Das Deutsche Einheits-Chronometer

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Das Deutsche Einheits-Chronometer
Inhaltsverzeichnis
Das Deutsche Einheits-Chronometer
Vorwort zum Buch.........................................................................................6
Grussworte ........................................................................................................8
Gangräder von ALS und CWW .................................................................... 62
Triebe von Reichel und dem IfU – Vollendung durch Bunse ............ 62
Holzgehäuse ..................................................................................................... 63
Unruh von Grießbach – RGG ....................................................................... 63
Das Deutsche Einheits-Chronometer..................................................11
Gestelle für Lange von Wempe ........................................................... 64
Bezeichnungen und Begriffe.................................................................. 13
Oberflächen-Veredlung ...........................................................................66
Die Vorgeschichte ....................................................................................... 15
A. Lange & Söhne ............................................................................................. 15
Helwig und die DUS ........................................................................................18
Chronometer-Werke G.m.b.H. ...................................................................... 21
Gerhard D. Wempe ..........................................................................................24
Kooperation Lange/Wempe ....................................................................... 26
Der Hitler-Stalin-Pakt.......................................................................................27
Der Übergang zum Einheits-Chronometer .................................... 34
Institut für Uhrentechnik und Feinmechanik – IfU.............................. 34
Jendritzki und das Alu-Anker-Chronometer .............................................37
Wempe und das IfU ....................................................................................... 38
Wempe: Die Neukonstruktion der Neukonstruktion .......................... 39
Dr. Witthöft versus Leutert .......................................................................... 39
Einheits-Chronometer – das erste Jahr ............................................42
Die Zeichnungen ..............................................................................................42
Arbeitsausschuss Seechronometer und B-Uhren ................................. 44
Das Anker-Chronometer des Einheits-Kalibers .......................................45
Ausstoß – Planung 1942 ...........................................................................47
Kriegs-Produktion ....................................................................................... 49
A. Lange & Söhne ............................................................................................ 49
Chronometer-Werke Gerhard D. Wempe ................................................. 51
Nautische Werkstätten Kreuziger & Leutert,
Hanseatische Werkstätten Friedrichs & Co. .......................................... 54
Zusatzprogramm .............................................................................................55
Definition: Rohwerk ....................................................................................... 56
Wer hat Was an Wen geliefert ............................................................ 58
Gangfeder ......................................................................................................... 58
Zifferblätter von Heidenhain, Berlin ......................................................... 58
Gehäuse und Kardan von Lüttgens, Velbert/Rhld. ..............................60
Zeiger von CWW und ALS..............................................................................61
Ketten von CWW und ALS / hilfsweise: IfU – Stahlbänder.................61
Verschönerungsarbeiten .............................................................................66
Von der Vergoldung zum Ringeln ..............................................................66
Feinstgefräst und nicht geringelt ...............................................................67
Schwierigkeiten mit den Zulieferern: ....................................................... 70
Typen des Einheits-Chronometers ......................................................75
1. Typ – Standard-Qualität .............................................................................75
2. Typ – Erste Qualität .....................................................................................76
3. Typ – Sonder-Qualität .................................................................................77
4. Typ – Nachkriegs-Zusammenbau ...........................................................77
Der Aufbau des Einheits-Chronometers ......................................... 79
I. Bau-Gruppe: Das Gehäuse ........................................................................80
II. Baugruppe: Kardanik .................................................................................81
III. Baugruppe: Kasten und Feststellung ..................................................81
IV. Baugruppe: Gestell ................................................................................... 82
V. Baugruppe: Aufzug und Antrieb............................................................ 84
VI. Baugruppe: Lauf- und Zeigerwerk ....................................................... 86
VII. Baugruppe: Auf- und Abwerk................................................................87
VIII. Baugruppe: Zeigerstellung...................................................................87
IX. Baugruppe: Gang ...................................................................................... 88
X. Baugruppe: Steine und Zubehör ........................................................... 88
XI. Baugruppe: Zifferblatt und Zeiger....................................................... 88
XII. Baugruppe: Vollendung......................................................................... 89
XIII. Baugruppe: Unruh-Haltevorrichtung............................................... 89
XIV. Baugruppe: Sekundenkontakt ............................................................90
Unterschiede im Grundsatz und im Detail .....................................91
Hemmung ..........................................................................................................91
Feder-Chronometer .................................................................................91
Anker-Chronometer.................................................................................91
Anmerkung ............................................................................................... 92
Unruh .................................................................................................................. 92
Masse .......................................................................................................... 92
Unruh-Kloben oben ................................................................................ 92
Anmerkung ............................................................................................... 92
Inhaltsverzeichnis
Reglage ............................................................................................................... 93
Mittlere Zeit .............................................................................................. 93
Stern-Zeit ................................................................................................... 94
Unruh-Haltevorrichtung .............................................................................. 95
Anmerkung ...............................................................................................96
Sekundenkontakt/Elektrokontakt .............................................................96
Anmerkung ............................................................................................... 97
Externes Zeigerstell-System ........................................................................ 97
Anmerkung ............................................................................................... 98
Gehäuse ............................................................................................................. 98
Kardan ........................................................................................................ 98
Metallgummi ........................................................................................... 98
Buna-Aufhängung ................................................................................ 102
Tisch-Chronometer ............................................................................... 102
Eisen gegen magnetische Einflüsse ............................................... 102
Verplombung des Chronometers .................................................... 104
Design der Räder ........................................................................................... 104
Original und Fälschung ...........................................................................158
Koordinaten des Deutschen Einheits-Chronometers.............160
Anhang ............................................................................. 166
OKM-Dienstanweisung Nr. 2456
Zeitmeßgeräte der Kriegsmarine ............................................................ 166
Wempe-Verzeichnis für Werkszeichnungen und
Kurzzeichen vom 15. Mai 1946 ...................................................................170
Abkürzungsverzeichnis ................................................................................ 171
Quellenverzeichnis ........................................................................................172
Bildverzeichnis ................................................................................................175
Dokumentenverzeichnis ..............................................................................177
Anlage 1
Wempe-Chronometer/Original-Gangbögen ........................................179
Die Nach-Kriegs-Zeit ...............................................................................106
Das Kriegsende in Glashütte .....................................................................106
335 Chronometer als Reparation für Russland............................106
Das MC 100 .............................................................................................109
Die Hamburger Nachkriegsproduktion ...........................................111
Anlage 2
Deutsche Chronometer für Russland ............................................. 117
Anlage 3
1917 bis 1939 .................................................................................................... 117
„13-Schläger“ .................................................................................................... 118
Russen bei Wempe und Lange................................................................... 118
Rohwerke für Moskau.................................................................................. 120
Der Weg nach Moskau ................................................................................. 121
Wempe-Verzeichnis der Werkszeichnungen vom 27. März 1947,
Gegenüberstellung der alten und neuen Nummern ....................... 201
Das Russische Einheits-Werk – 3 Gruppen....................................122
Das Deutsche Einheits-Chronometer in russischem Gewand.........123
Das 6 MX ...........................................................................................................129
Das 6 MX und das Deutsche Einheits-Chronometer im Vergleich ...... 131
Das Anker-Chronometer des Russischen
Einheits-Werkes ..............................................................................................142
Kurze Geschichte der Navigation..............................................................143
Astronomische Flugzeug-Navigation seit den 1920er Jahren ...144
Die 1920/30er Jahre mit den Libellen-Sextanten von Coutinho .....145
Die 1940er Jahre mit dem Sold-Oktanten von C. Plath .................146
Die 1950er Jahre mit den Periskop-Sextanten ............................. 149
Das 20 ЧП ........................................................................................................ 151
Das 13 ЧП ..........................................................................................................152
Das Deutsche Einheits-Chronometer von A. Lange & Söhne/
Versandbuch Original, ergänzt um Daten aus den Reglagebücher
von Paul Thielemann ................................................................................... 181
Anlage 4
Wempe-Zeichnungen zum Deutschen Einheits-Chronometer ......204
Die Vorgeschichte
„1 Stück: Marine-Chronometer, großes Format, ohne
cardanische Aufhängung mit elektrischem SekundenKontakt, reguliert auf Sternzeit, Mahagoni-Innenkasten, Attest der Deutschen Seewarte-Hamburg 1,
Schutzkasten mit Tragriemenverschluß“
Bereits „1933 erhielt A. Lange & Söhne den Auftrag,
ein Versuchsmodell anzufertigen mit den Bedingungen: Ankergang bei gleicher Größe von Unruh und
Spirale wie bisher, statt 56stündiger eine nur 36stündige Gangdauer bei Fortfall von Schnecke und Kette
und außerdem eine Zeigerstellmöglichkeit von außen,
so dass beim Stellen der Zeiger der Glasrand nicht
mehr abgenommen werden müsse. Es soll aber versucht werden, das Auf- und Abwerk vereinfacht beizubehalten. Anstatt des Kardanringes soll es nur eine
Aufhängung zum Zweck des Aufziehens in der Achse
XII – VI geben.“ 16, S. 286
Nach diesen Vorgaben wurde ein erstes Chronometer, mit der Nr. 692, am 27. März 1934 an die
Deutsche Seewarte in Hamburg ausgeliefert. Das
Versandbuch-Original weist dazu aus: „MarineChronometer, grosses Format, mit Ankergang, jedoch ohne Schnecke, ohne Auf- und Abwerk, s.
Schr. v. 9.11.33, mit Mahagoni-Innenkasten.“ Und
im Briefkopf steht: „Auftrag vom 20.11.1933, No.
4895 des Empfängers“. 18
Bild 3:
ALS , Serien-Nr. 271:
„Normal-Chronometer“,
Marine-Chronometer mit
kardanische Aufhängung im
Mahagoni-Holzkasten
16
Zeigerstellvorrichtung seitwärts außen, Grad-Mechanik nach Bauart der Grad-Taschenuhren, mit zentraler
Zeiger-Anordnung, mit Überkasten und Tragriemenverschluss“17
A. Lange & Söhne baute das „Normal-Chronometer“ auch als Boden-Chronometer mit Elektro-Kontakten in einem Holzkasten mit Schiebedeckel für die
Luftwaffe und auf Anforderung der Industrie.
So wurde das ALS mit der Serien-Nummer 571 (Bilder 5–8) auf Anforderung der „Firma Askania-Werke
A.-G., Berlin-Friedenau“ gebaut. Im VersandbuchOriginal vom 15. April 1927, Seite 07337, heißt es
dazu:
„Im Reichsluftfahrtministerium, dem die Deutsche
Seewarte seit 1934 unterstellt war, entstand der
Wunsch nach preiswerteren, zuverlässigen und erschütterungs- und stoßunempfindlicheren Zeitmessern
für die Luftwaffe. Sie sollten ein zuverlässigeres Gangverhalten zeigen als es von Chronometern mit Federhemmung bei häufigen Transporten zu erwarten war.
Ein erstes Versuchschronometer, dessen Entwicklung
der Leiter der Abteilung IV in der Deutschen Seewarte, Dr. A. Repsold, veranlasste und von A. Lange &
Söhne (Nr. 692) gebaut wurde, hatte im Jahr 1934/35
außerhalb einer Wettbewerbsprüfung die gestellten Erwartungen erfüllt. Das Chronometer Nr. 691 durchlief
die 59. Wettbewerbsprüfung 1935/36 und bestätigte
die Resultate vom Vorjahr.“ 19
Die Anregung zur Entwicklung des Chronometers mit
Ankergang kam von Dr. Repsold. Das geht auch aus dem
Jahresbericht des Geodätischen Instituts Potsdam von
1937-38 hervor. Dort heißt es unter „Instrumentensammlung“: „Folgende Apparate wurden neu beschafft …
1 Repsold-Anker-Chronometer von Lange & Söhne“. 19
A. Lange & Söhne
Das Chronometer Nr. 691 ist am 31. Dezember 1936
mit der Zifferblatt-Gravur: F.N. Tietz – Kiel Nr. 2029
an die Fa. Tietz ausgeliefert worden. Das Versandbuch-Original trägt u.a. den Hinweis: „Wir empfingen
Ihr Schreiben v. 29. ds. Mt. und vermerkten uns daraus, dass Sie das geprüfte Marine-Chronometer Nr.
2029 von der Seewarte abgenommen haben.“ 20
Dr. E. Lange, der von 1941 bis 1961 Leiter des Zeitdienstes an der Deutschen Seewarte und deren Rechtsnachfolgern war, äußert sich in einem nicht datierten
Schreiben zu den Anker-Chronometern: „Das Ankerchronometer ist während des Krieges mehr oder weniger auf Verlangen der Luftwaffe geschaffen worden.
Dr. Repsold war hieran maßgeblich beteiligt. Wegen
technischer Schwierigkeiten konnten die ersten Serien
dieser Ankerchronometer nur mit 32 Stunden Laufzeit
und erst spätere Serien mit der normalen Chronometerlaufzeit von 56 Stunden ausgerüstet werden. Nach
dem Krieg ist die Herstellung von Ankerchronometern, die wohl gegen Stöße und Erschütterungen verhältnismäßig unempfindlich sind, nicht wieder aufgenommen worden.“ 19
In der Folgezeit hat A. Lange & Söhne mit dem neu
entwickelten Anker-Chronometer verschiedene Komplikationen getestet:
Im Auftrag der Deutschen Seewarte erhielten die
Serien-Nummern 693, 694 (Bilder 9, 10), 696, 697
und 69821 – neben der Zeigerstellvorrichtung seitwärts
außen – eine Gradzahl-Mechanik mit einem GradzahlZifferblatt 22, 23 und folgende Umlaufzeiten der Zeiger:
Bild 4:
ALS, Serien-Nr. 271:
„Normal-Chronometer“,
Feder-Chronometer,
Schnecke und Kette,
Werkansicht
Grad-Minuten-Bogenzeiger, in 4 Minuten ein Umlauf
großer Grad-Zeiger: in 4 Stunden ein Umlauf
● kleiner Grad-Zeiger, in 12 Stunden ein Umlauf
●
●
Im Auftrag der Luftwaffe hat das Chronometer 699
folgende Spezifikation: „Marine-Chronometer für
Transporterprobung, mit gewöhnlicher Kardanaufhängung und eine solche mit Federring, beide auswechselbar, Grad-Mechanik, mit Ankergang“ 24
Ende 1935 definierte Paul Thielemann – in einer
handschriftlichen Notiz – die Kriterien für die Serienfertigung dieses Chronometers:
„November 1935: Auftrag: Es soll ein Ankerchronometer gebaut werden und nach 2 Gesichtspunkten
angelegt werden. Bedingungen: Durch entsprechende
Anlage soll ermöglicht werden: 1. für normale Sekunden und Zeitangabe, sowie 2. für Gangbogensekunde
aus der Mitte möglichst viel gleiche Struktur, gleiche
Anlage zu schaffen (fw. 1 u. 2 kombiniert)
Bild 5:
ALS, Serien-Nr. 571:
„Normal-Chronometer“ mit
Elektro-Kontakten, Werkaufbau
17
Helwig und die DUS
Bild 8, oben:
ALS, Serien-Nr. 571:
„Normal-Chronometer“
als Lw-Boden-Chronometer im
geschlossenen Mahagoni-Kasten
mit Schiebedeckel.
Bild 9, oben:
ALS, Serien-Nr. 694:
„1000er Serie“ BC 300 mit
Gradzahl-Zifferblatt,
kardanische Aufhängung im
Mahagoni-Holzkasten
Bild 10, rechts:
ALS, Serien-Nr. 694:
„1000er Serie“ BC 300,
Werkansicht
19
Die Vorgeschichte
Bild 11, oben:
Helwig-Chronometer:
„D.U.S. Glashütte (Sa.) –
Deutsche Seewarte Hamburg – 1936“,
Zifferblatt
20
Bild 12, unten:
Helwig-Chronometer:
„D.U.S. Glashütte (Sa.) –
Deutsche Seewarte Hamburg – 1936“,
Werkansicht
und Alfred Helwig, Studienrat an der DUS, gekommen sei. Grund für derartige Verstimmungen waren
Spezialkonstruktionen für Marine-Chronometer, die
Helwig für die Deutsche Seewarte baute. Aufzeichnungen aus dieser Zeit liegen nicht mehr vor. Aber die
„Handschrift“ von Alfred Helwig als Konstrukteur
von Chronometern und sein enger Bezug zur Seewarte
sind erhalten geblieben 29.
Den Autoren sind vier Spezial-Konstruktionen bekannt, die Helwig im Auftrag der Deutschen Seewarte
konstruiert und gebaut hat: Das Chronometer mit der
Zifferblatt-Beschriftung: „Deutsche Seewarte Hamburg No 18“ und der Nr. 3991 der Deutschen Uhrmacherschule (DUS) ist im Deutschen Uhrenmuseum
Glashütte ausgestellt.
Das „D.U.S. Glashütte (Sa.) – Deutsche Seewarte
Hamburg – 1936“ (Bilder 11 u.12) befindet sich ebenfalls im Glashütter Uhrenmuseum. Es ist ein AnkerChronometer mit einem Grad-Zifferblatt. Die Einteilung des Zifferblattes in 180 Grad mit einem Umlauf
in 12 Stunden weist dieses Chronometer als MarineChronometer aus. Die Luftwaffe bevorzugte Chronometer und B-Uhren mit einer 360-Grad-Teilung und
einem Umlauf in 24 Stunden.
Dieses Chronometer hat zwei Werks-Platinen, die
über vier Pfeiler miteinander verbunden sind, und
zusätzlich eine auf drei Pfeilern ruhende ZifferblattPlatine.
Ein weiteres Beispiel ist das Anker-Chronometer
mit einem 12-Stunden Normalzeit-Zifferblatt und
der Aufschrift: „Deutsche Seewarte Hamburg. No.
32“ (Bild 13). Das Werk ist signiert mit: „Deutsche
Uhrmacherschule Glashütte Sa.“ (Bild 14). Auch
dieses Chronometer hat drei Platinen, die WerksPlatinen und eine Zifferblatt-Platine. Die beiden
Werks-Platinen sind jedoch nur mit drei Pfeilern
miteinander verbunden. Die Zifferblatt-Platine ruht
ebenfalls auf drei Pfeilern. Dieses Chronometer ist
das erste Drei-Pfeiler-Werk aus deutscher Produktion.
Der Fachdisput über Werke mit vier oder drei Pfeilern bei Taschenuhren begann schon mit Moritz Großmann in seiner Preisschrift „Abhandlung über die
Konstruktion einer einfachen, aber mechanisch vollkommenen Uhr“. 1941 griff Georg Grabe mit seinen
„Betrachtungen eines praktischen Uhrmachers über
die Konstruktion und Herstellung der Uhr“ 30 diese
Diskussion kritisch auf: „Als Fehlkonstruktion ist die
Glashütter Uhr hinsichtlich ihrer Dreiviertelplatine
und der vier Pfeiler anzusehen.“
Chronometer-Werke G.m.b.H.
Otto Thielemann nahm 1942 dazu in: „Dreivierteloberplatte mit 3 oder 4 Pfeilern? – Zur Konstruktion der Glashütter Taschenuhren“ 31 Stellung: „Der
vierte Pfeiler war notwendig geworden, um die auftretenden Unsicherheiten besser zu beseitigen, als dies mit
nur drei Pfeilern möglich war. Durch seine Anordnung
wurde gleichzeitig das lästige und gefährliche Kippen
der Oberplatte während des Zusammensetzens der
Uhr beseitigt; mancher Zapfen und Lochstein wurde
dadurch vor dem Zerbrechen bewahrt.“
Und er fügte hinzu: „In den Seechronometern, die
aus den gleichen Gründen fast immer vier Pfeiler aufweisen, stehen zwei davon so dicht beieinander, dass sie
beinahe als ein Stützpunkt betrachtet werden können.
Dadurch kommt man der Dreipunkt-Unterstützung
ziemlich nahe, vermeidet aber das soeben Freistehen
und Kippen der Oberplatte.“
Das in der Deutschen Uhrmacherschule Glashütte
konstruiert und gebaute Anker-Chronometer mit der
Zifferblatt-Beschriftung: „Deutsche Seewarte Hamburg. No. 33“ wurde anlässlich seiner Versteigerung
bei Crott-Muser am 12. November 1994 im UhrenJournal 5/94 mit sechs Abbildungen beschrieben. Es
ist ebenfalls ein Drei-Pfeiler-Werk, unterscheidet sich
aber in seiner Werkskonstruktion vom „DS 32“.
Chronometer-Werke G.m.b.H.
Am 6. Oktober 1905 gründeten Hamburger und
Bremer Reeder sowie der Hamburger ChronometerMacher Ferdinand Dencker die „Chronometerwerke
G.m.b.H. – Fabrikation von Marinechronometern
und Schiffsuhren auf maschinellem Wege“.
Das erklärte Ziel von Dencker war es, „die Chronometer nicht, wie etwa in England, nach handwerklichen Gesichtspunkten in Einzelanfertigung von
Spezialisten für jeden Arbeitsgang in Heimarbeit herzustellen, sondern von Maschinen in höchstmöglicher,
gleichbleibender Qualität.“ 19, S. 4
Er erreichte sein Ziel nicht, denn dazu wäre nach seiner eigenen Einschätzung eine Produktion von jährlich
mindestens 200 Chronometern erforderlich gewesen –
eine Zahl, die weit über dem deutschen Bedarf lag und
nicht annähernd erreicht wurde.
Wegen Unstimmigkeiten mit anderen Teilhabern und
auch mit Glashütter Uhrenbetrieben schied Dencker
am 8. Januar 1908 aus der Firma aus. Ernst William
Meier folgte ihm als Geschäftsführer. Unter Meier erholten sich die auch finanziell angeschlagenen Chronometerwerke und er verbesserte die Zusammenarbeit
Bild 13, oben:
Helwig-Chronometer:
„Deutsche Seewarte Hamburg.
No 32“, Zifferblatt
Bild 14, unten:
Helwig-Chronometer:
„Deutsche Seewarte Hamburg.
No 32“, Werkansicht
21
Die Vorgeschichte
Bild 15:
„Chronometer-Werke G.m.b.H. - No. 482“
im dreiteiligen Mahagoni-Kasten
Bild 16:
„Chronometer-Werke G.m.b.H. –
No. 482“
Werk-Seitenansicht
mit drei Platinen
22
mit Glashütte. So holte er Alfred Helwig von März
1908 bis August 1909 nach Hamburg und ab 1910
bezog er auch Unruhen von Grießbach.
Bereits 1907 wurden die ersten sechs „rein deutschen“ Chronometer der Chronometer-Werke zur 32.
Wettbewerbsprüfung an die Deutsche Seewarte eingeliefert. Sie erreichten jedoch nicht das erstrebte Prüfungsziel, da deren – so die Seewarte – „aus dem hier
vorhandenen Nickelstahl hergestellten Unruhen in
Chronometern nicht verwendet werden könnten, weil
diese Unruhen wegen der ungeeigneten Zusammensetzung der Legierung bei Temperatur-Regulierung
durchaus versagten.“ 19, S. 6f
Unter Meier wurden bei der Chronometer-Werke
G.m.b.H. vornehmlich Chronometer nach französischer Bauart hergestellt. Wesentliches Kriterium dafür
sind die Konstruktion des Auf- und Abwerkes und die
drei Kloben auf der Unterseite der unteren Werkplatte,
die eine auf drei Pfeilern gelagerte dritte Platine für das
Zifferblatt erforderten.
Ein Beispiel dafür ist das Chronometer: „CHRONOMETER-WERKE, G.M.B.H., HAMBURG. No:
482“ aus dem Jahr 1912 32 (Bilder 15-18).
1927, zwei Jahre vor dem Tod von E.W. Meier, folgte ihm Charles Heinrich Möller für zehn Jahre als Geschäftsführer. Dieser wurde von Friedrich Leutert abgelöst, der die Firma in die „Chronometer-Werke – Gerh.
D. Wempe Hamburg“ überführte. Leutert war ein
Schüler von C.H. Möller und hat vom 14. Mai 1930
bis zum 13. Juli 1931 als Meisterschüler von Alfred
Helwig die Deutsche Uhrmacherschule in Glashütte
besucht. Das von ihm dort gebaute Tisch-Chronometer ist in der Zentrale von Gerh. D. Wempe in Hamburg ausgestellt.
Unter Möller wurde die Produktion der Chronometer-Werke auf die „Glashütter Bauart“ umgestellt. Ein
Beispiel dafür ist das Chronometer:
„CHRONOMETER-WERKE, G.M.B.H., HAMBURG. No: 1998“ aus dem Jahr 1936 33 (Bilder 19-21).
Die Chronometer-Werke haben, wie auch andere
Chronometer-Macher diese Zeit, neben ihren „Standard-Uhren“ eine größere Anzahl an Sonderkonstruktionen gebaut.
Das Anker-Chronometer des Einheits-Kalibers
Das Anker-Chronometer des Einheits-Kalibers
Neben dem klassischen Feder-Chronometer gab es
auch das „Ankerchronometer des Einheitskalibers“.
Dazu heißt es in der Niederschrift über die Sitzung
des Arbeitsausschusses Seechronometer und B-Uhren
am 26. Oktober 1942: „Das OKM hat sich auf Vorschlag des Ausschussleiters (Dr. Witthöft, d. Verf.) bereit
erklärt, auch Ankerchronometer in Empfang zu nehmen.
Der Vorschlag wurde aufgrund der Tatsache unterbreitet,
dass die Fertigung von Ankerchronometern gegenüber
den Federchronometern eine Arbeitszeitersparnis von
20% bedeuten würde. Diese Arbeitszeitersparnis wird
erreicht durch den Fortfall der Gangfeder und durch Erleichterungen bei der Reglage. Das OKM hat allerdings
die Einschränkung gemacht, dass Ankerchronometer nur
auf Schiffen angesetzt werden sollen, die starken Erschütterungen ausgesetzt sind. Darüber hinaus ist das OKM
damit einverstanden, dass der Handelsschifffahrt Ankerchronometer geliefert werden, wobei zu erwähnen sei,
dass nur die Deutsche Seewarte über evtl. Lieferungen
an die Handelsmarine entscheidet. Privatgeschäfte gibt
es auch auf diesem Sektor nicht. Das zur Lieferung frei-
Dokument 17:
CWW-Z „Hemmung für
Ankerchronometer“
vom 3. Februar 1941
Bild 31, oben:
CWW 3551
Unterseite der Oberplatte
Bild 32, rechts:
CWW 3551
Unruhkloben,
Anker-Chronometer
45
Einheits-Chronometer – das erste Jahr
Bild 33:
CWW 2944
Anker-Chronometer
Werkansicht
Bild 34:
CWW 3551
Hemmungsteile
46
gegebene Instrument ist das Ankerchronometer des Einheitskalibers (Dokument 17). Es weist eine 56-stündige
Gangdauer auf und muss den Prüfgrenzen der Deutschen
Seewarte entsprechen. Die Fa. Leutert wird auf Antrag
mit ihrer gesamten Fabrikation für die Fertigung des Anker-Chronometers eingeschaltet.“ 4, S. 3
Diese Passage ist aus zwei Gründen bemerkenswert:
1. Die auf Dr. Witthöft zurückgehende Einschränkung auf das Ankerchronometer des Einheitskalibers,
das heißt auf den Typ 04 von Wempe. Das bewährte
und zu dieser Zeit noch von Lange gebaute AnkerChronometer der „1000er Serie“ ist damit nicht mehr
zur weiteren Lieferung an das OKM frei gegeben. Ein
sachlicher Grund dafür könnte sein, dass wesentliche
Elemente der Typen 04 und 05 baugleich waren.
2. Die Anregung, dass die Hamburger Firma „Nautische Werkstätten Kreuziger & Leutert“ „auf Antrag mit ihrer gesamten Fabrikation für die Fertigung
des Anker-Chronometers eingeschaltet“ wird. Dafür
spricht, dass Leutert ein entschiedener Verfechter des
Anker-Chronometers war. Die Ausstoß-Planung der
Seewarte sieht jedoch für die Nautischen Werkstätten
eine Produktion von 36 Marine-Chronometern – mit
Feder-Hemmung – für das Jahr 1943 vor. Ob die Nautischen Werkstätten mit ihrer gesamten Fabrikation
Anker-Chronometer hergestellt haben, ist offen. Unterlagen darüber gibt es nicht mehr.

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