Virtuelle Wirtschaftssysteme

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Virtuelle Wirtschaftssysteme
Virtuelle Wirtschaftssysteme
Hauptseminar 3D-Modellierung und Virtuelle Präsenz
Universität Ulm
Sommersemester 2007
Dominik Guggemos
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
3
2. Wirtschaftssysteme in MMORPGs
4
3. Real Money Trading
5
3.1. Beispiele
5
3.2. Auswirkungen des Real Money Trading
7
3.3. Standpunkte
8
3.4. Maßnahmen der Hersteller
9
3.5. Ist Real Money Trading legal?
11
3.6. Steuern auf virtuelle Güter und Transaktionen
11
4. Wirtschaftssysteme in Online-Welten
12
5. Ausblick
14
6. Quellenverzeichnis
15
7. Abbildungsverzeichnis
15
2
1. Einleitung
Virtuelle Welten erfahren in letzter Zeit einen enormen Zulauf, das liegt hauptsächlich daran, dass
die Welten durch immer bessere Technik realistischer werden. Dazu gehört auch ein Wirtschaftssystem, das immer mehr einer realen Wirtschaft gleicht. Um jedoch die reale Wirtschaft auf die
virtuelle Welt zu übertragen, müssen einige Voraussetzungen erfüllt sein. Am wichtigsten ist dabei
der Besitz. Die Bewohner einer virtuellen Welt müssen Eigentum besitzen können, welches
natürlich auch erhalten bleibt, wenn die virtuelle Welt verlassen wird. Ebenso elementar ist der
Handel. Bewohner müssen in der Lage sein, mit anderen Bewohnern oder auch mit vom Computer
gesteuerten Charakteren Handel zu treiben. Damit der Handel funktioniert und überhaupt Sinn
macht, ist es notwendig, dass sich Charaktere spezialisieren können, also Berufe erlernen können.
Nur so kann jemand etwas herstellen oder besitzen, was nicht jeder andere bereits hat. So entstehen
in virtuellen Welten Wirtschaftssysteme, die den realen Wirtschaftssystemen immer mehr ähneln.
Im folgenden werden die Wirtschaftssysteme von Online-Rollenspielen, sogenannten Massively
Multiplayer Online Role-Playing Games (MMORPG), und Online-Welten näher betrachtet.
Darüber hinaus wird die Verbindung der virtuellen Wirtschaftssysteme mit der realen Welt näher
untersucht.
3
2. Wirtschaftssysteme in MMORPGs
Ein funktionierendes Wirtschaftssystem ist mittlerweile fester Bestandteil eines modernen OnlineRollenspiels. Es lässt sich auch beobachten, dass die Wirtschaftssysteme zunehmend komplex
werden. Wurden in den Anfängen die Preise vom Entwickler nach eigenen Abschätzungen festgelegt, basieren die Preise heute auf einem komplexen System von Angebot und Nachfrage. Das
macht das Spiel und inbesondere den Handel mit Waren um einiges realistischer. So kann man sich
zum Beispiel darauf konzentrieren, eine Ware, die nur selten auf dem Markt zu finden ist, zu produzieren und diese zu einem hohen Preis verkaufen. Das macht das Spiel natürlich interessanter und
auch für längere Zeit spielenswert. Auf diese Art entstehen Produktionsketten, die mit dem Abbau
von Rohstoffen beginnen und über mehrere Zwischenprodukte zum fertigen Endprodukt führen.
Ein Beispiel dafür ist die Herstellung eines Schwertes: der Prozess beginnt mit dem Abbau von
Eisenerz, dieses wird in einer Eisenschmelze zu Roheisen verarbeitet und schließlich entsteht in der
Schmiede das Schwert. Solche Abläufe finden sich eigentlich eher in Aufbauspielen. Hinzu kommt,
dass der Charakter im Spiel sich auf ein bestimmtes Gebiet spezialisieren kann, also Berufe erlernen
kann. Somit hat man Vorteile gegenüber anderen Spielern und kann Gegenstände erschaffen, zu
denen anderen die Fähigkeiten fehlen.
Abbildung 1: Berufe in World of Warcraft
Wichtiges Kennzeichen eines virtuellen Wirtschaftssystems ist die virtuelle Währung. Die Art der
Währung richtet sich dabei nach dem Genre des Spiels, so findet man in Fantasy-Spielen meist
Goldmünzen und in Sciencefiction-Spielen eher Credits. Die Währung dient zum Tausch von Gegenständen wie Waffen, Rüstungen, Zaubersprüchen und Zaubertränken.[1]
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3. Real Money Trading
Das Real Money Trading bezeichnet den Tausch von virtuellen Gütern gegen echtes Geld. Plattform für diese Art von Handel sind zum einen Online-Auktionshäuser wie eBay und zum anderen
extra für diesen Zweck eingerichtete Seiten wie playerauctions.com, auf denen nur virtuelle Gegenstände gehandelt werden. Am häufigsten wird virtuelle Währung gegen echte getauscht, aber es
werden auch komplette Charaktere, Waffen, Rüstungen, Kleidung, Zaubersprüche und je nach Spiel
auch Immobilien und Grundstücke angeboten.
Der Handel mit Avataren gestaltet sich derart, dass Spieler ihre voll entwickelten Avatare verkaufen. Meist sind diese auf dem höchst möglichen Level und mit sehr guten Gegenständen und Fähigkeiten ausgestattet. Der Tausch läuft so ab, dass der Verkäufer nach Erhalt des Geldes die Zugangsdaten für den Avatar übermittelt, der Käufer ändert die Zugangsdaten und der Avatar gehört ab
sofort ihm.
Beim Handel mit Items sammeln Spieler Gegenstände für die sie selbst keine Verwendung haben.
Diese werden dann entweder im Spiel getauscht oder bei Online-Auktionshäusern verkauft. Die Palette reicht von Waffen und Rüstungen über Heiltränke bis zu Zaubersprüchen. Es kommt auch vor,
dass Profispieler rare Gegenstände gegen Bezahlung erspielen.[2]
3.1. Beispiele
Es folgen einige Beispiele von Auktionen für virtuelle Güter, die zum Kauf angeboten werden.
Abbildung 2: Auktion eines Level 70 Orkkriegers aus World of Warcraft
An den Beispielen sieht man, dass es bei den Auktionen durchaus um beachtliche Beträge geht. Vor
allem komplette Charaktere erzielen, wenn sie auf dem höchsten Level sind und gute Ausrüstung
besitzen, einen erstaunlichen Preis. Bemerkenswert ist auch, dass selbst für Spiele, die keine monatliche Gebühr kosten (zum Beispiel Guild Wars) oder sogar komplett kostenlos sind, Charaktere und
Gegenstände verkauft werden.
5
Dass der Handel floriert, erkennt man schon an der enormen Zahl der Internetseiten, auf denen
virtuelles Geld zum Kauf angeboten wird. Eine Suche nach „WoW Gold“ bei Google liefert ca 18
Millionen Treffer.
Abbildung 3: Artikel zum Spiel Guild Wars bei eBay
Das virtuelle Gold ist so begehrt, dass die Wechselkurse dafür zum Teil höher sind als für reale
Währungen. Dieser Vergleich hinkt zwar etwas, aber man bekommt zumindest eine Ahnung davon,
welchen Wert virtuelle Währungen inzwischen erlangt haben.
Wechselkurse virtueller und
echter Währungen
Für 1 USD
World of Warcraft EU gold
7,69
World of Warcraft US gold
10,2
Guild Wars gold
8333,33
EverQuest 2 gold
5,88
Swedish krona
7,72
Japanese yen
116,31
Mexican peso
10,59
Abbildung 4: Wechselkurse
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3.2. Auswirkungen des Real Money Trading
Es ist unbestritten, dass das Real Money Trading Auswirkungen auf das Spiel und vor allem auf die
virtuelle Wirtschaft im Spiel hat. Da sich nun auch Spieler mit niedrigeren Leveln eine große
Menge Gold kaufen können, gerät die Wirtschaft aus dem Gleichgewicht. Anstatt sich Geld und
Gegenstände mühsam in stundenlanger Kleinarbeit zu erspielen, indem Gegner getötet oder Quests
erfüllt werden, bietet das Real Money Trading die Möglichkeit, schon mit wenigen Klicks „reich“
zu sein. Eine konkrete Auswirkung davon ist die Mudflation. Mudflation setzt sich zusammen aus
MUD, was für Multi User Dungeon steht, die Vorgänger der heutigen Online Rollenspiele, und Inflation. Der Begriff beschreibt den Wertverlust der Währung und die Abwertung der Nützlichkeit
von Gegenständen. [3]
Da nun virtuelle Gegenstände einen Gegenwert in echter Währung haben, sehen einige Spieler die
Möglichkeit, sich durch den Verkauf von Gegenständen oder Charakteren einen Nebenverdienst zu
ermöglichen. Diese Spieler sind dann meist stundenlang im Spiel unterwegs und haben nur das Ziel,
möglichst viel Geld und Gegenstände anzusammeln, um diese dann gewinnbringend zu verkaufen.
Dieses Vorgehen wird auch als Looting bezeichnet. Das Wort stammt aus dem Englischen und
bedeutet so viel wie Plündern. Da dieses Erspielen jedoch meist mühsam und zeitaufwändig ist,
werden dazu gerne Programme, sogenannte Bots, eingesetzt, die dem Spieler die Arbeit abnehmen
und das Töten von Gegnern und das Sammeln von Gegenständen automatisieren. Solche Programme sind jedoch von allen Herstellern strengstens untersagt und es droht die Sperrung des Accounts,
falls ein Spieler beim Benutzen eines Bots ertappt wird. Der Einsatz solcher Cheatprogramme ist
allerdings nicht die einzigste Form des Missbrauchs, beim sogenannten Duping werden Gegenstände unerlaubterweise dupliziert und anschließend an andere Spieler verkauft. Da solche Vorgänge
vom Hersteller meist nicht unentdeckt bleiben, wird der duplizierte Gegenstand in der Regel wieder
aus dem Spiel entfernt. Die kriminellen Machenschaften führen sogar schon so weit, dass sich im
Spiel Gruppen oder Banden zusammenschließen und nichts ahnende Spieler überfallen und von
ihnen Geld erpressen. Diese Vorgehensweise ist auch als „Virtual Mugging“, der „virtuelle
Überfall“, bekannt.
Organisiert und in großem Stil betrieben wird auch das „Farming“, was zum Ziel hat durch das
Erspielen von Gegenständen im Spiel einen möglichst großen Profit zu erwirtschaften. Betrieben
wird das Farming von kleinen Firmen, die
mehrere Spieler einstellen, um in einem Onlinespiel möglichst viele Gegenstände und
Geld zu sammeln. Diese Spieler sind häufig
billige Arbeitskräfte, Arbeitslose oder
Schüler, die durch das Spielen versuchen
ihren Lebensunterhalt zu verdienen. Dabei
müssen sie oft 12 Stunden am Tag spielen
und werden danach abgelöst, sodass die
Rechner in einer 24h-Schichtarbeit nie stillstehen. Als Gegenleistung bekommen sie
einen Platz zum Schlafen, etwas zu Essen
und einen eher geringen Lohn. Das Farming
ist vor allem in China sehr verbreitet, wo die
Arbeitskräfte besonders billig sind. Es sind
sogar Fälle bekannt bei denen Schüler ihren Abbildung 5: "Goldfarm" in China
Personalausweis abgeben müssen bevor sie
angenommen werden und damit dem Betreiber der „Goldfarm“ ausgeliefert sind. [4][5]
7
Eine weitere Form des Missbrauchs, die immer mehr aufkommt, ist das „Power Leveling“. Damit
ist das professionelle Hochspielen von Charakteren gemeint. Genutzt wird dieses Angebot von
Spielern, welchen das Hochspielen des Charakters zu mühsam und zeitaufwändig ist. Diese Arbeit
wird dann von Profis übernommen, die den Charakter in einigen Tagen auf das höchste Level
bringen. Auch das geschieht wieder in Schichtarbeit um möglichst schnell zum Ergebnis zu
kommen. Dieses Hochspielen ist für den Besitzer des Charakters jedoch nicht ganz billig, so kostet
zum Beispiel das Leveln eines World of Warcraft Charakters von Level 1 bis Level 70 ungefähr
300€.[6] Eine Neuheit auf diesem Gebiet ist der sogenannte Charakter-Generator von
gameconomy.de. Dort kann sich jeder seinen Charakter nach den eigenen Wünschen
zusammenstellen, wie etwa den gewünschten Endlevel oder zu erlernende Berufe.
Abbildung 6: Charaktergenerator von gameconomy.de
3.3. Standpunkte
Unter den Spielern der Online-Rollenspiele ist über das Real Money Trading eine Diskussion entbrannt, die hunderte Seiten in Foren und Blogs füllt. Die eine Seite welche im Looting, Farming
und Leveling nichts Unrechtes sieht, rechtfertigt ihre Meinung damit, dass es Spieler gibt, die nicht
genug Zeit oder Geduld haben mehrere Stunden zu spielen um ihren Charakter zu verbessern oder
um Gold zu sammeln, aber trotzdem im Spiel weiterkommen möchten. Spieler die ihren Charakter
verkaufen sehen das Geld, das sie dafür bekommen, als Entschädigung für die Zeit, die sie in das
Spiel gesteckt haben. Andere sehen das Spielen nur als Nebenverdienst, zum Beispiel um die monatlichen Kosten des Spiels zu decken. All das wird jedoch von der anderen Seite verurteilt und
sollte nach deren Meinung auf das Härteste verfolgt werden. Spieler, welche die Möglichkeit nutzen
und Gegenstände oder Gold für echtes Geld erwerben, werden als Spielverderber gebrandmarkt und
ihnen wird vorgeworfen das Gleichgewicht des Spiels und den Spielspaß für andere „ehrliche“
8
Spieler zu zerstören. Es ist in der Tat so, dass Portale zu sogenannten Lootspots, das sind bestimmte
Gebiete in der virtuellen Welt in denen sich besonders schnell und viel Gold erbeuten lässt,
zeitweise von Goldfarmern blockiert werden, damit jene ungestört ihrer Arbeit nachgehen können.
Um so etwas zu vermeiden, verlangen die Spieler vom Hersteller Maßnahmen gegen solche Farmer
und Betrüger im Spiel.
Von Seiten der Hersteller ist das Real Money Trading meist in der EULA (Endbenutzerlizenzvereinbarung) verboten. Jedoch sind auch die Leute, die Real Money Trading betreiben zahlende
Kunden und der Hersteller in gewissem Sinne auf sie angewiesen. Auch wenn dadurch das Wirtschaftsgleichgewicht gestört und die Hersteller dem durch Korrekturen an der virtuellen Ökonomie
entgegenwirken muss, ist es nicht leicht sich von ihnen zu trennen. Was passiert jedoch wenn ein
Gegenstand durch einen Serverabsturz verloren geht? Schadensersatzansprüche haben kaum
Aussicht auf Erfolg, da die Hersteller sich in ihrer EULA damit absichern, dass alle Gegenstände
und Figuren im Spiel Eigentum des Entwicklers sind. Viele Spieler sind sich nicht bewusst, dass sie
nicht Eigentümer der gesammelten Gegenstände sind und diese somit auch nicht verkaufen dürfen.
Die Hersteller vertreten den Standpunkt, dass die Spieler, solange sie bezahlen und nicht gegen
Regeln verstoßen, nur ein Nutzungsrecht an ihren Accounts haben.
3.4. Maßnahmen der Hersteller
Da das Real Money Trading immer weiter am Wachsen ist und für die Hersteller zunehmend zum
Problem wird, versuchen sie sich gegen Betrüger zu wehren, zum Teil auch mit zweifelhaften Maßnahmen. Hierzu ein Ausschnitt aus den Anti-Cheat-Bestimmungen von Blizzard:
„Während der World of Warcraft Client (der Client) ausgeführt wird, kann der Client
den Arbeitsspeicher (RAM) Ihres Computers und/oder die CPU Ihres Computers nach
nichtautorisierter Drittanbietersoftware scannen,...“ [7]
Die Spieler erklären sich also damit einverstanden, dass ihr Hauptspeicher und das Spielverzeichnis
überprüft wird und bei Verdacht auf Betrug sogar Teile der Daten an die Server von Blizzard übertragen werden. Blizzard bezweckt damit unerlaubte Programme zu finden, die Daten des Spiels verändern und dem Cheater Vorteile gegenüber anderen Spielern verschaffen. Wird ein solches
Programm gefunden, muss der Betrüger damit rechnen, bestraft zu werden. Das Ausmaß der Strafe
richtet sich nach der Schwere des Vergehens und reicht von einer Verwarnung über dreistündige
oder dreitägige Sperrung bis zur kompletten Deaktivierung des Accounts. Dass diese Regeln nicht
nur zur Abschreckung dienen, macht Blizzard klar, indem in regelmäßigen Abständen mehrere
tausend Accounts gesperrt werden. Häufigster Grund für Sperrungen sind der Einsatz von Bots,
Ingame-Werbung und das Power-Leveling. [8]
Der Handel mit den Gütern ist für die Hersteller ein Drahtseilakt, auf der einen Seite wollen sie
Hobbyspieler nicht vergraulen, auf der anderen Seite sehen sie die Gewinne, die mit „ihren“ Gegenständen gemacht werden und wollen, da der Handel nicht komplett verboten werden kann, auch ein
Stück vom Kuchen. Ein Beispiel dafür ist das Spiel Ultima Online, dort kann man Charaktere mit
hohen Levels direkt beim Hersteller kaufen. Dieser Trend setzt sich fort, denn auch Sony bietet für
das Spiel Everquest II eine Auktionsplattform mit dem Namen „Station Exchange“ an. Sony will
den Spielern damit eine „...offizielle und sichere Möglichkeit bieten, die Rechte für die Benutzung
von Charakteren, Gegenständen und Münzen aus EverQuest II untereinander auf Auktionsbasis zu
kaufen und zu verkaufen“ [9]
9
Abbildung 7: Ziele von Stationexchange, offizielle Tauschbörse von Sony
10
3.5. Ist Real Money Trading legal?
In Diskussionsforen zum Thema Real Money Trading taucht immer wieder die Frage auf, ob der
Handel mit virtuellen Gütern überhaupt rechtens ist. Liest man die EULA der Spielehersteller aufmerksam durch, erfährt man schnell, dass das Eigentumsrecht jeglicher Charaktere und
Gegenstände im Spiel beim Hersteller liegt. Das macht der folgende Auszug aus der EULA zum
Spiel World of Warcraft klar:
„Alle geistigen Eigentumsrechte an dem Spiel und allen Kopien davon (einschließlich,
aber nicht darauf beschränkt, aller Benutzeraccounts, Titel, Computercodes, Themen,
Objekte, Charaktere, Charakternamen, Storys, Dialoge, Slogans, Orte, Konzepte,
Bildmaterialien, Charakterinventare, strukturellen oder landschaftlichen Entwürfe,
Animationen,....) sind Eigentum von Blizzard Entertainment...“ [10]
Da der Spieler die Gegenstände nicht besitzt hat er augenscheinlich auch nicht das Recht dazu
etwas zu verkaufen. Viele Spieler, die den Handel trotzdem betreiben, argumentieren damit, dass
sie nicht die Gegenstände selbst verkaufen, sondern die Zeit, die sie zum Erspielen des Gegenstands
oder des Charakters investiert haben. Auf Drängen einiger Hersteller ist das Verkaufen von
virtuellen Gegenständen und Charakteren über eBay in den USA seit Anfang des Jahres 2007
verboten. Es ist jedoch fraglich, wie weit dieses Verbot den Handel einschränkt, da es inzwischen
etliche alternative Auktionshäuser gibt, die extra für den Zweck des Real Money Trading
eingerichtet wurden. Es gibt bislang allerdings auch noch kein wegweisendes Urteil, welches das
Real Money Trading im großen sowie im kleinen Stil generell verbietet. Bekannt wurde der Fall
Black Snow Interactive, eine Firma die Billigarbeiter aus Mexiko anstellte, um Objekte im Spiel
Dark Age of Camelot zu sammeln. Der Hersteller des Spiels, Mythic Entertainment, berief sich auf
die AGB und verbannte Black Snow aus dem Spiel. Black Snow zog mit dem Argument vor
Gericht, sie würden lediglich die Zeit verkaufen, die sie zum Spielen investierten. Der Fall wurde
jedoch noch vor der Anhörung fallen gelassen, allerdings weil sich die Firma Black Snow wegen
anderer rechtlicher Probleme auflöste. [11]
3.6. Steuern auf virtuelle Güter und Transaktionen
Wirft man einen Blick auf die Umsatzzahlen des Real Money Trading, so sieht man, welcher riesige
Markt dort entstanden ist. Schätzungen zufolge lag der Umsatz im Jahr 2006 bei 800 Millionen
Dollar, für das Jahr 2007 sagen Hochrechnungen bereits einen Umsatz von 2000 Millionen Dollar
voraus. Obwohl das nur Abschätzungen sind, bekommt man eine Ahnung wie groß der Markt und
wie stark das Wachstum ist. Diese enormen Umsatzzahlen erregen natürlich auch die Aufmerksamkeit des Staates. Erträge aus dem Verkauf von virtuellen Gütern fallen auch heute schon unter das
Steuerrecht und müssen versteuert werden. Die Vereinigten Staaten stellen nun jedoch Überlegungen an, auch Transaktionen zu besteuern, welche rein virtueller Natur sind. Dazu hat der USKongress das Joint Economic Committee beauftragt die Besteuerbarkeit von Transaktionen, die
allein in Online-Welten durchgeführt werden, zu untersuchen. Ein Ergebnis der Untersuchung wird
im August 2007 erwartet. Experten sind jedoch der Meinung, dass eine derartige Steuer in nächster
Zukunft nicht realisierbar ist. Zu hoch wäre der Aufwand alle Transaktionen zu verfolgen und zu
protokollieren. Steigen die Umsatzzahlen allerdings weiter, wird man wohl auch dafür eine Lösung
finden. Doch stellt sich dann die Frage wer die Steuern bezahlen muss, der Hersteller erhebt ja den
Anspruch auf das Eigentumsrecht, die Transaktionen werden vom Spieler durchgeführt. Es bleiben
also bis zur Einführung der „virtuellen Steuer“ noch einige Fragen zu klären, die Einführung scheint
jedoch auf lange Sicht unvermeidbar.[12]
11
4. Wirtschaftssysteme in Online-Welten
Während sich der Handel in Online-Rollenspielen meist auf Gegenstände beschränkt und in den
verschiedenen Spielen relativ ähnlich umgesetzt wird, bieten die Online-Welten mehr Freiheiten.
Dort lässt sich auch mit Grundstücken, Immobilien, Kleidung, Schmuck, Einrichtungsgegenständen
und Animationen Handel treiben. Oft haben die Bewohner der Online-Welt außerdem die Möglichkeit, selbst Objekte, Gestiken, Kleidung und Animationen zu erstellen und diese weiterzuverkaufen.
Einen weiteren Wirtschaftszweig bilden die Spiele im Spiel, bestes Beispiel dafür sind Casinos, die
man in der Online-Welt besuchen kann, und mit der Währung der Online-Welt an Glücksspielen
teilnehmen kann. Der größte Unterschied zu den Online-Rollenspielen ist allerdings die Tatsache,
dass das Real Money Trading vom Hersteller nicht verboten ist, in den meisten Spielen ist es sogar
erwünscht und wird gefördert. Dazu wird eine Tauschbörse zum Tauschen der virtuellen Währung
gegen eine echte Währung direkt vom Hersteller angeboten. Die Hersteller erlauben aber auch
Tauschbörsen von anderen Anbietern, somit auch bei eBay.[13]
Die Online-Welt, die zur Zeit die meisten Freiheiten bietet, ist Second Life. Dort ist es möglich mit
selbst kreierten virtuellen Gütern und Dienstleistungen zu handeln und Geld zu verdienen. Die
Währung in Second Life ist der Linden Dollar, der an der offiziellen Börse, dem LindeX, getauscht
werden kann.[14]
Abbildung 8: Der LindeX - die offizielle Börse in
Second Life
Aber auch die Welt von Second Life ist nicht vor Betrügern geschützt. Im November 2006 tauchte
ein Programm mit dem Namen CopyBot auf, das es ermöglichte jegliche Gegenstände im Spiel
ohne vorherige Zustimmung des Eigentümers zu duplizieren und dann auch weiterzuverkaufen. Das
Programm war eine modifizierte Version eines Debugging-Tools, das von LindenLabs selbst zur
Verfügung gestellt wurde, um erschaffene Objekte zu sichern und wiederherzustellen. Nachdem
LindenLabs den Quellcode des Tools auf der Seite libsecondlife.org veröffentlichte, tauchte eine
veränderte Version des Programms auf, die den Missbrauch ermöglichte.[15]
12
Eine weitere Art des Missbrauchs sind sogenannte Landbots. Diese durchsuchen die Welt ständig
nach billigen Grundstücken und kaufen diese im gleichen Zuge auf. Dies wird von LindenLabs
nicht gern gesehen und der Prozess des Landkaufs soll nun dahingehend geändert werden, dass es
Bots erschwert wird, Grundstücke automatisch zu erwerben. [16]
Trotz dieser Nachrichten über Missbrauch und Betrug nutzen die
Mehrzahl der Bewohner von Second Life das Programm auf ehrlichem
Wege und das durchaus erfolgreich. Das Vorzeigemodell des erfolgreichen Second Life Benutzers ist Anshe Chung, sie war die erste Second
Life Millionärin. Das meiste Geld machte sie nach eigenen Angaben
durch den Handel mit Immobilien und Grundstücken. Sie kaufte
billiges Land, verschönerte es und baute Häuser darauf und verkaufte
oder vermietete es anschließend weiter. Ihr Erfolg brachte ihr den
Beinamen „Virtual Rockefeller“ ein.[17]
Das hört sich zumindest alles sehr einfach an, doch ist es das wirklich?
Ist es möglich seinen Lebensunterhalt in einer Online-Welt wie Second
Life zu verdienen? Dazu einige Zahlen aus Second Life: Das Diagramm zeigt die Zahl der Benutzer, welche im Mai 2007 ein positives Abbildung 9: Anshe
monatliches Einkommen verzeichnen konnten. Das ist mit knapp Chung - "Virtual
40000 Benutzern eine beachtliche Zahl. Zieht man aber in Betracht Rockefeller"
wieviel die Benutzer verdient haben, stellt man fest, dass die Mehrheit
der Verdiener (fast 90%), weniger als
100 Dollar pro Monat bekommen, was
natürlich nicht zum Leben reicht. Dem
entgegen stehen 139 Nutzer, 0.4%, die
über 5000 Dollar im Monat verdienen.
Dies ist ein Punkt, in dem Second Life
häufig kritisiert wird. Bei schätzungsweise 500000 aktiven Benutzern
verdient nur eine Minderheit Geld in
Second Life. Dies gleicht einem
Pyramidensystem bei dem eine große
Zahl an Benutzern wenige andere finanzieren. Ähnlich wie bei einem
Abbildung 10: Second Life Benutzer mit Gewinn
Schneeballsystem kann das auf lange
Sicht nicht funktionieren, da irgendwann nicht mehr genug neue Nutzer nachkommen und Geld in
das System stecken. Ein weiterer Kritikpunkt ist folgender Abschnitt in den Terms of Service:
“5.3. All data on Linden Lab's servers are subject to deletion, alteration or transfer.
When using the Service, you may accumulate Content, Currency, objects, items, scripts,
equipment, or other value or status indicators that reside as data on Linden Lab's
servers. These data, and any other data, account history and account names residing on
linden lab's servers, may be deleted, altered, moved or transferred at any time for any
reason in linden lab's sole discretion.“ [18]
Es besteht demnach keine Garantie für eine Auszahlung des Geldes, da jegliche Daten von
LindenLabs zu jeder Zeit mit oder ohne Grund gelöscht werden können. Wollten die vorher
erwähnten 139 Benutzer alle ihr komplettes Vermögen ausbezahlen lassen, befürchten viele, dass
LindenLabs diesem Wunsch nicht nachkommen wird, da es für das Unternehmen riesige Verluste
bedeuten würde.[19]
13
5. Ausblick
An der Entwicklung der Benutzerzahlen von Online-Spielen (Abb. 11) in den letzten Jahren sieht
man, was für ein enormes Wachstum auf diesem Gebiet herrscht. Und ein Ende ist nicht in Sicht, es
befinden sich derzeit etliche neue Online-Spiele in der Entwicklung. Man kann also davon
ausgehen, dass auch in den nächsten Jahren die Benutzerzahlen und damit auch der Umsatz des
Real Money Trading weiter wachsen werden. Und genau aus diesem Grund ist wohl auch eine
Einführung einer „virtuellen Steuer“ unvermeidlich. Der Staat wird dann, sobald die technischen
Mittel es ermöglichen, virtuelle Transaktionen besteuern. Die Entscheidung des Joint Economic
Committee wird deshalb mit Spannung erwartet.
Abbildung 11: Entwicklung der Benutzerzahlen von Online-Spielen
14
6. Quellenverzeichnis
Literatur
Edward Castronova - Synthetic Worlds: The Business and Culture of Online Games (2005)
Edward Castronova - On Virtual Economies (http://ssrn.com/abstract=338500)
Jun-Sok Huhh - Effects of Real-Money Trading on MMOG Demand
(http://papers.ssrn.com/sol3/papers.cfm?abstract_id=943368)
Quelle
[1]
http://en.wikipedia.org/wiki/Virtual_economy
[2]
http://server02.is.uni-sb.de/courses/wiki/index.php/Virtuelle_Güter
[3]
http://en.wikipedia.org/wiki/Mudflation
[4]
http://en.wikipedia.org/wiki/Virtual_crime
[5]
Synthetic Worlds: The Business and Culture of Online Games, Kapitel 6 und 7
[6]
http://www.spymmo.com/
[7]
http://www.wow-europe.com/de/policy/anticheat.html
[8]
http://www.wow-europe.com/de/policy/accountpenalties.html
[9]
http://www.stationexchange.com
[10]
http://www.wow-europe.com/de/legal/eula.html
[11]
Synthetic Worlds: The Business and Culture of Online Games, Seite 163
[12]
http://en.wikipedia.org/wiki/Virtual_tax
[13]
http://secondlife.com/world/de/commerce/
[14]
http://secondlife.com/whatis/economy-market.php
[15]
http://en.wikipedia.org/wiki/CopyBot
[16]
http://metaversed.com/18-may-2007/landbots-being-shut-down
[17]
http://money.cnn.com/magazines/business2/business2_archive/2005/12/01/8364581/index.htm
[18]
http://secondlife.com/corporate/tos.php
[19]
http://randolfe.typepad.com/randolfe/2007/01/secondlife_revo.html
7. Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Berufe in World of Warcraft.......................................................................................... 4
Quelle: http://wow-europe.com/de/info/professions/
Abbildung 2: Auktion eines Level 70 Orkkriegers aus World of Warcraft......................................... 5
Quelle: http://www.playerauctions.com
Abbildung 3: Artikel zum Spiel Guild Wars bei eBay.........................................................................6
Quelle: http://www.ebay.de
Abbildung 4: Wechselkurse................................................................................................................. 6
Quelle: http://gibreel.net/mmorates/
15
Abbildung 5: "Goldfarm" in China...................................................................................................... 7
Quelle: www.youtube.com/watch?v=44udbKbjYCM
Abbildung 6: Charaktergenerator von gameconomy.de.......................................................................8
Quelle: www.gameconomy.de
Abbildung 7: Ziele von Stationexchange – offizielle Tauschbörse von Sony................................... 10
Quelle: www.stationexchange.com
Abbildung 8: Der LindeX - die offizielle Börse in Second Life........................................................ 12
Quelle: secondlife.com/whatis/economy-market.php
Abbildung 9: Anshe Chung - "Virtual Rockefeller".......................................................................... 13
Quelle: terranova.blogs.com/photos/uncategorized/0618covdc.gif
Abbildung 10: Second Life Benutzer mit Gewinn............................................................................. 13
Quelle: secondlife.com/whatis/economy_stats.php
Abbildung 11: Entwicklung der Benutzerzahlen von Online-Spielen............................................... 14
Quelle: http://mmogdata.voig.com/
16