Mit „Mode“ist das so eine Sache. Modetrends gibt es in viel

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Mit „Mode“ist das so eine Sache. Modetrends gibt es in viel
Titelthema
Mit „Mode“ ist das so eine Sache. Modetrends gibt es in vielfacher Hinsicht auf den unterschiedlichsten Feldern: Etwa bei
Bettenwaren ebenso wie bei Tischdekorationen. Es gibt Modefarben auch beim „liebsten Kind“ der Bürger, beim Auto. Aber
landläufig wird an das gedacht, was Bekleidung ausmacht, einschließlich der passenden Accessoires. „tw“ gibt einen Einblick
in die Modebranche – ergänzt um drei Beispiele aus der Region:
vom eigenen Produktdesign und der Vermarktung über das Styling von Kollektionen bis hin zu wichtigen Dienstleistungen für
die gesamte Branche.
Seite 8 • Oktober 2010
Foto: © iStock.com/talymel
Titelthema
Mode – die vielleicht schönste
Nebensache der Welt
Design treibt die Zyklen der Branche an
Vielleicht gehört die Mode zu den schönsten Nebensachen der Welt. Ganz sicher jedoch stellt sie
einen enormen wirtschaftlichen Faktor dar. Allein in Deutschland sind rund 337 000 Menschen direkt mit Mode und Textilien beschäftigt. 2008 wurden etwa 60 Milliarden Euro allein im Handel
umgesetzt. Im Bereich der Industrie – Fasern, Stoffe und Bekleidung – beliefen sich die Umsätze
2008 auf 28 Milliarden Euro. Textilien und Bekleidung stehen damit zusammen mit Handel und Industrie an der Spitze der Konsumgüterbranche.
Mit der Kleidung setzt man ein Signal der Zugehörigkeit zu einer
Gruppe. Sie ist aber auch ein Stilmittel der Unterscheidung. Die
Spanne reicht von der persönlichen Schutzausrüstung über Corporate Fashion – den „Uniformen“ des 21. Jahrhunderts – bis hin
zu Business- und Funktionskleidung. „Gestalter“ sind in jeder dieser Sparten involviert: Textildesigner, die die Flächengestaltung
verantworten und dazu Garne, Stoffe sowie Muster kreieren,
oder Modeschöpfer, die die dreidimensionalen Entwürfe gestalten. Beide Gruppen müssen nicht nur die fachlichen Aspekte beherrschen, sondern auch ein Feingespür für die Wünsche und
Bedürfnisse der Menschen haben. Gleichzeitig dürfen sie weder
Trageeigenschaften, Produktionsmöglichkeiten oder Marktfähigkeit ihrer Produkte aus den Augen lassen.
Bis die Idee eines Modedesigners in den Kleiderschrank eines
Konsumenten gelangt, vergehen im schnellsten Fall drei Monate. Beim klassischen Prozedere mit Mustern, auf deren Grundlage die Einzelhändler ordern, dauert diese Zeitspanne etwa zwischen sechs bis acht Monate. Textildesigner müssen sich meist
noch rund drei Monate länger gedulden, bis sie ihre Kreationen
im Schaufenster sehen.
Den Designern kommt die Aufgabe zu, im Voraus aufzuspüren,
was Fashion-Fans und Modemuffel gerne kaufen würden. Dabei
helfen ihnen internationale Trendbüros, die im großen Stil Lifestyle-Tendenzen erforschen und Trend-Scouts in allen Metropolen der Welt beschäftigen. Europäische Stoff- und Garnmessen
sowie Fachmedien und Modeinstitute informieren über Farben,
Dessins, Stoffe und Silhouetten. Die Kunst des Designers ist es,
diese Informationen zielgruppengerecht in Kleidungsdesigns
umzusetzen. Die Rahmenbedingungen geben Produktmanager,
Marketingverantwortliche oder Einkäufer aus der Industrie und
dem Großhandel vor. Diese tragen durch ihre Vorauswahl eine
Mitverantwortung am wirtschaftlichen Erfolg einer Kollektion.
Design bringt den notwendigen Schwung in das gesamte System
aus Produktion und Handel. Ohne Design bleibt das Angebot einförmig, langweilig und dient nur noch der Ersatzbeschaffung. Immer wieder scheitern außergewöhnliche Ideen der Designer aber
an dem Einwand von Entscheidergremien, die aus Verkäufern,
ausgewählten Kunden sowie Marketing- und Vertriebsspezialisten bestehen. Die als marktfähig beurteilten Designs werden den
Einkäufern des Einzel-, Versand- und Onlinehandels vorgestellt –
diese ordern daraufhin gegebenenfalls. Erst dann bekommen die
Konsumenten die Mode im Handel zu sehen. Jetzt schlägt die
Stunde der Wahrheit: Gefällt das Design, stimmt die Passform,
passt das Preis-Leistungs-Verhältnis zu den Ansprüchen?
Vielfältige Tätigkeitsfelder für
Designer
Die Mehrzahl der Mode- und Textildesigner arbeitet im Auftrag
oder ist in Unternehmen aus Industrie und Handel angestellt.
Eine kleine, vor allem in den Metropolen wachsende Gruppe entwirft Unikate und verkauft sie direkt in eigenen Ateliers. Andere
betätigen sich als produzierende Unternehmer, verantworten
neben Design auch Produktion und Vertrieb. Erfolg im Modesegment heißt immer auch systematische Investition in Design: Design fördert den Erfolg, den Umsatz und den Gewinn.
Claudia Ollenhauer-Ries, Redakteurin, Bühl
Oktober 2010 • Seite 9
Titelthema
Finanz-Know-how
für die Fashion-Industrie
Modint bearbeitet von Kleve aus
den deutschen Markt
Das Dienstleistungsspektrum rund um das Thema „Mode“ ist
vielfältiger als oftmals bekannt. Beispiel: die Modint GmbH mit
Sitz in Kleve. Sie unterstützt deutsche Unternehmen der Fashion- und Textil-Branche bei allen Fragen rund um Forderungsmanagement und Debitorenverwaltung. Besonders im Blick: die
in dieser Branche sehr sensiblen Kundenbeziehungen.
Frans van der Hoorn (r.) und Wolfgang May.
Foto: Modint
Das vor wenigen Monaten gegründete Unternehmen mit Sitz
in der Schwanenstadt zählt zur niederländischen Modint,
Unternehmerorganisation für Mode, Raumausstattung, Teppichböden und Textil in Zeist, die mit dieser Gründung die Landesgrenze überschritten hat. Für Frans van der Hoorn, Generalmanager der Modint BV und Geschäftsführer der Modint GmbH,
ist dies Folge der zunehmenden Internationalisierung des Modebusiness: „Bereits vor mehr als sechzig Jahren haben wir in
den Niederlanden damit begonnen, unsere Mitglieder mit speziellen Dienstleistungen zu unterstützen. Wir verfügen damit
über einen großen Erfahrungsschatz und konnten eine Datenbank mit wertvollen Informationen über den internationalen
Handel unserer Branche aufbauen.“
Ausweitung nach Deutschland
war folgerichtig
Mittlerweile sei der Grad der internationalen Verzahnung jedoch so weit fortgeschritten, dass eine Beschränkung dieser
Serviceleistungen auf nationale Grenzen nicht mehr sinnvoll
gewesen sei, so van der Hoorn. Die Ausweitung nach Deutschland, wo das Unternehmen bereits viele Kunden habe, sei deshalb ein logischer und folgerichtiger Schritt. Inzwischen zählt
Modint mehr als 800 Kunden in ganz Europa, die einen Gesamtumsatz von neun Milliarden Euro erzielen.
Vertriebsleiter und Mitglied des Managements der Klever
Modint ist Wolfgang May. Der gelernte Jurist kennt den deutschen Bekleidungsmarkt gut: Als Mitglied der Geschäftsleitung
der Igedo Company war er lange für die Modemesse cpd, die
Seite 10 • Oktober 2010
Internationale Fachmesse für Womenswear und Accessoires in
Düsseldorf, verantwortlich und verfolgt die Entwicklungen in
der Modebranche sehr genau. „Von Saison zu Saison schrumpft
in der Fashion-Distribution die Vororderquote zugunsten immer
kürzerer Order- und Lieferrhythmen bei gleichzeitig sinkender
Zahlungsmoral des Handels. Das hat erhebliche Auswirkungen
auf den Kapitalfluss und birgt immense Gefahren für die Liquidität der Bekleidungshersteller, die ja die Produktion und Auslieferung der Kollektionen vorfinanzieren müssen“, so May.
Die Instrumente des Finanzmarktes würden laut May keine
Rücksicht auf die besonderen Gegebenheiten der Outfitbranche mit ihren permanenten Order- und Zahlungsströmen und
den schwankenden Saisonverläufen nehmen. Modint setze genau hier an und moduliere ihre Dienstleistungsangebote maßgeschneidert nach den Bedürfnissen der Branche. Das Leistungsspektrum umfasst dabei unter anderem Firmenauskünfte,
Debitorenverwaltung, Forderungsmanagement, Kreditversicherung, Factoring und eine wöchentlich online abrufbare
Warnliste mit überfälligen Debitoren aus dem In- und Ausland.
Daneben beraten die Experten deutsche Unternehmen beim
Einstieg in den niederländischen Markt: von der Suche nach
geeigneten Geschäftspartnern über die Analyse der FashionMarken-Verteilung bis zur maßgeschneiderten Auswahl aus
der niederländischen Einzelhandels-Datenbank. Ebenso ist das
Know-how bei der Suche nach neuen Beschaffungsquellen
auch in „exotischen“ Ländern abrufbar. Und ein spezieller Versicherungsdienst hilft als unabhängiger international tätiger Berater, die passenden Police für die speziellen Risiken der Branche zu finden.
Titelthema
Wenn Taschen
zu Charakteren werden
Aunts & Uncles aus Issum peilt mit origineller
Kollektion zweistelligen Millionenumsatz an
Mit nüchternen Zahlen allein ist das Phänomen nicht greifbar:
80 Modelle in wiederum unterschiedlichen Farben, 15 Mitarbeiter, die zweistellige Umsatzmillion als Ziel fest im Blick. Im Jahr
2003 machten sich Sven Scheurer, seine Frau Angelika und sein
Vater Eckehard daran, Taschen zu kreieren, die hohe Ansprüche
in Bezug auf Material, Funktionalität, Schlichtheit, Belastbarkeit
und Charakter haben sollten. Das war die Geburtsstunde von
Aunts & Uncles in Issum.
„Die Taschen sollten ein bisschen so sein wie die Onkel und Tanten in der Verwandtschaft – schrullig, eigenwillig und doch liebenswert“, charakterisiert Angelika Scheurer die eigenen Produkte. Die ehemalige Kunststudentin und Produktdesignerin ist
heute so etwas wie der kreative Kopf von Aunts & Uncles, ihr
Mann Sven organisiert vor allem den Vertrieb der in Eigenarbeit
kreierten Marke. Jugendfreund Frank Dombrowski ist ebenfalls
Geschäftsführer der Firma. In den Anfangstagen wurde die Marke als Zusatzgeschäft mit Perspektive aufgebaut. Vater Eckehard
Scheurer und Sohn Sven hatten lange Jahre als Handelsvertreter
Marken wie Fossil und Eastpak in NRW vertrieben.
ge Besuche sorgen für engen Kontakt mit den Produzenten. Inzwischen engagiert sich das Unternehmen zum Beispiel in einem Schulprojekt in Indien.
Der nächste Schritt in der Unternehmensentwicklung steht unmittelbar bevor: Im Dezember werden die aus allen Nähten platzenden Räumlichkeiten in Issum gegen eine neue Heimat an der
Richardstraße im Moerser Gewerbegebiet Genend eingetauscht.
800 Quadratmeter Lagerfläche, 500 Quadratmeter Bürofläche auf
zwei Etagen, ein Hochregallager, Showroom und Archiv gehören
dann zum ebenso repräsentativen wie stilvollen Ambiente.
DD
„Unsere Branchenkenntnisse haben wir genutzt, um unabhängig
von den Launen der großen Hersteller eine eigene Marke aufzubauen“, beschreibt Sven Scheurer die Entwicklung. Seit Ende
2008 sind die Issumer ausschließlich für Aunts & Uncles unterwegs. Gestärkt durch Trend- und Zielgruppenanalysen haben sie
inzwischen ihr Klientel deutlich erweitert: „Die Taschen tragen
sowohl ältere Damen als auch Teenies“, so Scheurer. Individuell
sind auch die Namen der Taschen: Hunter, The Rowing Club oder
Grandma´s Luxury Club sind nur drei Produktreihen, die ständig
ergänzt werden.
Umzug nach Moers
im Dezember
Produziert wird in Indien. Großen Wert legt das Unternehmen
auf faires „hanseatisches“ Geschäftsgebaren: „Wir zahlen faire
Preise und erwarten von jedem Lieferanten einen fairen Umgang
mit seinen Mitarbeitern“, so Scheurer mit Nachdruck. RegelmäßiSven und Angelika Scheurer
Foto: Ullrich Sorbe
Oktober 2010 • Seite 11
Titelthema
Mode für die Kleinen
kommt groß raus
Protex in Emmerich designt Kollektionen
für Babys und Kleinkinder
Mode ist nicht nur für große Kunden da – den Beweis dafür tritt
ein innovatives Unternehmen mit Sitz in Emmerich an. Der Niederländer Bart Bolster, Geschäftsführer der Protex GmbH, arbeitet nach der Übernahme des Unternehmens durch eine private
Equity-Gesellschaft im Jahr 2007 an der Entwicklung modischer
Baby- und Kinderkollektionen und im Importgeschäft. Inzwischen wird mit 13 fest angestellten Mitarbeitern ein Jahresumsatz von rund acht Millionen Euro erzielt.
Bart Bolster
Foto: Ullrich Sorbe
Das Protex-Team stellt Jahr für Jahr zwei komplette Kollektionen
für Frühjahr/Sommer und Herbst/Winter zusammen. Die eigene
Lagerhaltung an der Lise-Meitner-Straße ermöglicht es den Kunden, auch außerhalb der Saison Ware bei Protex nachzukaufen.
Zielgruppen bei der Zusammenstellung der Kollektionen sind Neugeborene, Babys und Kleinkinder. Inzwischen gehört auch eine
kleine Bademodenkollektion zum Angebot. Jede Kollektion hat ein
eigenes Styling-Team, das die Vorlagen für die Produktionsstätten
in Fernost herstellt. Produziert wird die Ware vornehmlich in China, Bangladesh und Indien. „Die gesamte Produktion wird vor Ort
qualitativ streng überwacht und kontrolliert, denn gerade bei
Baby- und Kinderbekleidung sind die Sicherheitsvorschriften, die
berücksichtigt werden müssen, enorm hoch“, so Bolster. „Mit allen
Partnern im asiatischen Raum haben wir außerdem schriftliche
Vereinbarungen getroffen, die einen respektvollen Umgang mit
Arbeitnehmern und der Umwelt regeln“.
Das Unternehmen besteht nun seit mehr als 25 Jahren, und seit der
Übernahme 2007 findet mit internationalen Kunden kontinuierliches Wachstum statt: Wurde in den vergangenen Jahren vornehmlich nach Deutschland und Österreich geliefert, gehören heute
auch Kunden in osteuropäischen Ländern zu den Abnehmern der
Protex-Kollektionen. Die Zeichen stehen weiter auf Expansion.
DD
Blick in die Lederwarenbranche: Markenimage entscheidend
Die Lederwarenindustrie setzt auf Beständigkeit. Traditionelle Techniken und
die Liebe zum Detail stehen im Mittelpunkt. In Deutschland gibt es derzeit etwa
70 Betriebe mit 2 500 Beschäftigten, die
sich der Herstellung und dem Vertrieb von
Koffern, Aktentaschen, Handtaschen,
Schulranzen, Sattlerartikeln und Kleinlederwaren widmen. Der Jahresumsatz der
Branche lag 2009 bei 325 Millionen Euro.
In der Lederwarenbranche vollzog sich in
den letzten Jahrzehnten ein tiefgreifen-
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der Strukturwandel. Er brachte es mit sich,
dass die Betriebe heute ihre eigentliche
Fertigung weitgehend ins Ausland verlagert haben und sich im Inland im Wesentlichen auf die Produktentwicklung, Musterfertigung sowie auf das Marketing und
den Vertrieb konzentrieren. Unternehmen,
die auch heute noch wesentliche Teile ihrer Produktpalette in Deutschland herstellen, sind vor allem im oberen Preis- sowie
im Luxusbereich angesiedelte Markenhersteller. Viele Betriebe verfügen über
eigene Designabteilungen sowie eine
Musterfertigung mit hoch qualifizierten
Mitarbeitern. Für die Unternehmen ist es
überlebenswichtig, ein unverwechselbares Markenimage aufzubauen, welches
sich um die Themen Formgebung, Materialauswahl, Verarbeitungsqualität, Funktionalität und Modeausrichtung rankt.
Reinhard Schneider, Bundesverband
Lederwaren und Kunststofferzeugnisse
e.V., Offenbach