Abänderungsklage nach § 323 ZPO/Urteile

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Abänderungsklage nach § 323 ZPO/Urteile
Abänderungsklage nach § 323 ZPO/Urteile
§ 656 Abs. 2, 3 ZPO
Die Klage ist nur zulässig, wenn sie innerhalb eines Monats nach Zustellung des
Beschlusses erhoben wird. § 654 Abs. 2 Satz 2, Abs. 3 gilt entsprechend.
Die Kosten des vereinfachten Verfahrens werden als Teil der Kosten des Rechtsstreits
über die Abänderungsklage behandelt.
Die Klagefrist läuft nicht ab, wenn der Gegner Abänderungsklage erhoben hat,
solange das Verfahren läuft. Gegenläufige Klagen sind zu verbinden.
Abänderungsklage nach § 323 ZPO/Urteile
§ 323 Abs. 1 ZPO
Tritt im Falle der Verurteilung zu künftig fällig werdenden wiederkehrenden Leistungen eine wesentliche ¾nderung derjenigen Verhältnisse ein, die für die Verurteilung
zur Entrichtung der Leistungen, für die Bestimmung der Höhe der Leistungen oder der
Dauer ihrer Entrichtung maûgebend waren, so ist jeder Teil berechtigt, im Wege der
Klage eine entsprechende Abänderung des Urteils zu verlangen.
1. Allgemeines . . . . . . . . . . . . .
a) Bedeutung und Rechtsnatur .
b) Zuständigkeit . . . . . . . . . .
c) Zulässigkeitsvoraussetzungen . . . . . . . . . . . . . . .
d) Antrag, Stufenklage und
Vollmacht . . . . . . . . . . . . .
e) Klageumdeutung und
Klageänderung . . . . . . . . . .
f) Sofortmaûnahmen . . . . . . .
g) Beweislast . . . . . . . . . . . . .
h) Urteilstenor . . . . . . . . . . . .
2. Abgrenzung zu anderen
Rechtsbehelfen . . . . . . . . . . .
a) Neue Klage/Zusatzklage . . .
b) Vollstreckungsabwehrklage
(§ 767 ZPO) . . . . . . . . . . . .
c) Einspruch/Berufung . . . . . .
d) Schadensersatz-/
Rückforderungsklage . . . . .
e) Verhältnis zum vereinfachten
Verfahren . . . . . . . . . . . . .
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3. Art des abzuändernden Urteils . .
a) Allgemeines . . . . . . . . . . . .
b) Versäumnisurteile . . . . . . . .
c) Anerkenntnisurteile . . . . . . .
d) Feststellungsurteile . . . . . . .
e) Abweisende Ersturteile . . . . .
f) Urteile über Teilklagen . . . . .
g) Teilurteile . . . . . . . . . . . . . .
h) DDR-Urteile . . . . . . . . . . . .
i) Ausländische Unterhaltsurteile
j) Einstweilige Verfahren . . . . .
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4. Abänderungsgründe . . . . . . . . .
a) Art der Gründe . . . . . . . . . . .
b) Wesentlichkeit des
¾nderungsgrunds . . . . . . . . .
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5. Bindung an den abzuändernden
Titel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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6. Präklusion . . . . . . . . . . . . . . . .
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7. Zeitschranke . . . . . . . . . . . . . .
a) Grundsatz . . . . . . . . . . . . . .
b) Ausnahme . . . . . . . . . . . . . .
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1. Allgemeines
a) Bedeutung und Rechtsnatur
Bei einer Verurteilung zu künftig fällig werdenden wiederkehrenden Unterhaltsleistungen wird der fortlaufend entstehende Anspruch zu einem einheit30
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lichen Rechtsverhältnis zusammengefasst, wobei immer auch ein gegenwärtiger Anspruch vorliegen muss (BGH, FamRZ 1982, 259). Eine derartige Verurteilung erfordert die Beurteilung der gegenwärtigen, bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung in den Prozess eingeführten Tatsachen und eine
vorausschauende Würdigung der Entwicklung der maûgeblichen individuellen
oder allgemeinen wirtschaftlichen Verhältnisse. Da diese Zukunftsprognose
sich als unrichtig erweisen kann, besteht das Bedürfnis einer Anpassung an die
veränderten Verhältnisse. Die innere Bindung an die frühere Entscheidung wird
für die Zukunft aufgelöst. Aus Gründen der Rechtssicherheit soll aber in die
Rechtskraft nur insoweit eingegriffen werden, als die Billigkeit dies erfordert.
Die ¾nderung muss daher wesentlich sein. Der Titelschuldner oder der Titelgläubiger, zu dessen Vorteil oder Nachteil sich die ¾nderung der Verhältnisse
auswirkt, ist berechtigt, im Wege der Klage eine Anpassung zu verlangen.
Die Abänderungsklage ist ihrem Wesen nach eine prozessuale Gestaltungsklage. Es handelt sich um einen Anwendungsfall der ¹clausula rebus sic stantibusª (BGH, FamRZ 1983, 22).
b) Zuständigkeit
Für die Zuständigkeit gelten die allgemeinen Regeln. R Örtliche Zuständigkeit.
Im Gegensatz zu § 767 ZPO ist nicht notwendig das Gericht des Vorprozesses
zuständig. Haben die beklagten Unterhaltsgläubiger verschiedene Wohnsitze,
ist gem. § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO das zuständige Gericht durch das im Rechtszug
zunächst höhere Gericht zu bestimmen (BGH, NJW 1998, 685; NJW 1986,
2309 ± zweckmäûig das Gericht, das den abzuändernden Titel erlassen hat ±;
BayObLG, NJW-RR 1999, 1293). Nach § 29 ZPO ist für Streitigkeiten ¹aus einem
Vertragsverhältnisª das Gericht zuständig, an dem die streitige Verpflichtung zu
erfüllen ist. Streitigkeiten über den gesetzlichen Unterhalt sind aber keine solchen vertraglichen Streitigkeiten, wenn ± wie regelmäûig ± der gesetzliche Anspruch nur durch eine Vereinbarung ausgestaltet worden ist. Die örtliche
Zuständigkeit des Familiengerichts für eine Klage, mit der die Abänderung
einer in einem Vergleich vereinbarten Unterhaltsrente für die Zeit nach der
Scheidung begehrt wird, richtet sich folglich nach den allgemeinen Vorschriften
(OLG Dresden, MDR 2000, 1325). Es gibt keinen Gerichtsstand des Sachzusammenhangs bei gegenläufiger Stufenklage; sie haben denselben Streitgegenstand
(BGH, FamRZ 1997, 488; OLG Düsseldorf, FamRZ 1994, 1535). Eine Abänderungswiderklage ist unter den Voraussetzungen des § 533 ZPO auch in der Berufungsinstanz zulässig (BGH, NJW 1985, 2030).
c) Zulässigkeitsvoraussetzungen
Es müssen die allgemeinen Prozessvoraussetzungen vorliegen.
Das Rechtsschutzbedürfnis entfällt mit Rückgabe des Vollstreckungstitels (OLG
Karlsruhe, FamRZ 2000, 905 [nicht schon mit Verzichtserklärung]; einschränkend OLG München, FamRZ 1999, 942).
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Gegenstand und Parteien der Abänderungsklage müssen mit denjenigen des
abzuändernden Titels grundsätzlich identisch sein (BGH, FamRZ 1986, 254;
NJW 1992, 1626; KG, FamRZ 1994, 760). Den Parteien stehen die Personen
gleich, auf die sich die Rechtskraft erstreckt (BGH, NJW 1983, 695), und Abänderungsklage kann auch gegen den Rechtsnachfolger des Gläubigers erhoben werden.
So ist der Sorge- oder Obhutsberechtigte während der gesetzlichen R Prozessstandschaft beim Kindesunterhalt (gem. § 1629 Abs. 3 S. 2 BGB) klagebefugt
(BGH, FamRZ 1992, 1060) und nach ihrer Beendigung das Kind (BGH, NJW
1983, 1976; OLG Hamm, FamRZ 1990, 1375); nach R Übergang des Unterhaltsanspruchs bei mehreren Unterhaltspflichtigen auf den Sozialhilfeträger
kann der Schuldner gegen ihn als Rechtsnachfolger des Unterhaltsgläubigers
Abänderungsklage erheben (OLG Düsseldorf, FamRZ 1994, 765).
Gleichzeitige Abänderungsklagen des Gläubigers und des Schuldners sind zu verbinden (BGH, FamRZ 1985, 582/584; OLG Zweibrücken, FamRZ 1981, 1064:
Notwendigkeit ¹gegenläufigerª Prozessverbindung). Gegenläufige Abänderungsklagen gegen den gleichen Unterhaltstitel haben denselben Streitgegenstand.
Das zuerst befasste Gericht hat den Vorrang. Dem später anhängig gewordenen
Prozess steht ein von Amts wegen zu beachtendes Prozesshindernis entgegen.
Für eine Verweisung nach § 281 ZPO ist kein Raum. Sie hat keine Bindungswirkung (BGH, FamRZ 1997, 488; FamRZ 1998, 99).
Für die Zulässigkeit einer Abänderungsklage ist erforderlich, dass der Kläger
Tatsachen behauptet, die eine derartige ¾nderung ergeben. Fehlt die Behauptung, so ist die Klage unzulässig; erweist sich die Behauptung als unwahr oder
die ¾nderung als unwesentlich, so ist die Klage unbegründet (BGH, FamRZ 1984,
355).
d) Antrag, Stufenklage und Vollmacht
Der Antrag auf Abänderung umfasst einen Gestaltungsantrag und bei einem
Erhöhungsverlangen einen mit ihm verbundenen Leistungsantrag, bei einem
Herabsetzungsbegehren einen negativen Feststellungsantrag. Er hat den abzuändernden Titel genau zu bezeichnen und den Betrag anzugeben, auf den das
Urteil abgeändert werden soll.
Die Abänderungsklage ist auch in der Form einer Stufenklage zulässig, bei der
der Antrag auf Auskunft mit einem noch unbezifferten Abänderungsbegehren
verbunden wird (BGH, FamRZ 1986, 560). Erhebt der Unterhaltsgläubiger an
Stelle der an sich notwendigen ¾nderungsstufenklage eine gewöhnliche Leistungsstufenklage, so kann dennoch über den Auskunftsanspruch sachlich entschieden werden. Die Unzulässigkeit der Leistungsstufe ergreift nicht die Auskunftsstufe. Die Umstellung in eine Abänderungsklage kann (spätestens) in der
mündlichen Verhandlung über die Leistungsstufe vorgenommen werden (OLG
München, FamRZ 1989, 284).
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Die Prozessvollmacht für den Vorprozess erstreckt sich nicht auf die Abänderungsklage.
e) Klageumdeutung und Klageänderung
Eine Leistungsklage kann in eine Abänderungsklage umgedeutet werden, wenn
ein entsprechender Parteiwille erkennbar ist, keine schutzwürdigen Interessen
des Gegners entgegenstehen und die Voraussetzungen einer Abänderungsklage
erfüllt sind, d.h. eine wesentliche Veränderung der für die Verurteilung maûgeblichen Kriterien gegeben ist (BGH, FamRZ 1992, 1060; FamRZ 1997, 281). Bei
einer Umdeutung ist der Zeitpunkt der Erhebung der Leistungsklage maûgeblicher Zeitpunkt i.S.v. § 323 Abs. 3 ZPO (BGH, FamRZ 1992, 298; OLG Hamm,
FamRZ 2000, 544).
Hat der Anwalt schuldhaft pflichtwidrig eine Leistungs- statt einer Abänderungsklage erhoben, hat er auch dann für den dadurch den Mandanten entstandenen Schaden einzustehen, wenn das Gericht rechtsfehlerhaft nicht von der
Möglichkeit Gebrauch gemacht hat, die Leistungs- in eine Abänderungsklage
umzudeuten (BGH, NJW 1998, 2048 = FamRZ 1998, 897).
Hinsichtlich der Zwangsvollstreckung aus dem abzuändernden Urteil kann das
Prozessgericht entsprechend § 769 ZPO eine vorläufige Anordnung treffen
R Einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung.
Abänderungsklage und Zwangsvollstreckungsgegenklage (R Zwangsvollstreckung) schlieûen sich zwar grundsätzlich aus. Sie aber an nicht einfachen Abgrenzungsfragen scheitern zu lassen erscheint aus Gründen der Prozessökonomie umso weniger gerechtfertigt, als zumindest dann, wenn dasselbe Gericht
zuständig ist, beide Klagearten in einem Hilfsverhältnis verbunden werden und
Klageanträge erforderlichenfalls umgedeutet werden können (BGH, FamRZ
1979, 573; NJW 2001, 829: Abänderung eines gegen die Alleinerbin umgeschriebenen Unterhaltsvergleichs wegen Erreichung der Haftungsgrenze des § 1586b
Abs. 1 S. 3 BGB und Wegfall der Bedürftigkeit).
Da die Abänderungsklage zwar eine prozessuale Gestaltungsklage ist, jedoch
zugleich auch einen Leistungsantrag umfasst, wird durch eine entsprechende
Klageänderung kein neuer materieller Anspruch in den Prozess eingeführt. Die
Klageänderung ist daher auch nach Abweisung der Zahlungsklage mit der Berufung zulässig (BGH, FamRZ 2001, 1140 = MDR 2001, 993).
f) Sofortmaûnahmen
Ist die Abänderungsklage der richtige Weg, um den Titel zu ändern, so ist bei
einem Urteil wegen der ¾nderungsschranke des § 323 Abs. 3 ZPO jedenfalls
dann für eine unverzügliche Zustellung der Abänderungsklage zu sorgen,
± wenn es sich um den nachehelichen Unterhalt handelt,
± wenn eine Herabsetzung des Unterhalts in Betracht kommt und
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± wenn eine Erhöhung des Trennungs- oder Geschiedenenunterhalts angestrebt
wird und der Verpflichtete noch nicht in Verzug geraten oder zwecks Geltendmachung eines höheren Anspruchs noch nicht zur Auskunft aufgefordert worden ist.
Ein Vergleich kann zwar nach h.M. ohne Einschränkung rückwirkend abgeändert werden, jedoch sollte auch hier rechtzeitig die ¾nderungsabsicht mitgeteilt
werden, um Einwendungen aus § 242 BGB zu begegnen.
Wird eine Erhöhung der titulierten Forderung begehrt, ist mit der Klage oder
dem Prozesskostenhilfegesuch regelmäûig ein Antrag nach § 644 ZPO zu verbinden. R Einstweilige Anordnung auf Zahlung von Unterhalt in Unterhaltsverfahren
In entsprechender Anwendung von § 769 ZPO ist eine R einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung zulässig (BGH, FamRZ 1986, 793). Dies setzt die
Zustellung der Klage voraus, zumindest ihre Einreichung und Vorschusszahlung
bzw. Bewilligung von Prozesskostenhilfe (OLG Hamburg, FamRZ 1990, 431;
OLG Köln, FamRZ 1987, 963).
g) Beweislast
Dem Abänderungskläger obliegt die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass eine
wesentliche Veränderung der für den Grund oder den Betrag der Leistung bedeutsamen, bei der früheren Verurteilung maûgebend gewesenen Verhältnisse eingetreten ist (BGH, FamRZ 1989, 839). R Beweislast (Nr. 8)
h) Urteilstenor
Zum Schutz des Schuldners sollte das frühere Urteil ausdrücklich abgeändert
bzw. aufgehoben werden. Nach § 1613 BGB, § 323 Abs. 3 S. 2 ZPO ist das Urteil
vom ersten Tage des Monats, in dem die Auskunftsaufforderung zugegangen, der
Verpflichtete in Verzug gekommen oder die Abänderungsklage zugestellt worden
ist, abzuändern. Die Kostenentscheidung erfolgt nach allgemeinen Regeln.
Wenn der nicht mehr bedürftige Unterhaltsgläubiger gleichwohl weiterhin vollstreckt, gibt er nach wohl allgemeiner Meinung Anlass zur Abänderungsklage
und hat die Kosten zu tragen, auch wenn er sofort anerkennt. Hiervon will das
OLG Oldenburg (FamRZ 2000, 1514 m. abl. Anm. Warfsmann) dann eine Ausnahme machen, wenn der Verpflichtete trotz einer nach seiner Auffassung
nicht mehr bestehenden Unterhaltsverpflichtung weiterhin zahlt und den Gläubiger nicht zum Titelverzicht aufgefordert hat.
Das Urteil ist gem. § 708 Nr. 8 für vorläufig vollstreckbar zu erklären; bei Herabsetzung der Verpflichtung nur hinsichtlich der Kosten (§ 708 Nr. 11 ZPO). Bei
Erhöhung der Verpflichtung ist die Sicherheitsleistung gem. § 708 Nr. 11 ZPO
nur nach dem Erhöhungsbetrag und den Kosten zu bemessen.
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Abänderungsklage nach § 323 ZPO/Urteile
2. Abgrenzung zu anderen Rechtsbehelfen
a) Neue Klage/Zusatzklage
Wenn sich der Streitgegenstand geändert hat, ist eine Abänderungsklage unzulässig. So kann ein Titel über den Trennungsunterhalt nicht in einen Titel über
den nachehelichen Unterhalt abgeändert werden; anders aber bei einem Titel
über den Unterhalt eines minderjährigen Kindes, da der Anspruch identisch ist,
auch wenn nunmehr beide Elternteile barunterhaltspflichtig sind, ebenfalls
wenn statt Naturalunterhalt Barunterhalt geschuldet wird (OLG Karlsruhe,
FamRZ 1995, 938). Ist nur über einen zeitlich begrenzten Unterhaltsanspruch
entschieden worden, ist neue Klage zu erheben (BGH, NJW 1967, 2403).
Zur Rechtslage bei abgewiesenen Erstklagen und Zusatzklagen siehe unten
Nr. 3.e).
b) Vollstreckungsabwehrklage (§ 767 ZPO)
Abänderungsklage und R Vollstreckungsabwehrklage (Vollstreckungsgegenklage) schlieûen sich gegenseitig aus. Eine hilfsweise Verbindung beider Klagen
ist jedoch zulässig (BGH, FamRZ 1979, 172). Die Vollstreckungsabwehrklage
dient der Durchsetzung solcher rechtsvernichtender oder rechtshemmender
Einwendungen, bei denen es sich um scharf umrissene, punktuelle Ereignisse
handelt, insbesondere Erfüllung, Verzicht, Vergleich, Verjährung, Stundung, Aufrechnung, Teilerlöschen des Unterhaltsanspruches. So ist der Wegfall der gesetzlichen Prozessstandschaft infolge Eintritts der Volljährigkeit des Kindes nach allgemeiner Meinung mit der Vollstreckungsabwehrklage geltend zu machen (OLG
Köln, FamRZ 1995, 308; OLG Celle, FamRZ 1992, 842; OLG Hamm, FamRZ
1992, 843; OLG Hamm, FamRZ 1993, 582; OLG München, FamRZ 1992, 213
[Prozessvergleich]).
Die Abänderungsklage betrifft Veränderungen des Unterhaltsanspruchs, die auf
dem Einfluss der stets wandelbaren wirtschaftlichen Verhältnisse auf die Unterhaltspflicht beruhen, z.B. die ¾nderungen des Lebensbedarfs, der Bedürftigkeit
oder der Leistungsfähigkeit. Wenn die Abänderungsklage darauf gestützt wird,
dass der Unterhaltsberechtigte auf Grund des Versorgungsausgleiches eine Rente
erworben hat, so ist nach Auffassung des BGH (FamRZ 1991, 1175) ebenfalls die
Vollstreckungsgegenklage die richtige Klageart, weil der Berechtigte mit ihr ein
Unterhaltssurrogat erhält. In besonderen Fällen können beide Rechtsbehelfe hintereinander in Frage kommen; das heiût, Umstände, die gegenüber einem fälligen
Unterhaltsanspruch eine Einwendung i.S.v. § 767 ZPO begründen können, können für die Zeiträume ab Rechtshängigkeit (auch) eine Abänderungsklage begründen (BGH, FamRZ 1990, 1095 [Ausschlussgründe nach § 1579 BGB; hier: betrügerisches Verschweigen eines Ausbildungsverhältnisses]; BGH, FamRZ 1989, 1591
[Überschneidungen, die sich aus der Ambivalenz des Rentenbezugs ergeben]).
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c) Einspruch/Berufung
Nach § 323 Abs. 2 ZPO ist die Abänderungsklage nur zulässig, soweit die Abänderungsgründe nicht mehr durch Einspruch geltend gemacht werden können.
Durch die bloûe Möglichkeit einer Berufung dagegen wird die Abänderungsklage nicht ausgeschlossen. § 323 Abs. 2 ZPO kann entnommen werden, dass
es erforderlich, aber auch ausreichend ist, dass die Gründe, auf die die ¾nderung
gestützt wird, erst nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung, in der eine
Erweiterung des Klageantrags oder die Geltendmachung von Einwendungen
spätestens hätte erfolgen müssen, entstanden sind. Wenn aber Berufung eingelegt worden ist, müssen die nach Schluss der mündlichen Verhandlung erster
Instanz eingetretenen Veränderungen in der Berufungsinstanz geltend gemacht
werden. Auch der Unterhaltsberechtigte muss als Berufungsbeklagter die seinen
Unterhaltsanspruch erhöhenden Umstände im Wege der Anschlussberufung
geltend machen (BGH, FamRZ 1986, 43). Siehe unten Nr. 6 (Präklusion).
d) Schadensersatz-/Rückforderungsklage
Ansprüche auf Erstattung des Unterhalts (R Erstattungsanspruch) kommen in
Betracht aus dem Gesichtspunkt der R Bereicherung und der unerlaubten Handlung. Ein Anspruch auf R Schadensersatz nach § 826 BGB kommt insbesondere
in Betracht, wenn der Unterhaltsgläubiger trotz eindeutigem Wegfall seiner
Bedürftigkeit den unrichtig gewordenen Unterhaltstitel weiterhin ausnutzt oder
er einen Titel erwirkt durch Verschweigen des Wegfalls unterhaltsbegründender
Tatsachen (vgl. BGH, NJW 1986, 1751, NJW 1997, 1439; OLG Oldenburg, FamRZ
1996, 804; OLG Düsseldorf, FamRZ 1997, 827).
Hinsichtlich der Pflicht zur ¹ungefragten Informationª R Auskunftsanspruch.
Mit der Erhebung der Abänderungsklage tritt noch nicht die verschärfte Haftung eines durch Urteil bereicherten Empfängers ein (BGH, FamRZ 1986, 793).
e) Verhältnis zum vereinfachten Verfahren
§ 323 Abs. 5 ZPO
Schuldtitel auf Unterhaltszahlungen, deren Abänderung nach § 655 statthaft ist, können nach den vorstehenden Vorschriften nur abgeändert werden, wenn eine Anpassung
nach § 655 zu einem Unterhaltsbetrag führen würde, der wesentlich von dem Betrag
abweicht, der der Entwicklung der besonderen Verhältnisse der Parteien Rechnung
trägt.
Auf wiederkehrende Unterhaltsleistungen gerichtete Vollstreckungstitel, in denen die Anrechnung von Kindergeld oder anderer kinderbezogener Leistungen
festgelegt ist, können auf Antrag im vereinfachten Verfahren durch Beschluss
abgeändert werden, wenn sich ein für die Berechnung dieses Betrages maûgebender Umstand ändert (§ 655 ZPO). Solche Vollstreckungstitel über den Unterhalt minderjähriger Kinder können Urteile, Unterhaltsfestsetzungsbeschlüsse,
vollstreckbare Urkunden und Vergleiche sein. R Abänderung im vereinfachten
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Abänderungsklage nach § 323 ZPO/Urteile
Verfahren (Nr. 2, 3); R Vereinfachtes Verfahren über den Unterhalt Minderjähriger.
Derartige Titel, die aus der Zeit vor dem 1. 1. 2001 stammen, können nach Maûgabe des Gesetzes über die R Unterhaltstitelanpassung geändert werden.
Nur wenn eine derartige Anpassung zu einem Unterhaltsbetrag führen würde,
der wesentlich von dem Betrag abweicht, der der Entwicklung der besonderen
Verhältnisse der Parteien Rechnung trägt, kann der Vollstreckungstitel im Wege
einer Klage nach § 323 ZPO abgeändert werden. Stellt sich also bei der Klage
nach § 323 ZPO heraus, dass lediglich eine Abänderung des Zahlungsbetrags
wegen einer ¾nderung des Kindergelds oder der kinderbezogenen Leistung in
Betracht kommt oder darüber hinaus die sonstigen Entwicklungen zu keiner
erheblichen ¾nderung führen, ist die Klage als unzulässig abzuweisen.
Zur Abgrenzung zu anderen Rechtsbehelfen siehe ferner R Abänderung einer
Unterhaltsverpflichtung (Überblick); R Einstweilige Anordnung auf Zahlung
von Unterhalt in Ehesachen; R Einstweilige Anordnung auf Zahlung von Unterhalt in Unterhaltsverfahren; R Einstweilige Anordnung zur Leistung eines
Kostenvorschusses; R Negative Feststellungsklage.
3. Art des abzuändernden Urteils
a) Allgemeines
Die Abänderungsklage setzt einen zur Vollstreckung geeigneten Titel voraus. Eine
Abänderungsklage scheidet aus, wenn der dem Vollstreckungstitel zugrunde liegende Anspruch bereits ersatzlos weggefallen ist (OLG Hamm, FamRZ 1993,
1476). Gibt die Fassung einer Urteilsformel zu Zweifeln Anlass, ist die Heranziehung der Urteilsgründe statthaft und geboten (OLG München, FamRZ 2001, 1218).
Noch nicht rechtskräftige Urteile unterliegen dagegen unter den Einschränkungen des § 323 Abs. 2 BGB (Präklusion) der Abänderungsklage.
Die Abänderbarkeit eines Titels kann ± jedenfalls bis zur Grenze der Gefährdung des eigenen Anspruchs ± ausgeschlossen werden (OLG Köln, FamRZ 1989,
637; OLG Düsseldorf, FamRZ 1989, 635).
b) Versäumnisurteile
Sie unterliegen der Abänderungsklage (OLG Hamm, FamRZ 1987, 1286; FamRZ
1984, 1123; OLG Karlsruhe, FamRZ 1983, 624), wenn die Tatsachen nicht mehr
im Wege des Einspruchs geltend gemacht werden konnten. Es kommt nicht auf
die Kenntnis vom Bestehen der Umstände an, sondern auf ihr Entstehen nach
Ablauf der Einspruchsfrist (BGH, FamRZ 1982, 792 m.w.N.; OLG Oldenburg,
FamRZ 1990, 188; OLG Hamm, FamRZ 1990, 772).
Auch bei der Abänderung eines Versäumnisurteils ist zu prüfen, ob sich die maûgeblichen Verhältnisse nachhaltig geändert haben, etwa ob das Einkommen nach
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