St. Gallen, Appenzell Innerrhoden und Ausserrhoden Struktur und

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St. Gallen, Appenzell Innerrhoden und Ausserrhoden Struktur und
Economic Research
Swiss Issues Regionen
Januar 2013
St. Gallen, Appenzell Innerrhoden und Ausserrhoden
Struktur und Perspektiven
Credit Suisse Economic Research
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28. Dezember 2012
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Autoren
Andreas Christen
Emilie Gachet
Viktor Holdener
Fabian Hürzeler
Dr. Christian Kraft
Dr. Manuela Merki
Thomas Rühl
Andrea Schnell
Swiss Issues Regionen
Credit Suisse Economic Research
Inhalt
Zusammenfassung
4
Regionaler Kontext
5
Konjunktur
7
Regionale Konjunktur
9
Standortqualität
13
Standortqualität der Schweizer Kantone
Standortqualität im regionalen Vergleich
Finanzielle Wohnattraktivität
13
14
16
Bevölkerung und Einkommen
20
Bevölkerungsentwicklung
Altersstruktur und Kohortenwachstum
Migrationsbewegungen
Einkommen
20
22
24
27
Branchenstruktur und Wertschöpfung
30
Branchenstruktur und -spezialisierung
Wandel der Wirtschaftsstruktur
Branchenbewertung
Bruttoinlandprodukt und Wertschöpfung
30
32
34
37
Immobilienmarkt
42
Bautätigkeit und Marktstruktur
Leerstände und Risikobetrachtung
42
45
Fazit Kanton St. Gallen
48
Fazit Kantone Appenzell Innerrhoden und
Ausserrhoden
49
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Credit Suisse Economic Research
Zusammenfassung
Mit ihrer Grösse und wirtschaftlichen Bedeutung ist die Stadt St. Gallen unbestritten das Zentrum der Ostschweiz. Wenn die Perspektive auf die weiteren Kantonsteile sowie Appenzell Innerrhoden und Ausserrhoden erweitert wird, treten jedoch beträchtliche strukturelle Unterschiede
und unterschiedliche wirtschaftliche Ausrichtungen der einzelnen Teilregionen zutage.
Konjunktur:
Starke Abhängigkeit
von Weltwirtschaft und
Wechselkurs
Die Branchenstruktur St. Gallens und der beiden Appenzeller Kantone ist stark industriell geprägt. Im Zentrum steht die Maschinen-, Elektro- und Metallindustrie (MEM). Ein Grossteil der
Produkte wird ins Ausland exportiert, vor allem nach Deutschland. Die drei Kantone sind daher
stark von der internationalen Nachfrageentwicklung und von den Wechselkursen abhängig. Seit
Eingreifen der Schweizerischen Nationalbank hat sich die Währungssituation zumindest stabilisiert. Aktuell zeichnet sich ausserdem ein Wiedererstarken der Nachfrage nach MEM-Gütern
ab. Die Ostschweizer Kantone durchlaufen konjunkturell momentan eine schwierige Phase; unsere Prognosen deuten jedoch auf eine Entspannung hin.
Standortwettbewerb:
Appenzeller Steuertrümpfe
gegen St. Galler Zentrumsund Agglomerationsvorteile
Appenzell Innerrhoden und Ausserrhoden haben sich bereits seit einigen Jahren als steuergünstige Wohn- und Unternehmensstandorte etabliert. Der Kanton St. Gallen hat seinen steuerlichen Rückstand deutlich reduziert und ist in der Standortqualität insgesamt ähnlich positioniert.
Die angespannte Lage der öffentlichen Finanzen schiebt weiteren Senkungsschritten jedoch
einen Riegel und erforderte sogar eine Erhöhung des Staatssteuerfusses. Mit einer höheren
Verfügbarkeit von qualifizierten Arbeitskräften, der günstigeren verkehrstechnischen Erreichbarkeit und den Hochschulen verfügt St. Gallen über Vorteile, welche Appenzell Innerrhoden und
Ausserrhoden nicht bieten können. Aus finanzieller Sicht sind die St. Galler Gemeinden ausserdem sehr attraktive Wohnorte für Zuzüger aus dem Ballungsraum Zürich.
Bevölkerung: Internationale
Zuwanderung als wichtigster Wachstumstreiber
Bezüglich Bevölkerungswachstum können St. Gallen und die beiden Appenzeller Kantone nicht
mit dem Landesdurchschnitt mithalten. In Ausserrhoden stagniert die Bevölkerungszahl, das
Toggenburg ist gar mit Abwanderung konfrontiert. Am stärksten wachsen Gemeinden mit kurzen Fahrzeiten in den Kanton Zürich und ins Fürstentum Liechtenstein. Bei der Bevölkerungsstruktur fällt auf, dass die Altersklassen im Erwerbsalter unterdurchschnittlich stark vertreten
sind. Die Wachstumsaussichten des Haushaltseinkommens sind in den drei Kantonen daher
beschränkt. Die anhaltend hohe internationale Zuwanderung dürfte die Altersstruktur mittelfristig
positiv beeinflussen, ist die Erwerbstätigkeit doch der häufigste Beweggrund für den Zuzug.
Strukturwandel:
Spitzenindustrie wächst auf
Kosten der traditionellen
Branchen
Die Textilindustrie hat den Grundstein für St. Gallen als Werk- und Handelsplatz gelegt. Bereits
in früheren Jahrzehnten haben sich daraus die (Textil-)Maschinenindustrie sowie weitere Hightech-Branchen entwickelt. Die Spitzenindustrie ist – neben dem Staat – der wichtigste Arbeitsplatzmotor der Region; weniger wertschöpfungsstarke Branchen haben an Bedeutung eingebüsst. Aufgrund der Marktlage und der hierzulande hohen Produktionskosten wird sich dieser
Strukturwandel fortsetzen. Das etablierte industrielle Know-how bietet dabei eine günstige Basis
für die Weiterentwicklung. Die Produktion wird an Gewicht verlieren, industrienahe Dienstleistungen wie Forschung und Entwicklung oder Grosshandel rücken in den Vordergrund.
Immobilienmarkt im Lot
Wie im Rest der Schweiz war die Bautätigkeit in St. Gallen und den beiden Appenzeller Kantonen hoch. Das Wachstum konzentriert sich auf die Achse St. Gallen−Wil, entlang dem Rhein
sowie auf das Linthgebiet. Die Nachfrage hält mit der Bautätigkeit Schritt, das Preiswachstum
kann als ausgewogen betrachtet werden. Einfamilienhäuser bleiben die beliebteste Wohnform,
was Haushalte im oberen Mittelstand anspricht, aber auch raumplanerische Herausforderungen
mit sich bringt.
Wohn- und Wirtschaftsraum: Individuelle Trümpfe
ausspielen
Die Zukunft der Kantone St. Gallen, Appenzell Innerrhoden und Ausserrhoden liegt nicht allein
in der Hand der Regionen selbst. Sofern sich das internationale Wirtschaftsumfeld erholt, dürfte
die Industriehochburg Ostschweiz wirtschaftlich wieder stärker an Fahrt gewinnen. Gleichwohl
bleibt die Situation für wertschöpfungsarme Branchen und strukturell schwächere Teilregionen
herausfordernd. Anpassungsfähigkeit und ihr Unternehmergeist hat die Region in vergangenen
Situationen jedoch durchaus bewiesen. Die Grundlagen für zukünftiges Wachstum sind also gegeben.
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Regionaler Kontext
Bereits ein Blick auf die Karte in Abbildung 1 verrät die engen wirtschaftlichen Zusammenhänge
zwischen den drei Kantonen im Säntisgebiet. Die Fläche von St. Gallen, Appenzell Innerrhoden
und Appenzell Ausserrhoden umfasst insgesamt 2'441 km² und entspricht damit 6% der
Schweiz. Mit gesamthaft 560'000 Einwohnern bieten die drei Kantone Wohnraum für rund 7%
der Schweizer Bevölkerung und machen das Gebiet zum bedeutendsten Teil der Ostschweiz. Es
erstreckt sich vom Bodensee über eine sanfte Hügellandschaft hoch zum Alpsteinmassiv und
über den Ricken bis zum Zürichsee. Eine zweite Achse zieht sich vom Bodensee durch das
Rheintal hinauf bis in die Alpengebiete des Sarganserlandes.
Kantonsgrenzen ohne
ökonomisches Fundament
Entstehungsgeschichtlich ist der Kanton St. Gallen das Resultat verschiedener historischer Zufälle. Der Legende nach entstand die Stadt St. Gallen an dem Ort, wo der Mönch St. Gallus in
einen Dornbusch fiel und dies als göttliches Zeichen zur Gründung eines Klosters deutete. Die
Abgrenzung des Kantonsgebietes entstand 1803 quasi als Restmenge der Gebiete, die aus den
helvetischen Kantonen Säntis und Linth nach der Wiedererrichtung der beiden Appenzell und
Glarus übrig geblieben sind. Der so entstandene, ringförmig um das Appenzellerland gelegene
Kanton ist somit kein historisch gewachsenes Gebilde, sondern wurde «am Reissbrett» entworfen. Das Appenzellerland löste sich zu Beginn des 15. Jahrhunderts aus der Untertanenschaft
des Klosters St. Gallen und wurde 1411 zum zugewandten Ort der alten Eidgenossenschaft.
Aktuell werden die Feierlichkeiten für das 500-Jahr-Jubiläum des Beitritts zur Eidgenossenschaft im Jahr 1513 vorbereitet. Als Folge der Reformation teilte sich der Kanton Appenzell
1597 friedlich in das katholische Innerrhoden und das protestantische Ausserrhoden.
Abbildung 1
Die Kantone St. Gallen, Appenzell Innerrhoden und Ausserrhoden im regionalen Kontext
Quelle: Credit Suisse Economic Research, Geostat, DDS
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Heterogenität und
Zentrifugalkräfte
Die Entstehungsgeschichte des Kantons St. Gallen widerspiegelt sich noch heute in der Heterogenität und der unterschiedlichen wirtschaftlichen Ausrichtung seiner Teilregionen. Herz und
Hauptschlagader des Kantons befinden sich im Ballungsraum zwischen Thur und Bodensee.
Die Region St. Gallen/Rorschach bildet das überregionale Verwaltungs- und Dienstleistungszentrum und damit das grösste Einzugsgebiet der Ostschweiz. Nur etwas mehr als einen Katzensprung beträgt die Distanz nach Herisau, dem Hauptort Appenzell Ausserrhodens und des
Hinterlandes. Die räumliche Nähe zu den St. Galler Ballungsräumen macht das Hinterland zum
beliebten Wohnort für Pendler. Über das Ausserrhoder Mittelland gelangt man ins Vorderland.
Die hervorragende Aussicht auf den Bodensee, die sanfte Hügellandschaft sowie die ebenfalls
kurzen Distanzen in die St. Galler Arbeitszentren machen die dortigen Gemeinden zu begehrten
Wohnorten.
Säntis: verbindendes und
gleichzeitig trennendes
Element
Mit dem St. Galler Kernland eng verknüpft ist die Region Wil, welche sich ungefähr hälftig aus
Thurgauer und St. Galler Gemeinden zusammensetzt. Von hier aus erstreckt sich entlang der
Thur das Toggenburg, ein reizvolles Tal, bis hinauf zum Säntis, dem Wahrzeichen der Ostschweiz. Der Gipfel dieses beliebten Ausflugsberges bildet das Dreiländereck, an dem die Grenzen der drei Kantone zusammenkommen. Am Säntis-Nordosthang liegt der Kanton Appenzell
Innerrhoden, der bevölkerungsmässig kleinste und nach Basel-Stadt flächenmässig zweitkleinste Kanton der Schweiz. Sein hoher Bekanntheitsgrad stützt sich auf die einzigartige Hügellandschaft, die Streusiedlungen sowie das Appenzeller Brauchtum und einheimische Traditionsprodukte. Neben den fünf zusammenhängenden Bezirken mit Appenzell in ihrer Mitte zählt auch die
Exklave Oberegg als «äusserer Landesteil» zu Appenzell Innerrhoden.
Achsen und
(Kantons-)Grenzen
Entlang von Rhein und Landesgrenze erstreckt sich zwischen dem Bodensee und dem Talkessel von Sargans das Rheintal, die zweite wichtige Achse des Kantons St. Gallen. Die beiden
Regionen St. Galler Rheintal und Werdenberg bilden die eigentliche St. Galler Grenzregion, eine
wachstumsstarke und von Innovations- und Unternehmergeist geprägte Industrieregion. Am
weitesten entfernt von der Gallusstadt ist das Linthgebiet. Wirtschaftlich, verkehrstechnisch und
kulturell eng mit den Kantonen Schwyz, Glarus und Zürich verbunden, gerät das Linthgebiet
immer mehr in den Einzugsbereich der Metropole Zürich. Die dritte wichtige Achse St. Gallens
verbindet die Linthebene mit dem Sarganserland, der Sonnenstube und wichtigsten Ferienregion des Kantons. Das Zusammenlaufen der Walensee- und der Rheintalachse beschert dem
Sarganserland eine ausgezeichnete Verkehrslage. Abbildung 2 stellt die wichtigsten Indikatoren
für die St. Galler Regionen und die beiden Appenzeller Kantone dar.
Abbildung 2
Demographische und wirtschaftliche Indikatoren
Beschäftigung 2008
(Vollzeitäquivalente)
Bevölkerung
Anzahl
Personen 2011
Wachstum
2001−2011
Haushaltseinkommen 2009
Pro Beschäftig- Nominal pro Kopf,
ten, in CHF
in CHF
Bruttoinlandprodukt 2010
Sektor I
Sektor II
Sektor III
Anteil am
CH-Total
Wirtschaftsregionen
St. Gallen/Rorschach
173'221
0.6%
1'557
27'170
61'134
2.4%
151'482
45'631
St. Galler Rheintal
68'238
0.9%
909
16'266
13'063
0.7%
140'722
42'526
Werdenberg
36'091
0.9%
754
7'731
6'965
0.4%
142'204
44'252
Sarganserland
38'421
0.8%
868
4'728
8'398
0.3%
132'092
40'494
Linthgebiet
63'106
0.8%
1'117
9'088
12'950
0.6%
144'422
48'652
Toggenburg
35'321
−0.3%
1'771
4'356
6'202
0.3%
122'154
34'969
105'961
0.9%
2'227
17'439
19'234
0.9%
139'788
45'826
Appenzell A.Rh.
55'219
0.0%
1'292
7'455
10'586
0.5%
135'814
47'292
Appenzell I.Rh.
13'837
0.5%
715
1'708
2'993
0.1%
131'686
45'728
Wil
Kantone
St. Gallen
483'156
0.6%
8'253
82'696
122'223
5.3%
143'875
44'114
Appenzell Ausserrhoden
53'313
0.0%
1'210
7'168
10'431
0.4%
136'066
47'554
Appenzell Innerrhoden
15'743
0.5%
797
1'994
3'148
0.1%
131'251
45'034
251'973
1.0%
6'277
38'024
51'952
2.4%
141'359
46'208
Zürich
1'392'396
1.3%
8'120
133'723
536'463
21.9%
185'632
56'812
Schweiz
7'954'662
0.9%
114'222
1'001'183
2'395'732
100.0%
163'569
51'828
Thurgau
Quelle: Bundesamt für Statistik, Credit Suisse Economic Research
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Konjunktur
Die Schweizer Volkswirtschaft ist stark von der internationalen Konjunkturentwicklung abhängig.
Sie wurde in den letzten Jahren indirekt von den Turbulenzen der Schuldenkrise erfasst, welche
auch 2012 noch auf der Weltwirtschaft lastete. Diese befand sich noch im Sommer an einem
ähnlichen Punkt wie im Sommer 2008 und im Sommer 2011. Die Überschuldung – 2008 diejenige des Finanzsystems, 2011 diejenige der peripheren Eurostaaten und 2012 diejenige der
grösseren Eurostaaten – drohte die Realwirtschaft in den Abgrund zu reissen. Die Finanzmärkte
schlossen in Erwartung eines Konjunktureinbruchs täglich tiefer. Doch wie bereits im Vorjahr
fand auch 2012 der Absturz der Weltwirtschaft nicht statt. Erneut kam die Hilfe von Seiten der
Geldpolitik: Das im September abgegebene Versprechen der Europäischen Zentralbank (EZB),
Staatsanleihen zu kaufen, zeigte Wirkung. Die Märkte beruhigten sich, und der Pessimismus
ebbte ab. Bezüglich Frankenkurs war eine Wiederholung der Entwicklung aus den Vorjahren allerdings nicht möglich; dank der Wechselkursuntergrenze der Schweizerischen Nationalbank
(SNB) von 1.20 wertete der Franken – trotz aller Turbulenzen – zum Euro nicht weiter auf. Einzig die SNB-Fremdwährungsreserven erhöhten sich massiv, musste doch die SNB Euro im Gegenwert von rund 180 Mrd. CHF erwerben, um die Untergrenze zu verteidigen.
Moderate Beschleunigung
der Weltwirtschaft im 2013
Sicherlich wird es auch 2013 Zeiten geben, in denen sich die Weltwirtschaft wieder am gleichen Punkt befinden wird wie im Sommer 2008, im Sommer 2011 und im Sommer 2012.
Schliesslich bleibt das Grundproblem, mit dem sich die Wirtschaft konfrontiert sieht – die Überschuldung – bestehen. Die Märkte werden hadern und der Pessimismus wird überhandnehmen.
Dennoch sind wir zuversichtlich, dass auch im neuen Jahr das negative Szenario abgewendet
werden kann. Wir rechnen sogar mit einer moderaten Beschleunigung des Weltwirtschaftswachstums. Dies weil erstens die EZB weiterhin alles daransetzen dürfte, den Krisenländern
sowie ihren Banken die erforderliche Unterstützung zu gewähren, und gleichzeitig die als Bedingung für die Hilfe eingeleiteten Reformen erste Wirkung zeigen sollten. Zweitens scheint der
Häusermarkt in den USA Boden gefunden zu haben – rund sieben Jahren nach dem Platzen
der Blase. Damit hat die Bodenbildung beinahe gleich lang gedauert wie in den 90er-Jahren in
der Schweiz. Bedingung für das Andauern der US-Erholung ist, dass die USA die «fiskalische
Klippe» umschiffen, wovon wir ausgehen. Drittens wird Achterbahnfahren mit zunehmender
Dauer weniger furchteinflössend, weshalb sich die Konsumentenstimmung tendenziell verbessern dürfte. Die von uns prognostizierte Beschleunigung wird jedoch nur schwach sein und vor
allem nicht gradlinig verlaufen. Der «Trial-and-Error-Prozess» der Politik – auch als «Durchwursteln» bezeichnet – dürfte noch eine Weile andauern, und gepaart mit der grossen Nervosität der
Märkte sind zwischenzeitliche Rückschläge damit beinahe vorprogrammiert.
Schweiz beweist
Widerstandskräfte
Die Schweizer Wirtschaft hat sich im schwierigen Umfeld 2012 vergleichsweise gut gehalten.
Damit hat sich die Entwicklung der Vorjahre hierzulande ebenfalls wiederholt. Nach einem
schwachen zweiten Quartal ist die Schweizer Wirtschaft Ende Sommer wieder auf einen
Wachstumskurs eingeschwenkt. Im dritten Quartal war laut den neusten Zahlen des Staatssekretariats für Wirtschaft (SECO) mit einem Wachstum des Bruttoinlandprodukts (BIP) zum
Vorquartal von 0.6% sogar der stärkste Zuwachs seit dem Erholungsboom 2010 zu verzeichnen. Insgesamt lag das BIP im dritten Quartal um 1.4% über seinem Vorjahresniveau. Strukturelle wie auch konjunkturelle Faktoren waren für die grosse Widerstandskraft der hiesigen Wirtschaft gegen das Krisenumfeld im Ausland verantwortlich. Der Exportsektor konnte dank der
starken Ausrichtung auf die Pharmaindustrie sowie dem Boom in der Uhrenindustrie einen Absturz vermeiden, zumal die SNB mit dem Festhalten an der Wechselkursuntergrenze geldpolitische Schützenhilfe gab. Günstigere Preise und tiefe Zinsen verschafften zusätzliche Kaufkraft,
und die rege Zuwanderung sorgte für Mehrverkäufe. Zudem verfügt der Staat dank geringer
Schuldenlast über einen gewissen Spielraum, der vor allem auf Stufe Kantone und Gemeinden
genützt worden ist. So beruht ein Drittel des Vorquartalswachstums im dritten Quartal auf einer
Zunahme des Staatskonsums. Angesichts des starken Wachstumswerts für die Schweizer Wirtschaft im dritten Quartal rechnen wir für 2012 mit einem BIP-Wachstum von 0.9%.
Analog zur Weltwirtschaft gehen wir auch für die Schweiz von einer Beschleunigung des Wirtschaftswachstums im kommenden Jahr aus, wobei diese hierzulande sogar etwas dynamischer
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ausfallen sollte. Wir rechnen damit, dass die Schweizer Wirtschaft im Jahr 2013 um 1.5% expandieren wird.
Abbildung 3
Prognosen für die Schweizer Volkswirtschaft
Reale Veränderung in Prozent gegenüber dem Vorjahr (zu Preisen des Vorjahrs); p: Prognose
Bruttoinlandprodukt, real
2010
2011
2012 p
2013 p
3.0
1.9
0.9
1.5
Privater Konsum
1.6
1.2
2.0
1.5
Öffentlicher Konsum
0.7
2.0
2.0
1.0
Ausrüstungsinvestitionen
5.8
5.2
2.0
3.0
Bauinvestitionen
3.5
2.4
−2.0
2.0
Exporte (Güter und Dienstleistungen)
7.5
3.8
0.5
4.0
Importe (Güter und Dienstleistungen)
8.1
3.9
3.0
3.0
Arbeitslosenquote in Prozent
3.5
2.8
2.9
3.0
Konsumentenpreise
0.7
0.2
-0.6
0.4
Quelle: SECO, Credit Suisse Economic Research
Wiedererstarken des
Exportsektors
Die stärkste Beschleunigung aller Nachfragekomponenten dürften 2013 die Exporte erfahren.
Laut unserer Prognose sollte das Exportvolumen im laufenden Jahr um 4% zunehmen, nach
einer Stagnation im letzten Jahr (0.5%). Einerseits sollte sich eine moderat bessere Entwicklung
der Nachfrage im Ausland stimulierend auf die Exportumsätze auswirken. Andererseits dürfte
die SNB die Wechselkursuntergrenze weiterhin erfolgreich verteidigen, was in Kombination mit
der im Ausland höheren Teuerung zu einer langsamen, aber stetigen realen Abwertung des
Frankens führt. Schliesslich steigen die Kosten für die hiesigen Unternehmen weniger stark als
diejenigen für ihre Mitbewerber im Ausland, während das Austauschverhältnis bei einem Kurs
von 1.20 konstant bleibt. Hinzu kommt, dass sich die Ausrichtung der Schweizer Exporteure
vermehrt weg vom kriselnden Europa hin zu dynamisch wachsenden Weltregionen verschiebt,
namentlich nach Asien. Eine komplette Abkoppelung von Europa ist aber aufgrund der engen
Verflechtung der Wirtschaftsräume unrealistisch, was der Exporterholung im kommenden Jahr
gemeinsam mit dem immer noch überbewerteten Frankenkurs Grenzen setzt.
Die Investitionen dürften ebenfalls eine leichte Beschleunigung verzeichnen. Für die Ausrüstungen gehen wir von einem Wachstum von 3% im laufenden Jahr aus (2012: 2%). Nährboden
für das erwartete Investitionswachstum bleibt das Tiefzinsumfeld, das noch bis mindestens Ende
2013 andauern sollte. Demgegenüber hemmen die nach wie vor zahlreichen Unsicherheiten
sowie die unterdurchschnittlichen Kapazitätsauslastungen das Investitionsverhalten der Unternehmen. Trotzdem planen vier von fünf Unternehmen in den nächsten sechs Monaten Investitionen, seien es innovationsfördernde, Ersatz-, Rationalisierungs- oder Erweiterungsinvestitionen. Dies ist das Resultat der aktuellsten Umfrage im Rahmen des PMI-Panels. 1 Nur
eine kleine Minderheit (17%) der Unternehmen gab an, keine Investitionen oder Desinvestitionen zu planen oder Investitionen sistieren zu wollen.2
Für die Bauinvestitionen rechnen wir mit einem Wachstum von 2% im laufenden Jahr, nach einem Rückgang um den gleichen Prozentsatz im letzten Jahr. Die vermeintliche «Trendwende»
der Bauinvestitionen, welche der Vorzeichenwechsel suggeriert, ist wohl keine. Wir gehen davon
aus, dass dieser ein temporärer Effekt ist. Die Umsätze der Baubranche entwickeln sich seit einigen Jahren volatil, im Trend jedoch aufwärts. Der private Konsum dürfte auch im kommenden
Jahr eine wichtige Stütze des Wirtschaftswachstums bleiben. Die hohe Dynamik von 2012 wird
laut unserer Prognose aber nicht mehr ganz erreicht.
1
2
Im Rahmen des procure.ch Purchasing Managers' Index (PMI) befragt procure.ch, der Fachverband für Einkauf und Supply Management, in Zusammenarbeit mit der
Credit Suisse monatlich Industrieunternehmen zur Geschäftsentwicklung. Umfrage vom September 2012.
Siehe auch: Credit Suisse Research News, Wo und wieviel investieren Schweizer Unternehmen? 28. September 2012.
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Regionale Konjunktur
Seit Dezember 2012 werden von der Bundesstatistik Daten zum Bruttoinlandprodukt der Kantone publiziert. Am aktuellen Rand reichen diese bis 2010 und erlauben Aussagen zum Wirtschaftsverlauf der Kantone in der Vergangenheit (Abbildung 4). Da der Erhebungszeitraum sehr
kurz ist und die Zeitperiode von starken makroökonomischen Verwerfungen geprägt war, sind
die Zahlen mit Vorsicht zu geniessen. Im Jahr 2009 ist das Schweizer BIP als Folge der internationalen Finanzkrise und der globalen Rezession um 1.9% geschrumpft. Am stärksten negativ
ins Gewicht fielen hierzulande der Einbruch der Ausrüstungsinvestitionen sowie der Nettoexporte. Die Schweiz fand daraufhin überraschend schnell aus der Krise, was sich in einem BIPWachstum von 3% im Jahr 2010 niederschlug. Der Aufschwung war stark durch die Industrie
sowie den Gross- und Detailhandel geprägt, wohingegen der Finanzsektor nicht mehr auf sein
gewohntes Wachstumsniveau zurückfand.
Kantonale BIP zeigen
Turbulenzen der letzten
Jahre
Das bisher bekannte BIP-Wachstum in den Kantonen St. Gallen, Appenzell Innerrhoden und
Ausserrhoden ist daher von einer beträchtlichen Volatilität geprägt: Während 2009 wie der Rest
der Schweiz von einem Rückgang der Wirtschaftsleistung geprägt war, folgte 2010 eine steile
Erholung. Appenzell Innerrhoden zeigte nach Nidwalden das zweihöchste Wachstum, aber auch
St. Gallen und Appenzell Ausserrhoden zählen zu den Spitzenreitern. Diese Werte relativieren
sich dadurch, dass die Jahre 2011 und 2012 von einem starken Exportrückgang in allen Industriebranchen ausser Uhren und Pharma geprägt waren. Aufgrund ihrer industriellen Prägung
wurde die Ostschweiz von diesen Entwicklungen daher stark getroffen, was sich in den kommenden BIP-Wachstumszahlen zeigen wird. Gleichwohl zeigt das Aufholwachstum im 2010,
dass St. Gallen und die beiden Appenzeller Kantone in der Lage sind, von landesweiten Wachstumsphasen zu profitieren, was nicht für alle Kantone gilt. Im Aufschwungsjahr nur relativ
schwach gewachsen sind die Kantone Aargau, Uri und Zürich, wobei insbesondere das unterdurchschnittliche Abschneiden der Wirtschaftsmetropole Zürich – aufgrund des bedeutenden
Finanzsektors – deutlich hervorsticht.
Abbildung 4
Reales BIP-Wachstum nach Kanton
In Prozent
10%
2009
2010
8%
6%
4%
2%
0%
-2%
-4%
-6%
-8%
ZH BE LU UR SZ OWNW GL ZG FR SO BS BL SH AR AI SG GR AG TG TI VD VS NE GE JU
Quelle: Bundesamt für Statistik
Ein Barometer zur
Beurteilung der aktuellen
Konjunktur in den Regionen
Da die offiziellen Daten zum kantonalen Bruttoinlandprodukt nicht aktuell sind, muss die Beurteilung der regionalen Konjunkturaussichten auf indirektem Weg erfolgen. Dazu haben wir für
die Schweizer Kantone ein System von vierteljährlichen Konjunkturindikatoren entwickelt. Die
Analyse beruht auf folgenden Grössen: gemeldete offene Stellen, Importe, Exporte, Logiernächte, Neuzulassungen von Fahrzeugen sowie Baubewilligungen und Baugesuche im Hochbau. Das Konjunkturbarometer, das aus diesen Indikatoren abgeleitet wird, ermöglicht es, die
konjunkturelle Entwicklung eines Kantons darzustellen, indem Tendenz und Wendepunkte der
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Credit Suisse Economic Research
wirtschaftlichen Aktivität dargestellt werden. Es ermöglicht jedoch nicht, Schlüsse über das Niveau der Wirtschaftstätigkeit zu ziehen oder genaue Prognosen zu erstellen. Demnach signalisiert eine Abnahme des Indikators eine Wachstumsverlangsamung, aber nicht zwangsläufig eine
Rezession. Den aktuellen Rand des Konjunkturbarometers bildet das 3. Quartal 2012. Da dieses Barometer einen Vorlauf von einem Quartal besitzt, sind Prognosen bis zum 4. Quartal
2012 möglich.
Anzeichen der Erholung in
St. Gallen und Appenzell
Innerrhoden
Abbildung 5 zeigt die Entwicklung des regionalen Konjunkturbarometers für die Kantone St.
Gallen, Appenzell Innerrhoden und Ausserrhoden. Auf Landesebene lässt sich der Aufschwung
der Jahre 2002 bis 2007 erkennen. Danach erfolgt der steile Absturz, welcher hauptsächlich
von der Abkühlung der globalen Nachfrage im Nachgang der Finanzkrise ausgelöst wurde. Es
folgte ein ebenso steiler Aufschwung, der unter anderem auf die Nachfragestimulation durch die
staatlichen Konjunkturprogramme zurückgeht. Am aktuellen Rand zeigen die Tendenzen erneut
gegen unten. Einerseits verteuert der weiterhin starke Schweizer Franken die Exporte, andererseits wird die ausländische Nachfrage durch die erneuten Unsicherheiten im Finanzsektor und
bei den Staatsfinanzen gebremst. In den betrachteten Ostschweizer Kantonen folgte der Konjunkturverlauf ab Mitte des Jahrzehnts weitgehend den nationalen Tendenzen. Am aktuellen
Rand zeigen St. Gallen und Appenzell Innerrhoden Erholungstendenzen; in Ausserrhoden deutet
das Bild noch nicht auf eine Trendwende hin.
Abbildung 5
Regionales Konjunkturbarometer
Synthetischer Indikator
4
SG
3
AR
AI
CH
2
1
0
-1
-2
-3
-4
-5
-6
1996 I
1998 I
2000 I
2002 I
2004 I
2006 I
2008 I
2010 I
2012 I
Quelle: Credit Suisse Economic Research
Maschinenexporte:
Trendwende zeichnet
sich ab
In Abbildung 6 sind die Komponenten des Konjunkturbarometers für die letzten fünf Quartale
dargestellt. Die Abkühlung der Exportkonjunktur ab Mitte 2011, welche der dramatischen Aufwertung des Schweizer Frankens folgte, ist in allen betrachteten Kantonen sichtbar. Im Verlauf
des letzten Jahres hat sich die Schrumpfung des Exportvolumens sogar verstärkt. Diese Entwicklung steht im Gegensatz zu den noch immer positiven, aber moderaten Wachstumszahlen
auf Landesebene. Grund dafür ist der Branchen- und Produktemix, der in den Ostschweizer
Kantonen vor allem aus Maschinen, Metallgütern, Elektronik und Textilien besteht. Diese sind
schweizweit mit rückläufigen Aussenhandelszahlen konfrontiert. Uhren und weitere Luxusgüter
sowie Chemie-/Pharmaprodukte werden im Ausland nach wie vor in hohem Masse nachgefragt. Deren Anteil am Ostschweizer Exportportfolio ist – im Gegensatz zur Gesamtschweiz – jedoch gering, was den unterschiedlichen Verlauf erklärt. Anzeichen einer Erholung der Exporte
der Maschinenindustrie zeigen die Aussenhandelszahlen von November 2012: Nach 16 Monaten Rückgang wurde erstmals wieder ein Wachstum verzeichnet. Gemäss unserer Einschätzung
deutet die Nachfrageentwicklung im Ausland darauf hin, dass die Trendwende geschafft sein
sollte. Gleichwohl wäre es verfrüht, von einer Entspannung der Situation in der Maschinenindustrie zu sprechen.
Swiss Issues Regionen
10
Credit Suisse Economic Research
Abbildung 6
Regionale Konjunkturindikatoren
Durchschnitt der letzten vier Quartale, Wachstum gegenüber Vorjahresperiode in Prozent, Arbeitslosenquote in Prozent
St. Gallen
Appenzell Innerrhoden
2011 III
2011 IV
2012 I
2012 II
2012 III
2011 III
2011 IV
2012 I
2012 II
2012 III
26.6%
7.5%
−7.6%
−15.7%
−9.2%
33.3%
52.4%
2.2%
−21.0%
−25.4%
Arbeitslosenquote
2.2%
2.4%
2.6%
2.3%
2.5%
1.0%
1.1%
1.3%
1.2%
1.4%
Exporte von Waren
3.8%
3.5%
0.7%
0.4%
−0.4%
16.7%
11.8%
4.7%
−1.9%
−7.8%
Offene Stellen
Importe von Waren
Baubewilligungen Hochbau
4.4%
2.8%
0.1%
1.1%
1.8%
23.7%
21.5%
14.7%
12.6%
8.6%
21.3%
21.8%
14.3%
4.7%
0.1%
4.2%
1.3%
−10.0%
−11.2%
−2.9%
Baugesuche Hochbau
17.5%
17.6%
12.5%
10.7%
8.8%
−14.8%
−20.0%
−29.4%
−31.3%
−12.0%
Logiernächte in der Hotellerie
−2.6%
−3.3%
−4.4%
−5.1%
−2.1%
−1.2%
−2.0%
−2.2%
−4.8%
−1.2%
Neuzulassungen Fahrzeuge
16.9%
22.2%
20.6%
20.3%
11.5%
18.6%
20.9%
13.1%
22.0%
12.8%
Appenzell Ausserrhoden
Schweiz
2011 III
2011 IV
2012 I
2012 II
2012 III
2011 III
2011 IV
2012 I
2012 II
2012 III
28.2%
−0.4%
−17.2%
−28.3%
−18.4%
24.0%
16.3%
4.2%
−6.1%
−10.8%
Arbeitslosenquote
1.3%
1.3%
1.6%
1.4%
1.5%
2.8%
3.1%
3.3%
3.0%
3.0%
Exporte von Waren
5.9%
2.2%
−0.1%
−3.8%
−5.7%
3.6%
3.3%
1.8%
0.6%
0.1%
Importe von Waren
9.2%
3.5%
0.2%
−4.2%
−4.9%
1.9%
−0.1%
−1.4%
−0.9%
−0.6%
1.8%
Offene Stellen
Baubewilligungen Hochbau
28.5%
80.9%
90.7%
67.9%
40.9%
17.9%
16.8%
13.0%
7.3%
117.9%
85.4%
53.2%
8.5%
−25.2%
9.8%
7.6%
5.1%
5.8%
8.6%
Logiernächte in der Hotellerie
−1.0%
−2.1%
−3.1%
−7.1%
−11.2%
−1.3%
−2.0%
−2.7%
−3.8%
−3.4%
Neuzulassungen Fahrzeuge
10.9%
15.4%
19.4%
21.0%
13.6%
10.7%
13.3%
11.8%
12.8%
7.8%
Baugesuche Hochbau
Quelle: Bundesamt für Statistik, Staatssekretariat für Wirtschaft, Eidgenössische Zollverwaltung, Schweizer Baublatt, Credit Suisse Economic Research
Eine prospektive Einschätzung der Entwicklung im Aussenhandel erlaubt unser Exportbarometer. In Abbildung 7 sind die Aussenhandelsperspektiven für den Kanton St. Gallen dargestellt.
Das Exportbarometer beruht auf Vorlaufindikatoren für die Industrie in den 26 wichtigsten Abnehmerländern der Schweiz. Die Einkaufsmanagerindizes werden monatlich ermittelt und geben
den Verlauf der Industriekonjunktur mit einem Prognosehorizont von ungefähr einem halben
Jahr an.
Abbildung 7
Exportbarometer Kanton St. Gallen
In Standardabweichungen; Exporte als gleitender 6-Monate-Durchschnitt
2.0
1.0
0
-1.0
Wachstumsschwelle
-2.0
Exportbarometer SG
-3.0
Exporte SG
Exporte CH
-4.0
2003
2004
2005
2006
2007
2008
2009
2010
2011
2012
2013
Quelle: OECD, Eidgenössische Zollverwaltung, Credit Suisse Economic Research
Swiss Issues Regionen
11
Credit Suisse Economic Research
Internationale Nachfrage:
Kein weiterer Rückgang
Aufgrund rückläufiger Nachfrage in den wichtigsten Abnehmerländern hat das Exportbarometer
Mitte 2008 einen drastischen Einbruch erfahren. Dieser geht den tatsächlichen Rückgängen im
Aussenhandel voraus. Mitte 2009 hat sich das Blatt gewendet, und die Exportaussichten haben
einen steilen Erholungspfad eingeschlagen. Seit Anfang 2010 befindet sich der Indikator ununterbrochen oberhalb der Wachstumsschwelle, seit Anfang 2012 jedoch unterhalb des langfristigen Durchschnitts, der durch die Nulllinie dargestellt wird. Am aktuellen Rand sind die Wachstumsperspektiven gegenüber dem Vorjahr deutlich eingetrübt. Weiterhin lässt die konjunkturelle
Entwicklung in den Abnehmerländern jedoch auf eine leicht zunehmende Exporttätigkeit schliessen. Die Kombination aus dem weiterhin starken Schweizer Franken und der schwächelnden internationalen Nachfrage wirkt bremsend auf die Exporte. Mit dem von der Schweizerischen Nationalbank eingeführten Mindestkurs für den Euro und der daraus abgeleiteten Stärkung des
US-Dollars gegenüber dem Franken haben die Exporteure seit September 2011 eine günstigere Währungssituation und verfügen über eine deutlich höhere Planungssicherheit.
Einkaufstourismus
Mit dem Erstarken des Schweizer Frankens gegenüber dem Euro im Jahr 2011 ist der
Einkauf im grenznahen Ausland noch attraktiver geworden. Schätzungen von Credit Suisse
Economic Research gehen von einem Anstieg des Einkaufstourismus um ca. 20 bis 30%
und einem Kaufkraftabfluss von schweizweit 5−6 Mrd. CHF im Jahr 2011 aus. Für das
Jahr 2012 werden trotz Wechselkursuntergrenze der Schweizerischen Nationalbank ähnliche Zuwachsraten erwartet. Davon betroffen sind insbesondere grenznahe Regionen im St.
Galler Rheintal, wo die Fahrzeit in das nächstgelegene ausländische Einkaufscenter oftmals
weniger als 15 Minuten beträgt (Abbildung 8).3
Abbildung 8
Einzugsgebiete grenznaher Supermärkte im Euroraum
Fahrzeit zum nächstgelegenen grenznahen Supermarkt (Lebensmittel)
Arbon
Bregenz
Rorschach
Österrei ch
St.Ga llen/
Ror sch ach
Uzwil
Lustenau
St .Ga llen
Flawil
He ris a u
Widnau
Teufen
Altstätten
St. Ga ll er Rh ei ntal
Ap penze ll
A.R h.
Grenznahe Supermärkte
< 5 Minuten
5 - 10 Minuten
10 - 15 Minuten
15 - 20 Minuten
20 - 30 Minuten
30 - 45 Minuten
45 - 60 Minuten
Dornbirn
Gossau
Ap pen z ell
Oberriet
Togg enbu rg
Ap penzell
I.Rh.
Feldkirch
Werd enberg
Li e chtenstein
Buchs
Bludenz
Quelle: Bundesamt für Statistik, Credit Suisse Economic Research, Geostat
3
Für weitere Informationen zum Thema Einkaufstourismus siehe auch «Retail Outlook 2013», Credit Suisse Economic Research.
Swiss Issues Regionen
12
Credit Suisse Economic Research
Standortqualität
Länder, Regionen und Kommunen konkurrieren in einem an Intensität zunehmenden Standortwettbewerb um Investoren, Arbeitsplätze und vor allem um das entsprechende Steueraufkommen. Vor dem Hintergrund eines ausgeprägten Strukturwandels und einer spürbaren Verschärfung des globalen Wettbewerbs sind es zunehmend die regionalen Standortfaktoren, welche
nachhaltige Wettbewerbsvorteile verschaffen. Die Pflege dieser Standortfaktoren zählt daher zu
den zentralen Aufgaben der staatlichen Entscheidungsebenen und ist Voraussetzung für deren
wirtschaftlichen Erfolg.
Standortqualität der Schweizer Kantone
Um die Standortqualität von Schweizer Kantonen und Regionen zu messen und miteinander zu
vergleichen, haben wir einen Standortqualitätsindikator (SQI) entwickelt. Dieser Indikator beruht
auf folgenden fünf Standortfaktoren: der Steuerbelastung sowohl von natürlichen als auch juristischen Personen, dem Ausbildungsstand der Bevölkerung, der Verfügbarkeit von Hochqualifizierten sowie der verkehrstechnischen Erreichbarkeit. Qualitative Standortfaktoren sind zwar von
Bedeutung, sind aber nicht oder nur schwer zu quantifizieren und unterliegen zumeist einem
Werturteil, was deren Vergleichbarkeit erschwert. Aus diesem Grund werden sie in diesem Indikator bewusst nicht berücksichtigt. Im Fall von Standorten mit ausgeprägter touristischer Ausrichtung ist jedoch festzuhalten, dass solche qualitativen Faktoren einen nicht unwesentlichen
Teil von deren Attraktivität ausmachen.
Abbildung 9
Standortqualität der Schweizer Kantone und des Fürstentums Liechtenstein 2012
Synthetischer Indikator, CH = 0, Steuerbelastung für das Jahr 2012
2.5
2.0
1.5
1.0
ZG
ZH FL
AG NW GE
BS SZ
0.5
TG SH
OW BL AR
LU SO
SG
0
-0.5
-1.0
-1.5
AI VD BE
GL GR FR
UR TI
VS
NE
JU
Quelle: Credit Suisse Economic Research
Fünf Faktoren zur Beurteilung der Standortqualität
Für die Steuerbelastung der natürlichen Personen werden sowohl das Niveau wie auch die Progression der Einkommens- und Vermögenssteuern berücksichtigt. Die Steuerbelastung von
juristischen Personen beruht auf einer Auswertung der Reingewinn- und Kapitalsteuern. Der
Ausbildungsstand der Bevölkerung wird durch den Anteil der Personen an der Bevölkerung im
Alter zwischen 19 und 69 Jahren gemessen, welche mindestens eine abgeschlossene Berufslehre aufweisen. Für die Verfügbarkeit von hochqualifizierten Arbeitskräften wird der Anteil der
Bevölkerung zwischen 25 und 69 Jahren berücksichtigt, der über eine Ausbildung auf Tertiärstufe verfügt. Die verkehrstechnische Erreichbarkeit wird für den motorisierten Individualverkehr
und für den öffentlichen Verkehr berechnet. Neben den Fahrzeiten zwischen den einzelnen
Swiss Issues Regionen
13
Credit Suisse Economic Research
Gemeinden bzw. Verkehrsknoten wird dabei auch das zugehörige Potential an Einwohnern und
Arbeitsplätzen berücksichtigt. Beim Standortqualitätsindikator handelt es sich um einen relativen
Index, bei welchem der Wert für die ganze Schweiz bei null liegt. Positive Werte des Indikators
weisen auf eine höhere, negative Werte auf eine tiefere Standortqualität im Vergleich zum gesamtschweizerischen Durchschnitt hin.
In Abbildung 9 sind die Werte des Standortqualitätsindikators der Schweizer Kantone und des
Fürstentums Liechtenstein für das Jahr 2012 abgebildet. Ein Wert in der Bandbreite zwischen
+0.3 und −0.3 kann als im Schweizer Mittel liegend interpretiert werden. Der Kanton Appenzell
Ausserrhoden erreicht eine Positionierung über dem Schweizer Durchschnitt auf dem 12. Rang
der 26 Kantone. St. Gallen und Appenzell Innerrhoden liegen im Mittel auf dem 15. bzw. 16.
Rang. Gegenüber seinen Nachbarkantonen Zürich, Schwyz und Thurgau sowie gegenüber dem
Fürstentum Liechtenstein weist St. Gallen einen Attraktivitätsrückstand auf. Graubünden und
Glarus sind auf der Skala tiefer eingestuft, was vor allem mit der gebirgigen Topographie zusammenhängt. Im Vergleich zu früheren Berechnungen der Standortqualität – etwa in der Regionalstudie von 2008 – hat sich der Indikatorwert von St. Gallen leicht verbessert, bezüglich der
Rangierung sind die Unterschiede jedoch gering.
Standortqualität im regionalen Vergleich
Die kantonale Ebene stellt eine suboptimale Einheit dar, um die Standortqualität und ihre Komponenten zu bemessen, da durch die Aggregation der Werte stärkerer und schwächerer Gebiete ein Informationsverlust entsteht. Gerade im Fall des stark heterogenen Kantons St. Gallen
geht dabei die individuelle Positionierung der Teilregionen verloren. Eine Betrachtung der
Standortqualität auf Stufe der Wirtschaftsregionen ergibt daher ein detaillierteres Bild. In Abbildung 10 sind die Werte des Standortqualitätsindikators für die St. Galler Regionen, die beiden
Appenzeller Kantone sowie einige Vergleichsregionen in anderen Kantonen dargestellt. Die
Zentrumsregion St. Gallen/Rorschach, Wil und Appenzell Ausserrhoden erreichen die höchste
Attraktivität im Untersuchungsraum. Das nahe gelegene Thurtal sowie Winterthur sind jedoch
attraktiver positioniert. Am Obersee sind die Unterschiede beträchtlich. Pfannenstiel und
March/Höfe weisen eine deutlich höhere Standortqualität auf als das Linthgebiet. Ähnlich grosse Unterschiede finden sich zwischen Werdenberg, dem St. Galler Rheintal und dem Sarganserland gegenüber dem Fürstentum Liechtenstein. Aufgrund einer deutlich geringeren Steuerbelastung kann sich das «Ländle» klar attraktiver positionieren als die Schweizer Nachbarregionen. Die hügeligen bis gebirgigen Regionen Toggenburg und das Sarganserland positionieren
sich – ähnlich dem Glarner Mittel- und Unterland – knapp unter dem Landesmittel.
Abbildung 10
Standortqualitätsindikator ausgewählter Regionen 2012
Sarganserland
Toggenburg
Appenzell I.Rh.
Glarner Mittel- und Unterland
St. Galler Rheintal
Linthgebiet
Oberthurgau
Bündner Rheintal
Appenzell A.Rh.
Werdenberg
0
Wil
0.5
St.Gallen/Rorschach
1.0
Thurtal
March/Höfe
1.5
Winterthur-Stadt
2.0
Fürstentum
Liechtenstein
2.5
Winterthur-Land
Synthetischer Indikator, CH = 0, Steuerbelastung für das Jahr 2011
Pfannenstiel
St. Gallen: Verbesserung
gegenüber der letzten
Regionalstudie
-0.5
Quelle: Credit Suisse Economic Research
Swiss Issues Regionen
14
Credit Suisse Economic Research
Steuerbelastung:
Rückstand aufgeholt
Die Komponenten der Standortqualität der St. Galler Regionen und der beiden Appenzeller Kantone sind in Abbildung 11 dargestellt. Anhand dieser Darstellung lässt sich die individuelle Positionierung näher erläutern. Gegenüber dem Schweizer Durchschnitt weisen sowohl die St. Galler Regionen wie auch Appenzell Innerrhoden und Ausserrhoden attraktive Steuersätze auf. Die
beiden Appenzeller Kantone gehören für Unternehmen schweizweit zu den günstigsten Kantonen. Innnerrhoden positioniert sich besonders günstig für natürliche Personen. Während der
Kanton St. Gallen noch vor wenigen Jahren steuerliche Attraktivitätsdefizite gegenüber dem
Schweizer Mittel und vor allem gegenüber seinen Nachbarkantonen aufwies, hat sich der Rückstand stark reduziert. Gegenüber dem Thurgau oder Schaffhausen ist St. Gallen bei der Unternehmensbesteuerung aktuell sogar leicht attraktiver.
Abbildung 11
Komponenten der Standortqualität 2012
Synthetische Indikatoren, CH = 0, Steuerbelastung für das Jahr 2011
St.Gallen/
Rorschach
3
Appenzell I.Rh.
2
St. Galler
Rheintal
1
0
Appenzell A.Rh.
-1
Werdenberg
-2
SG
Sarganserland
Wil
Linthgebiet
Schweiz
Steuerattraktivität für natürliche
Personen
Steuerattraktivität für juristische
Personen
Ausbildungsstand der
Bevölkerung
Verfügbarkeit von
Hochqualifizierten
Verkehrstechnische
Erreichbarkeit
Toggenburg
Quelle: Credit Suisse Economic Research
St. Galler Steuererhöhung
mindert die Standortqualität
Aufgrund der Finanzlage hat der St. Galler Regierungsrat per 2013 eine Erhöhung des kantonalen Steuerfusses um 10 Prozentpunkte vorgesehen. Kombiniert mit einem Sparpaket soll auf
diesem Weg sichergestellt werden, dass die Vorgaben der kantonalen Schuldenbremse eingehalten werden. Der Kanton begründet die Finanzlage mit Mindereinnahmen aus dem Finanzausgleich, geringeren Ausschüttungen der Schweizerischen Nationalbank sowie Mehrausgaben
für die Spitalfinanzierung. Was aus Sicht der Kantonsfinanzen möglicherweise sinnvoll ist, wirkt
sich in jedem Fall nachteilig auf die Standortqualität aus. Aktuell lässt sich noch nicht beziffern,
wie hoch die Effekte dieser Massnahmen auf die Positionierung im Standortqualitätsindikator
sind, da allfällige Massnahmen anderer Kantone noch nicht bekannt sind.
Topographie als
Herausforderung und
Chance
Anhand der Ausbildungs- und Erreichbarkeitsindikatoren lässt sich die Heterogenität der Ostschweizer Regionen erkennen: Die Universitätsregion St. Gallen/Rorschach sowie Appenzell
Ausserrhoden haben sich als Wohnorte für Hochqualifizierte etablieren können, die Hochschulregion Linthgebiet erreicht einen Wert im Schweizer Durchschnitt. Im Toggenburg, in Innerrhoden sowie im Sarganserland liegt die Verfügbarkeit von tertiär gebildeten Arbeitskräften jedoch
deutlich tiefer. In diesen Regionen ist der Ausbildungsstand der Bevölkerung ausserdem tiefer
als im Schweizer Mittel. Für die verkehrstechnische Erreichbarkeit ist in erster Linie die Topographie sowie die Erschiessung mit Verkehrswegen massgeblich. Zusätzlich wird im Indikator
die Nähe zu den wirtschaftlichen Ballungsräumen beurteilt. Die Regionen Wil und Linthgebiet
profitieren von der Nähe zum Wirtschaftsraum Zürich und erreichen die höchsten Werte. St.
Gallen/Rorschach sowie das Rheintal sind selbst Ballungsräume und auf Strasse und Schiene
effizient angebunden. Während die gebirgige Topographie aus Sicht der Verkehrsverbindungen
ein Hindernis darstellt, ist sie die Grundlage für die touristische Attraktivität des Appenzellerlandes, der Region Toggenburg sowie der Tourismusgemeinden im Sarganserland.
Swiss Issues Regionen
15
Credit Suisse Economic Research
Öffentlicher Verkehr: St. Gallen und das Appenzellerland investieren
Die verkehrstechnische Erreichbarkeit ist derjenige Faktor im Standortqualitätsindikator,
der sich von den Regionen selbst am schwierigsten beeinflussen lässt. Abgesehen von
unveränderbaren geographischen und topographischen Gegebenheiten einer Region können Attraktivitätsverbesserungen nur durch langwierige und kostenintensive Infrastrukturinvestitionen erreicht werden. Darüber hinaus fallen politische Entscheide, welche solche
Investitionen betreffen, oft auf Kantons- oder Bundesebene, so dass die Regionen die
verkehrstechnische Erreichbarkeit weitgehend als gegeben hinnehmen müssen. Gleichwohl können einzelne Massnahmen ergriffen werden, wie die aktuellen Bahnprojekte im
Raum St. Gallen zeigen.
Per Dezember 2013 wird die St. Galler S-Bahn stark ausgebaut. Im Regionalverkehr wird
der Halbstundentakt eingeführt, in der Agglomeration St. Gallen sogar der Viertelstundentakt. Insgesamt profitiert der Grossteil der Bahnhöfe im Kanton von einer Angebotsverbesserung. Zusätzlich verringern sich die Fahrzeiten der Schnellzüge, da diese an weniger
Stationen halten werden. Ein weiteres Grossprojekt ist die sogenannte «Durchmesserlinie»
der Appenzeller Bahnen: Die bisher getrennten Strecken St. Gallen–Trogen und St. Gallen–Gais–Appenzell sollen im Bahnhof St. Gallen verbunden werden. Ziel ist es, die Frequenzen zu erhöhen und die Anschlüsse an die überregionalen Verbindungen zu verbessern. Das Projekt hat bisher alle politischen Hürden gemeistert; ausstehend ist nur noch
der Entscheid der Innerrhoder Landsgemeinde. Der Baubeginn für die notwendigen Infrastrukturprojekte ist auf 2014 geplant, die Inbetriebnahme auf Dezember 2016.
Finanzielle Wohnattraktivität
Die Vorzüge eines Standortes widerspiegeln sich wie bei den meisten anderen Gütern im Preis.
Eine hohe Attraktivität führt zu erhöhter Nachfrage nach Wohnraum und äussert sich folglich in
höheren Boden- und Immobilienpreisen. In steuergünstigen Regionen haben sich die Immobilienpreise zudem aufgrund des zunehmenden Siedlungsdrucks überdurchschnittlich stark erhöht. So zählen etwa einige Zentralschweizer Kantone zu den steuergünstigsten Wohnorten in
der Schweiz. Der reine Vergleich der Steuerbelastungen vernachlässigt jedoch die Tatsache,
dass hohe Immobilienpreise grosse Teile der Steuerersparnis zunichte machen können.
Wie günstig lebt sich's in
der Ostschweiz?
Abbildung 12 vergleicht die frei verfügbaren Einkommen in den Schweizer Kantonen anhand
des RDI-Indikators (Regional Disposable Income). Dieser erlaubt einen umfassenden Vergleich
der finanziellen Wohnattraktivität für einen breit gefassten Schweizer Mittelstand. Er berücksichtigt nicht nur einzelne Komponenten wie die Steuerbelastung, sondern basiert auf einer Gesamtbetrachtung der Einkommens- und Ausgabenfaktoren. Das frei verfügbare Einkommen
stellt dabei den Geldbetrag dar, welcher den Haushalten nach Abzug der obligatorischen Abgaben (Einkommens- und Vermögenssteuern, Sozialversicherungsbeiträge, berufliche Vorsorge,
Krankenversicherungsprämien) und der langfristig gebundenen Fixkosten (Wohnkosten, Nebenkosten, Gebühren für Wasser, Abwasser und Abfall) sowie Pendelkosten für den Konsum
zur freien Verfügung steht. Der Indikator bewegt sich zwischen dem maximalen Wert von 2.0
und dem Minimum von −4.0. Es handelt sich um einen synthetischen Indikator, der für die
Schweiz einen Mittelwert von 0 annimmt. Positive Werte kennzeichnen demnach höhere, negative Werte tiefere frei verfügbare Einkommen im Vergleich zum gesamtschweizerischen Durchschnitt.
Vorteile gegenüber den
Ballungsräumen
Die beiden Appenzeller Kantone und St. Gallen gehören aus finanzieller Sicht zu den attraktivsten Wohnkantonen. Deutlich höhere Indikatorwerte erreichen einzig die Bergkantone Uri und
Glarus. Die Ostschweizer Nachbarn Thurgau und Schaffhausen sind leicht günstiger positioniert
als St. Gallen, die Unterschiede sind jedoch gering. Als klar teurer erweist sich jedoch das Zentrum Zürich. Aufgrund der Raumknappheit in der Wirtschaftsmetropole können sich vor allem der
Raum Wil sowie das Linthgebiet als attraktive Wohnorte positionieren, etwa für Haushalte, welche ein Einfamilienhaus erwerben möchten.
Swiss Issues Regionen
16
Credit Suisse Economic Research
Abbildung 12
Frei verfügbares Einkommen in den Schweizer Kantonen (RDI-Indikator 2011)
Synthetischer Indikator, CH = 0, ohne Pendelkosten
3
2
UR GL
AI OW TG AR
SH SGNW
1
GR SZ SO LU AG JU VS FR
TI
ZG BE
0
NE
-1
ZH BL
VD BS
-2
-3
-4
GE
Quelle: Credit Suisse Economic Research
Eine hohe finanzielle Wohnattraktivität kann entweder auf tiefen Fixkosten, tiefen obligatorischen Abgaben oder einer Kombination unterschiedlicher Vorteile beruhen. Abbildung 13 beleuchtet die Hintergründe der kantonalen RDI-Werte. Auf der horizontalen Achse ist die standardisierte Summe der obligatorischen Abgaben abgetragen, welche die Haushalte des breit
definierten Mittelstandes in ihrem Wohnkanton belasten. Die Vertikale stellt die Summe der
wohnortsgebundenen Fixkosten dar. Die überdurchschnittliche Positionierung bei der finanziellen Wohnattraktivität resultiert in den drei untersuchten Ostschweizer Kantonen von kombinierten Vorteilen: Sowohl bei den obligatorischen Abgaben wie auch bei den Wohnkosten erweisen
sie sich als günstig. Steuerliche Entlastungen haben im Fall von St. Gallen eine Attraktivitätserhöhung erreicht.
Abbildung 13
Bedeutung der Ausgabenkomponenten in den Schweizer Kantonen 2011
Obligatorische Abgaben: Einkommens- und Vermögenssteuern, Sozialabgaben, obligatorische Krankenversicherung
Fixkosten: Wohnkosten, Nebenkosten, Gebühren für Wasser, Abwasser und Abfall; standardisierte Werte, CH = 0
Hohe Fixkosten
kompensieren Steuervorteile
GE
Fixkosten
Kombinierte Vorteile bei
Steuern und Wohnkosten
Doppelte Nachteile
Positionierung 2008
Positionierung 2011
ZG
ZH
SZ
BS
GR
LU
OW
UR
AI
GL
SG
TG
VD
BL
CH-Mittel
NW
Obligatorische Abgaben
TI
AG
SO
AR SH
FR
BE
NE
VS
JU
Kombinierte Vorteile
Asymmetrische
Positionierung
Quelle: Credit Suisse Economic Research
Swiss Issues Regionen
17
Credit Suisse Economic Research
Liechtenstein-Effekt
verteuert das Wohnen am
Werdenberg
Die Gemeinden als unterste Verwaltungsstufe der Schweizer Staatsordnung sind als Betrachtungsebene für das frei verfügbare Einkommen optimal geeignet. Die meisten Komponenten
der finanziellen Wohnattraktivität sind entweder von lokal administrierten Preisen tangiert oder
stellen Güter lokal abgegrenzter Märkte dar. Aus diesem Grund vergleichen wir die finanzielle
Wohnattraktivität zusätzlich auf Stufe der Gemeinden (Abbildung 14). Dabei können auch die
Pendelkosten ins jeweils nächste Zentrum einbezogen werden. Die Abbildung zeigt deutlich die
geringere finanzielle Wohnattraktivität der Zentren und Tourismusgebiete. An der Grenze zum
Fürstentum Liechtenstein ist die Nachfrage nach Wohnraum hoch, was sich in höheren Immobilienpreisen und letztendlich in einer geringeren finanziellen Wohnattraktivität niederschlägt.
Abbildung 14
Frei verfügbares Einkommen in den Gemeinden (RDI-Indikator) 2011
Synthetischer Indikator, CH = 0, unter Berücksichtigung der Pendelkosten ins nächstgelegene Zentrum
Fr auen fel d
Wil
St.Ga llen/
Ror sch ach
Öster rei ch
St.Ga llen
He r is a u
Zür ich
Togg e nbu rg
Ap penze ll
A.R h.
St. Ga ll e r Rh ei ntal
Ap penz ell
Ap penze ll
I.R h.
-5.2 – -2.0
-2.0 – -1.0
-1.0 – -0.3
-0.3 – 0.0
0.0 – 0.3
Li nthge b iet
0.3 – 0.6
0.6 – 1.0
Zug
Wer d enber g
1.0 – 1.5
1.5 – 2.0
2.0 – 3.0
Li echtenstein
Gla ru s
Schw yz
Sarga ns erla nd
Alt d o rf
Quelle: Credit Suisse Economic Research
Hypothetisches Beispiel: Familie Schweizer, wohnhaft in Teufen (AR)
Familie Schweizer wohnt im ausserrhodischen Teufen in einem Einfamilienhaus mit mittlerem Ausbaustandard (Fremdfinanzierung 80%). Herr und Frau Schweizer haben zwei Kinder, verfügen über ein erspartes Vermögen von 300'000 CHF und erzielen gemeinsam ein
Erwerbseinkommen von 150'000 CHF. Mit der Familienzulage und dem Vermögensertrag
erreicht der Haushalt ein Bruttoeinkommen von rund 157'300 CHF. Nach Abzug aller
Zwangsabgaben resultiert ein verfügbares Einkommen von 106'000 CHF. Durch Einbezug
von Wohn- und weiteren Fixkosten wie etwa der Kosten für die tägliche Bahnfahrt zum
Arbeitsort St. Gallen resultiert ein frei verfügbares Einkommen von 59'800 CHF. Mit einem Umzug nach Goldach (SG) würde sich das frei verfügbare Einkommen auf 73'000
CHF erhöhen, was einer Differenz von rund 13'000 CHF entspricht. Der Pendelweg per
öffentlichen Verkehr würde sich um fünf Minuten reduzieren.
Swiss Issues Regionen
18
Credit Suisse Economic Research
Textile Zukunft dank Luxus und Innovation
Auf eine glorreiche Vergangenheit…
Kaum ein zweiter helvetischer Wirtschaftszweig kann auf eine solch glorreiche Vergangenheit zurückblicken wie die Textilindustrie, besonders in der Ostschweiz. St. Galler Stickereien brachten es zu weltweitem Ruhm. Mit dem Aufkommen des Freihandels und aufgrund der grossen Nachfrage nach Spitzen an den europäischen Adelshöfen stieg die Produktion dieser Edelstoffe ab Mitte des 19. Jahrhunderts stark an. 1911 waren 72% aller
Schweizer Stickereiunternehmen in St. Gallen und im Appenzellerland angesiedelt. Sie
exportierten Waren im Wert von 150−200 Mio. CHF, was einem Anteil von etwa 15%
aller Schweizer Exporte entsprach. 1911 arbeiteten in den drei Kantonen knapp 27'000
Personen in der Textilindustrie – rund 27% der gesamten Schweizer Textilbeschäftigung.
… folgt ein starker Bedeutungsverlust
An diese grosse Zeit konnte die Branche nicht mehr anknüpfen. Der erste Weltkrieg und
die Weltwirtschaftskrise von 1929 liessen die Textilexporte massiv einbrechen. So führte
die Schweiz 1935 nur noch für 12 Mio. CHF Stickereien aus. Von diesem Einbruch erholte
sich die Branche angesichts der stetig wachsenden Konkurrenz aus Billiglohnländern nie
mehr. 2011 betrug der Anteil der Stickereien an den Gesamtexporten gerade noch
0.03%, der Anteil der Textil- und Bekleidungsexporte an den Gesamtausfuhren rund
1.5%. Entsprechend tief fallen heute die Beschäftigtenzahlen aus. 2008 arbeiteten in der
St. Galler und Appenzeller Textil- und Bekleidungsindustrie noch 4'000 Personen in rund
180 Betrieben. Dies entspricht einem Anteil von 1.8% an der gesamten Beschäftigung
dieser Kantone. Inzwischen dürfte diese Zahl weiter gesunken sein. Mit einem Anteil von
28% an der gesamtschweizerischen Branchenbeschäftigung bleibt die Region dennoch
der wichtigste Schweizer Textilstandort. Ausserdem überzeichnet der Beschäftigungsrückgang den Bedeutungsverlust der Branche. Der starke Rückgang dieser Grösse hängt
nämlich eng mit der Auslagerung von Produktionsstätten in Länder mit tieferen Lohnstückkosten zusammen. Schweizer Textilfirmen beschäftigen heute rund siebenmal so viele Mitarbeiter im Ausland als im Inland. Die Wertschöpfung verbleibt so trotz Auslagerung der
Produktion zu einem Teil in der Schweiz, da zentrale Prozesse wie Forschung, Design und
Vertrieb meist weiterhin am hiesigen Standort durchgeführt werden. Diese sogenannte
Desindustrialisierung wird zwar oft kritisiert, stellt für viele Textilbetriebe angesichts des
harten internationalen Wettbewerbs jedoch oftmals die einzige Möglichkeit dar, wettbewerbsfähig zu bleiben.
Erfolgreich in Nischenmärkten
Trotz des nach wie vor schwierigen Umfelds existieren immer noch verschiedene innovative
und zukunftsfähige St. Galler und Appenzeller Textilunternehmen, wie zum Beispiel die auf
Haute Couture, Prêt-à-porter und Lingerie spezialisierte Forster Rohner AG. Zwar stellt der
europäische Hochadel nicht mehr ihre wichtigste Kundengruppe dar, an Glamour hat das
Geschäft mit den edlen Stoffmustern trotzdem nicht verloren. Die Firma zählt Dior, Chanel
oder Valentino zu den langjährigen Kunden, und selbst die amerikanische First Lady Michelle Obama begeistert sich für die St. Galler Stoffe. Der Premium- und Luxusmarkt, in
welchem Forster Rohner neben einer Reihe anderer traditionsreicher St. Galler Stickereiunternehmen wie Jakob Schlaepfer operiert, ist jedoch eine der wenigen Nischen, in welchen sich Schweizer Textil- und Bekleidungsunternehmen langfristig behaupten dürften.
Eine weitere mögliche Strategie stellt der Fokus auf Innovation und Hightech dar. Die Appenzeller Firma Tisca Tiara ist in erster Linie für qualitativ hochstehende textile Bodenbeläge bekannt. Seit einigen Jahren stellt das familiengeführte Unternehmen jedoch auch
Kunstrasen für verschiedene Sportarten her. Kürzlich entwickelte die Firma zusammen mit
der eidgenössischen Materialforschungsstelle Empa einen Fussballkunstrasen, der gleichzeitig robust und hautfreundlich ist – eine Kombination, die bisher noch keinem Hersteller
gelang. Textile Innovationsfreude ist auch im Rheintal zu finden. Die Schöller Textil AG hat
sich auf Hightech-Textilien spezialisiert und ist in mehreren Nischenmärkten globaler
Marktführer. Die Firma wurde für ihre Entwicklungen mehrfach mit teils renommierten
Preisen ausgezeichnet – zuletzt für einen Stoff, der unter anderem medizinische Wirkstoffe
abgeben kann. Diese Beispiele sind natürlich nicht abschliessend. Im Bereich der funktionalen Hightech-Textilien finden sich z.B. Firmen wie die Herisauer Cilander oder die Sefar
aus Heiden.
Swiss Issues Regionen
19
Credit Suisse Economic Research
Bevölkerung und Einkommen
Bevölkerungsstruktur und -entwicklung sind wichtige Aspekte regionaler Entwicklung. Die in der
Schweiz und in anderen Industrieländern stagnierenden Geburtenraten führen zu einem Rückgang des natürlichen Bevölkerungswachstums. Dadurch hat die Migration für die Bevölkerungsentwicklung an Bedeutung gewonnen. Insbesondere in der Schweiz ist die Zuwanderung schon
lange ein wesentlicher Einflussfaktor der Bevölkerungsentwicklung. In den letzten Jahren hat
sich dieser Trend mit der Einführung der Personenfreizügigkeit mit der EU weiter verstärkt. Die
tiefe Schweizer Arbeitslosenquote, die sich der globalen Wirtschaftskrise bislang zu widersetzen
weiss und im benachbarten Ausland nach ihresgleichen sucht, zieht Arbeitnehmer aller Qualifikationsstufen an. Solange der Arbeitsmarkt die Zuwanderung zu absorbieren vermag, ist durch
die grössere Anzahl an Arbeitskräften mit einer höheren Wirtschaftsleistung zu rechnen. Wegen
der erhöhten Nachfrage nach Wohngelegenheiten steigt allerdings auch der Druck auf den Immobilienmärkten – besonders in und nahe den Zentren – wodurch Verdrängungseffekte entstehen können. Zudem ist die öffentliche Hand gefordert, die Infrastruktur entsprechend anzupassen.
Für die regionale Entwicklung ist neben der quantitativen Bevölkerungsdynamik auch die Veränderung der Bevölkerungsstruktur von Bedeutung. Die Altersstruktur zuziehender oder abwandernder Bevölkerungsgruppen beeinflusst die Entwicklung des Steuersubstrats und des Arbeitsmarktpotentials. Zudem beeinflussen Migrationsbewegungen die Nachfrage auf Immobilienmärkten sowie die Raum- und Infrastrukturplanung. Die Entwicklung des Einkommens ist
eng an die Bevölkerungsdynamik gekoppelt und zeigt das relative mittelfristige Wachstumspotential einer Region auf.
Bevölkerungsentwicklung
Die Bevölkerung der Schweiz ist in den vergangenen zehn Jahren um durchschnittlich 70'000
Personen oder 0.9% pro Jahr gewachsen. Man geht davon aus, dass die 8-Mio.-Marke im
Sommer 2012 überschritten wurde; eine Veränderung dieses Trends ist nicht absehbar. Insbesondere nach der Jahrtausendwende hat die demographische Entwicklung an Dynamik gewonnen. Das höchste Wachstum wurde 2008 mit 1.4% verzeichnet. Zwar hat sich das Wachstum
in den Jahren danach leicht abgeschwächt, blieb aber mit 1.0% bis 1.1% überdurchschnittlich
hoch. Einen entscheidenden Beitrag zum Bevölkerungswachstum lieferte die internationale Migration, getrieben durch den blühenden Schweizer Arbeitsmarkt und das Personenfreizügigkeitsabkommen mit der EU. In den letzten zehn Jahren betrug der durchschnittliche internationale Zuwanderungssaldo 64'000 Personen pro Jahr, womit das Bevölkerungswachstum zu
91% auf die Zuwanderung zurückzuführen ist.
Bevölkerungswachstum
getrieben durch
Zuwanderung
Abbildung 15
Abbildung 16
Bevölkerungsentwicklung 2001–2011
Bevölkerungsentwicklung 2001–2011
Kantone, Index 2001 = 100
St. Galler Wirtschaftsregionen, Index 2001 = 100
114
112
AR
AI
SG
ZH
TG
GR
CH
114
112
St.Gallen/Rorschach
St. Galler Rheintal
Werdenberg
Sarganserland
Toggenburg
110
110
Linthgebiet
108
108
Wil
106
106
104
104
102
102
100
100
98
98
96
96
2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011
Quelle: Bundesamt für Statistik, Credit Suisse Economic Research
2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011
Quelle: Bundesamt für Statistik, Credit Suisse Economic Research
Swiss Issues Regionen
20
Credit Suisse Economic Research
Arbeitsmärkte prägen die
Bevölkerungsentwicklung
Hinter dieser Dynamik verbergen sich allerdings erhebliche regionale Unterschiede. Es kann
beobachtet werden, dass das Wachstum meist von Zentren mit starken Arbeitsmärkten ausgeht. Mit abnehmendem Platzangebot in den Städten dringt das Bevölkerungswachstum in der
Folge in die Agglomerationen vor. Im Gegensatz dazu leiden ländliche Regionen oft unter einer
Abwanderung – meist jüngerer Bevölkerungsgruppen. Mit der zunehmenden Konzentration der
Arbeitsmärkte auf Zentrumsgebiete entstehen immer grössere Agglomerationsgürtel. Gebiete
ausserhalb dieser Einzugsgebiete werden zunehmend entvölkert, bieten sich dafür aber häufig
als natürlicher Erholungsraum an. Mit der zunehmenden Trennung von Arbeits-, Wohn- und Erholungsraum kann das zur Verfügung stehende Land effizienter genutzt werden; allerdings steigert sich dadurch auch die Mobilitätsnachfrage einer Gesellschaft.
Moderates Wachstum in
Innerrhoden und St. Gallen,
Stagnation in Ausserrhoden
Die Bevölkerungsentwicklung verlief in den betrachteten Kantonen sehr unterschiedlich
(Abbildung 15). Während die Bevölkerung im Kanton Zürich von 2001 bis 2011 durchschnittlich
um 1.3% pro Jahr gewachsen ist, wiesen die betrachteten Ostschweizer Kantone ein tieferes
oder kaum Wachstum auf. Einzig das Wachstum im Kanton Graubünden vermochte den
Schweizer Mittelwert von 0.9% leicht zu übertreffen. Der Bevölkerungsstand im Kanton Appenzell Ausserrhoden veränderte sich über den gesamten Zeitraum kaum; er verzeichnete die
schweizweit tiefste Wachstumsrate. Die Kantone Appenzell Innerrhoden und St. Gallen zeigten
einen ähnlichen Bevölkerungsverlauf und wiesen moderate jährliche Wachstumsraten von
durchschnittlich 0.5% und 0.7% auf. Obwohl das Bevölkerungswachstum per se keinen Qualitätsindikator einer Region darstellt, zeigt es aber die relative Attraktivität derselben gegenüber
den Nachbargebieten auf.
Abbildung 17
Bevölkerungsdynamik auf Gemeindeebene 2001–2011
Jährliches Bevölkerungswachstum in Prozent
Lindau
Fr aue n fel d
Bregenz
Zuzwil (SG)
Wil (SG)
Uzwil
Öste rrei ch
Wittenbach
Lustenau
Andwil (SG)
Flawil Gossau (SG)
Kirchberg
(SG)
Widnau
St.Ga llen
-2.0% - -1.5%
Her is a u
Ap penz ell
Schwellbrunn
Krinau
-1.4% - -0.8%
Eichberg
-0.7% - -0.6%
-0.5% - -0.3%
Rüthi (SG)
-0.2% - 0.0%
Schwende
Goldingen
Rapperswil-Jona
Dornbirn
0.1% - 0.3%
Sennwald
EbnatKappel
Feldkirch
0.4% - 0.6%
0.7% - 1.0%
1.1% - 1.5%
1.6% - 2.0%
Benken
(SG)
Buchs (SG)
Amden
Vaduz
Kantone
Bludenz
Hauptverkehrsstrassen
Walenstadt
Li echtenste in
Sargans
Gla ru s
Mels
Schw yz
Pfäfers
Altd o rf
Quelle: Bundesamt für Statistik, Geostat, DDS, Credit Suisse Economic Research
C
Swiss Issues Regionen
21
Credit Suisse Economic Research
Bevölkerungsrückgang im
Toggenburg
In der Einzelbetrachtung der St. Galler Wirtschaftsregionen (Abbildung 16) zeigen sechs der
sieben Regionen ein ähnliches Verlaufsmuster auf, mit durchschnittlichen Wachstumsraten zwischen 0.6% und 0.9%. Einzig die Region Toggenburg fällt im Vergleich deutlich ab und weist
einen Bevölkerungsrückgang von über 1'000 Personen aus. Mit durchschnittlich -0.3% Rückgang pro Jahr lag das Toggenburg auf der schweizweit vierthintersten Position. Nur die Regionen Schanfigg, Goms und das Glarner Hinterland hatten einen noch höheren relativen Bevölkerungsrückgang. Die beschriebene Entwicklung bestätigt damit die These, dass sich das Wachstum der Bevölkerung hauptsächlich auf Agglomerationen und Zentren konzentriert. Periphere
Bergregionen können sich nicht als attraktive Wohnregionen behaupten und leiden unter Abwanderung.
St. Galler Rheintal und
Werdenberg als Einzugsgebiete von Liechtenstein
Abbildung 17 veranschaulicht die Unterschiede in der durchschnittlichen Bevölkerungsentwicklung der letzten zehn Jahre auf Ebene der Gemeinden. Eine Mehrheit der Gemeinden verzeichnete zwischen 2001 und 2011 einen Bevölkerungszuwachs. Diese Betrachtung verdeutlicht die
zweigeteilte Entwicklung in der Region: Gut erreichbare Orte an den Hauptverkehrsachsen nach
St. Gallen, Zürich und Winterthur konnten, teils markant, an Bevölkerung zulegen, während Orte im alpinen Raum teilweise stark an Bevölkerung verloren. Die Interpretation der Karte lässt
vermuten, dass die verkehrstechnische Erreichbarkeit einer Gemeinde einen direkten Zusammenhang mit dem Wachstum hat. Eine weitere auffällige Wachstumszone ist das St. Galler
Rheintal von St. Margrethen bis nach Sargans, entlang der Landesgrenze. Die Region hat einen
regen Zuwachs an in Liechtenstein arbeitenden Personen schweizerischer und ausländischer
Herkunft. Das liechtensteinische Gesetz erlaubt es nur einer geringen Anzahl von Ausländern, in
das Fürstentum einzuwandern. Mehr als die Hälfte der Beschäftigten des Fürstentums – rund
18'000 Personen – pendeln daher täglich nach Liechtenstein, über 9'000 davon sind in der
Schweiz wohnhaft. Die Anzahl der Grenzgänger aus der Schweiz hat sich dabei in den letzten
zehn Jahren in etwa verdoppelt.
Altersstruktur und Kohortenwachstum
Die Altersstruktur der Bevölkerung und ihre Entwicklung widerspiegeln die Attraktivität einer
Region für bestimmte Bevölkerungsgruppen je nach Lebenszyklus. Von besonderem Interesse
sind dabei Abweichungen einzelner Altersklassen vom Schweizer Mittel. Die Betrachtung der Altersstruktur und des Wachstums erlaubt Rückschlüsse auf Beschäftigungsmöglichkeiten in der
Region sowie die Erreichbarkeit von Arbeitsmärkten in Pendeldistanz. Als spezifisches Mass beschreibt der Alterslastquotient das Verhältnis der Bevölkerung im Rentenalter zu derjenigen im
Erwerbstätigenalter. Er ist damit sowohl ein Mass für den Grad der demographischen Alterung
als auch für das regionale Arbeitskräftepotential. In der Schweiz beträgt der Alterslastquotient
27.6% bezogen auf die erwerbstätige Bevölkerung von 20 bis 64 Jahren, Tendenz zunehmend.
Die Schweiz steht deshalb vor der grossen Herausforderung, die Altersvorsorge nachhaltig garantieren zu können. In den Kantonen Appenzell Ausserrhoden und Innerrhoden liegt dieser
Wert mit 29.5% und 28.8% deutlich höher. Die Leistungsempfänger summieren sich somit fast
auf einen Drittel der potentiellen Beitragszahler im erwerbsfähigen Alter. Im Gegensatz zu den
beiden Appenzell liegt der Alterslastquotient im Kanton St. Gallen mit 26.5% mehr als 1 Prozentpunkt unter dem Schweizer Mittel.
Hohe Bevölkerungsanteile
von Jung und Alt
Anhand von Abbildung 18 bis Abbildung 21 lässt sich die Altersstruktur der beiden Appenzell
und St. Gallens im Vergleich zur Schweiz leichtverständlich darstellen. Die Anteile der einzelnen
Jahrgänge an der Schweizer Bevölkerung sind für die Altersklasse zwischen 42 und 48 Jahren
– mit Quoten von bis zu 1.8% pro Jahrgang – am höchsten. Alle drei Kantone haben gemeinsam, dass die Altersklasse zwischen dem 30. und 40. Lebensjahr unterdurchschnittlich vertreten ist. Besonders in Ausserrhoden sind die Anteile dieser Altersklasse tief, dafür sind die Anteile der Jahrgänge im Vorpensionierungsalter entsprechend überdurchschnittlich hoch. Beim Jugendquotient, dem Verhältnis der 0–19-Jährigen zu den 20–64-Jährigen, sind alle drei Kantone
überdurchschnittlich. Mit knapp 2 Prozentpunkten über dem schweizerischen Wert von 33.2%
ist die Jugend in Ausserrhoden und St. Gallen stark vertreten. Hervorsticht bei dieser Kennzahl
Appenzell Innerrhoden mit einem Jugendquotient von sehr hohen 40.3%. Zudem war Innerrhoden 2011 der Kanton mit dem höchsten Neuzugang an Neugeborenen. Der momentan überdurchschnittliche Alterslastquotient dürfte sich deshalb in der Zukunft relativieren.
Swiss Issues Regionen
22
Credit Suisse Economic Research
Abbildung 18
Abbildung 19
Altersstruktur 2011 Appenzell Ausserrhoden
Altersstruktur 2011 Appenzell Innerrhoden
Bevölkerungsanteil nach Alter, in Prozent
Bevölkerungsanteil nach Alter, in Prozent
100
90
Männer
Frauen
100
90
80
80
70
70
60
60
50
50
40
40
30
30
20
20
10
10
0
2.0%
1.0%
AR
0.0%
AR
CH
1.0%
2.0%
Männer
0
2.0%
Frauen
1.0%
0.0%
AI
AI
1.0%
2.0%
CH
Quelle: Bundesamt für Statistik
Quelle: Bundesamt für Statistik
Abbildung 20
Abbildung 21
Altersstruktur 2011 St. Gallen
Anteile der ausländischen Bevölkerung 2011
Bevölkerungsanteil nach Alter, in Prozent
Bevölkerungsanteil nach Alter, in Prozent
100
90
Männer
Frauen
40%
AR
AI
SG
CH
35%
80
30%
70
60
25%
50
20%
40
15%
30
20
10%
10
0
2.0%
5%
1.0%
SG
Quelle: Bundesamt für Statistik
Wenig ausländische Bevölkerung in den beiden
Appenzell
0.0%
SG
CH
1.0%
2.0%
0%
0
10
20
30
40
50
60
70
80
90
Quelle: Bundesamt für Statistik
Abbildung 21 zeigt die Anteile der ausländischen Bevölkerung im Jahr 2011 an der Gesamtbevölkerung der Kantone Appenzell und St. Gallen wie auch der Gesamtschweiz nach Alter. In der
Schweiz beträgt der durchschnittliche Anteil der ausländischen Bevölkerung 22.8%. Besonders
die Jahrgänge mit einem Alter im 2011 von 30 bis 40 Jahren weisen sehr hohe Anteile von bis
zu 38% pro Jahrgang auf. Arbeitnehmer in dieser Altersklasse befinden sich oft in einer aktiven
Lebensphase, bei der bereits von einer längeren Berufserfahrung profitiert werden kann. Deshalb ist diese Altersklasse für eine Region aus wirtschaftlicher Sicht äusserst wichtig. Eine fast
identische Struktur wie die Schweiz weist der Kanton St. Gallen auf. Erst ab dem 75. Lebensjahr nimmt der Anteil der ausländischen Bevölkerung im Vergleich zur Schweiz ab. In den beiden
Appenzeller Kantonen liegen die Anteile der ausländischen Bevölkerung mit durchschnittlich
14.5% in Ausserrhoden und 10.1% in Innerrhoden auf einem sehr tiefen Niveau.
Die Betrachtung einzelner Alterskohorten und deren Entwicklung über die Zeit erlaubt ein noch
detaillierteres Verständnis der Bevölkerungsdynamik. Eine Kohorte umfasst dabei alle Einwohner gleichen Jahrgangs. In Abbildung 22 wird das Wachstum der Appenzeller und St. Galler
Kohorten der Jahre 2001 und 2006 mit demjenigen der Schweiz über einen 5-Jahres-Zeitraum
verglichen. Dadurch lassen sich nicht nur Schwankungen erkennen, die sich je nach Wanderungsbewegungen und Sterblichkeitsraten ergeben, sondern auch bei welchen Altersklassen
sich die Zu- oder Abnahmen verstärkt oder abgeschwächt haben.
Swiss Issues Regionen
23
Credit Suisse Economic Research
Abbildung 22
Abbildung 23
Kohortenwachstum 2001–2006
Kohortenwachstum 2006–2011
Wachstum der 5-Jahres-Kohorten von 2001 in Prozent
Wachstum der 5-Jahres-Kohorten von 2006 in Prozent
Quelle: Bundesamt für Statistik, Credit Suisse Economic Research
Junge Arbeitstätige haben
zugelegt
60-64
55-59
50-54
00-04
60-64
55-59
50-54
45-49
40-44
35-39
30-34
-20%
25-29
-20%
20-24
-15%
15-19
-10%
-15%
10-14
-10%
05-09
0%
-5%
00-04
0%
-5%
CH
45-49
5%
SG
40-44
10%
5%
AI
35-39
10%
AR
30-34
15%
25-29
20%
CH
20-24
SG
15-19
AI
10-14
AR
15%
05-09
20%
Quelle: Bundesamt für Statistik, Credit Suisse Economic Research
Die beiden Kohortenbetrachtungen liefern ein unterschiedliches Bild, was auf einschneidende
Veränderungen in der Anziehungskraft auf bestimmte Zielgruppen hindeuten kann. Das Wachstum der St. Galler Alterskohorten zwischen 15 und 29 Jahren fiel zwischen 2006 und 2011
deutlich höher aus als noch fünf Jahre zuvor (Abbildung 23). Ähnlich im Kanton Appenzell Ausserrhoden: Das negative Wachstum der Alterskohorten zwischen 15 und 19 Jahren fiel zwischen 2005 und 2010 deutlich tiefer aus. Bei den Kohorten zwischen 20 bis 34 konnte Ausserrhoden ebenfalls deutlich zulegen. Dies kann als Indiz dafür gesehen werden, dass der Kanton für junge Erwerbstätige attraktiver geworden ist. Trotzdem ist das Wachstum dieser Kohorten im Vergleich zur Schweiz unterdurchschnittlich.
Migrationsbewegungen
In Zeiten rückläufiger Geburtenraten gewinnt die Migration für die Bevölkerungsentwicklung zunehmend an Bedeutung. Regionen erzielen Migrationsgewinne, wenn sie als Arbeits- oder
Wohnort attraktiv erscheinen. Ein Arbeitsplatzangebot bzw. die Erreichbarkeit von Wirtschaftszentren mit Arbeitsplätzen in Pendeldistanz sind hierfür Voraussetzung. Sind diese Bedingungen
erfüllt, wirken tiefe Steuern, niedrige Immobilienpreise sowie eine hohe Wohnattraktivität zusätzlich begünstigend. Die Motive hinter einer Migrationsentscheidung unterscheiden sich je nach
Herkunfts- und Zielregion. Bei der internationalen Migration hingegen steht meist der Arbeitsort
im Vordergrund. Wanderungen zwischen den Kantonen werden nebst individuellen Gründen
auch durch Wohnortoptimierung bezüglich Lebensqualität, Erreichbarkeit der Arbeitsstelle,
Steuerbelastung, Mietpreise oder Eigentumserwerb beeinflusst. Das föderalistische System der
Schweiz erlaubt es den Kantonen und Gemeinden bekanntlich, eigene Rahmenbedingungen
festzulegen. Im Zusammenspiel mit dem freien Recht auf Migration entsteht ein Standortwettbewerb bereits auf tiefster Verwaltungsstufe. Es ist demnach zu erwarten, dass Haushalte stets
an den für sie vorteilhaftesten Ort ziehen. Jeder Umzug hinterlässt dabei einen statistischen
Fussabdruck – auch «Foot Voting» genannt –, der die relative Attraktivität einer Region gegenüber einer anderen abbildet.
Swiss Issues Regionen
24
Credit Suisse Economic Research
Abbildung 24
Abbildung 25
Migrationsbilanz Appenzell Ausserrhoden 1991–
2011
Binnenmigration Appenzell Ausserrhoden 2006–
2011
Saldo in Personen
5-Jahres-Summe in Personen, Basis: letzter Umzug
1'000
Interkantonal
International
Saldo
800
5'000
Zuzüger
Wegzüger
Saldo
4'000
600
3'000
400
200
2'000
0
1'000
-200
0
-400
-600
1991 1993 1995 1997 1999 2001 2003 2005 2007 2009 2011
Quelle: Bundesamt für Statistik
Ausserrhoden: Es fehlt an
Zuwanderung aus anderen
Kantonen
-1'000
VD SZ UR VSNWGL FR JU AG NE GE TI SHSO BL GR ZGOWBE LU BS AI ZH TG SG
Quelle: Bundesamt für Statistik, Credit Suisse Economic Research
Der Migrationssaldo des Kantons Appenzell Ausserrhoden erlaubt es nicht, einen Trend zu identifizieren (Abbildung 24). Seit 1999 ist die internationale Migration stets im positiven Bereich;
die interkantonale Migration ist seit 1994 negativ. Je nachdem, welche Komponente dominierend ist, fällt auch der Saldo aus. Wie auch in der Gesamtschweiz war der internationale Zustrom nach Ausserrhoden zwischen 2007 und 2009 besonders hoch. Zwischen 2000 und
2010 bewegte sich die interkantonale Abwanderung stets bei etwa 200 Personen; im 2011 lag
dieser Wert nur noch knapp unter der Nullgrenze. Die beliebteste Zieldestination der Umziehenden ist mit Abstand der Kanton St. Gallen (Abbildung 25). Es gibt keinen Kanton, von dem Appenzell Ausserrhoden eine nennenswerte Nettozuwanderung aufweisen kann.
Abbildung 26
Abbildung 27
Migrationsbilanz Appenzell Innerrhoden 1991–2011
Binnenmigration Appenzell Innerrhoden 2006–2011
Saldo in Personen
5-Jahres-Summe in Personen, Basis: letzter Umzug
200
Interkantonal
International
Saldo
150
600
Zuzüger
Wegzüger
Saldo
500
100
400
50
300
0
200
-50
100
-100
0
-150
-200
1991 1993 1995 1997 1999 2001 2003 2005 2007 2009 2011
Quelle: Bundesamt für Statistik
Innerrhoden: Positive Zuwanderung gegenüber den
Nachbarn
-100
AR SG TG BS VD VS SH TI OW BL BE GL LU ZG AG NE GE UR SZ GR NW SO ZH
Quelle: Bundesamt für Statistik, Credit Suisse Economic Research
Bei einer Bevölkerungszahl von nur knapp 16'000 Einwohnern können schon wenige Migrationsbewegungen einen bedeutenden Einfluss auf die Statistik haben. Seit 2002 kann Appenzell Innerrhoden einen fast immer positiven Migrationssaldo aufweisen, hauptsächlich getragen
von der internationalen Zuwanderung (Abbildung 26). Nach einer längeren Durststrecke war die
interkantonale Zuwanderung zwischen 2003 und 2009 stets positiv. In den letzten zwei Jahren
lag dieser Wert jedoch wieder im negativen Bereich, mit rund 50 Personen pro Jahr. Gegenüber
den Nachbarkantonen Appenzell Ausserrhoden und St. Gallen kann der kleinste Kanton der
Schweiz einen positiven Wanderungssaldo aufweisen, was auf die relative Attraktivität von In-
Swiss Issues Regionen
25
Credit Suisse Economic Research
nerrhoden hinweist (Abbildung 27). Eine erwähnenswerte Abwanderung muss Innerrhoden nur
gegenüber dem Kanton Zürich eingestehen.
Abbildung 28
Abbildung 29
Migrationsbilanz St. Gallen 1991–2011
Binnenmigration St. Gallen 2006–2011
Saldo in Personen
5-Jahres Summe in Personen, Basis: letzter Umzug
7'000
6'000
Interkantonal
International
Saldo
12'000
Zuzüger
Wegzüger
Saldo
10'000
5'000
8'000
4'000
6'000
3'000
4'000
2'000
2'000
1'000
0
0
-1'000
-2'000
-2'000
1991 1993 1995 1997 1999 2001 2003 2005 2007 2009 2011
Quelle: Bundesamt für Statistik
-4'000
GR AR SZ GL AGSHUR GE VSNWNE JU FROWVD BL TI AI ZG SO BS LU BE TG ZH
Quelle: Bundesamt für Statistik, Credit Suisse Economic Research
St. Gallen: Hohe Zuwanderung aus dem Ausland
Wie für Kantone mit Zentren typisch, weist der Kanton St. Gallen seit 1998 einen hohen positiven internationalen Migrationssaldo auf (Abbildung 28). Zudem fördert die Grenzlage des Kantons, insbesondere zu Liechtenstein, den Zustrom. 2008 war das absolute Spitzenjahr mit einem Zuwanderungssaldo von über 5'500 Personen. Auf der anderen Seite weist der Kanton
St. Gallen seit 20 Jahren einen negativen interkantonalen Migrationssaldo auf. Nach Höchstwerten von über 1'000 Personen jährlich zwischen 2005 und 2008 hat sich die Abwanderung
in andere Kantone in den letzten Jahren etwas beruhigt. Zwischen 2006 und 2011 wanderten
netto am meisten St. Galler in den Kanton Zürich, gefolgt vom Thurgau (Abbildung 29). Zuwanderung erhielt St. Gallen aus Graubünden, Appenzell Ausserrhoden und Schwyz. Der gesamte
Migrationssaldo ist seit 1999 stets positiv, zuletzt 2011 mit 3'000 Personen.
Wanderungstrend in die
Stadt Zürich
Neben der internationalen und interkantonalen Migration kann, basierend auf dem letzten Umzug, auch die Migration zwischen den Regionen berechnet werden. Gerade bei grösseren, heterogenen Kantonen wie dem Kanton St. Gallen zeigen intrakantonale Wanderungsströme häufig
spannende Verhaltensmuster. Wie bereits bei der Analyse des Bevölkerungswachstums festgestellt, leidet die Region Toggenburg unter einer Abwanderung. Die Mehrheit der Wegzüger verlässt den Kanton jedoch nicht und zieht stattdessen in die urbaneren Regionen Wil und St. Gallen/Rorschach. Grundsätzlich kann ein Zustrom aus fast allen Appenzeller und St. Galler Regionen nach St. Gallen/Rorschach beobachtet werden. Trotz dem Zuwachs hat die Region St. Gallen/Rorschach den höchsten negativen Migrationssaldo von über 1'100 Personen. Knapp 800
Personen wanderten zwischen 2006 und 2011 netto in die Stadt Zürich, gefolgt von der Region
Oberthurgau mit 600 Personen. Die Stadt Zürich war in diesem Zeitraum das beliebteste Migrationsziel der St. Galler und Appenzeller mit netto 1'550 Zugewanderten. Abgekoppelt vom oben
beschriebenen Verhaltensmuster zeigt sich die Region Linthgebiet: Wanderungsbewegungen
der Bevölkerung finden hauptsächlich von und in die nach Zürich ausgerichteten Pendlerregionen statt. So verzeichnete das Linthgebiet einen signifikanten Zustrom aus den Regionen Zimmerberg, Pfannenstiel und March/Höfe – wohl auch aufgrund der in diesen Regionen stark
steigenden Immobilienpreise. Auf der anderen Seite wanderten fast 400 Personen aus dem
Linthgebiet in die Region Oberland-West.
Swiss Issues Regionen
26
Credit Suisse Economic Research
Einkommen
Die Einkommensentwicklung von Kantonen und Regionen hängt neben der konjunkturellen Lage und den Standortbedingungen auch von der Struktur und dem Wachstum der Bevölkerung
ab. Die demographische Struktur widerspiegelt sich in der Entwicklung der Haushaltseinkommen, da die Einkommensbildung massgeblich vom Lohnniveau und der Erwerbsquote der Einwohner bestimmt wird und diese wiederum altersabhängig sind. Die höchsten Einkommenszuwächse im Lebenszyklus werden in der Regel im Alter zwischen 25 und 44 Jahren realisiert.
Diese Altersklassen leisten damit einen hohen Beitrag zur regionalen Einkommensentwicklung.
Aufgrund des relativ hohen Einkommensniveaus spielt aber auch die Altersklasse der 45–65Jährigen eine wichtige Rolle für die regionale Einkommensentwicklung.
Abbildung 30
Prognose der kantonalen Haushaltseinkommen 2009–2013
Durchschnittliches jährliches Wachstum in Prozent, reale Werte
3.5%
3.0%
2.5%
2.0%
ZG
ZH
SZ
NW AG
OW TG LU
GE CH
VD
1.5%
1.0%
FR SG GR
BS SO AI SH VS
BL BE
TI UR GL
AR
NE
JU
0.5%
0.0%
Quelle: Credit Suisse Economic Research
Unterdurchschnittliche
Wachstumsprognose des
Haushaltseinkommens
Die aktuelle Prognose der kantonalen Haushaltseinkommen reicht bis 2013 (Abbildung 30). Im
Schweizer Durchschnitt rechnen wir – ausgehend von einem Pro-Kopf-Wert von 47’921 CHF
im Jahr 2009 – mit einem jährlichen realen Wachstum von 2.1%. Die Entwicklung in den einzelnen Wirtschaftsregionen ist aber weiterhin von einer erheblichen Heterogenität geprägt. Die
Kantone Appenzell Innerrhoden und St. Gallen weisen mit 1.7% und 1.9% eine leicht unterdurchschnittliche Wachstumsprognose aus. Für Ausserrhoden ist die Prognose mit einem Wert
von 1.4% tiefer. Für die Kantone Schwyz (2.6%), Zürich (2.8%) und allen voran Zug (3.0%)
werden die höchsten Wachstumsquoten prognostiziert.
Tieferes Wachstumspotential im Toggenburg und in
Ausserrhoden
Abbildung 31 vergleicht das Niveau der Haushaltseinkommen sowie deren Wachstumsperspektiven in den Wirtschaftsregionen der beiden Appenzell und St. Gallen. Das höchste Niveau unter
den betrachteten Regionen hat das Linthgebiet, gefolgt von Appenzell Ausserrhoden, beide mit
nominal über 50'000 CHF pro Kopf. Am tiefsten ist das Einkommensniveau im Toggenburg
und im Sarganserland. Für die meisten Regionen wird bis 2013 ein Wachstum des Haushaltseinkommens zwischen 1.7% und 2.0% prognostiziert. Die Ausnahme bilden die Wirtschaftsregionen Toggenburg und Appenzell Ausserrhoden, die mit einer prognostizierten Wachstumsrate
von 1.3% bzw. 1.4% deutlich unter den Durchschnitt liegen. Appenzell Ausserrhoden wird es
demnach schwer haben, das im regionalen Vergleich hohe Niveau zu verteidigen.
Swiss Issues Regionen
27
Credit Suisse Economic Research
Abbildung 31
Regionales Haushaltseinkommen 2009–2013
Nominales Haushaltseinkommen pro Kopf 2009, in CHF; reales Haushaltseinkommen als durchschnittliche jährliche Wachstumsrate
Fr auen fel d
Wil
Öster rei ch
St.Ga lle n/
Ror sch ach
St.Ga llen
St. Ga ll er
Rhe i ntal
Her is a u
1.3% - 1.5%
1.6% - 1.7%
Ap penz ell
Togg enbu rg
Reales Wachstum
Ap penzell
A.R h.
1.8% - 1.9%
Ap penz ell
I.R h.
2.0% - 2.1%
Li nthgeb iet
Nominal pro Kopf
35'000
35'001 - 40'500
40'501 - 44'300
44'301 - 45'800
Wer d enberg
45'801 - 48'700
Li echtenstein
Kantonsgrenze
Gla ru s
Sc hw yz
Sar ga nser la nd
Alt d o rf
Quelle: Credit Suisse Economic Research, Geostat, DDS
C
Swiss Issues Regionen
28
Credit Suisse Economic Research
Gesundheitswesen und Heime: Wachstumsbranche im Wandel
Wachstumsbranche mit starker lokaler Verankerung
Wichtigste Treiber der Nachfrage nach Gesundheits-, Pflege- oder Betreuungsleistungen
sind die Bevölkerungsgrösse und ihre demographische Struktur. Die Inanspruchnahme von
Gesundheits- und Pflegeleistungen nimmt im Alter überproportional zu. Veränderte Familienstrukturen und steigende Frauenerwerbsquoten erhöhen die Nachfrage nach externer
Pflege und Betreuung zusätzlich. Das Gesundheits- und Sozialwesen ist somit eine
Wachstumsbranche. Die relevanten Märkte sind häufig regional, teilweise sogar lokal.
Auch in den drei Ostschweizer Kantonen orientiert sich die Verteilung der Gesundheitsversorger primär an der lokalen Bevölkerungszahl. In Relation zur Wohnbevölkerung zeigt sich
jedoch, dass vor allem in Appenzell Ausserrhoden Gesundheitswesen und Heime (gemessen an der Beschäftigung) im Landesvergleich überproportional stark vertreten sind.
Appenzell Ausserrhoden: Traditioneller Standort für Heime und Spezialkliniken
Appenzell Ausserrhoden ist traditionell als Standortkanton für Waisenhäuser und Heime
bekannt. Viele wurden zwar inzwischen geschlossen und anderen Nutzungen zugeführt.
Einzelne Institutionen sind hingegen bis heute erfolgreich. Die Waldheim-Stiftung etwa
betreut heute in sechs Wohnheimen Menschen mit schwerer geistiger, körperlicher und
psychischer Behinderung. Das Pestalozzi-Kinderdorf in Trogen, 1945 gegründet mit der
Vision, Waisenkinder aus vom Krieg betroffenen Ländern ein Zuhause und eine Ausbildungsstätte zu geben, hat Ausstrahlung bis weit über die Landesgrenzen hinweg. Im Gesundheitswesen ist Appenzell-Ausserrhoden vor allem für seine Privatkliniken im Reha- und
Chirurgiebereich sowie sein vielfältiges Angebot in der Komplementärmedizin bekannt.
St. Gallen: Zentrum der Gesundheitsversorgung mit lokalen Satelliten
Der Kanton St. Gallen ist vor allem Grundversorgungsbereich stark. Das St. Galler Kantonsspital (KSSG) ist Zentrum der Ostschweizer Gesundheitsversorgung, gleichzeitig aber
auch auf nationaler Ebene ein wichtiger Leistungserbringer. Es gehört zu den grössten
nichtuniversitären Zentrumsspitälern und ist gemessen an der Anzahl Fälle gar das viertgrösste Spital der Schweiz. Daneben existiert eine Vielzahl kleinerer öffentlicher Spitäler.
Allein im Kanton St. Gallen finden sich zusätzlich zum KSSG deren acht, zu vier Versorgungsregionen zusammengefasst, in Appenzell Innerrhoden das Kantonsspital Appenzell
sowie in Appenzell Ausserrhoden der Spitalverbund mit den Standorten Herisau und Heiden. Die Privatspitäler Stephanshorn (St. Gallen), Am Rosenberg (Heiden) – beide Teil der
Hirslanden-Gruppe – und Seeschau (Kreuzlingen) ergänzen die Versorgung im Akutbereich. Die Ostschweiz ist damit sehr dicht mit Spitälern bestückt. Dies hat mit Blick auf die
Erreichbarkeit zahlreiche Vorteile, bringt in Sachen Fallzahlen und Breite des Leistungsangebots – und somit indirekt auch für Qualität und Kosten (Infrastruktur und Betrieb) – gewisse Nachteile mit sich.
Anhaltender Strukturwandel
Schweizweit ist im Spital- aber auch im Gesundheitswesen insgesamt seit längerem eine
Tendenz zu grösseren Einheiten und in Richtung ambulante Versorgung feststellbar. Die
Zahl der Spitäler ist rückläufig, die Bettenzahl ebenso. Viele Behandlungen können heute
ambulant oder mit wesentlich kürzerem Aufenthalt durchgeführt werden. Verschiedentlich
sind kleine Spitäler zu ambulanten Aussenstationen oder medizinischen Zentren ambulanter Leistungserbringer (z.B. Ärzte, Physiotherapeuten, Spitex usw.) umgewandelt worden.
Mit der neuen Spitalfinanzierung und dem steigenden Spardruck im Gesundheitswesen
dürften sich die Verlagerungen in den ambulanten Bereich sowie die Tendenz zu grösseren
und spezialisierteren Einheiten künftig noch verstärken. Bereits haben die beiden Appenzell
ein Zusammengehen der drei Spitäler Appenzell, Heiden und Herisau angekündigt. Alle
drei Standorte sollen mit unterschiedlichem medizinischem Angebot aber weiter betrieben
werden. Moderne Kommunikationstechnologien ermöglichen eine koordinierte, teilweise
auch dezentrale Leistungserbringung und erhöhen zudem die Qualität der erbrachten Leistungen. Sie finden daher auch im Gesundheitsbereich immer stärkere Verbreitung. Die
Zukunft liegt eindeutig in der integrierten Versorgung zwischen den verschiedenen Leistungserbringern und in der überregionalen Zusammenarbeit über Kantons- und möglicherweise gar Landesgrenzen hinweg.
Swiss Issues Regionen
29
Credit Suisse Economic Research
Branchenstruktur und Wertschöpfung
Die Branchenstruktur ist von zentraler Bedeutung für das Leistungspotential einer Region. Die
branchenmässige Zusammensetzung der Wirtschaft, ihre Wettbewerbsfähigkeit und Wachstumsstärke liefern nicht nur Hinweise zur heutigen Wirtschaftskraft einer Region, sie ermöglichen auch Rückschlüsse auf das zukünftige Wachstumspotential der Wertschöpfung. Die Entwicklung der Beschäftigung zeigt zudem gesamtwirtschaftliche Veränderungen, aber auch solche, welche für die Region mit ihrer spezifischen Branchenstruktur kennzeichnend sind.
Branchenstruktur und -spezialisierung
Weitgehend traditionelle
Wirtschaftsstruktur
Die Kantone Appenzell Ausserrhoden und Innerrhoden wie auch weite Teile des Kantons St.
Gallen weisen eine traditionelle Wirtschaftsstruktur auf (Abbildung 32). Dies macht sich in hohen Beschäftigungsanteilen in Bau und Industrie – und in Innerrhoden auch in der Landwirtschaft – bemerkbar. Rund 13% der 6'000 Innerrhoder Beschäftigten sind im Primärsektor tätig,
womit der Kanton der am stärksten landwirtschaftlich geprägte der Schweiz ist. Eine ähnlich hohe Bedeutung hat die Landwirtschaft auch im Toggenburg. Aufgrund der grossen Bedeutung
von Landwirtschaft und Industrie ist die Zahl der Beschäftigten im Dienstleistungssektor mit
rund 50% in beiden Appenzell unterdurchschnittlich. Eine ähnliche Wirtschaftsstruktur wie die
beiden Appenzeller Kantone weist das Linthgebiet auf. Rund 40% der Beschäftigten sind im Industriesektor tätig, der Dienstleistungssektor ist im Schweizer Vergleich unterdurchschnittlich
vertreten. Die klar am stärksten industrialisierte Region des Untersuchungsraums ist das St.
Galler Rheintal, mit über 50% Beschäftigtenanteil in Bau und Industrie. Die gemessen an der
Beschäftigung grösste Region ist St. Gallen/Rorschach mit rund 90'000 Beschäftigten. In der
Hauptortregion des Kantons St. Gallen konzentrieren sich Zentrumsaufgaben des Kantons.
Entsprechend sind hier zahlreiche Dienstleister und insbesondere der öffentliche Sektor angesiedelt. Die Wirtschaftsstruktur von St. Gallen/Rorschach ähnelt denn auch am stärksten der
gesamtschweizerischen Branchenlandschaft, mit dem Dienstleistungssektor als beschäftigungsintensivstem Bereich von beinahe 70%. Die Wirtschaftsstruktur des Kantons St. Gallen ist stark
von dieser Region geprägt, sind doch mehr als 40% der Beschäftigten des Kantons in dieser
Region tätig.
Abbildung 32
Wirtschaftsstruktur nach Sektoren
Anteile in Prozent, 2008
AI
Toggenburg
Sarganserland
Werdenberg
AR
Linthgebiet
St. Galler Rheintal
Wil
St.Gallen/Rorschach
SG
CH
0%
10%
20%
30%
Land- und Forstwirtschaft
40%
50%
60%
Bau und Industrie
70%
80%
90%
100%
Dienstleistungen
Quelle: Bundesamt für Statistik
Swiss Issues Regionen
30
Credit Suisse Economic Research
Eine detaillierte Betrachtung auf Branchenebene erlaubt es, die Besonderheiten der regionalen
Wirtschaftsstruktur exakter darzustellen. Wie auf Ebene der Wirtschaftssektoren erkennbar ist,
unterscheiden sich die betrachteten Regionen branchenseitig deutlich und weisen auch im Vergleich zur gesamtschweizerischen Branchenstruktur interessante Schwerpunkte auf.
Appenzell Ausserrhoden:
Gesundheitswesen und
Heime
Die Branchenstruktur in Appenzell Ausserrhoden unterscheidet sich deutlich vom Schweizer
Mittel (Abbildung 33). Sie ist jedoch relativ breit abgestützt; so erreicht keine der Branchen einen Beschäftigungsanteil von über 10%. Mit gut 9% der Beschäftigten ist das Gesundheitswesen die bedeutendste Branche im Kanton, gefolgt von den Heimen mit knapp 7%. Ausserrhoden ist traditionell für seine Waisenhäuser und Heime bekannt. Im Gesundheitswesen sind es
insbesondere die Rehakliniken sowie die Komplementärmedizin, welche das Angebot prägen.
Bereits an dritter Stelle steht die Landwirtschaft. Der üblicherweise in den vorderen Rängen
rangierende Detailhandel folgt in Ausserrhoden erst an siebter Stelle in der Rangliste der bedeutendsten Branchen. Dies ist hauptsächlich auf die nahegelegene Stadt St. Gallen mit ihrem vielfältigen Einkaufsangebot zurückzuführen. Noch vor dem Detailhandel liegen einige Industriebranchen wie Elektrotechnik, Textil und das Ausbaugewerbe. Im Vergleich zum Schweizer Mittel
unterdurchschnittlich gross ist die öffentliche Verwaltung, was auf einen schlanken Verwaltungsapparat hinweist.
Grosser Landwirtschaftssektor in Innerrhoden
Die beschäftigungsstärkste Branche Innerrhodens ist die Landwirtschaft mit über 13% Beschäftigungsanteil (Abbildung 34). Gemeinsam mit dem Detailhandel absorbieren diese beiden
Branchen mehr als 20% der Innerrhoder Beschäftigen. Die Branchenkonzentration der Beschäftigung ist in Innerrhoden damit deutlich höher als im benachbarten Ausserrhoden. Im Vergleich zum Schweizer Mittel überdurchschnittlich hohe Beschäftigungsanteile weisen auch das
Ausbaugewerbe und die Herstellung von Metallerzeugnissen auf. Die Bedeutung des Tourismus
im am Fusse des Alpsteins gelegenen Kanton kommt in den überdurchschnittlich hohen Beschäftigungsanteilen in Hotellerie und Gastronomie zum Ausdruck. Im Gegensatz zum Nachbarkanton Ausserrhoden hat das Gesundheitswesen in Innerrhoden eine unterdurchschnittliche
Bedeutung.
Abbildung 33
Abbildung 34
Branchenstruktur Appenzell Ausserrhoden
Branchenstruktur Appenzell Innerrhoden
Beschäftigungsanteile der 12 grössten Branchen in Prozent, 2008
Beschäftigungsanteile der 12 grössten Branchen in Prozent, 2008
Gesundheitswesen
Landwirtschaft
Heime
Detailhandel
Landwirtschaft
Ausbaugewerbe
Elektrotechnik
Hotellerie
Textil
Metallerzeugnisse
Ausbaugewerbe
Gastronomie
Detailhandel
Gesundheitswesen
Unterrichtswesen
AR
AI
SG
CH
Grosshandel
Öffentliche Verwaltung
Elektronik und Uhren
Gastronomie
Unterrichtswesen
AI
AR
SG
CH
Grosshandel
Hochbau
Autogewerbe
Elektronik und Uhren
0%
2%
4%
Quelle: Bundesamt für Statistik
Vielfältige Branchenstruktur
in St. Gallen
6%
8%
10%
12%
14%
0%
2%
4%
6%
8%
10%
12%
14%
Quelle: Bundesamt für Statistik
Die Branchenstruktur des Kantons St. Gallen unterscheidet sich nicht bedeutend vom landesweiten Durchschnitt. Der Detailhandel ist die beschäftigungsstärkste Branche, gefolgt vom
Ausbaugewerbe. Die Beschäftigungsanteile dieser beiden Branchen decken sich mit dem Landesmittel. Überdurchschnittlich stark ist im Kanton St. Gallen der Maschinenbau, was sich auf
die starke Positionierung der Regionen Wil und St. Galler Rheintal in dieser Branche zurückführen lässt. St. Galler Unternehmen wie der Textilmaschinenkonzern Bühler oder der Werkzeugmaschinenhersteller Starrag gehören zu den bedeutendsten Betrieben ihres Fachs. Im St. Galler
Rheintal finden sich des Weiteren zahlreiche Firmen, die in der Herstellung von Metallerzeugnissen und Präzisionsinstrumenten oder im Grosshandel tätig sind. Diese Branchen weisen entsprechend hohe Beschäftigungsanteile im stark industrialisierten und für den Export produzie-
Swiss Issues Regionen
31
Credit Suisse Economic Research
renden St. Galler Rheintal auf. Eine im schweizweiten Vergleich durchschnittliche Stellung nehmen das Gesundheits- und das Unterrichtswesen sowie Heime ein. Der Beschäftigungsanteil
der öffentlichen Verwaltung liegt unterhalb des Schweizer Mittels und konzentriert sich naturgemäss in der Hauportregion St. Gallen/Rorschach.
Abbildung 35
Branchenstruktur St. Gallen
Beschäftigungsanteile der 12 grössten Branchen in Prozent, 2008
Detailhandel
Ausbaugewerbe
Maschinenbau
Gesundheitswesen
Metallerzeugnisse
Unterrichtswesen
SG
Grosshandel
St.Gallen/Rorschach
Landwirtschaft
St. Galler Rheintal
Heime
Linthgebiet
Wil
Gastronomie
CH
Öffentliche Verwaltung
Elektronik und Uhren
0%
2%
4%
6%
8%
10%
12%
Quelle: Bundesamt für Statistik
Wandel der Wirtschaftsstruktur
Die Branchenlandschaft der Schweizer Regionen ist einem stetigen Wandel unterworfen. Während die Schweiz im 19. Jahrhundert weitgehend agrarisch geprägt war, hat sie sich im Laufe
der Zeit zu einer modernen Industrie- und Dienstleistungsgesellschaft entwickelt. In einem Prozess schöpferischer Zerstörung bewirken die Märkte das Abwandern oder den Untergang unproduktiver Wirtschaftsbereiche. Dadurch wird Raum und Kapazität für die Produktion neuer,
höherwertiger Güter und Dienstleistungen geschaffen. Eine nicht unwesentliche Rolle spielt dabei die Entwicklung neuer Technologien, welche einerseits eine verdrängende Funktion gegenüber den älteren Methoden und Prozessen ausüben, dadurch aber andererseits Effizienzsteigerungen sowie Innovation ermöglichen und das Wertschöpfungspotential einer Region steigern.
Die weitgreifenden Veränderungsprozesse, welche im Umfeld des wirtschaftlichen Strukturwandels in einer Region stattfinden, umfassen meist aber auch unerwünschte Entwicklungen. So
kann die geographische Verlagerung grösserer Produktionsbetriebe für den bisherigen Standort
in einer temporär höheren Arbeitslosigkeit resultieren. Die Erfahrung zeigt jedoch, dass sich
nachhaltiges Wirtschaftswachstum nur mit einer Bewegung weg von wertschöpfungsschwächeren Tätigkeiten hin zu wertschöpfungsintensiveren Produkten erreichen lässt.
Die sich stetig wandelnde Wirtschaftsstruktur trifft nicht alle Regionen der Schweiz gleichermassen. Während einige Regionen von der Tertiarisierung, also der zunehmenden Bedeutung des
Dienstleistungssektors, profitieren, bedeutet diese Entwicklung für andere Wirtschaftsräume eine grosse Herausforderung. Wie sich dieser wirtschaftliche Wandel der letzten Jahre auf die
Regionen ausgewirkt hat, lässt sich am besten anhand ihrer Beschäftigungsentwicklung erkennen (Abbildung 36). In der Schweiz ist die Beschäftigung zwischen 1995 und 2008 um mehr
als 10% gewachsen. Da die Beschäftigungsentwicklung stark konjunkturabhängig ist, war dieses Wachstum ebenfalls von Auf- und Abschwüngen gekennzeichnet. Die einzelnen Kantone
und Regionen konnten je nach Branchenmix unterschiedlich von diesem Beschäftigungswachstum profitieren.
Swiss Issues Regionen
32
Credit Suisse Economic Research
Beschäftigungswachstum
in St. Gallen und Appenzell
Innerrhoden
Die Beschäftigungsentwicklung zeigt sich in der Untersuchungsregion denn auch sehr unterschiedlich. In Appenzell Innerrhoden ist die Beschäftigung um über 20% angestiegen, was angesichts der geringen Beschäftigungszahl im Kanton einem Zuwachs von rund 900 Stellen entspricht. Ebenfalls deutlich über dem Schweizer Durchschnitt gewachsen ist die im Südosten des
Kantons St. Gallen gelegene Region Werdenberg. Der Kanton St. Gallen sowie seine Regionen
Wil und St. Gallen/Rorschach verzeichneten ein Beschäftigungswachstum im Bereich des
Schweizer Mittels. Einen deutlichen Beschäftigungsrückgang mussten hingegen die Region Toggenburg sowie der Kanton Appenzell Ausserrhoden verkraften. Die beiden Regionen verloren
zwischen 1995 und 2008 6% bzw. 3% ihrer Beschäftigten.
Abbildung 36
Beschäftigungsentwicklung ausgewählter Regionen 1995−2008
2. und 3. Sektor, in Prozent
AI
Werdenberg
Wil
St.Gallen/Rorschach
CH
SG
St. Galler Rheintal
Linthgebiet
Sarganserland
AR
Toggenburg
-10%
-5%
0%
5%
10%
15%
20%
25%
Quelle: Bundesamt für Statistik, Credit Suisse Economic Research
Veränderungen im Beschäftigungsniveau verlaufen nicht linear über die gesamte Branchenlandschaft. Sie gehen einher mit einem Strukturwandel, der sich an den Wachstumsbeiträgen der
einzelnen Branchen ablesen lässt. Zu diesem Zweck verwenden wir elf Spezialisierungskategorien, welche in der untenstehenden Übersicht zusammengefasst sind.
Spezialisierungskategorien
Traditionelle Industrie
Nahrungsmittel, Getränke und Tabak, Textilien und Bekleidung, Lederwaren und
Schuhe, Holzindustrie, Papier- und Kartonindustrie, Druckgewerbe, Kokerei, Raffinerie, Herstellung von sonstigen Produkten aus nichtmetallischen Mineralien, Metallerzeugnisse, sonstiges verarbeitendes Gewerbe
Spitzenindustrie
Chemische und pharmazeutische Industrie, Gummi- und Kunststoffwaren, Maschinenbau, Herstellung elektrischer und elektronischer Geräte, Feinmechanik, Optik,
Fahrzeugbau
Baugewerbe
Baugewerbe
Energieversorgung
Energie- und Wasserversorgung, Gewinnung von energetischen Produkten, Gewinnung von nichtenergetischen Produkten
Handel und Verkauf
Autogewerbe, Grosshandel, Detailhandel
Verkehr, Transport, Post
Verkehr, Hilfs- und Nebentätigkeiten für den Verkehr, Logistik, Post- und Kurierdienste
Information, Kommunikation, IT
Verlagsgewerbe, Film und Videoaktivitäten, Radio- und Fernsehanstalten, Nachrichtenübermittlung, Bibliotheken und Archive
Finanzdienstleistungen
Kredit- und Versicherungsgewerbe
Unternehmensdienstleistungen
Reisebüros, Vermietung, Informatikdienste, Forschung und Entwicklung, Dienstleistungen für Unternehmen, Immobilienwesen
Unterhaltung und Gastgewerbe
Gastgewerbe, Unterhaltung, Kultur und Sport, Persönliche Dienstleistungen
Administrative und soziale Dienste
Öffentliche Verwaltung, Gesundheits- und Sozialwesen, Unterrichtswesen, Abwasserreinigung, Abfallbeseitigung, Interessenvertretungen, Bestattungswesen
Swiss Issues Regionen
33
Credit Suisse Economic Research
Wachstum und Rückgang der Beschäftigung verteilen sich in der Untersuchungsregion meist
auf dieselben Branchen; jedoch gibt es auch Ausnahmen (Abbildung 37). Es ist ersichtlich, dass
wie im Schweizer Mittel die Beschäftigung in staatsnahen administrativen und sozialen Diensten
in allen Kantonen und Wirtschaftsregionen gewachsen ist. Ausser in der Region Werdenberg
entwickelte sich auch die Beschäftigung in den Unternehmensdienstleistungen analog zum
Schweizer Schnitt positiv und meist sehr dynamisch. Ebenfalls stark zum Beschäftigungswachstum beigetragen hat in einem Grossteil der Regionen die Spitzenindustrie. Besonders ins Auge
sticht dabei die Region Werdenberg, wo diese Branche über 11 Prozentpunkte zum Wachstum
der Beschäftigtenzahlen beigetragen hat. Auch im St. Galler Rheintal fiel der Wachstumsbeitrag
der Spitzenindustrie mit knapp 5 Prozentpunkten am stärksten aller Kategorien aus. Der Strukturwandel schreitet in der Untersuchungsregion analog zum Landesschnitt fort: weg von der
traditionellen Industrie hin zur wertschöpfungsintensiven Spitzenindustrie und zu Dienstleistungen. Einzig Appenzell Innerrhoden, Werdenberg und das Linthgebiet verzeichneten einen Stellenzuwachs in der traditionellen Industrie, welcher jedoch geringer ausfiel als das Wachstum der
Spitzenindustrie. Einen schmerzhaften Transformationsprozess durchlief das Toggenburg, wo
30% der Stellen in der traditionellen Industrie verschwanden. Diese Stellen konnten nicht in
gleichem Ausmass durch das Wachstum der Spitzenindustrie oder der administrativen und sozialen Dienste kompensiert werden. Im Gegensatz zum schweizweiten Trend schrumpfte in dieser Region, genauso wie in Appenzell Ausserrhoden, die Beschäftigung bei den Finanzdienstleistern. Positiv überrascht die Beschäftigungsentwicklung in Appenzell Innerrhoden, wo sogar
in den schweizweit schrumpfenden Kategorien Unterhaltung und Gastgewerbe sowie Handel
und Verkauf ein Stellenwachstum stattgefunden hat. Der Strukturwandel im Sinne eines Rückgangs der traditionellen Industrien zugunsten wertschöpfungsintensiverer Branchen findet in
weiten Teilen der Untersuchungsregion statt. Die Gewichte haben sich in sämtlichen Regionen
zugunsten der Dienstleistungen und der wertschöpfungsintensiven Industrien verlagert.
Abbildung 37
Beiträge der Branchen zum Beschäftigungswachstum 1995−2008
In Prozent, nach Spezialisierungskategorie
Traditionelle Industrie
Baugewerbe
Handel und Verkauf
Information, Kommunikation, IT
Unternehmensdienstleistungen
Administrative und soziale Dienste
30%
25%
20%
15%
Spitzenindustrie
Energieversorgung
Verkehr, Transport, Post
Finanzdienstleistungen
Unterhaltung und Gastgewerbe
10%
5%
0%
-5%
-10%
Toggenburg
AR
Sarganserland
Linthgebiet
St. Galler
Rheintal
SG
CH
St.Gallen/
Rorschach
Wil
Werdenberg
-15%
AI
Strukturwandel hin zu Spitzenindustrie und Dienstleistungen
Quelle: Bundesamt für Statistik, Credit Suisse Economic Research
Branchenbewertung
Die Bedeutung der Branchenstruktur für das Wachstumspotential der Wertschöpfung einer Region hängt von deren Wettbewerbsfähigkeit ab. Eine entsprechende Bewertung der Branchenstruktur kann mit Hilfe der nachfolgenden Abbildungen vorgenommen werden. Der Durchmesser der Kreise gibt dabei den Anteil der betreffenden Branche an der Gesamtheit der Arbeitsplätze in der Region wieder. Die Abweichung dieses Anteils vom Landesdurchschnitt wird auf
der horizontalen Achse angezeigt. Je weiter rechts eine Branche positioniert ist, desto grösser
ist ihre Bedeutung für die Region im Vergleich zum Landesdurchschnitt. Die vertikale Achse
Swiss Issues Regionen
34
Credit Suisse Economic Research
zeigt die mittelfristigen Chancen und Risiken jeder Branche an. Das zugrunde liegende Bewertungsmodell basiert auf Indikatoren der amtlichen Statistik sowie eigenen Prognosen. In die Beurteilung der Chancen fliessen Daten zum Wertschöpfungs-, Produktivitäts- und Beschäftigungswachstum ein. Die Risiken bilden Unsicherheiten ab, welche das nachhaltige Wachstum
der Branche einschränken können. Ihre Einschätzung basiert auf Indikatoren, welche neben den
Wachstumsschwankungen beispielsweise auch den Strukturwandel und das Ausmass an Regulierungen und Protektionismus innerhalb der Branchen messen. Von diesem Bewertungsansatz
ausgenommen ist die öffentliche Verwaltung. Eine Beurteilung der Wettbewerbsfähigkeit dieses
Sektors ist kaum sinnvoll, da es für seine Leistungen in der Regel keinen Markt gibt und Angebot und Nachfrage von der Politik bestimmt werden. Bei der Branchenbewertung liegt die öffentliche Verwaltung daher auf der neutralen Horizontalachse.
Abbildung 38 und Abbildung 39 stellen die Chancen-Risiken-Profile der 15 bedeutendsten
Branchen in den beiden Appenzell dar. Während Ausserrhoden über ein ausgeglichenes Profil
verfügt, ist das Branchenprofil in Innerrhoden klar unterdurchschnittlich. In beiden Kantonen
drückt die überdurchschnittlich bedeutend aber wertschöpfungsschwache Landwirtschaft auf
das Branchenpotential. Von allen Branchen hat dieser Sektor das ungünstigste ChancenRisiken-Profil. Weitere in beiden Kantonen überdurchschnittliche Branchen mit schlechter Bewertung sind die Hotellerie und die Textilproduktion. Appenzell Ausserrhoden verfügt über einige
bedeutende Branchen mit einem hohen Chancen-Risiken-Profil, wie das Gesundheits- und
Heimwesen sowie die Elektrotechnik. In Innerrhoden fehlen solche chancenreichen Branchen
mit hohen Beschäftigtenanteilen weitgehend.
Ausgeglichenes Profil in
Appenzell Ausserrhoden
Abbildung 39
Chancen-Risiken-Profil Appenzell Ausserrhoden
Chancen-Risiken-Profil Appenzell Innerrhoden
15 grösste Branchen, 2012
15 grösste Branchen, 2012
Architekten, Elektronik und
Ingenieure
Uhren
Öffentliche
Verwaltung
Unterrichtswesen
Detailhandel
Gastronomie
Metallerzeugnisse
Gesundheitswesen
hoch
Grosshandel
Ausbaugewerbe Heime
Hochbau
Hotellerie
Elektrotechnik
Landwirtschaft
Land- und Forstwirtschaft
Dienstleistungen
Druck und
Verlag
Öffentlicher Sektor
-4.0%
-2.0%
0.0%
2.0%
4.0%
6.0%
Beschäftigung: Abweichung vom Landesdurchschnitt
Quelle: Credit Suisse Economic Research
St. Gallen: Durchschnittliche Branchenbewertung
Elektronik und
Uhren
Heime
Öffentliche
Verwaltung
Holzindustrie
Architekten,
Ingenieure
Ausbaugewerbe
8.0%
Land- und Forstwirtschaft
Bau und Industrie
Dienstleistungen
Öffentlicher Sektor
Tiefbau
Unterrichtswesen
Detailhandel
Landwirtschaft
Hochbau
Autogewerbe Gastronomie
Textil
niedrig
niedrig
Bau und Industrie
-6.0%
Gesundheitswesen
Grosshandel
Holzindustrie
Branchenbewertung
Branchenbewertung
hoch
Abbildung 38
Metallerzeugnisse
Hotellerie
Textil
-6.0% -4.0% -2.0% 0.0% 2.0% 4.0% 6.0% 8.0% 10.0% 12.0%
Beschäftigung: Abweichung vom Landesdurchschnitt
Quelle: Credit Suisse Economic Research
Das Chancen-Risiken-Profil der 15 bedeutendsten Branchen für den Kanton St. Gallen ist in
Abbildung 40 dargestellt. Der Kanton verfügt insgesamt über ein durchschnittliches Branchenprofil. Wie in den beiden Appenzell ist auch hier die Landwirtschaft überdurchschnittlich stark
vertreten. Zudem verfügt der Kanton über weitere überdurchschnittlich wichtige Branchen mit
ungünstiger Bewertung, wie Maschinenbau und die Herstellung von Metallerzeugnissen. Chancen bieten sich dem Kanton im Gesundheits- und Heimwesen sowie im Grosshandel, dessen
Bedeutung im Kanton jedoch noch unterdurchschnittlich ist.
Swiss Issues Regionen
35
Credit Suisse Economic Research
Abbildung 40
Chancen-Risiken-Profil St. Gallen
hoch
15 grösste Branchen, 2012
Heime
Gesundheitswesen
Elektronik und Uhren
Bau und Industrie
Unterrichtswesen
Grosshandel
Branchenbewertung
Land- und Forstwirtschaft
Dienstleistungen
Öffentlicher Sektor
Ausbaugewerbe
Banken
Detailhandel
Öffentliche
Verwaltung
Autogewerbe
Maschinenbau
Gastronomie
Landverkehr
niedrig
Landwirtschaft
-2.0%
-1.0%
Metallerzeugnisse
0.0%
1.0%
2.0%
Beschäftigung: Abweichung vom Landesdurchschnitt
3.0%
4.0%
Quelle: Credit Suisse Economic Research
Für die einzelnen Regionen stellen sich die Chancen-Risiken-Profile höchst unterschiedlich dar,
(Abbildung 41 bis Abbildung 45): St. Gallen/Rorschach verfügt über ein durchschnittliches Profil. Chancen bieten sich der Region im Gesundheitswesen und in der Branche Unternehmensberatung/Hauptsitze. Bedeutende Branchen wie der Detailhandel und das Ausbaugewerbe
verfügen jedoch über eine niedrigere bzw. durchschnittliche Branchenbewertung. Demgegenüber weist das St. Galler Rheintal ein unterdurchschnittliches Branchenprofil auf, wobei die starke Industrieausrichtung ein Klumpenrisiko darstellt, insbesondere in der niedrig bewerteten Metallerzeugung. Da diese Industriebranchen stark exportorientiert sind, fallen globale Konjunkturabschwächungen oder Wechselkursschwankungen hier besonders ins Gewicht. Im Grosshandel
bietet sich der Region eine chancenreichere Entwicklung.
Hoher Industrialisierungsgrad drückt auf Branchenpotential
Chancen-Risiken-Profil St. Galler Rheintal
15 grösste Branchen, 2012
15 grösste Branchen, 2012
Heime
Grosshandel
Unternehmensberatung/
Hauptsitze
Banken
Unterrichtswesen
Maschinenbau
Öffentliche
Verwaltung
Gastronomie
niedrig
Nahrungsmittel
Landverkehr
Ausbaugewerbe
-1.5%
Gesundheitswesen
Metallerzeugnisse
Detailhandel
Bau und Industrie
Dienstleistungen
Öffentlicher Sektor
-1.0%
-0.5%
0.0%
0.5%
1.0%
1.5%
Beschäftigung: Abweichung vom Landesdurchschnitt
Quelle: Credit Suisse Economic Research
2.0%
Ausbaugewerbe
Öffentliche
Verwaltung
Heime
Unterrichtswesen
Detailhandel
Grosshandel
Hochbau
Kunststoff
Maschinenbau
Autogewerbe
Land- und Forstwirtschaft
Bau und Industrie
Dienstleistungen
Öffentlicher Sektor
Elektronik und
Uhren
Landverkehr
niedrig
Branchenbewertung
hoch
Architekten,
Ingenieure
hoch
Abbildung 42
Chancen-Risiken-Profil St. Gallen/Rorschach
Branchenbewertung
Abbildung 41
-4.0%
Landwirtschaft
Metallerzeugung
Metallerzeugnisse
-2.0%
0.0%
2.0%
4.0%
6.0%
8.0%
Beschäftigung: Abweichung vom Landesdurchschnitt
10.0%
Quelle: Credit Suisse Economic Research
Das Branchenprofil des Linthgebiets präsentiert sich ausgewogen, wobei auch hier die überdurchschnittliche Bedeutung der Landwirtschaft und der Herstellung von Metallerzeugnissen die
Bewertung negativ beeinflusst. Chancen bieten sich der Region in der Elektrotechnik. Wil ist
ähnlich stark von der Industrie geprägt wie das St. Galler Rheintal, zudem ist hier auch die
Landwirtschaft noch überdurchschnittlich bedeutsam, was das Chancen-Risiken-Profil zusätzlich
schmälert. Entsprechend weist Wil ein unterdurchschnittliches Profil auf, da auch die in der ReSwiss Issues Regionen
36
Credit Suisse Economic Research
gion verbreiteten Dienstleistungsbranchen wie Autogewerbe, Landverkehr und Gastronomie
über eine niedrige Bewertung verfügen.
Chancen-Risiken-Profil Linthgebiet
Chancen-Risiken-Profil Wil
15 grösste Branchen, 2012
15 grösste Branchen, 2012
hoch
Gesundheitswesen
Heime
Architekten, Unterrichtswesen
Ingenieure
hoch
Abbildung 44
Gesundheitswesen
Branchenbewertung
Abbildung 43
Grosshandel
Grosshandel
-4.0%
Kunststoff
Detailhandel
Autogewerbe
Maschinenbau
Landverkehr
Gastronomie
Land- und Forstwirtschaft
Bau und Industrie
Dienstleistungen
Öffentlicher Sektor
Metallerzeugnisse
-2.0%
0.0%
2.0%
4.0%
Beschäftigung: Abweichung vom Landesdurchschnitt
Quelle: Credit Suisse Economic Research
6.0%
Ausbaugewerbe
Autogewerbe
Unterrichtswesen
Detailhandel
Landwirtschaft
niedrig
niedrig
Branchenbewertung
Elektrotechnik
Ausbaugewerbe
Nahrungsmittel
Hochbau
Gastronomie
Landverkehr
-4.0%
Land- und Forstwirtschaft
Bau und Industrie
Dienstleistungen
Öffentlicher Sektor
Heime Architekten,
Ingenieure
Landwirtschaft
Maschinenbau
Metallerzeugnisse
-2.0%
0.0%
2.0%
4.0%
6.0%
8.0%
Beschäftigung: Abweichung vom Landesdurchschnitt
10.0%
Quelle: Credit Suisse Economic Research
Bruttoinlandprodukt und Wertschöpfung
Die Wertschöpfung entspricht dem Wert, der in Produktionsprozessen entsteht. Rechnerisch
wird sie durch die Differenz zwischen dem Produktionswert und den Vorleistungen ausgedrückt.
In der regionalen Betrachtung widerspiegelt die Wertschöpfung pro Beschäftigten die Produktivität der in einer Region ansässigen Branchen. Als äquivalentes Mass für die wirtschaftliche
Leistung einer Volkswirtschaft hat sich das Bruttoinlandprodukt (BIP) etabliert. Seitens der offiziellen Statistik sind seit neuestem Schätzungen der kantonalen BIP verfügbar. Credit Suisse
Economic Research hat ein Vorgehen entwickelt, welches die Regionalisierung dieser kantonalen Zahlen ermöglicht und so eine BIP-Schätzung für alle Schweizer Regionen liefert. Die Methodik berücksichtigt unter anderem die Branchenstruktur und das Anforderungsprofil der Arbeitsstellen in einer Region.
Regional höchste
Produktivität in
St. Gallen/Rorschach
Die Spannweite der regionalen BIP pro Beschäftigten der Schweizer Wirtschaftsregionen liegt
zwischen 109'000 und 212'000 CHF. Über die höchste Produktivität verfügt Basel-Stadt, das
Schlusslicht bildet das luzernische Entlebuch. Sämtliche Regionen der beiden Appenzell sowie
des Kantons St. Gallen weisen BIP-Werte unter dem Schweizer Mittel von 164'000 CHF pro
Beschäftigten auf (Abbildung 45). Das durchschnittliche BIP der Untersuchungsregion liegt bei
143'000 CHF pro Beschäftigten, wobei St. Gallen/Rorschach die höchste und das Toggenburg
die niedrigste Produktivität aufweisen. Die grosse Bedeutung der Landwirtschaft mit einem Beschäftigungsanteil von über 14% und das Fehlen wertschöpfungsintensiver Dienstleistungsbranchen erklären die niedrige Produktivität der Region Toggenburg. Im Gegensatz dazu verfügt
St. Gallen/Rorschach aufgrund seiner Zentrumsfunktionen über eine Vielzahl von Dienstleistungsbranchen und einen grossen öffentlichen Sektor. Produktivitätsstarke Branchen wie
Grosshandel, Banken oder die Unternehmensberatung sorgen in der Hauptortsregion für eine
im regionalen Vergleich hohe Produktivität. Die Regionen mit der schweizweit höchsten Produktivität erstrecken sich zwischen den Städten Basel, Zürich, Zug und Luzern sowie im Genferseeraum. Mit einem kumulierten BIP von 34 Mrd. CHF erbrachten die beiden Appenzell und der
Kanton St. Gallen im Jahr 2010 rund 6% der gesamtschweizerischen Wirtschaftsleistung.
Swiss Issues Regionen
37
Credit Suisse Economic Research
Abbildung 45
Wertschöpfung auf regionaler Ebene
Nominales Bruttoinlandprodukt in CHF pro vollzeitäquivalenten Beschäftigten, 2010
Wil
Öste rrei ch
St.Ga llen/
Rorsch ach
St. Ga ll e r Rh ei ntal
Togg enbu rg
Ap penzell
A.R h.
Ap pe nzell
I.R h.
< 125'000
125'000 - 140'000
140'000 - 150'000
150'000 - 175'000
> 175'000
Li nthgeb iet
Werd enberg
Li echtenste in
Sar ga nser la nd
Quelle: Bundesamt für Statistik, Credit Suisse Economic Research, Geostat
Branchenstruktur
begründet regionale
Produktivitätsunterschiede
Die regionalen Produktivitätsunterschiede lassen sich auf die unterschiedliche Branchenstruktur
in den Kantonen und Regionen zurückführen. Abbildung 46 zeigt die Zusammensetzung der
Bruttowertschöpfung nach 8 Branchengruppen für die Untersuchungsregion. In allen drei Kantonen stammt der Grossteil der Wertschöpfung aus Industrie und Bau, gefolgt von den Branchen Transport, Information, Beherbergung und Gastronomie. In Appenzell Ausserrhoden tragen Finanzdienstleister und Versicherungen lediglich 3% – und damit deutlich weniger als im
Schweizer Mittel von 11% – zur Wertschöpfung bei. Die grosse Bedeutung des Gesundheitswesens kommt indes auch in bedeutenden Wertschöpfungsbeiträgen zum Ausdruck. Ganz im
Gegensatz zur Landwirtschaft, welche in Innerrhoden zwar 13% der Beschäftigten absorbiert,
jedoch lediglich 3% der kantonalen Wertschöpfung generiert. Die zuvor beschriebene unterdurchschnittliche Produktivität lässt sich auf diese Beschäftigungskonzentration in wertschöpfungsschwachen Branchen zurückführen.
Swiss Issues Regionen
38
Credit Suisse Economic Research
Abbildung 46
Bruttowertschöpfung nach Branchengruppen
Zu laufenden Preisen, 2010
AR
AI
SG
CH
0%
20%
40%
60%
80%
100%
Landwirtschaft
Herstellung von Waren, Bau
Transport, Information, Beherbergung, Gastronomie
Grundstücks- und Wohnungswesen
Finanzdienstleistungen und Versicherungen
Öffentliche Verwaltung
Energieversorung, Unterricht, Gesundheitswesen
Private Haushalte als Hersteller
Quelle: Bundesamt für Statistik
Hinweise zum mittel- und langfristigen Wachstumspotential von Produktion und Wertschöpfung
in den einzelnen Regionen lassen sich aus einer Gegenüberstellung der im vorhergehenden
Kapitel vorgestellten quantitativen Branchenbewertung mit unserem Indikator der Standortqualität gewinnen. Dabei drücken die Chancen-Risiken-Bewertung das mittelfristige und der
Standortqualitätsindikator das langfristige Wachstumspotential der Wertschöpfung einer Region
aus. Analog zu diesem Indikator wird die regionale Branchenbewertung dabei als relativer Index
angegeben, bei welchem der Wert für die ganze Schweiz bei null liegt. Abbildung 47 veranschaulicht diese Auswertung für die Untersuchungskantone und -regionen sowie verschiedene
Vergleichsgebiete.
Abbildung 47
Wachstumspotential der Wertschöpfung
Synthetische Indikatoren, CH = 0
2.0
III
I
St.Gallen/Rorschach
1.5
SH
St. Galler Rheintal
0.5
ZH
March/Höfe
SG
Werdenberg
Pfannenstiel
AR
Oberthurgau
0
CH-Mittel
1.0
Branchenbewertung
Branchenbewertung und
Standortqualität erlauben
Potentialabschätzung
SZ
Sarganserland
-0.5
TG
GL
-1.0
Toggenburg
-1.5
IV
-2.0
-1
-0.5
AI
Wil
Linthgebiet
CH-Mittel
0
Standortqualität
Oberland-Ost
II
0.5
1
1.5
2
2.5
Quelle: Credit Suisse Economic Research
Die Regionen in Quadrant I der Abbildung geniessen ein gegenüber dem Landesdurchschnitt
höheres mittel- und langfristiges Wachstumspotential. Die Regionen in Quadrant IV dagegen
Swiss Issues Regionen
39
Credit Suisse Economic Research
müssen mit einem gegenüber dem Schweizer Mittel unterdurchschnittlichen Wachstum rechnen. Regionen in Quadrant II weisen ein bedeutendes langfristiges Potential auf. Auf mittlere
Sicht hingegen dürfte mit erneuten Restrukturierungen zu rechnen sein, da die Branchenstruktur stärker risikobehaftet ist. Die Regionen in Quadrant III schliesslich können dank sehr dynamischen Branchen auf mittlere Sicht mit einem überdurchschnittlichen Wachstum rechnen. Die
schwache Standortqualität kann jedoch die langfristigen Wachstumschancen beeinträchtigen,
denn möglicherweise lassen sich zu wenige neue Unternehmen in diesen Regionen nieder; die
bestehenden investieren zu wenig oder wandern sogar ab.
Unterschiedliche Positionierung innerhalb des Untersuchungsgebiets
Die Kantone St. Gallen und Appenzell Ausserrhoden sind bezüglich der Chancen und Risiken
der ansässigen Unternehmen durchschnittlich aufgestellt. Appenzell Innerrhoden positioniert
sich bezüglich der Standortqualität im Schweizer Mittelfeld. Die niedrige Branchenbewertung der
im Kanton beheimateten Firmen drückt jedoch auf die mittelfristigen Wachstumschancen,
wodurch der Kanton weniger von konjunkturellen Aufschwungsphasen profitieren kann. Die
Wirtschaftsregion St. Gallen/Rorschach weist den einzigen überdurchschnittlichen Wert innerhalb der drei Kantone auf. Sie kann mittelfristig von wirtschaftlichen Aufschwungsphasen profitieren und ist auch längerfristig aussichtsreich positioniert. In der langen Frist können auch Appenzell Ausserrhoden sowie die Wirtschaftsregion Wil von einer überdurchschnittlichen
Standortqualität profitieren. Diese begünstigt die Ansiedlung neuer Unternehmen und fördert
weitere Investitionen bereits ansässiger Firmen.
Swiss Issues Regionen
40
Credit Suisse Economic Research
Die MEM-Industrie, eine vielfältige Branche mit Kunden auf der ganzen Welt
Dominierte einst die Textilindustrie die industrielle Landschaft der Region St. Gallen/Appenzell, gibt heutzutage die Maschinen-, Elektro- und Metallindustrie (MEMIndustrie) den Takt an. Die verschiedenen MEM-Sparten, zu denen auch der Fahrzeugbau
und die Präzisionsinstrumente zählen, beschäftigten 2008 insgesamt rund 38'600 Vollzeitangestellte, was 42% der regionalen Industriebeschäftigung entspricht. Beinahe zwei Drittel des Exportumsatzes der drei Kantone wurden 2011 mit MEM-Produkten erzielt.
Am Ursprung der Ostschweizer MEM-Industrie stand die Textilindustrie
Manche MEM-Unternehmen, welche bis heute eine starke Position behaupten, entstanden
bereits im 19. Jahrhundert als Zulieferer der Textilindustrie. Ein prominentes Beispiel ist
der Konzern Bühler, welcher am Hauptsitz in Uzwil sowie in Appenzell und Trübbach insgesamt 2'575 Personen beschäftigt. Die 1860 gegründete Firma war ursprünglich auf die
Herstellung von Bestandteilen für Stickereimaschinen spezialisiert, bevor sie den Fokus auf
Müllereimaschinen und später auf weitere Maschinen der Lebensmitteltechnik verlegte.
Ebenfalls in Uzwil entstand 1859 der Webstuhlhersteller Benninger. Das Unternehmen
gehört heute – trotz Verkauf einer Division und Stellenabbau im Jahr 2008 – weiterhin zu
den wichtigsten Schweizer Textilmaschinenherstellern. Auch der grösste private Arbeitgeber in Appenzell Ausserrhoden, der Kabelhersteller Huber+Suhner, hat seine Wurzeln in
der Textilindustrie. Die Vorgängerfirma Suhner & Co. stellte anfänglich Metallbestandteile
für Handwebstühle sowie Apparate für die Stickereiindustrie her, bevor sie in den 1890erJahren im Zuge der Elektrifizierung zur Kabelproduktion überging.
Eine breit diversifizierte…
Die Ostschweizer MEM-Industrie durchlief im Laufe der Zeit einen massgeblichen Strukturwandel. Vom globalen Wettbewerb gefordert, reagierte sie mit einer konsequenten Ausrichtung auf Innovation und Qualität. Sie wuchs somit zu einer heute sehr diversifizierten,
stark im Hightech-Bereich positionierten Branche heran. Im Kanton St. Gallen nehmen
Maschinenbauer und Hersteller von Metallwaren eine dominierende Stellung ein. Neben
Bühler gehören weitere St. Galler Firmen, wie zum Beispiel Starrag in Rorschacherberg
(Werkzeugmaschinen), zu den umsatzstärksten Schweizer Maschinenproduzenten. Mit
SFS Intec (Befestigungstechnik) ist zudem der grösste Schweizer Hersteller von Metallerzeugnissen an drei St. Galler Standorten (Hauptsitz Heerbrugg, Flawil und Altstätten) präsent. Auch der Präzisionsinstrumentenindustrie kommt im Kanton eine wichtige Bedeutung
zu. Dafür sorgen unter anderem die beiden in Heerbrugg domizilierten Produzenten von
optischen Geräten Leica Geosystems und Vectronix. Die Grossfirmen Huber+Suhner (Kabelherstellung) und Metrohm (Geräte für die chemische Analytik) – und somit die Elektrotechnik und die Präzisionsinstrumente – prägen Appenzell Ausserrhoden, während in Innerrhoden vorwiegend Hersteller von Metallerzeugnissen vertreten sind.
… und stark vom Ausland abhängige Branche
Als stark exportorientierte Investitionsgüterindustrie hängt die regionale MEM-Industrie
massgeblich von der Auslandkonjunktur ab. Obwohl die Abhängigkeit vom europäischen
Markt in den letzten zehn Jahren abgenommen hat, bleibt Europa bis heute mit einem Anteil von rund 60% der Hauptabsatzmarkt. Die Branche leidet daher unter der aktuellen
Eurokrise und dem starken Franken. Auftragseingänge und Produktion waren 2012 bei
vielen Unternehmen – zum Teil stark – rückläufig. Auch die Wachstumsverlangsamung in
China ging an der Branche nicht spurlos vorbei. Die Exporte ins Reich der Mitte haben sich
innerhalb eines Jahrzehnts vervierfacht; China stellt heute den viertwichtigsten Exportmarkt
für Produkte der Ostschweizer MEM-Industrie dar. Die Exporteure fokussierten sich in den
letzten Jahren vermehrt auf die Schwellenländer. Auch die weiteren BRIC-Staaten Russland, Indien und Brasilien figurieren heute bereits unter den Top-15-Exportmärkten. Für
die MEM-Unternehmen bietet die Globalisierung Chancen, ist aber gleichzeitig auch mit
Herausforderungen verbunden. Einerseits intensivieren sich der globale Wettbewerb und
der Preisdruck mit dem Aufkommen neuer Konkurrenten, insbesondere aus Asien. Andererseits wird aufgrund der grossen Bedeutung der geographischen Kundennähe die Produktion vor Ort in Schwellenländern vorangetrieben. Die Rolle der hiesigen Betriebsstätten
bleibt daher einem stetigen Wandel unterworfen.
Swiss Issues Regionen
41
Credit Suisse Economic Research
Immobilienmarkt
Die Kantone St. Gallen, Appenzell Innerrhoden und Appenzell Ausserrhoden sind durch eine
Vielzahl vergleichsweise kleiner und verstreuter Arbeitsmärkte gekennzeichnet. Wer nicht gerade nach Zürich pendeln muss, was besonders aus dem Osten sehr zeitintensiv ist, kann seinen
Wohnort ganz nach regionalen Präferenzen und den vielfältigen Wohnlagen richten. Zusammen
mit der ungebrochenen Beliebtheit des Einfamilienhauses führt das als Kehrseite jedoch zu
starker Zersiedelung, welche die Kantone zukünftig noch vor grössere raumplanerische Herausforderungen stellen dürfte. Ansonsten sind die Immobilienmärkte mit kleinen Ausnahmen von
hoher Stabilität geprägt. Zwar kämpfen einige Regionen mit erhöhten Sockelleerständen, die
auf einem veralteten Wohnungsbestand basieren. Insgesamt erfolgt die Neubauplanung jedoch
mit Augenmass, und Überangebote zeichnen sich grossflächig genauso wenig ab wie Überbewertungen.
Bautätigkeit und Marktstruktur
Im Vergleich zu den späten Neunzigerjahren wurde in den letzten zehn Jahren schweizweit viel
gebaut. Mit etwas Verzögerung, spätestens jedoch mit der einsetzenden neuen Zuwanderung,
dem guten Konjunkturgang der Industrie und dem Fall der Hypothekarzinsen auf ein historisch
beispiellos tiefes Niveau, setzte auch in den drei Ostschweizer Kantonen St. Gallen, Appenzell
Innerrhoden und Appenzell Ausserrhoden der Bauboom ein – je nach Region in ganz unterschiedlichem Ausmass. Zu Beginn der Beschleunigung kam der Verdacht auf, die Bautätigkeit
könnte die Aufnahmefähigkeit der vergleichsweise kleinen Immobilienmärkte der Kantone St.
Gallen, Appenzell Innerrhoden und Ausserrhoden überfordern. Heute zeichnet sich ab, dass vor
allem im langfristigen Vergleich – von regionalen Ausnahmen mal abgesehen – keineswegs zu
viel gebaut wird.
Abbildung 48
Wachstum des Wohnungsbestandes im langfristigen Vergleich
Rechte Skala: Wachstum Wohnungsbestand im Vorjahresvergleich; linke Skala: Anzahl Wohneinheiten SG, AI, AR
280'000
260'000
Wachstum SG AI AR
Wachstum Schweiz
Wohnungsbestand SG AI AR (linke Skala)
2.5%
2.0%
240'000
1.5%
220'000
1.0%
200'000
0.5%
180'000
0.0%
160'000
1974 1977 1980 1983 1986 1989 1992 1995 1998 2001 2004 2007 2010
Quelle: Bundesamt für Statistik, Credit Suisse Economic Research
Planung mit Bedacht
Seit 2002 lag das Wachstum des Wohnungsbestandes in den drei Kantonen zusammengenommen nur einmalig im Jahr 2008 über der gesamtschweizerischen Wachstumsrate – ganz im
Gegensatz zu den Achtzigerjahren, wo die regionalen Angebotsübertreibungen stellenweise sehr
viel stärker ausgeprägt waren als andernorts (Abbildung 48). Heute verläuft die Planung, wenn
auch auf einem höheren Niveau als noch vor einigen Jahren, generell mit Bedacht. Doch so viel
Swiss Issues Regionen
42
Credit Suisse Economic Research
sei vorweggenommen: Abgekoppelt von den grossen Schweizer Arbeitsmarktzentren, sind die
Immobilienmärkte vor allem Richtung Osten stark abhängig vom Geschäftsgang der regional
verankerten Unternehmen und von der liechtensteinischen Konjunktur. Veränderungen der regionalen ökonomischen Rahmenbedingungen können die Märkte somit schnell aus dem Lot bringen.
Die Neubauschwerpunkte orientieren sich an den regionalen und überregionalen Arbeitsmarktzentren, was zu einer Vierteilung des Immobilienmarktes führt (Abbildung 49). Wohnungssuchende in der Region Wil orientieren sich beruflich häufig in Richtung Winterthur und Zürich.
Vom Linthgebiet aus erschliessen sich Pendlern Zürich und die Arbeitsmarktzentren der Zentralschweiz. Von St. Gallen aus liegt Zürich bereits nicht mehr in optimaler Pendeldistanz, vor allem unter Berücksichtigung der Verkehrsengpässe auf der Strasse. Entlang dem Rhein vom
Sarganserland bis zum Bodensee ist der Wohnungsmarkt auf stärker industriell geprägte lokale
Arbeitsmarktzentren und auf Liechtenstein fokussiert. Von 35'253 liechtensteinischen Beschäftigten im Jahre 2011 waren 9'442 in der Schweiz wohnhafte Zupendler.
Verstreute Arbeitsmärkte
zwischen Zürich und Liechtenstein
Abbildung 49
Neubauverteilung
Zwischen 2001 und 2010 neugebaute Wohnungen und Einfamilienhäuser pro 25 Hektaren
Fr au en fe l d
Ös t er r ei c h
Wi l
St .G al le n /
Ro r s c h ac h
St .G a l le n
Her i s a u
To gg e nb u rg
Ap p en z el l
A. R h.
St . G all e r R h ei nt al
Ap p en z el l
Neubauten zwischen 2 00 1 und 2 01 0
> 1 00
Ap p en z el l
I.R h .
51 - 100
21 - 50
11 - 20
1 - 10
Li n th ge b ie t
0
Wer d e nb er g
Li e c ht en st ei n
Gl ar u s
Sc h w yz
Sar g an s er l an d
Al td o r f
Quelle: Bundesamt für Statistik, Credit Suisse Economic Research, Geostat
Kantone bieten vielfältige
Wohnlagen
Aufgrund der Verteilung der regionalen Arbeitsmarktzentren sind die Pendelströme in den Kantonen St. Gallen, Appenzell Innerrhoden und Appenzell Ausserrhoden nicht gleichgerichtet wie
etwa in den Agglomeration von Zürich, Bern, Basel und Genf, wo die Neubauaktivität entsprechend dicht an den Zentren erfolgt. Hingegen führen die weitläufig verstreuten Arbeitsplätze der
drei Kantone zu einer stärkeren Zersiedelung. Zwar wird, wer täglich nach Zürich pendeln muss,
versuchen, Wohnraum möglichst nahe der Hauptverkehrsachse zwischen St. Gallen und Wil zu
ergattern. Für Beschäftigte in St. Gallen selbst oder in einem der regionalen Zentren der drei
Swiss Issues Regionen
43
Credit Suisse Economic Research
Kantone bieten sich hingegen sehr vielfältige Wohnmöglichkeiten. Je nach Präferenz bieten die
Kantone bezüglich Wohnlagen alles, was man sich wünscht: Ob Berg-, Tal- oder Seelage, ob
städtisch, ländlich und/oder steuergünstig – die Kantone St. Gallen, Appenzell Innerrhoden und
Appenzell Ausserrhoden haben wohntechnisch einiges zu bieten.
Einfamilienhaus bleibt beliebte Wohnform
Auch der Traum vom Einfamilienhaus ist vielerorts in den drei Kantonen noch realisierbar. Abbildung 50 zeigt das Verhältnis von baubewilligten Wohnungen in Mehrfamilienhäusern zu bewilligten Einfamilienhäusern der letzten fünf Jahre. Insgesamt gab es bei der Neubautätigkeit in den
drei Kantonen nur in sechs Gemeinden einen deutlichen Überhang an Wohnungen gegenüber
Einfamilienhäusern. In Rapperswil-Jona, Sargans, St. Gallen und Herisau wurden in diesem
Zeitraum knapp mehr als 10 Wohnungen pro Einfamilienhaus bewilligt, während das Verhältnis
am Bodensee mit 18 Wohnungen in Steinach und 32 Wohnungen pro Haus in Rorschach deutlicher zugunsten der Mehrfamilienhäuser ausfällt. In letzteren Gemeinden ist die Bautätigkeit
sehr rege. Vor allem in Rorschach ist der Strukturwandel in vollem Gange. Doch das Gemeindegebiet ist klein, was zur Verdichtung mittels Mehrfamilienhäusern zwingt, und die breitere
Streuung der Einfamilienhäuser bleibt traditionell der Gemeinde Rorschacherberg an schönen
Hanglagen vorbehalten. Mit diesen Ausnahmen bleiben die drei Kantone auch weiterhin die
Domäne des Einfamilienhauses, denn in den ländlichen Gemeinden steht vergleichsweise viel
bezahlbares Bauland zur Verfügung. Die Bedeutung des Einfamilienhauses sticht besonders im
Kontrast zum stärker verdichteten Kanton Zürich ins Auge. Die anhaltende Zersiedelung stellt
die drei Kantone vor raumplanerische Herausforderungen.
Abbildung 50
Baubewilligte Wohnungen in Relation zu Einfamilienhäusern als Mass der Verdichtung
Baubewilligte Wohnungen in Mehrfamilienhäusern pro Einfamilienhaus, Summe 2007−2012
Fr auen fel d
Öster rei ch
Wil
St.Ga llen/
Rorsch ach
St.Ga llen
St. Ga ll e r Rh ei ntal
Her is a u
Togg enbu rg
Ap penzell
A.R h.
Wohnungen pro Einfamilienhaus
> 10
Ap pe nzell
I.R h.
6 - 10
3-5
2
<1
Li nthgeb iet
Wirtschaftsregionen
Werd enberg
Li e chtenstein
Gla ru s
Sc hwyz
Sar ga nser la nd
Altd o rf
C
Quelle: Baublatt, Credit Suisse Economic Research, Geostat
Swiss Issues Regionen
44
Credit Suisse Economic Research
Leerstände und Risikobetrachtung
Grossprojekte stellen die
vergleichsweise kleinen
Märkte auf die Probe
Dass mit einzelnen Ausnahmen insgesamt nicht zu viel gebaut wird und die Märkte grundsätzlich
im Lot sind, zeigt auch die Leerstandsentwicklung. Zwar bewegen sich in den Kantonen St.
Gallen und Appenzell Ausserrhoden die Leerstände auf überdurchschnittlichem Niveau, zumindest im grösseren Kanton sind sie jedoch im Trend über die letzten zehn Jahre gesunken.
Durch den Ostschweizer Branchenmix und die Vielfalt an KMU als Arbeitgeber ist die regionale
Nachfrage nach Wohnraum zwar nicht übermässig stark, dafür jedoch breit abgestützt. Hinzu
kommen die Pendler nach Liechtenstein im Osten und nach Zürich im Westen. Doch weil die
lokalen Immobilienmärkte sehr klein sind, werden sie häufiger als andernorts durch einzelne
Grossüberbauungen, die gemessen am vorhandenen Wohnungsbestand stark ins Gewicht fallen, auf die Probe gestellt. So hat zum Beispiel die seit 2009 erhöhte Bautätigkeit von Mietwohnungen in Herisau die zuvor ebenfalls gesunkene Leerstandsziffer von Appenzell Ausserrhoden 2011 markant auf 2% ansteigen lassen. Auch 2012 verharrt die Leerstandsziffer auf
erhöhtem Niveau (Abbildung 51). Wie vielerorts entsteht ein Verdrängungsmarkt für alte Mietliegenschaften, in denen als Folge Wohnungen leer stehen. Deren Mieter bevorzugen entweder
neue Mietobjekte mit höheren Standard oder das tiefe Zinsniveau zieht sie aus der alten Mietwohnung ins Eigentum. In Appenzell Ausserrhoden verschärfen die Abwanderung und der hohe
Anteil alter und zum Teil denkmalgeschützter Häuser die Leerstandsproblematik. Unter den drei
Kantonen findet man dort den ältesten Wohnungsbestand: 43% der Wohnungen entstanden
vor 1919 und sind damit weitestgehend mehr als 100 Jahre alt. Insofern ist besonders in Ausserrhoden zukünftig mit strukturell höheren Leerständen zu rechnen.
Abbildung 51
Regionale Leerstandsentwicklung
Leerstehende Wohnungen in Prozent des Wohnungsbestandes
Appenzell I.Rh.
Werdenberg
Toggenburg
St. Galler Rheintal
St.Gallen/Rorschach
3.0%
2.5%
Linthgebiet
Sarganserland
Wil
Appenzell A.Rh.
CH
2.0%
1.5%
1.0%
0.5%
0.0%
2004
2005
2006
2007
2008
2009
2010
2011
2012
Quelle: Bundesamt für Statistik, Credit Suisse Economic Research
Ausgewogener Markt
ohne Angebots- oder
Preisexzesse
Auch in der Region St. Gallen/Rorschach ist der erhöhte Leerstand strukturell bedingt. Sowohl
in der Stadt St. Gallen selbst als auch in Rorschach sind Wohnungen sehr viel älter als in Städten vergleichbarer Grösse. Wohnungsknappheit ist somit kein Problem. Fraglich ist jedoch, ob
die zum Teil sehr alten freien Wohnungen den Präferenzen Wohnungssuchender entsprechen.
Die Bautätigkeit erscheint somit insgesamt der Nachfrage nach neuen Wohnungen angemessen. Risiken bestehen höchsten in lokal und kurzfristig erhöhten Leerständen, sind insgesamt
aber schwach ausgeprägt. Auch nachfragegetriebene Überhitzungen wie im Kanton Zürich sind
im Osten kein Thema. Die Preisentwicklung verlief in den letzten Jahren vergleichsweise moderat. Im Kanton St. Gallen lag der Preis für ein Einfamilienhaus im dritten Quartal 2012 nominell
33% über dem Wert zehn Jahre zuvor. Die starke Fokussierung auf das Einfamilienhaus führt
dazu, dass besonders Eigentumswohnungen im kantonalen Vergleich als günstig erscheinen. Im
Schweizer Mittel mussten Käufer einer neuen und im Hinblick auf Lage und Ausbaustandard
Swiss Issues Regionen
45
Credit Suisse Economic Research
durchschnittlichen Eigentumswohnung Ende 2012 rund 7'300 CHF pro Quadratmeter bezahlen. Mit Mörschwil nahe dem Bodensee und Rapperswil-Jona am oberen Zürichsee wird dieser
nationale Durchschnittspreis für Eigentumswohnungen in nur zwei Gemeinden der betrachteten
Kantone übertroffen. Andernorts liegen die Preise zum Teil deutlich unter diesem mittleren
Preisniveau. Selbst in den Gemeinden der kantonalen Grenzregion Wil mit guter verkehrstechnischer Anbindung an Zürich und Winterthur bleiben die Preise unterdurchschnittlich.
Spürbar stärkere Dynamik
in Innerrhoden
Doch der regionale Preisvergleich ist nur eine Betrachtungsweise, die um die Einkommenssituation ergänzt werden muss. Schweizweit schätzen wir das durchschnittliche Haushaltseinkommen im Jahr 2012 auf knapp 117'000 CHF pro Haushalt. In der Region St. Gallen/Rorschach
fällt dieses Einkommen mit 111'000 CHF zum Beispiel um 5.4% tiefer aus. Das heisst: in der
Region sind für den Eigentumserwerb rund sechs Jahreshaushaltseinkommen nötig, was trotz
tieferer Preise auch der Relation im Schweizer Mittel entspricht. Aus dieser Perspektive lässt
sich ebenfalls schlussfolgern, dass der Markt trotz Preissteigerungen im Gegensatz zu einigen
Regionen im Nachbarkanton Zürich nicht überbewertet ist.
Abbildung 52
Geringes Marktrisiko aus Preis-/Einkommensperspektive
Vergleich der Preisentwicklung in Relation zur Einkommensentwicklung über den Zeitraum 1996−2012
Fr auen fel d
Öster rei ch
St.Ga llen/
Rorsch ach
Wil
St .Ga lle n
St. Ga ll e r Rh ei ntal
Her is a u
Togg enbu rg
Ap penzell
A.R h.
Preis-/Einkommensentwicklung
> 1.6
Ap pe nzell
I.R h.
1.5 - 1.6
1.4 - 1.5
1.3 - 1.4
1.2 - 1.3
Li nthgeb iet
1.1 - 1.2
1.0 - 1.1
< 1.0
Werd enberg
Wirtschaftsregionen
Li e chtenstein
Gla ru s
Sar ga nser la nd
Sc hwyz
Alt d o rf
Quelle: Credit Suisse Economic Research, Wüest & Partner, Geostat
Abbildung 52 visualisiert den langfristigen Vergleich der Preis- zur Einkommensentwicklung. Eine Relation grösser als 1 zeigt an, dass die Preise seit 1996 schneller gestiegen sind als die regionalen Haushaltseinkommen. Das ist zwar mit Ausnahme des Toggenburgs in allen drei Kantonen der Fall; allerdings hält sich das Ausmass stark in Grenzen. Lediglich die höhere Dynamik
in Appenzell Innerrhoden führt zu einer deutlicheren Loslösung der Eigentumspreisbewegungen
von der Einkommensentwicklung. Besonders im Vergleich zum umliegenden Nachbarkanton ist
der Immobilienmarkt von Appenzell Innerrhoden stärker durch Stabilität geprägt. Aufgrund des
Swiss Issues Regionen
46
Credit Suisse Economic Research
Beschäftigungs- und Bevölkerungswachstums konnten und können die neuen Wohnungen gut
aufgenommen werden, ohne im Bestand grössere Leerstände zu verursachen. Konsequenterweise sind die Preise für die wenigen Eigentumswohnungen und die beliebten Einfamilienhäuser
im regionalen Vergleich stärker gestiegen und dürften auch weiter klettern, denn in Innerrhoden
ist die Nachfrage vergleichsweise hoch und das Angebot an verfügbaren Eigentumswohnungen
und Häusern knapper als in den Nachbarkantonen. Die zweite regionale Ausnahme ist das
Linthgebiet, wo sich in Rapperswil-Jona die Preise aus dem Raum Zürich ausbreiten, ohne dass
die Einkommen grossflächig Schritt halten konnten.
Kontrast zum stellenweise
überhitzen Nachbarmarkt
Die Immobilienmärkte der Kantone St. Gallen, Appenzell Innerrhoden und Appenzell Ausserrhoden präsentieren sich insgesamt in einer ausgewogenen Verfassung. Lediglich in Ausserrhoden
sollte das Augenmerk auf die Bautätigkeit gelegt werden, denn der Markt verkraftet grössere
Ausweitung weniger gut als die Nachbarkantone. Dort stellt sich weiterhin die Frage, wie mit
den erhöhten Leerständen in älteren Liegenschaften umzugehen ist. Die Marktrisiken sind insgesamt schwach ausgeprägt, und die drei Kantone sind in dieser Hinsicht ein wohltuender Kontrast zum stellenweise überhitzten Nachbarkanton Zürich. Es überrascht daher, dass vor allem
die in Pendeldistanz nach Zürich liegenden Regionen nicht eine stärkere Anziehungskraft auf
Wohnungssuchende ausüben.
Universität St. Gallen: Erfolg und seine Tücken
Innerhalb der Schweiz zählt die Universität St. Gallen (HSG) zu den kleineren Forschungsstätten, durchforscht man aber europäische Hochschulrankings, taucht die HSG häufig in
den Spitzenrängen auf. Die auf Wirtschaftswissenschaften spezialisierte Hochschule – in
dieser Fachrichtung sogar die grösste Fakultät der Schweiz – ist weit über die Landesgrenze für die hauseigene Managementlehre bekannt. Der Zustrom an nationalen und internationalen Studenten ist enorm, denn das Renommee des Ausbildungsortes gewinnt zunehmend an Relevanz.
Mit der stetigen Erhöhung der Anzahl tertiärer Bildungsabschlüsse, verliert das "Qualitätssiegel Universität" in der relativen Betrachtung an Bedeutung. Die inflationäre Zunahme
von Bachelor- und Masterabschüssen jeglicher Art erhöhen zudem die Intransparenz auf
dem Bildungsmarkt. Für die Beurteilung des Leistungspotentials zukünftiger Angestellter
orientieren sich Arbeitgeber daher vermehrt am Leistungsausweis einer Bildungsstätte,
wobei einschlägige Hochschulrankings als Wegweiser dienen. Besonders eindrücklich ist
diese Entwicklung im angelsächsischen Raum, wo Abschlüsse an den renommiertesten
Universitäten als Einstiegskarte zur glorreichen Karriere angesehen werden.
Die Universität St. Gallen hat es geschafft sich im deutschsprachigen Raum einen Ruf als
Kaderschmiede zu erarbeiten und gilt als Topadresse für die betriebswirtschaftliche Ausbildung. Im Ranking der Financial Times belegt das St. Galler Master-in-Management Programm sogar weltweit den ersten Rang. Die vielversprechende Vermarktung der HSG lockt
Maturanden aus der ganzen Schweiz und aus dem nahen Ausland nach St. Gallen. Seit
2005 ist die Zahl der Studierenden von knapp 4'500 auf über 7'300 im Jahr 2012 gestiegen. Trotz einer in 2011 abgeschlossenen Sanierung, mit dem Ziel einer Kapazitätserweiterung, platzt die HSG aus allen Nähten. Es wird über ein Raummangel von 10'000 Quadratmetern geklagt und Vorlesungen müssen in zweckentfremdenden Räumen abgehalten
werden.
Das Wachstum der Anzahl Studierenden ist einerseits auf den Anstieg von Erstsemestrigen
und andererseits auf Quereinsteiger auf der Master-Stufe zurück zu führen. Die HSG geht
davon aus, dass sich die Zahl der Studierenden bis 2020 bei bis zu 9'000 einpendeln wird.
Um das Wachstum einigermassen in Grenzen zu halten werden für Masterstudenten, die
ihren Bachelorabschluss an einer anderen Schweizer Universität erworben haben, erhöhte
Anforderungen gestellt. Damit beabsichtigt die HSG, die Ausbildungsqualität langfristig
sicherzustellen und ihrem Anspruch als führende Wirtschaftsuniversität gerecht zu werden.
Ob die Massnahmen die Ziele erfüllen oder ob weitere Verschärfungen notwendig sind,
lässt sich aktuell noch nicht feststellen.
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Credit Suisse Economic Research
Fazit Kanton St. Gallen
Der Kanton St. Gallen ist durch eine beträchtliche Heterogenität unter den Teilregionen und
wirtschaftliche Zentrifugalkräfte geprägt. Seine Hauptstadt ist unbestritten das Zentrum der
Ostschweiz, ihre wirtschaftliche Ausstrahlungskraft reicht jedoch nicht bis in alle Kantonsteile.
Die starke Positionierung als Spitzentechnologiestandort macht den Kanton anfällig auf die internationale Nachfrage- und Währungssituation, bietet jedoch zahlreiche Chancen in einem zukünftigen Aufschwung der Weltwirtschaft. Die vorangehenden Analysen sind für den Kanton St.
Gallen in Abbildung 53 zusammengefasst.
Abbildung 53
Kanton St. Gallen: Stärken, Schwächen, Chancen und Risiken
Stärken
Schwächen/Standortnachteile
- Standortqualität im Schweizer Mittel. Steuerliche Attraktivitätsdefizite gegenüber Nachbarkantonen konnten reduziert werden.
- Strukturschwache Regionen: Das Toggenburg ist mit Abwanderung und Beschäftigungsrückgang konfrontiert.
- Hohe finanzielle Wohnattraktivität: Mittelstandshaushalte profitieren von einer moderaten Abgabenlast und geringen Mieten bzw.
Immobilienpreisen.
- Interkantonale Abwanderung, insbesondere der jüngeren Bevölkerungsteile.
- Stadt St. Gallen: Unbestrittenes Zentrum der Ostschweiz.
- Industrietradition: Langjährig etabliertes Know-how bildet Fundament des Hightech-Standorts. Der Strukturwandel bewegt sich
generell in Richtung wertschöpfungsstarker Branchen.
- Universität St. Gallen: Führende Wirtschaftshochschule mit internationalem Renommee.
- Diversifizierte Unternehmensstruktur: St. Gallen ist der KMUKanton schlechthin und weist schweizweit die geringste Beschäftigtenkonzentration auf einzelne Unternehmen auf, was stabilisierend wirkt.
- Starke Konkurrenz im Standortwettbewerb: Einige nahe gelegene Kantone (ZH, TG, SZ) sowie Fürstentum Liechtenstein mit höherer Standortqualität.
- Finanz-/Steuerpolitik: Steuerliche Attraktivität konnte in den vergangenen Jahren gesteigert werden. Die Lage der öffentlichen Finanzen beschränkt die Wettbewerbsfähigkeit im Steuerwettbewerb
jedoch stark.
- Branchenstruktur: Untervertretung von wertschöpfungsstarken
Dienstleistungsbranchen. Weiterer Strukturwandel in traditionellen Industriebranchen (z.B. Textilindustrie) absehbar.
- Immobilienmarkt im Lot: Das Preiswachstum in allen St. Galler
Regionen ist moderat; von einer Immobilienblase kann keine Rede
sein.
Chancen
- Exportnachfrage: Internationale Nachfrage nach MEM-Gütern
dürfte sich erholen.
- Öffentlicher Verkehr: Investitionen (S-Bahn St. Gallen, europäisches Hochgeschwindigkeitsnetz, Durchmesserlinie Zürich) stärken
ÖV-Anbindung.
- Dienstleistungszentrum: Die Stadt St. Gallen hätte das Potential, sich noch stärker als überregionales Zentrum für (Unternehmens-)Dienstleistungen mit überregionaler Ausstrahlung zu etablieren.
- Region Obersee: Weitere Etablierung und wirtschaftliches Zusammenwachsen der Zentren am Seedamm (Pfäffikon SZ, Rapperswil-Jona).
- Raumknappheit in Zürich und Liechtenstein: Als klassischer
Einfamilienhauskanton steigt die Attraktivität einzelner St. Galler
Regionen für Zuzüger im oberen Mittelstandssegment, welche in
den Raum Zürich oder nach Liechtenstein pendeln.
Risiken
- Abhängigkeit von Weltwirtschaft, Frankenstärke: Die Margen
und Volumina der Exportwirtschaft sind seit längerem unter Druck.
Da die Eurokrise noch längst nicht ausgestanden ist, ist eine namhafte Abwertung des Schweizer Frankens im Moment nicht zu erwarten.
- Einkommenswachstum: Untervertretung der Bevölkerungsteile im
Erwerbsalter zeigt unterdurchschnittliche Entwicklung der Haushaltseinkommen an.
- Raumplanung: Der im Kanton St. Gallen florierende Bau von Einfamilienhäusern ist durch einen hohen Landverzehr gekennzeichnet. Es
drohen eine nicht nachhaltige Siedlungsentwicklung sowie hohe Erschliessungs- und Infrastrukturkosten.
- Heterogenität: Die stark unterschiedliche wirtschaftliche Ausrichtung der Teilregionen und die Topographie erschwert die Standortpolitik.
Quelle: Credit Suisse Economic Research
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Credit Suisse Economic Research
Fazit Kantone Appenzell Innerrhoden und Ausserrhoden
Die hügelige bis gebirgige Topographie des Alpsteins prägt die Siedlungs- und Wirtschaftsstruktur von Appenzell Innerrhoden und Ausserrhoden. Im Grossen und Ganzen sind die beiden Kantone durch ähnliche wirtschaftliche Herausforderungen und Perspektiven gekennzeichnet; in
Einzelfällen unterscheidet sich die Ausgangslage. In Abbildung 54 sind die wichtigsten Erkenntnisse der vorangehenden Analysen zusammengefasst.
Abbildung 54
Kantone Appenzell Innerrhoden und Ausserrhoden: Stärken, Schwächen, Chancen und Risiken
Stärken
AR und AI:
Schwächen/Standortnachteile
AR und AI:
- Hohe finanzielle Wohnattraktivität: Mittelstandshaushalte profitieren von einer moderaten Abgabenlast und geringen Mieten bzw.
Immobilienpreisen.
- Steuer-/Finanzpolitik: Geringe Steuerbelastung, Staatsfinanzen
im Lot.
- Effizienz: Schlanker Staatsapparat, kurze Entscheidungswege.
- Industrietradition: Langjährig etabliertes Know-how bildet Fundament des Hightech-Standorts.
- Fehlendes Wirtschaftszentrum: Starke wirtschaftliche Abhängigkeit von St. Gallen.
- Branchenstruktur: Untervertretung von wertschöpfungsstarken
Dienstleistungsbranchen. Starke Konzentration der Beschäftigten in
einzelnen Unternehmen. Hoher Anteil von Beschäftigten in staatsnahen Branchen (Gesundheitswesen, Heime) und in der Landwirtschaft.
- Wertschöpfung: Unterdurchschnittliche Produktivität pro Beschäftigten.
- Erreichbarkeit: Anspruchsvolle Topographie mindert verkehrstechnische Erreichbarkeit.
- Altersstruktur: Jung und Alt sind stark vertreten, Anteil der Erwerbsbevölkerung jedoch unterdurchschnittlich.
AR:
AR:
- Standortqualität: Überdurchschnittlich; Ausserrhoden zählt zu
den Kantonen mit den tiefsten Gewinnsteuersätzen.
- Strukturwandel: Rückläufige Beschäftigung, kein Wachstum in
chancenreichen Branchen.
- Einkommen: Überdurchschnittliches Einkommensniveau in Appenzell Ausserrhoden.
- Bevölkerung: Stagnation, Abwanderung der jüngeren Altersklassen.
- Gesundheitswesen und Pflege: Etablierung als Gesundheitsstandort stellt wichtiges Standbein dar.
AI:
AI:
- Zuwanderung insbesondere aus Appenzell Ausserrhoden und St.
Gallen.
- Standortqualität im Mittelfeld der Kantone, Rückstand auf Appenzell Ausserrhoden und St. Gallen.
Chancen
AR und AI:
- Wohnort: Positionierung als attraktive und steuergünstige Wohnorte für Pendler mit Arbeitsort St. Gallen oder Fürstentum Liechtenstein.
- «Brand» Appenzell: Traditionelle und innovative Appenzeller Produkte mit hohem Wiedererkennungswert fördern Bekanntheit und
Positionierung als Tourismusdestination.
- Zusammenarbeit: Intensivierung der Zusammenarbeit zwischen
Ausser- und Innerrhoden ermöglicht Effizienzgewinne.
- Öffentlicher Verkehr: Verbesserte Anbindung der Appenzeller
Bahnen durch St. Galler S-Bahn und Durchmesserlinie AppenzellSt. Gallen-Trogen.
Risiken
AR und AI:
- Abhängigkeit von Weltwirtschaft, Frankenstärke: Die Margen
und Volumina der Exportwirtschaft sind seit längerem unter Druck.
Da die Eurokrise noch längst nicht ausgestanden ist, ist eine namhafte Abwertung des Schweizer Frankens im Moment nicht zu erwarten.
- Einkommenswachstum: Aufgrund des unterdurchschnittlichen
Anteils der Erwerbsbevölkerung rechnen wir mit einer unterdurchschnittlichen Einkommensdynamik in beiden Kantonen.
- «Brain-Drain»: Abwanderung von Bevölkerungsteilen im Ausbildungs- und Erwerbsalter.
- Kleinräumigkeit: Kleinräumig abgegrenzte kantonale Hoheitsgebiete erschweren Raumordnungs- und Standortpolitik.
AR:
- Internationale Zuwanderung seit 2007 auf höherem Niveau.
Wirkt der Stagnation der Bevölkerung entgegen.
AI:
- Beschäftigung: Hohes Wachstum.
Quelle: Credit Suisse Economic Research
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Credit Suisse Economic Research
Offenlegungen
Bestätigung
Alle in diesem Bericht aufgeführten Analysten bestätigen hiermit, dass die in
diesem Bericht geäusserten Ansichten über Unternehmen und deren Wertschriften mit ihren persönlichen Ansichten über sämtliche hier analysierten Unternehmen und Wertschriften übereinstimmen. Die Analysten bestätigen darüber hinaus, dass eine bereits erhaltene oder zukünftige Entschädigung in keiner Art und
Weise direkt oder indirekt mit den in diesem Bericht ausgedrückten Empfehlungen oder Ansichten in Verbindung steht.
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Wichtige Offenlegungen
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Dabei bezieht sie sich auf Entwicklungen in den analysierten Unternehmen, im
Sektor oder Markt, die für die im Bericht geäusserten Meinungen und Ansichten
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Der für alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Credit Suisse verbindliche Code
of Conduct ist online unter folgender Adresse abrufbar:
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setzt sich aus verschiedenen Faktoren zusammen, darunter dem Umsatz der
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Datum erstellt und können sich ohne vorherige Mitteilung ändern. Aufgrund
unterschiedlicher Bewertungskriterien können die in diesem Bericht geäusserten
Ansichten über einen bestimmten Titel von Ansichten und Beurteilungen des
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