Welt am Sonntag vom 12 - Ansorg Development GmbH

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Welt am Sonntag vom 12 - Ansorg Development GmbH
Welt am Sonntag vom 12.9.1999, Nr. 37 Seite 64
Die Invasion der fitten Art
Ausländische Fitnessketten drängen auf den deutschen Markt. Der Vorteil für die Kunden:
mehr Auswahl, niedrigere Preise
Daniela Pfeiffer
Von Daniela Pfeiffer Hamburg - Schlecht und zu teuer. Sabine Janssen reicht es. Sie hat genug von
ihrem Fitness-Studio. Ständig ist der Laden überfüllt, Kurse werden auch so gut wie gar nicht
angeboten und auf die neuesten Trainingsgeräte kann sie hier wohl noch Jahre warten. Ins
Schwitzen bringt sie da allenfalls noch der Preis: Mehr als 100 Mark soll sie künftig zahlen? Das ist
zu viel. Die 26-Jährige wirft das Handtuch und wechselt - zu der südafrikanischen Fitnesskette
Healthland, für 69 Mark monatlich. "Die günstigen Konditionen und das Angebot haben mich
einfach überzeugt", sagt Janssen. Hätte sie sich vertraglich auf zehn Jahre gebunden, läge der
Monatsbeitrag sogar bei nur 11,66 Mark. Wie Healthland entdecken auch andere ausländische
Fitnessketten den deutschen Markt und versuchen, mit günstigen Preisen Kunden zu gewinnen. So
hat sich der britische Marktführer Fitness First mit 50 Prozent bei der Frankfurter Fitness Company
eingekauft und plant, im großen Stil zu expandieren. Die britische Kette Holmes Place, die
Amerikaner 24 Hour Fitness, die Schweizer Kieser Training AG und Swiss Training wollen weitere
Studios eröffnen. Der Grund für das große Interesse, so Gerhard Kronisch, Chef des
Verbandes Deutscher Fitness- & Freizeitunternehmen (VDF): "Die Fitnessbranche ist einer
der wenigen Wachstumsmärkte mit richtig guten Gewinnaussichten." Denn das Geschäft mit
dem Körperkult boomt. Refit Kamberovic, Geschäftsführer des Deutschen Sportstudio
Verbandes (DSSV), glaubt, dass die Zahl der Fitnesstreibenden in den kommenden drei
Jahren von 3,89 Millionen auf fünf Millionen steigen wird, die Zahl der Studios von 5900 auf
7000. Der Umsatz der Branche übertraf im Vorjahr erstmals vier Milliarden Mark, für das
laufende Jahr rechnet der DSSV mit 4,5 Milliarden Mark. Zum Vergleich: 1990 waren es nur
1,6 Milliarden Mark, damals trainierten 1,7 Millionen Deutsche in 4100 Fitnesscentern. Der
hiesige Markt ist für die ausländischen Ketten aus verschiedenen Gründen attraktiv. "Die
Deutschen", sagt der Schweizer Fitnessstudio-Betreiber Werner Krebs, "haben viel Geld, das
sie für Fitness ausgeben können." Außerdem ist die Zahl der Studiomitglieder hier zu Lande
mit weniger als fünf Prozent im internationalen Vergleich noch äußerst gering. In den USA
und Großbritannien sind bereits mehr als zehn Prozent der Bürger Mitglied in einem
Fitnessstudio. So plant die Healthland Germany GmbH, die zum südafrikanischen Multikonzern
LeisureNet gehört und aktuell einen Jahresumsatz von 300 Millionen Mark hat, bis Ende 2000
bundesweit 30 Fitnessstudios in Deutschland. Mark Minter von Holmes Place, die an der
Londoner Börse notiert ist, kündigte an, in den nächsten zwei Jahren für rund 50 Millionen
Mark fünf Anlagen in Deutschland zu eröffnen. Die Fitness Company Freizeitanlagen GmbH
aus Frankfurt will bis Ende des Jahres die 17. Anlage in Deutschland eröffnen. "Unser realistisches
Ziel sind weitere zwölf bis 15 Studios pro Jahr", so Marketingleiter Martin Seibold. Möglich wird
die Expansion mit dem Geld der in London gehandelten Fitness First. Die Umsatzerwartung 1999
liegt bei 40 Millionen Mark, den eigenen Börsengang schließt die Fitness Company nicht aus. Die
Schweizer Ketten Kieser Training und Swiss Training setzen auf Franchising. Die Kieser Training
AG hat europaweit 46 Anlagen, davon 26 in Deutschland, fünf weitere sind noch für dieses Jahr
geplant. "Unser Ziel sind hundert Studios", so Sprecherin Christiane Fritz. Werner Krebs will seine
Swiss-Training-Anlagen mittels Franchising von 53 auf 120 mehr als verdoppeln. DSSV-Chef
Kamberovic bezweifelt jedoch den Erfolg der Ausländer. "Der deutsche Markt verträgt zwar bis zu
acht Millionen Fitnessstudio-Mitglieder, sagt er. "Aber den Amerikanern und Briten fehlt das
Know-how. Die deutsche Mentalität ist eine ganz andere." Gerade mittelständische Betriebe mit
hohem Qualitätsanspruch würden es schwer haben, einige sogar vom Markt verschwinden, darunter
viele Studios ausländischer Ketten. Kamberovic: "Wir werden die gleiche Entwicklung
durchmachen, wie andere Branchen auch: Kleine Betriebe fusionieren, einige machen dicht. Der
Trend geht zum großen Dienstleistungsstudio mit umfassendem Fitnessangebot." Gewinner der
wachsenden Konkurrenz ist mal wieder der Kunde: Die Auswahl steigt, die Preise sinken. "Aber er
muss auch aufpassen", warnt Kamberovic. "Denn mit niedrigen Beiträgen ist es nicht möglich, die
Mitglieder umfassend und kompetent zu betreuen." Noch betreiben nur zwei Prozent aller
deutschen Anbieter mehr als ein Fitnesscenter. Als einziges deutsches Konzept haben sich bislang
die TC Trainingscenter durchgesetzt: 38 Anlagen in der Schweiz und in Deutschland betreut die
Unternehmensberatung von Henrik Gockel und Eduard Paul aus Mainz bereits - vier davon gehören
ihnen selbst, für die anderen haben sie Franchise-Lizenzen vergeben. Doch auch andere deutsche
Studiobetreiber rüsten sich gegen den Einstieg der Multis. So setzt zum Beispiel die Hamburger
Meridian-Gruppe im High-Quality-Sektor auf Expansion. In Hamburg soll Ende des Jahres im
Stadtteil Poppenbüttel das vierte Studio eröffnen, in Berlin sind fünf Anlagen, in Frankfurt,
Wiesbaden, Düsseldorf und Köln weitere Standorte geplant - bis zum Jahr 2006 insgesamt 50. In
drei Jahren will Meridian an die Börse gehen, um zusätzliches Kapital zu beschaffen. "In sieben
Jahren", so Geschäftsführer Holger Rubinck, "wollen wir Marktführer in Deutschland sein."
Wachstumsmarkt mit guten Gewinnaussichten.