mobiles web - WAN-IFRA

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mobiles web - WAN-IFRA
FLASHLIGHT REPORT
MOBILES WEB
Das Internet für Leser unterwegs
A
m Internet schätzen wir dessen
Größe und an Mobilgeräten
deren Kompaktheit. Genau darin
liegt das Problem für Webdesigner
und Content-Anbieter, wenn es
darum geht, ein mobiles Publikum
zu erreichen. Handys entwickelten
sich von simplen Kommunikationsgeräten hin zu unverzichtbaren
„persönlichen Assistenten“ und
Unterhaltungstools. Den Traum
vom „Internet in der Tasche“ gibt
es seit über zehn Jahren, doch erst
jetzt ist eine explosionsartige
Zunahme der mobilen Internet-Nutzung zu verzeichnen.
Das Interessante daran für Verlage ist nicht
die Zahl der Nutzer, die per Handy surfen –
derzeit weniger als ein Prozent, selbst in den
stärker entwickelten Märkten –, sondern das
Potenzial für den dynamischsten New-MediaMarkt seit Einführung des Internets. Das
wirklich Erfreuliche ist, dass die Erschließung
eines neuen Marktes wohl ausnahmsweise
einmal nicht die Entwicklung einer völlig
neuen Plattform erfordert. Es sieht danach
aus, dass sich damit ein neuer Markt für
Inhalte ohne aufwändige Aufbereitung auftut. Web-Inhalte lassen sich mit der neuen
Generation mobiler Browser darstellen, ohne
dass dazu spezielle mobile Sites konzipiert
werden müssten. Content gewinnt eine völlig neue Dimension angesichts der zunehmenden Bedeutung von zeit- und standortbezogenen Inhalten.
Zwar ist die Zahl der mobilen Browser noch
immer gering, doch die Entwicklungstrends
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© 09/2008 IFRA
deuten auf ein großes Wachstumspotenzial hin. Opera zufolge transferierten im
vergangenen April die 11,9 Millionen
Nutzer von Opera Mini weltweit 33 Millionen MB an Daten über ihre Browser.
Das entspricht einem Plus von 88 % (!)
gegenüber dem vorigen Quartal.
Warum gerade jetzt?
Das liegt zum Teil am iPhone-Effekt. Nur
sechs Monate nach der Markteinführung
steht das iPhone mit dem meistgenutzten
Browser für den mobilen Webzugang in
den USA auf Platz 1 (Quelle: StatCounter),
noch vor dem Symbian OS der NokiaHandys. Der iPhone-Effekt hat einen ganzen Marktsektor belebt, mit dem Ergebnis,
dass sich die konkurrierenden Handy-Hersteller darum bemühen, ihre Geräte Internet-freundlicher zu gestalten, und die
Nutzer in den Genuss besserer Browser
und Displays kommen, die ihnen das Surfen per Handy oder PDA erleichtern. Nach
Angaben von ComScore ist die Zahl der
Mobilgeräte, die in den USA per Breitbandverbindung auf das Internet zugreifen, im vierten Quartal 2007 gegenüber
dem Vorjahreszeitraum um 154 % gestiegen. Genau besehen bedeutet das zwar
nach wie vor, dass nur ein Prozent der
Bevölkerung einen mobilen Breitbandzugang nutzt, doch das Wachstumspotenzial ist da und hat zu einem Wettbewerb unter den Mobiltelefon-Browsern
geführt, da Apples Safari, Opera Mini,
Firefox und Nokia alle um ein Stück vom
Kuchen kämpfen.
Da einige der Wettbewerber erst noch
ihre Eignung unter Beweis stellen müssen,
ist es noch zu früh, einen Sieger auszumachen. Fest steht, dass es einen Wandel
dahingehend gegeben hat, wie InternetInhalte aufs Handy kommen. Früher richteten die Content-Anbieter speziell auf
Handy-Nutzer ausgerichtete reine MobilSites (sozusagen „Web Light“) ein, wobei
mittels Techniken wie WAP den Nutzern
Kostproben aus einer Website, zugeschnitten auf die Kapazitäten eines Handys, geliefert wurden. Nun geht die Entwicklung dahin, Internet-Angebote in
ihrer Gesamtheit auf dem mobilen Browser verfügbar zu machen: Safari, Opera
Mini, Firefox und Nokia nehmen vorhan-
Ausführliche Interviews und relevante Links
finden Sie unter: www.ifra.com/flashlight
dene Sites mit ihrem gesamten Content,
Design und Branding und bereiten sie
„on the fly” für die (sehr) kleinen Displays
auf.
Trotz des gleichen Ziels gibt es unterschiedliche Realisierungsansätze. Der
größte Unterschied besteht darin, dass
sich einige für eine serverseitige, andere
für eine clientseitige Lösung entschieden
haben. Opera Mini vertraut auf einen
Remote-Server, der die Webseiten vorab
aufbereitet, bevor sie auf das Handy übermittelt werden. Dieser Proxy-Server nimmt
eine Neuformatierung und Datenkomprimierung vor, um die Seite fürs Handy zu
optimieren. Wie sich das auswirkt, sieht
man, wenn man parallel auf Google
Mobile per Handy/PDA und auf die normale Google-Website via Desktop
zugreift. Bei der gleichen Suchabfrage
kann man sehen, dass der mobile Dienst
die Ergebnisse gegenüber dem DesktopPendant neu formatiert.
Bei der clientseitigen Lösung wird die
Neuformatierung des gelieferten Inhalts
vom Browser übernommen. So auch das
Konzept des neuen Nokia-Webbrowsers,
der Web-Inhalte für das kleine Display
aufbereitet. Content-Anbieter überlassen
entweder die Aufbereitung dem Browser
oder greifen auf CSS-Styles zurück, wenn
sie die Darstellung beeinflussen möchten.
Für Content-Anbieter liegt der Vorteil der
clientseitigen Lösung auf der Hand – man
muss selbst nichts tun, um das eigene
Material für das Handy zu optimieren.
Der Nachteil ist, dass die Kunden über
Browser mit entsprechenden Funktionen
verfügen müssen, was derzeit bei den
meisten nicht der Fall ist. Bei der serverseitigen Lösung ist vorteilhaft, dass man
In Kürze
Das mobile Surfen per Handy ist einer der
sich am schnellsten entwickelnden Bereiche
des Content-Marktes seit dem Aufkommen
des World Wide Web – dank besserer Geräte
mit größeren Displays und einer neuen
Generation von Browsern, die Inhalte sehr
viel besser auf kleinen Displays darstellen
können. Während mobile Inhalte bisher die
Erstellung einer speziellen Website neben
der normalen Online-Präsenz eines Verlags
erforderten, scheint die Anpassung vorhandener Seiten künftig nicht mehr nötig zu
sein, zumindest in gestalterischer Hinsicht.
Das Nutzungsverhalten mobiler User wird
noch erforscht, doch es ist davon auszugehen, dass angesichts der „Hier und jetzt“Haltung der mobilen Nutzer künftig zeitund standortabhängiges Material einen
höheren Stellenwert bekommen wird.
die Darstellung einer Webseite für eine
weit größere Zahl von Nutzern bestimmen kann, doch das erfordert den
Betrieb eines eigenen Servers mit entsprechendem Knowhow und Kostenaufwand. So oder so scheinen die Tage
gezählt zu sein, dass für mobile Inhalte
die Einrichtung einer eigenen Site erforderlich ist.
Die wichtigsten Akteure
Opera Mini: Angenommen, Sie nutzen
einige freie Minuten, um die neuesten
Schlagzeilen per Handy zu überfliegen,
und stoßen dabei auf etwas wirklich Interessantes, was Sie aber lieber in Ruhe am
Sharon Knitter, Senior Director für ConsumerProdukte, Cars.com, USA:
Ich sehe im mobilen Web ein sehr großes Potenzial für Verlage. Sie sollten überlegen, was für die Nutzer wohl von
Interesse ist, wenn sie unterwegs sind, und ihnen die
entsprechenden Inhalte und Funktionalitäten bieten. Für die
Verlage reicht es nicht, lediglich die gesamte Website herzunehmen und auf das mobile Internet zu übertragen. Ebensowenig wie die
Website ein exaktes Abbild der Printzeitung sein darf, sollte auch die mobile
Website kein exaktes Abbild der normalen Website sein.
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FLASHLIGHT REPORT
Morten Holst, Leiter des Mobilbereichs,
Verdens Gang, Norwegen:
Die angebotene Site muss über alle gängigen Browser
zugänglich sein. Mobile Browser werden immer besser
und nähern sich immer mehr den normalen Browsern
mit vollem Funktionsumfang an. Es ist kein großes
Problem, einen benutzerfreundlichen mobilen Dienst
einzurichten. Die Kosten sind nicht unerschwinglich, hängen jedoch
stark von den bereits vorhandenen Systemen und Plattformen ab.
Bildschirm lesen möchten – dann ist es
wichtig, Daten zwischen verschiedenen
Geräten abgleichen zu können. Opera
Mini 4 kann Lesezeichen vom Handy per
Opera Link mit dem Opera-Browser auf
dem Desktop abgleichen. Es gibt zwei
Varianten für die mobile Nutzung: Opera
Mobile für PDAs und Smartphones sowie
Opera Mini für Handys. Opera Mini ist ein
serverseitig konzipiertes System, das die
Downloads vor der Datenübermittlung
optimiert und so für schnelleres Browsen
und geringere Nutzungsgebühren sorgt.
Der Nachteil: Beschränkte Interaktion
zwischen Browser und Site kann bei Technologien wie Ajax Probleme verursachen.
Firefox: scheint zwei Versionen seines
mobilen Browsers zu entwickeln, eine für
Touchscreen-Handys (z. B. iPhone) und
eine für Handys ohne Touchscreen. Zu
den bereits angekündigten Features zählt
eine interessante Navigationsfunktion: Bei
kurzem Antippen eines Buttons springt
der Cursor zum nächsten Display-Element,
längeres Antippen oder Halten startet die
Scroll-Funktion. Man könnte einwenden,
dass Firefox heute wenig bietet, was bei
Opera Mini nicht schon verfügbar wäre.
Ausschlaggebend könnte aber werden,
dass Firefox im Desktop-Bereich eine
weitaus größere Verbreitung hat als
Opera. Dies wird wichtig, sobald es möglich wird, Daten (wie z. B. Lesezeichen)
zwischen Mobiltelefon und DesktopGerät abzugleichen, was als eines der
vielversprechendsten Merkmale des mobilen Surfens gilt. Wo Synchronisierung
relevant ist, wird der Browser mit der
größten Installationsbasis im DesktopBereich vermutlich im Vorteil sein.
Safari: Dieser Browser – das „Hirn“ des
iPhone, wenn es um Webnutzung geht –
bietet einen desktop-ähnlichen Funktionsumfang einschließlich RSS, was für Nachrichten-Sites besonders von Interesse ist.
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© 09/2008 IFRA
Momentan hat man keine Wahl, wenn
man sich für ein iPhone entscheidet,
bekommt man automatisch Safari. Die
Frage ist, ob Apple auf seinem bekanntermaßen wenig offenen Gerät auch andere
Browser zulassen wird, denn Firefox hat
dank spezieller Extensions Safari bei Desktop-Browsern für den Mac überholt.
Die eigene Website
für die mobile
Nutzung rüsten
Nokia: Der neue Nokia S60-Webbrowser
soll eine desktop-ähnliche Funktionalität
für die mobile Nutzung bieten, einschließlich RSS-Feeds und Blogs. Er beinhaltet
einen Teil der Open-Source-Technologie
von Safari sowie Nokias Symbian-Basis
und bietet Features wie MiniMap (Seitenübersicht), mit der sich eine ganze Seite
auf einem kleinen Display rasch überfliegen lässt. Nokias Rendering Engine, die
die Inhalte für das Handy-Display aufbereitet, wird als schneller eingestuft, als die
bei Firefox eingesetzte Gecko-Engine. Da
der Firefox-Browser noch nicht auf dem
Markt ist, steht der Nachweis noch aus.
Stig Nordqvist
IFRA Research Director Digital Media
NetFront: Dies ist ein eingebauter
Browser, den es ausschließlich bei Handys,
PDAs oder auch der Sony PSP gibt. Er ist
auch deswegen populär, weil er eine gute
Unterstützung für asiatische Sprachen
bietet und relativ geringe Leistungsanforderungen an das Mobilgerät stellt. Bei billigeren Handys in Asien ist er weit verbreitet. Das könnte sich jedoch ändern, denn
es gibt Informationen, wonach Sony
Ericsson diesen Browser für seine HighEnd-Geräte in Betracht ziehe.
Die vorliegende Liste erhebt keinen
Anspruch auf Vollständigkeit. Populäre
Low-end-Lösungen wie der UP.Browser
von Openwave, Motorolas nativer Browser und Obigo von Teleca wurden nicht
aufgeführt, weil sie derzeit nicht in der
Lage sind, die Möglichkeiten der mobilen
Internetnutzung, die die neueste Generation von Mobilgeräten bietet, in vollem
Umfang zu nutzen. In einer von beständigem Wandel und Innovation geprägten
Branche werden die kleineren Akteure
aber Apple, Nokia und Firefox vermutlich
das Feld nicht komplett überlassen wollen
und auch Neulinge wie Skyfire stehen
schon in den Startlöchern.
Steve Shipside and Sashi Nair ([email protected].
Nun, was soll ich sagen, um Sie zu motivieren, noch mehr Energie in dieses Thema zu investieren? Die kürzlich eingeführte 3G-Version des iPhone und die jüngste
Zunahme der mobilen Web-Nutzung deuten darauf hin, dass die Zahl der Handybesitzer, die das mobile Internet ernsthaft
nutzen, einen rasanten Zuwachs verzeichnen wird.
Das Positive daran ist, dass das mobile
Web mehr genutzt wird als man glaubt
und dass die Konsumenten gute Inhalte
und Informationen brauchen. Die Kehrseite ist, dass der Markt recht unübersichtlich ist: Es gibt viele Geräte, Browser,
Transcoder, Aggregatoren und Supportangebote, die dabei „helfen“, die eigene
Website mobilfreundlich zu gestalten.
Die Mobile-Web-Landschaft verändert
sich derzeit erheblich und wird beherrscht
vom kürzlich von Nokia übernommenen
Betriebssystem Symbian OS. Die mobile
Web-Nutzung hat sich im letzten Jahr
weltweit verdoppelt und das ist erst der
Anfang eines langanhaltenden Trends.
Apple hat insofern einen Vorsprung, als
dass viele iPhone-Nutzer sehr viel im Internet surfen. Seit Einführung des iPhone
im Juni 2007 haben die Entwickler mehr
als 17 000 auf das Gerät abgestimmte Sites oder Anwendungen konzipiert.
Natürlich spielten auch andere eine
wichtige Rolle für den Aufschwung des
mobilen Internets, darunter Nokia und
Opera, der Anbieter des gleichnamigen
mobilen Browsers.
Pionierverlage in Japan und Skandinavien versuchen seit fast zehn Jahren, dem
mobilen Internet zum Durchbruch zu verhelfen, doch gelungen ist es ihnen erst
im letzten Jahr. Nun kommt in einem großen Schwung alles zusammen. Das iPhone
hat den Nutzern ein flashartiges Browsen
normaler Websites ermöglicht. Das ist
eine begrüßenswerte Entwicklung angesichts der Tatsache, dass es die wenigsten
Content-Anbieter geschafft haben, spezielle Sites für den mobilen Informationsabruf einzurichten. Das zoombare 2-TouchDisplay (das über zwei Berührungsimpulse
gleichzeitig steuerbar ist) macht die mobile Webnutzung weniger mühselig als das
Lesen einer normalen mobilen Website.
Zwar kann ich meine Heimatzeitung –
wenn auch mit einigen Tricks und ZoomAktionen – über mein iPhone lesen, doch
ich bevorzuge Sites, die für das iPhone
oder andere Handys wie mein Sony Ericsson mit Opera-Browser optimiert sind.
Mein Rat: Stellen Sie ein Team aus
den Redaktions- und Business-Abteilungen zusammen und erkunden Sie, was
Ihren Konsumenten bei der mobilen Internet-Nutzung wichtig ist. Und seien Sie
undogmatisch: Natürlich sollten Sie Ihre
Website für das iPhone optimieren, aber
Sie sollten auch die Nutzer anderer Handys nicht vergessen. Es gibt gute Beispiele
aus Malaysia, Stockholm, Washington,
Paris und anderen Orten, wo das mobile
Internet im Aufschwung begriffen ist.
Diesmal geht es nicht um die Frühanwender, sondern um das eigene Zielpublikum. Viele Nutzer surfen mit einem „traditionellen“ Handy, doch die Zuwächse
bei der mobilen Internet-Nutzung durch
iPhone-Besitzer sind beeindruckend.
Stig Nordqvist wird die IFRA-Konferenz zum Thema
E-Reading am 18. – 19. September in Paris leiten. Dazu
werden innovative Akteure im Mobilbereich erwartet.
Nähere Informationen unter www.ifra.com/events.
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