PV 1960 - 5

Transcrição

PV 1960 - 5
POLITISCHE VERANTW
RTUNG
EVANGELISCHE STIMMEN
'
He~ausgegcbcn
von Dr. Adolf Arndt MdB„ Bonn; Professor D. Hermann Diem, Tübingen; Bundesminister a. D. Dr. Dr.
Gustav W. Heinemann MdB„ Essen; Lic. Karl Immer, Duisburg; Heinz Kloppenburg DD„ Dortmund; Professor Dr. Karl Kupisch,
Berlin; Staatsminister a. D. Ludwig Metzger MdB„ Darmstadt; Johannes Rau MdL„ Wuppertal; Adolf Scheu, Wuppertal;
Professor D. Ernst Wolf, Göttingen.
Mai 1960
Nr. 5
4. Jahrgang
GEDENKET AN EURE LEHRER
Abschied der Freunde von Hans Joachim lwand
Im Kopf" dieser Ausgabe fehlt ein Name. Hans Joachim lwand ist in der
Nacht '~om 2. zum 3. Mai im Alter von sechzig Jahren an den Folgen eines
Schlaganfalles gestorben. Wir gedenken seiner heute mit.dem Wort der Freunde.
Viele haben gesprochen und geschrieben, als die Nachricht kam. Und doch
spüren wir, wie schwer das Schreiben und das Reden wurde, weil die Nachricht
Hans lwand ist 'tot" mehr als eine Meldung war und ist. Sie führt uns vor den
Befehl der Heiligen Schrift: „Gedenket an eure Lehrer, die euch das Wort Gottes
gesagt haben. Ihr Ende schauet an und folget ihrem Glauben nach." Manches
J. R.
wiederholt sich in den Voten. Wir sollten es mehrfach hören.
!'
Ansprache bei der Trauerfeier für
Professor D. Hans lwand am 6. Mai 1960 in Beienrode
2. Korinther 6, Vers 4 a und 8 b bis 10:
In allen Dingen erweisen wir uns als Diener Gottes:
als die Verführer, und doch wahrhaftig;
als die Unbekannten, und doch bekannt;
als die Sterbenden, und siehe, wir leben;
als die. Gezüchtigten, und doch nicht ertötet;
als die Traurigen, aber allezeit fröhlich;
als die Armen, aber die doch viele reich machen;
als die nichts haben, und doch alles haben.
Liebe Angehörige, liebe Gemeinde!
In dieser Stunde und an diesem Ort,
1
l'
dem Haus der helfenden Hände", geht
es un; allen wohl ähnlich: Wir haben die
starke Empfindung, daß unser . Bruder
Hans Joachim Iwand uns nahe ist. Das
Gespräch mit ih~ ist . noch . nidlt abgerissen, es geht ~nnerhch weiter. Alles
Vergangene ist wieder da: unsere Ankunft zu den Konventen und die wohltuende Freude, mit der .er uns beg~üßte;
die Herzlichkeit, mit der er nach Jedem
von uns fragte, besonders nach den Brüdern aus dem Osten; auch die Spannungen, die hier ausgetragen wurden, und
die Leidenschaft, mit der hier um letzte
Fragen gerungen wurde.
Beienrode und Bonn - das waren in
seinen · letzten Lebensjahren die beiden
Brennpunkte seine~ Daseins, die Universität und das stille Landgut an der
Zonengrenze. Aber Beienrode war nicht
nur der Ort privater Erholung und der
y'orausgewählte Ruhesitz .für se~n ~lter,
'sondern die Stätte, wo seme we1tgre1fenden Pläne in das Leben hineinwirkten.
Hier schuf er uns Ostpreußen einen Ort
der Sammlung und vielen Witwen und
Waisen, Alten und Einsamen eine neue
Heimat. Dieses Haus war und ist der Ort
der Begegnung für Christen des Westens
und des Ostens. Für unsern Bruder, der
aus dem Geist des Herrn Christus lebte,
war. es wichtigstes Anliegen, die Einheit
der Christenheit bis nad1 Moskau hin zu
bezeugen, über alle Gräben und Mauern
hinweg, die Menschen schaffen. Wir sind ,
in dieser Stunde besonders dankbar dafür,
daß die Brüder aus den evangelischen
Kirchen des Osteris dies durch ihre Anwesenheit hier bestätigen. ,
Nun hat Gott in seinem verborgenen
Willen dem Leben unseres Bruders ein
jähes Ende gesetzt. Wir können es noch
nicht fassen; er war ja wie das Leben
selbst. Alles, was er in die Hand nahm,
gewann Leben. Von der Kühnheit seines
Denkens,, der Güte seines Herzens, der
Macht seines Geistes wurden selbst die
angerührt, die seinen Weg nicht teilten.
Unüberschaubar groß aber ist die dankbare Schar derer, die sich mit ihm verbunden wissen. Wenn der lebendige Fluß
eines Lebens im Eishauch des Todes unwiderruflid1 zu seiner letzten Gestalt
erstarrt ist, treten seine Grundlinien deutlicher für unsern Blid' hervor. Was unser
menschlich begrenztes Erkennen hier
wahrnimmt, findet seinen ersd1ütternden
Ausdrudc in dem Pauluswort, das unser
Bruder so geliebt hat:· In allen Dingen
beweisen wir uns als Diener Gottes: als
die Verführer - und doch wahrhaftig!
Als die Unbekannten - und doch bekannt! Als die Sterbenden - und siehe,
wir leben! Als die Gezüchtigten - und
doch„ nicht ertötet! Als die Traurigen -
'
1
Hans Joad1im Iwand wurde am
11. Juli 1899 in Sehreihendorf
(Schlesien) geboren. Er studierte in
Breslau und Halle und wurde 1923
Studieninspektor im Lutherheim
in Königsberg (Ostpreußen). Nach
seiner Promotion habilitierte er
sid1 1927 an der Universität
Königsberg. 1934 wurde er als
Professor an das Herder-Institut
in Riga berufen. Seine aktive
Tätigkeit für die Bekennende,
Kirche hatte den Entzug der Lehrerlaubnis und die Abberufung aus
Riga im Jahre 1935 zur Folge.
Iwand gründete im gleid1en Jahre
das ostpreußische Predigerseminar
der Bekennenden Kirche. 1937
wurde er aus Ostpreußen ausgewiesen und erhielt „Reid1sredeverbot". Er führte das Predigerseminar zunächst in 'Jordan, dann
in Dortmund weiter, bis es wegen
Ausweisung der Vikare aus Dortmund auf andere Städte aufgeteilt
und im Herbst 1938 endgültig aufgelöst werden mußte. Im gleichen
Jahre wurde er zum Pfarrer. der
Gemeinde St. Marien in Dortmund gewählt, in der er bis zum
Kriegsende tätig war. Vom November 1938 bis März 1939 war
er verhaftet. Nach dem Zusammenbrud1 wurde lwand als Professor für systematische Theologie
nach Göttingen berufen. 1952
folgte er einem Ruf nach Bonn.
'. Iwand war Mitglied der Synode
der EKD und Vorsitzender des
: Hilfskomitees der Evangelischen
Deutschen aus Ostpreußen sowie
des Bruderrates der Ostpreußischen Bekenntnissynode.
Seine letzte Predigt hielt Professor D. Iwand am Ostersonntag
in einem vom Westdeutschen Rundfunk übertragenen Gottesdienst in
der Bonner Kreuzkirche. Die Beisetzung fand am Freitag, dem
6. Mai, auf dem Parkfriedhof des
„Hauses der helfenden Hände" in
Beienrode bei Königslutter (Niedersachsen) statt. Dort, wo er den ostpreußischen Flüchtlingen ein kirmlid1es Zentrum geschaffen hat;
fand auch schon seine Ehefrau ihre
letzte Ruhestätte.
aber allezeit fröhlich! Als die Armen
- aber die doch viele reich machen! Als
die nichts haben - und doch alles haben!
Immer wieder hat er es uns Studenten,
Kandidaten und Pfarrern selbst so ausgelegt, daß in diesen Gegensätzen die
Kreuzgestalt des Christenlebens beschrieben wird. Sdrnnde und Ehre, Leid und
Freude, Niederlage und Sieg, Armut und
Reichtum, Sterben und Leben.
Leben: immer ist das Erste der Welt
sichtbar, und das Zweite ihr verborgen;
für den Glauben aber ist beides eins,
denn es ist der Herr, der unser Leben
so gestaltet und uns vom Tode in das
Leben führt.
Diese Theologie des Kreuzes war der
Mittelpunkt seines Denkens, und sie gestaltete auch sein Leben. Als ein Unbekannter kam der junge Kandidat aus
Schlesien zu uns Ostpreußen, um 1923
in Königsberg die Leitung des Luthcrheims zu übernehmen. Aber Gott hatte
ihn erkannt und zu seinem auserwählten
Rüstzeug gemacht, und bald erkannten
auch wir die ihm gegebene Vollmacht:
die Sicheren zu erschüttern, daß sie in der
Anfed1tung .den wahren Glauben lernten;
die Angefochtenen so zu trösten, daß sie
den Herrn Christus lieb gewannen; die
Kirche nach vorn zu rufen, aus der
Selbstgenügsamkeit in die Welt hinein, in
der Nad1folge ihres Herrn; das alte
Evangelium so zu verkünden, daß es uns
neu wurde und wir durch Luther wieder
zu Paulus fanden. Er war uns so weit
voraus, daß wir ihm oft nur zögernd
folgten. Nie blieb er bei dem Erreichten
und Erkannten stehen, immer verbrannte
er die Schiffe hinter sich und stieß ins
Unbekannte vor. Es war ihm gegeben,
Zusammenhänge zu schauen, die andern
verborgen blieben. In zunehmendem
Maße wurde er, den Sehern des ·Alten
Bundes gleicl1, von Gesichten gequält, die
eine unheilvolle Zukunft enthüllten. In
ihm verliert unser Volk einen seiner
großen Propheten und unsere Kirche
einen jener Wäditer, die sie in der Vollmacht des Geistes immer wieder zur Umkehr rufen. Er tat das so, daß die Hörer
nidit verstockt wurden, sondern sich dem
Wort öffneten. Weil er· aus dem Wort
lebte, konnte er es in einer edlen Sprache
und in unvergeßlicli schönen Bildern
weitergeben.
Wer aber nidits anderes will als zur
Wahrheit Gottes zu führen, gilt der Welt
als Verführer· - jener Welt jedenfalls
die 1933 an die Macht kam. Als de;
Kirchenkampf begann und sidi Studenten
aller Fakultäten um den jungen Privatdozenten in Königsberg und den Professor in Riga scharten, griffen die Madithaber ein. Absetzung, Verbannung und
Vcrfolgung braditen Angst und Trauer,
und, doch stand das „Allezeit fröhlicli"
über seinem Leben. Die Freude kam von
seiner Frau und seinen Kindern von
seine!! Kan?idaten, dem ostpreußisdien
Pred1gersem1nar der Bekennenden Kirche,
und von seiner Gem<'inde in Dortmund.*)
„Gezüchtigt und docli niclit ertötet" - 5o
durchlitt er die Gefängnishaft und die
Bombennädite in Dortmund, in deren
einer das Pfarrhaus von St. Marien in
Trümmer sank. Als ein Sterbender wußte
er sicl1, als er erfuhr, daß er sclion für
das Konzentrationslager bestimmt war.
Und „siehe, wir leben!" Ein Wunder
Gottes war es, daß er damals durch das
tapfere Eintreten seiner unvergeßlichen
Frau, Eurer lieben Mutter, davor im
letzten Augenblick bewahrt wurde. Und
*) Der Lehrer der Kirche wurde zu einem Führer
der Bekennenden Kirche.
er, der selbst so Gefährdete, hat nie gezögert, verfolgte Juden und entflohene
Premdarbeiter unter eigener Lebensgefahr
zu verbergen.
Neues Leben wurde ihm gegeben, als
er 1945 wieder in Göttingen einen Lehrstuhl erhielt; ein neues Sterben begann,
als ihm dann Eure liebe Mutter genommen wurde. Darüber ist er innerlicl1 nie
ganz hinweggekommen. Nun wird er an
ihrer Seite hier im Park von Beienrode
seine letzte irdisclie Heimat finden. Aber
sie hat es noch miterlebt, was sein Glaube
und seine Liebe, hier im „Haus der
helfenden Hände" schufen, und daran
mitgewirkt. Als der Arme, der nach der
Währungsreform wie wir alle nichts besaß, erwarb er dieses Gut - auf Hoffnung hin, mit einem Wagemut, den wir
damals vor elf Jahren für eine Torheit
hielten.
Aber die erbetenen Gaben kamen, und
so entstand das Flüclitlingsselbsthilfewerk
„Haus der helfenden Hände" in Beienrode, das sich heute noch in völliger Unabhängigkeit durcl1 die Gaben seiner
Freunde und die Erträgnisse der Landwirtschaft erhält. Ihr aber, die Bewohner
dieses Hauses, die Ihr· vor vier Woclien
nocli in Fröhlichkeit mit ihm zusammenwart, Ihr wißt, mit welclier Fürsorge er
die Menscl1en und die Dinge hier trug.
Liebe, als Frucht des Glaubens, war ja
die Haltung, in der er seinen Mitmenschen begegnete. Weil er sie wahrhaft
liebte und sicli ihnen ohne Vorbehalt
öffnete, konnte er .aucli so an ihnen
leiden. Aber trotz aller Enttäusdiungen
fing er immer wieder neu mit ihnen an
- aucl1 mit seinen Gegnern. So fand er
Freunde ohne Zahl bei allen Gruppen
und Parteien, in allen Völkern und Bekenntnissen, überall in der ganzen Welt.
Ihr, seine Angehörigen, werdet es in den
kommenden Zeiten erfahren, und es wird
Euch in Eurer Traurigkeit doch ein wenig
·
aufrichten.
Ein Menscl1 ging ~on uns, der wie
kaum ein zweiter in den Gegensätzen, in
denen er lebte, ein ganzes, volles Dasein
in seiner Breite und Tiefe auslebte: der
Sclilesier, der seinP. Wahlheimat Ostpreußen glühend liebte - wie oft und
gern hat er von dem Leben dort erzählt!
- und der docli mit seinem Denken und
Handeln ganz der Ökumene, der
Weltchristenheit, verpfliditet war; der
Kämpfer für sein Volk, der docli ein
leidenscliaftlidier Anhänger der Friedens.bewegung · war; der Gelehrte, dessen
größte Freude die Denkarbeit war und
der doch in seinem Handeln einen
erstaunliclien praktischen Scliarfblick für
die Dinge der Politik und der Wirtscliaft
zeigte; der Theologe, der auf dem Weg
vom Katheder zur Kanzel nid1t umzuschalten braudite, weil ja für ihn
Wissenscliaft und Glaubensverkündigung
nicht im Streit lagen. Und so hat er,
vierzehn Tage vor seinem Heimgang, als
letztes Wort der Gemeinde die Osterbotscliaft ausgerichtet, daß der Tod der
Anfang eines neuen Daseins ist: „als die
Sterbenden - und siehe, wir leben!"
Als unser lieber Bruder vor Jah~en die
Trauerfeier für seinen Freund, unsern
Bruder Gollniclc, hielt, sagte er ein unvergeßlidies Wort: „Laßt uns den Trost
der Ewigkeit nidit vorwegnehm7n". Das
wollen wir uns auch heute und hier sagen
lassen und nicht so tun, als hätten wir
Einblick in Gottes Gedanken und könnten uns deshalb mit diesem Sterben einfach abfinden, als wäre alles g~t, was
geschah, gut, daß es so kam! ~ei!1, auc:'i
der Schmerz hat sein Recht! Wir smd 11?it
Euch verwundet und fühlen uns verwaist
wie Ihr; auch wir haben an ihm einen
Vater verloren, sind hilflos und ratlos
und zornig und empfinden ~ie _gan2:e
Kümmerlicl1keit und Unzulanghchke1t
menschlicl1er Trostworte. Wir wissen
Gottes Wege nicht,. wir sin~ Wand.erer
im Dunkeln. Aber wir gehen m das Lidit.
Was wir festhalten wollen, verlieren wir;
was wir aber an Gott verlieren, werden
wir in ihm wiederfinden. Was wir in
Gottes Hand legen, wird Gottes Hand
uns wiedergeben - wenn auch gewiß
anders, als wir meinen. Das ist der Trost
der Ewigkeit.
Gott hat unsern Bruder hingenommen in sein großes Scliweigen und den
dunklen Mantel um ihn gesdilagen, den
wir Tod nennen. Aber wir kennen nur
die Außenseite. Wie das Leben ist aucli
der Tod nur ein Übergang und der Anfang eines neuen Lebens in dem, der da
spricht: ·„Icl1 lebe, und ihr sollt auch
leben!" Amen.
Ernst Bttrdach, Bonn
Präses D. Ernst Wilm
Der Apostel Paulus schreibt: „Ich habe
eucli gegeben, was idi aucli empfangen
habe, daß Christus gestorben sei für
unsere Sünden nach der Schrift und daß
er begraben sei, und daß er auferstanden
sei am dritten Tag nach der Sclirift."
Unser Bruder und Freund Hans Joad1im
!wand ist in unserer westfälischen Landeskirche in Dortmund in der scl1weren Zeit
des Kirclienkampfes, des Krieges und
seiner Zerstörung und. aucli nocli eine
kurze Zeit des Neuanfangs unter Trümmern und Not Pastor und Prediger des
Evangeliums gewesen. So spreclie ich im
Namen unserer Evangeliscl1en Kirclie von
Westfalen, zugleich aber auch für viele
seiner Freunde und Brüder. Einer von
ihnen, Kircl1enpräsident Martin Niemöller,
hat midi gebeten, aucli für ihn hier den
Gruß zu sagen. Er wäre gekommen, wenn
er nicht zu einem Vortragsdienst in England, den er unmöglich jetzt noch absagen konnte, verpfliditet gewesen wäre.
Aber Bruder !wand war nidit nur in
seiner Dortmunder Zeit der Botscliafter
der frohen, guten, freimadienden Bot-
scliaft von Jesus Chri.stus. Er ist es immer
gewesen. „Ich habe euch gegeben, was icli
audi empfangen habe."
Um diese ganze Botschaft ist es ihm
gegangen, „daß Christus gestorben sei für
unsere Sünden nach der Sduift, und daß
er begraben sei und daß er auferstanden
·sei am dritten Tage nach der Sclirift."
Diese ganze Botschaft hat er noch vor
gut vierzehn Tagen hier auf dieser Kanzel
zu Ostern zugleicli für viele Hörer am
Rundfunkgerät verkündigt. „Ich lebe und
ihr sollt auch leben!" Das hat aucli seine
heiße Liebe zur Theologie und seine Sorge
um die Kirche bestimmt, daß die frohe
Botschaft wirklicli verkündigt wird, und
es in der Kirdie darum und immer wieder
darum geht. Das hat ihn zu seiner Arbeit·
an den Göttinger Predigtmeditationen
getrieben und nidit in Ruhe gelassen.
Die ganze Botschaft, die aus der anderen Welt, der Welt Gotes, zu uns kommt
und ihren Prediger „exterritorial" macht.
Aber mm eben ganz in diese unsere Welt
hineingekommen ist und hineingehört und
hineingesagt werden darf und soll als
Botschaft für diese Welt und für alle
Menschen:
Die Botsd1aft von der Gerechtigkeit
Gottes in dieser Welt.
Die Botsd1aft von· seiner Versölmung
mit dieser Welt.
Die Botschaft seines Friedens fiir
uns hier.
Daß durdi sie Brücken gebaut werden
über die trennenden Gräben und Türen
geöffnet werden in den abschließenden
Mauern. Darum die Mitarbeit von Bruder
!wand bei der Prager Christlichen
Friedenskonferenz. Daß der Friede Gottes
sidi als eine wirkliche reale Macht des
Friedens und der Versöhnung erwies.
Daß diese Botschaft uns wirklidi frei
machte, die Kirche und die Christen frei
machte und uns den Weg des freien
Gehorsams führte. „Meine Schafe hören
meine Stimme", sagt Christus, „und sie
folgen mir, und idi gebe ihnen das ewige
Leben."
Und für diese Botschaft das ganze
Leben! Wie war unser Bruder mit dem
ganzen Herzen dabei! Es sagte mir in
diesen Tagen, als die Naduicht von
seinem Tod uns ersdiütterte, ein Freund:
„Bei !wand merkte man immer, wie sein
Herz erfüllt war und wie alles aus diesem
_warmen Herzen kam." Wie hat es ihn
getrieben und nicht in Ruhe gelassen! Er
konnte so begeistert sein - und wir vergessen das nicht mehr, wie Bruder !wand
so oft sagte: „Bruder Wilm, wunderbar!"
Aber wie konnte er auch zornig sein und
leidenschaft!idi erregt, wenn nad1 seiner
Meinung Unrecht geschah oder in der
Kirche ungehorsam und wider das Evangelium gehandelt wurde.
Muß ich nodi sagen, wie das sein
ganzes Leben bestimmt hat? Wie er so
seinen Weg geführt wurde, aus seinem
geliebten Ostpreußen weg als ein schon
vor 1945 und um des Evangeliums willen
Vertriebener - ja, und aud1 ins Gefängnis - und weiter in seiner Existenz als
Pastor und als theologisdier Lehrer.
Das ganze Leben für die Botsdiaft! Wie
wir das bei ihm erfuhren in der Synode
der Evangelisdien Kirche in Deutsd1land,
in der Evangelisd1en Konferenz, in
unseren Delegationen beim Besud1 der
Kird1en in Rußland.
Die Botsd1aft des Lebens - ja, und
nun wahrhaftig die Botsdiafr für sein
ewiges Leben.
„Ihr sollt audi leben!"
„So fahr idi hin zu Jesus Christ,
mein Arm tu idi ausstrecken.
So sdilaf idi ein und ruhe fein,
kein Mensch wird mid1 aufwed,en,
denn Jesus Christus, Gottes Sohn,
der wird die Himmelstür auftun,
midi führ'n zu ew'gen Freuden."
Dr. Dr. G. W. Heinemann
Durch den Tod des Theologieprofessors
D. Hans Joadiim !wand haben die Evangelische Kird1e und das deutsche Volk
einen Mann verloren, der seit vielen
Jahren ein Teil ihres Gewissens y.rar.
Religiöse und sitt!idie Verpf!icli.tung als
Beitrag zur Formung der öffentlichen
Meinung auch in den Fragen des irdisdien
Sdiicksals der Mensdiheit - das waren
die Grundfagen, von den ausgehend
Professor 1wand lehrte und predigte. Als
bekennender Christ stand er gegen Hitler,
und als bekennender Christ reihte er sidi
ein in die Gemeinschaft jener, die im
Wettrüsten, insbesondere im atomaren
Wettrüsten, gottesloses Handeln und eine
Geißel der Menschheit erblid,en. Es be-
unruhigte ihn zutiefst, daß die guten
Ansätze einer Besinnung der ersten Nachkriegsjahre in Kirche und Volk nicht
durdigehalten wurden. Beklemmend legte
es sidi auf sein leidensdiaft!idies Herz,
daß ersd1reckend Vieles wieder so wurde,
wie es war. Kompromißlos wie wenige
stand !wand zu seinem Wort und wurde
nie müde, die schwachen Fäden der nodi
bestehenden Verbindung zwischen den
beiden Teilen unseres Vaterlandes und
Europas weiterzuknüpfen. Angefeindet
von Verständnislosen, aber geehrt und
geliebt von seinen Freunden, ist Professor
!wand von uns gegangen. Sein Wirken
war und bleibt eine Ehre für uns alle.
SPD-Pressedienst
Dr. Adolf Arndt
Bekenner in Ost und West
. . . !wand bezeugte seinen Glauben
auch in der Politik, dodi nicht, um eine
Partei zu fördern; er gehörte keiner
Partei an, so sehr er Kurt Schumadier
liebte und verehrte und als guter Freund
der Sozialdemokratie gelten durfte.
Leidenschaftlich wandte er sidi aus brennendem und blutendem Herzen dagegen,
daß die sittlidie Besinnung unter dem
Wirtschaftswunder erstickte und alles
wieder so wurde, wie es gewesen war,
und die Mäd1tigen von gestern sich
wieder vordrängten. Im Göttinger RemerProzeß erstattete er das Gutaditen, daß
der Aufstand des Gewissens am 20. Juli
sittlidi und christlich gereditfertigt war,
seine Warnung vor dem Unheil einer
atomaren Aufrüstung und seine unbeugsame Haltung gegenüber der restaurativen Fehlentwiddung in unserer Zeit
ließen ihn für die, die nidit gestört sein
wollten, zum unbequemen Mahner, zum
li.rgernis des bekennenden Christen werden. Noch über das Grab hinaus wurde
ihm sein Zeugnis mit blinder Feindsdiaft
vergolten. So behauptete eine Zeitung in
ihrem Naduuf, seiner Ansidit nadi hätte
Deutschland für die Sdrnld am Kriege
durd1 einen Verzicht· auf die deutsdien
Gebiete jenseits der Oder und Neiße
„bezahlen" sollen. Nidits konnte !wand
ferner liegen, als soldi händlerisdie Beredinung. Er hat keinem politisdien Verzicht das Wort geredet. Er besaß den
aufrediten Mut, auf die sittlidie Mitverantwortung der nationalistlsdien „Ostraum"-Politiker an dem furchtbaren Unred1t der uns widerfahrenen Vertreibung
aus der Heimat hinzuweisen1 damit die
Heimsuchung begriffen und die Not
friedlich überwunden werde. Eine andere
Zeitung schalt ihn, der nie neutral blieb,
der immer wagte, einen „Theologen der
Neutralität" und verdächtigte ihn, er
hätte den Christen in der Zone das Feststehen im Glauben nid1t erleichtert. Wahr
ist, daß gerade die evangelisdien Christen
in der Zone auf ihn blickten und hoffien.
Wahr ist, daß es für !wand keine Zonengrenze gab, sein unermüdlid1es, flammendes Wirken iiber alle Grenzen hinweg,
quer durdi alle Lager und Blöcke hin"
durd1 ließen ihn zum Trost der von ihm
immer wieder bis nach Ungarn und weit
in die Sowjetunion hinein bcsud1ten
evangelisdien Gemeinden jenseits des
Eisernen Vorhangs werden. !wand ging
es niemals um Politik, sondern stets unmittelbar um das Zeugnis des Glaubens,
allerdings mit Redn audi um den Glauben in der Politik. Darum konnte, weil
er kein Parteigänger war, auf allen Zu-
sammenkünften sein wadies Auge keinen
Augenblidt durdi Ideologien getrübt
werden. Gerade er sah wadisam die Gefahren und die Bedrüdrnngen. Möglicherweise hat es z1.1 seinem frühen und jähen
Tode beigetragen, wie kraß er auf der
Rüd,kehr von seiner letzten Reise nadi
Prag im Ostsektor Berlins die Verhärtung
erkannte, die von dort her die Christen
überall im Osten bedroht.
Mit !wand hat der Protestantismus
den gründlid1sten Kenner seiner Lage im
Ostblock, hat die soziale Demokratie
einen warmherzigen Freund, hat die
evangelisdie Christenheit einen seinem
Glauben lebenden Bekenner in West und
Ost, hat Deutschland einen Patrioten und
die Welt einen Christenmensdien verloren.
Aus dem „ Vorwärts"
Heinz Kloppenburg DD.
Wo der Herr nidit bei uns wäre,
gingen Wasser allzuhoch über
unsere Seele.
Psalm 124, 1.5
Das ist das Losungswort des 2. Mai,
des Todestages von Hans !wand. Es triffi
uns in das Herz.
Denn diesen Tod haben wir nodi nid1t
verkraftet. Hier ist ein Mann abberufen,
und wir sind hilflos und fragen uns: Wer
wird nun das tun, wofür er da war?
Er war Professor der Theologie, und
sein Herz brannte für die Gottesgelehrsamkeit. In den Predigtmeditationen
arbeitete er Jahr für Jahr inidem Dienst,
den die Theologie zu tun hat: Dienst an
der Verkündigung, am lebendigen Zeugnis der Gemeinde. Alles, was lebt, lebt
von dem einigen Gott; diesen Gott zu
preisen ist das Amt der Christen, und es
gibt kein Tun des Christen in dieser
Welt, das nidit von Christus Lidit
Grenze und Ziel erhält. Deshalb leben~
diges Wirken des Christen in Gesellsdiaft
und Staat; Entlarvung der falsdien
Götter, Dienst an der Gered1tigkeit und
der Versöhnung im Lobpreis Gottes und
im Ertragen des Kreuzes.
Hans !wand verbarg sich nid1t hinter
dem Sdireibtisdi, der Eifer um das Haus
des Herrn hatte ihn gefressen (Psalm 69,
10). Er war einer der größten Schüler
Martin Luthers, die wir je hatten, aber
er .bradite bewußt das Opfer, auf das
Sdireiben vieler Büdier zu verziditen,
wenn aktuelle Not der Kirdie ihn forderte, und wann hätten die Fragen nach
Zeugnis und Weg der Kirche mehr uns
alle in Anspruch genommen als in den
Tagen, die wir durdilebten und durd1leben? So gehört das zusammen: sein
Wirken im Predigerseminar der Bekennenden Kirche in ßloestau, . seine Ausweisung aus Ostpreußen und das Gefängnis ,in Dortmund; sein Lehramt in
Göttingen und Bonn und das Hineinwerfen seines ganzen Seins in die Vcrsöhnungsarbeit zwischen Ost und West.
Die Menschen des Ostens liebten ihn,
weil sie seinem Zeugnis glaubten. Und
die Politiker von Vorgestern fürchteten
ihn, weil sie spürten: hier ist eine größere
Gewalt, als wir sie haben. Er war ein
königlicher Haushalter der guten Gaberi
Gottes; wer zu ihm kam, saß mit ihm
und seinen Kindern an einem Tisch, und so predigte er auch, daß der Hörer
sich am Tisch Gottes fand und mit Staunen seiner Kindschaft inne wurde.
Wir haben ihn am 6. Mai in Beienrode
beigesetzt, im Park des „Hauses der
·helfenden Hände", und sein Grab liegt
neben dem seiner Frau, deren Tod er nie
verwunden hat und der er dankbar war
bis zu seinem letzten Lebenstag. In der
Schaffung dieses H:ll!ses für seine geliebten ostpreußischen Brüder und Sd1western, in den Konventen, die jährlich dort
tagten, in diesem Beienrode ist noch einmal sichtbar geworden, was diesem
unserem Bruder gegeben war: die Erfüllung des Psalmwortes: „Wohl den
Menschen, die dich für ihre Stärke halten
und von Herzen dir nachwandeln, die
durch das Jammertal gehen und mad1en
daselbst Brunnen; und die Lehrer werden
mit viel Segen geschmückt."
Diesen Segen werden seine Kinder
spüren und alle, die Hans lwand liebten.
Aus „]1mge Kirche"
BUCHBESPRECHUNGEN
Lic. Karl Immer
Mit dem Tode von Professor Iwand
hat die evangelische Kirche in der vergangenen Woche einen ihrer profiliertesten und leidenschaftlichsten Theologen
verloren. Die Rechtfertigungslehre in der
Theologie Luthers war das große Thema
seiner wissensmaftlichen Arbeit, der Erneuerung der Predigt durm bessere Zurüstung der Pastoren galt sein Mühen;
mit Leidenschaft suchte er nam rechten
Antworten des Christen auf politische
und soziologisme Fragen unserer Tage.
Er konnte sagen: Ein Christ ist ein
Mensch, der „seine Grenze an Gott gefunden hat", und dies hat Konsequenzen
in allen Lebensgebieten ...
Der rheinisme Präses D. Beckmann
sagte bei der Trauerfeier, daß die Schwere
des Verlustes von Professor Iwand wohl
heute nom nicht ganz zu übersehen sei.
An drei Stellen besonders wird .seine
Mitarbeit und sein Rat fehlen: Einmal
ist er wohl der deutsche Theologe, der in
den letzten Jahren am häufigsten die
Kirmen und Gemeinden des Ostens besumt und erquickt hat. Seine Zeit und
Kraft in den Dienst an den Brüdern in
der Zerstreuung auszuströmen, war ihm
vornehmste Pf!imt. Zum andern galt
seine Bemühung dem Frieden unter den
Völkern; er smrieb in seiner letzten
Veröffentlichung: „Es müßte etwas
Gründlimes vom Frieden gesmrieben
werden, Krieg und Frieden sind totale,
sim gegenseitig aussmließende Größen
geworden." Schließlim' ist er in den
tisch, weil nur der Staat als metaphysische Größe
das Subjekt solcher Strafen sein könne! Was
Wolf unter Zugrundelegung exakter biblisd1er
Exegese dem entgegensetzt, ist höchst bedeutsam,
auch als Beitrag zu der Auseinandersetzung um
die Obrigkeitsschrift des Bischofs Dibelius. Die
Bibel sagt nichts über den Stiftungscharakter
des Staates: sie stellt sein Vorhandensein fest.
Sehr nachdenklich legt man dieses Bändchen
aus der Hand. Hier ist mit vielen Vorurteilen
über Staat und Recht aufgeräumt. Man sollte
es allen in die Hand geben, die sich allzu
selten für diese Fragen Zeit nehmen können,
vor allem aber den .evangelischen• Politikern des
Naturrechts und den Verfechtern der Todesstrafe. '
Wolfgang Sdirader
Ernst Wolf, Todesstrafe. Naturrecht oder
Christusrecht. Evangelische Zeitbuchreihe unter·
wegs Nr. 11 Käthe Vogt Verlag, Berlin 1960.
92 Seiten, Pappband, 3,80 DM.
Erstaunt hört und liest ma_n immer wieder,
wenn heute nodi im evangelismen Raum von
.ewigen Gesetzen• gesprochen wird, wo gewisse
Lebens- und Rechtsordnungen gemeint sind. Und
wenn man dahinterkommt, in welchem Maße
sich naturrechtliche Ideologien in der evangeli·
sehen Ethik (besonders in der politischen) be·
haupten, fragt man sidl, wie dos seit spätestens
1949 noch so unbefangen möglich ist, seit näm·
Schalom ßen-Chorin, Juden und Christen.
lid1 eine autorisierte Instanz der Evangelischen
Evangelisdte Zeitbuchreihe unterwegs Nr. 12.
Kirche in Deutschland das Rechtsproblem erst·
Vogt Verlag, Berlin 1960. 72 S., Papp·
Käthe
mols als Aufgabe anerkonnt und noturrechtliche
band, 3,20 DM.
'
Ideologien ausdrüddich abgelehnt hat.
Es war hohe Zeit, daß einmal in einem handOhne Entscheidungen auszusprechen, informiert
lichen Bändchen für einen größeren Leserkreis
Ernst Wolf auf engem Raum über den derzei·
das Wort eines Juden über den derzeitigen Stand
tigen Stand der Auseinondersetzungen. Besonders
des
jüdisch-christlichen Gespräches erschien. Viele
aufschlußreich ist der Abschnitt, in dem er
wissen ja noch nicht einmal, daß sich gläubige
aufz~igt, wie mit dem Naturredit eine philo·
Juden in ein solmes Gespräch einlassen. Schalom
soph1Sd1e Anthropologie in die Theologie ein·
Ben-Chorin (Jerusalem) hat es schon oft getan.
ge_brochen ist und sich bis heute behauptet hat.
Er macht es sich damit nicht leicht. Sein Reden
Die ~ktualität des Themas wird wiederholt sehr
über die Kirche sticht in seiner Sachkenntnis
deutlich, z. B. bei einem Zitat aus dem Brief".nd Brüderlichkeit wohltuend von vielen .christw,echsel zwischen Präsident Truman und Papst
lichen• Reden über das Judentum in Geschichte
Pms XII. 1947. Von der reformatorischen An·
und Gegenwart ab. Wir erfahren etwas über
· thropologie her ergibt sich ein völlig anderes
die .Heimholung Jesu• in das jüdische BewußtRechtsdenken •. Es i.st kritisdt, nicht dogmatisch.
sein. Wir hören, warum das Gespräch zwischen
Das .Recht wird nicht mehr .religiös", sondern
Juden .und Christen seit der Gründung des
weltlich. angesehen. Der naturrechtlichen Ideologie
st_eht ~1ne ~vorläufige• Gerechtigkeit gegenüber, , Staates Israel 1948 ~ine~ erheblichen Aufschwung
erfahren hat und wie die Auffindung der Schrift·
die mit beiden Füßen auf der Erde steht.
rollen von Qumran neue Aspekte brachte und
._Mit einigem Ents~tzen. liest man im gleichen
zeigte, daß die Beziehungen zwischen Kirche und
Bandehen, daß. - wie semerzeit für die HexenSynagoge noch viel enger sind, als man es ge·
prozesse! - die Geistlichkeit die eifrigsten Fürwußt hatte.
si:recher der Todesstrafe. stellt. Einern Staat, der
Zu einer Reihe von Fragen nimmt Sch:ilom
d!e Todesst~afe aufhebt, wird in den theoloBen-Chorin in den beiden Vorträgen, die in dem
g1s?'e!' Ethiken. und von den Kanzeln herab
Büdtlein
zusammengefaßt sind, ausführlich Stelw.eithm Abfall • vo!' ~.ottes Remt nachgesagt. ,
lung. Dies sind vor allem: das Christ4s-Zeugnis
Eme solche Obrigkeit konne nicht mehr als nach
des Alten Testaments, Gottesreich und Messias
den apostolischen •Vorschriften" bestehende anGesetz, Sünde und Gnade und schließlich di~
erkannt werden! Wolf untersu<!>t die biblischen
Frage der Erlösung, die für den Juden von
~clegs:ellen, •:eilt aber anschließend fest, daß
besonderem Gewicht ist. Er glaubt weiter an die
su:h die für. die Todesstrafe eintretenden Theo·
Unerlöstheit der Welt bis zum Anbruch des
logen um eme s_olche biblische Begründung in
Gottesreiches 1
d~r Regel . gar nicht bemühen (sie ist nämlich
nich~ mllglif). Das Ja zur Todesstrafe wird geEntschieden lehnt Sch;lom Ben-Chorin alle
eh au Grund der Theonomie des Staates
jüdischen Versuche ab, die Christusfrage zu
Süh~~etrAtthoder) dNer Jdee der n_ietaphysisdten
bagatellisieren: .Man weigert • • • Gott nicht
~
aus •
aw Althaus ist ·
•
ungestraft auf eine Frage die Antwort!" Witze
säkularisierten Staat die Todesstrafe ~~obi~~~
über den Gekreuzigten hier wird er zum
'cku
letzten Monaten seines Lebens smärfsten
Angriffen ausgesetzt gewesen von seiten
manmer seiner Schicksalsgenossen, der
Vertriebenen. Es ging um sein Auftreten
gegen das Aufflad1:ern nationalistischer
Strömungen in unserem Volk. Er meinte,,
mit aller Smärfe vor dem Neuaufkommen der nationalistischen Abgötterei
warnen zu müssen. Er schrieb: „Dorthin,
in welcher Form auch immer, darf es
kein Zurück, keinen sehnsumtsvollen
Blick und kein remtfertigendes Wort
geben. Sonst haben wir uns dem Gerimt
Gottes noch nid1t gebeugt, das über
dieses Symbol ergangen ist." Der Mahner
Iwand wird uns fehlen, aber die Probleme, ·die ihn umtrieben, werden uns
nimt so sdmell loslassen.
Aus einem Rundfunk-Nachruf
Unkostenbeiträge (Richtsatz jährlim 5,- DM) für die „Politische
Verantwortung" erbitten wir
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(Johannes Rau)
im Saarland auf Postscheckkonto
Saarbrücken 89 21 (Günther Heipp,
Saarbrücken).
Vielen Dank für alle finanzielle
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J)ie Herausgeber
einzigen Male heftig - bezeidrnet. er als Gott~s­
lästerung. Jesus von Nazareth ist u.nd ble1~t
für ihn die große Zaesur der Geschichte. Die
Haltung und Entscheidung Gamaliels (Apostel·
geschichte 5, 34 bis 40) ersmeint ihm als vor·
bildlicher Ausdruck jüdischen Glaubens: Er ruft
Gott als Herrn der Geschichte zum Richter an.
- Gott ·hat der Kirche eine ungeheur~ Au!·
breitung und Macht gegeben. Dadurdi ist die
Synagoge von Gott selbst gefragt. Aber er hat
auf der anderen Seite auch Israel erhalten! Das
ist eine Frage Gottes an die Kirche. So sind
sie beide aufeinander hingewiesen.
Obwohl die beiden Vorträge alles andere als
polemisch sind, enthalten sie e}nige bit~ere
Wahrheiten die der Kirche zwar n1d1t neu smd,
aber nun g'erade aus dem Munde eines durch~us
brüderlid1 zu ihr Sprechenden aufs neue gehort
und ernsthaft bedacht sein sollten. Etwa wenn
davon die Rede ist wie die Kirche ihren Herrn
immer wieder verr~ten hat. „In diesem Ver.rate
wetteiferte sie mit dem alten Israel, das semen
Herrn je und je verriet an die Baale, zumal
indem es den wahren Gott selbst du~dt falsche.n
. Dienst baalisierte. • Aber gerade . m~em . die
Kird1e das tat, wurde sie mädit1g lll dieser
Welt!
Schalom Ben-Chorin wiederholt und begründet
seinen früheren Vorschlag, ein neue1· H'?her
Rat in Jerusalem müsse den Prozeß Jesu e1~er
Revision unterziehen: die. Juden dürft.en sich
nicht mit dem abfinden was vor zweitausend
Jahren gescheh.en sei und was man noch dazu
nur aus der Darstellung ihrer Gegner' k~nne.
Die innere Notwendigkeit der Verurteilung
Jesu müsse eruiert werden. Israeli müsse offiziell
Jesus von Nazareth eine Antwort. geben. Es
werde dabei allerdings ganz. deutlich v:.erden:
Juden könnten diese Welt n1mt als erlost erkennen, und die Lehre vom perso!'haften Messias lehnten sie weithin als unbiblisch ab.
Wolfgang Schradcr
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