Typisch Mann – Typisch Frau?

Transcrição

Typisch Mann – Typisch Frau?
September 2011
Wenn die Eltern
älter ­werden
Wie erwachsene Kinder den
­Rollenwechsel erleben
Kollege Roboter
Robotermedizin kann helfen,
wo ­besondere Präzision
­gefragt ist
Typisch Mann –
Typisch Frau?
Heute haben alle die gleichen Chancen.
Oder etwa doch nicht?
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Editorial
Inhalt
Vorgestellt
4Lachen statt ­leiden Kinder- und
Jugendpsychiatrie „Don Bosco Klinik“
34St. Mocca – ein christliches Begegnungscafé Von leckerem Kaffee und
einem besonderen Geist
Therapie
6 K
leptomanie Der unbezwingbare
Drang zu ­stehlen ist eine Krankheit
8Irgendwo im Niemandsland Wer
unter ­schwerem Gedächtnisverlust leidet,
braucht Unterstützung und ­Beistand
Gesund bleiben
11Wenn der Ellenbogen streikt Nicht
nur Tennisspieler leiden am Tennisarm
Im Blick
12Neugierde und Nervenkitzel
Sensationslust steckt in jedem Menschen
Liebe Leserinnen und Leser,
Frauen sind am Ball: Bei der diesjährigen Fußball-Weltmeisterschaft begeisterten die
Damen in einer Disziplin, die man sonst eher den Männern auf die Fahne schreibt.
Noch nie haben mehr Zuschauer in Deutschland Frauen-Fußballspiele live und vor
dem Fernseher verfolgt als im Juli. Mehr als 17 Millionen Menschen fieberten mit. Das
Geschlechterkarussell scheint sich zu drehen. In unserer Titelgeschichte „Typisch Mann
– Typisch Frau?“ beschäftigen wir uns mit dem viel diskutierten Thema der Chancengleichheit. Wie in dem ersten im Juni erschienenen Gleichstellungsbericht der Bundesregierung geht es unter anderem um Karrierechancen, Kindererziehung und Gehälter.
Dass sich Rollen ändern können, zeigt auch unser Beitrag über das Älterwerden der
eigenen Eltern. Dabei geht es nicht zwangsläufig um eine schwere Pflegebedürftigkeit,
vielmehr um schleichende Prozesse. Wie erleben erwachsene Kinder die Veränderung,
wenn Vater oder Mutter zunehmend auf Hilfe angewiesen sind und Unterstützung bei
alltäglichen Dingen benötigen? Wir haben zwei Kinder und eine Expertin befragt. Lesen
Sie mehr dazu ab Seite 26.
Titel
14Typisch Mann – Typisch Frau?
Heute haben alle die gleichen Chancen.
Oder etwa doch nicht?
Medizin
22Kollege Roboter Die Robotermedizin
ist auf dem Vormarsch
Alexianer vor Ort
24Die wichtigsten Alexianer-­
Nachrichten bundesweit
Brennpunkt
26Wenn die Eltern älter werden
Wie erwachsene Kinder den
­Rollenwechsel erleben
Kurz notiert
30Aufge-lesen Herz IV: Aus dem Alltag
einer rechtlichen Betreuerin
Robotergestützte Operationstechniken sind auf dem Vormarsch. Die technischen Möglichkeiten von Robotern werden immer besser, die Behandlungserfolge auch. Wir haben
Mensch und Roboter im Prostatazentrum Nordwest in Gronau bei einem Eingriff über
die Schulter geschaut. Beeindruckend, wie präzise und schonend die Operation verläuft.
Werfen Sie einen Blick in die spannende Welt der Hightechmedizin (ab Seite 22).
Gute Therapiemöglichkeiten für
Menschen mit sozialer Angst
­Konfrontation mit der Angst ist hilfreich
Eine interessante Lektüre wünscht
31Herzenswünsche e. V.
Ihr
Fakt
Bruder Benedikt M. Ende CFA
Provinzial der St. Alexius-Provinz ­Deutschland
Matt von der Mattscheibe
Zu viel Fernsehkonsum macht krank
Seitenwechsel
32Hygiene und das neue Infektionsschutzgesetz Das richtige Maß ist
­entscheidend
35 Rätsel / Impressum
3
4
Den Garten in der Don Bosco Klinik können die
­Patienten derzeit selbst gestalten
Vo r g es t e l lt
Lachen statt
l­ eiden
Die Kinder- und Jugendpsychiatrie „Don Bosco Klinik“
Hell, freundlich und bunt sind die Räume in der neuen Don Bosco Klinik für Kinder- und
Jugendpsychiatrie in Münster. Der grüne Garten mit seinen zahlreichen Winkeln lädt ein
zum Spielen und Entspannen. Und doch ist den jungen Patienten, die hierherkommen,
nicht nach Toben oder Entspannen zumute. Die Kinder und Jugendlichen, die sich in der
Don Bosco Klinik aufhalten, sind psychisch erkrankt. Sie leiden unter verschiedenen Formen und Ausprägungen von Störungen, die das junge Leben alles andere als frei und
unbefangen – wie es eigentlich in der Kindheit sein sollte – machen.
Seit drei Monaten stationär in der Don Bosco Klinik ist Lukas Lintsch*. Der 18-Jährige ist
einer der älteren Patienten in der Einrichtung. „Depressionen und Anpassungsstörungen“
lautet seine Diagnose. Er selbst spricht von „ständigen Kopfschmerzen und Schlafstörungen“. Der schlanke junge Mann spricht offen über seine Zeit in der Kinder- und Jugendpsychiatrie und macht nicht den Eindruck, als ob er ein seelisches Leiden hat. Und doch
berichtet er, sei die Phase, in der ihm ständig übel war und ihn Schmerzen plagten, erst
wenige Wochen her.
Raus aus dem Teufelskreis
„Es war ein Teufelskreis“, erinnert sich Lukas. Sein Vater starb, als er noch ein kleines Kind
war, erste Schulprobleme bekam er in der neunten Klasse. Damals gingen sie los, seine
Kopfschmerzen. Er sei immer schon recht groß gewesen, erzählt er, und habe deshalb oft
*Name von der Redaktion geändert
„dumme Sprüche“ seiner Klassenkameraden zu hören bekommen. Doch er wehrte
sich nicht, stattdessen wurde er immer stiller: „Ich habe die Wut in mich hineingefressen“, sagt er heute. Mit zunehmenden
Schmerzen und Schlafstörungen versäumte
er mehr und mehr Unterricht. Durch seine
Fehlzeiten verpasste er viel Lernstoff. Den
nachzuholen, verursachte noch mehr Stress.
Sein Hausarzt fand keine Ursachen für die
Symptome des jungen Patienten. „Mein
Kopf wurde genau unter die Lupe genommen, meine Wirbelsäule – mein ganzer
Körper wurde untersucht“, erzählt Lukas
Lintsch. Letztlich blieb nur ein Schluss: Sein
Leiden ist psychosomatisch. Eine Therapeutin gab ihm den Tipp, sich stationär aufnehmen zu lassen und empfahl die Don Bosco
Klinik.
Vo r g es t e l lt
Letztlich sorgte die angenehme Atmosphäre dafür, dass der Jugendliche sich in die Hände
des Don Bosco-Teams um den ärztlichen Leiter Dr. Bernd van Husen begab.
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arbeiten und für den Patienten und seine
Angehörigen dauerhafte Hilfestellungen zu
vermitteln.
Besondere Therapien für Kinder
Dem Team ist besonders wichtig, dass die Kinder- und Jugendpsychiatrie nicht als ein
Ableger der Erwachsenen-Psychiatrie wahrgenommen und umgesetzt wird, sondern eine
eigene medizinische Fachrichtung ist. „Bei den Erkrankungen der Kinder handelt es sich
weniger um Geisteskrankheiten, sondern um reaktive psychische Störungen, Fehlentwicklungen der seelischen Reife und Folgezustände körperlicher Schäden, die sich in charakterlichen Auffälligkeiten und sozialen Unangepasstheiten zeigen“, erklärt van Husen. Konkret
bedeutet das, dass Konzentrationsstörungen, Aggressionen oder andere Auffälligkeiten im
Kindesalter andere Ursachen haben können und anders therapiert werden müssen als die
der Erwachsenen.
Für Lukas Lintsch war der regelmäßige Sport einer der Dreh- und Angelpunkte seiner
Therapie. „Ich habe aber auch sehr viele Termine mit Dr. van Husen gehabt. Was mich
bewegte, habe ich direkt angesprochen.“ Boxen, klettern oder reiten sind nur einige der
sportlichen Möglichkeiten, die die Klinik bietet. Malen, musizieren, Gartenarbeit oder
Gesprächsrunden gehören ebenso zum Programm wie ein enger Bezug zu Pflegekräften
und Therapeuten.
Verlassen die Heranwachsenden die Klinik, gibt es drei Möglichkeiten: Zum einen
ist die Rückkehr in die Familie möglich, mit
oder ohne weitere Behandlung oder ambulante Weiterbetreuung. Zweitens kann der
Patient in andere Institutionen überwiesen werden, etwa in ein Heim, ein Internat
oder eine klinische Einrichtung. Die dritte
Möglichkeit ist die Weiterbetreuung oder
-behandlung in Pflegefamilien. Welcher
Weg der richtige ist, wird individuell von
Fall zu Fall entschieden. Die Therapie endet
also nicht am Klinik-Ausgang, sondern wird
auch nach der Entlassung der Patienten
weiter unterstützt.
Gestärktes Selbstbewusstsein
„Wenn Kinder sich auffällig verhalten, so hat das nichts mit Dummheit oder Intelligenz zu
tun“, auch das ist van Husen wichtig, „das soziale Umfeld neigt dazu, solche Kinder falsch
einzuschätzen.“ Neben den psychischen Merkmalen können auch körperliche Probleme wie
Funktions- und Bewegungsstörungen auf eine Erkrankung des jungen Menschen hinweisen.
Die Therapeuten haben jederzeit ein offenes Ohr
„Ich fühle mich viel besser“, erklärt Lukas
Lintsch kurz vor dem Ende seines stationären Aufenthaltes. „Mein Selbstbewusstsein
ist gestärkt. Ich habe gelernt, meine eigene
Boxtraining mit dem Sporttherapeuten
Ärztlicher Leiter Dr. Bernd van Husen
Besonders in den vergangenen Jahren hat der Bedarf an ausgebildeten Kinder- und
Jugendtherapeuten stark zugenommen. In der Kinder- und Jugendpsychiatrie arbeiten
Psychologen, Diplom-, Heil- und Sozialpädagogen, Sozialarbeiter, Motopäden, Logopäden und Sprachtherapeuten, Lehrer, Erzieher und Krankenschwestern eng mit den Ärzten zusammen. Die multidisziplinäre Zusammenarbeit ist eines der wesentlichen Merkmale
der Kinder- und Jugendpsychiatrie und spiegelt sich in Aufbau und Arbeitsweise der Don
Bosco Klinik wider.
Meinung zu vertreten und mich durchzusetzen.“ Für seine Zukunft hat der junge Mann
viele Pläne. So steht als Erstes der Führerschein auf dem Programm, dann die Berufsschule mit der Ausbildung zum Indus­
triekaufmann und natürlich seine Hobbys:
Bogenschießen und die Jung-Feuerwehr. Dass dabei auch die Eltern und weiteren Angehörigen mit ins Boot geholt werden, ist
selbstverständlich. Den Patienten werden psychotherapeutische Verfahren angeboten, die
geeignet erscheinen, ihre Problematik zu lindern, familiäre Beziehungsstörungen aufzu-
Text: Carmen Echelmeyer
Fotos: Kai Schenk
6
Therapie
Hinzu kommt die Situation vor Gericht:
„Ein krimineller Dieb könnte auf Strafminderung spekulieren und eine psychische
Störung vortäuschen. Einem Kleptomanen könnte hingegen eine psychische Störung peinlicher erscheinen als ein krimineller Diebstahl, und er könnte deshalb seine
psychischen Beweggründe verschweigen.
Dadurch kann es sowohl zu falsch-positiven als auch zu falsch-negativen Diagnosen
kommen“, erklärt die Fachfrau.
Kleptomanie
Der unbezwingbare Drang zu ­stehlen
ist eine Krankheit
Als der Richter drohte, ihm seine Kinder wegzunehmen, wusste Jochen Wyss (48)*, dass
er etwas gegen seine Kleptomanie tun musste. Und handelte: „Ich hatte im Supermarkt
heimlich etwas in den Kinderwagen gelegt und war erwischt worden. Damals hat der Richter gesagt: ‚Wenn ich Sie hier noch mal sehe, sind Ihre Kinder weg!’ Da habe ich begriffen:
So geht es nicht weiter.“ Seit er sich aus der Kleptomanie befreit hat, hilft Wyss anderen
Betroffenen.
Die Erkrankung in Zahlen
Kleptomanie, auch als „zwanghaftes Stehlen“ bezeichnet, ist eine Impulskontrollstörung.
Die Erkrankung ist selten. Wie viele Personen betroffen sind, lässt sich nicht mit Sicherheit sagen. Die bisher einzige nicht klinische Stichprobe ergab neun Betroffene pro 1.000
Einwohner. In der Studie waren 80 Prozent der Betroffenen Männer. Generell ist jedoch
umstritten, ob mehr Männer oder Frauen betroffen sind. Behandelt werden eher Frauen,
was daran liegen kann, dass sich Frauen eher Hilfe suchen. Experten gehen davon aus, dass
etwa fünf Prozent aller entdeckten Ladendiebstähle von Kleptomanen begangen werden.
Dr. Antje Bohne hat zuletzt in Münster eine Ambulanz für Impulskontrollstörungen geleitet.
In zahlreichen Forschungsprojekten hat sie sich mit dem Themenkreis beschäftigt, so auch
mit Kleptomanie. Die Psychologin beschreibt die mögliche Dunkelziffer: „Kleindiebstähle
werden nicht unbedingt bemerkt, und Betroffene und Justiz wissen in manchen Fällen
möglicherweise nicht, dass Diebstahl auf eine psychische Erkrankung zurückgehen kann.“
*Name von der Redaktion geändert
Die Kleptomanie, also der unbezwingbare
Drang zu stehlen, kann in jedem Lebensalter erstmals auftreten. Der Impuls ist sehr
unterschiedlich ausgeprägt und hängt unter
anderem von der aktuellen Lebenssituation
ab. So können Betroffene den Drang zu
stehlen mehrmals täglich oder wöchentlich
verspüren. Es ist aber auch möglich, dass
der Impuls nur episodisch auftritt und Phasen ohne jeglichen Stehldrang folgen.
Gestohlen werden üblicherweise nutzlose
Dinge, die hinterher weggeworfen, versteckt oder verschenkt werden. Jochen
Wyss gibt ein Beispiel: „Man steckt die Illustrierte in die Tageszeitung, geht aus dem
Laden und schmeißt die Illustrierte in den
nächsten Mülleimer.“
Schwierige Situationen
erhöhen den Druck
Sowohl privat als auch beruflich können schwierige Situationen entstehen, die
schwer oder gar nicht lösbar erscheinen.
Bei von Kleptomanie Betroffenen können
solche Situationen den Drang zu stehlen
auslösen.
Die Sozialpädagogin Bärbel Marbach-Kliem
leitet in Augsburg beim Sozialdienst katholischer Frauen die Beratungsstelle für Frauen
und betreut auch eine Kleptomanie-Selbsthilfegruppe. „Das Stehlen hängt immer
mit einer speziellen Situation zusammen“,
sagt sie. „Die Betroffenen können sie nicht
bewältigen, und das Stehlen dient als Ventil, um Druck loszuwerden.“
Therapie
Das Stehlen geht auf einen unwiderstehlichen Impuls zurück. Vor
dem Stehlen kommt es zu einem Spannungsanstieg, nachher zu
einem Spannungsabfall. Marbach-Kliem beschreibt diesen Effekt:
„Die Betroffenen fühlen sich sehr minderwertig. Werden sie nicht
erwischt, haben sie einen kurzen Kick: ‚Ich habs geschafft!’ Danach
folgt aber immer der Katzenjammer, und die Realität holt sie ein.
Werden sie erwischt, bricht eine Welt zusammen. Das äußert sich
meist auch körperlich, zum Beispiel durch Zittern. Und sie schämen
sich sehr. Manchmal haben sie sogar Sehnsucht nach dem Gefängnis, weil man dort nicht stehlen kann.“
Wege aus der Kleptomanie
Es gibt verschiedene Möglichkeiten, Kleptomanie zu therapieren.
Die Meinungen über die Wirksamkeit der Therapien gehen auseinander. Jochen Wyss empfiehlt, nicht mehr allein einkaufen zu
gehen. „Es hilft, dem Betroffenen auf die Finger zu gucken. Und
man muss lernen, den Druck unter Kontrolle zu halten. Bis zu
einem dreiviertel Jahr muss jemand mit einkaufen gehen, zumindest wenn vor dem Einkaufen Druck aufgebaut war – nach bösen
Erlebnissen zum Beispiel.“ Er betont: „Der Kampf ist nervenaufreibend, man muss einen sehr starken Willen haben.“ Er hat dabei die
Perspektive im Blick: „Wenn man klaut, verliert man oft alles, Wohnung, Partner, Arbeit, weil man ins Gefängnis muss.“
Dr. Antje Bohne berichtet, dass zur Behandlung sowohl Medikamente als auch psychotherapeutische Methoden eingesetzt werden können. Leider stehen kontrollierte Studien noch aus. Gemeinsam mit dem Psychologen Dr. Stephan Stevens aus Gießen hat sie
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ein „Teufelskreismodell“ entwickelt: Ein Spannungsgefühl führt
zum Stehldrang, dieser führt zum Stehlen. Negative Konsequenzen folgen, die wiederum ein Spannungsgefühl auslösen, wodurch
der Kreis geschlossen wird. Die beiden Experten ent­wickelten aus
diesem Modell einen komplexen Behandlungsplan. Er umfasst viele
Teilschritte, die von Selbstbeobachtungsprotokollen über Handlungskontrolltraining (wie begleitetes Einkaufen) bis zu Entspannungs- und Stressmanagementtraining sowie Rückfallvorbeugung
reichen.
Für die Frauen der Augsburger Selbsthilfegruppe ist die Kombination von Selbsthilfegruppe und Einzeltherapie eine große
Hilfe. Aufgrund eines schlechten Selbstbildes schämen sie sich
und em­pfinden sich gewöhnlich als schlechte Menschen und als
„nicht normal“. Daher erleichtert es sie sehr, mit Gleichgesinnten
zu ­sprechen. Die Therapie hilft ihnen, Ursachen zu bearbeiten. Die
betroffenen Frauen weisen darauf hin, dass in der Kindheit Pro­
blemlösungsstrategien gelernt und geprägt werden. Sie gehen also
davon aus, dass die Kindheit einen Einfluss auf die Entwicklung
einer Kleptomanie hat. Auch ihnen hilft es, wenn sie jemand in
Phasen großer Anspannung beim Einkaufen begleitet.
Ob Kleptomanie heilbar ist, können die Frauen aus der Augsburger Selbsthilfegruppe nicht sagen. Auch nach Jahren ohne Rückfall haben sie immer noch Angst davor, falls etwas Außergewöhnliches passiert. Sie bestätigen, was Jochen Wyss abschließend sagt:
„Wenn man darüber redet, therapiert man sich selbst.“ Text: Daniela Böhle, Fotos: Damian Zimmermann
8
Therapie
Irgendwo im
Niemandsland
Die Welt dreht sich weiter, aber das Leben steht still. Wer unter
­schwerem Gedächtnisverlust leidet, braucht Unterstützung und ­Beistand
„Stellen Sie sich vor, Sie stehen auf irgendeiner Bühne und sollen irgendein Stück mitspielen. Es gibt kein Drehbuch, Sie wissen
nicht, worum es geht. Aber Sie müssen mitspielen …“
Was wie ein schlechter Traum klingt, wurde
für Manfred Braun (60) zur bitteren Wahrheit. In seinen Aufzeichnungen „Innenansicht einer Amnesie“ beschreibt er beeindruckend, was ihm 1971 passierte. Ein
Autounfall in Paris stellte sein Leben auf den
Kopf. Nach einer Gehirnquetschung lag er
einen Monat lang im Koma. Manfred Braun
konnte sich an nichts erinnern – weder an
die Vergangenheit noch an die Gegenwart.
Seine Identität war wie vom Erdboden verschluckt. Diagnose: Totalamnesie.
Eine Amnesie (Gedächtnisstörung) ist der
Verlust einer zeitlichen und inhaltlichen
Erinnerung. Die Ursachen können unterschiedlich sein: ein Schädelhirntrauma, ein
Herzinfarkt, ein epileptischer Anfall, ein
Hirntumor, ein psychisches Trauma, eine
Vergiftung, eine Hirnhautentzündung oder
Alkohol- oder Medikamentenmissbrauch.
Schwere Kopfverletzungen sind die häufigste Ursache. Bei einer Gehirnblutung
setzt die Sauerstoff- und Nährstoffzufuhr
in bestimmten Hirnregionen aus. Schon
nach wenigen Minuten sterben Nervenzellen ab. Sind es Areale, die für die Gedächtnisbildung oder Erinnerung zuständig sind,
kommt es zur Amnesie.
Erinnerungsinseln im Hirn
wie Eisschollen auf dem
Meer
Professor Hans Joachim Markowitsch
ist Gedächtnisforscher und Neurowissenschaftler am Zentrum für Physiologische Psychologie der Universität Bielefeld.
„Gedächtnis ist nicht gleich Gedächtnis. Es
gibt unterschiedliche Systeme“, erklärt er.
Entsprechend zahlreich sind auch die Formen einer möglichen Störung.
Die Gedächtnissysteme sind verschiedenen
Neuronetzen zugeordnet. „Nach Hirnschäden ist das bewusste Gedächtnis beein-
Der Experte
Hans Joachim Markowitsch (62) ist Professor für Physiologische
Psychologie an der Universität Bielefeld und
Direktor des Zentrums
für interdisziplinäre
Forschung der Universität Bielefeld. Zu seinen
Forschungsgebieten zählen unter anderem das
Gedächtnis und Gedächtnisstörungen.
trächtigt, das unbewusste läuft meist normal weiter“, sagt Experte Markowitsch.
Beim bewussten Gedächtnis handelt es sich
in erster Linie um Fakten (Wissenssystem),
persönliche Erlebnisse und emotionale Erinnerungen (episodisches Gedächtnissystem).
Das unbewusste Gedächtnis speichert automatisch ablaufende Programme, etwa Rad
fahren, Klavier spielen oder schwimmen.
Markowitsch gibt ein Beispiel: „Was müssen Sie beim Autofahren zuerst tun, wenn
Sie vom zweiten in den dritten Gang schalten müssen? Die meisten Leute antworten:
Kupplung drücken. Obwohl man zuerst mit
dem rechten Fuß vom Gaspedal muss.“
In den meisten Fällen ist bei der Amnesie
das Langzeitgedächtnis betroffen. Häufig
werden Amnesiepatienten mit Demenzpatienten verwechselt. Bei einer Alzheimerdemenz aber kommt das Vergessen schleichend und unwiderruflich, während eine
Amnesie meist vorübergehend ist und der
Intellekt unverändert erhalten bleiben kann.
Außen erwachsen –
innerlich ein Kleinkind
Manfred Braun traf es besonders hart.
Sowohl das Langzeit- als auch das Kurzzeitgedächtnis waren betroffen. Als er aus
dem Koma erwachte, kannte er weder sein
Therapie
Spiegelbild noch die Mutter, Schwester und
Freundin. Nur bruchstückhaft erinnerte er
sich an seine Kindheit. „Meine Schwester kannte ich nur als Mädchen mit Kniestrümpfen – und nun stand sie vor mir als
erwachsene Frau“, erzählt Manfred Braun.
„Bei der kleinsten Ablenkung verschwand
das aktuelle Bild im Kopf wie bei einer Zaubertafel für Kinder.“
Was der damals 20-jährige Abiturient
erlebte, ist nur schwer vorstellbar. „Ich
musste den Unterschied zwischen Merken,
Fühlen und Schmerz neu erfahren. Es war,
als hätte man mir die Batterie herausgenommen“, berichtet er.
Sonst Alltägliches wie Schuhe zubinden,
den Rasierapparat benutzen und Kaffee
zubereiten wurde zur Herausforderung.
Noch Jahre später litt Braun unter Sehstörungen. Auch das Gespür für Takt, Anstand,
Ernst und Ironie musste neu austariert werden. Besonders schwer war der Verlust
sozia­ler Kontakte. „Man ist sozial beziehungsunfähig, traut sich selbst nicht über
den Weg – das spiegelt sich in den anderen.“ Beziehungen gingen kaputt, doch
seine Schwester blieb.
Erst einmal glauben, wer
man selbst ist
Eine Odyssee begann: Nach dem Krankenhausaufenthalt in Paris kam er in Deutschland in eine geschlossene psychiatrische
Abteilung. Eine spezielle Behandlung und
Rehabilitation gab es damals nicht. Zu
gering war das Wissen über das Krankheits-
9
bild der Amnesie. Und auch heute noch
sind die unterschiedlichen Formen zu wenig
bekannt. Das beklagt auch Professor Markowitsch: „Es gibt keine Lobby für Betroffene. Man traut ihnen meistens nicht zu,
dass sie sich wieder funktionell erholen können.“ Der Experte plädiert für mehr materielle Unterstützung, damit auch lange Rehabilitationsphasen gewährleistet sind.
Braun trainierte damals aus eigener Kraft
seinen Geist. Er schaffte sich Lehrbücher
an und erinnerte sich Stück für Stück an
sein bisheriges Wissen. Manfred Braun gab
Nachhilfe und vertiefte dadurch eigene
Kenntnisse. „Langsam kam wieder Leben
in meine Erinnerungen. Informationen und
Erfahrungen vernetzten und ergänzten
sich“, beschreibt Braun den Prozess. Der
10
Therapie
Das Gehirn:
die komplexe
Schaltzentrale
Erfolg spricht für sich: Zehn Jahre nach dem
Unfall hielt er sein Maschinenbau-Diplom in
den Händen.
Wieder an Deck
Was Braun aus eigener Kraft schaffte, kann
heute durch verbesserte Diagnostik und
Therapie erreicht werden. Markowitsch
spricht von einer „Profilbildung“, die eine
Hirntomografie und neuropsychologische
Untersuchungen umfasst. Neben der Testung von Kurz- und Langzeitgedächtnis
werden zum Beispiel auch die Sprachfunktion, Intelligenz, Konzentrations- und Merkfähigkeit, Handlungs- und Planungsfähigkeit sowie die Bereiche der Emotion und
Motivation untersucht.
Die Therapien sind individuell. „Nach einer
Stabilisierung der Persönlichkeit und des
Selbstwertgefühls kann eine Kombination
von Psychotherapie, Hirnleistungstraining
und Ergotherapie sinnvoll sein“, so der Professor. Bewährt habe sich das MEMO-Programm, ein alltagspraktisches und motivationsförderndes Gedächtnistraining.
Die Heilungschancen sind unterschiedlich
und abhängig von der Art der Hirnschädigung, dem Alter der Patienten, der Bildung und der eigenen Motivation. Manfred Braun hat es geschafft, auch wenn
seine Konzentration oder die Feinmotorik
ihm ab und zu noch einen Strich durch die
Rechnung machen. „Mein Leben ist mir im
Laufe der Zeit immer wichtiger geworden.
Wer zum Licht hin schaut, hat die Schatten
hinter sich“, zieht er Bilanz. 
Text: Britta Ellerkamp
Fotos: Mascha Lohe
Das Gehirn ist ein hoch komplexes Netzwerk von Milliarden Nervenzellen. Es bildet das Zentrum unserer geistigen und
seelischen Fähigkeiten und bestimmt
das Denken, Fühlen, Erinnern und Handeln. Die Verbindung der Nervenzellen
läuft über Synapsen, so werden Informationen weitergegeben.
Das Gehirn besteht aus vier Bereichen:
dem Großhirn (Sehen, Sprechen und
Denken), dem Zwischenhirn (Koordination des Körpers), dem Kleinhirn
(vegetatives Nervensystem) und dem
Stammhirn (Reflexe wie Atmung oder
Herzschlag).
Die Gehirnforschung (Neurowissenschaft) beschäftigt sich mit dem Verstehen von Gedächtnisfunktionen und der
Verknüpfung der Hirntätigkeit mit unseren Gefühlen, unserer Wahrnehmung
und unserem Denken. In der Hirnforschung spielen aufgrund der Kom­
plexität Fachgebiete der Medizin, Biologie, Psychologie und Informatik eine
wichtige Rolle.
Ges u n d b l e i ben
11
ten zusammenfasst, die durch ungewohnte
oder ungünstige Belastungen des Armes
entstehen können. Dazu gehören Sehnenscheidenentzündungen und Verschleißerkrankungen an Gelenken oder Wirbelsäule,
bei denen Nerven geschädigt werden und in
deren Folge Schmerzen entstehen können.
Wenn der
Ellenbogen
streikt
Nicht nur Tennisspieler leiden am Tennisarm –
auch die PC-Maus verursacht Beschwerden
War es früher das Spiel mit der Filzkugel, das den Tennisarm auslöste, ist es heute eher die
Arbeit mit der PC-Maus. Eine Überbelastung der Muskulatur in Hand und Unterarm ist die
Ursache für die lang anhaltenden Schmerzen. Daher wird der Tennisarm heute auch als
Mausarm bezeichnet. Die Erkrankung entsteht durch monotone und immer wiederkehrende, annähernd gleiche Armbewegungen.
Wer im Sport oder in der täglichen Arbeit
dazu „verdammt“ ist, immer eine ähn­
liche Bewegung auszuführen, läuft schnell
Gefahr, an einer Überbelastung zu erkranken. Hierdurch entstehen sogenannte muskuläre Dysbalancen, die mit verstärkten
Muskelverkürzungen und Muskelabschwächungen einhergehen. Gerade die feinen,
punktgenauen Bewegungen mit der PCMaus können leicht zu Verkrampfungen
an Hand und Unterarm führen. Wichtig ist,
zu vermeiden, dass die Beschwerden chronisch werden. Auch Vorbeugung ist möglich. Pausen und Bewegung, genauso wie
ein ergonomischer Arbeitsplatz und gerade
gehaltene Handgelenke durch eine Handballenauflage vor der Tastatur und dem Maus­
pad sind wichtige Utensilien, die an keinem
PC-Arbeitsplatz fehlen sollten. Der Arm
sollte entspannt aufliegen und immer wieder durch Dehnübungen verwöhnt werden.
Therapiemöglichkeiten gibt es sowohl aus
„Tennisarm“ (Epicondylitis humeri radialis) ist die Bezeichnung für Schmerzsyndrome mit sport- als auch aus arbeitsmedizinischer
degenerativen oder entzündlichen Veränderungen an den Sehnen der Außenseite des Sicht. Wichtig sind Dehnübungen für Arm
Oberarmknochens (Humerus). Es handelt sich um eine Entzündung bestimmter Sehnenan- und Hand, eine Haltungsschulung und Kräfsätze am Ellenbogen und der Knochenhaut.
tigungsübungen für die Brust- und Schultermuskulatur. Neben einer medizinischen
Falls es zu dieser Entzündung kommt, ist es wichtig, den Arm zu schonen. Bei akuten Therapie kommen häufig Massagen, GipsSchmerzen erfolgt durch Kühlung eine Linderung, während bei chronischen Schmerzen schienen, Ultraschallanwendungen und
Wärme die Abheilung fördert. Bei ausgedehnten Symptomen werden Ellenbogen und eine Wärme- oder Kältetherapie zum EinHandgelenk für einige Wochen durch einen Verband ruhig gestellt. Neben Massagen und satz. Ganz ausgeschlossen werden kann
Mikrowellenanwendung wird auch eine medikamentöse Behandlung mit schmerzstillen- eine operative Behandlung nicht, wenn
den und entzündungshemmenden Mitteln empfohlen. Von einem Tennisarm betroffen sind chronische Schmerzen durch eine konserinzwischen mehr Nichtsportler als Sportler, insbesondere Erwachsene im Alter zwischen­ vative Therapie nicht beseitigt werden kön35 und 50 Jahren.
nen. Aber: Wer seine Armmuskulatur stetig
kräftigt und entsprechende HaltungsgrundMonotonie macht krank
sätze beachtet, kann auf Dauer ernsthafte
Streng genommen ist der Maus- oder Tennisarm an sich keine Erkrankung oder Verlet- Beschwerden vermeiden. 
Text: Georg Beuke
zung. Er ist vielmehr eine Schädigung des Bewegungsapparates, die begrifflich Krankhei-
12
Im B l i c k
Neugierde
und Nervenkitzel
Sensationslust steckt in jedem Menschen. TV-Sendungen bedienen sie
in einem geschützten Raum. In der realen Welt wird der Schaulustige
schnell zum Mitfühlenden
Gleich ist es so weit. Der Sänger, der auf der Bühne mit viel Licht, Tänzerinnen und Effekten
in Szene gesetzt wurde, nähert sich dem akustischen Ende seines Vortrages. Das bedeutet auch: Dieter Bohlen, Juror in der Castingshow „Deutschland sucht den Superstar“
(DSDS), wird seine Meinung kundtun. Millionen Zuschauer vor den Fernsehbildschirmen
warten gespannt. „Dabei sind sie nicht unbedingt ein Fan des Künstlers, sondern vielmehr
daran interessiert, zu sehen, wie der Mensch vorgeführt wird“, erklärt Dr. Sonja Ganguin,
Medien­wissenschaftlerin an der Universität Paderborn. Dies hängt mit einem anthropologischen Grundbedürfnis des Menschen zusammen: der Sensationslust.
Das Phänomen ist uralt ...
Der Begriff Sensationslust leitet sich aus dem lateinischen Wort „sensus“ ab, was so viel
wie „wahrnehmen“ bedeutet. „Sensationslust“, sagt Sonja Ganguin, „wird durch Dinge
geweckt, die wir nicht erwartet haben. Es macht uns Spaß, Leute zu bestaunen. Dies ist
zu erklären mit der Stabilisierung des eigenen Ichs, denn man vergleicht und sieht, dass es
anderen schlechter geht als einem selbst.“ Die Wahrnehmung der Menschen werde in den
TV-Shows bewusst auf ein aufsehenerregendes Ereignis gelenkt.
Dieses Phänomen gab es bereits in der Antike bei Olympischen Spielen oder Gladiatorenkämpfen. Auf Jahrmärkten etwa wurden Menschen mit Missbildungen „vorgeführt“.
Durch die offensichtliche Benachteiligung dieser Personen vergewisserte man sich seiner
selbst. Bis heute ist dieses Empfinden geblieben.
Wir sind umzingelt
Sich der Sensationslust zu entziehen, wird immer schwieriger. Nicht zuletzt, weil wir von
Medien und medialen Eindrücken geradezu umzingelt sind. „Private TV-Sender inszenie-
ren Ereignisse mit bestimmten Strategien“,
erklärt Sonja Ganguin. Dazu gehören Emotionen, Skurrilitäten, Tabubrüche. Mit der
Gesellschaft verändern sich diese Komponenten. Eine nackte Frauenbrust im Nachmittagsprogramm errege heute kaum noch
Aufsehen. Würde dagegen eine Werbung
die heutige Frau einzig auf ihre Rolle als
Hausfrau reduzieren, die nur ans Putzen
und Kochen denke, wäre die Empörung
hingegen groß, vermutet die Expertin. Eine
Die Expertin
Die Medienwissenschaftlerin der Universität Paderborn Dr. Sonja
Ganguin (32) hat sich
auf den Lehrbereich
Medienpädagogik und
empirische Medienfor-
schung spezialisiert. Sie ist Mitherausge­berin
der Publikation „Sensationen, Skurrilitäten und
Tabus in den Medien“, die im VS Verlag für
­Sozialwissenschaften erschienen ist.
Im B l i c k
Wahrnehmung, die sich in den vergangenen 60 Jahren in ihr komplettes Gegenteil
verkehrt hat.
Die Emotion ist bei jeglicher Sensationslust
ein wesentlicher Aspekt. Bei Fernsehformaten wie DSDS, „Germany’s next Topmodel“
oder dem „Dschungelcamp“ setzen die Produzenten und Regisseure auf einen emotio­
nalen Rahmen, weil sie wissen, dass der
Zuschauer auf diese Weise Informationen
besser behält. Die Sendungen sind darauf
ausgelegt, dass sich die Zuschauer an den
Teilnehmern erfreuen, mitfiebern und darüber reden. „Die einzige Möglichkeit, hier
gegen die Sensationslust anzugehen, ist,
das Format nicht zu schauen“, sagt Sonja
Ganguin. Doch für viele ist das Wohnzimmer ein geschützter Raum. Der Bildschirm
schafft Distanz. Der Zuschauer selbst ist
unbeobachtet und kann sich seiner Sensationslust hingeben.
Im Ernstfall wahrt der
Mensch Distanz
Dieses Verhalten ändert sich, wenn aus der
virtuellen eine reale Situation wird. „Die
Gefahr ist eine andere“, erklärt Sonja Ganguin. Man sei dann zwar neugierig, aber
versuche, eine gewisse Distanz immer zu
wahren.
Mario Hell* ist einer, der diese Distanz
immer wieder überwindet. Der Pressefotograf hält insbesondere Ereignisse wie
Unfälle, Brände oder Hochwasser bildlich
fest. Verschiedene Medien kaufen sein
Material. Nahezu ohne Unterlass ist er
unterwegs, um mit als Erster am Geschehensort zu sein. Ein „knallhartes Geschäft“
sei das manchmal. Gute Kontakte zu verschiedenen Behörden erleichtern ihm das
Alltagsgeschäft. Er wird über Unfälle informiert, kommt problemlos durch Absperrungen – viele Beamte kennen ihn bereits.
Die Einsatzbereitschaft, Unglücksfälle bildlich festzuhalten, bringt nicht jeder Pressefotograf mit. Und doch sind es scheinbar
*Name von der Redaktion geändert
13
diese Bilder, die bei den Lesern großes Interesse hervorrufen. „Die Mischung aus Information und dem Stillen der eigenen Neugier“, vermutet Mario Hell, bestimmten die Reaktion des Betrachters. Es ist eine Beobachtung, die Sonja Ganguin bestätigt. „Ein Bild vermittelt eine Information, es wird darüber geredet, ein Diskurs entsteht und darüber die
Sensa­tionslust, was dazu führt, dass der Betrachter immer mehr Informationen erhalten
möchte.“
Dass mittlerweile auch seriöse Medien Bilder von großen Unfällen veröffentlichen, hängt
mit der Informationsflut zusammen. Die Expertin erklärt: „Um mehr Aufmerksamkeit zu
erreichen, müssen Medien immer mehr machen, damit sie aus der Flut ausbrechen und
auffallen.“
Mitgefühl bleibt
Es ist keine Sensationslust, die Mario Hell zu den Unfallorten führt, sondern vielmehr sein
Beruf. Bis heute empfindet er Mitgefühl, wenn er Schwerverletzte sieht. „Da bleibt die
Kamera auch mal ausgeschaltet“, sagt er. Eine gewisse Privatsphäre der Involvierten wolle
er wahren.
An den Unfallorten trifft Mario Hell häufig auf Menschen, die durch Zufall von dem
Unglück erfahren haben. „Bei Bränden oder Tötungsdelikten gibt es meist eine kleinere
Gruppe von Anwohnern, die sich um das Absperrband der Polizei versammelt haben“,
berichtet er. Die Arbeit der Einsatzkräfte beeinträchtigten sie meist nicht. Vielmehr zeige
sich in den Gesichtern der Schaulustigen Entsetzen und Mitgefühl für die Opfer. Ähnlich
sei es bei Unfällen auf Straßen und Autobahnen. Fahrer werden langsamer, werfen einen
Blick auf die Szenerie, und es geschehen in ihnen zwei Dinge: Das Grundbedürfnis Sensationslust wird befriedigt, und sie beantworten sich selbst die Frage, ob Hilfe benötigt wird.
„Eine gewisse Neugier“, sagt Sonja Ganguin, „steckt in jedem Menschen – und die ist
nicht verwerflich.“ 
Text: Elisa Zander/Manuela Wetzel, Fotos: Klaus Wohlmann
14
Titel
Typisch Mann –
Typisch Frau?
Die Geschlechterrollen sind in Bewegung. Besonders die heutige
Generation der Jungen und Mädchen definiert die Rollen neu. „Bei
Mädchen sind die Anforderungen in Schule und Ausbildung gestiegen, Jungen machen sich vermehrt Gedanken um Körper und Aussehen.“ So resümiert der Soziologe Dr. Klaus Hurrelmann, langjähriger Professor der Universität Bielefeld, seine Auswertung der
Anrufe von Ratsuchenden beim anonymen Kinder- und Jugendtelefon „Nummer gegen Kummer“ zwischen 2000 und 2009.
Machos sind out
Dass überhaupt 40 Prozent der Jungen zum Hörer greifen und Rat
suchen hält Hurrelmann für bedeutend, denn „Rat und Hilfe zu
suchen ist traditionell unmännlich.“ Bei jungen Männern macht
sich mangels fehlender Vorbilder für die neue Männlichkeit eine
große Unsicherheit breit: Nicht Macho und nicht weiblich sollen sie
sein. Mädchen haben dagegen die typisch männlichen Eigenschaften wie Stärke, Durchsetzungskraft und Leistung angenommen.
Doch sind die Erwartungen an junge Frauen heute äußerst hoch:
Super-Job, Super-Mami und dabei gut aussehen!
In der Schule geht’s los
Sind Mädchen und Jungen unterschiedlich begabt oder spielen
soziale Faktoren eine Rolle bei den Schulleistungen? Leistungsunterschiede zwischen Jungen und Mädchen nehmen im Laufe der
Bildungskarriere zu. Dass diese durch geschlechtsspezifische Vorurteile beeinflusst werden, zeigt eine OECD-Studie auf Basis der
PISA-Erhebungen von 2006. So erzielen in der Grundschule beide
Geschlechter fast die gleichen Ergebnisse in Mathematik; unter
15-Jährigen allerdings schneiden die Jungen besser ab, obwohl
Mädchen im „Problemlösen“ gleich stark sind. Beim Lesen haben
Mädchen zwar von Beginn an die Nase vorn, jedoch verstärkt sich
dieser Unterschied noch in der weiteren Schullaufbahn. Laut Experten sind diese Unterschiede deshalb eher auf Stereotype von Eltern
und Lehrern zurückzuführen als auf eine unterschiedliche Begabung von Mädchen und Jungen.
Insgesamt machen seit den 1990er-Jahren mehr Mädchen als Jungen das Abitur. 56 Prozent der Hochschulabsolventen sind Frauen.
Doch wie sieht es danach im Berufsleben aus?
Titel
15
16
Titel
Frauenquote & Co.
Obwohl Frauen Männer bei Schul- und Studienabschlüssen mittlerweile überholt haben, sind Frauen in Führungspositionen immer
noch rar, ungleiche Gehälter für gleiche Arbeit weit verbreitet. Im
Schnitt verdienen Männer nach einer Online-Befragung des LohnSpiegel.de in Führungspositionen etwa 1.000 Euro mehr als ihre
Kolleginnen. Über alle Berufsgruppen hinweg beträgt die Differenz
derzeit 23 Prozent des Bruttogehalts.
Dass hier noch viel zu tun ist, hat auch die Politik erkannt. So das
Ergebnis der Ende Juni vorgestellten vierten Bilanz der Vereinbarung zur Förderung der Chancengleichheit von Frauen und Männern zwischen der Bundesregierung und der Privatwirtschaft.
Arbeitsministerin Ursula von der Leyen fordert, die Frauenquote für
Großkonzerne gesetzlich festzulegen. Nach zehn Jahren fruchtloser Lippenbekenntnisse und einem bisher noch blamablen Frauenanteil von drei Prozent in den Vorständen der 200 größten deutschen Unternehmen, brauche es echte Ziele und Zeitleisten. Die
Einführung der Quote bis 2017 verlangen ebenfalls die Frauen- und
Gleichstellungsminister der Länder. Bundeskanzlerin Angela Merkel bezeichnet den derzeitigen Zustand zwar als „ziemlichen Skandal“, spricht sich aber gegen die Quote aus. Eine einheitliche Frauenquote lehnen zudem sowohl die Wirtschaftsverbände als auch
das Bundesfamilienministerium ab. Familienministerin Dr. Kristina
Schröder setzt auf die eher moderate Lösung eines Stufenplans,
der gesetzlich eine auf die Unternehmen zugeschnittene Selbstverpflichtung festlegt, deren Ziele bis 2013 erreicht sein müssen. Ab
2015 soll es von EU-Seite aus eine 30-prozentige Frauenquote für
die Besetzung von Aufsichtsräten geben. Bisher sind nur in sechs
der 30 Dax-Unternehmen Frauen im Vorstand. Vorreiter ist hier
die Deutsche Telekom, bei der drei von sieben Vorstandsposten
mit Frauen besetzt sind. „Mit mehr Frauen an der Spitze werden
wir einfach besser“, denn Frauen bringen „neue Denkweisen und
Handlungsmethoden mit“, begründet Telekom-Chef René Obermann die Entscheidung für die weiblichen Vorstandsmitglieder.
Karriere oder Kind?
Die Mehrheit der Frauen in Deutschland ist für die Einführung der
Frauenquote in Führungsetagen der Wirtschaft, das ergab eine
Befragung des Forschungsinstituts YouGov. Spätestens wenn Kinder im Spiel sind, stoßen Frauen ganz schnell an Grenzen der Vereinbarkeit. „Beim Thema Kind geraten Frauen heutzutage in eine
Planungsfalle. Es wird von ihnen erwartet, Mutterschaft möglichst
unauffällig und effizient neben Bildung und Beruf zu organisieren“,
erklärt die Soziologin Dr. Elisabeth Beck-Gernsheim, langjährige
Professorin an der Universität Erlangen-Nürnberg, das Dilemma.
Denn Anwesenheitswahn oder familienfeindliche Arbeitszeiten sind
im Berufsleben die Grundpfeiler einer männlich geprägten Unternehmenskultur. Die Hamburger Karriereberaterin Svenja Hofert
weiß: „Die Grundüberzeugungen mancher Karriereherrscher sind
frauenkarrierefeindlich.“ Die Quote sei deshalb notwendig, um
einen Kulturbruch in den Unternehmen zu erzwingen.
Neue Väter braucht das Land
Aber nicht nur in den Unternehmen geraten Rollenklischees langsam ins Wanken, sondern auch im privaten Bereich werden die
Geschlechterverhältnisse in der Partnerschaft neu definiert. Der
35-jährige Kain Victor, Controller in einer Bankenzentrale, genießt
gerade seine achtmonatige Elternzeit mit seiner Freundin und der
kleinen Linea. Was bedeutet für ihn die Möglichkeit, Elternzeit zu
nehmen? „Ohne Elternzeit hätte ich nicht all diese ersten Momente
mit meiner Tochter erleben können und hätte nicht die Chance,
eine so intensive Bindung zu ihr aufzubauen“, erklärt Victor.
Mit dieser Einstellung ist er nicht allein. Immer mehr Väter nehmen mittlerweile Elternzeit in Anspruch. Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes nahm sich 2009 jeder vierte Vater eine berufliche Auszeit für den Nachwuchs.
Geschlechterrollen neu aufgerollt
„Erst mit einer positiven gesellschaftlichen Anerkennung und
Wertschätzung gewinnen neue Rollen von Männern und Frauen
mit einer veränderten Verteilung von Erwerbs- und Sorgearbeit in
der Gesellschaft Vorbildcharakter“, heißt es im ersten Gleichstellungsbericht der Bundesregierung „Neue Wege – gleiche Chancen.
Gleichstellung von Frauen und Männern im Lebensverlauf“, der
Ende Juni vorgestellt wurde.
Ziele für eine geschlechtergerechte Politik sind demnach gleiche
Chancen für Männer und Frauen in allen Phasen des Lebensverlaufs. Konkret meint das: Beschäftigungsfähigkeit durch Ausbildungssicherung, gleiche Anerkennung im Beruf und Lohngleichheit, Förderung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf
durch Kinderbetreuungsstrukturen, Erziehung und Pflege, flexible
Arbeitszeiten und flexibilisierte Erwerbsverläufe. Die Nutzung der
Optionen soll keinen Nachteil in der Alterssicherung mit sich bringen. Nicht zuletzt drehen in Zukunft demografischer Wandel und
damit einhergehender Fachkräftemangel am Geschlechterkarussell.
Text: Jacqueline Maria Rompf
Fotos Titel insgesamt: Barbara Bechtloff
Titel
Den Gleichstellungsbericht der Bundesregierung
gibt es auf den Internetseiten des Bundesfamilien­
ministeriums zum Download: www.bm fs fj.de
17
18
Titel
Allein
unter
Frauen
Marc-Oliver Schlichtmann (35) ist es
gewohnt, allein unter Frauen zu sein. Schon
in der Schule machte ihn sein Sprachtalent
zum Hahn im Korb in den Leistungskursen
Englisch und Französisch. Auch als Deutschlands „Sekretär des Jahres 2008“ war er der
einzige Mann unter 500 Bewerberinnen um den begehrten Titel,
der von dem Büroausstatter Leitz jährlich als Wettbewerb ausgeschrieben wird.
schen in solche Schubladen zu stecken.“ Jeder und jede solle das
tun, was den Fähigkeiten am besten entspreche, meint das Sprachund Organisationstalent. Er weiß aber, dass es noch nicht in allen
Köpfen angekommen ist, jeden nach seiner Fasson glücklich werden zu lassen. Als er Ende der 1990er-Jahre nach der Ausbildung
auf Stellensuche ging, begegnete ihm schon der eine oder andere
Chef – „meist ein älterer Herr“ –, der sich partout nicht vorstellen
mochte, in seinem Vorzimmer einen Mann zu postieren.
Die Gesellschaft muss umdenken
Laut Statistik sollen es immerhin zwei Prozent Männer sein, die den
typischen Frauenberuf „Sekretärin“ ausüben. „Selbst das kann ich
nicht glauben, mir begegnen kaum andere Männer in meiner Funktion“, sagt Schlichtmann. Er muss es wissen, engagiert er sich doch
auch im internationalen Bundesverband European Management
Assistants, gibt Seminare und schreibt Fachartikel.
Bei einigen Absagen sei schon sehr deutlich gewesen, dass es nicht
die Qualifikation gewesen sei, die die Einstellung verhindert habe,
erinnert sich Schlichtmann. Auch heute gibt es ab und zu noch ein
verwundertes „Oh, ich wollte eigentlich das Sekretariat“, wenn er
sich mit sonorer Stimme am Telefon meldet. „Aber es lässt nach“,
lacht er.
Er selbst hat vor 13 Jahren keinen Gedanken daran verschwendet,
dass er sich einen „typischen Frauenberuf“ aussuchte, als er nach
dem Abitur die Ausbildung zum „Kaufmännischen Assistenten für
das fremdsprachliche Sekretariat“ begann. Seine Mutter arbeitete
erfolgreich als Sekretärin. Daher wusste Schlichtmann schon recht
gut, wie man in dem Job Karriere machen kann. Denn das war
ihm wichtig. Die Familie legte ihm keine Steine in den Weg, und
auch im Freundeskreis gab es viel Zuspruch. „Die kannten mich
und wussten um meine Talente“, erklärt Schlichtmann. Heute sitzt
er im Vorzimmer einer international führenden Wirtschaftskanzlei
in Hamburg und arbeitet dort für den Niederlassungsleiter.
Gesellschaftlichen Nachholbedarf sieht Schlichtmann aber durchaus. „Der Blick richtet sich zu sehr auf ‚die armen Frauen’ in Männerberufen“, meint er. Dabei stoßen Männer in Frauenberufen,
etwa als Florist, Kosmetiker oder Erzieher, immer noch auf Skepsis. Als Folge seines Titels „Sekretär des Jahres“ lernte er einige
Männer in diesen Berufen und ihre Probleme kennen. Er selbst ist
sehr froh, dass er in seinem direkten Umfeld nur auf positives Echo
stößt. Mit seinen Kolleginnen hat er nie Probleme gehabt: „Den
berüchtigten Zickenterror habe ich jedenfalls noch nie erlebt.“
Weg mit den Klischees
Einen „typischen Frauen- oder Männerberuf“ gibt es für Schlichtmann persönlich nicht. „Ich halte das für völlig antiquiert, Men-
Nach aufreibenden Jahren in einem Job „von 9 bis 23 Uhr“ legt
Schlichtmann inzwischen Wert auf ein wenig Privatleben. Und darauf, sich in seinem Berufsverband zu engagieren. „Das Image der
Kaffee kochenden Büroperle ist genauso antiquiert wie die Idee,
dass nur Frauen ein Büro managen können.“
Titel
19
Unterwegs in
einer Männerdomäne
Die Frage „Können Sie auch Reifen wechseln?“, hört Uschi Lennartz (56) häufiger.
Aber weil auch männliche Kollegen selbstverständlich den Pannendienst in Anspruch
nehmen, hat sie kein schlechtes Gewissen,
zuzugeben: „nur theoretisch.“ Zum Wechseln selbst kommen eben Fachleute mit den nötigen Hilfsmitteln.
„Die Reifen sind einfach zu schwer, das schafft auch ein Mann
allein nicht.“
Seit 1986 ist Uschi Lennartz in großen Fahrzeugen unterwegs auf
Europas Straßen. Zuerst als Truckerin im 40-Tonner, seit fünf Jahren nun in Reisebussen. Das Fahren an sich war immer ihre Leidenschaft. Lediglich der zunehmende Stress beim Be- und Entladen der
Lkws machte ihr zu schaffen. „Die Atmosphäre ist im Bus natürlich
eine ganz andere. Die Leute sind im Urlaub und deshalb meistens
gut gelaunt.“
Die Branche wirbt um junge Frauen
Die Berufskraftfahrerbranche ist immer noch fest in Männerhand.
Das Statistische Bundesamt zählte 2009 im Mikrozensus 94,2 Prozent männliche Berufskraftfahrer. Allerdings bemüht sich die Branche verstärkt um weiblichen Nachwuchs. Die Kraftfahrer-Berufsverbände BGL (Bundesverband Güterkraftverkehr, Logistik und
Entsorgung) und SVG (Straßenverkehrsgenossenschaft) etwa haben
eine gemeinsame Imagekampagne aufgelegt, mit der gezielt junge
Frauen für die Branche geworben werden sollen.
Für Uschi Lennartz war es keine Frage, sich in eine Männerdomäne vorzuwagen. Ihre erste Ausbildung absolvierte sie zwar als
Einzelhandelskauffrau im Dekorationsgewerbe, „aber Kraftfahrerin war immer mein Traumberuf“, sagt sie. Irgendwann bot sich
die Chance, den entsprechenden Führerschein zu machen. Sie griff
sofort zu und hat es seither nie bereut.
Der „kleine Unterschied“ spielt nur ganz selten eine Rolle
Bei Freunden und der Familie stieß ihre Berufswahl auf positives
Echo. Die Entscheidung, das geregelte Leben im Laden gegen die
unregelmäßigen Arbeitszeiten auf dem Truck einzutauschen, fanden „die daheim“ gut und unterstützen sie noch heute. „Meinen
Kater versorgen meine Eltern gern, wenn ich in Spanien, Portugal
oder Frankreich unterwegs bin“, freut sie sich.
Von ihren Fahrgästen hört sie manchmal ein erstauntes „Ach, eine
Fahrerin?“ Aber spätestens, wenn sie die erste knifflige Situation
souverän gemeistert hat, ist das Stirnrunzeln verschwunden. „Sie
fahren sehr besonnen und sicher“, ist ein Kompliment, das sie oft
zu hören bekommt.
Die meisten Kollegen haben Uschi Lennartz von Anfang an akzeptiert, nur wenige waren zunächst ein bisschen skeptisch. Problematisch war, als sie noch Lkw fuhr, eher die mangelnde Hygiene in den
Sanitäranlagen an den Raststätten. Im Reisebus – mit eigenem WC
an Bord – spielt das nun keine Rolle mehr.
Durchaus ein Problem ist jedoch das Familienleben, wie Uschi Lennartz im Kolleginnenkreis mitbekommt. Die Arbeitszeiten stellen
eine Partnerschaft vor große Herausforderungen. Männer in „normalen Berufen“ haben auf Dauer nicht genug Verständnis: „Die
Frauen der Kollegen scheinen da belastbarer zu sein“, meint die
ledige Berufskraftfahrerin. Sie selbst genießt die knappe Freizeit
daheim – und ihre Unabhängigkeit, die ihr erlaubt, auch spontan
mehrtägige Fahrten zu übernehmen.
Texte: Maria Meurer / Manuela Wetzel
20
Titel
Spieglein,
­Spieglein an
der Wand …
Die Expertin
Anja Kirig (34),
Diplom-Politologin, Trendund Zukunftsforscherin
am Zukunftsinstitut von
­Matthias Horx in Kelkheim, hat mit
drei weiteren Autoren 2008 die
­„Männerstudie“ ­verfasst.
Auch wenn immer noch die meisten Mädchen und Jungen in
„typische“ Berufe drängen: Die traditionellen Geschlechterrollen
lösen sich auf. Die Zukunftsforscherin Anja Kirig hat diesen Trend
genauer untersucht.
Frau Kirig, werden wir uns in 20 Jahren noch über eine
Maurerin wundern? Wahrscheinlich nicht. Rollenmodelle und
Rollenauffassung von Männern wie Frauen haben sich immer wieder maßgeblich verändert, etwa mit dem Übergang von der Agrarzur Industriegesellschaft, dem Wechsel von der feudalistischen zur
bürgerlichen Gesellschaft. Den wohl deutlichsten – und für unsere
heutige Situation bedeutendsten – Schnitt haben in den letzten
zwei Jahrhunderten die Frauen gemacht, die sich von dem bürgerlichen, auf Abhängigkeit beruhenden Frauenverständnis weitgehend emanzipiert haben.
Bedeutet das, dass unsere Gesellschaft „weiblicher“
wird? Nein, die Sache ist komplizierter. Der Megatrend heißt
„Individualisierung“. Er führt dazu, dass sich sowohl Männer als
auch Frauen nicht mehr in Schubladen zwingen lassen wollen,
auch nicht in eine Geschlechterkategorie. Die einst klassisch-weiblichen „K“-Domänen (Küche, Kinder und Konsum) werden von
den neuen Männertypen nach und nach erobert, wie einst Frauen
begannen, die männlichen Wirkungsfelder zu besetzen. So wie
sich Frauen die letzten öffentlichen Plätze im Alltag einverleiben, so
experimentieren die Männer mit „privaten“ Räumen.
nen und Eliminieren männlicher Machtstrukturen oder die Dekonstruktion von Geschlecht, sondern um eine neue Vereinbarkeit der
Geschlechter. Denn moderne Frauen haben das Kriegsbeil längst
begraben. Sie wollen gar kein neues Schubladendenken, keine
neuen Grabenkämpfe gegen das Patriarchat führen, sondern viel
lieber gemeinsam mit den neuen Männern neue Wege gehen.
„Neue Männer“ hat das Land also schon? Ja, zumindest
die Vorstellung von dem, wie „neue Männer“ sind. Allerdings sind
die Frauen den Männern voraus. Sie haben im Alltag den Prozess
in Gang gesetzt, den man als Feminisierung der Kultur beschreiben kann. Seit die ersten Frauen auf die Barrikaden gingen und für
ihre Rechte antraten, verändern sie nachhaltig die Gesellschaft mit
ihren Werten, Vorstellungen und Normen. Und damit nicht zuletzt
auch die Männer. Frauen überdenken, reflektieren und erfinden
seit knapp zwei Jahrhunderten ihre Rolle als Frau ständig neu.
Aber erst jetzt sind Männer wirklich gezwungen, ihre Geschlechterrolle zu ändern, wenn sie mit der neuen „Eva-lution“ mithalten
wollen. Und es ist ja nicht so, dass sie nicht lernwillig oder wissbegierig sind: Haben sie erst mal erlebt, dass der neue ganzheitliche
Lebensstil ihnen selbst, der Paar-Beziehung und dem Umfeld gut
tut, werden sie quasi zu neuen Männern.
Was bedeutet das für die Gesellschaft?
Verlagert sich der „Kampf der Geschlechter“ nun ins
­Privatleben? Das sehe ich nicht so. Frauen sind längst weiter.
Die klassische
Arbeitsteilung hat völlig ausgedient. Männer wie Frauen ent­wickeln
ständig neue Lebensmodelle und damit auch Geschlechteridenti­
täten. Morgens Vater, mittags Businesspartner und abends Genussmensch: Männern eröffnen sich ganz neue Chancen. Es geht nicht mehr vorrangig um „Gender Trouble“, um das Erken-
Interview: Maria Meurer/Manuela Wetzel
Titel
21
22
Medizin
Kollege Roboter
Die Robotermedizin ist auf dem Vormarsch. Sie
kann helfen, wo besondere Präzision gefragt ist
Surrend nähern sich die vier Arme des
Roboters dem narkotisierten Patienten. Präzise arbeiten sie an der Entfernung eines
bösartigen Tumors der Prostata.
Zwei Meter neben dem Operationstisch
steuert der Chirurg an einer Bedienkonsole mit Händen und Füßen den eigent­
lichen Roboter. Über fünf Pedale und zwei
Handgriffe werden die Handbewegungen
des Operateurs millimetergenau übertragen. Der Roboter wird zum „Komplizen“
des Mediziners: Der Mediziner steuert, der
Roboter führt aus.
Hightech an den Mann
gebracht
Was nach Science-Fiction klingt, ist in dem
kleinen deutschen Städtchen Gronau nahe
der niederländischen Grenze längst Alltag.
Das „Prostata Zentrum Nordwest“ (PZNW)
der St. Antonius-Hospital Gronau GmbH ist,
gemessen an der Zahl computergestützter
Eingriffe, weltweit federführend in der „da
Vinci“-Technik, einem besonderen Verfahren
der Robotermedizin. Mehr als 1.000 Patienten werden hier jährlich mithilfe der Robotertechnik operiert.
Prostatakrebs ist bei Männern die häufigste
Tumorerkrankung, etwa 60.000 Neuerkrankungen gibt es pro Jahr in Deutschland. Die
Prostata (Vorsteherdrüse) ist ein Fortpflanzungsorgan des Mannes. Sie liegt unterhalb der Blase, umschließt die Harnröhre
und produziert einen wesentlichen Teil der
Samenflüssigkeit.
Der Operationsroboter da Vinci hat die Nase
vorn in der Robotermedizin. Der amerikanische Hersteller Intuitive Surgical besitzt
eine Monopolstellung und brachte Mitte
der 1990er-Jahre den ersten Roboter an
den Mann. In den USA werden 85 Prozent
aller Prostatatumoren mit dieser Methode
behandelt, in Europa bislang nur drei bis
vier Prozent.
Die hohen Kosten, die Notwendigkeit präziser Einarbeitung und auch die anfänglich nicht ganz ausgereifte Technik einiger Robotersysteme hinterließen bei
manchen Experten zunächst Skepsis. Doch
in­zwischen stehen die Zeichen gut für die
technischen Helfer.
Live dabei:
Wege durch den Körper
Dr. Jörn Witt (52) ist Chefarzt der Urologischen Abteilung am St. Antonius-Hospital Gronau und setzt auf das da Vinci-System. Nach intensivem Training in den USA
konnte er in Deutschland 2006 erfolgreich
die erste da Vinci-Prostaektomie, also die
Entfernung des Tumors, vornehmen. „Sie
haben das Gefühl, im Inneren des Patienten zu sein. Sie können besser sehen als
bei einer herkömmlichen Methode wie der
offenen Operation“, erklärt er begeistert.
Medizin
Wer ihm bei der Operation über die Schulter schaut und einen Blick in das Linsensystem des Gerätes wirft, weiß, was er meint.
Das Besondere ist die Dreidimensionalität.
Die stark vergrößerte Sicht auf das Operationsgebiet kann auch kleinste Bindegewebsschichten, Nerven- und Blutgefäße
als Strukturen erkennen. Die Roboterarme
übertragen die Handbewegungen, die der
Arzt an der Konsole ausführt, in das Innere
des Körpers, sodass sich Zange und Schere
den Weg bahnen können. Die Instru­mente
an den Armen lassen sich um 90 Grad
abwinkeln und um 560 Grad drehen, das
ist eine wesentlich höhere Bewegungsfreiheit, als die menschliche Hand leisten
kann. Zitterbewegungen, die bei einer herkömmlichen Operation durch die Hand des
­Chirurgen ausgelöst werden können, entfallen bei diesem Verfahren.
Erst Mensch, dann Roboter
Braucht die Medizin in Zukunft überhaupt
noch einen menschlichen Operateur? Die
meisten Mediziner sind sicher, dass es auch
bei robotergestützten Operationen nicht
ohne menschliches Zutun geht. Das meint
auch Experte Witt: „Diese Verfahren wer-
den künftig Standard im klinischen Alltag
sein. Doch letztendlich operiert nicht das
Gerät, sondern der Mensch!“ Dass auch
das Team für den Erfolg einer Operation
stehe, betont der Chefarzt. „Wir sind eine
Mannschaft und müssen uns wie bei einer
Flugzeugcrew aufeinander verlassen. Jeder
ist hier wichtig und muss wissen, was zu
tun ist.“
Wie eingespielt das Team des PZNW ist,
spürt man im Operationssaal. Die Kommunikation verläuft ruhig und strukturiert.
Neben dem Operateur gibt es noch einen
zusätzlich ausgebildeten Chirurgie-Assistenten, eine weitere Pflegekraft und einen Narkosearzt.
Schonend zum Erfolg
Über drei Roboter verfügt das PZNW, die
Kosten sind hoch. Rund 1,5 Millionen kostet ein da Vinci, allein die Wartung liegt bei
150.000 Euro jährlich. Die Schulungen und
das Training erfordern ebenfalls einen hohen
Einsatz von allen Mitarbeitern. Doch was hat
der Patient davon? Die Erfolge sind nicht
von der Hand zu weisen. Die da Vinci-Technik vereint die Vorteile der offenen Operation mit denen der minimalinvasiven Opera-
An der Bedienkonsole steuert der
Operateur die Arme des Roboters
Der Experte
23
Dr. Jörn Witt ist
­Chefarzt der Urologischen Abteilung am
St. Antonius-Hospital
Gronau. Mehr als 1.000
Roboter-Operationen
jährlich führen er und
sein Team durch.
tion, der sogenannten Schlüssellochtechnik.
Somit kann der Operateur so viel sehen
wie bei einem Bauchschnitt und gleichzeitig noch präziser arbeiten als bei der bereits
erfolgreichen minimalinvasiven Operation.
Der fehlende Hautschnitt führt zur schnelleren Erholung des Patienten, und er kann das
Krankenhaus schon nach einer Woche wieder verlassen.
Besonders wichtig ist für die betroffenen
Männer, dass das Risiko der Inkontinenz
und Impotenz, das durch eine Prostataentfernung wahrscheinlich ist, geringer wird.
„Mit da Vinci können wir das Nervengeflecht an der Prostata, das für die Kontinenz
und Potenz der Männer eine entscheidende
Rolle spielt, besser sehen. Wir können also
schonender behandeln“, sagt Dr. Witt.
Zudem sind Bluttransfusionen fast nie
nötig, da der Blutverlust bei diesen Eingriffen allgemein geringer ist. Auch Komplikationen wie etwa Arterienverletzungen oder
Thrombosen gehen fast gegen Null zurück.
Die Entwicklung in der Hightechmedizin
geht weiter. Auch bei Operationen etwa
der Niere oder Blase kommen die Roboter infrage. Wissenschaftliche Studien zeigen, dass die Behandlungserfolge steigen
– vorausgesetzt der Mediziner versteht sein
Handwerk, denn das Verfahren ist komplex
und erfordert ein hohes Maß an Lernbereitschaft. Das Team im PZNW setzt weiterhin
auf den da Vinci. Nicht weil es ein Trend ist,
sondern um die Lebensqualität der Patienten zu verbessern. Text: Britta Ellerkamp
Fotos: Prostata Zentrum Nordwest
24
A l ex i a ne r vo r O r t
In dieser Rubrik finden Sie wichtige Nachrichten der Alexianer bundesweit. Egal ob innovative Projekte,
Veranstaltungen und Feste oder Baumaßnahmen – wir halten Sie auf dem Laufenden
„Haus Thomas“ eröffnet
Münster. „Ein schönes Gebäude, ein ein-
Einweihung von Haus Thomas an das Betreu-
ladender Garten – das ist ein Teil der Pflege.
ungsteam. Seit dem Frühjahr bietet die Einrich-
Warmherzige Mitarbeiter wie unsere aber
tung am Standort Münster 54 Plätze für geistig
sind der andere, viel wichtigere Teil.“ Dieses
behinderte und psychisch kranke Senioren. Sie
Lob schickte Stephan Dransfeld, Geschäfts-
finden dort neben optimalen äußeren Bedin-
führer der Alexianer Münster GmbH, bei der
gungen liebevolle Zuwendung. 
Geschäftsführung, Seelsorge, Unterstützer
und Messdiener bei der Eröffnung
Woche der Seelischen Gesundheit
Berlin. Die fünfte Berliner Woche der See-
unter anderem Workshops, Ausstellungen und
lischen Gesundheit startet mit dem Welttag
Filmvorführungen. Aktiv dabei sind wieder die
für Seelische Gesundheit am 10. Oktober und
Alexianer-Kliniken, das St. Joseph-Krankenhaus
steht unter dem Motto „Wissen schafft Ver-
Berlin-Weißensee, das St. Hedwig-Kranken­
ständnis: Seelische Gesundheit in kultureller
haus und das Krankenhaus Hedwigshöhe. Das
Vielfalt“. Die Veranstaltungen für die breite
Programm ist abrufbar unter:
Öffentlichkeit und das Fachpublikum umfassen
www.seelischegesundheit.net 
Ministerieller Besuch
Landkreis Diepholz. Mitte Juli besuchte Nie-
Besuch in den Klinik Diepholz und Sulingen
dersachsens Sozialministerin Aygül Özkan den
fest. Bei ihrem Besuch konnten mit Ministerin
St. Ansgar Klinikverbund. Sehr interessiert war
Aygül Özkan auch Probleme der Patientenver-
sie an den im St. Ansgar Klinikverbund aus
sorgung im ländlichen Bereich angesprochen
dem Konjunkturpaket II finanzierten baulichen
und diskutiert werden. Özkan lobte die medi-
Veränderungen. „Das Geld aus dem Programm
zinische Ausrichtung des Klinikverbundes und
wurde sehr gut eingesetzt. Patienten und Mit-
zeigte sich sicher, dass die Struktur zukunfts-
arbeiter profitieren direkt“, stellte sie bei ihrem
fähig sei. 
Geschäftsführer Thomas Pilz zeigte Ministerin Aygül
Özkan die durchgeführten Baumaßnahmen
Neuromonitoring der neuesten Generation
OP-Team bei Schilddrüsenoperation
Krefeld. „Neuromonitoring“ ist bei Schilddrü-
gischen Kliniken am Krankenhaus Maria-Hilf,
senoperationen unverzichtbar. Die Alexianer
und sein Team minimieren durch die neue
Krefeld GmbH hat jetzt ein Gerät der neues-
Messtechnik das vergleichbar hohe Risiko der
ten Generation angeschafft, um die Sicherheit
Verletzung der Stimmbandnerven während der
der Patienten noch besser zu gewährleisten.
Operation, weil das Verfahren es erleichtert,
Dr. Bernhard Mallmann, Direktor der Chirur-
die Stimmbandnerven aufzufinden. 
Bezugspflege Psychotraumatologie
Berlin/Krefeld. Im Frühjahr startete das
Deutschland einzigartig. Teilnehmer kommen
Alexianer-Institut für Psychotraumatologie
aus den Alexianer-Einrichtungen, aber auch
(AIFP) in Berlin und Krefeld die ersten Kurse
von extern. Besonderes Interesse finden die
der neuen Zusatzqualifikation „Bezugspflege
Kurse bei den Bundeswehrkrankenhäusern.
Psychotraumatologie“. Die Kurse qualifizieren
Die Leitung des Instituts liegt bei Dr. Iris Hauth,
Pflegekräfte für die anspruchsvolle pflegeri-
Privatdozent Dr. Robert Behring und Dr. med.
sche Arbeit mit Patienten, die unter Trauma-
Meryam Schouler-Ocak. 
folgestörungen leiden. Dieses Angebot ist in
Die ersten Kursteilnehmer in Berlin mit Dr. Angelika
­Pillen (1. Reihe, 2. v. r.), Leiterin des Alexianer Instituts
für Fort- und Weiterbildung in Berlin
A l e x i a ne r vo r O r t
Prävention gegen Gewalt
25
ven Fortbildungen werden alle Mitarbeiter mit
tungsmuster, Ursachen aggressiven Verhaltens,
Aachen. Die Wahrscheinlichkeit für das Auf-
dem professionellen Deeskalationsmanage-
verbales Deeskalationstraining, Abwehr- und
treten aggressiver Verhaltensweisen und ange-
ment PRODEMA® vertraut gemacht. Es setzt
Fluchttechniken bei An- und Übergriffen,
spannter Situationen ist in Einrichtungen für
auf sieben Deeskalationsstufen: die Verhinde-
Immobilisations- und Fixierungstechniken, kol-
psychiatrische Patienten erhöht. Die Alexianer
rung aggressiver Verhaltensweisen, die Ver-
legiale Ersthilfe sowie die Nachsorge und Nach-
Aachen GmbH setzt auf Prävention. In intensi-
änderung der Wahrnehmungs- und Bewer-
bearbeitung von Vorfällen. 
Agamus ist Vier-Sterne-Arbeitgeber
Berlin. Im Wettbewerb „Berlins Bester Arbeit-
teil. „Ich bin sehr glücklich über die hohe Mit-
geber“ wird die Agamus Dienstleistungs GmbH
arbeiterbeteiligung. So können wir heraus-
für hervorragende Arbeitgeberqualitäten prä-
finden, was im Arbeitsalltag gut funktioniert
miert. Damit rangiert der interne Dienstleister
und was zukünftig besser laufen soll“, erläu-
der Alexianer unter den Top-Ten-Arbeitgebern
tert Henk Vliem, Geschäftsführer der Agamus
Berlins. Anfang des Jahres nahmen 200 Aga-
Dienstleistungs GmbH. Ein Jahr lang darf Aga-
mus-Mitarbeiter an einer externen Befragung
mus das Gütesiegel führen. 
Agamus-Geschäftsführer Henk Vliem und -Betriebsrätin
Monika Dalaker (2. und 3. v. l.) bei der Prämierung
Mit dem Patienten auf Augenhöhe
Oberärztin Dr. Lieselotte Mahler (r.) und Pflegedienst­
leitung Ina Jarchov-Jadi sind Ansprechpartnerinnen für
das „Weddinger Modell“
Berlin. Mit dem „Weddinger Modell“ setzt die
wohlwollende, unterstützende Atmosphäre.
Psychiatrie im St. Hedwig-Krankenhaus auf fla-
Durch optimale, bedürfnisorientierte Behand-
che Hierarchien und stärkere Einbeziehung des
lung wird den Patienten ein positives Selbstbild
Patienten. Therapeuten stehen als „Berater“
vermittelt. Auch die Mitarbeiter erleben durch
zur Seite und stärken den Patienten als „Exper-
die Partizipation und die transparenten Abläufe
ten“ in eigener Sache. Angehörige erleben eine
eine höhere Arbeitszufriedenheit. 
Richtfest für neues Bettenhaus
Berlin. Das St. Hedwig-Krankenhaus fei-
im Herbst 2012 in Betrieb gehen. Das neue
erte im Mai Richtfest für das neue Betten-
Gebäude wird drei Stationen mit insgesamt
haus „Haus Vinzenz von Paul“. Das unter
114 Betten der Fachrichtungen Innere Medizin
dem Arbeitstitel „Westspange“ geplante
und Gerontopsychiatrie sowie ein Nierenzen­
„Haus Vinzenz von Paul“ wird voraussichtlich
trum aufnehmen. 
Richtfest am St. Hedwig-Krankenhaus
Gütesiegel Familienzentrum
Kindertagesstättenleiterin Kirsten Müller: „Wir profitieren
von den vielen neuen Netzwerkkontakten, um Familien in
Zukunft noch umfassender unterstützen zu können“
Köln. Die Mühe hat sich gelohnt: Seit dem 30.
Ministerium für Familie, Kinder, Jugend und
April ist die Kindertagesstätte „Heilige Dreifal-
Sport NRW verliehen und gibt Aufschluss über
tigkeit“ der Alexianer Köln GmbH nun auch
die Angebote im Bereich Bildung, Beratung
Familienzentrum. Das Gütesiegel Familienzen-
und Betreuung für Eltern und Kinder. 
trum Nordrhein-Westfalen (NRW) wird vom
Im Zeichen der Geschichte
Wittenberg. Ende Mai feierte die Klinik
des Klinikgründers Dr. Paul Bosse. Zum Jubi-
Bosse Wittenberg ihr 75. Jubiläum in der
läum fand auch ein Tag der offenen Tür statt,
St. Marienkirche. Angereist waren neben Bru-
bei dem eine Ausstellung zur Geschichte der
der Benedikt M. Ende, Provinzial der Ordens-
Klinik sowie eine Ausstellung mit Stillleben des
gemeinschaft der Alexianerbrüder, und Bruder
Grieboer Künstlers Klaus Leupold zu sehen
Bonifatius Pumpe auch zahlreiche Nachfahren
waren. 
Petra Stein, Geschäftsführerin der Klinik Bosse Wittenberg,
und Ulrich Bosse, Enkel des Gründers der Klinik
26
B r enn p u nk t
Wenn Vater und Mutter
­hilfsbedürftig werden
Wenn die Eltern älter werden, verändern sich oft die Rollen:
Nicht mehr die Eltern kümmern sich um die Kinder, sondern die Kinder
um die Eltern. Wie erleben Kinder diese Veränderung?
B r enn p u nk t
27
Morgens, 5.30 Uhr, die Tür zur Wohnung öffnet sich leise, und
über das Gesicht von Marianne Miklosch* (68) huscht ein Lächeln.
Wie jeden Morgen zur gleichen Zeit kommt ihre Tochter Andrea
herein und bereitet das Frühstück vor. Immer derselbe Ablauf, aber
für Marianne Miklosch und ihren Ehemann heißt das, zu Hause
bleiben zu können und nicht nach anderen Lösungen suchen zu
müssen, weil es ihnen mit zunehmendem Alter schwerer fällt, allein
zurechtzukommen.
Bereits in jungen Jahren erkrankte Marianne Miklosch an Multipler
Sklerose. Früher konnte sie sich und ihre Familie noch selbst versorgen. Wenn sie Hilfestellung benötigte, stand ihr Mann ihr zur Seite.
Seit mehr als zwei Jahren werden die Eheleute jetzt von Tochter
Andrea versorgt. Dazu gehören neben den gemeinsamen Mahlzeiten auch notwendige Hilfestellungen im Haushalt und das regelmäßige Einkaufen, die Begleitung bei Arztbesuchen und vieles mehr.
Jede Situation ist anders
Tochter Andrea wohnt mit ihren Eltern im eigens dafür gebauten
Haus. Die Eltern unten, sie oben. Sie empfindet die Situation, sich
um die Eltern zu kümmern, nicht als etwas Besonderes. Gemeinsames Essen, füreinander da sein, das eigene Leben rund um die
Familie organisieren war für alle Familienmitglieder stets eine
Selbstverständlichkeit.
In die Rolle des „Kümmerers“ ist die Tochter ganz sanft geschlüpft.
Fragen wie „Könnte ich mir vorstellen, meine Eltern zu pflegen?“
oder „Wie fühlt sich der stets starke Vater dabei, wenn jetzt die
Tochter den Zeittakt in der Familie vorgibt?“ kamen dabei nie auf.
„Plötzlich ist man erwachsen, ist die ‚Starke’, die Rollen kehren sich
einfach um“, sagt Andrea Miklosch. „Es fühlt sich schon ein wenig
seltsam an, wenn man plötzlich in der Position des Erwachsenen
ist, obwohl man doch viel jünger ist als die Eltern.“
Andrea Miklosch ist ganztägig berufstätig. Vor einem Jahr schloss
sie die Weiterbildung von der Chemielaborantin zur Chemie-Ingenieurin ab. Für sie und auch ihren Bruder ist klar: Die Eltern werden
bis zu ihrem Tod zu Hause versorgt. Sie gehören zum Verbund der
Familie, werden mit einbezogen bei der Planung von Familienfesten
und wenn möglich trifft sich die ganze Familie jeden Sonntagnachmittag am Kaffeetisch, solange es geht.
Manchmal geht es langsam,
manchmal schnell
Bei Udo Grün* (51) sieht die Familiensituation anders aus. Dass
der Vater allmählich älter wird und vielleicht mehr Unterstützung
benötigt, hat der erfolgreiche Manager erst vor einigen Wochen
am Flughafen festgestellt. „Wer begleitet denn Ihren Herrn Vater
auf die Urlaubsreise?“, fragte die freundliche Dame am Check-in*Name von der Redaktion geändert
28
B r enn p u nk t
Schalter lächelnd. Erst da wurde Grün bewusst, dass sein Vater einfach älter geworden ist: „Plötzlich sieht man den Vater mit anderen
Augen, und plötzlich bemerkt man und erschrickt dabei, wie hilfsbedürftig er ist.“
In den Urlaub geflogen ist der Vater noch allein, und es hat auch
alles gut geklappt. Um ihn zu Hause zu unterstützen, helfen jetzt
Udo Grüns Sohn und Tochter mit. Selbst noch nicht ganz „flügge“,
kümmern die beiden sich abwechselnd um ihren Opa, schauen täglich nach ihm, erledigen Einkaufdienste und auch die notwendige
Hausarbeit, allerdings nur bis zum Studienbeginn nächstes Jahr.
Dann wird nach einer anderen Lösung gesucht.
Dirk Bahnen, Leiter der Beratungsstelle für Alterserkrankungen in
Krefeld in Zusammenarbeit mit der Alexianer Krefeld GmbH, weißwelche Gedanken sich Angehörige machen. „Oft sind die Angehörigen mit dem Rollenwechsel und den neuen Pflichten überfordert. Unsicherheit stellt sich ein. Besonders die Frage nach externer
Hilfestellung macht den Angehörigen oft Angst. Sie fragen sich:
‚Kann ich es auch ohne fremde Hilfe schaffen? Was kommt noch
auf uns zu?’“ Bahnen versucht, diese Fragen in einem persönlichen
Gespräch mit den Angehörigen zu klären. „Insbesondere wenn aus
dem allgemeinen Hilfebedarf eine Pflegebedürftigkeit wird, kann
es leicht zu einer Überforderung der Angehörigen kommen bis hin
zur Selbstaufgabe und vollkommenen Hilfslosigkeit“, weiß Bahnen
aus der Praxis. Dann brauchen die Angehörigen selbst Unterstützung. „Wer sich entscheidet, einen Menschen, der ihm nahe steht,
zu pflegen, übernimmt eine wichtige und verantwortungsvolle
Aufgabe. Spätestens dann ist eine Beratung durch Fachleute sehr
hilfreich“, stellt Bahnen fest, „auch um zu klären: Kann ich das?
Und passt das Vorhaben in meine eigene Lebenssituation?“
Das Verhältnis der Generationen verschiebt sich, manchmal langsam, manchmal schnell. Das emotionale Netz Eltern/Kind wird sich
über kurz oder lang bei jedem verändern. Eine professionelle Beratung und der Blick von außen helfen dabei, die eigenen Gefühle zu
ordnen, und geben Unterstützung.
Text: Barbara Krause, Fotos: Mascha Lohe
B r enn p u nk t
29
Das Alter zulassen
Eine erfahrene Seniorenberaterin rät zu mehr Gelassenheit
im Umgang mit Fragen des Älterwerdens
Frau Müller, muss jeder von uns
Angst haben vor der Feststellung:
„Oh, meine Eltern werden alt“?
Nein, auf keinen Fall. Es gibt eine Fülle von
Hilfs- und Beratungsangeboten, die immer
noch meist erst dann aufgesucht werden,
wenn konkreter Hilfsbedarf entstanden ist.
­Andererseits bietet die Auseinandersetzung
mit dem Älterwerden die Chance, sich rechtzeitig mit dem eigenen Alter zu befassen.
Was will ich selbst meinen Kindern zumuten? Was sollen sie für mich tun? Wie will ich
mich ihnen gegenüber verhalten?
Wann kommen Angehörige zu Ihnen,
um Rat zu suchen? Meist erst dann,
wenn die Probleme schon so groß sind, dass
konkrete Maßnahmen erforderlich sind.
Etwa wenn eine Haushaltshilfe nötig wird,
weil die Mutter die Wohnung nicht mehr
allein sauber halten kann oder man sich
Sorgen macht, weil der Vater zunehmend
„merkwürdig“ reagiert. Wir bemühen uns
zwar auch, die Prävention zu stärken, aber
tatsächlich erreichen wir die Menschen erst
dann, wenn die Situation schwierig geworden ist. Das liegt auch daran, dass wir das
Altsein an sich nicht zulassen. Heute sollen
75-Jährige noch sportlich aktiv sein, in Urlaub
fahren, das Leben genießen. Dass man auch
Lebensfreude hat, wenn man nicht mehr
stundenlang bergwandern oder Rad fahren
kann, kommt in der Vorstellung der meisten Menschen nicht vor. Alles hat seine Zeit,
auch das Nicht-mehr-so-fit-Sein.
Den Rollenwechsel
akzeptieren
Sie sind schon sehr lange Seniorenberaterin. Was hat sich in Ihrer Arbeit
verändert? Der viel zitierte demogra­
fische Wandel ist da: Die „Kinder“ von
heute, die um Rat für ihre Eltern bitten, sind
selbst älter geworden. Es hat sich alles nach
hinten verschoben. Heute habe ich 60-Jährige im Gespräch sitzen, die selbst schon
erste körperliche Beeinträchtigungen spüren.
Das macht vielen Angst. Sie sorgen sich, ob
sie die 90-jährige Mutter so versorgen können, wie es nötig wäre.
Eltern bekommen sollen, etwa in finanziellen
Dingen – und rechtzeitig für ein tragfähiges
soziales Netzwerk zu sorgen. Aber vor allem,
denke ich, ist eine andere Sicht auf „das
Alter“ und alte Menschen nötig.
Was nimmt die Angst?
Was sind die größten Probleme, die
Ihnen in der Praxis begegnen? Der
anstehende Rollenwechsel vom Kind, für das
gesorgt und entschieden wird, zu demjenigen, der sorgt und entscheidet, belastet psychisch. Es fällt vielen einfach schwer, emotio­
nal zu verarbeiten, was rein rational klar ist:
Dass die Mutter nicht mehr die starke Frau
ist, die einem hilft, sondern dass sie jetzt
selbst immer mehr Hilfe braucht. Aber auch
die Frage, wie viel man selbst helfen kann,
beschäftigt die Kinder. Die Lebensumstände
haben sich stark verändert. Man wohnt nicht
mehr selbstverständlich unter einem Dach.
Das bedeutet: Die praktische Unterstützung
wird aufwendiger. Das heißt aber auch, dass
man schleichende Veränderungen nicht
ebenso schleichend wahrnimmt, sondern
manchmal ganz plötzlich damit konfrontiert wird. Die Nähe ist einfach nicht mehr
da. Und da fühlen sich viele zu plötzlich mit
Schwierigkeiten konfrontiert, die sie im eigenen Lebensgefüge nicht eingeplant haben.
Offenheit und
Mut, auch Tabus anzusprechen. Etwa über
die Frage, ob „wenn es gar nicht mehr geht“
ein Pflegeheim infrage kommt. Selbst über
die Beerdigung sollte man reden. Die älteren
Menschen sind da oft viel zugänglicher, als
man meint.
Welchen Rat geben Sie Kindern, die
sehen, dass ihre Eltern „abbauen“?
Abgesehen von den schon genannten Tipps:
Ich kann nur zu mehr Gelassenheit raten. Es
ist doch nicht tragisch, wenn der Vater die
zerschlissene alte Couch nicht rausschmeißen will. Oder die Mutter keine teuren
neuen Kleider mehr kaufen möchte und das
Unkraut im Vorgarten sprießen lässt. Solange
keine Gesundheitsgefahren entstehen, sollte
man die eigenen Ansprüche an Lebensstil
und Lebensführung nicht als Maßstab für die
Eltern nehmen. Alte Menschen sind langsamer, können und wollen bestimmte Dinge
nicht mehr – und das ist völlig in Ordnung. Interview: Maria Meurer / Manuela Wetzel
Keine Angst vor Tabus
Was hilft, mit den offenkundigen Problemen besser fertig zu werden? Ein
gutes, das heißt vertrauensvolles und respektvolles Verhältnis beider Seiten zueinander ist eine gute Grundlage. Genauso wichtig ist, rechtzeitig und offen die möglichen
Probleme anzusprechen. Über die Patientenverfügung reden alte Menschen inzwischen
von selbst, wissen aber meist nicht, dass
diese sich nur auf den reinen Sterbeprozess
bezieht. Wichtig ist auch, die Frage zu klären, welche Vollmachten Kinder von ihren
Die Expertin
Beate Müller (45) ist
Diplom-Sozialarbeiterin.
Beim Caritasverband
Rhein-Kreis Neuss berät
sie seit 1989 vor allem
Angehörige, die mit den
zunehmenden Alltags-
problemen meist der eigenen Eltern konfrontiert
sind und Hilfe suchen.
30
K u r z n ot i e r t
Aufge-lesen
Herz IV: Aus dem Alltag einer rechtlichen Betreuerin
von Renate Fischer,
BALANCE buch + medien
­verlag, Bonn 2011, 14,95 €
Mitten im Leben steht Renate
Fischer, wenn sie ihren Job
als rechtlich bestellte Betreuerin ausübt. Ziemlich unbeschwert gewährt sie dem Leser
in ihrem Buch „Herz IV“ Einblick in die eigengesetzlichen
und teils unbeholfen anmutenden Lebenswelten von
Menschen, die Sozialleistungen empfangen. Das spiegelt
sich bereits im Titel „Herz IV“
wider, gewählt nach der unbe-
absichtigten Wortschöpfung
einer ihrer Anvertrauten (statt
„Hartz IV“).
nelle Reaktionen und Forderungen ihrer Klienten. Eine Art
­Helfersyndrom? Dieses Gefühl,
das den Leser zwischendurch
beschleicht, löst sich spätestens
auf, wenn man Renate Fischer
in den Ausschnitten einer
Lesung auf YouTube live erlebt.
Dass die Autorin nicht ausschließlich trockene Rechtsfürsorge betreibt, lässt sich aus
dem Gleichgewicht von Engagement, Umgang mit sozialgesellschaftlichem Gegenwind
und Respekt für die Prioritäten ihrer Klientel schließen.
Dem alltäglichen Kampf im
Dschungel der Bürokratie tritt
sie ideenreich entgegen. Treffsicher kontert sie unkonventio­
Ihr Buch ist eine gelungene,
humorvoll präsentierte Begegnung mit Menschen, die in
sogenannten sozialen Randgesellschaften leben, das sich zu
lesen lohnt. Text: Heike Christmann
Gute Therapiemöglichkeiten für Menschen mit sozialer Angst
Konfrontation mit der Angst ist hilfreich
Wer unter sozialen Phobien
leidet, hat oft übersteigerte
Ängste, unangenehm aufzufallen, Kontakte zu knüpfen
und zu versagen. Die Sorge,
unangemessen aufzufallen, ist
so groß, dass Einsamkeit und
­Isolation die Folge sind. Unbewältigte Ängste wirken sich
häufig stark auf die persönliche
und berufliche Situation aus.
„Wie jede Angst kann eine
soziale Phobie nur dadurch
überwunden werden, dass man
der Angst auslösenden Situation gegenübertritt und das
ungünstige Vermeidungsverhalten ablegt“, sagt Christa RothSackenheim, Vorsitzende des
Bundesverbandes Deutscher
Psychiater (BVDP) in Krefeld.
Psychotherapie kann weiterhelfen. Bewährt haben sich besonders verhaltenstherapeutische
Maßnahmen, Entspannungsübungen und angstlösende
Medikamente. Matt von der Mattscheibe
Zu viel Fernsehkonsum macht krank
Wer mehr als zwei Stunden
täglich fernsieht, erhöht sein
Risiko für Diabetes und Herzerkrankungen um etwa 20 Pro-
zent im Vergleich zu Menschen
ohne starken TV-Konsum. Das
berichtete im Juni die „Ärzte
Zeitung“.
Europäer verbringen durchschnittlich
drei bis vier Stunden täglich vor dem
­Fernseher, US-Amerikaner sogar rund
fünf Stunden
Die Gründe liegen auf der
Hand: Mangelnde Bewegung
und ungesunde Kost wirken
sich nachhaltig aus. Und es
kommt noch dicker: Forscher
der Harvard School of Public Health in Amerika stellten
jüngst fest, dass mehr als drei
Stunden TV-Konsum täglich
sogar das Sterberisiko um fast
15 Prozent erhöhen. S e i t enwe c h se l
Wera Röttgering, Gründerin und
erste Vorsitzende, die seit zwei
­Jahrzehnten mit großer Empathie
die G
­ eschicke des Vereins leitet
31
alljährliche Auszeichnung mit dem Spendensiegel des DZI, das damit unsere Arbeit
als beispielhaft und effizient würdigt.
Therapieangebote
Krankheitsbilder, Behandlungsmethoden,
Vor- und Nachsorge unterliegen, um nur
einige Bereiche zu nennen, einem ständigen Wandel. Dem trägt auch die Arbeit von
Herzenswünsche e. V. in besonderem Maße
Rechnung. Das betrifft sowohl die Organisation dauerhafter Therapieangebote wie
Klinikclowns oder „Mukoviszidose-Klimakuren“ als auch Reaktionen auf akute Notstände, etwa Engpässe bei Organspenden.
Herzenswünsche e. V.
In der Rubrik Seitenwechsel stellen sich Organisationen selbst vor,
diesmal ­Herzenswünsche e. V.
Herzenswünsche e. V. ist ein gemeinnütziger, bundesweit tätiger Verein, der schwer
erkrankten Kindern und Jugendlichen lang gehegte Wünsche erfüllt. Zu den häufigsten
Erkrankungen der Betroffenen zählen Krebs, Mukoviszidose und angeborene Herzfehler.
Etwa 80 ehrenamtliche und drei hauptamtliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter tragen
dazu bei, dass zu Eltern, Geschwistern, Ärzten, Pflegepersonal, Therapeuten und natürlich den betroffenen Kindern und Jugendlichen ein intensiver, oftmals langjähriger Kontakt
aufgebaut wird. Auf diese Weise erfahren wir von den Herzenswünschen der jungen Patienten. Diese reichen vom privaten Treffen mit einem Prominenten über den Besuch eines
Ponyhofs bis hin zum wagemutigen Fallschirmsprung aus den Wolken. Die Wunscherfüllungen geben immer wieder neuen Lebensmut und die nötige Kraft, um die schmerzvollen
Therapien und den belastenden Klinikalltag bewältigen zu können. Das bestätigen nicht
nur die Betroffenen, sondern auch Ärzte und Therapeuten, die von positiven, messbaren
Ergebnissen sprechen.
In diesem Zusammenhang spielt der ärztliche Beirat von Herzenswünsche e. V. eine herausragende Rolle. In der fast 20-jährigen Tätigkeit von Herzenswünsche e. V. haben renommierte Mediziner dem Verein mit Rat und Tat zur Seite gestanden. Das gilt ebenso für die
In intensiver Zusammenarbeit mit Medizinern und großen Kliniken hat Herzenswünsche e. V. einen neuen Organspendeausweis auf den Weg, aber vor allem in Umlauf
gebracht. Der bislang einzige Organspendeausweis aus Plastik im Scheckkartenformat
wird von uns mit zahlreichen praktischen
und fachspezifischen Informationen intensiv beworben und im Ergebnis von Firmen,
Vereinen, Interessengruppen und Privatpersonen in großer Zahl geordert. Wir hoffen,
damit einen Beitrag zur größeren Akzeptanz
in der Gesellschaft und zur besseren Versorgung von Patienten, die auf ein lebenswichtiges Organ warten, leisten zu können.
Das „Herzenswünsche“-Büro
Das „Herzenswünsche“-Büro befindet sich
in Münster. Dort werden die Wünsche
registriert, koordiniert und organisiert. Alle
Beteiligten pflegen einen intensiven Austausch per E-Mail und Telefon. Persönliche
Kontakte werden bei den regelmäßigen
Treffen gepflegt. Alle Informationen werden
zentral im „Herzenswünsche“-Büro gespeichert und finden Eingang in die halbjährlich erscheinende Zeitung „bärenstark“ und
erscheinen tagesaktuell auf der Homepage
des Vereins www.herzenswuensche.de Text: Andreas Linke,
Öffentlichkeitsarbeit ­Herzenswünsche e. V.
Foto: Herzenswünsche e. V.
32
Fa k t
Serie
Teil 6
Über das Gesundheitswesen wird viel geschrieben. In unserer Serie erklären wir
Hintergründe, diesmal die neuen gesetzlichen Hygienevorschriften
Dr. Viola Wilde ist Hausärztin in Berlin.
Hygiene wird bei ihr selbstverständlich
groß geschrieben: „Meine Patienten wissen
zum Beispiel, dass ich ihnen in Hochzeiten
von Grippe nicht die Hand gebe, um keine
Keime weiterzuverbreiten.“ Aber sie legt
auch Wert darauf, dass ihre Patienten bei
der Hygiene ein vernünftiges Maß finden:
„Viele versuchen, ihre Kinder klinisch rein
aufwachsen zu lassen – aber dadurch wird
das Immunsystem nicht mehr trainiert. Im
Krankenhaus und in der Praxis ist Hygie­ne
extrem wichtig. Aber draußen darf das
nicht übertrieben werden.“ Die normale
Hygiene fasst Dr. Wilde knapp zusammen:
„Beim Nachhausekommen, nach dem Toilettengang und vor dem Essen die Hände
waschen!“
Hygiene und
das neue Infektionsschutzgesetz
Das richtige Maß ist entscheidend
Jährlich erkranken etwa eine halbe Million Menschen in Deutschland im Zusammenhang mit
einer medizinischen Maßnahme an einer Infektion. Das bedeutet: Sie infizieren sich in Krankenhäusern oder Arztpraxen, die sie wegen einer anderen Erkrankung aufgesucht haben.
Fachleute gehen davon aus, dass sich bis zu 30 Prozent dieser Infektionen durch Hygienemaßnahmen vermeiden ließen.
Sie weist ihre Patienten außerdem ausdrücklich darauf hin, verordnete Antibiotika
nicht vorzeitig abzusetzen: „Sie müssen das
Antibiotikum bis zum Ende nehmen! Sonst
gewöhnen sich die Bakterien daran, bauen
es in ihr Erbgut ein, und beim nächsten
Mal wirkt das Antibiotikum nicht mehr.“­
Dr. Wilde beschreibt damit, wie sich im
Laufe der Jahre besonders widerstandsfähige Keime entwickeln konnten. Der sorglose Umgang mit Antibiotika – sowohl
durch zu großzügige Verschreibung als
auch durch zu kurze Einnahme – hat Bakterien wie MRSA hervorgebracht, sogenannte
resistente Erreger, die nur noch schwer
durch Medikamente eingedämmt werden
können.
Das neue Gesetz
Durch das neue Infektionsschutzgesetz, das
der Bundestag im März 2011 beschlossen
hat und das für Krankenhäuser und andere
Einrichtungen des Gesundheitswesens gilt,
sollen die Voraussetzungen verbessert werden, Krankenhausinfektionen und resistente
Erreger zu verhüten und zu bekämpfen.
Neben einer bundesweiten Vereinheit­
lichung der Hygienevorschriften werden
Qualifikationen des Personals im Gesund-
FA K T
33
heitswesen verbindlich. Krankenhäuser müssen künftig sowohl Fachärzte für Hygiene als
auch Pflegekräfte mit Zusatzausbildung (Hygienefachkräfte) vorweisen. Ebenfalls verbindlich werden jährliche Qualitätsberichte, anhand derer Patienten demnächst überprüfen
können, wie erfolgreich die Hygienemaßnahmen im Krankenhaus und in ambulanten Einrichtungen ihrer Wahl umgesetzt werden.
Drehscheibe Robert-Koch-Institut
Das Robert-Koch-Institut (RKI) beschäftigt sich mit der Erkennung, Verhütung und Bekäm­p­fung von Krankheiten, insbesondere von Infektionskrankheiten. Künftig werden dort auch
die bundesweiten (anonymen) Daten zu Krankenhausinfektionen gesammelt und ausgewertet. Am RKI werden außerdem Kommissionen eingerichtet – eine für „Krankenhaushygiene und Infektionsprävention“ und eine Kommission „Antiinfektiva, Resistenz und Therapie“. Diese werden für medizinische Einrichtungen Empfehlungen erarbeiten, die sich
unter anderem mit resistenten Erregern beschäftigen. Man erhofft sich dadurch beispielsweise, dass künftig Infektionen besser diagnostiziert und Antibiotika sachgerechter verordnet werden.
Ein Beispiel
aus der Praxis
MRSA ist ein
resistenter Keim
Medizinische Einrichtungen werden zur Befolgung modernster Hygienemaßnahmen verpflichtet – auch die Verhängung von Bußgeldern ist künftig möglich. Im ambulanten
Bereich wird die Behandlung infizierter Patienten besser bezahlt.
Das Auftreten von MRSA ruft meist große
Sorge hervor – zu Recht. Doch worum handelt es sich dabei eigentlich genau?
Doch es gibt auch kritische Stimmen. Dazu gehört Gabriele Kirchner, Geschäftsführerin des
Verbands der Krankenhausdirektoren Deutschlands e. V. (VKD): „Ein Gesetz ohne ausreichende materielle und personelle Voraussetzungen ergibt leider wenig Sinn.“ Als Beispiel
verweist sie darauf, dass auf dem Arbeitsmarkt nicht genügend Hygieneärzte für alle Krankenhäuser zur Verfügung stehen und Hygiene-Lehrstühle fehlen.
Bakterien werden aufgrund ihrer Form und
Anordnung voneinander unterschieden.
Staphylococcen sind kugelförmige Bakterien, die sich in Haufen anordnen. MRSA
ist die Abkürzung für „methicillinresistenter
Staphylococcus aureus“, also Staphylococcen, gegen die die Antibiotika Methicillin
und Oxacillin kaum oder gar nicht wirken.
Es bleiben kaum Antibiotika, die gegen
MRSA eingesetzt werden können.
Die Grenzen der Hygiene
Professor Hilmar Lemke, Biochemiker an der Universität Kiel, beschäftigt sich seit Jahren
mit den Grenzen der Hygiene: „In der Geschichte war Hygiene etwas sehr Gutes, sie hat
viele, viele Menschenleben gerettet. Aber heute stellt man fest: Krankheiten haben zugenommen, doch nicht die Krankheiten, die man vorher bekämpft hat.“ Diese Krankheiten
seien Allergien, Autoimmunerkrankungen und Tumoren.
Zwei Beispiele: Morbus Crohn ist eine Autoimmunerkrankung des Darms, die vor allem
in Regionen mit hohem hygienischem Standard vorkommt. Seit einigen Jahren versucht
die Medizin in Studien, Morbus Crohn sehr unkonventionell zu behandeln: mit Eiern des
Schweine-Peitschenwurms. Winzige Schweine-Peitschenwürmer schlüpfen im Darm und
werden nach einigen Tagen wieder ausgeschieden. In der Zwischenzeit aber können sie ein
Abklingen der Crohnschen Krankheit bewirken.
Und vor Allergien schützt nachgewiesenermaßen am besten, wenn Kinder die ersten fünf
Lebensjahre auf einem Bauernhof verbringen.
Leider ist unklar, wie viel Hygiene sinnvoll und wie viel übertrieben ist. Professor Lemke verweist auf Skylla und Charybdis, zwei Ungeheuer aus der griechischen Mythologie, zwischen
denen Seefahrer hindurchmussten: „Wo der optimale Weg liegt, ist schwer zu sagen.“ Text: Daniela Böhle
Fotos: Olivier Pol Michel
Bei gesunden Menschen ist MRSA selten
gefährlich. Infektionen entwickeln sich vor
allem bei immungeschwächten Personen:
MRSA tritt bei Menschen mit Vorerkrankungen auf, auf Intensivstationen und bei
Langzeittherapie mit Antibiotika.
Entdeckt man im Krankenhaus bei einem
Patienten MRSA, wird dieser gewöhnlich
in ein Einzelzimmer verlegt. Personal und
Besucher müssen sich an strenge Hygienevorschriften halten, zu denen vor allem eine
konsequente Händedesinfektion zählt. Der
Einsatz der wenigen wirksamen Antibiotika
erfolgt mit großer Vorsicht, damit MRSA
nicht gegen weitere Medikamente unem­p­
findlich wird.
34
Vo r g es t e l lt
St. Mocca – ein
christliches Begegnungscafé
Von leckerem Kaffee und einem besonderen Geist
Markus Losse, der Geschäftsführer von
St. Mocca, serviert einen Espresso. ­Zwischen
antiken Möbeln im Landhausstil schaut eine
ältere Dame von ihrem Buch aus der gut
sortierten Leihbibliothek auf: „Irgendwas ist
hier doch anders, machen Sie Feng Shui?“
Losse lacht: „Hier schwingt ein anderer
Geist mit!“
lich. Vor einiger Zeit kam ein Mann aus der
Nachbarschaft mit rot verweinten Augen
herein. Seine Frau lag schwer krank im
Krankenhaus. Dass sich eine Mitarbeiterin
eine Dreiviertelstunde lang Zeit nehmen
konnte fürs Gespräch und anschließende
Gebet entspricht dem Konzept und ist dem
Einsatz von 70 Ehrenamtlern zu verdanken.
Das St. Mocca in Köln-Bickendorf ist ein
Begegnungscafé, betrieben von einem
christlichen, ökumenischen Trägerverein.
Einfach gemütlich einen Espresso trinken
oder stundenlang klönen, Losse sieht seine
Arbeit als Gottesdienst: „Weil Gott Begegnungen schafft und Menschen begegnet.“
Kuchen, Frühstücke und der täglich wechselnde Mittagstisch werden selbst zubereitet. Weine, Tee und Kakaosorten sind sorgfältig ausgewählt. Losse schwört auf die
angebotenen handverlesenen Kaffeevarietäten aus Kölns ältester Kaffeerösterei: „Wir
glauben an die beste Botschaft der Welt, da
wollen wir doch nicht nur den zweitbesten
Kaffee verkaufen.“
Als das St. Mocca am Rande von Bickendorf
restauriert wurde und im August 2008 die
Türen öffnete, war das wie ein Umbruch für
die ehemalige Arbeitersiedlung. Vor vielen
Einfamilienhäusern an den gepflasterten
Straßen stehen jetzt Baugerüste. Traditionell sind die meisten Menschen hier katholisch und zum Teil misstrauisch gegenüber
Neuem. „Sie sind doch keine Sekte?“,
wurde Losse kurz nach Eröffnung von einer
älteren Dame angesprochen. Nach eingehender Prüfung der redlichen Absichten
und des preiswerten Angebotes war sie
schließlich zufrieden und erklärte: „Fünf
Freundinnen warten auf meinen Bericht!“
Ehrenamtler tragen das
Konzept
Im St. Mocca ist der christliche Hintergrund
präsent, ohne aufdringlich zu sein. „Missio­
niert wird hier nicht!“, macht Losse deut-
Mit der stetig wachsenden Akzeptanz
drohte in der Anfangsphase eine Überforderung der Mitarbeiter. Losse: „Ein muslimischer Stammgast öffnete uns die Augen. Er
merkte an, dass wir sieben Tage die Woche
geöffnet hätten, und zitierte die Bibel mit
den Worten: ‚Am siebten Tage sollst du
ruhn.’ Kurz danach haben wir den Montag
als Ruhetag eingeführt.“
Ergänzend zum Cafébetrieb lädt St. Mocca
an jedem zweiten Wochenende seine Gäste
zum Essen ein, man feiert gemeinsam
christliche Feste, trifft sich bei der Klamottentauschbörse für Frauen, der ComputerHilfe, zu Filmabenden, Kaffeeverkostungen
oder wie zuletzt zu einem Zeitzeugenbericht
polnischer Überlebender deutscher Konzentrationslager.
Am „St. Mocca Ring“, einer vierspurigen
Carrera G0-Bahn, vermittelt der mehr­
fache Deutsche Meister Losse, worauf es
ankommt: „Bei den Rennen kann man
etwas fürs Leben lernen, Fairness, Entscheidungskraft und auch mal zu verlieren.
Bevor es losgeht, beten wir dafür, dass es
fair zugeht, dass man die Nerven behält
und dass es Spaß macht.“ Text: Kristof von Fabeck-Volkenborn
Foto: Markus Losse
Kontakt & Info
Café St. Mocca e. V.
Am Rosengarten 2 / Ecke Sandweg
50827 Köln-Bickendorf
www.sankt-mocca.com
R ät se l / Im p r ess u m
35
Impressum
Herausgeber
Alexianer GmbH
Alexianerweg 9, 48163 Münster
V.i.S.d.P.
Gerald Oestreich, Geschäftsführer
Redaktion
Britta Ellerkamp (verantwortliche ­Redakteurin),
Georg Beuke, Carmen Echelmeyer, Kristof von FabeckVolkenborn, Anja Große Wöstmann, Frank J­ ezierski,
Barbara Krause, Jacqueline Maria Rompf, Dr. Ralf
Schupp
Anschrift der Redaktion
Alexianer GmbH
Redaktion „Alexianer“, Kölner Str. 64, 51149 Köln
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Schwarz auf Weiß, Manuela Wetzel
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jean-pierre lescourret (S. 11), mauritius images / imagebroker / Bernd Lauter (S. 30, Mädchen mit Fernbedienung), privat, Archiv der Alexianer
Verlag, Anzeigenverwaltung und
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Goltsteinstr. 28 – 30, 50968 Köln
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Für unverlangt eingesandte Manuskripte und ­Bilder
kann keine Gewähr übernommen werden. Namentlich
gekennzeichnete Bei­träge stimmen nicht unbedingt
mit der Meinung des Heraus­gebers überein.
Aus Gründen der besseren Lesbarkeit haben wir uns
gegen eine durchgängige Ver­wen­dung männlicher
und weiblicher Begriffe entschieden. Begriffe wie
„Patienten“ und „Mitarbeiter“ usw. sind daher auch
im Sinne von „Patientinnen“ und „Mitarbeiterinnen“
zu verstehen.
Liebe Leserin, lieber Leser,
die Redaktion des Alexianer-Magazins freut sich,
dass so viele Menschen bereit sind, aus ihrer Lebens­
geschichte und von ihren Erfahrungen mit Krankheit
und gesellschaftlichen Veränderungen zu ­berichten.
Oft gehen diese Berichte den Betroffenen sehr
nah. ­Deshalb sind in manchen Beiträgen in diesem
­Magazin die Namen der Betroffenen verändert, um
ihre Privatsphäre zu schützen. Dafür bitten wir um Ihr
­Verständnis. Dennoch sind die berichteten Fälle selbstverständlich alle authentisch.
Die Redaktion
Auflage: 7.000
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