Numerische Methoden in der Finanzmathematik
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Numerische Methoden in der Finanzmathematik
Universität Karlsruhe (TH) Numerische Methoden in der Finanzmathematik Forschungsuniversität · gegründet 1825 Prof. Dr. C. Wieners 1 Grundlagen aus der Wahrscheinlichkeitstheorie (1.1) Sei Ω eine Menge und A ⊂ P(Ω) ein Mengenystem von Teilmengen. Dann heißt (Ω, A ) eine σ -Algebra, wenn Ω ∈ A und A∈A =⇒ Ω\A ∈ A , {An }n∈N ⊂ A =⇒ [ An ∈ A . n∈N Das Paar (Ω, A ) heißt Messraum, die Mengen A ∈ A heißen messbar. (1.2) Wenn Ω ein normierter Raum ist, dann ist die Borelsche σ -Algebra B(Ω) die kleinste σ -Algebra, die alle offenen Mengen von Ω enthält. Wir setzen B n = B(Rn ). Eine Funktion µ : A −→ [0, ∞] heißt Maß, wenn µ(0) / = 0, und wenn für paarweise disjunkte Mengen A1 , A2 , ... aus A gilt: ! µ [ n∈N (1.3) An = ∑ µ(An ) . n∈N Das Tripel (Ω, A , µ) heißt Maßraum. Ein Wahrscheinlichkeitsmaß (W-Maß) P ist ein normiertes Maß (P(Ω) = 1). Ein Wahrscheinlichkeitsraum (W-Raum) ist ein Maßraum (Ω, A , P) mit normiertem Maß. (aus Last/Henze: Mathematik für Wirtschafswissenschaftler) 1 Universität Karlsruhe (TH) Numerische Methoden in der Finanzmathematik Forschungsuniversität · gegründet 1825 Prof. Dr. C. Wieners 1 Grundlagen aus der Wahrscheinlichkeitstheorie (1.4) Sei (X, X ) ein Messraum. Eine Abbildung X : Ω −→ X heißt Zufallsvariable, wenn X −1 (B) ∈ A für alle B ∈ X . Damit wird ein W-Maß PX durch PX (B) = P(X −1 (B)) definiert. Es heißt die Verteilung von X . Wir schreiben P(X ∈ B) = P(X −1 (B)). Für ω ∈ Ω heißt X (ω) Realisierung von X . Spezialfall: Im kanonischen Modell gilt Ω = X und A = X . (1.5) Zufallsvariablen X1 , X2 , ... : Ω −→ X heißen identisch verteilt wenn ihre Verteilungen übereinstimmen. (1.6) Ereignisse A1 , ..., AN heißen unabhängig, wenn für alle I ⊂ {1, ..., N} gilt: ! P [ n∈I An = ∏ P(An ) . n∈I Mengensysteme M1 , ..., MN ⊂ A heißen unabhängig, wenn für alle I ⊂ {1, ..., N} und jede Wahl An ∈ Mn die Ereignisse (An )n∈I unabhängig sind. Zufallsvariablen X1 , X2 , ... heißen unabhängig, wenn die σ -Algebren σ (X ) = {X −1 (B) : B ∈ X } unabhängig sind. (aus Last/Henze: Mathematik für Wirtschafswissenschaftler) 2 Universität Karlsruhe (TH) Numerische Methoden in der Finanzmathematik Forschungsuniversität · gegründet 1825 Prof. Dr. C. Wieners 1 Grundlagen aus der Wahrscheinlichkeitstheorie (1.7) Im Fall (X, X ) = (R, B 1 ) heißt X reele Zufallsvariable, und die Funktion F : R −→ [0, 1] mit F (x) = PX ((−∞, x]) heißt Verteilungsfunktion von X . Eine R Funktion f : R −→ [0, ∞] mit P(X ∈ B) = B f (x) dx heißt Verteilungsdichte. 1 b−a für x ∈ [a, b], f (x) = 0 sonst. (x−µ)2 Normalverteilung (X ∼ N(µ, σ 2 )): f (x) = √1 exp − 2σ 2 Gleichverteilung (X ∼ U(a, b)): f (x) = σ 2π (1.8) (1.9) R Für meßbare reelle Zufallsvariablen X ∈ L1 (Ω, P) heißt E(X ) = Ω XdP der Erwartungswert von X . Ist X ∈ L2 (Ω, P), dann heißt V(X ) = E (X − E(X ))2 die Varianz von X . Für Zufallsvariablen X , Y ∈ L2 (Ω, P) heißt C(X , Y ) = E (X − E(X ))(Y − E(Y )) die Kovarianz. X , Y heißen unkorrelliert, wenn C(X , Y ) = 0. Seien X1 , X2 , ... ∈ L2 (Ω, P) unabhängige und identisch verteilte Zufallsvariable mit Erwartungswert µ und Varianz σ 2√> 0. Dann gilt für den Mittelwert N SN = N1 ∑N n=1 Xn : Die Verteilung von σ SN konvergiert gegen N(µ, 1): ! √ Z b (x − µ)2 N 1 P a≤ SN ≤ b = √ exp − dx . σ 2 2π a (aus Last/Henze: Mathematik für Wirtschafswissenschaftler) 3 Universität Karlsruhe (TH) Numerische Methoden in der Finanzmathematik Forschungsuniversität · gegründet 1825 Prof. Dr. C. Wieners 2 Pseudo-Zufallszahlen (2.1) Wirklich zufällige Zahlen gibt es auf dem Computer nicht. Eine Zahlenfolge X1 , X2 , ... heißt gleichverteilt in Q ⊂ Rd , wenn für alle o λ (A) 1 n # (X(n−1)d+1 , ..., Xnd ) ∈ A : n = 1, ..., N = . A ∈ B(Q) gilt: lim λ (Q) N−→∞ N Zahlen X1 , X2 , ... heißen Pseudo-Zufallzahlen, wenn sie nahezu zufällig sind. (2.5) (2.6) (2.7) Prim-Modulo-Generator: Xn = aXn−1 mod p (p prim, a ∈ {2, ..., p − 1}) Dann ist X0 , X1 , ... ist periodisch mit der Period p − 1. p − 1 ist die kleinste Periode, falls a(p−1)/q 6≡ 1 für alle Primteiler q von p − 1. Seien X1 , X2 , ... unabhängig und U(0, 1)-verteilt, sei A0 ∪ · · · ∪ AK = [0, 1) eine disjunkte Zerlegung mit Akn∈ B([0, 1)), und sei P = o λ das W-Maß in [0, 1). Sei PN (X (ω) ∈ Ak ) = χN2 (X (ω)) = N 1 N# K ∑ k =0 Xn (ω) ∈ Ak : n = 1, ..., N und 2 PN (X (ω) ∈ Ak ) − P(Ak ) . P(Ak ) t K /2−1 exp(−t/2) fK (t) dt, fK (t) = . N−→∞ 2K /2 Γ(K /2) x C b) Zu ε > 0 ex. C > 0 mit lim P |PN (X ∈ Ak ) − P(Ak )| ≤ √ ≤ 1 − ε. N−→∞ N a) lim P(χN2 (X ) > x) = Z ∞ 4 Universität Karlsruhe (TH) Numerische Methoden in der Finanzmathematik Forschungsuniversität · gegründet 1825 Prof. Dr. C. Wieners 2 Normalverteilte Pseudo-Zufallszahlen (2.8) Sei X = (X1 , ..., XN ) ein Zufallsvektor mit Xn ∼ U(0, 1), und sei ϕ : (0, 1)N −→ RN ein Diffeomorphismus. Dann hat Y = ϕ(X ) die Dichte f (ϕ(x)) = | det Dϕ(x)−1 |. (2.9) Box-Muller-Verfahren Generiere Pseudo-Zufallszahlen U1 , U2 , ... ≈ U(0, 1). Berechnep(X2n−1 , X2n ) = ρn (cos θn , sin θn ) mit ρn = −2 log U2n−1 und θn = 2πU2n . (2.10) Korrellierte Pseudo-Zufallszahlen Sei Σ ∈ RN,N symmetrisch positiv definit, µ ∈ RN , und A ∈ RN.N mit AAT = Σ. Generiere einen Pseudo-Zufallszahlenvektor X = (X1 , ..., XN ) mit Xn ≈ N(0, 1). Dann gilt für den Pseudo-Zufallszahlenvektor Y = µ + AX ≈ N(µ, Σ). 5 Universität Karlsruhe (TH) Numerische Methoden in der Finanzmathematik Forschungsuniversität · gegründet 1825 Prof. Dr. C. Wieners 3 Hochdimensionale Quadratur Sei für f ∈ C r ([0, 1]) K QK (f ) = und RK (f ) = QK (f ) − ∑ bk f (ξk ) k =1 Z 1 f (x)dx . 0 Wenn |RK (f )| ≤ CK −r gilt, dann gilt für f ∈ C dr ([0, 1]d ) K QK ,d (f ) = ∑ K bk1 · · · k1 =1 ∑ bkd f (ξk1 , ..., ξkd ) kd =1 die Fehlerabsätzung |RK ,d (f )| ≤ CK −r = CN −r /d mit N = K d Punkten. (3.1) Quasi-Monte-Carlo-Quadratur Wähle Pseudo-Zufallsvektoren X n ≈ U([0, 1]d ) und berechne QN (f ) = 1 N N ∑ f (X n ) . n=1 Es gilt für alle stetige Funktionen f ∈ C([0, 1]d ): n d Die Monte-Carlo-Quadratur √mit Zufallsvektoren X ∼ U([0, 1] ) konvergiert fast sicher mit der Rate 1/ N. 6 Universität Karlsruhe (TH) Numerische Methoden in der Finanzmathematik Forschungsuniversität · gegründet 1825 Prof. Dr. C. Wieners 3 Hochdimensionale Quadratur (3.2) (3.3) k n Sei g ≥ 2 und n = ∑K k =0 ak g die g-adische Darstellung. −k −1 Radix-Folge, n Dann heißt φg (n) = ∑K k =0 ak g und für teilerfremde g1 , ..., gd heißt X = (φg1 (n), ..., φg1 (n))n∈N Halton-Folge. Seien X = (X 1 , ..., X N ) Vektoren in [0, 1]d . Dann heißt 1 DN (X ) = sup #{X n ∈ Q 0 : n = 1, ..., N} − λ (Q 0 ) Q 0 ∈B N die Diskrepanz von X (mit B = {[a1 , b1 ] × · · · [ad , bd ] ⊂ [0, 1]d }) und 1 ∗ DN (X ) = sup #{X n ∈ Q 0 : n = 1, ..., N} − λ (Q 0 ) Q 0 ∈B ∗ N (3.4) d die *Diskrepanz von X (mit B ∗ = {[0, b1 ] × · · · [0, bd ] ⊂ [0, 1] }). T r ,d ([0, 1]) = ⊗dk =1 C r ([0, 1]) mit kf kT r ,d ([0,1]) = sup|α|∞ ≤r k ∂ ∂x α f k∞ ist der Banachraum, der alle Produkte f (x) = f1 (x1 ) · · · fd (xd ) enthält. (3.5) 1 #X R ∑ξ ∈X f (ξ ) und R(X , f ) = Q(X , f ) − [0,1]d f (x)dx. ∗ (X ) kf k Für f ∈ T r ,d ([0, 1]) gilt R(X , f ) ≤ C DN T 1,d ([0,1]) . Halton-Folgen haben niedrige Diskrepanz DN (X ) ≤ C(log N)d /N. Sei Q(X , f ) = 7 Universität Karlsruhe (TH) Numerische Methoden in der Finanzmathematik Forschungsuniversität · gegründet 1825 Prof. Dr. C. Wieners 3 Hochdimensionale Quadratur (3.6) k Zu Lk f = ∑N n=1 bk ,n f (ξk ,n ) definiere L = L1 ⊗ · · · ⊗ Ld durch Nd N1 Lf = ∑ ··· n1 =1 (3.7) ∑ b1,n1 · · · bd,nd f (ξ1,n1 , ..., ξd,nd ) . nd =1 Sei X 1 ⊂ X 2 ⊂ · · · eine geschachtelte Folge von Quadraturpunkten mit Nm = #X m ≈ 2m . Sei Qm = ∑ξ ∈X m bξ f (ξ ) eine Quadraturformel mit |Qm (f ) − Z 1 0 −r f (x) dx| ≤ Cr Nm kf kC r ([0,1]) . Setze Q0 = 0 und ∆m = Qm+1 − Qm . Dann gilt für die Quadratur Q M,d = ∆α1 ⊗ · · · ⊗ ∆αd ∑ |α|≤M die Fehler-Abschätzung |Q M,d (f ) − Z [0,1]d f (x)dx| ≤ CM,d (log NM,d )(d−1)/(r +1) kf kT r ,d ([0,1]) r NM,d mit NM,d = #{α ∈ Nd0 : |α| ≤ M} und |α| = α1 + · · · + αd . 8 Universität Karlsruhe (TH) Numerische Methoden in der Finanzmathematik Forschungsuniversität · gegründet 1825 Prof. Dr. C. Wieners 4 Numerische Integration stochastischer Differentialgleichungen (4.1) (4.2) (4.3) Eine Abbildung X : [0, ∞) × Ω −→ R ist ein stetiger stochastischer Prozeß, wenn Xt = X (t, ·) eine Zufallsvariable und jede Realisierung X (·, ω) stetig ist. Ein Wiener Prozess W : [0, ∞) × Ω −→ R ist ein stochastischer Prozeß mit W0 ∼ 0, Wt − Ws ∼ N(0, t − s) für alle 0 ≤ s ≤ t, so dass Wt − Ws und Wr − Wu für alle 0 ≤ u ≤ r ≤ s ≤ t unabhängig sind. Es gibt einen Wiener Prozess mit W ∈ L2 ([0, ∞), Ω) und W (·, ω) ∈ C α ([0, ∞)) für alle α < 1/2. Für einen stochastischen Prozess X ∈ L2 ([0, ∞), Ω) definiert das Itô-Integral eine Zufallsvariable (falls die rechte Seite konvergiert) Z t 0 (4.4) N ∑ Xt (Wt N−→∞ Xs dWs := lim n n+1 − Wtn ) , n=0 wobei 0 = t0 < t1 < · · · tN = t und max{tn+1 − tn } −→ 0 für N −→ ∞ gilt. Ein stochastischer Prozeß mit Xt = X0 + Z t 0 a(Xs , s) ds + Z t 0 b(Xs , s) dWs löst eine stochastische Differentialgleichung von Itô (SDE). Schreibweise: dXt = a(Xt , t) dt + b(Xt , t) dWt . Xt heißt Itô Prozess. Die Lösung der SDE dSt = µSt dt + σ St dWt mit S0 = 0 heißt geometrische Brownsche Bewegung. 9 Universität Karlsruhe (TH) Numerische Methoden in der Finanzmathematik Forschungsuniversität · gegründet 1825 Prof. Dr. C. Wieners 4 Numerische Integration stochastischer Differentialgleichungen (4.5) Itô-Formel Sei Xt ein Itô-Prozess mit dXt = a(Xt , t) dt + b(Xt , t) dWt , und sei f ∈ C 2 (R, [0, ∞)). Dann ist Yt = F (Xt , t) ein Itô-Prozess mit f f f 1 f2 dYt = +a + b2 2 (Xt , t) dt + b (Xt , t) dWt . ∂t ∂x 2 ∂x ∂x (4.6) Euler-Maruyama-Verfahren S0) Setze X 0 = X0 , ∆t = T /N, tn = 0 und n√= 1. S1) Wähle Z n ≈ N(0, 1) und setze ∆W n = ∆tZ n . S2) Setze X n = X n−1 + a(X n−1 , tn−1 ) ∆t + b(X n−1 , tn−1 ) ∆W n . S3) Falls n < N, setze n := n + 1, tn = n∆t und gehe zu S1). (4.7) Sei Xt ein Itô-Prozess und Xt∆t eine Approximation. Dann heißt das Approximations-Verfahren a) stark konvergent, wenn lim∆t−→0 E(|Xt − Xt∆t |) = 0 b) stark konvergent der Ordnung p > 0, wenn E(|Xt − Xt∆t |) ≤ C (∆t)p c) schwach konvergent, wenn lim∆t−→0 |E(Xt ) − E(Xt∆t )| = 0 d) schwach konvergent der Ordnung p > 0, wenn |E(Xt ) − E(Xt∆t )| ≤ C (∆t)p für alle t ∈ [0, T ] und 0 < ∆t ≤ ∆t0 . 10 Universität Karlsruhe (TH) Numerische Methoden in der Finanzmathematik Forschungsuniversität · gegründet 1825 Prof. Dr. C. Wieners 4 Numerische Integration stochastischer Differentialgleichungen (4.8) Stochastische Taylor-Entwicklung von dXt = a(Xt , t) dt + b(Xt , t) dWt Xt (4.9) = Xt0 + a(Xt0 , t0 )(t − t0 ) + b(Xt0 , t0 )(Wt − Wt0 ) 1 + b0 (Xt0 , t0 )b0 (Xt0 , t0 )((Wt − Wt0 )2 − (t − t0 )) + O((t − t0 )3/2 ) 2 Milstein-Verfahren Xn (4.10) Ein = X n−1 + a(X n−1 , tn−1 ) ∆t + b(X n−1 , tn−1 ) ∆W n 1 + b0 (X n−1 , tn−1 )b(X n−1 , tn−1 )((∆W n )2 − ∆t) 2 stochastisches Runge-Kutta-Verfahren Y = Xn = √ X n−1 + a(X n−1 , tn−1 ) ∆t + b(X n−1 , tn−1 ) ∆t X n−1 + a(X n−1 , tn−1 ) ∆t + b(X n−1 , tn−1 ) ∆W n 1 + √ (b(Y , tn−1 ) − b(X n−1 , tn−1 ))((∆W n )2 − ∆t) 2 ∆t 11 Universität Karlsruhe (TH) Numerische Methoden in der Finanzmathematik Forschungsuniversität · gegründet 1825 Prof. Dr. C. Wieners 5 Numerische Auswertung der Black-Scholes-Gleichung (5.1) Die Black-Scholes-Gleichung ist ∂V 1 2 2 ∂V2 ∂V + rS + σ S − rV = 0 . ∂t 2 ∂S ∂ S2 (5.2) Die Black-Scholes-Formel (für eine Put-Option) V (S, t) = SΦ(d1 ) − K exp(−r (T − t))Φ(d2 ) löst die Black-Scholes-Gleichung mit 1 Φ(x) = √ 2π Z x −∞ exp(−s2 /2) ds und d1/2 = log(S/K ) + (r ± σ 2 /2)(T − t) √ σ T −t 12 Universität Karlsruhe (TH) Numerische Methoden in der Finanzmathematik Forschungsuniversität · gegründet 1825 Prof. Dr. C. Wieners 5 Numerische Auswertung der Black-Scholes-Gleichung Zur Auswertung betrachte Approximationen erf∗ von 2 erf(x) = √ π Z x −∞ exp(−t 2 ) dt . a) Rationale Approximation: Bestimme ein Polynom P mit 1 . 1 + αx b) Euklidische Approximation: Bestimme erf∗ in einem endlich-dimensionalen Raum mit erf∗ (x) = 1 − P(η) erf0 (x), Z ∞ η= | erf∗ (x) − erf(x)|2 dx = min! 0 c) Kubische Hermite-Interpolation: Bestimme ein stückweises kubisches Polynom erf∗ mit der Interpolationsbedinung erf∗ (xj ) = erf(xj ) , (erf∗ )0 (xj ) = erf0 (xj ) , j = 1, ..., J . d) Kubische Splines: Bestimme ein stückweises kubisches Polynom erf∗ mit der Eigenschaft erf∗ ∈ C 2 (R+ ) und der Interpolationsbedinung erf∗ (xj ) = erf(xj ) , j = 1, ..., J . 13 Universität Karlsruhe (TH) Numerische Methoden in der Finanzmathematik Forschungsuniversität · gegründet 1825 Prof. Dr. C. Wieners 6 Numerische Approximation der Black-Scholes-Gleichung Betrachte die parabolische Gleichung ∂t u(x, t) = ∂x2 u(x, t) , (x, t) ∈ (a, b) × (0, T ) u(x, 0) = u0 (x) , x ∈ (a, b) u(a, t) = ga (t) , u(b, t) = gb (t) , t ∈ (0, T ] Wähle N, J > 0, h = (b − a)/(J + 1), τ = T /N, xj = a + jh, tn = nτ. Zu θ ∈ [0, 1] bestimme ujn für j = 1, ..., J und n = 1, ..., N mit θ 1 n 1 − θ n−1 n−1 n−1 n n n uj − ujn−1 = u − 2u + u + u − 2u + u j+1 j j−1 j+1 j j−1 τ h2 h2 mit Anfangs- und Randwerten uj0 = u0 (xj ) , j = 1, ..., J , u0n = ga (tn ) , n = gb (tn ) , uJ+1 n = 1, ..., N un Setze = (u1n , ..., uJn ), G = tridiag(−1, 2, −1), A = I + θ αG, B = I − (1 − θ )αG n und b = (θ ga (tn ) + (1 − θ )ga (tn−1 ), 0, ..., 0, θ gb (tn ) + (1 − θ )gb (tn−1 )). Dann gilt Au n = Bu n−1 + bn , n = 1, ..., N . 14 Universität Karlsruhe (TH) Numerische Methoden in der Finanzmathematik Forschungsuniversität · gegründet 1825 Prof. Dr. C. Wieners 6 Numerische Approximation der Black-Scholes-Gleichung (6.1) Für f ∈ C 4 (R) und h > 0 gilt |(1/h)(f (x + h) − f (x)) − f 0 (x)| ≤ C h supx<y <x+h |f 00 (y )| |(1/2h)(f (x + h) − f (x − h)) − f 0 (x)| ≤ C h2 supx−h<y <x+h |f 000 (y )| − h)) − f 00 (x)| ≤ C h2 supx−h<y <x+h |f 0000 (y )| |(1/h2 )(f (x (6.2) (6.3) (6.4) (6.5) + h) − 2f (x) + f (x Die Matrix A = tridiag(−θ α, 1 + 2θ α, −θ α) ist invertierbar. Sei θ ≥ 1/2 oder α < 1/(2 − 4θ ) falls θ < 1/2. Dann gilt ρ(A−1 B) < 1, d.h. die numerische Lösung ist stabil. Für den lokalen Diskretisierungsfehler einer Lösung von ∂t u = ∂x2 u θ 1 gjn = u(xj , tn ) − u(xj , tn−1 ) − 2 u(xj+1 , tn ) − 2u(xj , tn ) + u(xj−1 , tn ) τ h 1−θ − 2 u(xj+1 , tn−1 ) − 2u(xj , tn−1 ) + u(xj−1 , tn−1 ) h n β gilt |gj | = O(τ + h2 ) mit β = 2 für θ = 1/2 and β = 1 sonst. Aus Stabilität (6.3) und Konsistenz (6.4) folgt Konvergenz: 1 J 1/2 |ujn − u(xj , tn )|2 = O(τ β + h2 ). ∑ J j=1 15 Universität Karlsruhe (TH) Numerische Methoden in der Finanzmathematik Forschungsuniversität · gegründet 1825 Prof. Dr. C. Wieners 7 Finite-Elemente-Approximation der Black-Scholes-Gleichung (7.1) Betrachte die Black-Scholes-Gleichung ∂t V + 12 σ 2 S 2 ∂S2 V + rS∂S V − rV = 0 . Setze x = S, v (x, t) = V (S, T − t). Für alle Testfunktionen φ ∈ D(R+ ) := C0∞ (R+ ) gilt (∂t v (t), φ )0 + a(v (t), φ ) = 0 mit (f , g)0 = (7.2) Z ∞ (7.4) kwk20 + kx∂x wk20 . Es gilt kwk0 ≤ 2 kx∂x wk0 , d. h., |w|W = kx∂x wk0 ist eine Norm in W . Es gilt für v , w ∈ W a(v , w) ≤ C |v |W |w|W , σ2 2 |v |W − c kv k20 . 4 Die parabolische Gleichung (7.1) besitzt eine Lösung v ∈ C([0, T ], W ) mit a(v , v ) (7.5) Z ∞ 2 σ 2 x ∂x f ∂x g + (σ 2 − r )x∂x fg + rfg dx. 2 0 0 D(R+ ) ist dichtq im Hilbertraum W := {v ∈ L2 (R+ ) : x∂x v ∈ L2 (R+ )} mit der Norm kwkW = (7.3) fg dx, a(f , g) = ≥ exp(−2ct) kv (t)k20 + σ2 2 Z t 0 exp(−2cs) |v (s)|2W ds ≤ kv (0)k20 . 16 Universität Karlsruhe (TH) Numerische Methoden in der Finanzmathematik Forschungsuniversität · gegründet 1825 Prof. Dr. C. Wieners 7 Finite-Elemente-Approximation der Black-Scholes-Gleichung |x−jh| (7.7) Zu h > 0, J > 0 definiere φj (x) = max{0, 1 − h } und Wh = span{φj }j=1,...,J . Für Πh w = ∑ w(jh)φj gilt kw − Πh wk0 ≤ C h2 k∂x2 wk0 für w ∈ C02 ((0, xJ+1 )). S Für Whm mit hm −→ 0 und Jm hm −→ ∞ gilt: Whm ist dicht in W . (7.8) a(·, ·) sei eine beschränkte und elliptische Bilinearform in W , d.h. a(v , w) ≤ C kv kW kwkW und a(v , v ) ≥ α kv k2W , und sei Ph : W −→ Wh mit a(Ph w, φh ) = a(w, φh ) für φh ∈ W die Galerkin-Projektion. Es gilt kPh w − wkW ≤ C α infφh ∈Wh kw − φh kW . (7.6) Regularitätsvoraussetzung: C > 0 existiert, so dass für alle f ∈ L2 und w ∈ W mit a(w, φ ) = (f , φq )0 , φ ∈ W , gilt: ∂x2 w ∈ L2 und kwk2 ≤q C kf k0 . Dabei ist kwk2 = (7.9) kwk20 + k∂x wk20 + k∂x2 wk20 , kwk1 = kwk20 + k∂x wk20 . Es gilt kPh w − wk0 ≤ C h kPh w − wk1 und kPh w − wk0 ≤ C h2 kwk2 . u(t) ∈ W mit (∂t u(t), φ )0 + a(u(t), φ ) = 0 für φ ∈ W und uh (t) ∈ Wh mit (∂t uh (t), φh )0 + a(uh (t), φh ) = 0 und (uh (0) − u(0), φh ) = 0 für φh ∈ Wh . (7.10) Sei Dann gilt ku(t) − uh (t)k0 ≤ C h2 ku(0)k2 + Rt 0 k∂t u(s)k2 ds . (7.11) Sei ∂∆t u(t) = (∆t)−1 (u(t) − u(t − ∆t)), tn = n∆t. Sei uhn mit (∂∆t uhn , φh )0 + a(uhn , φh ) = 0 und (uh0 − u(0), φh ) = 0 für φh ∈ Wh . Rtn Rtn Dann gilt kuhn − u(tn )k0 ≤ C h2 ku(0)k2 + k∂t uk2 ds + C ∆t k∂t2 uk0 ds. 0 0 17 Universität Karlsruhe (TH) Numerische Methoden in der Finanzmathematik Forschungsuniversität · gegründet 1825 Prof. Dr. C. Wieners 8 Numerische Approximation amerikanischer Optionen (8.1) a) max{S − K exp(−r (T − t)), 0} ≤ VCeu ≤ S b) max{K exp(−r (T − t)) − S, 0} ≤ VPeu ≤ K exp(−r (T − t)) c) VCam = VCeu d) K exp(−r (T − t)) ≤ S + VPeu − VCeu ≤ K e) max{K − S, 0} ≤ VPam ≤ K Put-Call-Parität S + VPeu − VCeu = K exp(−r (T − t)) (8.2) Für alle t ∈ (0, T ) existiert eine Grenze Sf (t) ∈ (0, K ) mit VPam (S, t) = K − S, (8.3) S ≤ Sf (t), VPam (S, t) > max{K − S, 0}, S > Sf (t). Es gilt für V = VPam und Λ(S) = max{K − S, 0} 1 ∂t V + σ 2 S 2 ∂S2 V + rS∂S V − rV ≥ 0, V − Λ(S) ≥ 0, 2 1 (∂t V + σ 2 S 2 ∂S2 V + rS∂S V − rV )(V − Λ(S)) = 0. 2 18 Universität Karlsruhe (TH) Numerische Methoden in der Finanzmathematik Forschungsuniversität · gegründet 1825 Prof. Dr. C. Wieners 8 Einschub: Das Hindernisproblem Sei Ω = (−1, 1), f ∈ C 2 (Ω), f (−1) < 0, f (1) < 0, f 00 (x) < 0. A) Freies Randwertproblem Bestimme u ∈ C 1 (Ω) mit u(−1) = u(1) = 0 und Randwerte −1 < a < b < 1 mit u ∈ C 2 (Ω \ {a, b}) und u 00 (x) = 0, u(x) > f (x), x ∈ Ω \ [a, b], u(x) = f (x), a < x < b. B) Lineares Komplimentaritätsproblem Bestimme u ∈ C 1 (Ω) mit u(−1) = u(1) = 0 und Randwerte −1 < a < b < 1 mit u ∈ C 2 (Ω \ {a, b}) und u 00 (x) ≤ 0, u(x) − f (x) ≥ 0, u 00 (x)(u(x) − f (x)) = 0, x ∈ Ω \ {a, b}. C) Variationsungleichung R Bestimme u ∈ K mit Ω u 0 (v − u)0 dx ≥ 0 für v ∈ K . D) Minimierungsproblem R Bestimme u ∈ K mit 12 Ω |u 0 |2 dx ≤ Rx 1R 0 2 2 Ω |v | dx H01 (Ω) = {v ∈ L2 (Ω) : v (x) = −1 w(s) ds, K = {v ∈ H01 (Ω) : v (x) ≥ f (x)} R1 für v ∈ K . −1 w(s) ds = 0, w ∈ L2 (Ω)} 19 Universität Karlsruhe (TH) Numerische Methoden in der Finanzmathematik Forschungsuniversität · gegründet 1825 Prof. Dr. C. Wieners 8 Amerikanischer Optionen: Das projezierte SOR-Verfahren In transformierten Variablen gilt für die amerikanische Put-Option (∂t u − ∂x2 u)(u − f ) = 0, ∂t u − ∂x2 u ≥ 0, u − f ≥ 0. Durch Finite Differenzen in Zeit und Ort ergibt sich (Au n − bn )T (u n − f n ) = 0, Au n − bn ≥ 0, un − f n ≥ 0 mit A ∈ RJ,J symmetrisch positiv definit, bn , f n ∈ RJ . Im Folgenden betrachten wir einen festen Zeitpunkt tn und lassen wir den Index n weg. (8.4) S0) Wähle u 0 ≥ f , ω ∈ (1, 2), und setze k = 0. S1) Teste auf Konvergenz. S2) Für j = 1, ..., J setze j−1 J zjk = ajj−1 bj − ∑ aji uik +1 − ∑ aji uik i=1 ujk +1 = i=j+1 max{ujk + ω(zjk − ujk ), fj } S3) Setze k := k + 1 und gehe zu S1). (8.5) Das projezierte SOR-Verfahren konvergiert gegen das eindeutige Minimum von F (u) = 12 u T Au − u T b unter der Nebenbedingung u ≥ f . 20 Universität Karlsruhe (TH) Numerische Methoden in der Finanzmathematik Forschungsuniversität · gegründet 1825 Prof. Dr. C. Wieners 8 Amerikanischer Optionen: Primal-duale aktive Mengen-Strategie Betrachte die Black-Scholes-Gleichung ∂t V + 12 σ 2 S 2 ∂S2 V + rS∂S V − rV ≥ 0 . Setze x = S, v (x, t) = V (S, T − t), f (x) = max{K − S, 0}. Sei a(·, ·) die Bilinearform aus (7.1) und Wh = span{φj } der Finite Elemente Raum aus (7.6). Definiere Ch = {wh ∈ Wh : wh (xj ) ≥ 0} , (8.6) Kh = {wh ∈ Wh : wh (xj ) − f (xj ) ≥ 0} . Setze τ = T /N und tn = nτ. Bestimme vhn ∈ Kh mit 1 n 1 (v − vhn−1 , vhn − φh )0 + a(vhn + vhn−1 , vhn − φh ) = 0 τ h 2 (8.7) für alle φh ∈ Kh . Primal-duale aktive Mengen-Strategie (in RJ mit Matrizen M, A und α > 0) S0) Setze v 0 = f , n = 1, λ 0 = 0. S1) v n,0 = v n−1 , λ n,0 = λ n−1 , k = 1, bn = ( 1τ M − 12 A)v n−1 −1 −1 S2) Aktive Menge An,k = {j : λ n,k + α(f j − v n,k > 0}. j j S3) Falls k > 1 und An,k = An,k −1 , setze v n = v n,k , λ n = λ n,k , setze n := n + 1 und gehe zu S1). S4) Bestimme (v n,k , λ n,k ) mit ( 1τ M + 21 A)v n,k − λ n,k = bn und v jn,k = f j für j ∈ An,k und λ n,k = 0 für j 6∈ An,k . j S5) Setze k := k + 1 und gehe zu S2). 21