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Nr. 36 | März 2016
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Ein besonderer Tag auf Schalke
Hagen/Gelsenkirchen. Am 21. Februar erlebte
Herr Blume (Name geändert), Klient im Haus Neuer
Kronocken und stolzes Gelsenkirchener Urgestein
einen ganz besonderen Tag in der Veltins-Arena: Er
war einer von fünf Gästen, die von der Stiftung
„Schalke hilft“ zu einem Heimspiel seines Vereins,
dem FC Schalke 04, eingeladen worden waren. Ich
hatte die Ehre, Herrn Blume zu begleiten.
Im VIP-Eingangsbereich der Arena warteten die
Gäste mit ihren Begleitern auf die ankommenden
Spieler, die Herr Blume natürlich per Handschlag
begrüßte.
Dann ging es durch den Spielertunnel zur Spielerund Trainerbank, wo alle sich einmal als Trainer und
Spieler fühlen und probesitzen konnten. Zurück in
den Katakomben gewährte Pfarrer Barth, der Pfarrer der Kapelle „Auf Schalke“, einen Einblick in die
Kapelle, einen Ort der Ruhe mitten im Fußballtrubel.
Bethel.regional
Mit dem Abpfiff
war es aber noch
nicht zu Ende: Die
Gäste
bekamen
von den Spielern
Autogramme und
auch der Trainer
nahm sich Zeit für
einen
Smalltalk.
Herr Blume hat nun
die Autogramme
von allen Spielern,
dem Trainer und
von Erwin, dem
Maskottchen auf
seinem
SchalkeTrikots.
Herr Blume und der FC Schalke 04
Spieler Leroy Sané.
Herr Blume erlebte einmal mehr, dass die Schalker
Fans wie eine Familie zusammenstehen. Es war ein
unvergesslicher Nachmittag für ihn – und natürlich
auch für mich.
Henning Ebbinghaus,
Haus Neuer Kronocken
INKLUFUSION –
Wir sind gut, so wie wir sind!
Probesitzen auf der Trainerbank – ein tolles Gefühl!
Und dann war endlich Anpfiff zum Spiel gegen
Stuttgart. Auf den exklusiven Sitzplätzen im Presseblock stimmte die Gästegruppe in die „S04Hymne“, das Steigerlied, ein. Herr Blume sang ganz
bewegt und begeistert mit, war er doch früher, als
die Zeiten für ihn besser waren, Dauerkartenbesitzer und regelmäßig bei den Heimspielen seiner Königsblauen dabei. Dann entdeckte Herr Blume Tina
in der Trommelgruppe! Mit Tina ist Herr Blume seit
vielen Jahren freundschaftlich verbunden. Sie führte
ihn aus der Wohnungslosigkeit und vermittelte ihn
in das Haus Neuer Kronocken.
Herr Blume fieberte mit seinen Königsblauen und
jubelte über das 1:0 in der ersten Halbzeit. Dass die
Stuttgarter dann noch den Ausgleich schossen,
nahm er gelassen hin: Hauptsache, nicht verloren!
Dortmund. Was anfänglich als ein reines Tonstudioprojekt von Bethel.regional in Kooperation mit
der Jugendfreizeitstätte Marten in Dortmund gestartet ist, wuchs im Laufe der Zeit zu einer festen
Institution. Ursprünglich wollten sich Menschen mit
Behinderung, psychischer Erkrankung und Jugendliche aus sozialen Brennpunkten zusammenfinden
und lediglich einen gemeinsamen Song schreiben
und aufnehmen.
Die kreative Teilnahme war enorm umfangreich,
unterschiedliches musikalisches Material sammelte
sich an, neue Freundschaften entstanden und parallel wurde der Wunsch nach „mehr“ laut, da nicht
alle Ideen der Teilnehmer in nur „einem“ Song umgesetzt werden konnten. Durch die regelmäßig im
Studio stattgefundenen Jamsessions, entdeckten
die jungen Menschen den Spaß am Live-Spielen.
Somit war der nächste Schritt klar…
„INKLUFUSION“ heißt die Band, die aus diesem
Projekt hervorgeht – der Name ein Wortspiel aus
den beiden Wörtern „Inklusion“ und „Fusion“. Eine
bunte Truppe die „barrierefrei“ zusammen musiziert und unter die sich ab und an auch Gastmusiker internationaler Herkunft mischen. Große Spielfreude und die verschiedenen Einflüsse der einzel-
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nen Bandmitglieder, schaffen eine spannende Mischung aus HipHop, Rock und Pop.
„YOU & ME“ ist der erste Song der Band und handelt von den persönlichen Eindrücken und dem
Erleben der Gesellschaft als Teil einer Randgruppe.
Kernaussage ist jedoch der inklusive Gedanke und
dass letztendlich alle gleich sind, egal woher und
mit welchem Hintergrund oder Handicap. „Man
sollte sich nicht verbiegen, um akzeptiert zu werden!“, so das Statement der Band.
„INKLUFUSION“ selbst ist das beste Beispiel dafür
und so steht auch der Refrain des Songs „YOU &
ME – Wir sind gut, so wie wir sind!“ für die Überzeugung und Einstellung der Band.
Auch für 2016 sind wieder etliche Liveauftritte geplant, nachdem die Band bereits im Vorjahr auf
einigen Events ihre mitreißende Live-Performance
dargeboten hat. Zusätzlich arbeiten die Musiker ab
Frühjahr an der Umsetzung eines professionellen
Videos zu ihrer Single, sowie der öffentlichen Präsenz über diverse Social-Media Kanäle, um auf ihr
(Herzens)-Projekt aufmerksam zu machen. Eine
größere öffentliche Wahrnehmung könnte der
Band helfen, Gönner und Sponsoren zu gewinnen,
damit das Projekt weiterhin fortgeführt oder im
Idealfall sogar noch ausgeweitet werden kann.
Arts) der Universität Paderborn im Rahmen eines
Kunstprojekts. Das Malen „an sich“ und das besondere Interesse von Frau Brune standen dabei im
Vordergrund. Dabei entstand eine Kunst, losgelöst
vom Ergebnis – das Malen selbst wurde zur Kunst.
Dies spiegelt sich ausdrucksstark in überwiegend
roten Bildern wieder.
Die Künstlerin Katharina Brune ist sichtlich glücklich über den
Start ihrer Vernissage.
Die Kunstausstellung wurde öffentlich beworben,
sodass viele Besucher am Abend die Kunstwerke
bewundern konnten. Hierbei war besonders schön,
dass viele Menschen aus dem Quartier mit dabei
waren.
Lukas Dylong,
Haus Echeloh/ Arbeit und Beschäftigung
Sarah Biemann (mitte) und zahlreiche Gäste waren zur Eröffnung
der Ausstellung gekommen.
Vernissage im Begegnungszentrum Pontanus-Carré
Paderborn. Ende Januar hat im Begegnungszentrum des Pontanus-Carré eine außergewöhnliche
und sehr erfolgreiche Vernissage, bei der Bilder von
Katharina Brune, einer Bewohnerin des PontanusCarré, ausgestellt wurden, stattgefunden.
Unterstützt und begleitet wurde die Künstlerin
durch Sarah Biemann (Bachelor of Education of
Begleitet wurde der Abend musikalisch von einem
jungen Gitarristen, der neben der besonderen Beleuchtung der Bilder auch für eine ansprechende
Begleitung sorgte.
Das Kunstprojekt läuft auch in diesem Jahr weiter.
Für die Künstlerin und für alle anderen war es ein
ganz besonderer Abend, der im nächsten Jahr zum
Bethel Jubiläum (150 Jahre) wieder stattfinden
wird.
Raphael Voß
Bereichsleitung UW Pontanus-Carré
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Wrestling in zwei Welten
Baad Bakh, Laghman, Afghanistan, Juli 2015
Der 17-jährige Amar (Name geändert) sitzt in einem
öffentlichen Lokal der Hauptstadt Kabul und sieht
sich über einen kleinen Fernseher eine WrestlingAusstrahlung aus den USA an. Er versteht zwar
wenig Englisch aber der knapp dreistündige Fußmarsch aus seinem Dorf bis in die Stadt hat sich für
ihn absolut gelohnt. Viele andere Möglichkeiten zur
Freizeitgestaltung gibt es sonst nicht. Da es in Afghanistan wenig bis nahezu keine Arbeitsmöglichkeiten gibt und auch Schulbildung in der Umgebung nicht möglich ist, muss er sich andere Beschäftigungen suchen. Trotz der regelmäßigen
Moscheebesuche ist es eine unausgesprochene
Regel, nur wenn dringend notwendig das Haus zu
verlassen. Auch aufgrund der Taliban, die regelmäßig durch die Dörfer fahren, ist es besonders
abends zu gefährlich.
Jeder im Dorf weiß, dass Jungs im Alter von 15-18
Jahren „reif genug“ für die Beteiligung an der terroristischen Taliban- oder ISIS-Gruppe sind. Amar ist
17 Jahre alt. So langsam wird es für ihn eng. Schon
oft hat er gesehen, wie Menschen auf der Straße
erschossen wurden. Da er und seine Familie genau
wissen, dass die Taliban nun jederzeit in sein Haus
eindringen könnten, um ihn mitzunehmen, müssen
sie nach einem Ausweg suchen. Trotz der Perspektivlosigkeit in diesem Land und in seiner Familie ist
er sich sicher, dass er nicht für die terroristische
Gruppe kämpfen möchte. Verstecken oder gar Widerstand ist zwecklos und kann mit Ermordung von
Eltern oder Geschwistern bestraft werden. Er weiß,
dass er nur in einem anderen Land ein neues Leben
führen kann. Seine Eltern stimmen zu. Er entscheidet sich dafür, sein Land und seine Familie zu verlassen. Afghanistan kann ihm keine Sicherheit und
Perspektive bieten.
Er macht sich überwiegend zu Fuß auf für die lange
Reise über den Iran, die Türkei, Bulgarien bis nach
Deutschland. Er lässt als Ältester seine vier Brüder
und zwei Schwestern in seiner Heimat zurück. Die
Reise, die er hauptsächlich alleine zurücklegt, dauert fast drei Monate. Teilweise schafft er es, mit
einem Container in einem LKW oder sogar mit dem
Auto oder Bus mitgenommen zu werden. Auf der
Flucht durch die Berge erlebt er, wie Menschen
verhungern und verdursten. Was ihn erwartet, weiß
er nicht. Er kennt niemanden in Deutschland. Die
einzige Sprache, die er beherrscht ist Paschtu.
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Gütersloh, Nordrhein-Westfalen, Deutschland,
Februar 2016
Amar sitzt im Wohnzimmer der Clearingstelle Bethel und sieht sich zusammen mit neun anderen
hauptsächlich afghanischen und syrischen Flüchtlingen den Film „Fluch der Karibik“ an. Mittlerweile
versteht er schon so gut Deutsch, dass keine Untertitel mehr notwendig sind. Über die monatelange
Deutsch-Beschulung konnte er sich wichtige
Grundkenntnisse aneignen und unterhält sich sehr
gerne und lebhaft mit den Mitarbeitenden und
seinen Mitbewohnern. In Zusammenarbeit mit dem
Jugendamt konnte ein Asylantrag und die gesundheitliche Grundversorgung sicher gestellt werden.
Noch wartet er auf die Asylgenehmigung, aber
rechtlich darf er sich frei in ganz Deutschland bewegen. In Kürze beginnt seine neue Beschulung an
einem Berufskolleg und nächste Woche fängt er
sein erstes Praktikum in
einem
Lebensmittelgeschäft an, in dem er erste
Arbeitserfahrung
sammeln kann. Man habe ihn
in Afghanistan gelehrt,
als Mann hart für sein
Einkommen zu arbeiten.
Einer Mitarbeiterin gegenüber äußerte er einmal, dass er sich schämen
würde, Taschengeld von
der Einrichtung anzunehmen, ohne etwas
dafür getan zu haben.
Amar wirkt entspannt und zumeist sorglos. Als er in
die Einrichtung kam, wirkte er unsicher, schüchtern
und in sich gekehrt. Heute singt, tanzt und lacht er
viel und gerne.
Einmal sagte er: „Ich mag Deutschland, weil
man hier lachen darf und viele Witze macht.
Die Menschen lachen hier. In Afghanistan kann
man dafür im falschen Moment erschossen
werden.“
Kontakt zu seinen Eltern besteht nicht. Gelegentlich
klagt er über schwere Albträume aus den Kriegserlebnissen. In Gesprächen erzählt er erstaunlich
neutral und emotionslos von seinen Erlebnissen und
den Umständen in seinem Herkunftsland. Er sieht,
wie andere Jugendliche mit Drogen und Alkohol
versuchen, die traumatischen Erlebnisse zu verdrängen und sagt immer wieder, dass er dies niemals tun würde – auch, weil sein muslimischer
Glaube
ihm
das
verbieten
würde.
Lieber spielt er Fußball, Gesellschaftsspiele oder
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schaut sich die nächste Wrestling-Ausstrahlung im
deutschen Fernsehen an.
Lisa Hartmann,
UMF Gütersloh
Nach dem Gottesdienst wurde ein historischer
Rückblick auf 125 Jahre Ophra gegeben. Mit einem
gemeinsamen Mittagessen im Zelt endete die Jubiläumsfeier, und alle waren sich einig: Schön war`s.
Allen Beteiligten herzlichen Dank.
Annette Fuhrmann,
Bereichsleitung Ophra 1
125 Jahre Ophra
Bielefeld. Die Einrichtung Ophra im Bielefelder
Süden lud zum 125-jährigen Jubiläum ein. Die Bewohnerinnen und Bewohner, Mitarbeitende und
Angehörige von Ophra feierten gemeinsam mit der
Zionsgemeinde und interessierten Bürgern von
Eckardtsheim einen Gottesdienst im Zelt auf der
Wiese vor Haus Ophra.
Leider spielte das Wetter nicht so mit, wie gehofft;
es war sehr regnerisch, doch das wirkte sich in keiner Weise negativ auf die Stimmungen aller Anwesenden aus.
Mehr als 200 Gäste besuchten die Jubiläumsfeier –
es fand viel Begegnung auf Augenhöhe statt. Es
kamen viele ehemalige Mitarbeitende – es gab rührende Wiedersehen und gemeinsame Erfahrungen
wurden ausgetauscht.
Der Gottesdienst stand unter dem Motto: „Gut
behütet in 125 Jahren“.
Die Bewohnerinnen und Bewohner, die Mitglied in
der Musikgruppe sind, stellten das „Ophra Geburtstagslied“ vor. Außerdem präsentierten sie eine Hüte
Modenschau und ernteten dafür viel Applaus.
Die Models der Hüte-Modenschau.
Musik spielte damals wie heute eine große Rolle.
Viele musikalische Einlagen wurden dargeboten:
Das Duo der Ehrenamtlichen von Ophra – Andreas
und Claudia – spielten einige klassische Musikstücke, der Posaunenchor Eckardtsheim, der irgendwie
schon zu Ophra dazugehört, begleitete alle Lieder,
die gesungen wurden. Es war sehr feierlich und
machte allen Beteiligten viel Spaß.
Zahl des Monats
213.799.199 €
an Leistungserträgen hat Bethel.regional in 2015
voraussichtlich erwirtschaftet.
mitMenschPREIS
Die Bewerbung um den mitMenschPreis, den der
Bundesverband evangelische Behindertenhilfe e.V.
(BeB) zum vierten Mal ausschreibt, ist noch bis zum
31. März 2016 möglich.
Gesucht werden Projekte und Initiativen in der Behindertenhilfe oder Sozialpsychiatrie, die Menschen
mit hohem Unterstützungsbedarf mehr selbstbestimmte Teilhabe ermöglichen. Ihr Projekt kommt
für den mitMenschPREIS in Frage, wenn eine Institution sich wandelt, eine Einrichtung sich auf den
Weg
macht
oder
Menschen
gemeinsam darauf hinwirken, dass eine inklusive Gesellschaft entsteht. Dies kann im Bereich Wohnen, im
Bereich Arbeit oder auch in jedem anderen Lebensbereich sein, wo Menschen mit und ohne Behinderung selbstverständlich zusammenleben – eben als
mitMenschen.
Es sind bereits eine ganze Reihe beachtenswerter
Bewerbungen eingegangen. Dennoch sollten natürlich besonders BeB-Mitglieder die Chance nutzen,
sich mit innovativen inklusiven Projekten an der
Ausschreibung zu beteiligen. Es winken ein Preisgeld in Höhe von 10.000 Euro sowie ein Videoclip,
der über die fünf besten Projekte produziert wird.
Die Preisverleihung findet am 11. Oktober 2016 in
Berlin statt.
Weitere Informationen sowie das Bewerbungsformular finden Sie unter www.mitMenschPreis.de