Christentum in Rom inklusive Nero

Transcrição

Christentum in Rom inklusive Nero
Latein‐Matura 2010 23. Christentum in Rom Gebhard BRANDWEINER Christentum in Rom inklusive Nero Ein kleiner Überblick über wichtige geschichtliche Daten zum frühen Christentum: ca. 30 n. Chr.: Prozess und Kreuzigung Jesu Christi unter Kaiser Tiberius ca. 48 ‐ 57 n. Chr.: Missionsreisen des Paulus ca. 62 ‐ 100 n. Chr. Entstehung der Evangelien Jesu Christi nach Markus, Matthäus, Lukas und Johannes. 64 n. Chr.: Brand Roms; erste Christenverfolgung unter Kaiser Nero, ca. 80 ‐ 90 n. Chr.: Entstehung der Apostelgeschichte (gleicher Autor wie Lk) 96/97 n. Chr.: Clemensbrief an die Gemeinde in Korinth in der Zeit der Christenverfolgung unter Kaiser Domitian (erstes christliches Zeugnis in lateinischer Sprache) ab 250 n. Chr: Christenverfolgungen im ganzen Imperium Romanum, besonders unter Kaiser Decius und Diokletian. 313 n. Chr: Mailänder Vereinbarung unter Konstantin I.: Das Christentum wird toleriert. 325 n. Chr: Konzil von Nicäa: Formulierung eines verbindlichen Glaubensbe‐
kenntnisses 391/392 n. Chr: Heidnische Kulte werden von Kaiser Theodosius I. verboten. Christentum und Rom: Wann genau eine christliche Gemeinde in Rom entstand und wer sie begründet hat, ist nicht bekannt. Der früheste Beweis für die Existenz einer Gemeinde ist der Brief an die Römer von Apostel Paulus. Wahrscheinlich gab es viele Judenchristen in Rom, doch es war mit Sicherheit eine gemischte Gemeinde. Doch litt sie nach wie vor unter Verfolgung. Paulus, Petrus und einige andere Apostel wurden in Rom hingerichtet. Im ersten und zweiten Jahrhundert Christus gab es unter den Kaisern Nero, Trajan und Commodus lokal begrenzte Christenverfolgungen. Ab den dritten Jahrhundert nach Christus wurden die Christen systematisch im ganzen Reich verfolgt. Kaiser Septimius Severus verbot unter Androhung der Todesstrafe im Jahre 202 nach Christus die Bekehrung zum Christentum. Kaiser Decius verpflichtete 250 alle Bürger den Staatsgöttern zu opfern. Zu den schlimmsten Verfolgungen kam es in den Jahren 303‐311 nach Christus unter den Kaisern Diocletian und Galerius im ganzen Imperium Romanum. 312 nach Christus kam es zu der wunderbaren Erscheinung Konstantins, in der er das christliche Zeichen vor einer Schlacht am Himmel sah. Daraufhin schloss er im Jahre 313 n. Christus das Mailänder Edikt ab, dass allen Menschen im Imperium freie Religionsausübung zusicherte. Die Legenden besagen, dass sich Konstantin, der Zeit seines Lebens im Christentum interessiert war, am Totenbett taufen ließ. 1 Latein‐Matura 2010 23. Christentum in Rom Gebhard BRANDWEINER Nero Lucius Domitius Ahenobarbus, später Nero Claudius Caesar Augustus Germanicus, wurde 37 nach Christus in Antium geboren. Er war von 54 bis 68 n. Chr. Römischer Kaiser. Er wurde schon früh von seiner dominanten Mutter dazu erzogen eines Tages Kaiser zu sein. So erhielt er eine umfassende Ausbildung und genoss den bekannten Philosophen Seneca als Lehrer. Er wurde 50 nach Christus von Kaiser Claudius, den seine Mutter Agrippina zwischenzeitlich geheiratet hatte, adoptiert. So erhielt er den Namen Tiberius Claudius Nero Drusus Germanicus Caesar und war kurze Zeit später schon an erster Stelle in der Thronfolge. Doch Claudius zog eher seinen leiblichen Sohn Britannicus vor. So vergiftete Neros Mutter den Kaiser, der kurz darauf starb. So kam Nero an die Macht. In den ersten Jahren seiner Herrschaft zeigte er sich als durchaus bemühter und guter Herrscher. Er überlegte alle seine Taten, respektierte den Senat und war beim Volk durch Steuersenkungen sehr beliebt. Er brachte es sogar fast nicht übers Herz ein Todesurteil zu unterschreiben. Die meisten Verbrecher verurteilte er zu Zwangsarbeit. Der Adel wurde meist ins Exil geschickt oder zum Suizid gedrängt. Der Einfluss seitens Seneca, Burrus, dem Kommandeur der kaiserlichen Leibgarde, und seiner Mutter ist in den ersten fünf Regierungsjahren offensichtlich. Doch mit dem Tod von Burrus, dem Rückzug Senecas vom Hofe, und der Scheidung von seiner Frau wurde Nero merkwürdiger. So nahm sein Verschwenden und die Einbildung Künstler zu sein zu. Im Jahre 64 brannte Rom. Die Gerüchte wurden laut, dass Nero den Brand selbst gelegt habe, da er Platz für seinen riesigen Palast schaffen wolle. Tatsächlich befand er sich zum Zeitpunkt des Brandes nicht in Rom. Er kehrte sogar zurück, öffnete seine Gebäude für Obdachlose und senkte den Getreidepreis. Da Nero aber ‐ mitunter zum Selbstschutz ‐ einen Schuldigen für den Brand brauchte, nahm er einfach die Sekte der Chrestiani (→ Christen). Diese waren bei manchen Teilen der Bevölkerung verhasst. So wurden die meisten verbrannt, so wie es das Recht für Verbrecher vorsah, einige gekreuzigt und andere in die Arena den Tieren vorgeworfen. Diese Christenverfolgung unter Nero war aber nur lokal ‐ in Rom ‐ begrenzt. Doch es gab auch viele Bürger Roms, die gegen diese Verfolgung waren. So war nach Neros Tod das einzige Dekret, dass aufgehoben wurde, das gegen die Christen. Beim Wiederaufbau Roms ließ Nero breitere Straßen anlegen, und investierte stark in den Brandschutz. Weiters ließ er sich seinen erträumten Palast bauen, die Domus Aurea, welche ein Areal von 80 ha umfasste. Nach Neros Tod wurde es teilweise abgerissen und geplündert. Auf dem See im Areal wurde das Kolosseum errichtet. Nero wurden weitere Verbrechen angelastet, so der Mord an seinen Stiefbruder Britannicus, den er anscheinen vergiftet haben soll, aber der schon immer Epileptiker war. 2 Latein‐Matura 2010 23. Christentum in Rom Gebhard BRANDWEINER Seine Mutter wollte er auf einem extra konstruierten Boot beseitigen, doch jene konnte entkommen und so wurde sie auf Geheiß Neros 59 n. Chr. ermordet. Ob Seneca und Burrus von dieser Intrige wussten, ist unklar. Weiters ließ er nach der Scheidung von seiner ersten Frau Octavia, die ihm keine Kinder schenkte, selbiger die Pulsadern aufschlitzen und sie in heißem Dampf ersticken. Danach heiratete er seine Geliebte Poppeaea Sabina, die ihm auch endlich ein Kind schenkte. Doch das erste Kind starb kurz nach der Geburt und als sie zwei Jahre später wieder schwanger war, erlag sie ihren Verletzungen, die ihr ein Fußtritt Neros zugefügt haben soll. In seiner Jugend genoss Nero eine umfassende Ausbildung. So war es klar, dass er sich in die schönen Künste verliebte. So wollte Nero immer auf der Bühne stehen, was ihm auch ansatzweise gelang, doch nur unter größtenteils Ausschluss der Öffentlichkeit. Er förderte Zeit seines Lebens die Naturwissenschaften, die Geographie und vor allem die Künste. Weiters war er mit Griechenland sehr verbunden, wo er auch ein Jahr seines Lebens verbrachte. Er glaubte von sich, dass er ein guter Schauspieler sei. So nahm er an den verschiedensten Spielen teil, darunter auch die Olympischen Spiele und die Spiele von Delphi, und gewann auch diese; natürlich nur aufgrund der Präsenz seiner Leibgarde. Nero verlor mit Zunahme seiner Verschrobenheit immer mehr an Respekt. So gab es mehrere Verschwörungen gegen ihn. Aber er befahl auch einigen Nahestehenden den Freitod, so zum Beispiel Seneca. Eine Verschwörung gegen Nero brachte es soweit, dass er flüchten musste. Er wollte nach Ägypten fliehen, doch schlief er am Weg auf einem Landgut ein und, als er wieder aufwachte, musste er feststellen, dass seine Leibwache verschwunden war. Mehr noch. Es erreichte ihn ein Schreiben vom Senat, in dem stand, dass er zum Staatsfeind erklärt worden war, ein neuer Kaiser an der Macht sei und dass ihm der Tod drohe. Inklusive damnatio memoriae, der Auslöschung aus den Geschichtsbüchern. Am Ende brachte sich Nero selbst mit einem Stich in den Hals auf der Flucht um. Er wurde noch mit großen Pomp bestattet. 3