Alte Heimat - Hamburger Sport

Transcrição

Alte Heimat - Hamburger Sport
supporters news # 79 | 05.2015
Das Magazin des HSV Supporters Club
Der wahre Stoff:
Wie ein Trikot entsteht
Taktik: Rasenschach
für Fortgeschrittene
Interview mit
HSV-Präsident
Jens Meier
Alte Heimat
Erinnerungen an die legendären Spielstätten des HSV
Preis: 2,00 Euro
INTRO
Editorial
Foto: Miroslav Menschenkind
Moin!
Endlich ist es so weit! Ihr haltet die neue „supporters news“ in den
Händen und dürft euch erneut auf interessante Themen rund um den
HSV freuen.
Ein Editorial ist ja eigentlich ein kleiner Ausblick auf das Magazin,
aber ganz ohne Rückblick geht es in dieser Ausgabe nun doch nicht.
Tim-Oliver Horn
Wir freuen uns, dass die letzte Ausgabe so gut bei den meisten Lesern
angekommen ist. Aber wir haben uns natürlich ganz besonders die
Kritik zu Herzen genommen: Natürlich ist es nicht unser Anspruch,
allen zu gefallen, aber die eine oder andere Formulierung in unserem
Interview, vor allem zum Thema Pyrotechnik, hätten wir wohl besser
noch mal überdacht. Sei es drum.
Sportlich hatten wir uns in der letzten Ausgabe eine ruhige Rückrunde ohne Abstiegskampf gewünscht. Leider ist es nicht ganz so gekommen. Zum Redaktionsschluss standen wir noch auf dem letzten Tabellenplatz. Hoffen wir, dass die Mannschaft seitdem eine Kehrtwende
eingeleitet hat und in den verbleibenden Spielen die nötigen Punkte
für den Klassenerhalt holt.
Trotz der wiederum turbulenten Saison erleben wir aber auch, dass
der Verein in schweren Zeiten zusammensteht. Wir denken hierbei
insbesondere an die eindrucksvollen Aktionen „Alle Mann an Bord“
und „Bin ich dein Typ“. Mehr dazu im Magazin. Vielen Dank an alle
Unterstützer.
Für diese Ausgabe haben wir unter anderem mit dem neuen HSVPräsidenten Jens Meier gesprochen, verfolgen die Entstehung eines
HSV-Trikots, werfen einen Blick auf die Geschichte der Spielsysteme
und liefern Tipps für eure nächste Tischfußball-Partie. Außerdem
blickt Axel Formeseyn kritisch auf die letzte Mitgliederversammlung
zurück.
Nun wünsche ich euch viel Spaß mit der neuen „supporters news“
und ein paar letzte erfolgreiche Spiele.
Alle Mann an Bord!
Für die Abteilungsleitung
Euer
Tim-Oliver Horn, Abteilungsleiter
3
INTRO
Inhalt
28
20
14
50
4
56
34
Inhalt
INTRO
Mit dem HSV auf Reisen
38
Geschnitten oder am Stück?
40
Andreas Kloß folgt seinem HSV rund um die Welt.
Auch das Trainingslager in Dubai ließ er sich
nicht entgehen. Ein Erlebnisbericht.
Editorial3
Dialog6
Kurzmeldungen10
Ein TV-Vertrag beschert englischen Klubs volle
Taschen. Doch was sagen deutsche Verantwortliche
und Fans dazu? Eine Analyse der Salamispieltage.
TRIBÜNE
VEREIN
Schnappschuss: Tschüss und Danke, Jaro! 8
Alte Heimat
Nächste Saison bekommt die HSV-Arena wieder
ihren alten Namen: Volksparkstadion. Ein Ort volGeschichten – genauso wie am Rothenbaum.
Ein Hamburger in Australien
20.000 Kilometer von Hamburg entfernt verfolgt
Peter Steinort jedes Spiel seines HSV. Ein Gespräch
über Zeitzonen und Fußball-Affinität der Australier.
Der einzige wahre Stoff
Wie entsteht ein Fußball-Trikot? Chefdesigner
Jürgen Rank gewährt einen Einblick.
Keine Ultras, keine Stimmung
Viele HSVer wünschen sich die
„Chosen Few“ zurück. Ein Kommentar.
News aus den Fanclubs
14
ler
18
20
24
26
Zwei Gesichter
44
Niveau, weshalb, warum?
46
Bin ich Dein Typ?
49
Interview mit Jens Meier
50
Zeit, dass sich was dreht
52
Kurzes aus dem Verein
55
56
Die U23 schloss die Hinrunde ungeschlagen als
Tabellenerster ab. Dann folgte eine Durststrecke.
Ein Rückblick auf die Mitgliederversammlung
im Januar – und ein pessimistischer Ausblick.
HSVer kämpfen gegen Blutkrebs.
Der HSV-Präsident über die Stimmung im Verein
und eine mögliche Anpassung der Satzung.
Tischfußball beim HSV: Henning Ramcke
leitet die Abteilung und verrät Tricks.
Hanseatics kehren zurück, Rollstuhl-Basketballer
sind Vize-Pokalsieger. News aus den Abteilungen.
SPIELFELD
Frank Wettstein im Interview
28
Geschichte zum Anfassen
Nächste Pressekonferenz
32
SCHLUSSPHASE
Der Finanzvorstand erklärt, wie es um den Klub
steht, warum die Ausgliederung richtig war und
weshalb der HSV-Kader zu teuer ist.
16 Trainer in elf Jahren: So sieht sie aus, die
Kontinuität beim HSV. Eine Bildergalerie.
Rasenschach für Fortgeschrittene
4-4-2 oder 5-4-1 oder 3-5-2: Jede Zeit hatte ihr
Spielsystem. Auch Ernst Happel hatte eine
Vorreiterrolle.
Zwischen zwei Buchdeckeln steckte ein besonderes
Exponat des HSV-Museums. Ein Rundgang.
HSV kompakt
58
34
Impressum
Herausgeber: Hamburger Sport-Verein e. V., Supporters Club, Sylvesterallee 7 , 22525 Hamburg, Telefon: 040/4155-1500, Fax: -1510
Verantwortlich für die Inhalte: Abteilungsleiter Tim-Oliver Horn (V.i.S.d.P.), Stellvertreter Martin Oetjens sowie die Beisitzern Carsten Bürger, Mathias Helbing und Thomas Kerfin.
Erscheinungsweise: vierteljährlich | Auflage: 55.000 Exemplare
Autoren: Kathrin Ehrcke, Axel Formeseyn, Anne Gnauk, Otto Gruhn, Andreas Kloß, Johannes Kühner, Tina Kuttig, Mathis Paus und Frank Willig
Fotografen: Glenn Hunt, Andreas Kloß, Marco Kopp, Johannes Kühner, Roman Pawlowski, Witters Sport-Presse und sonstige genannte Bildquellen
Koordination und Realisierung: publish!, Hannover | Druck: Quensen Druck+Verlag, Hildesheim
Namentlich gekennzeichnete Artikel, Leserbriefe und Kommentare geben nicht unbedingt die Meinung der Abteilungsleitung des Supporters Clubs als Herausgeber der supporters news wieder.
Wir bitten freundlichst um Beachtung der Anzeigen und danken allen Anzeigenkunden für ihre Treue.
5
INTRO
Leserbrief: Niemals zweite Liga
Liebe HSV Vereins-Kameraden,
nachdem vor der Saison der HeuschreckenKühne-Kapitalismus unserem Verein Seele und Tafelsilber geraubt hat, stellen wir
heute völlig verblüfft fest, dass wir noch
immer nicht um die Meisterschaft oder
wenigstens um europäische Fleischtöpfe mitspielen. Nein – es ist alles wie vorher
oder gar noch schlimmer. Zu e.-V.-Zeiten
hätten die Spieler wenigstens gekämpft.
So oder so ähnlich wird es mir als bekennenden Plus-Verbrecher beinahe täglich um die Ohren gehauen. Man hätte es
ja vorher schon gewusst. War mir vorher
auch klar (so ein gewaltiger Umbruch dauert nun mal länger als ein paar Wochen)
und ich kann grundsätzlich auch mit Kritik dieser Art leben.
Was mich aber komplett anwidert, ist die
neue Nörgler-Masche, dass man doch endlich mal absteigen müsse, damit die „peinliche“ beziehungsweise „arrogante“ Uhr
endlich verschwindet.
Unsere eigenen Fans wollen, dass wir absteigen? Wegen einer Uhr im eigenen Stadion? Und wieso überhaupt arrogant? Ob
es wohl irgendein FCB-Fan arrogant findet,
dass zig Titel das eigene Briefpapier zieren,
wobei die unwichtigsten aus Platzmangel
einfach weggelassen werden?
Die exklusive, ununterbrochene Erstklassigkeit ist doch das einzige, das den HSV
noch von Graupenklubs unterscheidet!
Warum soll denn bitte diese über Jahrzehnte erbrachte und nach wie vor andauernde sportliche Leistung nicht Ausdruck
im eigenen Stadion finden?
Und wie kommt auch nur ein einziger
HSV-Fan auf den Gedanken, dass wir absteigen sollten? Im Gegenteil! Gerade jetzt
heißt es doch wieder einmal, sich zu wehren und im Schlussspurt – wie zu e.-V.-Zeiten schon so oft – das sprichwörtliche Abstiegsgespenst zu vertreiben!
Zweite Liga gibt es in Hamburg genug –
IMMER erste Liga nur ein Mal!
In diesem Sinne sollten wir uns nicht länger selber schwächen, sondern alle zusammenstehen und dafür kämpfen, dass
wir unseren gegnerischen Sportsfreunden
auch künftig als einzige in Deutschland
entgegenschmettern können:
NIEMALS ZWEITE LIGA!
Christian Hamann
Foto: Witters
Dialog
Leserbrief: sn 78
Liebe SC-Magazin-Verantwortlichen,
ich bin ein leidenschaftlicher Leser des Magazins und unterstütze mit meinem Beitrag gerne! Was ich jedoch nicht unterstütze, ist die Verbindung von Gewalt und
Fußball. Denn wenn ich mich nicht verguckt habe, wird in der Werbung auf S. 47
der letzten Ausgabe auf dem „Hamburg
Hardcore“-Shirt ein Schlagring gezeigt.
Das geht in meinen Augen gar nicht, zumal oben in der Werbung noch der Slogan
„kein Bock auf Bremer“ abgedruckt ist.
Ich würde Sie daher bitten, die Werbung
strenger zu kontrollieren!
Viele Grüße,
Tim Oehr
Euer Feedback ist wichtig:
Leserbriefe, Kritiken und Anregungen zur
supporters news, dem Supporters Club und
zum HSV bitte an: [email protected]
Leserbriefe geben nur die Meinung des Einsenders wieder. Die Redaktion behält sich bei
Zuschriften die Auswahl und das Recht der
sinnwahrenden Kürzung vor.
Meinungen zur sn aus dem Netz
Der Supporters Club ist auch bei
6
Dialog
Mitreden und beteiligen!
Aktuelle Themen aus der Welt des Supporters Club aus erster Hand mitbekommen – und sich sogar beteiligen:
Nirgendwo sonst geht das besser als
bei den monatlichen öffentlichen Sitzungen der Abteilungsleitung.
Im Fanhaus ging es bei einem der letzten Treffen zum Beispiel um die Situation im Block 22C und den Wunsch nach
einer Lautsprecheranlage in den Blöcken 24-26A. Zukünftig sollen auf der
Tagesordnung auch die Besuche von
Gästen aus dem Vorstand, dem Aufsichtsrat und dem e. V. Platz finden.
Und selbstverständlich sind auch alle Mitglieder des Supporters Club dazu aufgerufen, sich an Diskussionen zu beteiligen oder eigene Tagesordnungspunkte
einzubringen. Das hat mehrere Vorteile: Zum einen bekommt die Abteilungsleitung dadurch ungefiltert mit, was
die Vereinsmitglieder beschäftigt. Zum
anderen besteht direkt die Möglichkeit, über diese Tagesordnungspunkte in einen Dialog zu treten. Auch Kritik ist selbstverständlich jederzeit
willkommen – sofern sie als Grundlage für sachliche Diskussionen dient.
Die Abteilungsleitungssitzungen sind jeden zweiten Mittwoch im Monat
um 19 Uhr im Fanhaus
(Stresemannstraße 162), die nächste also
am 13. Mai. Kurzfristige Änderungen werden auf www.hsv-ev.de veröffentlicht. |
Die Abteilungsleitung freut sich auf regen Besuch bei den öffentlichen Abteilungsleitungssitzungen.
7
INTRO
Na shledanou,
Jaro!
David Jarolim hängt nach neun Jahren und 342 Pflichtspielen für
unseren HSV die Fußballschuhe an den Nagel, und wir sagen
Auf Wiedersehen (na shledanou) und Danke für die geile Zeit.
8
Schnappschuss
Foto: Witters
E
s war wie ein großes Familientreffen, allerdings mit
über 32.000 Teilnehmern.
Das Abschiedsspiel von unserer HSV-Legende David Ja-
rolim war ein rauschendes und bisweilen
emotionales Fußballfest. Der Einladung
in sein Wohnzimmer, das Volksparkstadion, folgten zahlreiche ehemalige HSV-Spieler wie Mladen Petric, Sergej Barbarez und
Mehdi Mahdavikia sowie Ex-Kollegen aus
der tschechischen Nationalmannschaft.
„Ich bin glücklich und gerührt, dass so viele
Fans zu diesem Spiel gekommen und so viele alte Kollegen meiner Einladung gefolgt
sind“, sagte Jarolim sichtlich gerührt, nachdem er minutenlang seine Ehrenrunde gedreht und mit der Nordkurve gefeiert hatte. Dass der Mittelfeldkämpfer mit seinem
Dream-Team 5:7 gegen die HSV Allstars unterlag, war da längst nur eine Randnotiz. |
9
Foto: HSV-Area
INTRO
Party vor und nach jedem HSV-Heimspiel gibt‘s auf dem Gelände der Firma Body Attack gegenüber der S-Bahnstation Eidelstedt.
Die neue Party- und Livekonzert-Fläche auf
dem Gelände der Firma Body Attack, direkt gegenüber der S-Bahnstation Eidel­
stedt in Hamburg, erfreut sich wachsender Besucherzahlen. Vor und nach jedem
HSV-Heimspiel haben die HSV-Fans auf
dem Weg zum oder vom Stadion die Möglichkeit, als „Warmup“ oder „‎ Aftershow“
die Party-Area kostenlos zu besuchen. Neben Bier vom Fass, Speisen und KaffeeSpezialitäten erwartet die Stadiongänger
Live-Musik.
Denkmal für „Burschi“
Verschmitztes Lächeln, Daumen hoch – so
haben Hermann Rieger alle HSVer in Erinnerung. Damit dieses Bild niemals verblasst, hat der Verein dem am 18. Februar
2014 verstorbenen Kult-Masseur des HSV
ein Denkmal gesetzt. Zum ersten Todestag von „Burschi“, wie Riegers Spitzname
war, enthüllte die Klubführung um Dietmar Beiersdorfer im Beisein der Mannschaft eine 180 Kilogramm schwere und
1,90 Meter große Bronze-Statue vor dem
Volksparkstadion in Hamburg. „Wir vermissen Hermann Rieger. Ich bin froh, dass
ich ihn nun wieder jeden Tag sehen kann“,
sagte Beiersdorfer bei der Zeremonie, der
rund 100 geladene Gäste beiwohnten – darunter auch HSV-Ikone Uwe Seeler und
ehemalige HSV-Spieler wie Nico-Jan Hogma. Rieger, der in seiner Zeit beim HSV
zum Klub-Idol aufstieg und sogar einen
eigenen Fanclub (Hermanns treue Riege) hatte, knetete 26 Jahre die Oberschenkel und Waden der HSV-Fußballprofis. Im
Jahr 2004 musste Rieger seinen Beruf aufgrund einer Krebserkrankung aufgeben.
Der Sympathieträger, der aus dem bayrischen Mittenwald an die Elbe kam, wurde von Spielern, Funktionären und Fans
gleichermaßen geschätzt. Aber auch im
übrigen Fußball-Deutschland war der
10
zufrieden: „Bislang wurden unsere Erwartungen sogar übertroffen. In Anbetracht
der Tatsache, dass wir erst vor wenigen
Wochen angefangen haben und die Werbung fast nur über das Internet lief, ‎sind
wir mit der Anzahl der durchschnittlichen 200 bis 300 Besucher pro HSV-Heimspiel sehr zufrieden. Tendenz steigend“,
so Michael Wendt. Die Party-Fläche in der
Schnackenburgallee 217 ist bei allen HSVHeimspielen a
‎ b zweieinhalb Stunden vor
und direkt nach dem Spiel geöffnet. |
Den Anfang zur Opening-Party am 22. Februar machte HSV-Rapper Elvis, gefolgt von
Torfrocks Vorband Meyer. Weitere HSVSzene-Bands wie Abschlach und die Hamburger Jungz folgen. In Zukunft sollen aber
auch Cover- und Top40-Bands für ausgelassene Stimmung sorgen. Dabei wollen
wir uns aber nicht auf eine Musikrichtung
festlegen, sondern ein vielfältiges Programm auf die Beine stellen.
Betreiber Jan Budde (Body Attack) und Michael Wendt (1887-Musik.de) zeigen sich
Alle Mann an Bord!
Physiotherapeut bis zuletzt beliebt. Rieger
verkörperte den HSV vorbildlich und war
ein gern gesehener Gast bei anderen Bundesligisten. Allein bei seiner Beisetzung
versammelten sich rund 3.000 Fans, Spieler und Wegbegleiter, die ihm noch einmal
die letzte Ehre erweisen wollten. Die Bronze-Statue formte der spanische Bildhauer
Pedro Requejo Novoa. Insgesamt arbeitete der Künstler fünf Monate an dem Denkmal. „Leider habe ich Rieger nicht kennenlernen dürfen, habe seine Wärme aber
immer gespürt“, sagte der Künstler bei der
feierlichen Einweihung. Hermann Rieger
wurde 72 Jahre alt. |
Foto: Witters
Start geglückt
Die Lage ist ernst bei unserem HSV. Darum haben wir als Supporters Club
den Aufruf „Alle Mann an Bord!
... gemeinsam die Klasse halten“ gestartet. Wir wollen damit unserer ersten Mannschaft
zeigen, dass wir auch in der derzeit
schwierigen sportlichen Lage hinter
ihr stehen und sie bedingungslos unterstützen. Denn nur wenn wir alle gemeinsam an einem Strang ziehen, können wir
dem Abstiegsgespenst die Stirn bieten und
am Ende die Klasse halten. Beim Heimspiel
gegen den VfL Wolfsburg folgten bereits
tausende HSVer unserem Aufruf. Jetzt geht
es darum, auch in den restlichen Begegnungen zusammenzustehen, um unseren Hamburger SV wieder in ruhigere Fahrgewässer zu manövrieren. Wir haben jetzt einfach
keine Zeit mehr für Lagerdenken. Daher ist
es auch völlig egal ob AG oder e. V., es geht
einzig um unseren, den gesamten HSV, die
Basis unserer Leidenschaft, ja teilweise unseres Lebens. Darum bitten wir alle HSVer:
Unterstützt uns und euren HSV bei der Mission „Gemeinsam die Klasse halten“. Nur
durch die Mitwirkung aller beteiligten HSVGruppen ist der für den Klub so wichtige
Verbleib in der Fußball-Bundesliga zu schaffen. Lasst uns alle Kräfte mobilisieren! |
Kurzes
„1.000 Meilen für den HSV …“
... heißt es in einem Klassiker von Abschlach, der beschreibt, was HSV-Fans für Auswärtsspiele
ihres Teams auf sich nehmen. Im Bundesligavergleich müssen die Anhänger der Rothosen in einer
Saison zwar nicht die weitesten Strecken zurücklegen – es sind aber deutlich mehr als jene 1.000
Meilen aus dem Abschlach-Song.
Ticker
+++ Bargeld. Die ungeliebte
Bezahlkarte „Stadiondeckel“ ist
15.384 km
Wegstrecke pro Saison
seit dem Heimspiel gegen Paderborn bei Borussia Dortmund
abgeschafft. Ab sofort können
Stadionbesucher wieder Bier
und Bratwurst in bar bezahlen,
das teilte der Klub auf seiner
Homepage mit. Zur nächsten
4.615 Euro
Pkw-Kosten pro Saison
Saison will der BVB ein eigenes
Bezahlsystem entwickeln.
+++ Boykott. Trotz der sportlich hervorragenden Ausgangslage, Darmstadt 98 spielt um
den Bundesliga-Aufstieg mit,
haben sich die Fans gegen einen Stadionbesuch Ende April
ca. 140 Std.
Zeit auf der Straße
Verein
km pro Saison
1.
Bayern München
17.270
2.
Hertha BSC
3.
km pro Spiel
Pl.
Verein
1.016
10.
17.188
1.011
FC Augsburg
16.260
4.
SC Freiburg
5.
Als Grund geben die Ultragruppen des Vereins die „skandalösen Einlasskontrollen“ an. +++
Basis: Google Maps, Hin- und Rückfahrt
Teuer. Der Feuerzeug-Wurf von
Kosten: 0,30-Euro-km-Pauschale
Gelsenkirchen wird für den Be-
Durchschnittsgeschwindigkeit: 110 km/h
Pl.
bei RB Leipzig ausgesprochen.
km pro Saison
km pro Spiel
Hannover 96
11.502
677
11.
Mönchengladbach
11.158
656
956
12.
FSV Mainz 05
10.566
622
16.124
948
13.
FC Schalke 04
10.472
616
Hamburger SV
15.384
905
14.
SC Paderborn
10.428
613
6.
Werder Bremen
13.654
803
15.
1. FC Köln
10.126
596
7.
VfB Stuttgart
12.964
763
16.
Eintracht Frankfurt
10.100
594
8.
VfL Wolfsburg
12.638
743
17.
Bayer Leverkusen
9.856
580
9.
1899 Hoffenheim
11.758
692
18.
Borussia Dortmund
9.812
577
schuldigten richtig teuer. Rund
43.000 Euro Schadensersatz
stehen im Raum. Beim Schalker
Heimspiel gegen den 1. FC Köln
verletzte ein geworfenes Feuerzeug S04-Kotrainer Sven Hübscher am Kopf. +++ Innovativ.
Der englische Siebtligist Dulwich Hamlet, beheimatet im
Südosten Londons, reagiert auf
die immer höheren Ticketpreise in der Premier League und
lockt Fußball-Fans mit einer
kreativen Kartenpreisaktion
ins eigene Stadion. Jeder Sta-
Blick zurück: supporters news 62
In der Ausgabe 62 beschäftigte sich
die „supporters news“ unter anderem mit dem Fansein hinter der
Mauer in der damaligen DDR. Wie
war das Fan-Leben eines HSVers
dort? Wie muss das gewesen sein,
als HSV-Fan keine Spiele besuchen
zu können, die Spiele noch nicht einmal offiziell im Fernsehen sehen zu
dürfen? In Zeiten vor Internet und
Videotext war eine „Grundversorgung“ mit Infos über die Fußballliebe aus der Hansestadt für Ostdeutsche kaum zu gewährleisten.
Trotzdem gab es eine große Anhängerschaft des HSV auch zu DDR-Zeiten im Osten. Ausgabe 62 erzählt
Geschichten aus dem Arbeiter- und
Bauernstaat über selbstgenähte Fanartikel, unliebsame Begegnungen mit
der Volkspolizei und HSV-Zeitungsartikel in Stasi-Akten.
Ebenfalls berichete Trainer Bruno
Labbadia in einem Interview über seine ersten Monate beim HSV. Knapp
zwei Wochen nach Erscheinen des
Magazins war die erste Amtszeit
des quirligen Ex-Stürmers dann aber
auch schon wieder beendet. In der
Folge verpasste der HSV nicht nur
den Sprung auf die Europapokalränge, sondern – bis heute schmerzhaft –
das Finale der Europaleague im eigenen Stadion. |
dionbesucher darf so viel oder
so wenig für ein Ticket zahlen,
wie er möchte. Der Saisonrekord von 811 Zuschauern konnte zu Saisonbeginn überboten
werden. Beim Heimspiel gegen
Hampton & Richmond Borough
begrüßte der Verein insgesamt
2.856 Zuschauer. +++
Ausgabe 62 als PDF
www.hsv-sn.de/sn62.pdf
INTRO
Zeit für „Zeitspiel“
„Zeitspiel“
Einzelausgabe:
7,80 Euro zzgl.
Porto. Nur im
Direktvertrieb
erhältlich.
12
Auf die Ohren
Gerade jetzt, in Zeiten des Um- und Aufbruchs, kommt dieser Song wie gerufen:
Herbie Kopp, einigen schon bekannt durch
seinen Rock-Titel „Wir sind wieder da“,
zeigt erneut, wie fest er die Raute im Herzen trägt. Mit „Für immer mein Verein“ beweist der Sänger Kopp viel Gespür für echten hanseatischen Stadionrock. Der Song
ist eine Hommage an den Hamburger SV
und vor allem an seine Fans, die dem Klub
auch in schweren Zeiten zur Seite stehen.
Anderes musikalisches Genre, gleiche Aussage: Der Rapper DaWeed hat eine Hymne über seine Heimatstadt Hamburg geschrieben. Sprachgewaltig bringt er mit
seinem neuen Track „Hamburg“ das Gefühl der Menschen in der Nordmetropole auf den Punkt. Die Liebe zum Hamburger SV, zum Wasser und zum alltäglichen
Schnack auf der Straße verarbeitet Rapper
DaWeed gekonnt in seinen Reimkreationen zu einem stimmigen Stadtbild.
Beide Songs sind im Handel über iTunes
und Amazon erhältlich. Die offiziellen Videoclips findet ihr über das Videoportal
Youtube. |
Rohbau-Träume
Visionen nehmen Gestalt an: Auch wenn
es langsamer vorangeht als geplant, so
wird aller Voraussicht nach der FC United
of Manchester spätestens zur neuen Spielzeit im eigenen Stadion seine Ligaspiele bestreiten. Der Klub, der vor zehn Jahren als Antwort von frustrierten Fans über
den Einstieg eines US-Investors beim Traditionsverein Manchester United gegründet wurde, sieht in dem Bau den nächsten Schritt, ein vollwertiger Fußball-Verein
zu werden. Noch gleicht das rund sieben
Millionen Euro teure Projekt einem Rohbau, aber die Verantwortlichen des Klubs,
der erst in die 6. Liga aufgestiegen ist, sind
zuversichtlich, dass die Arbeiten schon
in den nächsten Monaten abgeschlossen
sein werden. Insgesamt soll das Stadion
im Nordosten Manchesters Platz für 4.500
Zuschauer bieten. Aber nicht nur der Verein, sondern auch die Gemeinde soll von
dem Fußballplatz profitieren. So hat der
Fan-Verein seit seiner Gründung im Jahr
2005 mehrere soziale Projekte in der näheren Umgebung angeschoben, die direkt
den Menschen im Viertel zugutekommen. |
„Wenn wir nicht 0:1
zurückliegen würden,
könnten wir 1:0 führen.“
(Kuno Klötzer)
Foto: Witters
Auf dem Markt der Fußball-Magazine gibt es einen neuen Mitspieler: „Zeitspiel“ heißt das 92 Seiten starke Blatt,
das sich in vielerlei Hinsicht von anderen Magazinen abhebt. So widmet sich
„Zeitspiel“ schwerpunktmäßig jenen Ereignissen im Fußball, die in der allgemeinen Berichterstattung eher am Rande Berücksichtigung finden. Einerseits
blickt das Magazin dabei nostalgisch
auf die „gute alte Zeit“ zurück, andererseits begleitet es den Fußball aber auch
aktiv auf seinem Weg durch die Gegenwart: im Hinblick auf aktuelle Entwicklungen, Insolvenzen und Hoffnungsträger unter den Klubs. Der Blick wandert
dabei auch über die Landesgrenzen der
Bundesrepublik hinaus: Fans und Fanszenen werden als unverrückbare Bestandteile des Fußballs gesehen, denen
insbesondere unterhalb der kommerziellen Ebene häufig eine tragende Rolle
zukommt. Jährlich werden vier Ausgaben des Fußball-Magazins erscheinen,
jede wird einen großen Leitartikel beinhalten, der sich intensiv und von
möglichst vielen Seiten aus betrachtet mit einem aktuellen Thema, das den
schönsten Sport der Welt bewegt, beschäftigen wird – in der Premieren-Ausgabe beispielsweise mit dem Thema
„Überleben im Turbokapitalismus. Fußballvereine zwischen TV-Geldern, Insolvenzgefahr und einbrechenden Zuschauerzahlen“. Ebenfalls im ersten
Heft: Fußball in Tansania, der Gästeblock des 1. FC Magdeburg, Borussia
Neun­k irchen, Schlesien, der Spandauer SV, Borussia Fulda und vieles mehr.
Infos zum neuen Fußball-Magazin –
welches auch im sozialen Netzwerk Facebook zu finden ist – und Möglichkeiten zur Heft-Order finden sich auf der
Webseite www.zeitspiel-magazin.de. |
Kurzes
Fast ausverkauft
7.500 verkaufte Exemplare in 3,5 Jahren:
Pünktlich zum 125. Geburtstag des HSV ist
im September 2012 das Buch „Kinder der
Westkurve“ erschienen. Sieben HSVer haben darin die komplette Geschichte der
HSV-Fans in Wort und Bild aufbereitet –
nach intensiven Recherchen, unzähligen Interviews und sehr viel akribischer Arbeit.
Auf 660 Seiten und mit mehr als 2.000 Abbildungen blicken die Autoren auf alle Epochen der HSV-Fankultur zurück. Das Buch
beschreibt zum Beispiel die großen Erfolge
des HSV aus Sicht seiner Fans, erzählt von
den Anfängen der ersten HSV-Fanclubs und
setzt sich auch mit den kritischen Aspekten
der Fankultur auseinander.
Nun biegt das Projekt auf die Zielgerade ein.
Sechs Jahre nach dem Startschuss haben
die Macher des Werks knapp 7.500 Exemplare unter die Leute gebracht. Die letzten Restbestände sind für 19,90 Euro erhältlich, unter anderem unter www.hsv-buch.de.
Für HSV-Fanclubs gibt es stark vergünstigte Konditionen. Detailierte Informationen
dazu gibt es auf Anfrage unter per E-Mail:
[email protected]. |
Gläserner Fan
„Karta kibica“. Das heißt auf Polnisch FanKarte. Eine Plastikkarte mit Name, Geburtstag, Größe und einem Foto des Betreffenden. Die Karte sieht fast so aus wie
ein Personalausweis. In polnischen Fußballstadien übernimmt die „karta kibica“ genau diese Funktion, sie identifiziert
den Zuschauer und erlaubt ihm in Kombination mit der Eintrittskarte den Zugang zum Stadion. Mitsamt Foto werden
die gesamten gesammelten Daten vom
Klub an ein zentrales Meldesystem weitergeleitet, in dem bereits mehr als eine
Million Besucher von Fußballspielen und
anderen Massenveranstaltungen registriert sind. Ausgedacht hat sich das ganze
der polnische Gesetzgeber, der sich durch
diese Maßnahme mehr Sicherheit bei großen Menschenaufkommen verspricht. Das
„Gesetz zur Sicherheit bei Massenveranstaltungen“ verpflichtet die Vereine, ihre
Fans gläsern zu machen, ob sie wollen oder
nicht. Doch allmählich regt sich Widerstand bei einigen Klubs. Acht Vereine aus
der ersten polnischen Liga haben sich von
der Karte verabschiedet – auch der derzeit
erfolgreichste Legia Warschau. Die Karte erschwere den Stadionbesuch, wie der
polnische Fußballverband auf seiner Internetseite beklagt. Die Folge: immer geringere Zuschauerzahlen. Derzeit kommen
durchschnittlich knapp über 8.000 Fans zu
einem Spiel. Liga und Klubs hoffen durch
den Wegfall der Karte auf vollere Stadien.
Erstligist Katowice hat einen kreativeren
Umgang mit der ungeliebten Fan-Karte gefunden: In Kombination mit einem Klubkonto erhalten die Anhänger bei Niederlagen 50 Prozent und bei Unentschieden
25 Prozent des Eintrittspreises erstattet. So
wird die Karte zum Zahlungsmittel im Stadion oder dem Fan-Shop. |
13
TRIBÜNE
14
Heimat
Von Frank Willig · Fotos: Witters
Alte Heimat
Wehmut gehört bei HSV-Fans zum Dasein. Ganz besonders, wenn es
um die Spielstätten Rothenbaum und Volksparkstadion geht. Dort
wurde Geschichte geschrieben, die den Verein noch heute prägt.
F
rüher war alles besser. Natürlich. Dass dem so ist,
weiß jeder – nicht nur der geneigte Fußballfan.
Denn so wie Traditionen überliefert werden, wird
auch die Verklärung der guten alten Zeit von Generation zu Generation weitergereicht. Nicht anders beim HSV und insbesondere dann, wenn es um seine beiden beziehungsweise eigentlich drei Spielstätten geht.
Als die Tage des engen und oft emotional aufgeladenen Sportplatz
am Rothenbaum im Jahr 1963 gezählt waren und es für die Rothosen ins Volksparkstadion ging, saß der Stachel bei vielen HSVern
tief. Obgleich Proteste ausblieben. „Das Präsidium hat Entscheidungen gefällt, und die wurden akzeptiert“, blickt HSV-Urgestein
Walter Koninski zurück und verweist auf die zugleich unter den
Mitgliedern herrschende Euphorie im Zuge der Bundesliga-Gründung, welche Anlass für den Stadionwechsel war.
Als 35 Jahre später der Umbau des Volksparkstadions in einen reinen Fußball-Ground auf der Agenda stand, hieß es erneut vom gewohnten Steh- oder Sitzplatz Abschied zu nehmen. Da war der
alte Rothenbaum mit seinem Klubheim „Löwenburg“ schon längst
HSV-Geschichte.
Nostalgie am Rothenbaum
So richtig interessant wurden in Deutschland Stadien nach dem
Ersten Weltkrieg, als das Zuschauerinteresse am Fußball stetig
wuchs. In einer Zeit, als man während der Halbzeit noch ungestört
zum Tor des gegnerischen Torwarts wechseln konnte, als Stehplätze das Stadion beherrschten. Sand wurde seinerzeit zu Kurven aufgeschüttet und mit Schotter bedeckt, die Anhänger standen in
Anzug und Krawatte bis an die Seitenlinie des Spielfeldes heran.
Aus einem Meer von Hüten stieg Tabakqualm empor, dazwischen
tummelten sich Kinder in Matrosenanzügen.
In diesen Tagen machte sich Oscar Algner junior, Jahrgang 1923,
zum ersten Mal auf den Weg zum Sportplatz Rothenbaum – der
ersten großen HSV-Spielstätte, wo der noch junge Klub nach dem
Zusammenschluss des SC Germania von 1887, des Hamburger FC
1888 und des FC Falke 1906 im Jahr 1919 regelmäßig seine Heimspiele austrug. Bei Algners Stadionpremiere 1928/29 gegen Victoria Hamburg verfügte der Rothenbaum bereits über eine Drainage, gut 30.000 Plätze und hatte seine offizielle Einweihung gegen
den aktuellen Meister 1. FC Nürnberg im Jahr 1924 (1:1) längst hinter sich.
Mit seinem ebenfalls HSV-verrückten Vater und dessen Freunden
drückte sich Algner auf eine Bierbank, die gerade einmal einen
Meter hinter der Torlinie Fußball hautnah garantierte, erzählt er
in „Kinder der Westkurve“. Ein Szenario, welches wohl jeden heutigen Fußballfan Adrenalin in die Adern pumpen sollte. Schließt
man nun noch die Augen und stellt sich einen Besuch im unmittelbar dem Stadion gegenüberliegenden Klubheim nach dem Abpfiff vor ...
Traum-Klubheim Löwenburg
Jenes hatte der Klub – um die HSV-Gemeinschaft von Anfang an
zu pflegen – bereits 1921 in einer schmucken Gründerzeitvilla eingerichtet und mithilfe seiner Mitglieder liebevoll und gediegen
ausgestattet – schließlich wurde hier so manche Gastmannschaft
empfangen. Zur „Löwenburg“ hatten ausschließlich HSV-Mitglieder Zutritt, im Keller befanden sich Umkleiden und Duschen, ein
großer Saal im Parterre, Geschäftszimmer und Konferenzraum
waren oben angesiedelt. Auch der Kartenvorverkauf ging in der
Burg – dem Sammelpunkt aller HSVer – über den Tresen.
Aufbruch zu Neuem
Es waren schöne Zeiten, doch entwickelte sich die Welt und damit auch der Fußball weiter. Die Gründung der Bundesliga war
für 1963 auf dem Programmzettel notiert, der HSV musste infolgedessen aus- beziehungsweise umziehen. Nahe liegt der Gedanke, dass mit dem anstehenden Umzug in die riesige Betonschüssel
Volksparkstadion einiges verloren gehen sollte, doch weit gefehlt:
„Rückwirkend habe ich den Wegzug vom Rothenbaum des Öfteren
bedauert. Dort fühlten wir uns zu Hause, dort war das Klubhaus,
15
TRIBÜNE
„Das Spiel wurde zur
Nebensache. Es wurde
immer enger im Block.“
eine ganz andere Atmosphäre“, blickt Oscar Algner zwar wehmütig zurück, doch bot das im fernen Stadtteil Bahrenfeld gelegene
und universell einsetzbare städtische Rund mit breiter Laufbahn,
flach ansteigenden Zuschauerrängen und komplett anderem Flair
auch Chancen für Neues: Denn erst in den unendlichen Weiten der
Mega-Stadien konnten sich die ersten Fanclubs frei entwickeln,
der erste Fanblock entstehen. Zunächst auf der Osttribüne, später auf der bald legendären Westtribüne. Block E, Block 13, Dachverbandscontainer oder Mitgliederblock sind weitere Schlagworte.
Doch welcher Umzug geht schon gänzlich ohne Stottern über die
Bühne? Verlor der HSV zwischen den überaus erfolgreichen Jahren
im Fußballnorden 1947 und 1963 lediglich 20 Heimspiele und freute sich auf den nun bevorstehenden Siegeszug in der Bundesliga,
folgte zügig Ernüchterung: „Wir waren im Norden dominierend,
warum sollten wir nicht dominierend in Deutschland sein? Dass
sich das in den ersten 20 Jahren ganz anders darstellte, kam für
uns sehr überraschend“, schmunzelt Walter Koninski heute. Viele Plätze blieben leer: In der ersten Bundesligasaison brachte es der
HSV noch auf einen Zuschauerschnitt von etwas mehr als 34.000,
zwei Jahre später gerade einmal noch auf 23.000.
Dirk Mansen, der an jenem Unglücktag im Block war, blickt zurück: „Das Spiel wurde zur Nebensache. Es wurde immer enger im
Block, die ersten bekamen Panik, immer mehr drängten nach unten. Mir blieb die Luft weg. Direkt vor mir waren einige Fans dabei,
den Zaun mit Zangen und Bolzenschneidern zu öffnen. Die Ordner vor den Blöcken gestikulierten wie wild und versuchten am
Ende des Spiels, die Fluchttore zu öffnen. Anscheinend hatte aber
niemand Schlüssel dafür. Der Zaun brach, ich stand hilflos davor
und merkte, wie es nun Stück für Stück nach vorn ging. Ich stand
inzwischen fast an der Kante und sah, wie neben mir Fans an
den abgerissenen Stahlenden des Zauns durch die Lücke gedrückt
wurden … und dann fiel ich nach vorn. Ich lag auf einigen anderen Fans auf der Tartanbahn direkt vor dem Block und merkte, wie
sich die Menge von oben über mich ergoss. Unter mir lag jemand,
der anscheinend bewusstlos war, hellblau angelaufen.“ Glücklicherweise gab es am jenem Tag keine Menschenleben zu beklagen, doch stand der HSV unter tiefem Schock. Größere Umbaumaßnahmen wurden diskutiert, letztlich blieb es aber auch aus
Kostengründen bei kleineren, wie den Bau von zusätzlichen Wellenbrechern, verstärkten Zäunen oder Nottüren.
Ende des Rothenbaum
Umbau zum reinen Fußballtempel
Das Stadion am Rothenbaum gab es zwar zu diesem Zeitpunkt
noch, doch spielte der HSV dort nur noch in Ausnahmefällen. Das
letzte Pflichtspiel an alter Wirkungsstätte war schließlich ein in
jeder Hinsicht trauriges: Am 19. August 1989 empfingen die Rothosen in der 1. DFB-Pokal-Runde den MSV Duisburg. Zum einen
schied der HSV mit 2:4 aus, zum anderen kam es zu heftigen Ausschreitungen zwischen den Fangruppen. Für den HSV stand damit fest, dass dies das letzte Spiel am Rothenbaum gewesen sein
sollte. Da auch das Training schon längst nach Ochsenzoll „ausgelagert“ war und der HSV im Stadtteil Rotherbaum nahezu nicht
mehr stattfand, beschloss der Hamburger Senat 1991 eine Umnutzung des traditionsreichen Geländes. Drei Jahre später, am 5. September 1994, fiel die alte Sitzplatztribüne trotz aller – wenn auch
zugegebenermaßen späten – Versuche des Hamburger SV, das alte
Vereins-Erbe zu erhalten.
Schwarzer Tag 09.06.1979
Trauer und Entsetzen anderer Art herrschte bereits 15 Jahre zuvor,
als der 9. Juni 1979, auf den alle HSVer hingefiebert hatten, in einer Katastrophe endete. Der HSV war am Spieltag zuvor mit einem
Remis in Bielefeld nach 19 Jahren endlich wieder Deutscher Meister geworden und erwartete nun zum Schaulaufen und Feiern am
letzten Spieltag 78/79 die Bayern. Das Volksparkstadion war mit
61.314 Zuschauern restlos ausverkauft, möglichst viele versuchten
mittels Kartentausch und anderen Tricks in die Westkurve zu gelangen – dorthin, wo das „Fanherz“ des HSV den Titel feiern wollte.
16
Umfangreiche Baumaßnahmen sollten schließlich erst 1998 beschlossen werden, als die HSV-Chefetage den lang gewünschten und bereits geplanten Umbau des Volksparkstadions absegnete – zum quasi dritten Stadion der HSV-Geschichte. Für die erste
der riesigen und weitläufigen Leichtathletik-Arenen war damit
das Ende gekommen. Bereits am Montag nach dem letzten Saisonspiel 1997/98 rollten die Bagger an und begannen die Ostkurve
einzureißen. Der Umbau fand samt 90-Grad-Drehung des Spielfeldes während des laufenden Spielbetriebs statt, sodass manch Dauerkarteninhaber im Saisonverlauf 98/99 mehrfach seinen Platz
wechseln musste. Im Ergebnis stand nun eine Spielstätte, wie sie
sich die meisten HSV-Anhänger gewünscht hatten – und der Verein war vor allem wieder Herr im eigenen Hause: Die Stadt Hamburg hatte dem Klub die Liegenschaft mit der Auflage überlassen, ein WM-taugliches Stadion zu errichten. In diesem gilt es nun
auch in der aktuellen Serie 2014/15 die Weichen für weitere Jahre
Bundesliga zu stellen – damit in der kommenden Spielzeit, wenn
die Spielstätte wieder offiziell Volksparkstadion heißen wird, niemand sagen kann: „Früher war alles besser ...“ |
Weitere Geschichten über die Stadien des HSV stehen
in dem Buch „Kinder der Westkurve“ | www.hsv-buch.de
Heimat
17
TRIBÜNE
Auswanderer
Von Mathis Paus · Foto: Glenn Hunt
Ein Hamburger
in Down Under
Auch wenn fast 20.000 Kilometer zwischen Brisbane und Hamburg
liegen – Peter Steinorts Leidenschaft für den HSV kann das nichts
anhaben. Der Auswanderer verfolgt auch in Australien alle Spiele.
Ein echter Hamburger in Australien:
Was hat dich nach Down Under verschlagen?
Nachdem meine erste Frau 2003 verstarb,
habe ich erneut geheiratet, eine Australierin, die 16 Jahre in meinem geliebten Hamburg lebte. Da sie gern wieder nach Hause
wollte und meine Kinder schon Familie
haben, war es für mich keine Frage, nach
Australien auszuwandern. Jetzt leben wir
seit sieben Jahren in Brisbane.
Gibt es australische Freunde, die deine
Faszination für den HSV teilen und sich
die Live-Spiele mit dir gemeinsam anschauen?
Leider nein. Meine Frau interessiert sich
gar nicht für Fußball, und meine Freunde vor Ort konnte ich auch noch nicht
überzeugen, ein Spiel mit mir anzuschauen. Aber mit einem alten Bekannten aus
Bielefeld bin ich teilweise während der
Übertragung via Skype in Kontakt.
Versuchst du trotz der Entfernung und
des Zeitunterschieds, die Spiele des HSV
zu verfolgen?
Ja. Hier in Brisbane sehe ich die Spiele mit
acht, neun Stunden Zeitunterschied im Internet, also meistens zu nachtschlafender Zeit. Vergangenen Sommer, als ich im
Deutschlandurlaub war, habe ich mir im
Stadion die Partie Hamburg gegen Hoffenheim angeschaut. 1:5 stand es am Ende.
Für diese Pleite bin ich 18.000 Kilometer
gereist. Welchen Stellenwert hat der Fußball
in Down Under, und wie reagieren
die Australier auf deine Leidenschaft für
Fußball?
Allgemein ist in Australien nach den Erfolgen der Nationalmannschaft eine sehr
positive Stimmung für Fußball. Brisbane
Roar, der Verein meiner australischen Heimat, steht im Mittelfeld der Liga und hat
eine breite Fan-Basis. Rugby und Australian Football sind aber beliebter als Fußball.
Meine Freunde verstehen meine Leidenschaft für den HSV und nehmen schon Anteil an meiner Stimmung, die leider in der
letzten Zeit eher schlechter ist, da mir die
vielen Niederlagen zusetzen.
Ist das nicht hart, jedes Wochenende
mitten in der Nacht aufzustehen?
Meine innere „HSV-Uhr“ lässt mich ohne
Wecker rechtzeitig wach werden, um am
Computer die Spiele zu sehen. Am besten
ist es für mich, wenn der HSV die Abendpartie in Deutschland bestreitet, weil ich
sie dann gleich beim Aufstehen um 4:30
sehen kann. Da bin ich dann auch gut
ausgeschlafen.
Soweit reicht die Leidenschaft für den Fußball dann doch nicht. Leider.
Du bist Jahrgang 1941. Seit wann drückst
du für den HSV die Daumen?
Ich bin seit 1950 HSV-Fan, also seit 65
Jahren. Ich habe noch die Spiele am
Rothenbaum, später in der Betonschüssel
Volkspark und dann in der neuen Arena
gesehen.
Welcher Spieler der derzeitigen Mannschaft ist dein Lieblingsspieler, und wer
ist für dich die größte Persönlichkeit
beim HSV?
Artjoms Rudnevs und Heiko Westermann sind meine Favoriten der heutigen
Mannschaft. Einsatz und Wille stimmen
immer. Ohne Frage ist Uwe Seeler die
große Spielerpersönlichkeit des HSV. Nicht
zu vergessen: Trainerlegende Ernst Happel,
der den HSV in den Achtzigern prägte. |
Die Voraussetzungen klingen gar nicht so
schlecht. Schon einmal darüber nachgedacht, einen HSV-Fanclub in Brisbane zu
gründen?
Nein, in meinem Bekanntenkreis – alles
Australier – ist dafür keiner zu gewinnen.
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Foto: Witters
TRIBÜNE
Trikots
Von Mathis Paus
Der einzig
wahre Stoff
Mit keinem anderen Utensil identifizieren sich Fußball-Fans wohl mehr
als mit dem Trikot ihres Vereins. Doch wie entsteht eigentlich ein
HSV-Jersey? Adidas-Chefdesigner Jürgen Rank gibt einen Einblick.
E
s tat schon weh. Immerhin
steckten zwei Jahre Arbeit im
Design des neuen Trikots. Die
intensive Kreativphase, die
Meetings, die Ab- und Rücksprachen mit den Leuten vom Merchandising, dem Marketing und natürlich dem
Vorstand des Hamburger SV. Umfragen,
Meinungsforschung – was ist hip, welcher
Stil ist gerade angesagt? –, die Modemessen, die vielen Flugmeilen. Am Ende war
es ein Mausklick, der den Entwurf des
neuen HSV-Trikots vor der offiziellen Vorstellung ins Internet stellte und damit jedem zugänglich machte.
Jürgen Rank, Chefdesigner für Fußballbekleidung bei Adidas, kann seine Enttäuschung darüber gut verbergen. Er
sagt dann Sätze wie: „Natürlich möchte man immer, dass ein neues Trikot auch
mit den nötigen Hintergrundinformationen und in einem dafür würdigen Rahmen der Öffentlichkeit präsentiert wird.“
Oder: „Ein Trikot ist einfach mehr als nur
ein Bekleidungsstück, es ist ein sehr wichtiges Stück Vereinsidentifikation und sehr
wichtig für Fans und Spieler. Da möchte
man auch, dass ein neues Trikot den Spielern und Fans dementsprechend präsentiert und zelebriert wird.“
Zwei Jahre Arbeit, und dann wird einem
der magische Moment der Präsentation
genommen – ein Wutausbruch wäre gut
nachzuvollziehen. Rank hingegen schlägt
diplomatische Töne an, als wolle er damit
andeuten, dass nicht der richtige Entwurf
im World Wide Web kursiert. Vielleicht ist
er aber auch einfach nur ein Medienprofi, der sich nichts anmerken lässt. So wie
Ranks Arbeitgeber, der Spekulationen um
neue Trikot-Kollektionen, die im Internet
kursieren, stets unkommentiert lässt.
Seit 2004 arbeitet Rank für die Sportartikelfirma mit den drei Streifen. Als Chefdesigner für Fußballbekleidung ist er
verantwortlich für die Mode auf den Fußballplätzen dieser Welt. Auch das Weltmeister-Trikot der deutschen Nationalmannschaft, das vor dem Turnier heftig
wegen seines ungewohnten Designs kritisiert wurde und heute mit mehr als drei
Millionen verkauften Exemplaren zu den
erfolgreichsten deutschen Nationaltrikots zählt, stammt aus seiner Feder. Der
44-jährige Bayreuther nimmt Kritik an
seinen Kreationen und denen seines elfköpfigen Teams sportlich. „Wenn es um
das Aussehen eines Trikots geht, sind
Fans immer mit Leidenschaft dabei“,
sagt Rank. Da gebe es naturgemäß unterschiedliche Meinungen. „Am Ende sollte der Großteil überzeugt sein“, räumt er
aber ein.
Für Rank ist das Gelingen eines neuen Trikots Bürde und Ansporn zugleich,
erst recht, wenn es sich um einen Traditionsverein wie den Hamburger SV mit
über 70.000 Mitgliedern und Anhängern
auf der ganzen Welt handelt. Seit der Saison 2007/2008 verantwortet Rank das
HSV-Trikotdesign. „Durch die langjährige Partnerschaft kennen wir die Ansprüche und Wünsche des Hamburger SV gut“,
sagt Rank. „Wir legen viel Wert auf Kommunikation.“ Wie wichtig diese ist, bestätigt Timo Kraus, Leiter Merchandising
beim HSV: „In den Gesprächen findet ein
intensiver Ideenaustausch statt. Aktuelle
Einflüsse, Themenschwerpunkte für die
Gestaltung und Verkaufserfolge von Vorgängermodellen werden definiert.“ Am
Ende geht es immer darum, welches Design den HSV am besten repräsentiert.
Hat man sich auf eine Richtung geeinigt,
macht sich Rank mit seinem internationalen Team an die Arbeit und entwickelt
die ersten Ideen. Zuständiger Designer der
aktuellen HSV-Trikots ist der Engländer
Lavy Ohayon.
Kreatives Chaos?
Nein, danke!
Kreative Arbeit ist viel strukturierter als
gedacht: „Es gibt verschiedene Phasen im
Produktionsprozess“, erklärt Rank, der in
London Design studiert hat. So ist die Entstehung eines neuen HSV-Trikots einem
strikten Ablauf angepasst. „In der Inspirationsphase versuchen wir alles aufzusaugen, was mit dem Hamburger SV zu tun
hat. Da fahren wir auch schon mal in den
Norden nach Hamburg, gehen ins Stadion,
21
Foto: adidas
TRIBÜNE
Trikot-Designer Jürgen Rank.
um die Atmosphäre, das Lebensgefühl der
Stadt kennenzulernen.“
Damit die Trikots nicht ausschließlich
nach dem persönlichen Geschmacksempfinden der Designer ausfallen, unterhält
die Sportartikelfirma aus Herzogenaurach eine eigene Forschungsabteilung. Ihre
schlichte und doch komplizierte Aufgabe: immer am Puls der Zeit zu sein. „Trends
aus der Modewelt werden gesammelt und
ausgewertet“, erklärt Rank. Aber auch Einflüsse aus Kunst und Architektur spielen eine Rolle. Wichtig sei zudem Marktforschung. Jugendliche und Fußballprofis
werden nach ihren Wünschen und Ansprüchen an ein Trikot befragt. „Für das
WM-Trikot haben wir auch den U20-Nationalspieler Levin Öztunali interviewt. Die
Funktionalität des Trikots steht natürlich
im Vordergrund“, sagt Rank. So müssen die
modernen Hightech-Textilien vor allem
leicht und atmungsaktiv sein.
Zurück in Herzogenaurach beginnt dann
die Arbeit an den ersten Entwürfen. Dazu
verwenden Rank und sein Team ein sogenanntes Moodboard – eine Art Pinnwand, an der collageartig Bilder, Logos,
Symbole sowie erste Zeichnungen des Trikots angebracht sind. Statt mit Stift und
Papier, wie so mancher Modezar, entwickelt das Design Team die Ideen am Computer weiter. Durch 3D-Zeichnungen sind
die ersten Trikotdesigns plastisch auf dem
Bildschirm zu sehen. „So bekommt man
ein erstes Gefühl, ob das Design funktioniert“, sagt Rank.
Nach der Konzeptphase, in der bereits der
HSV erste Entwürfe eingesehen hat, folgt
22
das Feedback des Klubs. Gefällt ein Vorschlag besonders gut, produziert Adidas die ersten Muster. Nach einer finalen Abnahme geht es letztlich in die
Endproduktion.
Dabei ist die Arbeit am HSV-Heimtrikot
besonders schwierig. Der Verein gibt klare Vorgaben: Sogar per Satzung ist definiert, in welchem Rahmen das Design
verändert werden darf. An den Grundfarben – weiß, blau und rot – wird nicht
herumexperimentiert, stellt HSV-Merchandising-Chef Timo Kraus klar: „Die
Einhaltung des Corporate Designs und
der damit verbundene traditionelle Ansatz sind sehr wichtig.“ Wie bei allen anderen Bundesligisten geht es beim Heimtrikot um einen Wiedererkennungswert,
um Identifikation. Nach dem Motto: Meine Farben, mein Verein.
„Ein Trikot ist nicht nur
ein Kleidungsstück“
Rank, der selbst großer Fußball-Fan ist,
weiß um diese Bedeutung: „Ein Trikot ist
nicht nur ein Kleidungsstück, es ist ein
modisches Statement, das die DNA eines Vereins transportieren soll.“ Nach diesem Maßstab haben Rank und sein Team
das aktuelle HSV-Heimtrikot entwickelt.
Die Grundfarbe weiß wird durch zwei
schlanke Mittelstreifen in den Farben Rot
und Blau unterbrochen. Der rote Streifen steht für die Stadt Hamburg und der
blaue für den HSV. Beide Streifen symbolisieren die enge Verbindung zwischen
Hansestadt und Klub. „Optisches Highlight ist das Detail auf der Rückseite des
Trikots“, sagt Rank. Kurz unterhalb des
Kragens prangen zwei Türme und der alte
Mariendom, die symbolisch auf das maritime Hamburg verweisen. Das Vereinswappen ist auf die linke Seite des Trikots gestickt, so dass die Raute
direkt am Herzen der Spieler und Fans ist.
Das übernächste
HSV-Trikot ist
bereits in Arbeit
In Hamburg kommt das
Trikot gut an, und glaubt man
den Umfragen der OnlineSportportale, welcher Verein
das schönste Jersey hat, dann
steht der HSV hinter Borussia
Mönchengladbach auf Platz
zwei der Stil-Tabelle. Eine nette Anerkennung, wie Rank findet. Besonders stolz ist
der Chefdesigner auf das diesjährige Auswärtstrikot. „Hier hat uns der HSV großen Freiraum gelassen.“ Vor allem bei
der Farbauswahl: ein schwarzes Trikot
mit grauen Streifen. Erst auf den zweiten Blick erkennt man, dass die Streifenanordnung leicht verschoben ist und die
HSV-Raute formt. „Die Grafik ist dezent
und trotzdem ein Hingucker“, freut sich
Rank und zollt seinem Designer großes
Lob für dessen Kreativität. Die rote Neonfarbe am Kragen und an den Ärmeln sei
zudem ein gelungener Kontrast.
Der Glanz des Trikots hat sich zwar noch
nicht auf das Fußballfeld übertragen,
aber auf die Verkaufszahlen. „Das diesjährige Auswärtstrikot bewirkt gute Absatzzahlen“, erklärt Kraus. Der HSV-Merchandising-Chef nennt keine genauen Zahlen,
aber auch Rank bestätigt: Das Trikot sei
ein Verkaufsschlager.
Gibt es einen Zusammenhang zwischen
Outfit und Erfolg? Rank lächelt und
schüttelt mit dem Kopf: „Ich weiß aber,
dass viele Fußballer sehr abergläubisch
sind und sich von einem Trikot, in dem
sie erfolgreich waren, nur ungern wieder trennen.“ Unstrittig dürfte indes sein,
dass ein Trikot eine Verbindung zu sportlichen Erfolgen oder besonderen emotionalen Momenten schafft. So steht für viele HSVer das hellblaue Trikot der Saison
2012/2013 für die Rückkehr von Rafael van
der Vaart nach Hamburg.
In der Kreativ-Abteilung in Mittelfranken arbeiten Chefdesigner Rank und sein
Team bereits am HSV-Trikot der Zukunft.
Der Entwicklungsprozess für die übernächste Spielzeit ist bereits angelaufen.
Ausgerüstet mit Notizblöcken, Diktiergeräten und Kameras machen sie sich
wieder auf die Reise durch die
Republik, um von Trendforschern, Wissenschaftlern
und jugendlichen Fußballern zu erfahren, wie die
Sportmode im Jahr 2016
aussieht. „Wir sind sehr
zufrieden mit dem HSV-Trikot. Aber Design entwickelt sich
stetig weiter“, erklärt Rank den
Arbeitseifer.
Und wie sieht nun das Trikot zur
nächsten Saison aus?
Kein Kommentar. |
Fotos: adidas
Trikots
Lavy Ohayon, der die HSV-Jerseys für die aktuelle Saison entworfen hat, bei der Arbeit in Herzogenaurach.
Sorgfältig prüft Ohayon, welche Farben am besten zusammenpassen.
Mit Stift und Papier: Die ersten Ideen werden häufig noch von Hand gestaltet
... am Computer bearbeitet. Mit Hilfe von 3D-Zeichnungen werden die Trikot-
und erst später ...
Entwürfe plastisch am Bildschirm dargestellt.
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TRIBÜNE
Von Otto Gruhn · Foto: Witters
Keine Ultras,
keine Stimmung
Die „Chosen Few“ haben schon immer angeeckt. Jetzt, wo die
Stimmung im Stadion schlechter wird, wünschen sich viele HSVer die
Ultras zurück. Ein persönlicher Kommentar zum Rückzug der CFHH.
I
ch gehöre zum Jahrgang 1965
und bin seit 2004 HSV-Mitglied. Mein Lebensmotto: „Tue
recht und scheue niemand!“
Das gefällt verständlicherweise nicht jedem. Vielleicht auch dir nicht
beim Lesen dieses Textes. Als Dauerkartenbesitzer gehe ich leidgeprüft immer noch zu allen Heimspielen. Nicht so
der größte Teil unserer Ultras CFHH.
Die Ausgliederungsentscheidung im Mai
in Verbindung mit dem Verlust wesentlicher Mitglieder-Rechte war für viele von
ihnen kaum erträglich. Auch die Art und
Weise, wie und von wem für den Anteilsverkauf geworben wurde. So unter anderem von Leuten, die heute scheinheilig
behaupten: „Ich war ja eigentlich gegen
die Ausgliederung, aber ...“ Den letzten
Stoß versetzten unseren Ultras die Vorfälle um das Bayernspiel. Zur Erinnerung:
Während des Spiels wird im Block 22C ein
Plakat hochgehalten mit der bekannten
Abkürzung A.C.A.B. (all cops are bastards).
In voller Montur stürmt daraufhin die
Polizei den Block, setzt gezielt Reizgas und
Schlagstock ein, entfernt das Plakat und
hinterlässt mehr als 100 Verletzte. Allen
Beobachtern – und auch neutralen Medien
– ist klar, dass dieser Polizeieinsatz – milde formuliert – unverhältnismäßig war.
Und die Reaktion unseres Vorstands?
Nimmt er unsere HSV-Mitglieder in
Schutz? Er taucht ab. Er verurteilt nicht
24
den brutalen Polizeieinsatz und fordert
nicht einmal Aufklärung. Stattdessen
lässt er ohne Absprache die Schlösser
von dem Raum auswechseln, in dem
die CFHHler ihre Fahnen, Transparente,
Trommeln gelagert haben. Die Ultras
geben zwar noch bis zum Saisonende Gas,
ziehen sich dann aber von jedem weiteren
Support der Profimannschaft zurück.
Wenn man weiß, mit wie viel Herzblut
sich diese Leute für unseren HSV „den
Arsch aufgerissen“ haben, dann ist ihre
Entscheidung nur allzu verständlich.
Auf der MV im Januar hätte der Vorstand
angemessen reagieren können. Doch
kein nachträgliches Bedauern oder gar
eine Würdigung der geleisteten Arbeit
dieser HSV-Mitglieder. Nur erbärmliches
Verschweigen. Auch von der neuen Abteilungsleitung kam und kommt bisher keine
wertschätzende Stellungnahme. Ganz im
Gegenteil: In der letzten Ausgabe der sn
greift sie die Behauptung ihres Interviewers Axel Formeseyn, es gäbe einen Kodex
der Ultras, dass auswärts „Pyrotechnik
einfach gezündelt werden muss“ auf
und wertet das behauptete Verhalten
als „asozial“ (sn 78, S.40). Immerhin lässt
die Abteilungsleitung mich diesen nicht
unkritischen Text in der neuen sn abdrucken. Vielleicht bin ich aber auch zu naiv
und gutgläubig und merke nicht, dass
dieser Text als Alibi für eigenes Nichtstun
missbraucht werden könnte. „Seht her,
wir haben doch in der sn 79 Verständnis
für die Ultras gezeigt und sie sogar als
vorbildlich gelobt.“
Ich fürchte, mein unterschwelliger Ärger
über populistisches Verhalten bricht
wieder mal durch. Darum zurück zum
Thema. Ich beobachte diese Ultras seit fast
15 Jahren und meine, diesen sang- und
klanglosen Abgang haben sie nicht verdient. Ich fand zwar auch nicht alles gut,
was von ihnen kam, aber insgesamt haben
sie unglaublich viel Positives für unseren
Verein und die Fanszene geleistet.
Wer da ganz anderer Meinung ist, möge
gerne aufhören zu lesen und sich an netten
Geschichtchen und schönen Bildern wie in
der letzten sn erfreuen (z.B. „Eine Familie
mit Schuhtick“, S.16. und Knäbel im Nebel,
S. 25). Für die anderen Mitglieder – und
auch die Ultras direkt – will ich skizzieren,
was mir besonders gut in Erinnerung
geblieben ist:
»» Ihr habt unsere Mannschaft in jeder
Situation unterstützt. Gerade auch
unmittelbar nach Gegentoren. Bedingungslos also. Und ohne Rücksicht auf
Stimme, Freizeit, Geldbeutel und zum
Teil den Arbeitsplatz. Ohne euren Einsatz wäre diese Mannschaft schon 2014
abgestiegen!
»» „Arschloch, Wichser, Hurensohn und
auch noch schwul“ oder gar rassistische
Kommentar
Sprüche wurden durch eure Präsenz im
Block nicht mehr angestimmt.
»» Ihr habt uns und die Spieler mit genialen
Choreographien erfreut. Nicht zu toppen
die zum 125-jährigen Vereinsjubiläum
2012: In rund 17.000 Arbeitsstunden
wurden 45.000 Doppelhalter hergestellt.
Teamarbeit hoch fünf! Ergebnis: Gänsehaut im Stadion, ein unvergessliches
Wirgefühl! Das schaffen keine noch so
großzügigen Investoren, wenn sie denn
irgendwann mal da sein sollten.
»» Ihr habt euch nach innen und außen
sozial engagiert. Viele Jugendliche
brachten sich durch und bei euch für
alle möglichen Aktivitäten aktiv ein. Sie
fühlten sich wertgeschätzt und fanden
eine Art Heimat, gar eine Familie in ihrem Verein. Auch nach außen wart ihr
vorbildlich engagiert. So habt ihr zum
Beispiel Kleider für das Flüchtlingslager
am Volkspark und Gelder für Kinder
mit einer schlimmen Nervenkrankheit
gesammelt. Berechtigt stolz konntet ihr
auf dem Volksparkett einen symbolischen Scheck übergeben.
»» Einige von euch haben sich auch überregional auf Kongressen oder bei öffentlichen Expertenrunden eingebracht. Zum
Beispiel für Mitgliederrechte und den
Erhalt von Fankultur und gegen eine
zunehmende Kommerzialisierung. Sie
waren auch von Medienvertretern geschätzte Gesprächspartner. Geschätzt,
weil sie unaufgeregt und argumentierend für unsere gemeinsame Sache
eintreten konnten. Ich nenne hier als
Beispiele Philipp Markhardt und Johannes Liebnau – obwohl ich weiß, dass
beide eine persönliche Hervorhebung
ablehnen würden.
»» Besonders wichtig erscheint mir als
ein Zeuge der Achtziger- und Neunzigerjahre, dass ihr es mit anderen
geschafft habt, das negative Image des
damaligen HSV zu wandeln. War St.
Pauli der weltoffene, linksorientierte
Verein, prägten beim HSV gewaltbereite
und rechtsorientierte Gruppen das Bild.
Dass diese sich in eurer Zeit zunehmend
zurückgezogen haben, ist auch euer
Verdienst. Eine starke Gruppe – wie eure
– mit positiven Grundsätzen ist mutig
und zeigt Rassisten die Rote Karte.
Einen in alten Klischees verhafteten
Kollegen konnte ich vom neuen Bild des
HSV durch folgende Geschichte überzeugen: In einem Sonderzug zu einem
Auswärtsspiel meinte ein angetrunkener Fan mit einem antisemitischen
Singsang Beifall zu ernten. Doch seine
Enttäuschung mag groß gewesen sein,
als er sich auf freiem Feld wiederfand.
Irgendein Mutiger hatte die Notbremse
gezogen, und gemeinsam hatte man
ihn nach draußen befördert. Wie gesagt:
Eine starke Gruppe.
Fazit
Wie groß der Verlust durch den Rückzug
der CFHH für unseren HSV ist, wird sich
für viele erst im Laufe der Zeit zeigen – abhängig auch davon, wie sich Poptown oder
andere Gruppen entwickeln werden.
Den Rückzug der Ultras bedauere ich
persönlich sehr, weil ich fast immer das
Gefühl hatte, hier stehen Jugendliche
zusammen, reden nicht nur, sondern engagieren sich vorbildlich und authentisch
mit Kopf, Herz und Hand für unseren Verein und die Fankultur. Darauf können alle
Beteiligten stolz sein und haben unseren
Dank verdient. |
Anmerkung der SC-Abteilungsleitung:
In unserem Interview, welches aus einem launigen Gespräch herausgearbeitet wurde, fiel die
Aussage eines AL-Mitglieds über den besagten
Kodex, welche der Autor Axel Formeseyn so
übernommen hat. Übrigens ging es dabei um
das Wolfsburg-Spiel in dieser Saison – also ohne
CFHH-Beteiligung. Somit war diese Aussage
vielmehr auf aktuelle Vorfälle und momentan
aktive Gruppen bezogen. Das entschuldigt
nicht unsere unüberlegte Aussage, wobei zumindest gewisse Kodexe in der Ultraszene nicht
ganz von der Hand zu weisen sind.
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TRIBÜNE
OFCNews
Von Fans für Fans
Ihr tragt die Raute nicht nur alleine im
Herzen, sondern teilt die Leidenschaft für
den HSV mit vielen Mitstreitern in eurem
Fanclub. Gemeinsam erlebt ihr kuriose
Auswärtsfahrten, sorgt regional für Aufsehen durch ungewöhnliche oder karitative
Aktionen und organisiert Veranstaltungen
außerhalb des Spieltagbetriebs.
Auf diesen Seiten eurer supporters news
kommen die OFCs des Hamburger SV zu
Wort. Ihr seid deshalb herzlich eingeladen,
uns mit interessanten Geschichten, lustigen Anekdoten und schönen Erlebnissen
aus eurem Fanclub-Alltag zu versorgen.
Mailt uns eure (bitte nicht allzu langen)
Texte sowie Fotos an die Adresse [email protected]. Wir freuen uns auf eure hoffentlich zahlreichen Rückmeldungen und
euer Mitwirken. |
Harburg Vikings auf Auswärtstour.
Zehn Jahre Harburg Vikings
Unser Fanclub erblickte im Jahre 2005 das
Licht der Welt. Frank Schubert und Daniel Mindt formten aus einer kleinen Gruppe von HSVern die Harburg Vikings. Ende
Mai 2006 wurde die Verbindung zum HSV
auch endlich offiziell. Seither dürfen wir
uns mit Stolz zu den vielen HSV-Fanclubs
in Deutschland zählen. Zusammen haben wir viel erlebt, durften Gäste wie Hermann Rieger, Joris Mathijsen oder Oliver
Scheel bei uns begrüßen. Wir pflegen gute
Freundschaften zu anderen Fanclubs und
sind ständig unterwegs. Neben den Fahrten zu Auswärtsspielen machen wir uns
jedes Jahr zur Bootstour nach Brunsbüttel sowie zum Zelten nach Grömitz auf. Als
Fanclub mit großem Gemeinschaftssinn
engagieren wir uns auch bei mehreren sozialen Projekten. So haben wir vor zwei
Jahren eine
Spendenaktion ins
Leben gerufen, um
Einrichtungen wie
die Mittagskinder – hier bekommen benachteiligte Kinder ein kostenloses Mittagessen – oder das Kinder-Hospiz
Sternenbrücke zu unterstützen. Unser OFC
wird von Thorsten Kriszio geführt. Im Vorstand sitzen Volker Gellers sowie Andreas Schubert. Insgesamt hat unser Club 35
Mitglieder, die alle stolz auf unsere starke Gemeinschaft sind. Gemeinsam hoffen
wir auf noch viele schöne Jahre mit unserem HSV! |
Foto: privat
Besonderer Fanclub
Raute erobert die Insel
„Die Atmosphäre im Stadion war super,
viel besser als in England!“ Das hatte gesessen: Ein größeres Lob von einem englischen Fußball-Fan kann es für einen deutschen Verein und seine Anhänger nicht
geben. Jim Curtis hat sich gemeinsam mit
seiner Frau Ruth vor 13 Jahren mit dem
HSV-Virus infiziert. Ein Freundschaftsspiel
2002 zwischen dem Hamburger SV und
Manchester City sollte für die beiden zur
Erleuchtung und Bekehrung gleichermaßen werden. Das Ehepaar reiste als CityFan nach Hamburg und trat die Heimreise auf die Insel als HSVer an – zumindest
im Herzen.
Denn bis die beiden den Fanclub „HSV Supporters United Kingdom“ gründeten, sollten noch zwei Jahre vergehen. Gemeinsam
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mit Dave Pearson, HSV-Anhänger und bereits seit 1998 als Ansprechpartner für
den HSV Supporters Club in England tätig,
machten sie ihren Traum 2004 wahr. Nur
ein Jahr später war der Fanclub „HSV Supporters UK“ als offizieller OFC vom HSV
anerkannt.
Mittlerweile haben die Supporters UK weit
über 100 Mitglieder aus dem gesamten Königreich versammelt. Damit gehören sie zu
den größten ausländischen HSV-Fanclubs
überhaupt. Besondere Regeln gibt es nicht:
„Wir haben keine Aufnahmeformulare,
und es gibt auch keine Mitgliedsausweise
oder so etwas“, sagt Jim. „Wir verlangen lediglich, dass die Leute den HSV und seine
Anhänger würdig vertreten.“ So wie Jim,
Ruth und Dave es seit Jahren tun. |
Dave Pearson.
Ruth Curtis.
Jim Curtis.
OFC-News
Thema
Zwei Jahrzehnte Leidenschaft
Vor über 20 Jahren traf sich eine Gruppe
von Freunden der Raute, um das gemeinsame Fußball-Hobby als Fanclub zu zelebrieren. Damals hatte man nicht im Entferntesten daran gedacht, dass man heute,
zwei Jahrzehnte später, zu den Dinos unter den HSV Fanclubs zählt. Expansion
stand nie auf den Fahnen der Blauen Celler, und wird es auch in Zukunft nicht. Jedoch hat sich die Mitgliederzahl im Laufe
der Jahre auf rund 100 eingependelt – vom
Kleinkind bis zum 80-jährigen HSVer.
Wir haben in unserem Fanclub eine große Vielfalt an Charakteren, die sich gut
ergänzen und zusammenhalten. Am 26.
Juli 2014 war es dann endlich so weit: Unsere Feierlichkeiten zum 20-jährigen Jubiläum standen an. Vormittags wurde ein
Kleinfeldturnier ausgetragen, welches
die gastgebende Mannschaft „aus Versehen“ gewann. Am Abend fand im Stadthaus Bergen eine Party mit Livemusik von
Abschlach! und den Kneipenterroristen
statt. Beide Bands waren nicht kontaktscheu und mischten sich vor und nach den
Auftritten unter die Besucher der Party.
Ein geiler Abend. Für die nächsten 20 Jahre wünschen wir uns, dass unser HSV die
schwere Zeit übersteht und irgendwann mal wieder einen
Titel holt. Denn so einen Erfolg zu feiern, blieb unserem
Fanclub auch nach all den
Jahren verwehrt. |
von Daniel Eglite
20 Jahre Leidenschaft aus der Herzogstadt Celle.
Botschafter des SC in Hannover
Die Raute hat offiziell Einzug in die Region
Hannover gehalten: SC-Abteilungsleitung
und Regionalbetreuer für Niedersachsen/
West haben mich, Andreas Voigt, zum SCBotschafter ernannt. Zu meiner Person: 46
Jahre, zweifacher Familienvater, Hannoveraner, von Beruf Tageszeitungs-Redakteur. Ich war Mitbegründer und bis Ende
Februar Vorsitzender des OFC Hamburger
Botschaft Hannover, aktuell bin ich stellvertretender Vorsitzender. HSV-Fan bin ich
seit 1979, Vereinsmitglied seit 2004. Warum einen Botschafter für die Region? Weil
es hier eine lebendige Fanszene gibt mit
vier Fanclubs und über 100 Mitgliedern.
Was will ich erreichen? Ich möchte gerne
die Gaststätte Alexander zu einem zentralen Treff für HSVer entwickeln. Wir haben
im „Alex“ ideale räumliche Bedingungen:
mit dem Gewölbekeller zum HSV-Schauen,
mit der angeschlossenen Bar „Marlene“ für
Kleinkunst und Konzerte, die sich ebenso
hervorragend eignet für mögliche SC-Regionaltreffen. Fragen und Anregungen?
Ich bin über E-Mail unter andreas.voigt@
ofc-hamburgerbotschaft.de zu erreichen.
Wer eigene Ideen hat, die Region Hannover voranzubringen – immer her damit.
Gemeinsam lässt sich mehr bewegen. |
SC-Botschafter in Hannover: Andreas Voigt.
27
SPIELFELD
Von Mathis Paus · Fotos: Roman Pawlowski
„Unser Kader
ist zu teuer“
Sportlich wie wirtschaftlich befindet sich der Hamburger SV auf Talfahrt.
Finanzvorstand Frank Wettstein erklärt, wie es um den Klub steht, warum
die Ausgliederung richtig war und nicht jeder Investor zum HSV passt.
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Herr Wettstein, Sie gelten in der Fußballszene als
Experte für Klubs, die in finanzielle Schwierigkeiten
geraten sind. Borussia Dortmund haben Sie 2005
vor der Insolvenz gerettet. Warum ist der HSV Ihr
schwerster Fall?
Dass der HSV mein schwerster Fall ist, sagen Sie. Ob der
HSV mein schwerster Fall wird, bleibt abzuwarten. Damals war die wirtschaftliche Situation beim BVB deutlich kritischer als heute beim Hamburger SV und lässt
sich deshalb auch nicht miteinander vergleichen. Kurzfristig müssen wir als HSV die Voraussetzungen für
die neue Saison schaffen. Aufgrund der angespannten
sportlichen Situation planen wir zweigleisig für die erste
und zweite Liga. Wir werden auch einen Lizenzantrag für
die zweite Liga stellen. Dies war beim BVB damals nicht
erforderlich, denn der BVB war zum vergleichbaren Zeitpunkt bereits einige Punkte besser. Unser Hauptziel jetzt
ist natürlich der Verbleib in der Bundesliga, aber wir wollen kein Risiko eingehen und vorbereitet sein. Die Augen
vor der Realität zu verschließen, macht keinen Sinn.
wettbewerbsfähigen Kader zu stellen. Auf lange Sicht
wollen wir natürlich so aufgestellt sein, dass Transfers
aus eigenen Mitteln finanziert werden können.
Genau das tat der Verein lange Zeit. Sollte für den
HSV nicht das Credo gelten: Keinen einzigen Euro
Schulden für sportlichen Erfolg?
Das ist ein Ansatz, den ich grundsätzlich teilen würde. Aber für den HSV ist das gar nicht notwendig. Wir
sind im operativen Geschäft gut aufgestellt, um einen
Ein nicht unerheblicher Betrag von 17,5 Millionen
Euro. Wie wollen Sie so viel Geld aufbringen?
Idealerweise haben wir bis dahin Eigenkapital zur
Rückzahlung der Anleihe eingeworben. Ich bin da sehr
zuversichtlich. Sollte das aber nicht eintreffen, gibt es
Rückfalloptionen. So könnte z. B. ein neuer Vermarkter-
Sie sind jetzt seit vier Monaten Finanzvorstand beim
Hamburger SV. Wie fällt ihre Zwischenbilanz aus?
Ich bin nicht nur für Finanzen, sondern auch für Recht,
Personal, IT und das Stadionmanagement verantwortlich. Auch diese Bereiche gilt es in die Beurteilung
einzubeziehen. Vor meinem Arbeitsantritt hat der
Klub gute Vorarbeit geleistet. Die Ausgliederung des
Profifußballs ist ein richtiger Schritt gewesen, um
die Strukturen im Verein zu professionalisieren. Die
Posten im Aufsichtsrat und in der Führung sind gut
besetzt. Neben den richtigen kurzfristigen Entscheidungen geht es jetzt darum, auch einen langfristigen
Planungshorizont zu entwickeln. Nicht nur die nächste Saison gilt es zu planen, sondern perspektivisch zu
arbeiten. Ich denke da speziell an das Jahr 2019, weil
dann die Rückzahlung der Fananleihe fällig wird.
Frank Wettstein
SPIELFELD
Vertrag ausgehandelt werden. Auch eine neue Fananleihe könnte aufgelegt werden. Wir werden in jedem
Fall Lösungen finden. Durch die Zehn-Millionen-Spende von Herrn Otto (Alexander Otto, Ex-AufsichtsratsChef, spendete zum Bau des Leistungszentrums jüngst
zehn Millionen Euro. Anm. d. Red.) sind die Baukosten
für das Campus-Gebäude gedeckt. Ich gehe davon aus,
dass noch Ende dieses Jahres der erste Spatenstich
erfolgt.
Noch immer drücken den Klub knapp 90,5 Millionen
Euro Schulden.
Wenn man von Schulden spricht, darf man nicht alles
vermischen. Da muss ich einige Zahlen geraderücken.
Der HSV hat wie jedes andere Unternehmen auch
operative Verbindlichkeiten. Die gehören zu jedem
Unternehmen dazu und drücken nicht per se, da sie
wiederkehrend zur Verfügung stehen. Der HSV hat
auch Investitionen getätigt, die langfristig finanziert
wurden. So hat der HSV Schulden aus der Stadionfinanzierung mit rund 30 Millionen Euro. Daneben bestehen Verbindlichkeiten aus der Fananleihe von rund
18 Millionen Euro, sonstige Finanzschulden von 10
Millionen Euro und Netto-Transferverbindlichkeiten
von rund 6 Millionen Euro.
„Wir können
ordentliche
Gehälter zahlen.“
Braucht der HSV bei einem durchschnittlichen
Umsatz von über 100 Millionen Euro pro Saison also
mehr Geld oder muss einfach das vorhandene besser
eingesetzt werden?
Der HSV muss in erster Linie sein Budget einhalten.
Grundstein für die finanzielle Gesundung des Klubs
war die Ausgliederung. Durch sie hat der HSV überhaupt erst wieder Handlungsspielraum erlangt, sonst
wären Transferinvestitionen nicht ohne Weiteres
möglich. Die neu geschaffenen Strukturen werden
Verlässlichkeit und Vertrauen schaffen.
Wo sehen Sie das Hauptproblem für die finanzielle
Schräglage, und welche Maßnahmen haben Sie
getroffen, um gegenzusteuern?
Die finanzielle Situation ist der Wechselhaftigkeit im
Spielbetrieb geschuldet. Die permanente Neubesetzung in der sportlichen Führung in den vergangenen
Jahren war da sicher nicht von Vorteil. Das gilt auch
30
Mann der Zahlen: Frank Wettstein will den HSV
finanziell wieder auf Kurs bringen.
für den Spielerkader, der in der Breite zu teuer ist. Der
Klub ist heute Opfer der Transferpolitik vergangener
Jahre. Wir werden in Zukunft keine Reserven mehr
haben, wenn sich eine durchwachsene Saison an die
nächste reiht.
In dieser Spielzeit lässt sich der Klub seinen Spielerkader über 50 Millionen Euro kosten. Kann sich der
HSV Großverdiener wie beispielsweise Rafael van
der Vaart noch leisten oder braucht es einen radikalen Schnitt?
Ich denke, wir sind in der Lage, ordentliche Gehälter zu
zahlen. Aber wir können uns es nicht mehr leisten, zwei
Top-Spieler auf jeder Position zu halten. Im Übrigen geht
das den meisten unserer Wettbewerber genauso.
Orientiert sich der HSV in Zukunft an Vereinen wie
Augsburg oder Mainz?
Ja, da können wir uns kurzfristig abschauen, was
Augsburg und Mainz richtig und vor allem besser gemacht haben. Wir müssen aus diesen Beispielen lernen. Aber das Modell Mainz eins zu eins auf
den Hamburger SV zu übertragen, das wird nicht
funktionieren.
Welche Rolle nimmt in Ihren Planungen der milliardenschwere Investor Klaus-Michael Kühne ein?
Herr Kühne hat Aktien im Wert von 18,75 Millionen
Euro gekauft und ist perspektivisch mit 7,5 Prozent am
HSV beteiligt. Damit ist Herr Kühne der erste hinzugewonnene Gesellschafter und nimmt damit die Rolle
eines Aktionärs ein.
Frank Wettstein
Das Wirtschaftsprüfungs-Unternehmen KPMG
schätzt den Gesamtwert des Klubs auf 330 Millionen
Euro. Hat Herr Kühne demnach nicht ein Schnäppchen gemacht?
Die Zahl von 330 Millionen Euro ist schlichtweg falsch.
Der ermittelte Unternehmenswert liegt deutlich darunter. Wir haben das Angebot von Herrn Kühne kritisch geprüft. Fakt ist, dass kein anderer Interessent
den Kurs von Herrn Kühne bezahlen wollte. Wir haben uns dann in der Gesamtbetrachtung für das seriöse und marktkonforme Angebot von Herrn Kühne entschieden. Gehen Sie davon aus, dass die Entscheidung
wohl überlegt ist und wir uns nicht vom schnellen
Geld haben leiten lassen.
Unter Fans haben Investoren nicht den besten Ruf,
auch Herr Kühne ist für viele HSV-Fans ein rotes Tuch.
Neben den Vereinsanteilen hat er auch die Namensrechte am Stadion für insgesamt 16 Millionen Euro
erworben. Imagekampagne oder Herzensangelegenheit?
Das habe ich nicht zu beurteilen. Ich schaue mir den
Markt an und vergleiche nach kaufmännischen Kriterien. Der Preis pro Saison ist kein schlechter und liegt
über dem Liga-Durchschnitt. Ein gutes Geschäft für
den HSV. Und dass Herrn Kühne der HSV extrem am
Herzen liegt, dürfte außer Frage stehen.
Die Suche nach Investoren gestaltet sich schwierig.
Gibt es außer Kühne und Helmut Bohnhorst, der vier
Millionen Euro zahlte, weitere Geldgeber?
Die Suche gestaltet sich nicht schwieriger, als ich
sie mir vorgestellt habe. Für mich ist das Jahr 2019
wichtig. Hier gilt es die Fananleihe abzulösen und darauf arbeite ich hin. Es macht doch keinen Sinn blind
Aktien zu verkaufen. Entscheidend ist doch, wer in Zukunft Mitgesellschafter wird. Wir suchen Partner, mit
denen sich der gesamte Verein identifizieren kann. Es
gab auch schon Gespräche mit potenziellen Investoren, aber wir sind nicht darauf angewiesen, auf jedes
Angebot einzugehen. Der HSV braucht Partner, die zu
ihm passen. Zudem besteht die Möglichkeit, bei einem
späteren Verkauf von Klub-Anteilen höhere Einnahmen zu generieren. Voraussetzung ist natürlich eine
bessere sportliche Entwicklung.
Bayern München hat es vorgemacht: Der Verein hat
Sponsoren wie Adidas, Allianz und Audi zu Investoren gemacht, die auch im Aufsichtsrat sitzen. Könnte
das Modell auch beim HSV Schule machen?
Es wäre wünschenswert. Unsere Sponsoren wie Emirates oder Adidas sind echte Weltmarken und in ihren Führungsgremien sitzen große Führungspersönlichkeiten, die zusätzliches Ansehen sowie Know-how
in den HSV mit einbringen würden. Davon kann ein
Klub nur profitieren. Derzeit steht das aber nicht zur
Debatte.
Der HSV gilt derzeit als kriselnder Pleiteklub. Welches Bild wollen Sie dem Verein wiedergeben?
Das eines Traditionsklubs, der seriös wirtschaftet, der
wieder voll wettbewerbsfähig ist und sportlich den
Anschluss an das obere Tabellendrittel hergestellt hat.
Dafür möchten wir alle die Voraussetzungen schaffen.
Ich bin überzeugt, wenn wir unsere Hausaufgaben
machen, werden wir das auch schaffen. |
Zur Person:
Frank Wettstein ist
seit November vergangenen Jahres Finanzvorstand des
Hamburger SV. Der
gebürtige Rheinländer, der vor seinem
Engagement beim
HSV zuletzt als Wirtschaftsprüfer in Aachen arbeitete, gilt in
der Branche als ausgewiesener Finanzexperte und Mann für
die schwierigen Fälle. So hat Wettstein
2004/05 den wirtschaftlich stark angeschlagenen Verein
Borussia Dortmund
vor der Insolvenz bewahrt. Auch Alemannia Aachen und 1860
München wurden von
Wettstein beraten.
Der 41-Jährige ist verheiratet und hat zwei
Kinder.
31
SPIELFELD
Nächste PK
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Fotos: Witters
Trainer
16 Trainer hat der HSV in den vergangenen elf Jahren
der Presse vorgestellt. Auch eine Form von Kontinuität.
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SPIELFELD
Taktik
Von Tina Kuttig · Foto: Witters
Rasenschach für
Fortgeschrittene
Fußball ist vielmehr als ein Spiel, bei dem 22 Leute einem Ball hinterherlaufen. Von der „Schottischen Furche“ bis zum „Schweizer Riegel“ –
eine Geschichte über die Entwicklung der Taktik.
F
ußball – Wer ist eigentlich dieser großartige Sport, dem die
Menschen Wochenende für
Wochenende folgen, der Fans
in den Wahnsinn treibt, ihnen
große Reisestrapazen aufbürdet und sie
vor Glück und Verzweiflung weinen lässt?
Die Anfänge des Fußballs sind im Mittelalter zu finden. Gespielt nach dem Leitsatz: Alles ist erlaubt. Nicht selten führte
der Mangel an Regeln zu Gewaltorgien und somit auch immer wieder zu einem Ausübungsverbot dieser Sportart.
Was wir heute als Fußball kennen, entwickelte sich erst in den britischen Public Schools Anfang des 18. Jahrhunderts.
Eine erste Regelniederschrift folgte erst
um 1840 herum, allerdings je nach Schule und Bezirk noch in unterschiedlicher
Form. Erst auf der Versammlung von
1848 in Cambridge hat man dem Sport
zu einer größeren Einheitlichkeit verholfen. Nun ließ auch die Gründung der ersten großen Fußballorganisation nicht
mehr lange auf sich warten, die englische Football Association (FA) von 1863.
Von nun an verbreitete sich der Fußball
im Land immer schneller und wurde immer klarer definiert. Ein Verbot des Handspieles, einer der ersten Amtshandlungen
der FA. Dazu kam 1866 die Erlaubnis eines Passes in die Spitze, solange sich noch
drei gegnerische Spieler hinter dem Ball
befanden, ein Vorgänger der Abseitsregel. Bis dato waren tatsächlich nur Pässe nach hinten und Querpässe erlaubt,
also um Boden gut zu machen gab es keine andere Möglichkeit außer Laufen und
Dribbeln. Bemerkenswert ist, dass erst
1870 die Torwartposition anerkannt wurde, zuvor waren dies wechselnde Spieler, denen allen das Handspiel erlaubt
war. Es dauerte bis 1912, bis das erlaubte
Handspiel nur auf den eigentlichen Torwart beschränkt war, natürlich nur in
seinem Hoheitsgebiet, dem Strafraum.
Am 30.11.1872 kam es zum ersten organisierten Fußball-Länderspiel. England
und Schottland standen sich in Glasgow gegenüber. Trotz einer aus heutiger
Sicht unvorstellbar offensiven Aufstellung (England spielte mit einem etwas
schiefen 1-2-7, Schottland seinerseits mit
einem 2-2-6) endete das Spiel torlos.
Mehr und mehr rücken Taktik und Spielsysteme in den
Fokus
Ein weiterer Meilenstein in der Geschichte des Fußballs war die Legalisierung des
Profitums durch die FA im Jahre 1885. Die
Grundlage des Sports war geschaffen. Immer Menschen interessierten sich für den
Mannschaftssport. In den Pubs plauderten die Menschen darüber. Auch die Einführung von Regeln kultivierte das Spiel
Stück für Stück. Das zuvor stumpfe Anrennen auf das gegnerische Tor machte schnell keinen Sinn mehr. Die Teams
begannen sich vermehrt mit Taktik und
Spielsystemen auseinanderzusetzen. Die
„schottische Furche“, ein 2-3-5, etablierte sich als erstes richtiges Spielsystem.
Der Fußball wurde durch die regen Handelsgeschäfte der Briten schnell zu einem
„Exportschlager“, fand in Südamerika, Ungarn oder auch Österreich begeisterte Abnehmer, zunächst stur nach britischem
Vorbild. Internationale Verbreitung, internationale Verwaltung: Der FußballWeltverband FIFA wurde 1904 gegründet.
1925 folgte dann der erste große Eingriff
der FIFA in das Reglement. Aufgrund einer anhaltenden Torflaute änderte der
Verband die Abseitsregel. Zur Diskussion standen zwei Varianten: Eine zusätzliche Linie, 36,5 Meter vor dem Tor, die
das Abseits markieren sollte sowie die
Idee, dass zwei gegnerische Spieler hinter dem Ball genügten, um das Abseits
aufzuheben. Welche Version sich durchsetzte, dürfte hinlänglich bekannt sein.
Manche sagen, dass dieser Beschluss zu
der Entwicklung des dritten Verteidigers
geführt hat, andere meinen, es habe schon
vorher sich in die Defensive zurückziehende Mittelläufer gegeben. Wie dem auch
sei, das WM-System war geboren, ein 3-22-3. Die Namensgebung bezieht sich dabei
35
SPIELFELD
Der „Totaalvoetbal“
unter Happel war
stilprägend.
auf die Positionierung der Spieler auf dem
Platz. Das gleichnamige Turnier wurde
fünf Jahre später, also 1930, das erste Mal
ausgetragen. Uruguay gewann den ersten
WM-Titel in der Geschichte des Fußballs.
Ein Brasilianer erfindet
die Raumdeckung
4-4-2: Wiktor Maslow, in den Sechzigerjahren
Trainer von Dynamo Kiew, erfand das Pressing.
5-4-1: Trainer Helenio Herrera kultivierte mit Inter
Mailand den Catenaccio in den Sechzigerjahren.
36
Nachbar Brasilien sorgte um 1941 für eine
Optimierung des weit verbreiteten WMSystems. Jeweils einer der beiden Außenläufer und Halbstürmer stand tiefer als
gewohnt. Das Pendant rückte dafür leicht
nach vorne. Das Quadrat des WM-Systems
wurde zu einem Parallelogramm. Die
Spielformation 4-2-4 war geboren. Zur gleichen Zeit tüftelte der brasilianische Trainer Zezé Moreira an einer Raumdeckung,
mit der sich Fluminense einen Namen machen sollte. Die brasilianische Nationalmannschaft feierte mit diesen Änderungen große Erfolge, die beiden WM-Titel
von 1958 und 1962. Das WM-System war
abgelöst und bei der WM 1966 bereits bedeutungslos. Dafür gab es Varianten des
4-2-4. So spielte der spätere Weltmeister England mit diesem System. Der damalige Final-Gegner Deutschland trat
mit einem 4-3-3 an, welches sich auf dem
Platz allerdings als 4-1-3-2 präsentierte.
Weitere Experimente wurden von einem
Mann namens Wiktor Maslow durchgeführt, der wohl seine erfolgreichste Zeit
als Trainer bei Dynamo Kiew von 1964
bis 1970 hatte. Dort entwickelte er bereits
das Pressing, welches heute als die modernste Form des Verteidigens gilt, sowie ein 4-4-2. Das laufintensive Spiel erforderte von den Spielern eine tadellose
Fitness, die nur durch intensives Training zu erlangen war. Erst das Profitum
erlaubte es den Spielern mehr Zeit auf
dem Fußballfeld zu verbringen als in den
Fabrikhallen. So sorgte die konsequente Weiterentwicklung des Sports auch
für ein gewisses Maß an Wohlstand.
Um sich einem solchen Spiel zu erwehren, ließ der Schweizer Karl Rappan seine
Mannschaften verteidigen. Die Art und
Weise dieser Form der Defensive war
neu. Mit sage und schreibe sieben defensiv agierenden Spielern ließ Rappan spielen. Er führte die Position des Liberos ein,
zog seine Außenläufer weit zurück und
ließ sie als Innenverteidiger agieren. Vor
die Abwehrreihe postierte er zusätzlich
zwei defensive Mittelfeldspieler. Nur blieben die ganz großen Erfolge der Schweizer
Nationalmannschaft aus, wodurch diese Taktik lediglich als Kuriosität und das
Recht des Schwächeren abgetan wurde.
Siegeszug des
Defensivfußballs
Es musste ein Italiener kommen, Gipo Viani, um den bis heute kritisch betrachteten Siegeszug des Defensivfußballs loszutreten – besser bekannt unter dem Namen
„Catenaccio“. In Italien verbreitete sich das
Spielsystem rasend schnell. „La grande Inter“ feierte mit diesem System die größten
Erfolge. Inter Mailand unter Trainer Helenio Herrera war es schließlich auch, das
die internationale Fußballwelt von ihrer
Idee Fußball zu spielen, überzeugte. Die
traurige Seite dieser Geschichte sind anhaltende Gerüchte über Spielabsprachen,
brutale Fouls und verbale Entgleisungen, die bei keinem Spiel gefehlt haben.
Die offensichtliche Schwäche des Systems blieb ebenso nicht lange unentdeckt: Überzahl für den Gegner im Mittelfeld. Dem begegneten die Italiener
mit einem offensiveren Libero, um eine
zusätzliche Anspielstation zu schaffen. Die Italiener hatten ihr Spiel gefunden – „Il gioco all`italiana“. Der Triumph
bei der WM 1982 sollte zum Höhepunkt
italienischer Mauerkunst werden.
Kaum ein Jahr später, am 25. Mai 1983, traf
der Hamburger Sportverein auf Juventus Turin. Um den damals weltbesten Außenverteidiger Antonio Cabrini zu binden, stellte Ernst Happel Lars Bastrup auf
die rechte Seite. Da im italienischen System die Manndeckung ziemlich starr an
Taktik
ihre Taktik angepasst war und man sich
in der Liga auch mit keinem anderen System konfrontiert sah, reagierte Trapattoni mit einer Verschiebung des Verteidigers Claudio Gentile auf links. Ein Loch,
ein so wunderbares Loch, entstand nun
auf der rechten Seite, in das sich eigentlich Mittelfeldspieler Marco Tardelli hätte fallen lassen sollen, es aber nicht immer ausreichend tat. Wir wissen, wer es
genutzt hat: Felix Magath erzielte das
goldene Tor zum Europapokal-Sieg.
Vordenker Happel betritt
neue Pfade
Unter Ernst Happel gelangen aber nicht
nur große Titelgewinne, sondern auch
noch eine viel seltenere Begebenheit: Eine
Vorreiterrolle unseres Vereins in der Bundesliga. Denn Happel ließ den HSV, den
seit der WM 1974 bekannten „Totaalvoetbal“ spielen, womit wir einer der ersten deutschen Mannschaften waren. Der
Name lässt seine Herkunft nur schwer
verbergen. Unsere Nachbarn aus den Niederlanden waren mit Rinus Michels und
Ajax Amsterdam die Väter dieser Taktik.
In der damaligen UdSSR fand unter Walerij Lobanowskyj bei Dynamo Kiew eine
ähnliche Entwicklung statt. Bei Ballbesitz sollten die Spieler die gesamte Breite
des Spielfeldes nutzen, bei gegnerischem
Ballbesitz die Räume „eng machen“. Der
Spieler ohne Ball gewann mehr und mehr
an Bedeutung. Einen Unterschied bildeten die Rochaden, die unter Michels längs
stattfanden und unter Lobanowskyj quer.
Der Ukrainer hinterließ noch weitere Spuren im heutigen Profifußball. Er nutzte als
einer der ersten computergestützte Spielanalysen, sammelte massenweise Daten für jedes Spiel. Etwas, das heutzutage zum Trainings- und Spielalltag gehört.
Während in Deutschland ein 1-3-3-3 in den
Achtzigerjahren der Standard war, entschied sich in Argentinien ein Mann namens Carlos Bilardo dazu, ein 3-5-2 spielen zu lassen, welches in der defensiveren
Ausrichtung zu einem 5-3-2 wurde. Die auf
den Kopf gestellte „Schottische Furche“
– eine Rückbesinnung auf die Anfänge.
Auch die deutsche Nationalmannschaft
profitierte bei der WM 1990 in Italien von
dieser taktischen Ausrichtung und konnte somit ihren dritten Titel einfahren.
Trotz des eingeführten Rückpassverbotes Anfang der Neunzigerjahre war das Jahrzehnt von destruktivem Fußball geprägt, der sein Heil in
der Defensive suchte. In der Regel spielten Vereine und Nationalmannschaften mit einem Fünfer-Mittelfeld.
Das Zeitalter des Tiki-Taka
und der Fußball-Ästhetik
Um die Jahrtausendwende sollten es
die Spanier sein, die erneut Schwung
in den Sport brachten, es entstand das
4-2-3-1-System, das vor allem auf schnellen, präzisen Kurzpässen basiert – besser
bekannt unter der Namenskreation TikiTaka. Das System entwickelte sich vergleichsweise schnell zum neuen Standard im Profifußball. Bereits bei der WM
2010 liefen 18 der 32 Mannschaften zumindest einmal in dieser Formation auf.
Über die Jahre haben sich aber nicht nur
die Systeme geändert, sondern auch die
Ansprüche an die verschiedenen Positionen. Ein Spielmacher, der mit rennen und verteidigen muss, ein Innenverteidiger, der auch Vorstöße wagt,
ein Linksfuß auf rechts und andersherum. Die früher so klar definierten Positionen verschwimmen mehr
und mehr im modernen Fußball.
Nicht Wenige sind der festen Überzeugung, dass es keine Weiterentwicklung
im Fußball mehr geben wird. Aber das haben auch schon frühere Generationen gedacht. Lassen wir uns überraschen. |
4-3-3: Den „Totaalvoetbal“ machte der Niederländer Rinus Michels groß.
3-5-2: Carlos Bilardo verhalf Argentinien mit dem
neuen Spielsystem zum WM-Titel 1986.
Der Fußball in den
Neunzigerjahren war
ein Fest für Verteidiger.
37
SPIELFELD
Von Andreas Kloß (Text + Fotos)
Mit dem HSV
auf Reisen
Wann immer Andreas Kloß Zeit hat, folgt er seinem Verein rund um
die Welt. Auch das letzte Trainingslager in Dubai ließ er sich nicht
entgehen. Ein Erfahrungsbericht zwischen Tradition und Moderne.
17.01.2015 Die Anreise
Erst an Weihnachten habe ich den Flug
gebucht. Mit Ukraine International von
Prag über Kiew nach Dubai und zurück
für 238 € – inklusive Reiserücktrittsversicherung. Mit Kumpel Christoph und seinem Auto ging es zunächst in die tschechische Hauptstadt. Kleiner Flughafen
mit günstigem Parkhaus und kostenlosem Shuttleservice. Pünktlich hob unser
Flieger Richtung Kiew ab. Eineinhalb Flugstunden und zweieinhalb Stunden Wartezeit später stiegen wir planmäßig in die
Maschine nach Dubai ein. Nach fünf Stunden erreichten wir unser Ziel mitten in der
Nacht. Nach ewig langer Warterei an der
Passkontrolle (Wahnsinn, was hier um drei
Uhr morgens los ist!) ging es mit einem
Mietwagen Richtung Easy Flat Hostel – wir
hatten uns für die günstigste Übernachtungsmöglichkeit vor Ort entschieden.
Die Suche nach unserer Unterkunft gestaltete sich aber schwieriger als angenommen, da die Straßenbeschilderung in Dubai nicht im Entferntesten mit unserer
deutschen vergleichbar ist. Viele enge Gassen sorgten für weitere Verwirrung, sodass uns ein Angestellter der Pension einsammeln musste. Endlich angekommen
im Hostel konnte auch die nächtliche Dunkelheit nicht verbergen, dass Sauberkeit in
unserer Bleibe nur eine Nebenrolle spielte.
Also rein ins Acht-Bett-Zimmer, Augen zu
und durch.
38
18.01.2015 Testspiel
HSV vs. FK Astana 0:0
Nach einer sehr kurzen Nacht ging es für
uns morgens zum Spielerhotel „The Meydan Hotel“. Hier erhofften wir uns weitere Informationen über die Trainingszeiten
und Spielansetzungen in den nächsten Tagen. Im schmucken Hotel konnte gleich der
HSV-Betreuerstab um Mario Mosa begrüßt
werden, die Journalisten waren natürlich auch da sowie eine Hand voll Fans, die
ebenfalls im Spielerhotel wohnten. Training war an diesem Vormittag nicht angesetzt, und so verbrachten wir die nächsten
Stunden bis zum ersten Testspiel im Hotel.
Das Gebäude liegt direkt neben der Pferderennbahn, die sich im Besitz der Scheichfamilie befindet. Beim höchstdotierten Pferderennen der Welt, welches immer in den
Wintermonaten in Dubai stattfindet, kommen rund 80.000 Besucher. Eine Woche
im Doppelzimmer im Meydan kostet dann
rund 30.000 Euro – Wahnsinn!
Pünktlich ging es dann zum hermetisch
abgeriegelten Trainingszentrum Nad Al
Sheba Sports Complex, wo am Nachmittag
das Testspiel gegen den kasachischen Vertreter FK Astana, immerhin dreimaliger
Meister und Europa-League-Teilnehmer,
anstand. Das ganze Trainingsgelände war
in blau-weiß-schwarz gehalten, dazu wurde überall die Raute angebracht. Beeindruckend, so etwas habe ich noch in keinem Trainingslager zuvor gesehen. Auch
sonst wurde sich richtig Mühe gegeben.
So gab es für alle Zuschauer kostenlose Erfrischungsgetränke, Sitzplätze und sogar
Fahnen von Klubmanager Bernd Wehmeyer. Nur das Spiel konnte da nicht so ganz
mithalten.
Unter den Augen des Scheichs gab es anfangs ein paar gute Szenen und Chancen,
das wurde zum Ende des Spiels aber immer weniger, sodass ein torloses Remis auf
der Anzeigetafel stand. Direkt mit dem
Schlusspfiff ging es für uns weiter Richtung Al Ain, wo am Abend die Eintracht
aus Frankfurt ein Testspiel absolvierte. Vor
nur sehr wenigen Zuschauern gewannen
die Frankfurter am Ende mit 3:1, sehr spannend kann es nicht gewesen sein, sonst
hätte ich auf der Tribüne wohl kein kurzes
Nickerchen gemacht. Im Anschluss ging es
dann zurück zum Flughafen und von dort
mit dem Bus zum Hostel, welches nach etwas Sucherei dann auch wieder gefunden
wurde.
19.01.2015 Training
und die Dubai Mall
Zu Fuß ging es an diesem Morgen zum Hotel der Hamburger Pressevertreter, welche
uns mit ihrem Shuttle-Bus zum Trainingsgelände mitnahmen. Nach dem Fußball
haben wir uns dann noch ein wenig in der
Stadt umgeschaut und die riesige Dubai
Mall besucht. Ein riesiger Einkaufstempel
bestehend aus einer unglaublich großen
Auswahl an Geschäften, einem riesigen
Food-Court, einer Schlittschuhbahn und
Trainingslager
Spielerisch unterlegen: Der HSV verliert sein Testspiel gegen Manchester City mit 0:2.
Zum Einschlafen: Das Testspiel von Frankfurt.
Das Aquarium in der Dubai Mall ist beeindruckend.
Attraktion: Die Wasserspringer in der Dubai Mall.
einem überdimensionalen Aquarium, das
über 10.000.000 Liter Wasser fasst.
In dieser Mall prallen in Dubai Tradition und Moderne aufeinander. Verschleierte Frauen in traditionellen Gewändern, die
im pinkfarbenen Bentley vorfahren und
bei Gucci die neuesten Kleider einkaufen.
Ein starker Kontrast.
atemberaubende Aussicht auf Dubai. Ein
netter Stewart war so nett, ein Foto von
mir mit der Raute zu schießen, eigentlich
sind Banner auf dem Turm absolut verboten, aber er war wohl Fußballfan.
Mit dem Taxi ging es schließlich wieder
zurück zum Spielerhotel und zum Nachmittagstraining unter Flutlicht. Anschließend gab es dann noch ein Spiel der HSVAngestellten gegen die Angestellten der
Trainingsanlage.
sein, als nur einige bierbäuchige Fußballfans ausstiegen.
Vor rund 5.000 Zuschauern unterlag der
HSV letztlich mit 0:2 (0:0) gegen das englische Topteam. Klar war City spielerisch
überlegen, aber auch der HSV kam zu ein
paar Torchancen, unter anderem wurde
ein Tor von Zoltán Stieber wegen Abseits
nicht gegeben, Philipp Müller traf zudem
die Latte. Insgesamt ein unterhaltsamer
Abend und guter Abschluss des Trainingslagers. Die Journalisten waren auch noch
so nett, uns auf dem Rückweg am Flughafen abzusetzen, von wo aus es um vier Uhr
morgens nach Kiew ging und weiter nach
Prag. Am frühen Abend waren wir wieder
zurück in Hamburg. Danke für die Unterstützung an Christoph, Mario Mosa, Fummel Wehmeyer, Physio Mario Reicherz, das
Team vom Trainingsplatz und die Hamburger Journalisten für die Fahrdienste.
Auf ein Neues in 2016. |
20.01.2015 Auf dem
höchsten Gebäude der Welt
Während Christoph noch einen Abstecher
nach Bahrain machte, ging es für mich
mit dem Taxi zum Journalisten-Hotel und
mit ihnen zusammen zum Training. Für
den Nachmittag hatte ich mir dann ein Ticket für die Aussichtsplattform des höchsten Gebäudes der Welt gekauft – Burj Khalifa. Als wir 2007 das letzte Mal in Dubai
waren, war der Bau erst 95 Stockwerke
hoch. Heute hat das Gebäude 163 Stockwerke und misst insgesamt 828 Meter. Die
Besucherplattform mit offener Terrasse
liegt im 148. Stockwerk. Hierfür ging es in
90 Sekunden zuerst in den 125. Stock und
dann in noch mal 30 Sekunden weiter zu
„At the top SKY“. Über 555 Meter hoch, eine
21.01.2015 Testspiel
HSV vs. Manchester City 0:2
Nach dem letzten Vormittagstraining ging
es im Journalisten-Bus erneut nach Al Ain
zum abendlichen Testspiel des HSV gegen Manchester City. Begleitet wurde City
von rund 200 Fans, 100 von ihnen wurden
nach einer Verlosung vom Verein eingeladen: das All-inclusive-Paket mit Flug, Hotel, Trinken und Fußball – starke Aktion.
Mit ein paar City-Fans kamen wir vor dem
Stadion ins Gespräch. Ihr Fanbus war versehentlich für den Spielerbus gehalten und
in die Katakomben gewunken worden. Die
Verwunderung muss sehr groß gewesen
39
SPIELFELD
Von Frank Willig · Fotos: Witters
Geschnitten
oder am Stück?
Nach dem TV-Vertrag auf der Insel haben die englischen Klubs volle
Taschen – und die Diskussionen in Deutschland begonnen: Sollen
die Spieltage stärker ausgeweitet werden, um mehr Geld zu erhalten?
D
ie Diskussionen sind mal wieder in vollem Gange: Sollen und dürfen die Bundesliga-Spieltage in immer dünnere Salami-Scheibchen zerstückelt werden? Panik steigt
nach dem englischen 6,9-Millarden-Euro-TV-Deal bei den
deutschen Vereins-Bossen hoch. Immerhin könnte der
Bundesliga der Verlust der Konkurrenzfähigkeit im internationalen Geschäft drohen – wenn sich bei den Spielansetzungen nichts ändert. Auf
der anderen Seite wächst bei vielen Fans die Sorge vor weiteren ungeliebten Anstoßzeiten am Mittag, in der Nacht oder am Montag – für
welche das unabhängige Fan-Bündnis ProFans monatlich gar den Negativpreis SAM vergibt: das SpielAnsetzungs-Monster.
Bald 22 Jahre ist es nunmehr her, da flimmerten erstmals Live-Bilder eines Montagabendspiels über die deutschen Mattscheiben: Der frischgebackene Sender DSF übertrug am 18. Oktober 1993 das 1:1 der beiden
Zweitligisten FC St. Pauli und VfL Bochum direkt vom Millerntor in die
Wohnstuben. Was für das TV-Publikum eine bequeme Sache war, ärgerte seinerzeit vor allem die Gästefans – die nach dem Abpfiff durch die
Nacht tourten, um in den Ruhrpott zurückzukommen. Deren Unmut
griff schnell auf andere Fanszenen über, als klar war: Den Montagskick
wird es künftig regelmäßig im deutschen Unterhaus geben. „ScheißDSF“, schallte es von mancher Tribüne, sogar mit gasgefüllten Ballons
wurde versucht, den Übertragungskameras die freie Sicht auf das Spielfeld zu nehmen. Auch in Liga eins ärgerte sich manch Stadionbesucher
über Terminverschiebungen, sodass sich 2001 die Fan-Initiative „Pro
15:30“ gründete – um „der weiteren Zerschlagung der Spieltage“ und den
damit verbundenen Problemen entgegenzutreten.
40
Anstoßzeiten
Während sich TV-Junkies und Groundhopper über die Salami-Spieltage vielleicht noch freuen dürften, lässt sich der Unmut derjenigen
Fans, die möglichst bei jedem Spiel ihre Farben vor Ort unterstützen
möchten, nachvollziehen. Schwierigere Reisebedingungen bei Abendspielen, erforderlicher Urlaub bei Montags- oder auch früh angesetzten Freitagabendpartien sowie schlechte Planbarkeit aufgrund
kurzfristiger Spielansetzungen machen nicht nur in Deutschland das
aktive Fanleben schwer.
Um in diesem Zusammenhang einmal die Statistik zu bemühen: Bereits in der Serie 2000/01 hatten die Anhänger der Dortmunder Borussia satte 19 von 34 Ligabegegnungen unter Flutlicht zu verdauen
– und mit den damit verbundenen logistischen Problemen zurechtzukommen. In der vergangenen Saison 2013/14 musste Zweitligist Kaiserslautern immerhin achtmal am mittlerweile verhassten Montag
ran, Eintracht Frankfurt zwei Spielzeiten zuvor sogar neunmal; davon
sechsmal in der Fremde, wenn der Spieltag erst am Dienstag in der
Früh endet.
England hängt die Bundesliga ab
Trotz aller Argumente von Fan-Seite: Auch diejenigen der Deutschen
Fußball Liga sowie der Vereinsführungen klingen durchaus nachvollziehbar. Während sich die englischen Klubs – und zwar nicht nur die
dortigen Top-Vereine – über den erst im Februar geschlossenen TVVertrag in den Spielzeiten 2016/17 bis einschließlich 2018/19 insgesamt
6,9 Milliarden Euro TV-Gelder in die Vereinssäckel stopfen können,
landet die Bundesliga gerade mal bei knapp einem Viertel dieser Beträge – der 2017 auslaufende Vierjahresvertrag ist mit 2,51 Milliarden
Euro dotiert.
„Unter Umständen
mit Traditionen
brechen.“
DFL-Oberhaupt Christian Seifert versetzt dies in Angst. Angst davor,
dass sich die Premier League künftig „in der Bundesliga bedienen könne“. Bayern-Vorstand Karl-Heinz Rummenigge fragt sich parallel, ob
man sich den Luxus überhaupt erlauben könne, zu Spielplananpassungen „immer nur Nein zu sagen“. Und auch Gladbachs Sportdirektor
Max Eberl will sich einer weiteren Aufsplitterung des Spieltags nicht
gänzlich verschließen. „Unter Umständen müssen wir mit Traditionen brechen.“
Will man etwas verändern?
Da die Meinungen eines Teils der Fanszene und der Profiklubs wieder einmal weit auseinanderklaffen, gilt es vielleicht erst einmal eine
grundsätzliche Frage voranzustellen: Muss man denn überhaupt etwas an der aktuellen Situation verändern? Sollte man vielleicht sogar
eher das Ziel proklamieren, eine ausgeglichene, preiswerte Bundesliga anzustreben? Oder muss man partout das „Risiko“ minimieren,
sich von der internationalen Konkurrenz abhängen zu lassen? Sollen
41
SPIELFELD
insgesamt 1.080 Spiele in den drei Spielzeiten im Pay-TV übertragen zu können (das macht 13,7 Millionen Euro pro Spiel!). Für solch
ein Szenario mangelt es in Deutschland bisher schlicht an namhafter Konkurrenz für Sky als Quasi-Alleinunterhalter.
Neben den genannten Gegebenheiten sollte bei einer Umgestaltung des Bundesliga-Spielplans auch die Schnittstärke der einzelnen Salami-Scheiben, sprich die Anzahl der verschiedenen Anstoßzeiten, mit Bedacht gewählt werden. So haben die deutschen
Sky-Manager in der Vergangenheit mehrfach verlautbart, dass sie
die derzeitigen fünf Anstoßzeiten mit der Kernzeit Samstag, 15:30
Uhr, in Ordnung finden. Durch den Wegfall eines weiteren Samstagnachmittagsspiels könnte nämlich die wichtige Konferenz
des Abo-Senders in unruhigeres Fahrwasser gleiten. Stattdessen
dürfte für Sky eine Erhöhung der Exklusivität von Interesse sein –
doch die Abschaffung der ARD-Sportschau würde die Bevölkerung
wohl erzittern lassen ... alles also gar nicht so einfach.
Wie läuft es denn im Ausland?
Die Hälfte der TV-Einnahmen geht in England zu gleichen Teilen an die
20 Premier-League-Klubs, jeweils 25 Prozent hängen von Tabellenplatzierung und TV-Präsenz ab.
für die Intensiv-Vermarktung der Bundesliga treue und für die
Stimmung wichtige Stadionbesucher mit fanunfreundlichen Anstoßzeiten verprellt werden? Und das nur, damit sich Bayern, Leverkusen oder andere deutsche Klubs in den europäischen Wettbewerben eine Runde weiterwursteln? Die Schere zwischen
Bundesliga und dem Rest von Fußball-Deutschland würde sicher
zusätzlich auseinandergehen. Und ob sich tatsächlich die befürchtete Massenbewegung deutscher Fußballtalente in Richtung Insel in Gang setzen wird, darf zumindest bezweifelt werden. Immerhin gibt es ja bereits seit Längerem eine finanzielle Diskrepanz
zwischen Bundesliga und Premier League.
Was will man verändern?
Kommt man aber zum Schluss, dass man den Spieltag aus finanzieller Sicht tatsächlich umgestalten sollte, so hat Wolfsburgs Manager Klaus Allofs gegenüber der Deutschen Presse-Agentur bereits
die richtigen Worte gefunden: „Wenn es in England möglich ist,
so viel Geld zu generieren, muss es in Deutschland auch möglich
sein. Das ist es derzeit aber nicht. Also müssen wir uns überlegen,
was wir verändern können.“
Welche Veränderung macht also Sinn? Fakt ist zum einen, dass
die englische Pay-TV-Landschaft mit derjenigen hierzulande nicht
vergleichbar ist: Während auf der Insel gut 15 Millionen Abonnenten das Leder am Bildschirm verfolgen, sind es in Deutschland gerade einmal deren vier.
Zudem hatte Premier-League-Boss Richard Scudamor das Glück
des Tüchtigen auf seiner Seite, als sich Sky und British Telecom im
Bieterstreit bis auf 6,9 Milliarden Euro hochächzten, um 504 der
42
In den anderen großen europäischen Ligen sind Salami-Spieltage längst Realität. Kaum noch jemand stört sich in Spanien an
den dortigen hauchdünnen Chorizo-Scheibchen: zehn Spiele –
zehn Anstoßzeiten. Dennoch wurmte auch Espanyol-Präsident
Joan Collet die Kunde aus England: „Jeder Verein aus der Premier
League kann unsere Spieler kaufen, indem er einfach das Gehalt
verdoppelt“, graut es Collet, der eine Umverteilung der spanischen
TV-Gelder fordert.
In Frankreich liegt die Kernzeit mit fünf parallel stattfindenden
Spielen auf Samstag, 20 Uhr. Der Termin ist den französischen
Fußballfans recht, nur werden die zu verlegenden Spiele leider
recht kurzfristig angesetzt – woran sich auch Guingamp-Anhänger Guy Carabeuf stört: „Auswärtsspiele zu planen, ist bei unseren teils langen Anfahrten schwierig“, sagt der Bretone. „Für ein
Spiel in Nizza hatte ich bereits ein Flugticket gebucht – als das
Spiel aus TV-Gründen verlegt wurde. Da steht man natürlich richtig bescheuert da.“ Dass ihm die Anreise zum Superpokal-Endspiel
mit Teilnahme seines Klubs ebenfalls nicht leicht gemacht wurde,
nimmt er gelassen: 2011 ging es als Pokalsieger nach Kanada, drei
Jahre später nach China. Komplett auf den Freitag verlegt wurde
vor einigen Jahren die 2. Liga, die früher am Samstag kickte – auf
Geheiß des katarischen Senders beIN Sports.
Und auch in Bella Italia wurden die Spieltage mittlerweile in kleinere Appetithäppchen zerlegt. Zu dieser Saison hat es nun die Serie C (Lega Pro) erwischt, wie Henning Tatje, treuer Fan des AC
Cesena, zu berichten weiß: „Die dritte Liga musste bis dato nur
mit ein, zwei Spielen vom in Italien angestammten Sonntag rücken. Nun spielt man am gesamten Wochenende zu jeder Tagesund Abendzeit.“ Immerhin bleibt für die Serie A noch ein kleinerer
Kernspieltag am geliebten Sonntag um 15 Uhr. Gegen das Mittagsspiel laufen die Fans allerdings Sturm: „Wir essen um 12:30 Uhr“,
prangt es von Fan-Bannern.
„Wir essen
um 12:30 Uhr.“
Anstoßzeiten
Ein Tipp zum Schluss
Gary Kendall, Anhänger des englischen Premier-LeagueKlubs Liverpool FC, fühlt sich auf andere Art „entwertet“:
„Mein großes Ziel war es, in sieben Tagen sieben Spiele
auf sieben Plätzen zu verfolgen. Bei der Euro 2004 in Portugal schaffte ich es endlich – heute kann ich nahezu jede
Woche im Umkreis von 50 Kilometern um Liverpool herum die Serie vollmachen.“ Kendall fehlt zudem die magische Fünf-Minuten-Zusammenfassung aller Sportergebnisse quer durch die Ligen, die er auf dem Heimweg von
Anfield über Mittelwelle verfolgte. Zwar sieht er auch im
Fernseh-Marathon etwas Gutes: „So können zum Beispiel
auch in Südafrika Menschen meinen Klub verfolgen, die
ansonsten nicht die Möglichkeit dazu hätten.“ Doch wiege
dies die Nachteile der heimischen Fans nicht auf. Ein simples und gleichzeitig schwer umzusetzendes Rezept kann er
verärgerten Fans abschließend auf den Weg geben: „Bleibt
zu Hause, und schaut Fernsehen – nur dann wird sich etwas ändern.“ |
Leere Stadien in der Zukunft? Eine weitere Aufweichung der Spieltage, könnte negative Auswirkungen auf die Zuschauerzahlen haben.
Anstoßzeiten in den großen europäischen Ligen
Liga
Freitag
20:30
20:30
Samstag
Sonntag
Montag
13:45
16:00
18:30
14:30
17:00
21:00
17:00
20:00
14:00
17:00
20:00
Bei den Franzosen geht es
in der Ligue 1 vorwiegend
abends zur Sache. Die Kernspielzeit: Samstag, 20 Uhr
18:00
20:45
12:30
15:00
18:00
20:45
Noch steht zumindest in der italienischen Serie A der beliebte und traditionelle Sonntagnachmittag als Kernspielzeit
16:00
18:00
20:00
22:00
12:00
17:00
19:00
21:00
15:00
18:30
15:30
17:30
20:30
Vergleichbar mit der Bundesliga, allerdings rollt in der Premier League montags anstatt freitags der Ball - und Samstagmittag
Chorizo-Scheiben hauchdünn
in der Primera División: Auch
zehn verschiedene Anstoßzeiten kommen nicht selten vor
Mit neun Spieltags-Paarungen eine weniger als in England,
Frankreich, Italien oder Spanien
43
SPIELFELD
U23
Von Andreas Kloß· Foto: Witters
Zwei Gesichter
Die U23 hat die Hinrunde ungeschlagen als Tabellenerster beendet.
Dann folgte der Einbruch, der erst nach elf sieglosen Spielen gestoppt
werden konnte. Der Bericht einer langen Durststrecke.
14.02.2015
HSV (A) – VfL Wolfsburg II 1:3 (1:1)
Tor: 1:0 Beister
Der Wolf hetzt die Meute, denn während
die erste Mannschaft in München knapp
mit 0:8 unterging, unterlag die U23 vor 325
Zuschauern mit 1:3 gegen die Zweite aus
Wolfsburg. Nach langer Verletzungspause war Maxi Beister endlich mal wieder auf
dem Platz zu sehen und schoss die Rothosen
bereits nach 10 Minuten mit 1:0 in Führung.
Leider fiel im Gegenzug bereits der Ausgleich, ehe Adomah die Wölfe mit einem
Eigentor kurz nach der Pause auf die Siegerstraße brachte. Das 1:3 kurz vor Schluss
fiel dann auch nicht mehr ins Gewicht.
22.02.2015
Lüneburger SK Hansa – HSV (A) 3:1 (0:1)
Tor: 0:1 Arslan
Auch eine 1:0-Halbzeitführung reichte
nicht, um in Bardowick gegen den LSK Hansa zu gewinnen. In Bardowick spielt der
LSK aktuell, weil das altehrwürdige Stadion Wilschenbruch nach einem Konkurs
in 2011 „verwertet“ wurde und abgerissen
wird. Bitter! Immerhin sind die Zuschauer dem LSK einigermaßen verbunden geblieben, denn 1.507 Fans besuchten dieses
Spiel. Nach der mittlerweile fünften Niederlage unserer Amateure am Stück war
auch die Tabellenführung futsch, die endgültige Entscheidung besorgte dabei übrigens Ex-HSVer Moslehe kurz vor Schluss.
07.03.2015
„st.p….“ – HSV (A) 3:1 (2:0)
Tor: 2:1 Charrier
Nur 319 Zuschauer sahen dieses „kleine Derby“ in Norderstedt, wo der „stolze Stadtteilverein“ mittlerweile seine Heimspiele austrägt. Nach dem Anschlusstreffer
drängten die Amas auf den Ausgleich, aber
wieder sorgte mit Bergmann ein Ex-HSVer
kurz vor Schluss für die Entscheidung.
14.03.2015
HSV (A) – Eintracht Braunschweig II 0:0
Endlich spielten die Amas mal nicht zeitgleich mit den Profis. Leider ist der „Zuschauer-Boom“ der Hinrunde zusammen
mit der überragenden Siegesserie verschwunden, denn gegen den kleinen BTSV
verloren sich gerade mal 250 Zuschauer
ins weite Rund an der Hagenbeckstraße.
Schade. Nach einer guten ersten Halbzeit
und ein paar guten Torchancen verflachte das Spiel nach der Halbzeit leider deutlich, so gab es am Ende „nur“ einen Punkt
nach zuvor sechs Niederlagen in Folge.
21.03.2015
Schwarz-Weiß Rehden – HSV (A) 2:0 (2:0)
Wieder keine Tore: Einen Tag nach der
Heimspielniederlage der Bundesliga-Mannschaft gegen Hertha BSC Berlin ging es mal
wieder alleine ins knapp 200 Kilometer entfernte Rehden. Hier war das 0:1 unter den
500 Zuschauern natürlich ebenfalls Gesprächsthema Nummer eins, und auch die
Amas schienen davon angesteckt worden
zu sein, denn bereits nach 15 Minuten führte Rehden mit 2:0. In der Folgezeit spielten
unsere Jungs zwar engagierter und besser
und hatten auch eine Hand voll guter Torchancen, aber Zählbares sprang weder nach
noch vor dem Wechsel heraus, sodass Trainer Petrowsky anschließend von einem verdienten Sieg der Heimmannschaft sprach.
04.04.2015
BV Cloppenburg – HSV (A) 3:1 (1:0)
Tor: 3:1 Masek
Eigentlich sollte dieses Spiel am Mittwochabend stattfinden, der Wettergott machte meinem Urlaubsplan aber einen Strich
durch die Rechnung, er ließ das Spiel auf
Sonnabend verschieben – gleichzeitig mit
dem Spiel der Profis in Leverkusen. Ärgerlich, denn nach der Verletzung von Trainer Petrowsky verpasste man so das erste
Spiel unter Neu-alt-immer-mal-wieder-Trainer Cardoso, der die Mannschaft bis Saisonende übernahm. An dieser Stelle natürlich schnelle Genesung und alles Gute an
Daniel Petrowsky! Leider schaffte es aber
auch Cardoso nicht, das Team vor 407 Zuschauern beim Tabellen-Vierzehnten auf
Sieg zu programmieren. Erfreulich immerhin, dass Cigerci nach langer Verletzungspause mal wieder auf dem Platz stand.
11.04.2015
Hannover 96 II – HSV (A) 2:3 (0:1)
Tore: 0:1 Arslan, 2:2 Gouaida, 2:3 Adomah
Ein Wahnsinnsspiel erwartete die 1.400 Zuschauer an diesem herrlich sonnigen Spieltag im Ricklinger Beekestadion. Nach dem
von mir vorher angekündigten 0:1 durch
Arslan per direktem Freistoß aus knapp 18
Metern drehte Hannover nach dem Wechsel das Spiel innerhalb von acht Minuten:
per Elfmeter und Kopfballtreffer. Unnötig, da unsere Jungs eigentlich feldüberlegen waren. „Nicht schon wieder verlieren“,
dachte man gerade, da packte der Gouaida
mal eben einen raus und schlenzte die Kugel aus knapp 20 Metern von halbrechts ins
lange Eck. Sensationell. Und nur zwei Minuten später macht Adomah per Abstauber nach tollem Solo und Schuss von Arslan
sogar noch den 3:2-Siegtreffer, ein Wahnsinn. Hannover, ab der 80. Minute in Unterzahl, hatte dem dann nicht mehr viel
entgegenzusetzen, am Ende ein verdienter Auswärtserfolg vor einer sehr stimmungsvollen Kulisse. Fußball, Sonne, Bratwurst, Bier (na gut, Cola light) und einen
Auswärtssieg – was will man mehr? |
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VEREIN
Von Axel Formeseyn · Fotos: Witters
Niveau, weshalb,
warum?
Axel Formeseyn blickt zurück auf die Mitgliederversammlung im
Januar und sagt ganz nebenbei, warum es seiner Meinung nach
nicht besser wird mit dem Hamburger SV.
W
ir HSVer sind ja grundsätzlich sturmerprobt
und können fast alles. Vor allem fast alles ertragen. Wenn
wir HSVer aber eines ganz besonders
gut können, dann das: in Extremen leben. Wie sang schon Harald Juhnke: „Barfuß oder Lackschuh, so geht es bei mir zu,
nie die goldene Mitte, immer volles Risiko!“ Jawoll, Harald, da finden wir uns
doch wieder! Ausgeglichen sein, Dinge konstruktiv kritisieren, miteinander sachlich diskutieren, ohne sich Honig um den Bart zu schmieren oder sich
mit Dreck zu bewerfen? Nicht mit uns!
Hier, beim HSV ist seit Jahr und Tag entweder alles geil oder alles scheiße. Dazwischen gibt es nichts. Leider. Und den
Beweis dafür lieferte einmal mehr die Mitgliederversammlung Anfang des Jahres.
Ich selber watschelte am Morgen jenes 25.
Januars mit dem festen Vorsatz zum Congress Centrum Hamburg (CCH), ausnahmsweise mal die Klappe zu halten. Ich wollte
mich entspannt zurücklehnen und nur zuhören. Keine Aufregung, kein StichwörterGekritzel vor dem Gang zum Rednerpult,
kein anschließendes Rangeschmeiße von
mir unbekannten HSVern und keine Ablehnung von alten Weggefährten. Schön
Füße hoch, und dann lass mal die anderen
meckern. Dachte ich mir. Nur: Es meckerte
keiner. Obwohl es so viele gute Gründe gegeben hätte.
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Es war die erste HSV-Mitgliederversammlung nach der sogenannten Strukturreform, und ich hatte keine größeren Erwartungen. Nur zwei Dinge lagen mir
am Herzen: Die vernünftige Verabschiedung, trotz aller berechtigter Kritik in der
Vergangenheit, der ausscheidenden Vorstandsmitglieder. Und die Hoffnung, dass
der verbliebene Vorstand in einer kurzen
Stellungnahme das Thema Fan-Anleihe
selbstkritisch aufgreift. Wo ist denn bitte
die ganze Kohle geblieben? Abgesehen davon haben viele engagierte Mitglieder mit
Sicherheit erwartet, dass nach dem aufsehenerregenden Polizeieinsatz im Block 22
C beim letzten Bayern-Heimspiel der Vorstand das Thema aufgreift. Irgendwas
muss da doch kommen? Was auch immer!
Hatten schließlich alle HSVer live und in
Farbe mitbekommen. Da würde man ja seitens der Vereinsführung nicht so ignorant
sein, das Thema komplett auszusparen.
Machen wir es kurz. Beim Pleiteklub und
Abstiegskandidaten HSV herrschte Friede, Freude, Eierkuchen. Okay, okay, ich sehe
es ja genauso wie viele unter uns. Auch
ich vertraue Dietmar Beiersdorfer und lausche andächtig seinen Worten. Und ja,
auch ich freue mich über die Rückbenennung der HSV-Spielstätte in „Volksparkstadion“. Und ja, auch ich brauche hin und
wieder etwas Harmonie. Und doch hätte
es reichlich Kritik geben dürfen an jenem
Sonntag im Januar. Doch in Sachen Kritik
kam gar nichts. Null. Zero. Nada. Niente.
Keine Verabschiedung für Oliver Scheel,
Vorstand für Mitgliederbelange, und kein
Wort zur Fan-Anleihe. Vom Polizeieinsatz
und dem damit verbundenen Rückzug der
„Chosen Few“ ganz zu schweigen.
Ohne meine entspannte Grundhaltung an
diesem Tag wäre ich wahrscheinlich ausgerastet, an Ort und Stelle, im Oberrang
des CCH. Aber, wie gesagt, ich war und bin
offenbar schon länger nicht mehr so recht
beim HSV. Zu oft mit dem Kopf durch die
Wand und gegen die Tischplatte, das hinterlässt irgendwann eben doch Spuren.
Der Ort, an dem mir bewusst wurde, dass
hier erneut Grundlegendes schief gelaufen war, das war die S-Bahn Richtung Altona. Dort saß ich spätnachmittags, auf dem
Heimweg, inmitten von Touristen, Besoffenen und anderen Dödels und ärgerte
mich, dass ich bei der Versammlung nicht
aufgestanden war und rumgepöbelt hab‘.
Ich Trottel.
Man mag von Oliver Scheel halten, was
man will. Ihn aber nach so vielen Jahren
Vereinstätigkeit für den HSV derart niveau- und geräuschlos zu verabschieden,
das ist so schwach und einfach nur zweitklassig. Wenn überhaupt. Und dann die
Sache mit der Neuausrichtung in Sachen
„Campus“. Nicht, dass wir uns falsch verstehen. Ich mag Alexander Otto. Ich mag
den richtig gerne und ich finde toll, was er
macht. Das finden alle anderen auch. Besonders während der Mitgliederversammlung. Alle jubelten und klatschten. Und
Jahreshauptversammlung
VEREIN
Retter in der Not: Der ehemalige HSV-Aufsichtsrat Alexander Otto fördert das Campus-Projekt mit einer Spende in Höhe von zehn Millionen Euro.
auch ich jubelte und klatschte. Bis mir klar
wurde – der HSV hat mal wieder mehr
Glück als Verstand. Zum wiederholten
Male ist ein Retter eingesprungen, um den
handelnden Personen den Popo zu retten.
Vielen Dank dafür, Herr Otto!
In der S-Bahn ist mir dann noch was ganz
anderes klar geworden: Wie viel unglaublicher es doch ist, dass während einer
HSV-Mitgliederversammlung keine kritische Nachfrage gestellt wird, was eigentlich der scheidende und nicht scheidende
Teil des Vorstands dazu zu sagen hat, dass
es überhaupt des Geldes Externer bedarf,
den Campus zu stemmen, wo doch eigent-
um unseren Klub irgendein Verantwortlicher hinstellt und sich erklärt und einfach mal sagt: „Wisst ihr was? Es tut uns
leid. Wir haben Mist gebaut. Eure Kohle ist
futsch.“
Dass eine solche Erklärung auf einer Mitgliederversammlung ausbleibt, ist in meinen Augen so dermaßen zweitklassig und
provinziell, dass ich hiermit und an dieser Stelle aufhöre, daran zu glauben, dass
sich jemals in diesem Verein auch nur
eine Kleinigkeit zum wirklich fundamental Besseren wendet. Wen wundert es da
noch ernsthaft, dass auch kein Wort zum
Rückzug der sicher überkritischen und un-
„Es tut uns leid.
Wir haben Mist gebaut.
Eure Kohle ist futsch.“
lich bereits vor Jahren reichlich Asche von
Fans eingesammelt worden war, um genau das zu tun. Ich meine, ich habe schon
begriffen, dass die Kohle weg ist, dass damit Löcher gestopft werden mussten und
so. Schon klar. Aber ich hätte mir zumindest gewünscht, dass sich da endlich mal
einer von den „Machern“ hinstellt und sich
ganz einfach entschuldigt. Ich hätte mir
gewünscht, dass sich nach all den Demütigungen und Misserfolgen und Negativschlagzeilen und vereinspolitischen Wirren und wirtschaftlichem Versagen rund
48
bequemen, aber doch stets voller Herzblut
agierenden Fangruppierung „Chosen Few“
gefallen ist. Dabei wird bei jedem einzelnen, trüben HSV-Heimspiel aufs Neue
überdeutlich, wie sehr diese Gruppe (nicht
nur) stimmungstechnisch fehlt. Besonders
aktuell, wo es – welch Zufall – sportlich
mal wieder so gar nicht laufen will.
Klar. Wir können darauf hoffen, dass sich
die Atmosphäre im Volkspark auch ohne
Ultras wieder bessert und dass sich auch
in einigen Jahren noch honorige Personen finden, die diesem Klub den Hintern
retten, wenn mal wieder irgendwas hakt.
Und Hoffnung ist ja der treueste Begleiter eines jeden HSVers. Von daher können
wir gar nicht anders, als zu hoffen. Aber
wisst ihr was? Ich mag nicht mehr hoffen.
Denn wenn ich es auch nicht mit Sicherheit weiß, so ahne ich doch, dass es wieder
nicht klappen wird mit dem einmal mehr
„neuen HSV“. Und ich sage euch auch warum: Weil wir grundsätzlich – wie auch
immer wir uns im letzten Mai aufgestellt
haben mögen – keinen Erfolg haben werden und diesen auch nicht verdient haben, so lange wir es nicht hinbekommen,
in diesem Klub ehrlich, selbstkritisch und
doch respektvoll miteinander – auch mit
Andersdenkenden – umzugehen und das
größte Potenzial zu nutzen, das immer
noch durch die Mitglieder (zumindest vielen von ihnen) eingebracht wird: Herzblut
für den HSV. Auch wenn es wehtut.
Und dann noch das:
Mein persönlicher – nach wir vor freundschaftlicher – Dank gilt Oliver Scheel für
all das, was er für den HSV in all den Jahren geleistet hat und von dem leider nur
die Wenigsten wissen. Du hättest einen
würdigeren Abschied verdient, Oli.
Mein harter Respekt gilt den Ultras der
„Chosen Few“ für das, was sie nicht nur
stimmungstechnisch für den HSV viele Jahre auf die Beine gestellt haben. Mag
ich auch nicht alles vorbehaltlos geil finden, was ihr macht und wofür ihr steht,
und finde ich euren Rückzug aus der Kurve
auch ein wenig zu selbstverliebt, so fehlt
ihr halt doch. |
Typisierungsaktion
Von Kathrin Ehrcke
Bin ich dein Typ?
HSV-Fan Simon ist an Leukämie erkrankt. Vor dem Heimspiel gegen
Augsburg führte der HSV eine Typisierungsaktion durch. Kathrin Ehrcke
berichtet von den Vorbereitungen.
H
ermann Rieger hat oft zu
mir gesagt: „Mädel, wann
machen wir so etwas mal
bei uns?“ Eine Typisierungsaktion im Stadion.
Bei UNS. Genau darin lag mein Problem.
Nach den Querelen der letzten Jahre war es
nicht mehr da, dieses Wirgefühl, die Zugehörigkeit zu meinem Verein. Meine Emotionen im Stadion glichen in etwa denen bei meiner Steuererklärung. So fiel
der Gedanke erstmal unter den Tisch.
Und dann kam HSV-Fan Simon. Einer von
uns, an Leukämie erkrankt. Seit Wochen
auf der Suche nach seinem „genetischen
Zwilling“, der ihm die lebensrettenden
Stammzellen spenden würde. Ein Kämpfer, von dem wir uns alle eine Scheibe abschneiden könnten. Und plötzlich war uns
klar: Wir müssen etwas machen! Nicht nur
für ihn, auch für alle anderen Erkrankten.
Der Supporters-Club war sofort an Bord
(An dieser Stelle muss ich Oliver Peters und
Tim-Oliver Horn erwähnen. Es helfen wirkliche alle, aber diese beiden legen für die
Aktion auch schon mal ein paar Sonderschichten ein!). Es wurde sich für das Spiel
gegen Augsburg entschieden, eine frühere Ausrichtung wäre organisatorisch nicht
möglich gewesen. Weiter entschieden wir
uns, die Aktion gemeinsam mit der Uniklinik Hamburg-Eppendorf durchzuführen.
Das UKE und den HSV verbindet eine langjährige Partnerschaft und dies ist schließlich eine Hamburger Geschichte. Das UKE
fand die Idee großartig! Fehlte noch das
OK von Stadionmanagement und AG.
Ganz ehrlich? Ich hatte mit einer Absage
Aktion für Simon – aber auch für viele andere Betroffene.
gerechnet. Eine Art „Wir finden die Idee
ja ganz gut, aber wir haben gerade wirklich andere Sorgen“. Irrtum! Das von mir erwartete Topfschlagen im Minenfeld blieb
aus, wir rannten offene Türen ein. Hilke
an Bord. Krägel an Bord … und allen voran
Dietmar Beiersdorfer, der sich als allererstes dann auch gleich mal typisieren ließ.
Leinen los!
Hinter und vor uns: jede Menge Arbeit.
Werbung und Aufklärung (ein Kampf gegen Vorurteile zum Thema Stammzellspende), Logistik , Personalplanung. Eine
Typisierungsaktion bei einem Bundesligaspiel ist absolut nicht einzuschätzen, daher
ist die tatsächliche Durchführung nicht so
einfach. Kamen bei Schalke gegen Leverkusen 500 Leute zur Aufnahme ins Stammzellspenderegister, waren es beim Zweitligisten Union Berlin ganze 1.800. Seither
schwirrt bei uns die irreale aber wünschenswerte Zahl 1.887 herum. Das wäre
championsleague-reif und was ist schon
schöner, als international zu spielen!?
Bei 57.000 Menschen mögen 1.887 wenig
klingen, ist es aber nicht. Zumal eine Typisierung das UKE ca. 50,00 EUR kostet. Man
rechne mal bei 1.887 Neutypisierungen …
wie kriegen wir die HSVer also dazu a) sich
typisieren zu lassen und b) Geld zu spenden? Besonders jetzt, da sich aufgrund der
Tabellensituation die Laune der meisten
am Gefrierpunkt befindet?
Wir stehen kurz vor dem Nordderby auf einem direkten Abstiegsplatz. Nächste Woche soll die Aktion stattfinden. Zugegeben:
Ich schlafe schlecht. Was, wenn wir am
Wochenende den Durchbruch nicht schaffen? Vergessen wir etwas bei der Organisation? Hinter den Kulissen – für mich seit
Jahren gefühlt zum ersten Mal – alle HSVer
in einem Boot. Und irgendwo da oben sitzt
dann Hermann und streckt uns seinen
Daumen entgegen … |
49
VEREIN
Von Mathis Paus · Foto: Witters
„Für mich gibt es
nur einen HSV“
Für Jens Meier steht fest: Verein und AG müssen zusammenspielen.
Im Interview spricht der HSV-Präsident über die ersten Wochen im Amt,
sein Verhältnis zu Dietmar Beiersdorfer und die Rolle des Supporters Club.
Herr Meier, im Januar wurden Sie zum
Präsidenten gewählt. Wie waren die
ersten Wochen im Amt?
Nennen wir es mal die Einarbeitungsphase. Es galt, möglichst alle Mitarbeiter zügig kennenzulernen, sich einen Überblick
zu verschaffen und anstehende Dinge des
Tagesgeschäfts abzuarbeiten. Zudem haben wir die Aktivitäten im Präsidium aufgeteilt und Prioritäten für die Zukunft gesetzt. Das Hauptproblem ist natürlich, dass
man nicht gleich überall und auf „allen
Hochzeiten“ tanzen kann, und man merkt
auch, dass die Stimmung, egal ob intern
oder extern, stark davon abhängig ist, wie
die Fußball-Bundesliga-Mannschaft gerade gespielt hat.
Einen tollen sportlichen Erfolg durfte ich
schon persönlich miterleben, nämlich den
Vizemeister-Titel unserer Rollstuhlbasketballmannschaft beim Final-Four am 29.
März. Eine super Leistung unseres Teams.
Es gab keinen Wahlkampf um Ihren
Posten. Sie waren der einzige Kandidat.
Können Sie Mitglieder verstehen, die
sich im Vorfeld für eine echte Wahl stark
gemacht haben?
Ich kann sie sehr gut verstehen. Ich war
selber nicht glücklich über das Verfahren, aber es war durch die Mitgliederentscheidung vom letzten Mai so vorgegeben. Ich bin der Meinung, wir sollten die
Satzung dahin gehend anpassen, dass es
50
zumindest die Chance auf mehrere Kandidaten pro Amt gibt. Wichtig ist aber
vor allem, gerade im ehrenamtlichen Bereich, dass sich immer ein gutes Team findet, welches sich gegenseitig ergänzt, aber
auch mal ersetzen kann. Das funktioniert
in der jetzigen Besetzung zusammen mit
Henning Kinkhorst und Dr. Ralph Hartmann ausgezeichnet.
Hätte es Konkurrenz gegeben, was hätte
in Ihrem Wahlprogramm gestanden?
Der e. V. und die Fußball AG müssen immer als eine Familie angesehen werden.
Für mich gibt es nur einen HSV, und dafür trete ich ein. Für unseren e. V. lege ich
Wert darauf, dass wir solide und transparent führen, das heißt die Finanzen müssen wir nachhaltig im Auge haben und
dabei gleichzeitig in notwendige Dinge investieren. Eine ganz wichtige und zentrale Bedeutung spielen dabei die Supporters
sowie die fördernden Mitglieder, Menschen mit der Raute im Herzen, die die Aktivitäten unseres Vereins unterstützen.
Sie kennen den Hamburger SV bereits aus
einer anderen Perspektive. Hilft Ihnen die
vorherige Zeit im Aufsichtsrat des „alten
HSV“ in Ihrer neuen Funktion?
Das hilft mir sehr. Ich bin sicherlich einer der wenigen, der die Ausgliederungsunterlagen vollständig gelesen hat und
somit auch deren Schwächen kennt, die
es noch abzurunden gilt. Darüber hinaus kenne ich natürlich viele handelnde Personen, die wesentlichen Sportstätten und deren Zustand sowie die Finanzen
sehr gut.
Als Präsident des e. V. sitzen Sie erneut in
diesem Kontrollgremium. Was ist jetzt
anders?
Ich bin jetzt einfaches Mitglied des Aufsichtsrats einer AG und habe bisher erst an
einer Sitzung teilgenommen. Ich bin herzlich aufgenommen worden. Bisher erkennbarer wesentlicher Unterschied ist: Es gibt
deutlich weniger Sitzungen.
Das dürfte Ihnen als dreifacher Familienvater und in Ihrer Funktion als Hafenchef entgegenkommen. Wie schaffen Sie
es dennoch, Ihrem Ehrenamt beim HSV
gerecht zu werden?
Leidenschaft und Gesundheit müssen vorhanden sein, aber vor allem muss die Familie ihr Okay geben und sich auch dafür interessieren. Da wir alle HSVer sind,
lässt sich das Ganze ganz gut verbinden.
Zu Fußballspielen gehen wir meist alle gemeinsam. Präsidiumssitzungen machen
wir in der Regel ein bis zwei Stunden vor
dem Spiel, sodass es in den Ablauf integriert ist. Beim Rollstuhlbasketball war beispielsweise mein Sohn auch dabei – das
heißt, wir sind alle ein wenig sportverrückt, so lässt es sich vereinen.
Jens Meier
Ein Verein wie der HSV kann kaum von
einem komplett ehrenamtlichen Präsidium geführt werden. Wie wird sich die
operative Struktur des e. V. verändern?
Stichwort hauptamtlicher Geschäftsführer.
Eine unserer bisher wichtigsten Aktivitäten war, die hauptamtliche Geschäftsführerposition zu besetzen, da man einen so
großen Verein nicht vollständig ehrenamtlich führen kann. Wir hatten über 500 Bewerbungen und hoffen, dass wir in den
nächsten Tagen das Ergebnis unseres Auswahlverfahrens bekannt geben können.
Es war im Zuge der Ausgliederung häufig
davon die Rede, dass selbige den e. V.
langfristig vor einer Insolvenz absichern
würde. Wie ist es um die Finanzen des ­
e. V. nach der Ausgliederung bestellt?
Dem Verein geht es aktuell wirtschaftlich gut, und diesen Zustand gilt es zu
stabilisieren. Gelder, die eindeutig dem
e. V. gehören, wurden bei der Ausgliederung auch an den e. V. überwiesen. Verbindlichkeiten, die im Zusammenhang mit
den Anleihen standen, wurden auf die AG
übertragen. Hier gibt es jedoch noch das
Nachhaftungsrisiko, das gesetzlich nicht
auszuschließen war. Das heißt im Klartext: Geht die Fußball AG in die Insolvenz,
haftet der Verein weiterhin mit.
Wie funktioniert die bisherige Zusammenarbeit mit der AG?
Dietmar Beiersdorfer und ich pflegen einen regelmäßigen Austausch, unsere Zusammenarbeit läuft sehr vertrauensvoll
und ausgezeichnet. Wir haben beide das
Interesse, den HSV auch weiterhin als eine
Familie zu sehen und eruieren gerade, wie
wir diesen Zusammenhalt weiter verstärken können.
„Unser Ziel sollte es
sein, dass der HSV
mehr als 100.000
Mitglieder vereint!“
Wie beurteilen Sie die Rolle der größten
Abteilung des HSV, der Abteilung Fördernde Mitglieder/Supporters Club?
Die Abteilung Fördernde Mitglieder/Supporters Club ist der größte Bereich im HSV
e. V. und stellt das wichtige Bindeglied
zwischen dem Verein und dem Profifußballbereich dar. In konstruktiven Gesprächen sind wir gerade gemeinsam mit Dietmar Beiersdorfer dabei, ein ganzheitliches
Konzept zu erstellen. Einige Dinge bedürfen der Neuausrichtung oder der Wiederbelebung nach der Ausgliederung. Die Unterstützung von Nachwuchssportlern,
aber auch von Sportarten, die sich als Sparte nur schwer selbst finanzieren können,
sollten, neben dem Profifußball, im Fokus
stehen. Unser gemeinsames Ziel sollte es
sein, dass der HSV mehr als 100.000 Mitglieder vereint, auch wenn das bei der aktuellen Situation der Profifußball-Mannschaft schwerfällt. |
Zur Person:
Jens Meier ist 1966 in Hamburg geboren. Der
dreifache Familienvater ist seit Januar Präsident des Hamburger SV, besitzt aber auch einen
Aufsichtsratssitz in der Fußball AG des HSV.
Hauptberuflich ist Meier Chef des Hamburger Hafens, eine der größten Warendrehscheiben Europas.
51
VEREIN
HSV-S
ERIE:
ALLE
AUSSES
FUSSI R
!
Von Johannes Kühner
Zeit, dass sich
was dreht
Die Kneipe als Stadion: Hamburgs Tischfußball-Szene ist allgegenwärtig. Seit 2013 hat auch der HSV eine Abteilung. Deren Gründer
Henning Ramcke zeigt bei einem Probetraining ein paar Techniken.
W
er mit Henning Ramcke über die Reeperbahn geht, der gerät in eine Welt, in der
Männer an Stangen
über Tische tanzen. Aber halt: Hier geht
es nicht um Sex und Erotik – sondern um
Tischfußball. Ramcke deutet mal auf diese, dann auf jene Kneipe – und kategorisiert sie nach der Qualität ihrer Tische. Fazit Nummer eins: Fast jede Kneipe in den
Seitenstraßen der sündigen Meile hat einen guten. „Sonst würde niemand reingehen.“ Und zwar wegen Fazit Nummer
zwei: Hamburg hat eine riesige Tischfußball-Szene. Selbst die erst junge Abteilung
des HSV – 2013 gegründet – hat mit knapp
70 Mitgliedern schon fast halb so viele wie
der Bremer Tischfußballverband mit allen
Mannschaften zusammen (159 Spieler).
Wie unscheinbar der Liga-Betrieb abläuft,
zeigt sich in der Bar „Parzelle“. Ein DJ legt
Musik auf, es gibt Bier und Cocktails. Eine
ganz gewöhnliche Kneipe auf der Reeperbahn eben. Doch am Tisch in der Ecke stehen nicht irgendwelche Hobbyspieler
– inmitten des abendlichen Trubels tragen zwei Teams gerade eine Partie um die
Hamburger Meisterschaft aus.
Henning Ramcke hat die TischfußballSzene 2007 ins Laufen gebracht. Der Geschichtsstudent und HSVer führte damals
Tischfußball-Kurse beim Hochschulsport
der Universität Hamburg ein und gründete
den Hamburger Tischfußball-Verband. Die
Abteilung des HSV hob er 2013 aus der Taufe – neben Hannover 96 und FC St. Pauli
52
Reich an Tricks: Henning Ramcke, Abteilungsleiter Tischfußball.
der einzige Bundesligist mit einer Tischfußball-Abteilung. Das passt zu Ramckes
Konzept: „Ich möchte Tischfußball über
den Anschluss an Vereine bekannt machen. Da steckt eine Fanbase, die sich mit
dem Team identifiziert.“
Das Training steigt in Norderstedt. Innerhalb kürzester Zeit zeigt der Kicker-Profi
auch Gelegenheitsspielern, worauf sie sich
beim nächsten Kneipen-Spiel konzentrieren sollten. Solche Tricks am Tisch draufzuhaben und andere zu beeindrucken,
zum Beispiel am Tisch im Sportpub
„Tankstelle“ – das ist ja dann doch ganz
schön sexy. |
Trainingszeiten
Lust bekommen? Die HSV-Tischfußballer trainieren jeden Dienstag
von 18.00 bis 21.00 Uhr im Sportzentrum Norderstedt. Dort zeigt Henning Ramcke die hier beschriebenen
Tricks in der ersten Trainingseinheit. Kontakt:
[email protected]
Tischfußball im HSV
Tischfußball-Basics
Theorie
Wahrscheinlichkeiten: Der angreifende
Spieler hat immer eine Einschussmöglichkeit mehr, als der Abwehr zur Verfügung
steht, um dieses Tor zu verhindern. Das Ziel
der Abwehr ist es, dem Stürmer die für ihn
schwierigste Lücke (Tischfußballer sagen:
Kanal) offenzulassen.
Spielanalyse: Viele Kneipenspieler beherrschen nur einen Trick. Wer diesen enttarnt, muss nichts weiter tun, als diesen
Abwehrtaktiken
„Als Abwehrspieler ist man Elfmeterkiller: Eigentlich hat man
eh keine Chance. Aber ich versuche, die Wahrscheinlichkeit
zu erhöhen, dass mein Gegner
nicht trifft.“ So beschreibt Henning Ramcke die Aufgabe der
Abwehr. Möglichkeiten:
»» Liegt der Ball unter dem Fuß
des Stürmers eingeklemmt,
kann gar kein direkter Geradeaus-Schuss als Abroller aufs Tor erfolgen (siehe
Grafik 1). Um geradeaus zu
schießen müsste der Gegner
auf eine andere Schussvariante ausweichen. Bedeutet:
Abwehrspieler können den
Geradeaus-Schuss zunächst
offen lassen und die – in diesem Moment – wahrscheinlicheren Schuss-Optionen
abdecken.
Mittelfeld
Was nur mache ich mit dem
Mittelfeld? Dazu zwei Tipps:
»» An der Bande muss eine einzige gegnerische Figur den
größten Raum auf der gesamten Spielfeldbreite allein abdecken; im Zentrum
schaffen es immer zwei Figuren in eine Lücke. Deshalb
ist an der Bande die Chance
Trick immer wieder mit derselben Taktik
abzuwehren und seinen Gegner zu anderen Schüssen zu zwingen. Bedeutet: Während eines Spiels geht es dauernd darum,
vorherige Spielzüge zu analysieren.
Körperhaltung: Wie beim Boxen. Die Füße
stehen leicht der Angriffsseite zugeneigt.
Handhaltung: Der Daumen ist auf derselben Seite wie die Finger.
Spielfeldmarkierung: Eine imaginäre Linie von den Schnittstellen des 16-MeterRaums mit dem 11-Meter-Kreis zum Tor
markiert die Linie, über die ein gerader
Schuss direkt neben dem Pfosten im Tor
landen würde.
Weitere Tipps:
www.kickern-hamburg.de/guide |
1
»» Rechts lang und Zieher/Schieber (siehe S. 54) lassen sich
am besten durch gleichzeitige Bewegung von Torwart
und Abwehrreihe in dieselbe
Richtung blocken (siehe Grafik 1); der Jet (S. 54) durch Hinund Her-Bewegen der Reihen
in entgegengesetzte Richtungen (siehe Grafik 2).
Hat der Gegner den Ball in
seiner eigenen Abwehrreihe (siehe Grafik 3), ist der beste Schutz gegen einen Direktschuss, sich als ganzes Team
zu positionieren und – außer mit der Dreierreihe – bewegungslos stehenzubleiben: Der Torwart blockiert
das kurze Eck, eine Figur der
Zweierreihe den nächsten
Kanal, das Mittelfeld den Kanal im Zentrum. Die Dreierreihe versucht, die letzten
am größten, den Ball an der
gegnerischen Abwehrreihe
vorbei zur eigenen Dreierreihe zu bekommen.
»» Nur nach vorne schießen genügt nicht: Die eigene Stürmerreihe sollte den Ball zugleich auffangen. Das klappt
am besten mit nach vorne gestreckten Füßen der Figuren. Wer seinen äußeren
3
2
beiden Öffnungen durch
Mitziehen zu blockieren.
»» Der Schuss rechts lang wird
am ehesten ins lange Eck gehen; ein Schuss in die Mitte
ist schwieriger. Deshalb: Sicherung der kurzen Ecke
und – sofern ein schneller
Spielzug kommt – in die lange Ecke hinüberziehen. |
Stürmer an die Bande drückt
und durch die gegnerische
Mittelreihe dorthin passt, erhöht zudem die Chance, den
Ball sicher aufzufangen, weil
der Ball nur zu einer Seite
wegspringen kann (auf der
anderen Seite wird er durch
die Bande gehalten). |
53
Tischfußball-Basics
Schusssysteme
Ein Schusssystem unterscheidet sich von normalen Schüssen, da es von einem Punkt startet und immer mindestens drei Einschussmöglichkeiten hat – denn die Abwehr kann nur zwei Einschussmöglichkeiten gleichzeitig decken.
1. „Rechts lang“-System
Bei diesem System hat der ballführende Spieler drei Möglichkeiten, ein Tor zu schießen (siehe Grafik 1): Entweder er macht
einen direkten Diagonal-Torschuss durch sofortige Drehung seiner Figuren. Oder der
Spieler zieht den Hebel minimal in seine Richtung, bis der
Ball genau vor dem Fuß seiner
Figur liegt, um ins kurze Eck zu
schießen. Oder der Spieler zieht
seine Sturmreihe mit Schwung
zu sich heran (aus Sicht der Figur: nach rechts) und schießt
ins lange Eck (deshalb „rechts
lang“).
Startposition:
Wenn sich der Ball auf der
Schnittstelle zwischen 16-Meter-Raum und 11-Meter-Kreis
befindet, klemmt ihn der ballführende Spieler unter den
Fuß seines mittleren Stürmers. Schiebt er den Hebel nun
in dieser Position bis zum Anschlag an der Bande von sich
weg, rollt der Ball automatisch
auf die Innenseite des Fußes.
Zur Kontrolle: Ein Direktschuss
würde diagonal ins Tor fliegen.
Ausführung:
1. Der Spieler zieht den Hebel schnell zu sich heran –
bis zu jener Stelle, an der er
den Ball geradeaus ins Tor
schießen möchte (siehe Grafik 1). Der Ball rollt unterdessen von der Innenseite des
Fußes unter der Figur hindurch und nimmt Schwung
auf, verliert den Kontakt zur
2. „Zieher/Schieber“-System
Bei diesem System liegt der
Ball neben der Figur und
wird durch Ziehen oder
Schieben des Hebels bewegt, um dann mit einer
schnellen Handgelenk-Drehung ein Tor zu schießen.
Startposition:
Der Ball liegt links oder
rechts neben einer Figur.
Diese ist mit dem Oberkörper leicht nach vorne geneigt, der Ball liegt also
3. „Jet“-System
Dieses System ist schnell zu erlernen und sehr effektiv. Ein
Schuss erfolgt durch Überschlag einer Figur.
Startposition:
Der ballführende Spieler
klemmt den Ball unter den
nach vorne gestreckten Fuß
seiner mittleren Figur in der
54
etwas hinter der Mittelachse der Stange (siehe Grafik 1).
Ausführung:
Der ballführende Spieler bewegt seine Figur in jene Richtung, in der er durch eine Lücke senkrecht ins Tor schießen
möchte. Nach etwa zwei Dritteln des Weges überholt die Figur den Ball (dieser rollt automatisch weiter), der Spieler
holt mit dem Handgelenk
Schwung und schießt (der Ball
Dreierreihe. Der Griff liegt auf
dem Handgelenk – und zwar
so, dass sich die Figur um etwa
360 Grad dreht, wenn der Griff
über das Handgelenk in die
Hand zurückrollt.
Ausführung:
Mit Hilfe des Fußes wird von
oben leichter Druck auf den
1
Figur, rollt aber selbstständig weiter (siehe Grafik 2).
2. Figur stoppen.
3. Hand öffnen.
4.Hand in einen imaginären
Wassereimer tauchen. Dabei
rollt der Griff über die Handfläche aufs Handgelenk. Das
funktioniert nur, wenn der
Daumen auf derselben Seite
ist wie die Finger. Die Figur
neigt sich nach hinten.
5. Den Griff ruckartig in die
Hand zurückrollen lassen,
als würde man eine schwere Schubkarre anheben. Der
Ball wird mittlerweile wieder vor der Figur angekommen sein.
Diese Technik gelingt schon
nach wenigen Minuten.
2
1.
2.
Wichtig: langsam beginnen,
um den Bewegungsablauf zu
verinnerlichen. |
1
wird vor der Figur angekommen sein). Damit der Ball geradeaus fliegt, ist eine Gegenbewegung erforderlich (siehe
Grafik 2). Das heißt, der Spieler schiebt oder zieht den Hebel
kurz vor dem Schuss von sich
weg (beim Zieher) oder zu sich
heran (beim Schieber). Wichtig bei dieser Schusstechnik ist
auch eine gleichmäßige Bewegung: Viele Spieler machen den
Fehler, die Figur nach Verlassen
des Balls zu beschleunigen. |
2
1.
2.
1.
3.
2.
Ball ausgeübt, damit er bei einer Seitwärtsbewegung nicht
herausrutscht. Nun wird der
Ball in eine Richtung bewegt –
oder zur Verwirrung des Gegners immer wieder hin und
her. Wenn sich eine Lücke ergibt, lässt der Spieler den Griff
ruckartig über sein Handgelenk in die Hand rollen. |
54
News
Foto: Marco Kopp
Neues aus dem Klub
Hanseatics wieder da
Auch zukünftig wird der HSV im Baseballsport aktiv sein: Nach dem Weggang der
Stealers zum Ende des vergangenen Jahres
sind die Hamburg Hanseatics nach neun
Jahren zum HSV zurückgekehrt und starteten ab April mit dem Spielbetrieb in der Verbands- sowie in der Bezirksliga. Die Hanseatics hatten 2004 den Baseballsport im HSV
gegründet, sich jedoch zwei Jahre später,
kurz nach der Aufnahme der Stealers, eigenständig gemacht.
Die HSV-Hanseatics kehren geschlossen
mit zwei Herren- und einem Nachwuchs­
team zurück, das sich noch im Aufbau befindet. Auch Softball – die Damen-Variante
von Baseball – wird es weiterhin geben. Die
HSV-Wildcats bleiben nach wie vor im Verein aktiv und wollen gemeinsam mit den
Hanseatics den Sport um die kleine Lederkugel voranbringen.
Wer die Soft- und Baseballer unterstützen
möchte – als Spieler, passives Mitglied
(Förderer) oder Sponsor – kann sich an
[email protected] wenden. |
Erste Frau im Ring
Die erste HSV-Boxerin aller Zeiten ist auf
der Frühjahrsveranstaltung des SV Polizei
Hamburg im März in den Ring gestiegen.
Katharina Weiß bestritt ihren ersten Kampf
für die HSV-Boxabteilung (ihren dritten
Kampf insgesamt) gegen Leena Janßen von
der Agon Sportschule.
Gegen die einen Kopf größere Rechtsauslegerin ging Katharina beherzt zu Werke und
punktete in der ersten Runde mit gezielten Körper- und Kopftreffern. Ihre Gegnerin
ging von Anfang an mit einer enorm hohen
Schlagfrequenz vor. Im Laufe des Kampfes
setzte sie deshalb mehr Treffer als die
HSVerin. Katharina Weiß verlor den Kampf
nach Punkten.
Dass sie trotzdem zufrieden sein darf, bekräftigt der Trainer und stellvertretende
Abteilungsleiter Thomas Ritter: „Sie hat absolut alles gegeben, das ist das Wichtigste.
Zudem konnten wir sehen, wo wir mit unserer Arbeit künftig ansetzen müssen. Wir
werden von Katharina noch einiges sehen!“,
lautet seine Prognose. |
Größter Triumph
Die HSV-Rollstuhlbasketballer der BG Baskets Hamburg sind Deutscher Vizepokalsieger 2015. In einem hochklassigen Finale mussten die Hausherren am Ende zwar
dem Favoriten RSV Lahn-Dill das Feld überlassen und eine 52:77-(25:36)-Niederlage
hinnehmen, dennoch feierte das Team von
Cheftrainer Holger Glinicki den größten Erfolg der Vereinsgeschichte.
Knapp 2.500 Zuschauer besuchten am
28. und 29. März die Basketball-Arena im
Wilhelmsburger Inselpark und sahen einen deutlichen Halbfinal-Sieg der BG Baskets Hamburg gegen Trier (77:55) sowie einen spannenden Finaltag, an dem sich am
Ende der haushohe Favorit aus Mittelhessen durchsetzte. Vor den Augen von Sportund Innensenator Michael Neumann setzten die BG Baskets ein inklusives Zeichen
für die paralympische Bewegung in der
Hansestadt und boten spektakulären Sport
auf Rädern.
Mehr zum Final Four gibt es unter
www.bgbasketshamburg.de |
Neuwahlen bei den Amateuren
Philipp Witthöft ist neuer Vorsitzender im Amateurvorstand aller HSV-Amateursportabteilungen. Er war von 2010 bis 2013 bereits als Jugendwart im Vorstand tätig. Das Amt der
Kassenwartin bekleidet zukünftig Käte Ahrend aus der Abteilung Bowling, Sportwart ist
Ronny Bolzendahl (Abteilung Golf), und auf der Position des zuständigen Mitglieds für die
Belange der Sportanlage Norderstedt wurde Frank Schaube (Abteilung Fußball männlich)
auf der 8. Amateurversammlung in der HSV-Sporthalle in Norderstedt in seinem Amt bestätigt. Da für jede Position lediglich ein Kandidat zur Wahl stand, stimmten die 116 anwesenden Stimmberechtigten in einer offenen Wahl ab und bestimmten den Vorstand ohne
Gegenstimme. |
55
VEREIN
Von Johannes Kühner (Text+Fotos)
Geschichte
zum Anfassen
Im Jahr 2004 hat der HSV als zweiter Verein Deutschlands ein Museum
eröffnet. Ernst Happels Jacke, Fernsehausschnitte und historische
Stadion-Sitzbänke sind zu sehen – und manches Fundstück von Fans.
E
ines Tages stand ein Mann
am Eingang des HSV-Museums und brachte einen Schatz
vorbei. Diesen Schatz hatte er zufällig im Nachlass eines Familienangehörigen gefunden, wie
ein Lesezeichen zwischen zwei Buchseiten. Rund 80 Jahre muss sein Fundstück
dort gesteckt haben: Es handelte sich um
eine Eintrittskarte zum Endspiel der ersten
deutschen Meisterschaft des Hamburger
SV. Heute ist das Ticket in einer Vitrine des
Museums ausgestellt – und für Museumsleiter Niko Stövhase ein Ausstellungsstück
mit besonderem historischen Wert.
Seit 2004 hat der Hamburger
SV ein eigenes Museum
– zur damaligen Zeit
nach dem FC Schalke 04 erst als zweiter Verein in ganz
Deutschland. Es
ist das Verdienst
von SupportersClub-Mitbegründer Dirk Mansen,
der maßgeblich für
die Umsetzung der
Idee verantwortlich
56
war. „Der Wunsch nach einem Museum
ist schon vorher dagewesen“, sagt Stövhase, der die Leitung des Museums später
übernommen hat. Nur: Wo sollte das Museum hin? Die passende Gelegenheit kam
mit dem Umbau des Volksparkstadions in
die reine Fußballarena. Trophäen, Trikots
und andere Sammlerstücke blieben fortan nicht länger im Archiv verborgen, sondern werden auf 700 Quadratmetern in
der Rautenwelt ausgestellt.
Zum Beispiel ein Original-Notizbuch von
Ernst Happel, in das er 1983 schrieb, dass
„wir zu unserem kollektiven Spiel zurückfinden – einer für alle, alle für einen“. Oder Informationen
über die Anfänge des
Vereins 1888, als es
heißt: Wer einen
Elfmeter „verbricht“, der muss
ihn auch halten. Auch die
Geschichte aller drei Stadien – und den
bedeutendsten
Spielen darin – bekommen Besucher
hautnah mit: in Live-Mitschnitten von
Fernseh- und Radioübertragungen oder
an Mitmach-Stationen. Bis zum knappen
Klassenerhalt vergangene Saison reicht
die Ausstellung – und zeigt zuletzt in der
Schatzkammer alle Pokale, die der HSV bisher gewonnen hat: Meisterschalen, DFBPokal, Europapokal und die Viktoria.
„Wir legen Wert darauf, die Exponate zeitlich einzuordnen und zu zeigen, was rechts
und links des Fußballs passiert ist“, beschreibt Stövhase das Konzept, mit dem
das fünfköpfige Team die Ausstellungen
gestaltet. Die Exponate wechseln regelmäßig, jedes Jahr gibt es eine Sonderausstellung – aktuell über Ernst Happel.
Das Material hierfür lagert im Archiv unter dem Stadion, in einem schlichten Kellerraum. In mehreren Reihen stehen Regale voller Gastgeschenke, Pokale und
Magazinausschnitte über den HSV – auch
für externe Wissenschaftler eine Fundgrube. Und die Mitarbeiter des HSV-Museums
nutzen ihr Archiv auch selbst immer wieder als Quelle und Inspiration. Momentan
arbeiten sie an einem Buch über den HSV
in der NS-Zeit.
Und die nächste Sonderausstellung kommt
bestimmt. |
Museum
Relikt aus früheren Zeiten: eine Bank aus dem Stadion am Rothenbaum.
Ende eines Meetings: Mitarbeiter Alexander Iwan, Simon Philipps und Katharina Wolf.
Gesammeltes Wissen: Museumsleiter Niko Stövhase im Archiv.
Öffnungszeiten/
Stadionführung
Das Museum ist täglich
von 10.00 bis 18.00 Uhr
geöffnet und bietet zudem Stadionführungen
an. Täglich um 12.00 und
14.00 Uhr (von April bis
Oktober sowie freitags bis
sonntags und an Feiertagen auch um 16.00 Uhr)
führt ein Guide alle Interessierten über die Tribünen in den VIP-Bereich, in
den Pressekonferenzraum,
die Buseinfahrt, die Auswärtskabine und zuletzt
durch den Spielertunnel
bis zum Rand des Spielfelds (Dauer: ca. 75 Minuten). Weitere Informationen gibt auch unter
www.hsv-museum.de
Die aktuelle Sonderausstellung dreht sich um Ernst Happel. Seine Trainingsjacke war schon zuvor in einer Vitrine zu sehen.
57
HSV kompakt
Supporters Club
Ihr erreicht uns wie folgt:
Hamburger Sport-Verein e. V.
Supporters Club
Sylvesterallee 7
22525 Hamburg
Tel.: 040/4155-1500
Fax: 040/4155-1510
Internet: www.hsv-ev.de
E-Mail: [email protected]
SC-Stand
Der Stand befindet sich in der Ebene 4 der
Nordtribüne. Er ist an Heimspieltagen bis
15 Minuten vor Anpfiff und nach dem Spiel
geöffnet. Hier könnt ihr euch mit SC-Merchandiseprodukten eindecken.
Öffentliche
Abteilungsleitungssitzung
Das genaue Datum und den Ort der öffentlichen Abteilungsleitungssitzung veröffentlichen wir jeweils rechtzeitig auf unserer
Internetseite www.hsv-ev.de. Jeder ist
herzlich eingeladen, vorbeizuschauen und
zuzuhören oder auch mitzudiskutieren.
Montagstreff der
Gemeinschaft der Senioren
Der Seniorenrat veranstaltet an jedem
ersten Montag im Monat eine öffentliche
Versammlung. Beginn ist um 19 Uhr im Hotel Elysée, Rothenbaumchaussee 10, 20148
Hamburg.
Onlinestore
Unter www.hsv-tickets.de könnt ihr Karten
und Fahrten für Auswärtsspiele des HSV
bestellen.
Die Kollektion des Supporters Club könnt
ihr unter www.hsv-sc-shop.de bestellen.
Botschaft des SC
Auch an der Botschaft des Supporters Club
könnt ihr bei Heim- und Auswärtsspielen
des HSV Artikel aus der Kollektion des Supporters Merchandise erwerben (Hinweis:
Verkauf nur an Mitglieder gegen Vorlage
des Mitgliedsausweises). Die Botschaft steht
bei Heimspielen des HSV im Stadion auf
der Westplaza. Der jeweilige Standort bei
Auswärtsspielen wird im Vorfeld des Spiels
auf www.hsv-ev.de und in der „Unterwegs“
veröffentlicht.
Ticketservice
Heimspielkarten können über die HSVBestellservice-Hotline unter 040-41551887,
im Internet unter www.hsv.de, im Service
Center im Stadion oder in einem der HSVFanshops gekauft werden.
Auswärtstickets und -fahrten können im
Internet unter www.hsv-tickets.de, im
Service Center im Stadion oder in den HSVFanshops gekauft werden. Bitte beachtet
auch die Ankündigungen und Information
im Internet unter www.hsv.de
HSV-Museum/
Stadionführungen
Das Museum befindet sich neben dem
Restaurant „Die Raute“ im Nord-Ost-Bereich
des Stadions. Die Öffnungszeiten des Museums sind täglich von 10 bis 18 Uhr*.
Stadionführungen** finden täglich statt.
Mitglieder erhalten auch hier einen Rabatt.
Für Gruppen gibt es auf Anfrage auch Sondertarife und Führungen zu anderen Zeiten.
Weitere Informationen gibt es telefonisch
unter 040/4155-1550 oder online unter
www.hsv-museum.de
*Bei Heimspielen ist der Zutritt ab 2 Stunden vor Spielbeginn nur mit Eintrittskarte für das Spiel möglich.
**An Spieltagen oder anderen Veranstaltungstagen entfallen die Stadionführungen.
58
OFC-Gründungen
Alle Informationen hierzu findest du im
Netz unter www.hsv-ofc.de
Mitgliederwesen
Bei Umzug, Namens- oder Bankverbindungsänderung steht dir das Mitgliederwesen genauso wie bei allen anderen Fragen
rund um die Mitgliedschaft im HSV zur
Verfügung. Das Mitgliederwesen erreichst
du per Telefon (040/4155 1501), per E-Mail
([email protected]) und per Post
(Hamburger Sport-Verein e. V., Mitgliederwesen, Sylvesterallee 7, 22525 Hamburg).
Fanshops
»» HSV Arena Store (im Stadion)
Sylvesterallee 7, 22525 Hamburg
Mo.-Fr. 10-18 Uhr, Sa. 10-16 Uhr
Sa. bei Heimspielen: mit
Stadionöffnung,
»» HSV City Store (Innenstadt)
Schmiedestr. 2, 20095 Hamburg
Mo.-Fr. 10-19 Uhr, Sa. 10-16 Uhr
»» HSV Fan Shop (Herold Center)
Berliner Allee 34a, 22850 Norderstedt
Mo.-Sa. 9.30-20 Uhr
»» HSV Fan Shop (AEZ)
Heegbarg 31, 22391 Hamburg
Mo.-Sa. 9.30-20 Uhr
HSV Service Center
in der Nord-Ost-Ecke der Arena.
Im Service Center gibt es Tickets
(Heim und Auswärts), Infos rund
um den HSV, Fundsachen vom Spieltag
und vieles mehr.
Kontakt: Persönlich Mo.-Fr. 10-18 Uhr,
Sa. 10-16 Uhr
Telefonisch unter 040/4155-1887
Mo.-Fr. 8-18 Uhr und Sa. 10-16 Uhr
oder per E-Mail an [email protected]
Foto: Witters
SCHLUSSPHASE
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Quensen Druck
folgt
WIR BLEIBEN IMMER
HAMBURGER JUNGS.
Danke für 75 Jahre.