1975 (Gesetz Nr. 151/1975) für die Kinder klar umgesetzt,
denn die Reform bewirkte eine vollkommene Gleichstellung der Kinder, welche
außerhalb der Ehe geboren wurden (nichteheliche Kinder) mit den Kindern
eines verheirateten Paares.
Die verschiedenen Schutzbestimmungen verhindern und bestrafen eine unterschiedliche oder gar diskriminierende Behandlung von nichtehelichen Kindern (siehe Kapitel 9
– Die Kinder).
Zum Schluss muss noch hervorgehoben werden, dass stabile emotionale Bindungen
zwischen Homosexuellen in der italienischen Rechtsordnung keinerlei Platz
oder Schutz finden. Sie werden nicht als Lebensgemeinschaft anerkannt – selbst
wenn alle erforderlichen Voraussetzungen eines solchen Paares unmissverständlich
bestehen – und dürfen nicht heiraten (siehe Kapitel I.2.3. Homosexuelle Paare).
10
Lebensgemeinschaft – nationale Gesetzgebung
I.1.3. Die lokale Gesetzgebung
Für eine genaue Analyse und Definition der LebensgefährtInnen und der Zusammenlebenden wird sich diese Veröffentlichung mit der lokalen Gesetzgebung befassen.
Natürlich hat sich auch die lokale Gesetzgebung – vor allem im Bereich der »Familie«
(bzw. der »Familien«, angesichts der verschiedenen bestehenden Formen) – mit
diesem gesellschaftlichen Erscheinungsbild befasst: vor allem die Regionen mit Sonderstatut, wie etwa unsere Region, haben aufgrund ihrer gesetzgebenden Kraft großen
Einfluss auf das Leben ihrer BürgerInnen und deshalb ist es überaus wichtig, zu erkennen, ob die nationalen Bestimmungen auch auf lokaler Ebene Anwendung finden
oder nicht. Grundsätzlich kann festgestellt werden, dass die lokale Gesetzgebung (und
die Auslegung derselben) den nationalen Richtlinien folgt, manchmal jedoch führen
lokale Normen – siehe hierfür den Teil, der sich mit der lokalen Gesetzgebung befasst
– zu einer Spezifizierung/Berichtigung von bestehenden Definitionen der Lebensgemeinschaft in der staatlichen Gesetzgebung; diese Normen sind gültig, solange sie
nicht die Grundprinzipien und Grundrechte der BürgerInnen verletzen.
11
Lebensgemeinschaft – nationale Gesetzgebung
Kapitel 2
Rechtliche Anerkennung
Für einige geltende Rechtsnormen ist das Zusammenleben, welches wie bereits erwähnt ein Merkmal der Lebensgemeinschaft ist, lediglich ein materielles/faktisches
Merkmal, das nicht unbedingt formalisiert sein muss. Demzufolge gelten auch
LebensgefährtInnen, welche offiziell an verschiedenen Orten ansässig sind, als
Zusammenlebende, sobald das Zusammenleben tatsächlich vorhanden ist und all jene
charakterisierende Merkmale aufweist, die im Sinne der bereits angeführten Definitionen erforderlich sind.
I.2.1. Meldeamtliche Regelung
Das formale Merkmal des gemeinsamen Wohnsitzes sowie des Familienbogens
erleichtert eine klare Identifizierung der Lebensgemeinschaft. Im Sinne des D.P.R.
Nr. 223/1989 bezüglich der meldeamtlichen Regelung spricht man von einer »meldeamtlichen Familie«, die im Register des Meldeamts eingetragen wird, wenn
mehrere Personen, die durch Heirat, Verwandtschaft, Schwägerschaft, Adoption, Vormundschaft oder auch durch emotionale Beziehungen miteinander verbunden sind,
zusammen wohnen und den ständigen Wohnsitz in derselben Gemeinde haben; unter
»ständigem Wohnsitz« ist der formelle Wohnsitz zu verstehen. Bestehen diese
Voraussetzungen, scheinen all diese Personen auch auf demselben Familienbogen auf.
Die angeführten Rechtsnormen sind hilfreich, um das Bestehen eines
Zusammenlebens zu bezeugen.
Es ist zu beachten, dass für die Eintragung in das meldeamtliche Register der Begriff
»emotionale Beziehung« so ausgelegt wird, dass er auch freundschaftliche Beziehungen beinhaltet, demnach scheint nicht nur der Lebensgefährte/die Lebensgefährtin,
sondern auch der Freund/die Freundin auf dem Familienbogen auf. Um zu verhindern,
dass auf dem Familienbogen eine Person aufscheint, an die man weder durch persönliche noch durch materielle Interessen gebunden ist, sollte man bei der Bildung der
meldeamtlichen Familie die Beziehung zwischen den Zusammenlebenden genau
definieren.
Wenn sich die LebensgefährtInnen trennen, der Partner/die Partnerin aber weiterhin in
der gemeinsamen Wohnung wohnt (bzw. den Wohnsitz nicht verlegt), bleibt auch der
Familienbogen unverändert (bzw. auf dem Stand der ersten Eintragung), da das
Meldeamt eine Änderung der Beziehung nicht erkennen kann, da dies ein persönlicher
Bereich ist und nicht ein objektiv erkennbares Merkmal wie das Zusammenleben.
Dies kann dann zu Nachteilen führen, wenn z.B. für die Einschätzung des Einkommens
einer Person auch das Einkommen der auf dem Familienbogen aufscheinenden
Person(en) berücksichtigt wird.
12
Lebensgemeinschaft – nationale Gesetzgebung
I.2.2. Gemeinderegister für nicht verheiratete,
zusammenlebende Paare
Einige Gemeinden Italiens (darunter auch Bozen) haben beschlossen, ein Register für
nicht verheiratete, zusammenlebende Paare einzuführen, welches von einem eigens
dafür zuständigen Amt geführt wird.
Die Beschlussbestimmung der Gemeinde Bozen besagt, dass »zwei Personen, die nicht
miteinander verheiratet, verwandt oder verschwägert sind und zwischen denen kein
Band der Adoption besteht, die seit mindestens einem Jahr zusammenleben und in
der Gemeinde Bozen wohnhaft sind«, die Eintragung in das Register für nicht verheiratete zusammenlebende Paare beantragen können. Auf Antrag der Interessierten
erlässt das zuständige Gemeindeamt eine Bescheinigung bezüglich dieser Eintragung.
Diese Bescheinigung gilt in jenen Gemeinden, die ein solches Register führen,
als zusätzlicher Beweis für das Bestehen eines Zusammenlebens. Es ist hervorzuheben, dass bei fehlender Übereinstimmung zwischen den Eintragungen im Register
für nicht verheiratete zusammenlebende Paare und denen im meldeamtlichen oder
standesamtlichen Register, nur letztere allgemeine Gültigkeit zur Bestätigung eines Status haben. Eintragungen im Register für nicht verheiratete, zusammenlebende Paare
haben lediglich für die Bildung einer meldeamtlichen Familie gemäß der meldeamtlichen Regelung Beweiskraft, denn sie bezeugen das Bestehen eines Zusammenlebens,
das auf einer emotionalen Beziehung beruht.
Außer der symbolischen Bedeutung der »öffentlichen« Anerkennung dieser Lebensform bringt die Eintragung in das Gemeinderegister zum heutigen Zeitpunkt noch
keine rechtlich relevanten Folgen – weder Vorteile noch Nachteile – mit sich. Das Register würde erst dann einer Anerkennung von Rechten dienen, wenn die Eintragung
konkrete Ergebnisse mit sich brächte (wie z.B. den Zugang zu öffentlichen Dienstleistungen u.ä.).
I.2.3. Homosexuelle Paare
Die Vorrangigkeit des Registers des Meldeamtes erklärt, weshalb homosexuelle Paare,
welche die Voraussetzungen für die Eintragung in das von der Gemeinde geführte
Register für nicht verheiratete zusammenlebende Paare haben, zwar Zugang zu den
Rechten und Vorteilen, die diese Eintragung auf gemeindepolitischer Ebene in der Zukunft mit sich bringen könnte, erhalten können, gleichzeitig aber von der italienischen
Gesetzgebung nicht als Lebensgemeinschaft anerkannt werden, denn bisher gewährt
die italienische Rechtsordnung den homosexuellen Paaren noch keine rechtliche Anerkennung. Es ist offensichtlich, dass dies zu einem geringeren bzw. gänzlich
fehlendem rechtlichen Schutz dieser Paare führt.
Aus diesem Grunde wird diese Publikation, die sich ausdrücklich nur mit den vom
italienischen Rechtssystem anerkannten zusammenlebenden Paaren beschäftigt (also
ausschließlich den heterosexuellen), die Rechte, die eventuell auch homosexuellen
Paaren zuerkannt werden können, nur am Rande erwähnen, denn eine spezifische
Behandlung dieser Form von Lebensgemeinschaft würde eine eigene Untersuchung
der Rechtsprinzipien erfordern.
13
Lebensgemeinschaft – nationale Gesetzgebung
Kapitel 3
Welche Regeln sind anwendbar?
In der Einleitung wurde darauf hingewiesen, dass die italienische Rechtsordnung verheirateten und zusammenlebenden Paaren mit klarer Absicht unterschiedlichen Schutz
gewährt, indem bei verheirateten Paaren viele grundlegende Aspekte der Beziehung
vom Recht durch genaue und unabänderliche Vorschriften geregelt werden. Zusammenlebende Paare können sich hingegen nicht auf einen ähnlich strukturierten Rechtsapparat, der ihren Bedürfnissen angepasst werden kann, beziehen; und deshalb
bewegen sie sich in einem gesetzlich nicht geregelten Bereich, was zu einem geringeren Schutz gewisser Interessen führen kann. Bevor auf die genaue Regelung einiger
Aspekte eingegangen wird, kann es hilfreich sein, sich mit den Folgen einer solchen
»Gesetzeslücke« in der Lebensgemeinschaft allgemein auseinander zu setzen.
I.3.1. Die Selbstregelung
Wenn – im Gegensatz zur Ehe – grundlegende Aspekte der Beziehung, wie etwa
persönliche oder vermögensrechtliche Rechte und Pflichten, nicht gesetzlich geregelt
werden, kann dies dazu führen, dass die Betroffenen ihre jeweiligen Interessen selbst
gewissenhaft und gründlich abwägen müssen. Zudem haben die Betroffenen die
Möglichkeit, eine freie, sich von anderen unterscheidende Selbstregelung festzulegen.
Selbstregelung bedeutet, dass sich die LebensgefährtInnen eigene Vorschriften setzen,
die sie selbst als richtig und bindend erachten. Da zusammenlebende Paare sich nicht
an eine genauestens vorgeschriebene Vorlage (die Ehe) halten müssen, können sie ihre
emotionale Beziehung auf verschiedenste Weise regeln, sodass somit auch pluralistische Formen in der Gesellschaft gefördert werden. Denjenigen, die sich gegen die Ehe
entscheiden, sollte durchaus bewusst sein, was sie in ihrer Beziehung schützen und
stärken wollen, denn sie können dies nicht automatisch den Gesetzen, welche die Ehe
regeln, überlassen. Um nach dem Prinzip der Gleichwertigkeit eine ausgeglichene
Beziehung gestalten zu können (siehe Kapitel I.3.3. Vereinbarungen/Verträge zwischen
LebensgefährtInnen), ist es unabdingbar, dass sich die LebensgefährtInnen ihrer
Bedürfnisse, Wünsche und Ideale durchaus bewusst sind und auch die Möglichkeit
haben, mit ihrem Partner/ihrer Partnerin gleichwertig zu verhandeln.
I.3.2. Gleicher Schutz für beide?
Es hängt von der Fähigkeit beider Partner ab, ob ihre jeweiligen Interessen auf gleiche
Weise und zur Genüge geschützt werden, oder ob ein Teil der Interessen nur geringen
Schutz findet. Die Interessen beider können nur dann auf gleiche Weise geschützt
werden, wenn die LebensgefährtInnen diese gleich stark vertreten können und wenn
sie Regeln des Zusammenlebens, welche für beide bindend sind und den Interessen
beider gerecht werden, aufstellen (z.B. die so genannten »Verträge zwischen
LebensgefährtInnen«). Dies ist nicht immer leicht, denn ein ausgeglichenes Machtverhältnis wird häufig von psychologischen und wirtschaftlichen Faktoren beeinflusst.
Außerdem fördern die bestehenden sozio-kulturellen Vorbilder nicht die Angewohnheit, Rechte und Pflichten in emotionalen Beziehungen festzuhalten, da eine schrift14
Lebensgemeinschaft – nationale Gesetzgebung
liche Festlegung von gegenseitigen Rechten und Pflichten in einer Liebesbeziehung
immer noch als »unfair« erachtet wird, während der Abschluss von Verträgen in vielen
anderen Bereichen des Lebens als völlig normal gesehen wird (die Ehe selbst ist ein
Vertrag). Dies hat zur Folge, dass heute noch Personen, die sich für eine Lebensgemeinschaft entscheiden, selten an die Möglichkeit einer »Selbstregelung« denken,
sodass die Beziehung de facto ohne jegliche schriftliche Vereinbarung bleibt. Wenn
sich Zusammenlebende nicht einigen und/oder nicht auf eine von ihnen getroffene
Vereinbarung (wie die so genannten »Verträge zwischen Lebensgefährten«) berufen
können und ihnen auch keine sonstigen Rechtsmittel zur Verfügung stehen, kommt
es häufig dazu, dass LebensgefährtInnen aufgrund der »Gesetzeslücke« keinerlei
rechtlichen Schutz erhalten.
I.3.3. Vereinbarungen/Verträge in einer Lebensgemeinschaft
Grundsätzlich sind Vertragsschließungen in der Lebensgemeinschaft erlaubt und finden auch Anwendung (mit den Einschränkungen, die in der Folge aufgezeigt werden),
obschon die italienische Gesetzgebung deren konkrete Anwendung nicht genau geregelt hat und dies zu Unsicherheiten führen kann. Deshalb ist es ratsam, dass die
LebensgefährtInnen (auch homosexuelle Paare), die ihre Rechte und Pflichten schriftlich festhalten wollen, sich von RechtexpertInnen beraten lassen, damit die Gültigkeit
der Vereinbarung gewährleistet ist!
Obgleich in der italienischen Rechtsordnung der Möglichkeit, sich den Regeln der Ehe
entziehen zu können, Bedeutung zuerkannt wird, ist es nicht erlaubt, dass alle
Aspekte der Lebensgemeinschaft von den Betroffenen selbst geregelt werden!
Es gibt viele Rechte, die nur in der gesetzlich vorgeschriebenen Form angewandt und
folglich auch nicht abgeändert werden dürfen; wird dies von den LebensgefährtInnen
nicht beachtet, ist die Vereinbarung selbst gesetzeswidrig und somit nichtig: z.B. trifft
jede Entscheidung bezüglich Kinder auf die unabänderliche Tatsache, dass die Interessen Minderjähriger den der Erwachsenen übergeordnet sind (siehe Kapitel I.9.3.
Pflichten der nicht verheirateten Eltern und I.9.4. Sorgerecht und Anvertrauung der
Kinder). Ebenso können sich Verträge zwischen LebensgefährtInnen nicht auf höchstpersönliche Rechte beziehen, denn für diese gilt der verfassungsrechtliche Grundsatz der freien Selbstbestimmung, d.h. dass z.B. keine Verpflichtungen bezüglich der
Dauer der Beziehung getroffen, Strafen für den Fall der Untreue festgesetzt, sexuelle
Pflichten auferlegt werden dürfen; ebenso darf auch die Entscheidung, Kinder zu bekommen oder nicht, nicht verbindlich festgelegt werden.
15
Lebensgemeinschaft – nationale Gesetzgebung
Kapitel 4
Persönliche Rechte
Vor allem für den persönlichen Bereich ist es schwer, der Lebensgemeinschaft mit Vereinbarungen/Verträgen Schutz zu bieten. Wenn eine öffentliche Anerkennung des Zusammenlebens fehlt, kann dies dazu führen, dass in manchen Situationen die Bindung
zwischen Partnern nicht jene »Vorteile« mit sich bringt, die normalerweise aus einer
stabilen emotionalen Beziehung entstehen. Eine Vereinbarung zwischen den LebensgefährtInnen genügt in diesen Fällen nicht, sondern es bedarf eines speziellen Einschreitens seitens der Gesetzgebung oder der Verwaltung, die gewisse Rechte und
Begünstigungen ausdrücklich gewähren. Dies wird aus den unten angeführten
Beispielen ersichtlich.
I.4.1. Besuchsrecht in sanitären Einrichtungen oder im Gefängnis
Es ist möglich, den Lebensgefährten/die Lebensgefährtin in sanitären Einrichtungen zu
besuchen, ebenso können grundlegende dringende Entscheidungen zur Gesundheit
des Partners/der Partnerin auch vom Lebensgefährten/von der Lebensgefährtin getroffen werden, wenn die zuständige Verwaltung dies zulässt. In diesen besonderen Fällen
wäre es ratsam – auch um Konflikte mit Verwandten zu vermeiden –, wenn die
Betroffenen selbst bereits zu einem früheren Zeitpunkt schriftlich jene Person angeben
würden, welche in bestimmten Fällen schwere und dringende Entscheidungen bezüglich der eigenen Gesundheit treffen dürfen. Zusammenlebende werden vom Gesetz
nicht als Verwandte anerkannt und deshalb wäre es wichtig, dass Krankenhäuser und
Pflegeeinrichtungen in ihren Reglements die LebensgefährtInnen ausdrücklich als
Familienmitglieder anführen.
Dasselbe gilt für die Besuche im Gefängnis, wo der Lebensgefährte/die Lebensgefährtin dank einer ausdrücklichen Vorschrift der Gefängnisordnung (Gesetz Nr. 354/1975,
Art. 30) berücksichtigt wird. Gleiches findet sich auch in der Gesetzgebung zur
Bekämpfung der Mafia (Gesetz Nr. 646/1982, Art. 14).
16
Lebensgemeinschaft – nationale Gesetzgebung
I.4.2. Die Sachwalterschaft
Mit dem Gesetz Nr. 6/2004 wurde eine neue Einrichtung – die Sachwalterschaft – geschaffen, die jene Personen schützen soll, denen die Selbstständigkeit, das alltägliche
Leben zu meistern, zur Gänze oder auch nur teilweise fehlt. Diesen Personen wird eine
vorübergehende oder auch eine permanente Unterstützung geboten, wobei darauf
geachtet wird, ihre Handlungsfähigkeit so wenig wie möglich einzuschränken.
Die Möglichkeit, eine Sachwalterschaft in Anspruch zu nehmen, bietet sich in all jenen
Fällen, in denen eine Person z.B. aufgrund eines Unfalls, einer Krankheit oder auch
angeborener Mängel in ihrer Fähigkeit, sich selbst zu versorgen zwar beeinträchtigt
wird, aber nicht so stark, dass eine volle Entmündigung – wo der betroffenen Person
jegliche Rechtsfähigkeit genommen wird – erforderlich wäre. Sollte eine Sachwalterschaft erforderlich sein, kann hierfür im Interesse des/der zu Betreuenden an den
Vormundschaftsrichter ein Antrag gestellt werden und/oder es wird ein Sachwalter ernannt. Das Gesetz, welches einige Artikel des Bürgerlichen Gesetzbuches abgeändert
hat, sieht in den veränderten Art. 408 und Art. 417 ZGB vor, dass neben dem Ehepartner/der Ehepartnerin auch »jene Person, die dauerhaft mit dem/der zu Betreuenden zusammengelebt hat« einen solchen Antrag stellen und als Sachwalter ernannt
werden kann.
17
Lebensgemeinschaft – nationale Gesetzgebung
Kapitel 5
Finanzielle und vermögensrechtliche Aspekte
I.5.1. Die finanzielle Haushaltsführung
Das Gesetz verpflichtet die Ehepartner, sich gegenseitig sowohl moralisch als auch
materiell beizustehen, indem festgelegt wird, dass jeder/jede im Verhältnis der eigenen
Mittel zum Unterhalt beitragen soll. Für die finanziellen und vermögensrechtlichen
Beziehungen zwischen LebensgefährtInnen gibt es keine rechtliche Regelung, sodass
sie frei geregelt werden können. Laut geltender Gesetze ist es weder während des
Zusammenlebens noch nach Beendigung desselben möglich, vom Partner/von der
Partnerin eine Unterhaltszahlung für sich zu fordern oder finanzielle Auslagen, die für
die Lebensgemeinschaft getätigt wurden, zurückzufordern.
Die geltenden Gesetzesbestimmungen im Bereich der Verbindlichkeiten/Verträge definieren wirtschaftliche Leistungen zwischen Lebensgefährtin und -gefährten als
Naturalobligationen, d.h. Leistungen, die zur Erfüllung moralischer und
sozialer Pflichten erbracht wurden und für die eine Rückerstattung gefordert
werden kann (außer wenn die Leistung in einem absoluten Ungleichgewicht zu den
sozialen und finanziellen Verhältnissen der LebensgefährtInnen steht). Dasselbe gilt für
Geschenke/Zuwendungen, welche während des Zusammenlebens gemacht wurden.
Häufig kann ein wirtschaftliches Ungleichgewicht zwischen den LebensgefährtInnen
entstehen, da z.B. der gesamte Unterhalt mit den finanziellen Mitteln (z.B. dem
Einkommen) eines Partners/einer Partnerin bestritten und das Vermögen/Einkommen
des anderen für Ankäufe, Investitionen u.ä. verwendet wird. Hierfür gibt es unzählige
Beispiele:
– Ankauf oder Sanierung von unbeweglichen Gütern (z.B. einer Wohnung), oder
Ankauf von beweglichen Gütern (z.B. eines Autos), die nur im Namen eines Lebensgefährten/einer Lebensgefährtin getätigt werden;
– Investitionen, Bankkonten, Sparbücher, welche auf dem Namen nur eines Lebensgefährten/einer Lebensgefährtin laufen.
In all diesen Fällen ist die Form ausschlaggebend: Eigentümer bleibt jene Person, deren
Name offiziell aufscheint; der/die andere hingegen hat keine Möglichkeit die Beträge,
die er/sie für die Finanzierung des gemeinsamen Unterhaltes ausgegeben hat, zurückzufordern, denn im Gegensatz zum bleibenden Wert der materiellen Güter werden
diese Beträge täglich »aufgebraucht«.
Damit das Vermögen, das während der Beziehung erworben wird, gerecht aufgeteilt
wird, und damit beide LebensgefährtInnen in gleichem Ausmaß zum Unterhalt der
Familie beitragen, könnte eine schriftliche Vereinbarung bezüglich der Finanzierung des gemeinsamen Haushaltes hilfreich sein (z.B. mittels Einzahlungen beider
Partner auf ein gemeinsames Bankkonto). Somit wird sichergestellt, dass sowohl die
Unterhaltsbestreitung als auch sonstige Einkäufe für die Familie von beiden im Verhältnis zu ihren finanziellen Möglichkeiten getätigt werden. Wenn sich die LebensgefährtInnen einig sind, dass diese Ausgaben nur von einem/einer getragen werden, sollte
dieser/diese sich der Tatsache bewusst sein, dass er/sie diese Aufwendungen zu einem
späteren Zeitpunkt nicht mehr zurückfordern kann, außer dies ist ausdrücklich in einer
schriftlichen Vereinbarung festgelegt worden.
18
Lebensgemeinschaft – nationale Gesetzgebung
I.5.2. Unterhaltsleistung
Obengenanntes ist äußerst wichtig, wenn man bedenkt, dass LebensgefährtInnen
im Gegensatz zu EhepartnerInnen weder während der Beziehung noch bei einer eventuellen Trennung Anrecht auf einen Unterhaltsbeitrag haben!
Kommt es trotz fehlender rechtlicher Verpflichtung während der Beziehung zu einer
freiwilligen oder auch vereinbarten Unterhaltsleistung zu Gunsten des Lebensgefährten/der Lebensgefährtin, ist dies eine sogenannte »Naturalobligation«, d.h. eine Leistung, die aufgrund der bestehenden gegenseitigen moralischen und sozialen Pflichten
gemacht wird; deshalb kann eine Naturalobligation laut Gesetz nicht rückerstattet
oder ersetzt werden. Der Lebensgefährte/die Lebensgefährtin hat z.B. auch kein Anrecht auf finanzielle Anerkennung der geleisteten Hausarbeit oder für den Verzicht auf
eine eigene Verdienstmöglichkeit, denn diese wird als freiwillige Erfüllung der Naturalobligation, mit den eigenen Mitteln und Fähigkeiten zum Familienleben beizutragen,
angesehen (siehe Kapitel I.5.7. Arbeit und Familienunternehmen).
Auch in diesem Fall könnte ein Vertrag zwischen LebensgefährtInnen Anwendung
finden. Damit könnten sich LebensgefährtInnen verpflichten, während der Beziehung
und/oder bei einer Trennung einen Unterhalt zu bezahlen, wodurch die finanzielle Zukunft ihrer PartnerInnen gesichert wäre; eine solche Verpflichtung kann verschiedenste
Gründe haben: beispielsweise als Dank für das wirtschaftliche Opfer, das der Lebensgefährte/die Lebensgefährtin gebracht hat, da er/sie die eigene berufliche Tätigkeit
aufgegeben hat, um zum Partner/zur Partnerin zu ziehen oder um sich völlig der Erziehung der gemeinsamen Kinder zu widmen.
Nur durch einen gültigen Vertrag kann eine wirtschaftliche Sicherheit gewährleistet
werden; andernfalls besteht die Gefahr, dass ein Lebensgefährte/eine Lebensgefährtin
nach einer Trennung ohne jegliche Unterhaltsleistung bleibt, obgleich der Partner/die
Partnerin äußerst vermögend ist.
I.5.3. Getätigte Ankäufe
Selbst mit Vertrag ist es in der Lebensgemeinschaft nicht möglich, eine Gütergemeinschaft zu vereinbaren; diese bleibt EhepartnerInnen vorbehalten. In der
Lebensgemeinschaft gilt jener/jene als Eigentümer/Eigentümerin, der/die den Ankauf
der beweglichen oder unbeweglichen Güter getätigt hat. Damit den LebensgefährtInnen ein Gut gemeinsam gehört (die entsprechenden Anteile werden von den
Parteien selbst festgelegt), muss dies beim Kauf ausdrücklich festgehalten werden.
Wenn ein Gut ausschließlich einem Lebensgefährten/einer Lebensgefährtin gehört,
obgleich der Ankauf gänzlich oder auch nur teilweise mit finanziellen Mitteln des/der
anderen getätigt wurde, kann die investierte Summe zurückgefordert werden,
wenn die Herkunft dieser Mittel (möglichst mit entsprechender Dokumentation) nachweisbar ist.
19
Lebensgemeinschaft – nationale Gesetzgebung
I.5.4. Bankkonto/Investitionen/Schulden
Bezüglich der Bankkonten gibt es noch keine besondere Regelung für LebensgefährtInnen, deshalb ergeben sich für diese nur dann Vorteile bzw. auch Nachteile
(z.B. Schulden), wenn sie formell als Inhaber dieser Konten aufscheinen bzw. mitunterschrieben haben. Will man beispielsweise als Mitinhaber des Kontos aufscheinen
oder eine Garantie für die Schulden des anderen leisten, ist es erforderlich, dass
dies – ähnlich wie beim Ankauf von Gütern – bei Vertragsabschluss ausdrücklich angeführt wird.
I.5.5. Versicherung/Schadensersatz
Obengenanntes gilt auch für alle Versicherungen: der Lebensgefährte/die Lebensgefährtin muss ausdrücklich als Begünstigter/Begünstigte genannt werden (z.B. bei
Lebensversicherungen).
Geltende Gesetze gewähren dem Lebensgefährten/der Lebensgefährtin ein Recht auf
moralischen Schadensersatz, wenn seinem Partner/seiner Partnerin etwas zustößt oder
wenn dieser/diese stirbt. Wird eine finanzielle Abhängigkeit vom Partner/von der Partnerin, der/die mittlerweile nicht mehr fähig ist, Geld zu verdienen, nachgewiesen,
kann in einigen nFällen auch die Ersetzung des Vermögensschadens gefordert werden.
I.5.6. Gesundheitsfürsorge
Im sanitären Bereich hat die nationale Gesetzgebung mittels zweier bedeutsamer
Gesetze eine Gleichstellung von LebensgefährtInnen mit EhepartnerInnen bzw. von der
Lebensgemeinschaft mit der Ehe erwirkt.
Das Gesetz Nr. 405/1975 hat Familienberatungsstellen eingeführt, wobei die dort
angeführte Definition des Paares auch die Lebensgemeinschaft beinhaltet und dieselbe
hat folglich zu allen Diensten, die von diesen Stellen angeboten werden, Zugang. Das
Gesetz Nr. 194/1978 bezüglich des Mutterschaftsschutzes und der Schwangerschaftsunterbrechung sieht vor, dass auch der Vater des gezeugten Kindes mit einbezogen
wird, wobei nicht zwischen einer ehelichen und einer unehelichen Vaterschaft unterschieden wird.
20
Lebensgemeinschaft – nationale Gesetzgebung
I.5.7. Arbeit und Familienunternehmen
In der Lebensgemeinschaft kommt häufig vor, dass LebensgefährtInnen ihre Arbeitskraft für die Tätigkeit/den Betrieb/das Unternehmen ihrer PartnerInnen einsetzen und
dafür keinerlei oder nur eine geringe finanzielle Entlohnung erhalten. Nur wenn das
Arbeitsverhältnis oder die Mitarbeit tatsächlich nachgewiesen werden kann, kann in
Anwendung des geltenden Arbeitsrechts innerhalb der Verjährungsfrist von 5 Jahren
nach der Arbeitsleistung eine angemessene Entlohnung gefordert werden (eventuell
auch in einem Gerichtsverfahren).
Der Artikel des Zivilgesetzbuches (Art. 230 bis) bezüglich des Familienunternehmens, welcher besondere Formen und Regelungen für die Mitarbeit der Familienmitglieder festlegt, ist nicht auf die Lebensgemeinschaft anwendbar.
Das geltende Arbeitsrecht regelt das Arbeitsverhältnis zwischen Lebensgefährtin und
-gefährten, die gemeinsam ein Unternehmen führen. Damit die Entlohnung der
tatsächlich geleisteten Arbeit gefordert werden kann, muss die Arbeitsleistung nachgewiesen werden. Sollte es jedoch schwer bzw. unmöglich sein, diese nachzuweisen,
kann man zwar keine Entlohnung, aber eine angemessene Entschädigung fordern,
allerdings muss in diesem Fall belegt werden, dass sich der Partner/die Partnerin aufgrund der geleisteten Arbeit ungerechtfertigt bereichert hat.
I.5.8. Eigentumswohnung/Mietverhältnis
In Lebensgemeinschaften (mit oder ohne Kinder) gibt es in Bezug auf die gemeinsame
Wohnung unterschiedliche Situationen:
a) die Wohnung gehört nur einer Person;
b) die Wohnung gehört beiden gemeinsam;
c) die Wohnung wurde von einer Person oder von beiden gemeinsam gemietet.
Vorausgeschickt, dass die Bestreitung der ordentlichen Wohnungsspesen gesetzlich
nicht geregelt ist, steht es den LebensgefährtInnen frei, selbst eine Regelung festzulegen. Sollten alle ordentlichen Wohnkosten ausschließlich von einem Lebensgefährten/einer Lebensgefährtin getragen werden, hat derselbe/dieselbe bei einer eventuellen
Trennung oder bei einer Aufstellung der gegenseitigen Guthaben und Schulden nicht
das Recht, die Hälfte der Ausgaben zurückzufordern. Dasselbe gilt auch für den Fall,
in dem ein Lebensgefährte/eine Lebensgefährtin keinen Mietzins zahlen muss, da sein
Partner/seine Partnerin Eigentümer/Eigentümerin der Familienwohnung ist, denn auch
in diesem Fall kann nicht die Rückerstattung der Hälfte des ersparten Mietzinses
gefordert werden. All diese Ausgaben fallen – wie oben erklärt – in die Definition der
Naturalobligationen, die grundsätzlich nicht zurückgefordert werden können. Wenn
die gemeinsam bewohnte Wohnung ausschließlich einer Person gehört, können die
»außerordentlichen Ausgaben« (z.B. für die Umstrukturierung oder Instandhaltung), welche für diese Wohnung getätigt wurden, zurückgefordert werden; dasselbe gilt für jene Geldsummen, die dem Lebensgefährten/der Lebensgefährtin für
den Ankauf seiner/ihrer persönlichen Wohnung gegeben werden.
21
Lebensgemeinschaft – nationale Gesetzgebung
Falls der Mietvertrag auf den Namen beider läuft, sind beide Vertragspartner
gleichermaßen verantwortlich für die Bezahlung der Spesen an den Vermieter.
Auch wenn diese Kosten nur von einem getragen werden, hat dieser kein Anrecht
auf Rückerstattung, da es sich hierbei wiederum um Naturalobligationen handelt.
Bei einer eventuellen Trennung:
Paare ohne Kinder: Die rechtliche Regelung ist ähnlich wie bei verheirateten Paaren
ohne Kinder, denn die LebensgefährtInnen, die als EigentümerInnen oder MieterInnen
der gemeinsamen Wohnung aufscheinen (oder die das Wohnrecht bzw. ein Leihrecht
haben), können in Ausübung ihres Rechts ihren PartnernInnen gerichtlich anordnen
lassen, die Wohnung zu verlassen. Man darf den Lebensgefährten/die Lebensgefährtin
auf keinen Fall gewaltsam aus der Wohnung entfernen, indem man beispielsweise die
Schlösser austauscht oder den Zutritt verwehrt. Gehört die Familienwohnung hingegen
beiden LebensgefährtInnen gemeinsam, muss – sollte keine Einigung gefunden werden – die Wohnung verkauft werden und der Erlös wird dann zwischen den Beiden
aufgeteilt. Wurde die Wohnung gemietet und läuft der Vertrag auf den Namen beider
LebensgefährtInnen, kann von diesen einvernehmlich vereinbart werden, wer in der
Wohnung bleibt (der andere kann vom Mietvertrag aussteigen) und der Vermieter
kann sich dieser Vereinbarung nicht widersetzen. Können die LebensgefährtInnen
jedoch keine Einigung bezüglich der Weiterführung des Mietverhältnisses finden, gibt
es keine Norm, die dieses Problem lösen könnte. Wenn der Lebensgefährte/die
Lebensgefährtin, auf dessen/deren Namen der Mietvertrag läuft, stirbt, kann der andere in den Vertrag, dessen Inhalt unverändert bleibt, automatisch einsteigen.
Paare mit Kinder: Die gemeinsame Wohnung wird bei einer Trennung dem Lebensgefährten/der Lebensgefährtin zugesprochen (falls erforderlich auch mittels eines Zivilverfahrens vor dem ordentlichen Gericht), dem/der die minderjährigen Kinder bzw. die
volljährigen Kinder, wenn diese noch nicht finanziell unabhängig sind, anvertraut
wurden. Die Zuweisung der Wohnung erfolgt unabhängig von den tatsächlich bestehenden Eigentums- oder Besitzverhältnissen. Diese Regelung wurde zum Schutz der
ehelichen sowie der unehelichen Kinder eingeführt und wird im Kapitel über die
Kinder noch gründlicher untersucht
22
Lebensgemeinschaft – nationale Gesetzgebung
Kapitel 6
Auflösung der Lebensgemeinschaft
Für die Auflösung der Lebensgemeinschaft bedarf es keinerlei Formalität, denn
sie stützt sich lediglich auf der freien – und somit jederzeit widerrufbaren – Entscheidung, zusammenzuleben. Den LebensgefährtInnen steht es frei, sich zu trennen und
selbst wichtige Entscheidungen, die beispielsweise die Kinder, die gemeinsame Wohnung oder finanzielle Aspekte betreffen, können auch nur mündlich getroffen werden.
Wurde hingegen ein sogenannter Vertrag zwischen LebensgefährtInnen verfasst, können die dort schriftlich festgelegten Vereinbarungen angewandt werden. Wenn die
LebensgefährtInnen keine Einigung bezüglich einiger oder auch aller Aspekte finden
können, ist ein Einschreiten der jeweils zuständigen Gerichte erforderlich. Für verheiratete Paare bietet das gerichtliche Ehetrennungsverfahren die Möglichkeit, die wichtigsten Aspekte in einem einzigen Prozess zu lösen. LebensgefährtInnen hingegen müssen hierfür mehrere Prozesse führen: im Kapitel bezüglich der Kinder wird auf die
unterschiedliche Zuständigkeit von Jugendgericht und ordentlichem Gericht hingewiesen. Selbst für Fragen, die nicht die Kinder betreffen, kann das Einschreiten mehrerer
Richter erforderlich sein (die Zuständigkeit für finanzielle und arbeitsrechtliche Belange
sowie für Mietangelegenheiten wird in der Regel von der Zivilprozessordnung festgelegt); da Prozesse einen großen Aufwand persönlicher Energien und finanzieller Mittel
erfordern, wird häufig auf die Durchsetzung von Rechten verzichtet.
In der Folge werden jene Rechtsfragen, welche sich am häufigsten stellen, erläutert.
I.6.1. Kinder, Wohnung, Unterhalt
Siehe in den Kapiteln I.5.2. Unterhaltsleistung, I.5.8. Eigentumswohnung/Mietverhältnis und Kapitel 10 Die Trennung der Eltern den jeweiligen Teil bezüglich der Trennung.
I.6.2. Vermögensrechtliche Folgen
Aus vermögensrechtlicher Sicht sind die Vereinbarungen/Verträge, die von den LebensgefährtInnen für den Fall der Auflösung der Lebensgemeinschaft getroffen wurden,
um die finanziellen/vermögensrechtlichen Aspekte zu regeln, gültig. Allerdings müssen
stets die geltenden Gesetze im Bereich der Verträge eingehalten werden. Um die
Gesetzmäßigkeit und die Gültigkeit dieser Vereinbarungen zu gewährleisten, ist es
wichtig, dass sie in Beisein eines Rechtsexperten/einer Rechtsexpertin schriftlich verfasst werden. LebensgefährtInnen können sich verpflichten, ihren PartnerInnen einen
Unterhalt zu bezahlen oder Zuwendungen verschiedenster Art zu machen, wie beispielsweise Immobilien auf den Namen des/der anderen überschreiben; um jedoch
eine künftige Rückforderung aufgrund eines Formfehlers oder des Inhaltes der Zuwendung zu vermeiden, sollte sich die Verpflichtung auf einen bedeutsamen Vertragsgrund stützen, z.B. kann die Verpflichtung eine Ausgleichszahlung, eine Entlohnung
für die vom Lebensgefährten/von der Lebensgefährtin geleisteten Dienste oder für
dessen/deren Verzicht auf eine eigene Einkommensmöglichkeit sein.
23
Lebensgemeinschaft – nationale Gesetzgebung
Kapitel 7
Erbrechte
Wenn ein Lebensgefährte/eine Lebensgefährtin stirbt, wird der/die andere
vom Gesetz nicht als gesetzlicher oder notwendiger Erbe anerkannt. Wenn
kein Testament vorhanden ist, welches den Lebensgefährten/die Lebensgefährtin ausdrücklich berücksichtigt, hat er/sie keine Erbrechte.
Nur durch das Testament wird auch den LebensgefährtInnen ein Erbrecht zuerkannt.
Das Testament ist das einzige Mittel, mit dem der Partner/die Partnerin seinen/ihren Anteil auch dann erhält, wenn die Verwandtschaft (eheliche und uneheliche Kinder, getrennte aber noch nicht geschiedene EhepartnerInnen, die Eltern, die
Geschwister), ihre – im Erbrecht gesetzlich verankerten – Ansprüche geltend macht.
Es gibt gewisse Voraussetzungen für die Gültigkeit des Testaments: es muss zur Gänze
von Hand geschrieben, der Ort, an dem es verfasst wurde, muss angegeben, und es
muss unterzeichnet sein (zudem muss es an einem sicheren Ort aufbewahrt werden,
bzw. mit der Gewährleistung, dass es im Todesfall auch tatsächlich angewandt wird).
Wurden mehrere Testamente geschrieben, gilt das zuletzt verfasste (das neueste). Das
gesetzliche Verbot von Abmachungen über die Erbfolge besagt, dass niemand
sich zum Schreiben oder Nichtschreiben eines Testaments verpflichten darf. Folglich
hat jeder/jede bis zum Tod die Möglichkeit, Testamente zu verfassen und diese abzuändern. Ein Testament kann verschiedenste Rechte, nicht nur Eigentumsrechte, gewährleisten. Um das Wohnrecht zu sichern, kann das Testament dem Lebensgefährten/der Lebensgefährtin den (lebenslänglichen) Fruchtgenuss, das Wohnrecht
oder das Gebrauchsrecht für das Haus zusprechen, auch wenn das nackte Eigentum aufgrund des Gesetzes oder des Willens des/der Verstorbenen anderen gehört.
Die gesetzliche Erbregelung findet zum Schutze der zuvor genannten Verwandtschaft
auch dann Anwendung, wenn ein Testament verfasst wurde. Selbst wenn das Testament vorsieht, dass das gesamte Vermögen dem Lebensgefährten/der Lebensgefährtin
hinterlassen wird (oder wenn das gesamte Vermögen bereits zu Lebzeiten an
diesen/diese verschenkt wurde), kann derselbe/dieselbe gezwungen werden, einen Teil
zurückzugeben, wenn die Pflichtteilsberechtigten, denen das Erbrecht immer einen
bestimmten Anteil zusichert, nicht zur Genüge berücksichtigt wurden. Pflichtteilsberechtigte sind eheliche und uneheliche Kinder, der/die getrennte noch nicht geschiedene Ehepartner/in und die Eltern falls es keine Kinder gibt.
24
Lebensgemeinschaft – nationale Gesetzgebung
Kapitel 8
Hinterbliebenenrente/Fürsorgerechte/Versicherungen
LebensgefährtInnen haben kein Recht auf die Fürsorgeansprüche oder auf die
Pension ihrer PartnerInnen, sie erhalten nicht einmal die Hinterbliebenenrente
nach dem Ableben derselben. Auch die Krankenversicherungen (von öffentlichen
oder privaten Fürsorgeanstalten), die die Verstorbenen zu Lebzeiten hatten,
können nicht auf ihre LebensgefährtInnen ausgedehnt werden. Nur wenn ein
Lebensgefährte/eine Lebensgefährtin eine eigene private Kranken-, Unfall- oder
auch Lebensversicherung abgeschlossen hat, kann ausdrücklich jede beliebige Person
als Begünstigter/Begünstigte eingesetzt werden, also auch der Partner/die Partnerin.
25
Lebensgemeinschaft – nationale Gesetzgebung
Kapitel 9
Die Kinder
Wie bereits erwähnt, wurde mit der Reform des Familienrechts (Gesetz Nr. 151/
1975) jegliche in der Rechtsordnung bestehende unterschiedliche Behandlung
von ehelichen (von verheirateten Paaren) und unehelichen (von LebensgefährtInnen) Kindern beseitigt.
I.9.1. Gerichtliche und freiwillige Anerkennung
Für ein uneheliches Kind ist die Anerkennung erforderlich, damit für den natürlichen
Vater alle Pflichten erwachsen und das Kind in den Besitz all seiner Rechte gegenüber
dem Vater gelangt. Die Anerkennung kann freiwillig vor dem zuständigen Standesbeamten erfolgen. Sollte sich der Vater jedoch weigern, sein Kind anzuerkennen oder
die Mutter dieser nicht zustimmen, kann von der Mutter der/des Minderjährigen oder
vom Vater eine Klage zur gerichtlichen Feststellung der unehelichen Vaterschaft vor
dem zuständigen Jugendgericht eingereicht werden; auch das Kind selbst kann bei
Erreichung der Volljährigkeit oder ab dem Zeitpunkt, an dem es von der Identität des
Vaters erfährt, dieselbe Klage einreichen.
I.9.2. Der Nachname
Erfolgt die Anerkennung von Seiten des Vaters bei der Geburt, erhält das uneheliche
Kind den Nachnamen des Vaters, wie es das Gesetz für eheliche Kinder immer
vorsieht. Unterlässt der Vater hingegen eine sofortige Anerkennung, erhält das Kind
den Nachnamen der Mutter. Die Eltern haben allerdings die Möglichkeit, bei einer
eventuellen – zu einem späteren Zeitpunkt erfolgenden – Anerkennung von Seiten des
Vaters, den Namen zu verändern. Sollte zwischen den Eltern bezüglich des Nachnamens keine Einigung gefunden werden, wird dieser vom Jugendgericht festgelegt.
Sowohl die Eltern als auch das Jugendgericht haben folgende Wahlmöglichkeiten: das
Kind behält den Namen der Mutter, das Kind erhält den Namen des Vaters, das Kind
erhält ergänzend zum Namen der Mutter den des Vaters.
26
Lebensgemeinschaft – nationale Gesetzgebung
I.9.3. Pflichten der nicht verheirateten Eltern
Verheiratete und unverheiratete Eltern haben ihren Kindern gegenüber dieselben
Pflichten: sie haben die Pflicht die Kinder zu erhalten, auszubilden und zu erziehen,
wobei auf ihre Fähigkeiten, natürlichen Neigungen und Bestrebungen Rücksicht zu
nehmen ist. Diese Pflichten bestehen nicht nur bis zur Erreichung der Volljährigkeit,
sondern bis zur Erreichung der finanziellen Unabhängigkeit bzw. bis zum Abschluss
der Ausbildung (z.B. Studium). Sowohl eheliche als auch uneheliche Kinder haben also
ein Recht auf einen Lebensstandard, welcher der Vermögenslage und dem sozialen
Status der Familie oder – falls die Eltern getrennt sind – beider Elternteile entspricht.
Dieses Recht ist dann von großer Bedeutung, wenn zwischen den Eltern Uneinigkeit
über das Ausmaß des Unterhalts oder z.B. darüber besteht, ob die Kinder studieren
dürfen oder nicht.
I.9.4. Sorgerecht und Anvertrauung der Kinder
Auch in diesem Bereich gibt es keinen grundlegenden Unterschied zwischen ehelichen
und unehelichen Kindern: Wenn die (verheirateten oder unverheirateten) Eltern zusammenleben, wird die elterliche Gewalt/das Sorgerecht gemeinsam ausgeübt. Bei
einer Trennung von LebensgefährtInnen hingegen sieht das Gesetz vor, dass die elterliche Gewalt/das Sorgerecht von dem Elternteil ausgeübt wird, bei dem das Kind
wohnt; der andere hat das Besuchsrecht bzw. die Besuchspflicht. Ein Beschluss des
Jugendgerichts ist nur dann notwendig, wenn die Eltern keine Übereinkunft erzielen.
I.9.5. Erbrechte der Kinder
Auch im Bereich der Erbfolge haben uneheliche Kinder die gleichen Rechte wie eheliche. Die Erbschaftsansprüche den Eltern gegenüber sind dieselben, selbst wenn die
Eltern neben den unehelichen Kindern auch noch eheliche haben.
I.9.6. Mutterschaftsschutz und Vaterschaftsurlaub
Die Mütter unehelicher Kinder werden bezüglich der Mutterschaft auf gleiche Weise
geschützt wie die ehelichen Kinder. Ebenso können Väter unehelicher Kinder den
Vaterschaftsurlaub unter denselben Voraussetzungen und mit derselben Regelung, die
auch für Väter ehelicher Kinder gelten, in Anspruch nehmen.
27
Lebensgemeinschaft – nationale Gesetzgebung
I.9.7. Familienzulagen
Selbst wenn unverheiratete Eltern nicht zusammenleben, haben sie ein Anrecht auf
Familiengeld für uneheliche Kinder, die anerkannt wurden. Erfolgte die Anerkennung
der Kinder nur von Seiten der Mutter, gilt diese als Familienoberhaupt und erhält als
solches das Familiengeld. Wenn jedoch beide Elternteile ein Anrecht auf Familiengeld
haben, wird es dem Elternteil zugesprochen, bei dem die Kinder leben bzw. dem die
Kinder anvertraut wurden.
I.9.8. Adoption
In Lebensgemeinschaft zusammenlebenden Paare können keine Kinder adoptieren,
denn das Gesetz beschränkt diese Möglichkeit auf Paare, die bereits seit drei Jahren
verheiratet und nicht gerichtlich getrennt sind. Für sie besteht jedoch die Möglichkeit
der Adoption in besonderen Fällen: – wenn die Person, die das verwaiste Kind
adoptieren möchte, mit einem Elternteil bis zum zweiten Grad verwandt war oder mit
diesem eine dauerhafte Beziehung hatte; – wenn das minderjährige Kind schwerwiegende charakterliche oder gesundheitliche Probleme hat. Homosexuelle Paare können auf keinen Fall ein Kind adoptieren.
I.9.9. Künstliche Befruchtung
Das Gesetz über die künstliche Befruchtung (Gesetz Nr. 40/2004) sieht diese
Möglichkeit auch für zusammenlebende (nicht hingegen für homosexuelle) Paare
zu den gesetzlich vorgeschriebenen Bedingungen vor. Vor dem zuständigen Arzt
müssen die LebensgefährtInnen eine schriftliche Erklärung darüber abgeben, ob ein
Zusammenleben tatsächlich besteht; Falschaussagen werden rechtlich verfolgt.
28
Lebensgemeinschaft – nationale Gesetzgebung
Kapitel 10
Die Trennung der Eltern
Damit die Trennung von LebensgefährtInnen ohne Einschreiten eines Gerichts ablaufen
kann, ist es erforderlich, dass das Paar eine Einigung bezüglich aller Aspekte – auch
über die Anvertrauung der Kinder – findet. Nach der Trennung wird die elterliche Gewalt per Gesetz von dem Elternteil ausgeübt, bei dem die Kinder leben, der/die andere
hingegen hat das Recht/die Pflicht, die Kinder zu sehen und für diese einen Unterhalt
zu bezahlen. Das Besuchsrecht wird mit dem sorgeberechtigten Elternteil vereinbart
und auch der monatliche Unterhaltsbeitrag wird diesem ausgehändigt.
I.10.1. Verträge/Vereinbarungen bezüglich der Kinder
Im Sinne der Selbstregelung können auch in diesem Bereich Verträge/Vereinbarungen
zwischen LebensgefährtInnen nützlich sein. Es wird daran erinnert, dass das Gesetz
unbedingt einzuhaltende Grenzen zum Schutze Minderjähriger festgelegt hat, denen
selbst das Prinzip der Privatautonomie untergeordnet ist: beispielsweise darf ein Elternteil nicht auf die zu Lasten des anderen bestehende Unterhaltspflicht oder auf das
eigene Besuchsrecht verzichten.
Im Rahmen dieser Gesetze sind schriftliche Vereinbarungen, welche vor Beendigung
der Lebensgemeinschaft getroffen wurden und die Anvertrauung der Kinder sowie das
Besuchsrecht betreffen, gültig; der Richter hat jedoch das Recht, auf Anfrage eines
Elternteils oder Dritter zu überprüfen, ob die Interessen der Kinder gewahrt werden.
I.10.2. Anvertrauung der Kinder und Besuchsrecht
Wenn zwischen den Elternteilen Uneinigkeit bezüglich der Anvertrauung und/oder
des Besuchsrechtes der Kinder besteht, oder wenn die Interessen der Minderjährigen
nicht gewahrt werden, muss dieser Konflikt vom Jugendgericht gelöst werden.
I.10.3. Unterhaltsbeitrag
Der nicht sorgeberechtigte Elternteil muss auf jeden Fall einen monatlichen Unterhaltsbeitrag für seine Kinder bezahlen. Wenn zwischen den Eltern Uneinigkeit
bezüglich der Höhe dieses Unterhaltsbeitrages besteht, ist wiederum das Einschreiten
eines Gerichts erforderlich. In diesem Fall ist jedoch das ordentliche Gericht und
nicht das Jugendgericht zuständig. Dies vorausgeschickt, wird festgestellt, dass
LebensgefährtInnen, welche bei einer Trennung sich weder über die Anvertrauung der
Kinder noch über den Unterhaltsbeitrag für dieselben einigen können, gezwungen
sind, zwei verschiedene Prozesse zu führen: einen vor dem Jugendgericht für eine
Entscheidung bezüglich der Anvertrauung der Kinder und einen vor dem ordentlichen
Gericht für die Festsetzung des Unterhaltsbeitrages.
29
Lebensgemeinschaft – nationale Gesetzgebung
I.10.4. Zuweisung der Wohnung
Bei einer Ehetrennung mit Kindern gilt das Prinzip, dass die gemeinsame Wohnung
dem sorgeberechtigten Elternteil zugesprochen wird, da dies als Recht der minderjährigen Kinder gilt; dieses Prinzip wurde von der Rechtsprechung gemäß dem Grundsatz
der Gleichbehandlung von ehelichen und unehelichen Kindern auch auf die Lebensgemeinschaft ausgedehnt. Demzufolge wird bei einer Trennung der LebensgefährtInnen die Wohnung – unabhängig von den tatsächlich bestehenden Eigentumsverhältnissen – eigentlich den Kindern zugesprochen, damit diese dort, gemeinsam mit dem
sorgeberechtigten Elternteil, bis zur Erreichung der Volljährigkeit oder der finanziellen
Unabhängigkeit leben können. Der sorgeberechtigte Elternteil kann also nur aufgrund
eines vom Recht seiner Kinder abgeleiteten Wohnrechtes in der gemeinsamen Wohnung bleiben, und muss die entsprechenden finanziellen Kosten übernehmen (ordentliche Kondominiumsspesen und den Mietzins, außer der nicht sorgeberechtigte Elternteil ist Eigentümer der Wohnung). Ist die Wohnung nur gemietet, darf sich der Vermieter einer Überschreibung des Mietvertrages auf den Namen des sorgeberechtigten
Elternteils nicht widersetzen. Der Inhalt des Mietvertrages bleibt in jedem Fall unverändert. Sollte es nicht möglich sein, zwischen den LebensgefährtInnen eine Einigung zu
finden, muss die Entscheidung bezüglich der Zuweisung der Wohnung dem
ordentlichen Gericht überlassen werden.
Wenn bei einer Trennung der des nicht verheirateten Paares, das gemeinsame Kinder
hat, keine Einigung bezüglich der zuvor genannten Punkte gefunden werden kann
(Anvertrauung der Kinder und/oder Besuchsrecht – Unterhaltsbeitrag für die Kinder –
Zuweisung der Wohnung), ist dieses gezwungen – mit einem großen Aufwand persönlicher Energien und finanzieller Mittel – drei unterschiedliche Prozesse zu führen.
Zudem werden die LebensgefährtInnen mit einer Prozessdauer konfrontiert, die sicherlich nicht ihrem Interesse entspricht. Bei einer Trennung von EhepartnerInnen können
sich bezüglich der Kinder dieselben Problematiken ergeben, welche dann jedoch in
einem einzigen Verfahren, dem gerichtlichen Ehetrennungs- oder Scheidungsverfahren, schnell und angemessen gelöst werden. Folglich kann festgestellt werden, dass in
diesem Punkt die vollkommene Gleichstellung der ehelichen Kinder mit den unehelichen Kindern noch nicht erreicht wurde, zum Nachteil Letztgenannter.
30
Lebensgemeinschaft – nationale Gesetzgebung
Kapitel 11
Strafrechtliche Normen
Im Strafrecht gibt es gewisse Verbrechen (bzw. als strafbar erachtete Verhaltensweisen), welche die Familie betreffen. In der Folge werden jene Fälle vertieft überprüft,
die auch die Lebensgemeinschaft betreffen.
I.11.1. Verletzung der Fürsorgepflichten gegenüber der Familie
(Art. 570 StGB)
Diese Straftat wird auch zwischen LebensgefährtInnen gesetzlich verfolgt.
I.11.2. Misshandlung in der Familie (Art. 572 StGB)
Der Begriff »Familie« beinhaltet bei diesem Verbrechen auch die Lebensgemeinschaft.
Bei einigen anderen Straftaten hingegen gilt das Zusammenleben als sog. erschwerender Umstand (z.B. »Missbrauch der häuslichen Beziehung«) und führt zu einer härteren Strafe.
I.11.3. Wegweisegesetz (Gesetz Nr. 154/2001)
Die Möglichkeit, im Sinne des Gesetzes Nr. 154/2001 die gewalttätige Person (mit
Verfügung des Zivilrichters oder des Strafrichters) unverzüglich aus der gemeinsamen
Wohnung zu verweisen, ist auch auf LebensgefährtInnen anwendbar.
I.11.4. Die Möglichkeit, sich der Zeugenaussage zu enthalten
(Art. 199 StPO)
Auch der Lebensgefährte/die Lebensgefährtin kann sich weigern, zu Lasten des Partners/der Partnerin auszusagen, allerdings nur in Bezug auf jene Begebenheiten, die
sich während der Beziehung ereignet haben oder in deren Kenntnis er/sie während der
Beziehung gekommen ist. Hiervon ausgenommen sind die Fälle, in denen der Lebensgefährte/die Lebensgefährtin selbst Anzeige erstattet oder Strafantrag gestellt hat oder
wenn die von der Straftat betroffene Person zur nahen Verwandtschaft gehört (z.B.
das Kind).
31
II. Die Lebensgemeinschaft in der lokalen
Gesetzgebung der Region Trentino - Südtirol
Kapitel 1
Einleitung
Dieses Kapitel dient einer möglichst vollständigen Auflistung all jener Normen – der
Region und der Provinz, die Personen oder »Familien im weiteren Sinn« Dienstleistungen zuerkennen und sich hierfür ausdrücklich auch auf LebensgefährtInnen und/oder
Zusammenlebende beziehen. Außerdem werden auch jene Normen aufgezeigt, in
denen die Tatsache, dass LebensgefährtInnen und/oder Zusammenlebende nicht ausdrücklich als Gegenstück zu den verheirateten Paaren berücksichtigt werden, zu einer
ungleichen, benachteiligenden Behandlung führen; dies kann manchmal durch eine
extensive Interpretation gelöst werden.
In Anbetracht der Vielzahl der angebotenen Dienstleistungen und der zuständigen
Ämter ist es nicht möglich, mit dieser Veröffentlichung detaillierte Angaben bezüglich
aller Normen und der dort unterschiedlich vorgesehenen Sachverhalte zu geben:
Es sollen jedoch jene Normen aufgezeigt werden, in denen LebensgefährtenInnen und
Zusammenlebende zu jener Gruppe von Personen gehören, die Anrecht auf Dienstleistungen unterschiedlichster Art haben, bzw. jene Normen, in denen LebensgefährtInnen und Zusammenlebende nicht zu einer solchen Gruppe gehören, um zum
Nachdenken über die Rechtmäßigkeit dieser Tatsache anzuregen. Genauere Auskünfte
sollten jedoch bei den zuständigen Ämtern eingeholt werden, die aufgrund ihrer
praktischen und theoretischen Erfahrung persönliche Situationen angemessen und
dem neuesten Stand entsprechend regeln können.
Dank gilt der Erzieherin Alessandra Merler der Gemeinde Bozen für ihre Zusammenarbeit bei der Suche des Materials bezüglich der lokalen Gesetzgebung.
32
Lebensgemeinschaft – lokale Gesetzgebung
II.1.1. Ergänzungsvorsorge
Maßnahmen auf dem Sachgebiet der Ergänzungsvorsorge
(R.G. 24. Mai 1992, Nr. 4)
Empfangsberechtigte der
Vorsorgeleistungen
(Art. 3 bis)
Die Empfangsberechtigten der Vorsorgeleistungen müssen:
seit mindestens drei Jahren in der Region Trentino-Südtirol
ansässig oder mit einer Person verheiratet sein, die dieselbe
Voraussetzung erfüllt.
Geburtengeld
(Art. 10, Absatz 6)
Im Falle des Ablebens der Mutter kann das Geburtengeld
dem Vater gewährt werden.
Ergänzung der
Familienzulagen
(Art. 14, Absatz 8)
Im Falle des Ablebens des Antragstellers/der Antragstellerin,
hat der/die überlebende Ehepartner/Ehepartnerin ein Recht
auf die Zulage.
Betreuungszulage
(Art. 18, Absatz 4)
Im Falle des Ablebens eines Elternteils wird die Zulage dem
anderen Elternteil oder einem anderen Familienmitglied
zuerkannt, dem die Pflege des Kindes anvertraut ist.
Einführung der freiwilligen Regionalversicherung für die Rente
zugunsten der im Haushalt tätigen Personen
(R.G. vom 28. Februar 1993, Nr. 3)
Ausmaß der
Regionalrente
(Art. 8, Absatz 5)
Bei Ableben der versicherten Person haben folgende
Personen ein Anrecht auf einen Betrag in der Höhe der eingezahlten Beiträge:
• der/die hinterbliebene Ehegatte/Ehegattin
• die Nachkommen in gerader Linie.
Die Regelung der Betrittsgesuche zum Geburtengeld und zur
Betreuungszulage, welche vor dem 23. Juli 2003 eingereicht wurden
33
Allgemeine Bestimmungen
(Art. 1, Absatz 6)
Setzt die dreijährige Ansässigkeit des Antragstellers/der
Antragstellerin und des Ehegatten/der Ehegattin als
Voraussetzung fest.
Allgemeine Bestimmungen
(Art. 1, Absatz 10)
Unter nur einem Elternteil sind Witwer/Witwen, getrennte,
verheiratete, nicht verheiratete mit den Kindern lebende
Elternteile zu verstehen; es ist auch das Zusammenleben
mit Verwandten bis zum zweiten Grad und mit Verschwägerten ersten Grades erlaubt.
Bestimmungen
bezüglich der
Betreuungszulage
(Art. 3, Absatz 5)
Indem von einem Verlust der Voraussetzungen gesprochen
wird, wird bestätigt, dass Frauen, die nicht gemäß Art. 3 bis
des R.G. seit mindestens drei Jahren ansässig sind und nicht
mit einer Person, die seit mindestens drei Jahre ansässig ist,
verheiratet sind, kein Anrecht auf die Betreuungszulage haben.
Lebensgemeinschaft – lokale Gesetzgebung
Bestimmungen bezüglich der freiwilligen Regionalversicherung für
die Rente zugunsten der im
Haushalt tätigen
Personen
(Art. 7, Absatz 1)
Die Voraussetzungen gemäß Art. 3 bis des R.G. sind erforderlich, denn die Versicherung wird jenen Frauen verweigert,
die nicht seit mindestens drei Jahren ansässig sind und die
nicht mit einer Person verheiratet sind, die seit drei Jahren
ansässig ist.
Absatz 16
Als pflegebedürftige Familienmitglieder gelten: der Ehepartner/die Ehepartnerin, Verwandte bis zum zweiten Grad und
Verschwägerte ersten Grades.
Die neue Durchführungsverordnung für die Beitrittsgesuche
zum Geburtengeld und zur Betreuungszulage,
die nach dem 23. Juli 2003 eingereicht wurden
(D.P.RA. vom 28. Juli 2003, Nr. 12/L)
Allgemeine Bestimmungen
(Art. 1, Absatz 5)
Für die Zwecke der Überprüfung, ob die Voraussetzung
gemäß Art. 3 bis des R.G. erfüllt wird, wird einzig und allein
auf den Wohnsitz Bezug genommen, der aus den Melderegistern der Gemeinden hervorgeht.
Absatz 6
Für das Geburtengeld und die Betreuungszulage: nur
wenn der Ehepartner/die Ehepartnerin des Antragstellers/der
Antragstellerin, der/die mit dem Kind zusammenlebt,
ansässig ist.
Bestimmungen be- Pflegebedürftige Familienmitglieder sind der Ehepartner/die
treffend die freiwil- Ehepartnerin, Verwandte bis zum vierten Grad und Verlige Regionalversi- schwägerte bis zum zweiten Grad.
cherung für die
Rente zugunsten
der im Haushalt
tätigen Personen
(Art. 7, Absatz 14)
Die neue Durchführungsverordnung
(D.P.RA. vom 29. April 2003, Nr. 4/L)
Definition des
Begriffs »Familiengemeinschaft«
(Art. 2)
Zur Familiengemeinschaft zählen ((omissis)) der
Ehepartner/die Ehepartnerin, die Kinder und gleichgestellte
unterhaltsberechtigte Personen, sowie die ledigen, aber
zusammenlebenden Eltern.
34
Lebensgemeinschaft – lokale Gesetzgebung
Verordnung über die Verwaltungsverfahren auf dem Gebiet
der ergänzenden Sozialvorsorge
(D.LH. vom 4. Dezember 2000, Nr. 48)
Ergänzung des
Familiengeldes
(Art. 5, Absatz 7)
Bei Ableben des Antragstellers erhält der Ehepartner/die
Ehepartnerin die Familiengeldergänzung.
Auszahlung nicht
behobener Beträge
im Todesfall
(Art. 18)
Die Beträge, die einem/einer Verstorbenen zustehen würden,
werden an die Erben ausgezahlt.
II.1.2. Wohnbau
Wohnbauförderungsgesetz
(L.G. vom 17. Dezember 1998, Nr. 13)
Abschnitt 6 – Beiträge für Bau, Kauf und Wiedergewinnung von Wohnungen
35
Familie
(Art. 44)
Eine Familie besteht aus dem Gesuchsteller/der Gesuchstellerin, dem Ehegatten/der Ehegattin oder der mit dem Gesuchsteller in eheähnlicher Beziehung lebenden Person.
Allgemeine Voraussetzungen für die
Zulassung zur
Wohnbauförderung
(Art. 45, Absatz 1b)
Die Voraussetzung, nicht Eigentümer/Eigentümerin einer
Wohnung zu sein, gilt für den Antragsteller/die Antragstellerin, dem Ehepartner/der Ehepartnerin und der in einer eheähnlichen Beziehung lebenden Person.
Zulassung von
verheirateten
Gesuchstellern
zur Wohnbauförderung
(Art. 46 bis)
Für verheiratete Gesuchsteller genügt es, dass nur ein Ehepartner die Voraussetzungen der fünfjährigen Dauer der
Ansässigkeit oder zweijährigen Dauer des Arbeitsplatzes hat.
Bevorzugungskriterien
(Art. 47)
Es werden sowohl die wirtschaftlichen Verhältnisse der Familien als auch der LebensgefährtenInnen, die in einer eheähnlichen Lebensgemeinschaft zusammenleben, berücksichtigt.
Absatz 9
Den von Zwangsräumung betroffenen Familien sind die
Ehegatten mit zu Lasten lebenden Kindern gleichgestellt,
die infolge einer Trennung die gemeinsame Wohnung
verlassen müssen.
Im Sinne des Art. 7, Absatz 2 der 1. Durchführungsverordnung gilt dies nicht für in eheähnlicher Beziehung lebende
Personen, bei diesen müssen die genannten Voraussetzungen für beide gegeben sein.
Lebensgemeinschaft – lokale Gesetzgebung
Darlehensbetrag
(Art. 55)
€ 59.000,00 für Einzelgesuchsteller, € 86.000,00 für
verheiratete Gesuchsteller und € 11.000,00 für jedes Kind.
Einkommensstufen
(Art. 58)
Vom Gesamteinkommen der Familie werden € 9.700,00 für
den Ehegatten/die Ehegattin und € 3.400,00 für das erste,
€ 3.900,00 für das zweite und € 4.700,00 für jedes weitere
Kind abgezogen.
Ermächtigung zur
Veräußerung und
Vermietung im
ersten Bindungsjahrzehnt
(Art. 63, Absatz 1)
Bevor das erste Bindungsjahrzehnt abgelaufen ist, kann nach
Ermächtigung die geförderte Wohnung veräußert oder vermietet werden, wenn der Förderungsempfänger/die Förderungsempfängerin im Falle der Verheiratung in die Wohnung
des Ehegatten/der Ehegattin zieht oder bei Ehetrennung.
Absatz 5
Die Abtretung der ungeteilten Hälfte an den Ehegatten/die
Ehegattin kann jederzeit ermächtigt werden.
Trennung und Auflösung oder Erlöschen der bürgerlichen
Trennung und
Auflösung oder Er- Wirkungen der Ehe des Förderungsempfängers.
löschen der bürgerlichen Wirkungen
der Ehe des Förderungsempfängers
(Art. 66)
Nachfolge in
der Wohnbauförderung
(Art. 69)
Im Falle des Ablebens des Wohnbauförderungsempfängers/der Wohnbauförderungsempfängerin wird das Darlehen
oder der Beitrag auf die Nachfolger umgeschrieben.
Abschnitt 8 – Zuweisung und Finanzierung des geförderten Baulandes
Vorkehrungen
gegen die Spekulation mit abgetretenen Grundstücken
(Art. 86, Absatz 9)
Im Falle von Trennung der Ehe wird die Übertragung des
Eigentums an der zugewiesenen Fläche und an der darauf
errichteten Wohnung zugunsten des Ehegatten/der Ehegattin ermächtigt, dem/der gemäß richterlicher Verfügung
die Wohnung zugewiesen wird.
Abschnitt 10 – Wohngeld
Wohngeld
(Art. 91)
Das Jahreseinkommen besteht aus der Summe aller
Einkommen des Mieters/der Mieterin und der mit ihm/ihr im
gemeinsamen Haushalt lebenden Personen.
36
Lebensgemeinschaft – lokale Gesetzgebung
Abschnitt 13 – Zuweisung der Mietwohnungen
Voraussetzungen für Für die Zuweisung gilt der Begriff »Familie« im Sinne des
die Zuweisung von
Art. 44: verheiratete und in eheähnlicher Beziehung lebende
Mietwohnungen
Personen.
(Art. 97, Absatz 5)
37
Absatz 7
Für die Berechnung des Gesamteinkommens wird das
Einkommen des Bewerbers und seines Ehegatten/seiner Ehegattin oder das der mit ihm/ihr in eheähnlicher Beziehung
lebenden Person berücksichtigt.
Zuweisung und
Besetzung der
Wohnungen
(Art. 101, Absatz 6)
Die zugewiesene Wohnung darf nur von jenen Personen bewohnt werden, die im Gesuch angegeben sind, ansonsten
bedarf es einer Ermächtigung des Wohnbauinstitutes; die Ermächtigung ist nicht erforderlich für die minderjährigen Kinder und im Falle der Heirat für den Ehegatten/die Ehegattin.
Nachfolge in der
Bewerbung
(Art. 106)
Bei Ableben können der Reihe nach der/die überlebende
Ehegatte/Ehegattin, die Kinder und die Eltern, sofern sie im
gemeinsamen Haushalt lebten, das Ansuchen um Wohnungszuweisung bestätigen.
Nachfolge in der
Wohnungszuweisung
(Art. 107)
Im Falle des Ablebens des Mieters/der Mieterin gilt folgende
Reihenfolge: der/die überlebende Ehegatte/Ehegattin, die
Kinder, die Enkel, die Eltern, die Geschwister.
Fehlen zusammenlebende Nachkommen oder Eltern, ist
dem/der überlebenden Ehegatten/Ehegattin jene Person
gleichgestellt, die mit dem Mieter/der Mieterin in eheähnlicher Beziehung gelebt hat.
Änderung der
Zuweisung im Falle
von Trennung
(Art. 108)
Bei der Änderung der Zuweisung hält sich das Wohnbauinstitut an die richterliche Verfügung; in Ermangelung einer
diesbezüglichen richterlichen Entscheidung, weist das
Wohnbauinstitut die Wohnung dem Ehepartner/der Ehepartnerin zu, dem/der die Kinder anvertraut wurden.
Widerruf der
Wohnungszuweisung
(Art. 110)
Bei einem Widerruf der Zuweisung wird das Einkommen der
in einer eheähnlichen Beziehung lebenden Person für die Berechnung des Familiengesamteinkommens (Punkt f) berücksichtigt und es wird das dingliche Recht der in einer eheähnlichen Beziehung lebenden Person an der dem Bedarf der
Familie angemessenen Wohnung berücksichtigt (Punkt g).
Mietenregelung
(Art. 112)
Für die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Familie werden
alle Einkommen berücksichtigt, auch das der im gemeinsamen Haushalt lebenden Personen; für die Eltern und den
Ehegatten/die Ehegattin des Mieters/der Mieterin werden
Freibeträge abgezogen; im Sinne des Art. 7, Absatz 3 der 1.
Durchführungsverordnung gilt dies auch für in eheähnlicher
Beziehung lebende Personen.
Lebensgemeinschaft – lokale Gesetzgebung
1. Durchführungsverordnung
(D.LH. vom 15. Juli 1999, Nr. 42)
In eheähnlicher
Beziehung lebende
Personen
(Art. 7)
Für die Rechtswirkungen des Gesetzes gelten als in eheähnlicher Beziehung lebend:
a) zwei Personen, die in einer gemeinsamen Wohnung
wohnen und gemeinsame Kinder haben;
b) zwei Personen verschiedenen Geschlechts, die seit mindestens zwei Jahren in einer gemeinsamen Wohnung
wohnen;
c) zwei Personen, die gemeinsame Kinder haben und
erklären, die Wohnung, die Gegenstand der Förderung ist
gemeinsam bewohnen zu wollen.
Absatz 2
Absatz 3
Zwei Personen, die in eheähnlicher Beziehung leben, können
gemeinsam zur Wohnbauförderung zugelassen werden,
wenn beide die vorgeschriebenen Voraussetzungen besitzen
(siehe Art. 58 L.G.); auch für die in eheähnlicher Beziehung
lebende Person werden Freibeträge abgezogen, wie für den
Ehegatten/die Ehegattin (siehe Art. 46 bis L.G.).
Wirtschaftliche
Verhältnisse
(Art. 12)
Das Gesamteinkommen der Familie besteht aus den
Einkommen all jener Personen, aus denen sich die Familie
zusammensetzt.
Neugründung
einer Familie
(Art. 15)
Wird das Gesuch innerhalb von drei Jahren ab dem Datum
der Eheschließung vorgelegt, werden fünf Punkte zuerkannt.
38
Lebensgemeinschaft – lokale Gesetzgebung
2. Durchführungsverordnung
(D.LH. vom 15. September 1999, Nr. 51)
Vorlage der
Gesuche
(Art. 5, Absatz 5)
Ehepaare und in eheähnlicher Beziehung lebende Personen
müssen das Gesuch gemeinsam stellen.
Für die Rechtswirkung der Zuweisung von Wohnungen des
Wohnbauinstitutes gilt auch jene Person als in eheähnlicher
Beziehung lebend, von der der Gesuchsteller/die Gesuchstellerin im Gesuch erklärt, dass er/sie sie als solche in die
Wohnung aufnehmen will.
39
Wirtschaftliche
Leistungsfähigkeit
(Art. 7, Absatz 5)
Es werden die Einkommen aller in der Hausgemeinschaft
lebenden Personen berechnet.
Vom Gesamteinkommen des Gesuchstellers/der Gesuchstellerin werden folgende Freibeträge abgezogen:
• 60% des Grundbetrages für den Gesuchsteller/die
Gesuchstellerin, den Ehegatten/der Ehegattin und der in
eheähnlicher Beziehung lebenden Person;
• 100% für die invaliden Eltern und Großeltern und der
Eltern und Großeltern über 65 Jahren des Mieters/der
Mieterin und seines/seiner in Hausgemeinschaft lebenden
Ehegatten/Ehegattin.
Nachfolge in
die Wohnungszuweisung
(Art. 11)
Der/die überlebende Ehegatte/Ehegattin kann nur dann in
die Wohnungszuweisung eintreten, wenn er/sie zum Zeitpunkt des Ablebens des Mieters/der Mieterin mit diesem/
dieser zusammenlebte.
Lebensgemeinschaft – lokale Gesetzgebung
II.1.3. Sozialhilfe
Durchführungsverordnung zu den Maßnahmen der finanziellen Sozialhilfe
und zur Zahlung der Tarife der Sozialdienste sog. Harmonisierung
(D.LH. vom 11. August 2000, Nr. 30)
Vermögensgarantien Die Erben können die Verbindlichkeit löschen.
(Art. 6)
De-facto-Familiengemeinschaft
Diese wird für die Gewährung der finanziellen Sozialhilfeleistungen bewertet.
(Art. 9, Absatz 2)
Zur De-facto-Familiengemeinschaft gehören alle nachfolgend
angeführten Personen, die mit dem Antragsteller in einem
gemeinsamen Haushalt leben:
a) Nutzer/Nutzerin;
b) Ehegatte/Ehegattin oder Lebensgefährte/Lebensgefährtin
und Kinder;
c) Eltern, nächste Verwandte in aufsteigender Linie und
Adoptiveltern;
d) Schwiegersöhne und Schwiegertöchter;
e) Schwiegereltern;
f) Geschwister;
g) Ehegatte/Ehegattin oder Lebensgefährte/Lebensgefährtin
eines Familienmitglieds;
h) andere Personen, die unter dem Gesichtspunkt der Einkommenssteuer versorgungsberechtigt sind.
Absatz 3
Wenn ein oder beide Elternteile mit einem oder mehreren
minderjährigen Kindern im gemeinsamen Haushalt leben,
bilden sie in jedem Fall mit dem/der im gemeinsamen Haushalt lebenden Ehegatten/Ehegattin oder Lebensgefährten/
Lebensgefährtin eine eigene De-facto-Familiengemeinschaft.
Engere Familiengemeinschaft
(Art. 10)
Zum Zwecke der Bezahlung der Tarife der Dienste wird die
wirtschaftliche Situation der engeren Familiengemeinschaft
berücksichtigt.
Zur engeren Familiengemeinschaft gehören folgende
Familienmitglieder:
a) Nutzer/Nutzerin;
b) Ehegatte/Ehegattin;
c) Lebensgefährte/Lebensgefährtin des Nutzers/der Nutzerin,
der/die mit ihm/ihr in einem gemeinsamen Haushalt
wohnt und mit dem Nutzer/der Nutzerin gemeinsame
Kinder hat;
d) beide Elternteile des minderjährigen Nutzers/der Nutzerin,
ein Elternteil, wenn diese gesetzlich getrennt sind;
e) andere Personen, die unter dem Gesichtspunkt der
Einkommenssteuer versorgungsberechtigt sind.
40
Lebensgemeinschaft – lokale Gesetzgebung
Erweiterte
Familiengemeinschaft
(Art. 11)
Die Zuweisung wirtschaftlicher Begünstigungen erfolgt nur
hilfsweise gegenüber jenen Leistungen, die zu Lasten der erweiterten Familiengemeinschaft gehen.
Zur erweiterten Familiengemeinschaft gehören, jeweils separat, die folgenden Personen oder Personengruppen:
a) Kinder des Nutzers/der Nutzerin, eheliche, als ehelich anerkannte, außereheliche Kinder oder Adoptivkinder und
die, was die Einkommenssteuer betrifft, ihnen gegenüber
versorgungsberechtigten Personen;
b) Eltern des Nutzers/der Nutzerin und die, was die Einkommenssteuer betrifft, ihnen gegenüber versorgungsberechtigten Personen.
Verpflichtungen
des Beschenkten
(Art. 12)
Der Nutzer/die Nutzerin muss nicht die in den letzten fünf
Jahren zugunsten des Ehegatten/der Ehegattin und als Entgelt anzusehende Schenkungen erklären.
Miete und
Wohnungsnebenkosten
(Art. 20)
Den Familien wird ein Beitrag zur Deckung der Spesen für
die Miete und Zusatzkosten gewährt; der Absatz 4 sieht dies
auch vor, wenn eine Person mit einer anderen Person in
einem gemeinsamen Haushalt lebt, oder bei einer Familie
lebt, ohne zur De-facto-Familiengemeinschaft zu gehören.
Anlage A – Definition des Faktors wirtschaftliche Lage
Berücksichtigung
Für die Berechnung des Einkommens werden der Ehedes Einkommens
gatten/die Ehegattin oder der Lebensgefährten/die Lebensund des Vermögens gefährtin berücksichtigt.
der Familienmitglieder
(Art. 1)
Bewertung des
Vermögens
(Art. 6)
41
Bewertung des Vermögens der De-facto-Familiengemeinschaft.
Lebensgemeinschaft – lokale Gesetzgebung
II.1.4. Unterhaltsvorschussstelle zum Schutz
von minderjährigen Kindern
(L.G. vom 3. Oktober 2003, Nr. 15)
Mit dem L.G. Nr. 15/2003 wurde die Möglichkeit eingeführt, dass ein Elternteil, sollte
der andere seiner Unterhaltspflicht für das gemeinsame (eheliche oder auch außereheliche) Kind nicht nachkommen, beim Land Südtirol im Bereich der öffentlichen Fürsorge und Wohlfahrt einen Vorschuss für den vom Richter für den Minderjährigen/die
Minderjährige festgesetzten Unterhaltsbeitrag beantragen kann. Aus dem Gesetz geht
klar hervor, dass es keinerlei Unterschied zwischen den Kindern, die während einer Ehe
geboren wurde, den Kindern eines zusammenlebenden Paares und den Kindern,
deren Eltern weder verheiratet sind noch zusammenleben, gibt: all diese Kinder haben
ein Anrecht auf die Unterhaltsvorschussleistung, welche von dem sorgeberechtigten
Elternteil, mit dem der Minderjährige/die Minderjährige zusammenlebt, beantragt
werden muss.
42
Lebensgemeinschaft – lokale Gesetzgebung
Kapitel 2
Gesetzesdefinitionen bezüglich der Familie
II.2.1. Gesetzesbestimmungen der Region
R.G. vom 24. Mai 1992 – Maßnahmen im Bereich der ergänzenden Vorsorge:
Art. 14, Absatz 4
Als Familie gilt jene, die im Gesetzesdekret vom 13. März 1988, Nr. 69, umgewandelt
in Gesetz mit Artikel 1 des Gesetzes vom 13. Mai 1988, Nr. 153, angeführt ist. Zur
Familie zählen auch die Kinder und gleichgestellte, zu Lasten lebende Personen gemäß
Absatz 2 und die ledigen, aber zusammenlebenden Eltern.
(Gesetzesdekret Nr. 69/88: Die Familie setzt sich zusammen aus den Ehepartnern,
außer bei einer gesetzlichen und tatsächlichen Ehetrennung, und aus den Kindern
sowie gleichgestellten ((omissis). Zur Familie können unter denselben Bedingungen,
die für die Kinder gelten, auch Geschwister und Neffen/Nichten unter 18 Jahren
gehören. ((omissis))
D.P.RA. vom 29. April 2003, Nr. 4/L – Die neue Durchführungsverordnung: Art. 2
Als Familiengemeinschaft gelten ((omissis)) die verheirateten Eltern, sowie auch die
ledigen, aber zusammenlebenden Eltern. Die Familiengemeinschaft wird in der zum
Zeitpunkt des Abschlusses der einzelnen Versicherungsformen und der jeweiligen
jährlichen Verlängerungen bestehenden Zusammensetzung und Lage berücksichtigt.
II.2.2. Gesetzesbestimmungen der Provinz
II.2.2. A) Wohnbau
L.G. vom 17. Dezember 1998, Nr. 13 – Wohnbauförderungsgesetz: Art. 44
Die Familie besteht aus: dem Gesuchsteller/der Gesuchstellerin, dem Ehegatten/der
Ehegattin oder der mit dem Gesuchsteller/der Gesuchstellerin in eheähnlicher
Beziehung lebenden Person und, soweit zusammenlebend, die minderjährigen Nachkommen in gerader Linie, sowie die volljährigen, die zu Lasten sind, die Schwiegereltern und die Eltern.
D.LH. vom 15. Juli 1999, Nr. 42 – 1. Durchführungsverordnung: Art. 7
Für die Rechtswirkungen des Gesetzes gelten als in eheähnlicher Beziehung lebend:
a) zwei Personen, die in einer gemeinsamen Wohnung wohnen und gemeinsame
Kinder haben;
b) zwei Personen verschiedenen Geschlechts, die seit mindestens zwei Jahren in einer
gemeinsamen Wohnung wohnen;
c) zwei Personen, die gemeinsame Kinder haben und erklären, die Wohnung, die
Gegenstand der Förderung ist, gemeinsam bewohnen zu wollen.
43
Lebensgemeinschaft – lokale Gesetzgebung
II.2.2. B) Sozialhilfe
D.LH. vom 11. August 2000, Nr. 30 – Durchführungsverordnung zu den
Maßnahmen der finanziellen Sozialhilfe und zur Zahlung der Tarife der Sozialdienste: Art. 9, 10 und 11
Art. 9 De-facto-Familiengemeinschaft: Sie wird für die Gewährung der finanziellen
Sozialhilfeleistungen bewertet. Zur De-facto-Familiengemeinschaft gehören alle
nachfolgend angeführten Personen, die mit dem Antragsteller in einem gemeinsamen
Haushalt leben:
a) Nutzer/Nutzerin;
b) Ehegatte/Ehegattin oder Lebensgefährte/Lebensgefährtin und Kinder;
c) Eltern, nächste Verwandte in aufsteigender Linie und Adoptiveltern;
d) Schwiegersöhne und Schwiegertöchter;
e) Schwiegereltern;
f) Geschwister;
g) Ehegatte/Ehegattin oder Lebensgefährte/Lebensgefährtin eines Familienmitglieds;
h) andere Personen, die unter dem Gesichtspunkt der Einkommenssteuer versorgungsberechtigt sind.
Wenn ein oder beide Elternteile mit einem oder mehreren minderjährigen Kindern im
gemeinsamen Haushalt leben, bilden sie in jedem Fall mit dem/der im gemeinsamen
Haushalt lebenden Ehegatten/Ehegattin oder Lebensgefährten/Lebensgefährtin eine
eigene De-facto-Familiengemeinschaft.
Art. 10 – Engere Familiengemeinschaft
Zum Zwecke der Bezahlung der Tarife der Dienste wird die wirtschaftliche Situation der
engeren Familiengemeinschaft berücksichtigt. Zur engeren Familiengemeinschaft
gehören folgende Familienmitglieder:
a) Nutzer/Nutzerin;
b) Ehegatte/Ehegattin;
c) Lebensgefährte/Lebensgefährtin des Nutzers/der Nutzerin, der/die mit ihm/ihr in
einem gemeinsamen Haushalt wohnt und mit dem Nutzer/der Nutzerin gemeinsame Kinder hat;
d) beide Elternteile des/der minderjährigen Nutzers/Nutzerin, ein Elternteil, wenn diese
gesetzlich getrennt sind;
e) andere Personen, die unter dem Gesichtspunkt der Einkommenssteuer versorgungsberechtigt sind.
Art. 11 – Erweiterte Familiengemeinschaft
Die Zuweisung wirtschaftlicher Begünstigungen erfolgt nur hilfsweise gegenüber jenen
Leistungen, die zu Lasten der erweiterten Familiengemeinschaft gehen. Zur erweiterten Familiengemeinschaft gehören, jeweils separat, die folgenden Personen oder
Personengruppen:
a) Kinder des Nutzers/der Nutzerin, eheliche, als ehelich anerkannte, außereheliche
Kinder oder Adoptivkinder und die, was die Einkommenssteuer betrifft, ihnen
gegenüber versorgungsberechtigten Personen;
b) Eltern des Nutzers/der Nutzerin und die, was die Einkommenssteuer betrifft, ihnen
gegenüber versorgungsberechtigten Personen.
44
Lebensgemeinschaft – lokale Gesetzgebung
Kapitel 3
AlleinerzieherInnen
Bisher gibt es noch keine einheitliche Rechtsdefinition des Alleinerziehers/der Alleinerzieherin, jedoch konnten die ersten Ansätze einer relativ klaren Definition der lokalen
Gesetzgebung (Rundschreiben Nr. 1/2000 mit Bezug auf die Artikel 9 und 10 des Dekretes des Landeshauptmannes Nr. 30/2000) entnommen werden:
»Alleinerzieher/innen sind jene, die getrennt, geschieden, verwitwet oder
ledig – in Abwesenheit des anderen Elternteils, mit einem oder mehreren
Minderjährigen zusammenleben.«
Eine unverheiratete Person, die getrennt ist und mit ihren minderjährigen Kindern
zusammenlebt, gilt per Gesetz automatisch als sorgeberechtigter Elternteil und fällt
folglich auch in die Definition des Alleinerziehers/der Alleinerzieherin. Bei einem gemeinsamen oder abwechselnden Sorgerecht wird von der lokalen Gesetzgebung überprüft, welcher Elternteil zum Zeitpunkt der Anwendung der Normen tatsächlich mit
den Kindern zusammenlebt und somit als Alleinerzieher/Alleinerzieherin definiert
werden kann.
45
III. Auflistung der zitierten Gesetzesbestimmungen
(Abkürzungen: D.P.R. = Dekret des Präsidenten der Republik; R.G. = Regionalgesetz; L.G. = Landesgesetz;
D.P.RA. = Dekret des Präsidenten der Region; D.LH. = Dekret des Landeshauptmannes; ZGB = Zivilgesetzbuch; StGB = Strafgesetzbuch; StPO = Strafprozessordnung).
• Art. 29 Verfassung
• Art. 79 ff. ZGB: Eheversprechen
• Art. 143 ff. ZGB: Elterliche Rechte und Pflichten
• Gesetz Nr. 151/1975: Reform des Familienrechts
• Art. 2 Verfassung
• D.P.R. Nr. 223/1989: Genehmigung der neuen meldeamtliche Regelung der ansässigen Bevölkerung
• Beschlussbestimmung des Gemeinderates der Gemeinde Bozen bezüglich des Gemeinderegister für nicht verheiratete, zusammenlebende Paare
• Gesetz Nr. 354/1975: Bestimmungen bezüglich der Gefängnisordnung und der Ausführung von freiheitsentziehenden und -einschränkenden Maßnahmen
• Gesetz Nr. 646/1982: Bestimmungen im Bereich der vorbeugenden Maßnahmen
vermögensrechtlicher Natur und Ergänzungen zu den Gesetzen 27. Dezember
1956, Nr. 1423, 10. Februar 1962, Nr. 57 und 31. Mai 1965, Nr. 575. Einführung
einer parlamentarischen Kommission zur Mafia
• Gesetz Nr. 6/2004: Einleitung in das 1. Buch, 12. Titel, 1. Abschnitt des Bürgerlichen
Gesetzbuches bezüglich der Einführung der Sachwalterschaft und der Abänderung
der Artt. 338, 414, 417, 418, 424, 426, 427 und 429 des Bürgerlichen Gesetzbuches im Bereich der vollen und beschränkten Entmündigung, sowie bezüglich der
Durchführungs-, der Koordinierungs- und der endgültigen Bestimmungen
• Art. 408 ZGB: Auswahl des Sachverwalters
• Art. 417 ZGB: Antrag auf volle oder beschränkte Entmündigung
• Gesetz Nr. 405/1975: Einführung der Familienberatungsstellen
• Gesetz Nr. 194/1978: Normen bezüglich des sozialen Mutterschaftsschutzes und der
freiwilligen Schwangerschaftsunterbrechung
• Art. 230 bis ZGB: Familienunternehmen
• Art. 570 StGB: Verletzung der Fürsorgepflichten gegenüber der Familie
• Art. 572 StGB: Misshandlungen in der Familie oder von Kindern
• Gesetz Nr.154/2001: Maßnahmen gegen Gewalt in den familiären Beziehungen
46
Auflistung der zitierten Gesetzesbestimmungen
• Art. 199 StPO: Enthaltungsrecht naher Angehöriger
• Gesetz Nr. 40/2004: Bestimmungen bezüglich der künstlichen Befruchtung
• Rundschreiben Nr. 1/2000 mit Bezug auf die Artt. 9 und 10 D.LH. Nr. 30/2000 bezüglich der AlleinerzieherInnen
• R.G. Nr. 4/1992: Maßnahmen auf dem Sachgebiet der Ergänzungsvorsorge
• R.G. Nr. 3/1993: Einführung der freiwilligen Regionalversicherung für die Rente zugunsten der im Haushalt tätigen Personen
• Die Regelung der Betrittsgesuche zum Geburtengeld und zur Betreuungszulage,
welche vor dem 23. Juli 2003 eingereicht wurden
• D.P.RA. Nr. 12L/2003: Die neue Durchführungsverordnung für die Beitrittsgesuche
zum Geburtengeld und zur Betreuungszulage, die nach dem 23. Juli 2003 eingereicht wurden
• D.P.RA. Nr. 4L/2003: Die neue Durchführungsverordnung
• D.LH Nr. 48/2000: Verordnung über die Verwaltungsverfahren auf dem Gebiet der
ergänzenden Sozialvorsorge
• L.G. Nr. 13/1998: Wohnbauförderungsgesetz
• D.LH. Nr. 42/1999: 1. Durchführungsverordnung
• D.LH. Nr. 51/1999: 2. Durchführungsverordnung
• L.G. Nr. 15/2003: Unterhaltsvorschussleistung zum Schutz von minderjährigen Kindern
• D.LH. Nr. 30/2000: Durchführungsverordnung zu den Maßnahmen der finanziellen
Sozialhilfe und zur Zahlung der Tarife der Sozialdienste
• R.G. Nr. 4/2003: Maßnahmen im Bereich der ergänzenden Vorsorge
47
IV. Örtliche Dienststellen
Familienberatungsstelle Aied
Eisackstraße 6 – Bozen
Tel. 0471 979 399
Familienberatungsstelle L’Arca
Sassaristraße 17/B – Bozen
Tel. 0471 930 546
Familienberatungsstelle Mesocops
Dr.-Streiter-Gasse 9 – Bozen
Tel. 0471 976 664
Familienberatungsstelle P. M. Kolbe
Italienallee 23 – Bozen
Tel. 0471 401 959
Familienberatungsstelle
Ehe- u. Erziehungsberatung Südtirol
Sparkassenstraße 13 – Bozen
Tel. 0471 973 519
Asdi Zentrum für Beistand getrennter
und geschiedener Personen und
Zentrum für Familien-Mediation
M.-Gaismair-Straße 18/1 – Bozen
Tel. 0471 266 110
Plattform für Alleinerziehende
Postgasse 16 – Bozen
Tel. 0471 300 038
Wobi – Institut für den sozialen
Wohnbau
Amt für Zuweisungen von Wohnungen
Mailandstraße 2 – Bozen
Tel. 0471 906 629
Wobi – Institut für den sozialen
Wohnbau
Amt für Wohngeld
Mailandstraße 2 – Bozen
Tel. 0471 906 653
Sozial- und Gesundheitssprengel BSB
Zentrum – Bozner Boden – Rentsch
Rittnerstraße 37 – Bozen
Tel. 0471 324 297
Sozial- und Gesundheitssprengel BSB
Europa – Neustift
Palermostraße 54 – Bozen
Tel. 0471 502 750
Sozial- und Gesundheitssprengel BSB
Oberau – Haslach
Weißensteiner Weg 10 – Bozen
Tel. 0471 401 267
Sozial- und Gesundheitssprengel BSB
Gries – Quirein
Vittorio-Veneto-Straße 5 – Bozen
Tel. 0471 279 592
Sozial- und Gesundheitssprengel BSB
Don Bosco
Don-Bosco-Platz 20 – Bozen
Tel. 0471 501 821
Amt für Wohnbauförderung
Autonome Provinz Bozen Südtirol
Duca-d’Aosta-Allee 59 – Bozen
Tel. 0471 415 620
Wohnbauamt der Gemeinde Bozen
Lanciastraße 4/A – Bozen
Tel. 0471 997 915
Amt für Fürsorge und
Sozialversicherung
Autonome Provinz Bozen Südtirol
Freiheitsstraße 23 – Bozen
Grüne Nummer 800 018 796
48

Documentos relacionados